von ratterhorpy
Sommerferien
Bill und Fleur stiegen von dem Thestral ab. Freudig lief der Thestral auf Hagrid zu. Doch der Thestral war der einzige, der sich freute.
„Mad-Eye ist tot!“
Man begab sich zusammen ins Wohnzimmer, wo Bill eine Flasche Feuerwiskey öffnete und jedem im Raum ein Glas voll ausschenkte. Ginny schrieb es der Besonderheit des Abends zu, das ihre Mutter keinerlei Anstalten machte, ihre Kinder daran zu hindern, den Feuerwiskey zu trinken.
„Mad-Eye!“ , prosteten sich alle zu.
Es wurde an diesem Abend noch lange über die Operation erzählt und es begann eine Diskussion, wer wohl den Todessern Informationen über das Datum verraten hatte. Doch Harry meinte, das er jedem einzelnen im Raum vertraue.
Was von dieser Nacht blieb, war die Erleichterung, Harry in Sicherheit zu wissen und das Wissen um den hohen Preis, den diese Sicherheit gekostet hatte.
Am Morgen war Neville frühzeitig aufgewacht. Heute war der 30.Juli und er wurde siebzehn. Volljährig, dachte er. Er durfte nun außerhalb von Hogwarts zaubern und er überlegte, welchen Zauber er wohl als erstes ausführen sollte. Würde er sich als alter Mann noch an diesen Morgen erinnern und welchen Zauber er angewendet hatte? Er zog sich an und steckte seinen Zauberstab ein. Vielleicht sollte er noch etwas mit dem Zaubern warten. Der erste Zauber, den er als Erwachsener sprach, sollte nicht zu banal sein, aber auch nicht zu kompliziert, das er nicht gelang. Das wäre vielleicht peinlich, wenn er seinen Kindern das einmal erzählen müsste.
Als Neville in die Küche kam, wurde er gleich von seiner Oma umarmt.
„Alles Gute zum Geburtstag, mein Lieber!“
„Danke Oma.“
„Setze Dich hin, dein Frühstück ist schon fertig.“
Als Neville sich an den Tisch setzte, lag auf seinem Teller ein kleines eckiges Päckchen mit einer großen Schleife.
„Mach es auf!“, forderte Mrs. Longbottom, während sie Neville mit zittriger Hand eine Tasse Tee einschenkte.
Neville entfernte vorsichtig die Klebebänder, denn er wollte das Geschenkpapier nicht zerstören. Seine Oma hatte die Angewohnheit, gebrauchtes Geschenkpapier zu bügeln um es noch einmal benutzen zu können. Er legte das Papier beiseite und hielt eine Uhrenschachtel in der Hand. Es war Tradition, Zauberern zum siebzehnten Geburtstag eine Uhr zu schenken, das wusste Neville. Er wusste auch, das seine Oma genügend Traditionsbewusstsein hatte, um sich daran zu halten. Gespannt öffnete er die Box und sah eine goldene Uhr mit rotem Zifferblatt.
„Gryffindorfarben!“ grinste Neville.
„Danke Oma!“
Er stand auf um seine Oma zu umarmen.
„Oh!“, sagte diese, als sie sich aus der Umarmung befreite, „Das war nicht mein Geschenk! Ich habe gedacht, da der Siebzehnte ein besonderer Geburtstag ist, solltest Du auch ein besonderes Geschenk erhalten. Dies war die Uhr Deines Vaters. Und da er damit nichts mehr anfangen kann, solltest Du diese Uhr tragen. Es würde ihn bestimmt stolz machen, wenn Du seine Uhr trägst. Deshalb war es auch nicht mein Geschenk, sondern eigentlich das Geschenk Deiner Eltern!“
Neville war immer hart im Nehmen gewesen, aber nun trieb ihm die Rührung die Tränen in die Augen.
„Nun iss was!“, sagte Mrs. Longbottom, die ebenfalls mit ihrer Fassung kämpfte und Neville einige Scheiben Toast auf den Teller legte.
Neville setzte sich wieder und schloss das Armband der Uhr ehrfürchtig um sein linkes Handgelenk. Er hätte auch einen Schwamm essen können, wahr genommen hätte er es nicht. Während des gesamten Frühstücks blickte er auf die Zeiger der Uhr seines Vaters. Noch nie in seinem Leben hatte er ein schöneres Geschenk bekommen.
