von ratterhorpy
Daddys Liebling
Die Posteulen zogen ihre Kreise unter der verzauberten Decke der großen Halle, auf der Suche nach den Empfängern ihrer Post. Ginny hatte schon gestern mit einem flauen Gefühl im Magen nach oben geschaut, aber die Reaktion ihrer Mutter war ausgeblieben. Heute hatte sie nicht so ein Glück. Sie erkannte Errol zwischen all den Eulen. Schon hatte die Eule ihr Ziel entdeckt und kam im Sturzflug auf Ginny zu. Ihre Erfahrung im Quidditsch kam Ginny heute zu Gute. Beim letzten Brief war Errol in die Porridgeschüssel gefallen, heute wurde er von Ginny aufgefangen. Als sie jedoch den Brief sah, wünschte sie sich beinahe, sie hätte es nicht getan. Errol trug den schlimmsten Brief mit sich, den man als Hogwartsschüler bekommen konnte: Einen Heuler.
Schnell wurden die Schüler, die am Griffindortisch um Ginny herum saßen auf den roten Brief herum saßen aufmerksam. Ginny war das unendlich peinlich. Sie hatte noch nie einen Heuler bekommen. Ihr Bruder Ron hatte mal einen bekommen, ihre Brüder Fred und George unzählige, aber dies war ihr erster Heuler.
Sie beeilte sich, den Brief zu öffnen, ehe er von alleine losging, denn es war wirklich grauenhaft, wenn so etwas passierte.
GINNERVA WEASLEY
WIE KONNTEST DU NUR? HAST DU DEINEN VERSTAND VERLOREN? SEI FROH, DAS DU IN HOGWARTS BIST UND ICH DICH NICHT EIGENSTÄNDIG DA RAUS HOLE! DU KRIEGST HAUSARREST BIS DU DREISSIG BIST, WENN DU NACH HAUSE KOMMST!
ICH KANN ES NICHT FASSEN, DAS DU DAS WIRKLICH GETAN HAST: ICH HATTE DICH FÜR INTELLIGENT GEHALTEN!
Der Brief fing Feuer und die Asche rieselte auf Ginny herab. Na ja, sie hatte es hinter sich. Es hätte schlimmer kommen können, aber es war doch so, das ihre Mutter selbst in ihrer Wut nicht alles sagen konnte, was sie wollte. Dafür war die falsche Zeit. Allerdings hatte jeder in der Halle den Heuler mitbekommen und es war im Grunde egal, was ihre Mutter gesagt hatte. Es war natürlich geheim, was Ginny, Neville und Luna getan hatten, aber gerade die geheimen Sachen sprachen sich besonders schnell herum. Jeder in der Halle hatte gewusst, worum es in dem Heuler ging.
Ginny schüttelte sich die Asche von Umhang. Erst jetzt bemerkte sie, das die Eule noch einen zweiten Briet trug. Es war die Schrift von Ginnys Vater.
Liebe Ginny,
wie Du schon sicherlich mitbekommen hast(ich denke Du hast den Heuler Deiner Mutter vor meinem Brief bemerkt), haben wir Post von Deinem Direktor erhalten. Der Inhalt des Briefes hat uns zutiefst schockiert. Ginny, Liebes, was Ihr da getan habt, mag gut gemeint gewesen sein, ich kann mit den Grund für Euer Handeln vorstellen. Ich muss Euch jedoch warnen, so etwas nie wieder zu tun. Ihr seid zu jung um Euch in solche Gefahr zu begeben. Ihr solltet Euch auf Eure Ausbildung konzentrieren und viel lernen. Es ist nicht Eure Aufgabe, das politische Gesicht unserer Gesellschaft zu verändern, überlasst die Politik erwachsenen und ausgebildeten Hexen und Zauberern.
Liebes, wir machen uns große Sorgen, wir lieben Dich und wollen nicht, das Dir etwas zustößt. Halte Dich bitte an den Rat, den Deine Mutter Dir am Bahnhof gegeben hat. Ich freue mich schon darauf, Dich an Weihnachten wieder zu sehen und vielleicht kann ich Deine Mum bis dahin überreden, Deinen Hausarrest um ein paar Jahre zu verkürzen.
Alles Liebe
Dein Dad.
