von Hannah Abbott 13
„Was willst du mir sagen? Man könnte fast meinen, es ginge um Leben und Tod, so wie du dich aufführst.“Wenn sie gewusst hätte, wie nah sie der Wahrheit damit kam, hätte sie den Schock ihres Lebens erlitten, dachte Harry. Er lächelte bitter. „Ich habe meine Gründe.“
Den restlichen Weg hinunter zum See liefen sie schweigend.
Harry holte tief Luft. „Vielleicht hast du dich gefragt, wo ich herkomme und auf welcher Schule ich war.“ Er machte eine Pause. Lily sah ihn erwartungsvoll an, „Die Wahrheit ist: Ich war nie auf einer anderen Schule als Hogwarts. Nur bin ich zu einer anderen Zeit hier gewesen. Ich komme zwanzig Jahre aus der Zukunft.“ Es war doch nicht so schwer, mir ihr zu reden, zumindest im Moment nicht.
„Und?“, fragte Lily. Misstrauen und Erstaunen lagen zu gleichen Teilen in ihrem Blick.
„Mein… mein Name ist auch nicht Scott. Ich… ich heiße… Potter.“
Lily starrte ihn entgeistert an: „Du bist mit James verwand?“
Harry nickte. „Ja, sein Sohn, um genau zu sein.“
„James Sohn? Ehrlich? Und warum erzählst du mir das?“
Er lächelte wieder bitter: „Nicht nur James Sohn. Soweit ich weiß, gehören zu einem Kind immer zwei Elternteile.“, er machte eine Pause, damit Lily vielleicht selbst darauf kommen könnte, doch sie sah ihn nur weiter erwartungsvoll an, „Die Leute sagen immer, ich sehe aus wie mein Dad, nur die Augen… die Augen habe ich von meiner Mum.“, er sah ihr direkt in die Augen. Dieselben Augen. Grün traf auf Grün und Lily wich zurück.
„D-d-das k-kann nicht sein.“
Harry musterte sie mitleidig. „Du musst keine Angst haben. Ich weiß, dass ihr sehr glücklich sein werdet. Aber hör zu, niemand darf davon wissen, okay? Meinetwegen kannst du es James sagen, aber sonst darf es niemand erfahren. Das ist sehr gefährlich. Wenn Voldemort davon erfährt… Du, Ginny und Dumbledore seid die einzigen, die die Geschichte kennen. Es darf sich nie herumsprechen. Ich darf doch eigentlich nicht einmal hier sein. Ich dürfte euch nicht kennenlernen.“ Er drehte sich von ihr weg.
Lily legte eine Hand auf seine Schulter: „Was ist?“
Noch ein mitleidiger Blick: „Ihr seid tot. Ich habe nie mit euch gesprochen. Voldemort hat euch getötet, als ich gerade mal fünfzehn Monate alt war. Ich bin bei deiner Schwester aufgewachsen.“
Lily wich zurĂĽck. Harry konnte es ihr nicht verdenken. Zu erfahren, dass man bald sterben wĂĽrde war hart, er kannte das GefĂĽhl nur zu gut. Sie nahm die Nachricht, dass ihr Sohn vor ihr stand, ziemlich gelassen auf, fand Harry. Um sie zu beruhigen legte er nun ihr die Hand auf die Schulter. Das brachte sie zur Besinnung.
„Warum?“, war alles, was sie rausbrachte.
Harry seufzte. „Voldemort wollte mich töten und ist in unser Haus gekommen, als ich noch ein Baby war. James hat sich ihm in den Weg gestellt und dir gesagt, du sollst mit mir fliehen. Er hatte keine Chance. Voldemort hat ihn getötet. Wenigstens hatte er nicht lange zu leiden. Dann ist er die Treppe hoch ins Kinderzimmer, wo wir beide waren. Er hat dir befohlen, aus dem Weg zu gehen, doch du wolltest mich schützen. Er hat dich auch getötet und dann hat er den Zauberstab auf mich gerichtet und den tödlichen Fluch gesprochen. Er ist zurückgeprallt, ich habe nur eine Narbe.“, er strich sich die Haare aus der Stirn, damit Lily seine Blitznarbe besser sehen konnte, „Er ist nicht gestorben, aber er war so entkräftet, dass er fliehen musste.“
Er machte eine kurze Pause. Auch Lily sagte nichts.
„Sirius – er war mein Pate – wurde nach Askaban gebracht, weil er euch angeblich verraten haben sollte. Also kam ich zu den Dursleys. Peter, der wahre Verräter, floh. Alice und Frank Longbotton wurden von Todessern bis zum Wahnsinn gefoltert und ihr kleiner Sohn Neville wuchs bei seiner Großmutter auf.“ Er machte eine Pause und beobachtete Lily. Sie sagte nichts. „Es tut mir leid.“, fügte er hinzu.
Lily schĂĽttelte wie in Trance den Kopf.
Was er wohl gemacht hätte, wenn ihm jemand eine solche Zukunft vorausgesagt hätte?