Neville half seiner Oma den Tisch abzuräumen und dabei fragte sie, ob er schon gezaubert hätte.
„Nein noch nicht!“, antwortete Neville.
„Du lässt Dir Zeit, was?“ , fragte Mrs Longbottom.
„Hm, ja ! Sag mal, weist Du noch was Dad damals als erstes gezaubert hat?“
„Oh ja, das weiß ich noch wie gestern! Dein Dad hat die Teetasse fallen lassen, eine alte, die war noch von meiner Mutter. Sein erster Zauber war ein Reparo. Und hinterher tat er so, als ob nichts passiert währe!“
Am Vormittag machten die Beiden sich dann auf den Weg nach London, das taten sie jedes Jahr an Nevilles Geburtstag. Nicht jeder geht an seinem Geburtstag gerne ins Krankenhaus, aber für Neville war es jedes Mal etwas besonderes seine Eltern zu besuchen. Auf der Station im vierten Stock ließen sie sich erst einmal das obligatorische Autogramm von Gilderoy Lockhart geben (sonst wurde man ihn nicht los) und baten ihn anschließend um Diskretion für den Besuch bei den Longbottoms (In Diskretion war Lockhart natürlich meisterhaft).
Eine Unterhaltung mit Nevilles Eltern war nicht möglich. Aber sie erkannten ihn schon. Sie strahlten ihn jedes Mal an, wenn er kam. Sie wussten nicht, an was für einem Tag Neville sie besuchte, und die Art, wie seine Mutter immer wieder über seinen Kopf strich, war eher die Art, wie man es mit einem Kleinkind tat. Neville machte dies nichts aus, denn er liebte diese beiden Menschen. Er griff an seine Uhr, die seinem Vater, so dünn wie dieser kranke Mann war, über das Handgelenk gerutscht währe. Er hatte das Armband am Morgen nicht verstellen müssen, also musste sein Vater vor Bellarix Lestrange eine ähnliche Statur gehabt haben, wie er heute.
Auch Nevilles Vater schien die Uhr gesehen zu haben. Er schaute genauer hin. Schließlich sah es so aus, als ob er sie erkannt habe. Neville fühlte sich gleich nochmal beschenkt, als sein Vater ihn anstrahlte.
Obwohl Neville seine Eltern gerne besuchte, war es auch immer eine gewisse Erleichterung das Mungos zu verlassen.
„Ich muss noch einmal schnell in der Winkelgasse vorbei schauen, wenn es Dir recht ist. Ich möchte noch schnell in die Apotheke einen Trank abholen. Dauert auch nicht lange!“, sagte Nevilles Oma.
Neville zuckte recht gleichgültig die Schultern und folgte seiner Oma durch den tropfenden Kessel auf den Hinterhof.
„Wenn wir nach Hause kommen, dürfte Großonkel Algie auch mit dem Geschenk fertig sein!“ sagte Mrs. Longbottom als sie die Steinwand mit den Zauberstab antippte.
„Noch ein Geschenk?“ fragte Neville und schaute auf seine Uhr.
„Du hast meines noch nicht! Dein Onkel und ich haben uns gemeinsam eine Überraschung für Dich ausgedacht.“
Neville ging durch den Torbogen und schaute auf die ausgestorbene Winkelgasse. Jedes Mal, so schien es, wenn er herkam, waren weniger Menschen auf der Straße. Sie eilten auf die Apotheke zu und traten ein. Mrs Longbottom währe beinahe auf den Krötenaugen ausgerutscht, die am Boden lagen. Das Fass lag auf der Seite. Ein Regal mit Anfängersets für Zaubertränke lag halb auf der Ladentheke. Auch an der Wand waren zahlreiche Regalböden zu Bruch gegangen. Zahlreiche magische Substanzen lagen nun auf dem Boden darunter und vermischten sich. Ein Sonnenstrahl schien durch das Fenster und tauchte den Raum in ein skurriles Licht. Während Mrs Longbottom sich noch erschrocken umsah, hatte Neville schon reagiert und seinen Zauberstab gezogen.
Aus dem Hinterzimmer ertönte ein Zauberspruch.