Auch Luna hatte an diesem Morgen eine Eule von Ihrem Vater. Sie hatte kurz aufgeschaut, als Ginny den Heuler bekam. Das Geschrei hätte sie ohnehin beim Lesen gestört. Nun konnte sie in aller Ruhe den Brief ihres Vaters lesen.
Liebe Luna.
Ich habe einen Brief von Deinem Direktor erhalten. Welch spannende Neuigkeit! Großartig, wie sich der Widerstand in Hogwarts regt. Und Du bist mittendrin! Ich möchte alles wissen, bis ins Detail. Was genau hattet Ihr vor? Wie seid Ihr ins Direktorenbüro gekommen, was habt Ihr dort vorgefunden? Welche obskuren Gerätschaften hat der Direktor dort gelagert?
Bei Merlin, Du könntest sogar ein Artikel für den Klitterer schreiben! Wäre das nicht absolut fantastisch? Meine Tochter, eine Journalistin!
Wenn Du Dich beeilst, kannst Du es sogar in die nächste Ausgabe schaffen.
Der Artikel würde gut in die Ausgabe passen, direkt nach dem Artikel, wo ich den Versuch der Todesser beschreibe, die Pressefreiheit zu unterdrücken. Stell Dir nur vor, die waren bei mir und haben mich gebeten, nicht mehr über sie zu berichten. Ich weiß, Du kannst Dir das gar nicht vorstellen, aber es war so! Die sind absolut engstirnig. Schlimmer noch als Minister Fuge und das will was heißen!
Habt Ihr noch mehr vor? Wir könnten dann eine Serie machen: Widerstand in Hogwarts – die Serie. Exklusiv aus Hogwarts, von unserer Sonderberichterstatterin Luna Lovegood. Was sagst Du dazu?
Wir haben so tolle Möglichkeiten, ich bin stolz auf Dich!
In Liebe
Dad
Eher skeptisch betrachtete Neville den dicken Brief, den er von seiner Oma erhalten hatte. Er war schon froh, das es kein Heuler war, aber er fürchtete sich ein wenig vor dem, was sie ihm geschrieben hatte. Sie war bestimmt sauer.
Lieber Neville,
Dein Dad war ein wunderbarer Sohn und mein ganzer Stolz. Er hatte einen guten Abschluss in Hogwarts und begann gleich darauf eine Ausbildung zum Auror. Vermutlich hätte ich es ihm verboten, wenn ich gewusst hätte, welch schlimme Zeiten uns damals bevorstanden. Gewiss, die Zeiten waren schon schlecht, aber wir hatten geglaubt, es wäre nur eine Frage der Zeit, bis es sich wieder bessern würde. Wie sehr wir uns damals irrten!
Du-Weist-Schon-Wer wurde damals immer mächtiger und scharte immer mehr Anhänger um sich. Dein Dad hatte schon in der Zeit seiner Ausbildung mit Todessern zu tun. Er war sehr mutig und hat sich nicht vor ihnen versteckt. In dieser Zeit hat er auch Deine Mutter richtig kennen gelernt und sich in sie verliebt. In Hogwarts war sie ein Jahr unter ihm gewesen und sie hatten so gut wie keinen Kontakt.
Sie war das erste Mädchen, das er mir vorstellte, das hat mich ein wenig nervös gemacht. Ich musste allerdings schnell feststellen, was für ein wunderbarer Mensch Deine Mutter war und ich mir keine bessere Frau für Deinen Vater wünschen konnte. Deine Mutter kämpfte genau so entschlossen gegen Du-Weist-Schon-Wen und die Todesser, wie Dein Vater. Sie wollten nicht hinnehmen, das die magische Gemeinschaft in Angst und Misstrauen lebte. Ich war sehr besorgt um Deinen Vater und auch um Deine Mum, die ich schnell lieb gewonnen hatte, aber ich war auch sehr stolz auf die Beiden.
Direkt nachdem Deine Mutter Ihre Ausbildung beendet hatte haben Deine Eltern geheiratet. Dein Dad sagte einmal, das sei der zweitschönste Tag in seinem Leben gewesen. Am schönsten, sagte er immer, sei der Tag Deiner Geburt gewesen.