„Nur damit ich das richtig verstehe.“, zögernd begann sie zu sprechen, „Ich und James, wir… wir haben ein Kind?“
„Genau. Und… ihr heiratet.“
„Wie hat er das angestellt?“, fragte Lily entgeistert, „Hat er mich verhext?“
Harry lächelte. „Das habe ich auch zuerst gedacht. Aber er liebt dich. Er hat versucht dich zu retten und das hat er mit dem Leben bezahlt. Er liebt dich wirklich, Lily.“
„Woher weißt du das?“
„Also erstens habe ich ein Hochzeitsfoto. Das beweist schon mal, dass ihr geheiratet habt.“ Er kramte in seiner Tasche und zog das Fotoalbum heraus, das ihm Hagrid vor sechs Jahren geschenkt hatte. Es sah schon sehr abgenutzt aus. Kein Wunder, er trug es immerhin schon die ganze Zeit mit sich herum und hatte es unzählige Male durchblättert. Er schlug die Seite mit der Hochzeit auf und reichte es Lily. Sie sah es sich nur kurz an und gab es ihm dann zurück.
„Ich will gar nicht mehr sehen.“, sagte sie.
„Du musst mir bitte vertrauen. Ich kann dich nicht zwingen, mir zu glauben.
„Weißt du was?“, Lily sah betreten auf ihre Zehen, „Ich habe das noch keinem erzählt, aber… Ich habe mich… ich hab mich in James verliebt. Aber… Ich habe ihn so oft abblitzen lassen. Ich kann ihn doch nicht einfach so nach einem Date fragen. Es geht nicht mehr.“
„Das trifft sich gut.“
„Wie meinst du das? Was hast du vor?“, misstrauisch sah sich ihn von der Seite an, „Und hör auf, so zu grinsen. Das macht James auch immer.“
„Ich habe James gestern Abend blöderweise versprochen, dass ich dich dazu bringe, mit ihm auszugehen. Aber denk jetzt nichts Falsches. Ich hätte das auch so gemacht. Auch für dich…“
„Schon gut… Aber mach das nicht noch mal.“
„Ich hoffe nicht, dass ich euch zweimal verkuppeln muss. Aber versprich mir, dass du ihm eine Chance gibst. Bitte.“
Lily sah wieder auf ihre Füße. „Was denkst du denn? Ich finde es irgendwie gut. Ich muss James nicht einmal selbst fragen.“
„Dann ist ja alles gut. Sagen wir, heute Abend um acht Uhr an der großen Eiche dort drüben, okay? Ich sorge dafür, dass James da ist.“
Lily sagte nichts, sondern starrte immer noch ihre Zehen an.
„Was ist noch?“, fragte Harry.
Lily antwortete erst nicht, dann setzte sie sich auf den Boden. Harry lieĂź sich neben sie sinken. Er sah sie erwartungsvoll an.
„Aber… ich… ich habe ihn die ganze Zeit so schlecht behandelt. Ich kann doch nicht einfach sagen: Tut mir leid, dass ich mich so scheiße benommen habe, aber ich liebe dich und lass uns einfach noch mal von vorne anfangen. Das geht doch nicht so einfach.“
„Was willst du denn sonst sagen? Sag im die Wahrheit, du musst einfach über deinen Schatten springen. Wovor hast du Angst?“
Lily antwortete wieder nicht sofort. „Ich hatte Angst, dass er nur mit mir spielt. Dass ich nur eine Herausforderung bin. Was ist, wenn er mich nur knacken will, um allen zu beweisen, dass er unwiderstehlich ist?“
„Lily, wenn du so denkst, dann hast du James nicht verdient. Er liebt dich wirklich. Warum siehst du das nicht?“
Lily schwieg wieder, dann sah Harry, dass ihr stumme Tränen über die Wangen liefen.
Er legte einen Arm um ihre Schultern, sie zuckte kurz zusammen.
„Ich will es doch glauben, aber ich kann es nicht. Irgendwas in mir wehrt sich…“
Harry schwieg auch eine Weile. „Sag es ihm. Sag ihm einfach alles, was du auch mir gesagt hast. Wenn du ihm nicht vertrauen kannst, du dann musst du ihn um Hilfe bitten. Du kannst das doch nicht so in dich rein fressen.“
Lily antwortete nicht.
„Lily, du brauchst James Hilfe, und James braucht deine. Ihr könnt das nicht einzeln schaffen. Ich schaffe es ja auch nicht alleine. Ich weiß nicht, was ich machen würde, wenn Ginny nicht wäre. Man kann nicht alles alleine durchstehen. Sag James heute Abend, was du denkst.“
Lily sagte noch immer nichts, doch sie sah Harry an. Die Tränen hatten ihre Wimperntusche verlaufen lassen.
Harry drĂĽckte sie noch einmal ganz fest an sich.
„Das ist doch krank. Mein Sohn überredet mich mit seinem… mit seinem Vater auszugehen. Das ist doch nicht normal.“, sie schaffte fast ein Lächeln.
Harry lächelte. „Vielleicht liegt es daran, dass ich alles andere als normal bin. Bitte, gib ihm eine Chance.“
Lily nickte. „Soll ich ihm das mit dir erzählen?“
Harry zuckte die Schultern: „Ich weiß nicht. Aber ich denke, du solltest ihn nicht überfallen. Immerhin denkt er, dass du ihn hasst. Lass ihn das erst mal verdauen. Und ich denke, dass du das auch erst mal verdauen musst. Du bist sehr tapfer. Ich weiß wie schwer es ist, wenn man im nächsten Moment alles verlieren könnte. Bitte, versuch es einfach.“
Lily nickte. Sie zog ein Taschentuch aus der Umhangtasche und schnäuzte sich die Nase. Dann stand sie auf und schlenderte ohne weiter auf ihn zu achten am Seeufer entlang davon. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, dann hätte er gesagt, dass sie eine erholsame und gewöhnliche Freistunde hinter sich hatte. Ihr war nichts anzusehen. Wahrscheinlich war es am besten so.
re-kommis in meinem thread
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