„Crucio!“
Ein Mann schrie aus Leibeskräften. Neville lief es eiskalt den Rücken herunter. Noch vor einer halben Stunde hatte er sehen können, was dieser Fluch bei seinen Eltern angerichtet hatte.
„Neville, nein!“, rief Mrs. Longbottom, die ebenfalls ihren Zauberstab zückte, als Neville loslief.
Er sprang hinter die Theke und lugte vorsichtig durch den Spalt der nur angelehnten Türe.
„Du siehst, wie es Dir ergeht, wenn Du die Bitte des dunklen Lords nicht erfüllst.“ , sagte eine weibliche Stimme hinter einer Todessermaske sanft.
„Die ganzen Schmerzen kannst Du Dir ersparen, wenn Du in den Dienst des dunklen Lords trittst. Es ist eine Ehre, ihm zu dienen. Warum sträubst Du dich länger?“, fragte die Frau.
Sie hob die Hand und schaute den zweiten Todesser im Raum an.
„Amycus!“
Der zweite Todesser im Raum hob den Fluch auf.
„Nun“, fragte die Frau wieder. „Wie ist Deine Antwort?“
„Niemals!“, keuchte der Mann auf dem Boden.
„Schade!“ antwortete die Hexe ohne eine Spur des Bedauern in der Stimme. „Erledige ihn!“, sagte sie kalt.
Neville und seine Oma, die hinter ihm gestanden hatte, gaben ihre Beobachtungsposition auf und stürmten in den Raum.
„Stupor!“, schrie Neville und ein roter Strahl aus seinem Zauberstab traf den Todesser, der eben Amycus genannt wurde.
Der Expelliarmus seiner Oma traf den Todesser, als er gerade nach vorne kippte, und sein Zauberstab flog im hohen Bogen durch die Luft. Unglücklicherweise waren beide auf den gleichen Todesser losgegangen und die Todesserin konnte nach einer Schrecksekunde reagieren.
Sie schoss wie wild Flüche auf die Longbottoms, so schnell und so viele Flüche, das die beiden sich nur noch durch einen Protego nach dem anderen retten konnten. Der angegriffene Mann auf dem Boden rappelte sich langsam auf. Ohne Zauberstab konnte er nichts anderes tun, als die Todesserin zu rammen. Diese strauchelte und fiel auf den anderen Todesser. Im nahezu gleichen Moment disapparierte sie und nahm den geschockten Todesser mit.
So schnell die Bedrohung gekommen war, war sie nun auch wieder verschwunden. Mrs. Longbottom überzeugte sich schnell, ob es Neville gut ging, und beugte sich anschließend zu dem Mann, der immer noch auf dem Boden saß.
„Wie geht es ihnen, sind sie verletzt? Soll ich die Auroren rufen?“
„Nein! Nicht die Auroren! Die haben doch schon das Ministerium! Mir geht es gut. Nichts passiert. Alles in Ordnung!“ , antwortete der Mann
„Nichts ist in Ordnung!“, mischte sich Neville ein. „Die haben sie mit einem Unverzeihlichen Fluch gefoltert!“
„Die Zeiten haben sich geändert, da kann man nichts machen, nur hoffen das Leute wie sie einem noch helfen. Ich stehe in ihrer Schuld. Wie kann ich ihnen nur danken?“
„Nun ja,“,sagte Mrs. Longbottom, „ indem sie mir eine Flasche Traumlos-Schlaf verkaufen.“
Der Mann war sogar bereit eine Flasche von dem Trank zu verschenken, was Augusta Longbottom entschieden ablehnte. Sie bezahlte und drängte Neville, sich zu beeilen. Sie wollte so schnell wie möglich nach Hause.
Neville konnte nichts ungewöhnliches zu Hause erkennen, bis auf den dicken Zauberer, der im Sessel saß und ihm mit einem Glas zuprostete , das mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit gefüllt war.
„Alles Gute zum Geburtstag, Neville!“, sagte der Zauberer.
„Danke, Onkel Algie.“
„Archibald Wonderstean! Das ist doch nicht etwa Feuerwisky?“, rief Mrs. Longbottom.