Oh, er war so vernarrt in Dich. Seinen kleinen Willy hat er Dich immer genannt. Nächtelang wanderte er mit Dir auf dem Arm durch das Haus, wenn Du nicht schlafen konntest. Er hat Dir Lieder vorgesungen und obwohl Dein Vater gar kein Talent fürs singen hatte, wurdest Du immer still dabei. Im Nachhinein habe ich oft überlegt, ob er vielleicht geahnt hatte, das ihm nicht viel Zeit bleiben würde, mit Dir. Er hat Dich so sehr geliebt. Jede freie Minute hat er mit dir verbracht, obwohl die Auroren damals viel zu viel zu tun hatten.
„Pass gut auf meinen kleinen Willy auf!“ sagte er jedes mal, wenn er zur Arbeit ging. Die Arbeit war gefährlich, sehr gefährlich. Drei mal standen Deine Eltern Du-Weist-Schon-Wem gegenüber, aber die Geschichten kennst Du ja. Wir lebten damals versteckt, Dumbledore meinte, das sei besser so, wir schwebten in besonderer Gefahr. Alle, die sich nicht fügen wollten, lebten damals in Gefahr.
Deine Eltern wollten, das Du einmal ein besseres Leben führen könntest, ohne Angst haben zu müssen und ohne versteckt leben zu müssen.
Es waren nur zwei wunderbare Tage, an denen sie dieses Glück mit Dir teilen konnten und an denen sie Dir nicht von der Seite wichen. Viel zu kurz war die Zeit!
Dann erschien diese Lestrange mit ihren Kumpanen und sie wurden zu dem, was sie heute sind.
Du fragst Dich sicher, warum ich Dir das jetzt alles schreibe. Ich habe Post von Deinem Direktor erhalten.
Ich könnte jetzt sagen, sieh Dir an was Deine Eltern auf sich genommen haben, um ein besseres Leben für Dich zu schaffen. Einige Jahre hat der Frieden gehalten und Du durftest Dein Leben genießen. Ich könnte sagen, das Du es Deinen Eltern schuldig seist, Dich in der Versenkung zu halten und Dich nicht in Gefahr zu bringen.
In Wirklichkeit sehe ich aber, das Daddys kleiner Willy erwachsen geworden ist. Er ist ein Mann geworden und er ist seinem Vater so unglaublich ähnlich. Du trägst den gleichen Mut und die gleiche Entschlossenheit in Dir, die einst Dein Vater hatte. Ich bin so unglaublich stolz auf Dich, Neville.
Ich bin mir sicher, würde Dein Vater verstehen, was geschehen ist, wäre er ebenso stolz. Ach was, er würde vor Stolz platzen.
Bleib so wie Du bist, Neville. Du kämpfst, wie Dein Vater, deinen eigenen Kampf für das Gute. Pass gut auf Dich auf und lass Dich nicht von einem Misserfolg entmutigen. Du tust das Richtige!
Ich bin sehr stolz auf Dich. Du bist der beste Sohn und der beste Enkel den man sich wünschen kann.
In Liebe
Oma
Neville kämpfte mit seiner Fassung. Dieser Brief war einfach besonders. Er hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit. Willy – so nannte ihn niemand. Trotzdem löste dieser Name ein Gefühl in ihm aus. Ein Echo aus Zeiten, an die er keine Erinnerung hatte.
Beinahe unbemerkt von Neville hatte sich die große Halle geleert. Das Geschirr samt Frühstück war längst von den Tischen verschwunden. Er war einer der letzten Schüler, die noch an den Tischen saßen und nach und nach von den Lehrern zum Unterricht gescheucht wurden.
Professor McGonagall kam auch schon auf ihn zu.
„Mr.Longbottom, haben Sie keinen Unterricht?“
„Doch!“ antwortete Neville. „Ich habe mich von Omas Brief aufhalten lassen!“
„Nun!“ sagte die Professorin spitz. „Ich hoffe Ihre Großmutter hat die passenden Worte zu Ihrer Aktion gefunden!“
Zu Professor McGonagalls Überraschung lächelte Neville leicht, als er aufstand.
„Ich glaube, das hat sie!“ sagte Neville, ehe er sich umdrehte und in den Unterricht ging.
„Das ist nicht zu fassen!“ schimpfte Ginny als sie nach dem Abendessen durch das Portaitloch schlüpfte.
Suchend schaute sie sich um.
„Hat einer von Euch Neville gesehen?“
„Der zieht sich wohl gerade um!“ meinte Lavender. „Müsst Ihr nicht gleich zu Hagrid?“
„Ja!“ schnaubte Ginny und ging ebenfalls in den Schlafsaal um sich umzuziehen.