„Liebste Schwester, ich habe hart gearbeitet heute Morgen. Ohne mich selbst loben zu wollen, ich habe es richtig gut gemacht und mir deshalb diese nette Belohnung verdient!“
„Belohnung? Du machst ein wenig Gartenarbeit, während Neville und ich gegen Todesser kämpfen und musst Dich auch noch Belohnen?“
„Todesser? Wie, wo, geht es Euch gut? Was ist passiert?“
Onkel Algie war kreidebleich geworden und musterte seine Schwester und seinen Großneffen.
„Sie haben den Apotheker in der Winkelgasse versucht zu überreden, bei ihnen mitzumachen, aber er wollte nicht.“ , erklärte Neville.
„Bei Merlins Bart!“
„Es ist uns gelungen ihm zu helfen und weder ihm noch uns ist etwas passiert.“ , fuhr Neville fort.
„Merlin sei Dank!“
„Ich glaube, ich könnte auch so ein Glas vertragen!“, sagte Mrs Longbottom. „Und gib dem Jungen auch eins, er ist ja kein Kind mehr.“
Neville blickte überrascht auf. Das war das erste Mal, das das seiner Oma auffiel. Dankend nahm er das Glas entgegen und setzte sich auf das Sofa. Der Feuerwiskey beruhigte etwas seinen aufgewühlten Magen. Nachdem die drei eine Weile schweigend getrunken hatten, richtete Onkel Algie sich auf.
„Genug der trüben Gedanken! Es ist immerhin Nevilles Geburtstag. Augusta, wir sollten ihm langsam mal unser Geschenk zeigen!“ sagte Nevilles Onkel.
„Es steht also?“ , fragte Mrs. Longbottom.
„Genau wie besprochen!“
Neville, der die ganze Zeit von seinem Onkel und seiner Oma hin und her geschaut hatte, wurde von den Beiden in Richtung Garten gedrängt. Vor der Türe hielt Onkel Algie Neville jedoch auf.
„Ach Neville, ich habe Dein Geschenk im Garten aufgebaut. Da war so ein kleines aggressives Bäumchen,....“
„Meine peitschende Weide!“
„Eine peitschende Weide? Du hängst doch nicht hoffentlich allzu sehr an ihr?“
Ungläubig sah Neville seinen Onkel an, der ein betretenes Gesicht machte. Er drängelte sich an seinem Onkel vorbei und stürmte in den Garten. Auf den ersten Blick konnte er erkennen, das die peitschende Weide noch stand. Hinter sich hörte er Onkel Algie lachen. Doch sein Blick wurde nach rechts abgelenkt und er konnte einen kleinen Freudenschrei nicht unterdrücken. Ein Wunsch, den er seid Jahren hatte, war erfüllt worden. Er hatte ihn nie geäußert, weil er befürchtete, er sei zu kostspielig. Doch nun stand sein erstes eigenes Gewächshaus im Garten.
„Danke, danke, danke, danke, danke!“ rief er, und umarmte seine Oma und seinen Onkel gleichzeitig, die ihn strahlend anlächelten. Dann drehte Neville sich um, weil er sich das Gewächshaus bis ins kleinste Detail anschauen wollte.
Er ging durch die Türe hinein. Er gab Arbeitstische in zwei verschiedenen Höhen. Das Dach hatte Luken, die man öffnen konnte. Auf verschiedenen Regalen war Platz für jede Menge Pflanzen. Es gefiel Neville außerordentlich gut, das überall kleine Rollos angebracht waren. So konnten die einen Pflanzen in der Sonne stehen, während andere den Schatten genießen konnten. Relativ groß war es auch noch. Natürlich war es viel kleiner als die Gewächshäuser in Hogwarts, aber hier konnten durchaus zwei Personen gleichzeitig arbeiten.
Onkel Algie und Mrs. Longbottom schoben sich durch die Türe.
„Und wie ist es?“, fragte Mrs. Longbottom lächelnd.
Neville suchte nach dem passenden Wort.
„Phänomenal!“
„Ach, bevor ich es vergesse,“ sagte Onkel Algie, „da war ein Flohanruf für Dich. Professor Sprout. Sie hatte von der peitschenden Weide gehört und wollte Dich morgen besuchen. Als sie von Deinem Geburtstagsgeschenk hörte, sagte sie gleich, das sie noch ein paar Ableger hätte, die dich sicherlich interessieren.“
„Sie - will - was ?“ , fragte Neville entsetzt.
„Vorbeikommen und ein paar Ableger mitbringen!“ wiederholte Onkel Algie geduldig.
„Aber, das geht nicht!“, rief Neville verzweifelt aus und strich sich nervös die Haare aus der Stirn. „Die bringt mich um! Ich hatte keine Erlaubnis, die peitschende Weide nachzuzüchten!“
Luna stand in ihren pfirsichfarbenen Gummistiefeln mit Blumenmuster am Rand eines Tümpels in den walisischen Sümpfen. Sie hatte eine Tierspur durch den Schlamm verfolgt, die sich nun im Wasser verlor. Sie schaute, nein sie starrte geradezu auf das Wasser, doch sie konnte leider nichts erkennen. Nach ein paar Minuten drehte sie sich enttäuscht um. Es war schade, das sie nichts weiter sehen konnte, denn die Fährte war viel versprechend gewesen. Luna konnte sie keinem Tier zuordnen, und das obwohl sie sich sehr gut auskannte. Magische und auch nichtmagische Tierwesen hatten sie immer fasziniert, eine Leidenschaft, die sie mit ihrem Vater teilte. Vorsichtig, um die Fährte hinter ihr nicht zu zerstören, ging sie aus dem Schlamm heraus und lief über die Wiese zu dem Zelt, das sie und ihr Vater dort aufgebaut hatten. Sie trat ein und traf dort ihren Vater an, der die Notizen der letzten anderthalb Wochen durchsah.
„Es ist leider nicht der Erfolg, den ich mir erhofft hatte.“ sagte Mr. Lovegood betrübt.
Luna zuckte mit den Schultern.
„Ich bin einer Fährte gefolgt.“, sagte sie
„Von welchem Tier?“
„Reptilienartig, würde ich sagen, aber keine Fährte die ich kenne!“
„Hast Du das Wesen entdeckt?“, rief Mr. Lovegood aufgeregt, während er aufsprang und nach seiner Kamera griff.
Luna schüttelte den Kopf.
„Die Spur endete im Wasser.“
„Das ist schade, aber alleine die Spur zu finden ist ein unfassbar großer Fortschritt! Komm schnell, ich muss das unbedingt selber sehen!“, rief Mr. Lovegood aufgeregt aus.
Luna führte ihren Vater an den Rand des Tümpels und zeigte ihm die Fährte. Er betrachtete sie eine Weile.
„Du hast recht, das war ein Reptil. Aber eine solche Spur habe ich auch noch nicht gesehen.“
Er brachte seine Kamera in Position und machte Fotos. Als er den gesamten Film verknippst hatte, legte er einen neuen Film ein, bevor er die Kamera vorsichtig zur Seite in das Gras legte. Dann suchten seine Augen das Wasser ab.
„Ich kann leider nichts erkennen!“ bedauerte er.
„Ich habe auch nichts gesehen.“
„Aber wir wissen jetzt, das sie auch im Wasser zu hause sind, das ist wunderbar, wunderbar...“
„Das macht es aber auch nicht gerade einfacher sie zu finden!“ , entgegnete Luna.
„Liebes, denk nach! Das sie auch im Wasser leben, hat man bisher nicht gewusst. Das ist eine unglaubliche Entdeckung die Du da gemacht hast. Sie ist ein weiterer Beweis für die Existenz der Kamelionzwergdrachen. Du weist doch, wie engstirnig die Menschen sind. Sie glauben nur das was sie sehen. Wenn es uns gelingt ein Foto von dem Wesen zu machen, ist die Existenz nicht mehr zu leugnen. Und wir wissen jetzt, wo wir als nächstes nach dem Tier suchen müssen.“
„Stimmt Dad, aber ich glaube, wir werden bis mindestens zur Abenddämmerung warten müssen. Jetzt am Tag, werden sie sich nicht zeigen.“
„Wie kommst Du darauf?“
„Ist so ein Gefühl.“
„Wunderbar, heute Abend legen wir uns auf die Lauer!“
Luna bückte sich und ließ ihre Hand durch das Wasser des trüben Teiches gleiten. Als sie Ihre Hand wieder heraus zog war diese voller grünem Algenschleim.