Neville wartete im Gemeinschaftsraum auf Ginny, als diese kurze Zeit später die Treppe herunterkam.
Ginny kochte innerlich vor Wut und das war an ihrem Gesicht deutlich abzulesen.
„Was ist denn mit Dir los?“ wollte Neville wissen.
„Ach, komm mit raus!“ sagte Ginny gereizt, als sie sah, wie sich Lavender neugierig umdrehte.
Im Flur platzte es dann aus ihr heraus.
„Hat die McGonagall mit Dir geredet?“
„Beim Frühstück, ganz kurz?“ sagte Neville unsicher.
„Und?“ fragte Ginny scharf.
„Es ging um Omas Brief!“ sagte Neville.
„Komm, lass und runtergehen, Luna wartet bestimmt schon auf uns!“ sagte Ginny und marschierte los. „Nein, das meinte ich nicht. Die McGonagall kam eben zu mir und hat mir, besser gesagt uns, eine Strafarbeit verpasst!“
„Wie jetzt?“ fragte Neville verblüfft.
„Ja echt!“ regte sich Ginny auf. „Frechheit so was!“
„Warum bekommen wir Strafarbeit? Wir haben doch nichts mehr getan!“
„Das ist es ja gerade!“ schimpfte Ginny und blieb vor Aufregung beinahe in einer Trickstufe stecken. „Wir bekommen noch eine Strafe von McGonagall für den Einbruch!“
„Die kann uns dafür nicht bestrafen, das hat Snape doch schon!“ widersprach Neville.
„Eben! Aber die faselt was von Leichtsinn und Unvernunft und verpasst uns eine Strafarbeit!“
Ginny drehte sich im Laufen zu Neville um.
„Und wir können uns noch nicht mal bei irgendjemand beschweren! Hauslehrerin fällt flach. Direktor ebenso!“
„Was sollte das denn für eine Strafarbeit sein?“ fragte Neville.
„Irgend so ein blöder Aufsatz. Thema bekommen wir noch!“ schnaubte Ginny.
„Uns wird nichts anderes übrig bleiben, als das zu machen!“ sagte Neville ruhig. „Da bringt es nichts sich aufzuregen!“
„Du hast leicht reden!“ meckerte Ginny.
Luna saß in der Eingangshalle und wartete auf Neville und Ginny.
„Man hört Euch schon von weitem. Worüber regt Ihr Euch so auf?“ fragte sie.
„Ach, McGonagall hat uns eine Strafarbeit verpasst!“ sagte Ginny.
„Ja, Professor Flittwick hat mich heute auch einen Aufsatz schreiben lassen!“ sagte Luna ruhig. „War echt interessant!“
„Wie jetzt?“ fragte Ginny.
„Er hat mir ein Thema gegeben. Das Überleben des Widerstandes unter Gellert Grindelwald. Da können wir eine Menge von Lernen!“
Neville amüsierte sich über Ginnys verblüfftes Gesicht.
„Wer hätte das gedacht?“
„Habt Ihr eigentlich auch Post von zu Hause bekommen?“ fragte Lua. „Entschuldige, Ginny, bei Dir war es ja nicht zu überhören!“
„Ja, das war meine Mum! Aber mein Dad hat auch geschrieben. Er klang ziemlich besorgt!“ sagte Ginny.
„Mein Dad war da etwas schmerzfrei. Er will unbedingt, das ich einen Artikel über den Einbruch schreibe. Für den Klitterer!“ erklärte Luna. „Der war ganz begeistert!“
„Wenn Dein Dad nicht irgendwann mal Ärger bekommt, mit seinen Berichten über die Todesser.“ sagte Ginny.
„Ach, die haben schon versucht, ihn zu bremsen. Aber davon lässt mein Dad sich nicht einschüchtern!“
„Luna, Dein Dad sollte vorsichtig sein!“ kritisierte Ginny.
„Ach, der passt schon auf sich auf!“ sagte Luna lässig. „Was ist mit Dir, Neville, hat Deine Oma geschrieben?“
Neville legte die Hand auf die Brusttasche seines Umhangs.
„Hat sie!“ sagte er.
„War es schlimm?“ fragte Ginny vorsichtig.
„Sie sagt ich sei genau wie mein Dad!“
„Das ist gut, oder?“ fragte Luna.
„Das ist das schönste, was sie mir in meinem Leben gesagt hat!“ sagte Neville stolz.
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