„Es ist ein stehendes Gewässer, anscheinend ohne Abfluss. Es wimmelt hier gewiss vor Blutegeln.“
„Nein, was haben wir ein Glück!“, zwinkerte ihr Vater Luna zu.
Unter Sommerferien hatte Ginny sich etwas anderes vorgestellt. Sehnsüchtig schaute sie aus dem Fenster zur Obstwiese. Liebend gerne hätte sie jetzt eine Runde Quidditch gespielt. Statt dessen hantierte nun Mrs. Delacour an ihr herum. Am schlimmsten war aber, das Fleur aufgeregt im Zimmer herumschwirrte und einen dämlichen Kommentar nach dem anderen abgab.
„Mon dieu, dass Kleid is viel suu eng oben rum! Bei Gabrielle liegt es besser an.“
Ginny sah an sich hinab und betrachtete ihre Rundungen. Sie hatte nichts daran auszusetzen, im Gegenteil, sei waren genau richtig.
„Maman, können wir nischt vielleischt ein wenig susammenschnüren?“
„Da wird nichts zusammengeschnürt, das das klar ist!“, rief Ginny empört aus und nahm demonstrativ die Schultern zurück, damit ihre Rundungen noch mehr betont wurden.
„Aber, dass sieht viel su erwachsen aus für eine Brautjungfer!“
„Du selbst hast mich ausgesucht, also wirst Du mit meinen Brüsten leben müssen!“
Mrs. Delacour sagte leise etwas auf französisch, was Ginny nicht verstand und deshalb auch sehr unhöflich fand. Danach zuckte Fleur mit den Schultern.
„Bien, dann müssen wir mehr Stoff haben an die Dekolletee! Es darf nicht su tief sein!“
Ginny konnte es gar nicht abwarten, endlich fertig zu werden. Sie mochte dieses dämliche Kleid nicht, das sie auf der Hochzeit anziehen sollte. Es sah toll aus, an Fleurs Schwester. Für Ginnys Geschmack war es mit seinen Schleifchen und Verzierungen einfach zu kindlich. Sie hätte sich lieber etwas anderes angezogen und nicht so mädchenhaft. Sie würde andere Kleider für ihre Brautjungfern aussuchen, wenn sie mal heiraten würde....
Vor ihrem inneren Auge sah sie sich plötzlich selbst den Gang in einem weißen Zelt langlaufen, ihre Familie saß mit strahlenden Gesichtern links und rechts vom Gang und am meisten strahlte Harry, der im Festumhang am Ende des Ganges auf sie wartete. Sie zwang die Vorstellung beiseite, mit viel Glück würde der Wunschtraum vielleicht irgendwann Wirklichkeit werden, aber sie durfte nicht darauf hoffen. Heute erst, hatte sie einige Gesprächsfetzen mitbekommen, die ihre Vermutung bestätigten, was Harry, ihr Bruder Ron und Hermine vorhatten. Sie waren ihrer Frage ausgewichen, aber die Mission, auf die sie gehen wollten, hatte etwas mit der Vernichtung Voldemorts zu tun. Wenn die Drei das nur lebendig überstehen würden.....
„Bien. Wir aben es fertich! Und nun, bitte Vorsicht beim Aussiehen.“
Erleichtert zog Ginny sich um und ging hinab in die Küche, wo sie gemeinsam mit ihrer Mutter das Abendessen vorbereitete.
Langsam versank die Sonne hinter den Bäumen des Kiefernwaldes. Im Zwielicht der Abenddämmerung machten Luna und ihr Vater sich auf den Weg zum Teich. Mr. Lovegood hatte seine Kamera verzaubert, damit sie wasserdicht war. Den Nachmittag über hatte er mit seiner Tochter den Kopfblasenzauber geübt. Streng genommen hätte Luna gar nicht zaubern dürfen, weil sie ja noch nicht siebzehn war, aber wenn er dabei war, kümmerte ihn die Verordnung vom Ministerium nicht. Die konnten doch nicht verbieten, seinem eigenen Kind Unterricht in praktischer Magie zu geben. Er war sehr stolz auf Luna. Sie war eine Ravenclaw, wie ihre Mutter. Und das zu Recht, so schnell wie sie denn Zauber gelernt hatte.
„Lass uns erst nachsehen, ob wir neue Spuren finden.“ schlug Luna vor.
„Ich wollte gerade den gleichen Vorschlag machen.“
Sie beugten sich am Rand des Teiches und untersuchten den Schlamm. Luna ging ein paar Meter zur Seite, immer den Blick suchend am Boden.
„Dad, hier!“ rief sie. „Hier sind gleich zwei Spuren. Eine große und eine kleine. Könnte eine Mutter mit ihren Jungtier gewesen sein.“
Mr. Lovegood kam mit gezückter Kamera heran gelaufen und schoss sofort ein paar Bilder. Auch diese Spur führte ins Wasser.
„Bist Du bereit?“ , fragte er Luna.
„Glaubst Du, hier gibt es Grindelos?“, fragte Luna
„Eher nicht, dafür ist das Wasser viel zu schmutzig.“ , antwortete Mr. Lovegood.
„Na dann kann es losgehen!“ , sagte Luna.
Luna stieg in das Wasser und erschauderte, es war kühler als sie erwartet hatte. Sie wandte den Kopfblasenzauber an und ließ sich vollends in das Wasser gleiten. Neben sich konnte sie ihren Vater sehen, der schon einmal komplett untergetaucht war, bevor er den Zauber benutzte. Sein Haar war voller Algen. Luna musterte ihren Vater kurz und lachte laut auf. Er wies mit der Hand nach unten. Sprechen hören konnte sie ihn nicht, das verhinderten die Blasen. Sie folgte ihrem Vater und tauchte in das grüne Wasser. Am Anfang konnte sie nichts erkennen, es schien als ob sie im Nebel tauchte, mit dem einzigen Unterschied, das dieser Nebel nicht weiß war. Sie sprach den Lumos und die Spitze ihres Zauberstabes wurde hell. Einen Augenblick später flammte neben ihr der Zauberstab ihres Vaters auf. Langsam hatten sich auch ihre Augen an das trübe Wasser gewöhnt. Sie begann die Gegend um sich herum abzusuchen, konnte aber außer ihrem Vater kein Lebewesen erkennen. Ihr Vater machte aber schon Fotos. Neugierig folgte sie ihm und sah, das er den Grund fotografierte, wo wieder Spuren zu erkennen waren. Es waren zwei- groß und klein. Die Tiere schwammen also nicht, sondern hielten sich auf dem Grund auf. Das sollte die Sache einfacher machen.
Luna machte eine Handbewegung, mit der sie ihren Vater aufhalten wollte noch mehr Fotos zu machen. Wenn die beiden Drachen hier in der Nähe waren würde der Blitz sie noch erschrecken. Sie folgte langsam der Spur am Boden. Ihr Vater tauchte direkt neben ihr. Die Spur knickte nach links ab, und als sie sich umwandte, konnte sie eine Bewegung wahrnehmen. Ihr Vater hatte es nicht bemerkt und wollte schon weiter tauchen. Im letzten Moment hielt sie ihn auf und wies auf die Stelle von der sie glaubte, sie hätte die Bewegung gesehen. Eine Weile ließen sie sich einfach treiben und beobachteten. Luna hatte sich nicht getäuscht. Dort bewegte sich tatsächlich etwas. Mr. Lovegood hob die Kamera, aber Luna hielt ihn auf. Schließlich konnte man eine winzige grüne Drachenmutter mit ihrem Jungen in dem grünen Wasser erkennen. Luna und ihr Vater beobachteten die Tiere eine Weile und schließlich nickte Luna ihrem Vater zu.
Der Blitz erschreckte die Mutter mit dem Jungtier tatsächlich und so war nur dieses eine Foto möglich gewesen. Aber ein Foto war immerhin ein richtig guter Beweis.
Gut gelaunt tauchten die Beiden wieder auf. Sie beendeten die Kopfblasenzauber und vielen sich in die Arme.
„Die Expedition war ein voller Erfolg! Und wir haben noch zwei Abende.“ strahlte Mr. Lovegood.
„Und Du Glückspilz hast Dir zwei Blutegel eingefangen! Du musst sie unbedingt dran lassen, sie saugen böse Flüche aus Dir raus!“ sagte Luna.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel