von uni
Severus der Höllenfürst oder Möhrenmassaker
Hermine stand zögernd vor der schweren Holztür. Sollte sie es wagen zu klopfen? Die Kerkertür erinnerte sie an eine Abbildung der Pforte zur Unterwelt, die sie als Kind in einem Buch gesehen hatte. Hermine konnte das Gefühl nicht begründen, denn die Tür war alt und schäbig und überhaupt nicht prunkvoll oder mit gruseligen Ornamenten verziert. Dennoch verbreiteten beide dasselbe Gefühl und die Ahnung, dass sie hinter sich etwas Schreckliches verbargen.
Hermine wurde die Entscheidung abgenommen, denn ein ungehaltener Snape riss die Tür auf. „Wollen sie hier Wurzeln schlagen?“, knurrte der Zaubertränkemeister sie wütend an. Als sie sich noch immer nicht bewegte, trat er zur Seite, um den Durchgang frei zu machen.
„Ich glaube sie überschätzen mich, Miss Granger. Es liegt sicher nicht an meiner Großzügigkeit und an meinem Guten Willen, dass ich einen Teil ihrer Ausbildung übernehme. Allein Albus hat mich dazu…“, er legte eine Pause ein und führ dann im selben zornigen Ton fort, „überredet. Nichts und niemand hindert mich daran, zum Schulleiter zu gehen und ihm mit zu teilen, dass es unmöglich ist ihnen etwas beizubringen, da sie glauben bereits alles zu wissen. Sie scheinen es ja nicht einmal nötig zu haben pünktlich zu erscheinen.“ Snape hatte sich in Rage geredet, während sein Opfer die gesamte Zeit stumm und unbewegt vor ihm gestanden und auf den Boden gestarrt. Sie wusste nicht, ob Snape wirklich geendet hatte oder ob er nur eine Pause einlegte. So drückte sie sich schnell an ihm vorbei und murmelte ein leises: „Es tut mir Leid Professor, ich habe verschlafen.“
Snape erwiderte nichts und schloss mit säuerlicher Miene die Tür.
Obwohl Hermine nun schon eine Weile nicht mehr seine Schülerin war, nannte sie ihn noch immer Professor. Er wusste nicht, ob sie es aus Respekt, Angst oder Gewohnheit tat, tippte jedoch auf eine Mischung aus allem. Seit jenem Abend waren sie sich einander aus dem Weg gegangen. Hermine hatte nicht gewagt ihr Vorhaben ihn zur Rede zu stellen durchzuziehen und er selbst war auch nicht sonderlich erpicht über diese Sache zu reden. Auch wenn diese gemeinsame Nacht noch immer durch Snapes Träume und vor allem durch seine Fantasien geisterte.
Die Nachricht, dass Hermine die ersten paar Wochen gerade bei ihm unterricht haben würde, hatte er ihr so auch nicht persönlich mitgeteilt. Er hatte ihr ganz feige eine Eule zu gesandt und sie in einem formellen Brief darüber in Kenntnis gesetzt.
Nun standen sie sich also wieder gegenĂĽber. Hermine schluckte und setzte erneut zu sprechen an, doch Snape brachte sie mit einer harschen Bewegung zum Schweigen.
„Wollen sie mich mit ihrem Geschwätz langweiligen oder endlich anfangen zu arbeiten?“
Er deutete auf eine Tür. „Gehen sie in mein privates Labor, auch wenn es mir widerstrebt, sie in meine Räumlichkeiten zu lassen. Leider verlangen die Standards jedoch ein Labor, das besser ausgestattet ist, als eines, das von meinen unfähigen Schülern benutzt wird.
Wenn sie ihre Inkompetenz schon unbedingt an hilflosen Kranken auslassen wollen, dann will ich bestimmt nicht dafür schuldig gemacht werden.“
Hermine schluckte diese Spitze und folgte seinem ausgestreckten Arm. Snapes Laboratorium entsprach nicht Hermines Erwartungen, es ĂĽbertraf sie bei weitem.
Der kleine Raum war voll gestopft mit piepsenden und summenden Apparaturen, die allesamt hochempfindlich und sehr teuer waren. An den Wänden standen mehrere Regale, die vor Einmachgläsern und Fläschchen überquollen. Auf der Arbeitsfläche selbst stapelten sich Bücher und Pergamentrollen und in der Ecke konnte Hermine zwei Kessel ausmachen, die über dem Feuer hingen und deren Inhalt leise vor sich hin köchelte.
Sie schritt staunend die langen Reihen der Zutaten ab und entdeckte so manche Zutat von der sie bisher nur gelesen hatte. Nicht wenige waren verboten oder nur sehr schwer zu bekommen.
Auch wenn es sie in den Fingern juckte, wagte sie nicht etwas zu berĂĽhren. Obwohl alles nach einem heillosen Chaos aussah, ahnte sie, dass Snape sofort merken wĂĽrde, wenn etwas nicht an seinem Platz stand.
Besagter Zaubertränkelehrer war klammheimlich hinter sie getreten und riss sie mit seiner schnarrenden Stimme aus ihren Gedanken.
„Granger, ich weiß wirklich nicht warum ich meine Zeit mit ihnen verschwende. Wenn sie nur gaffen wollen, können sie gleich wieder verschwinden“, und als sie ihm nicht antwortete, „Nun machen sie schon oder habe ich mich tatsächlich in ihnen getäuscht, als ich glaubte sie seien weniger ignorant und dumm, als ihre Klassenkameraden.“
Hermine wunderte sich, wie dieses Ekel es schaffte, selbst ein Kompliment, wie eine Beleidigung klingen zu lassen, dennoch konnte sie nicht leugnen, dass sie sich ein wenig freute. Immer noch wortlos trat sie hinter den Arbeitstisch.
„Sie werden zunächst einige Heiltränke aus den unteren Klassen wiederholen, dass dürfte zu schaffen sein.“ Er zog eine Liste hervor, die er ihr reichte, dann ging er um den Tisch herum und wandte sich seinen kochenden Tränken zu.
Hermine sah abwechselnd ihn und die Liste an. Seine Art irritierte sie, Snape war schon immer fies und gemein gewesen, aber es war absolut nicht typisch fĂĽr ihn, sie auf diese Art und Weise herunter zu putzen.
Entnervt zuckte sie mit den Schultern und schenkte der Liste nun ihre volle Aufmerksamkeit.
Es war eine Aufstellung von sämtlichen Heiltränken, die sie in ihrer Schulzeit durch genommen hatte, sie würde mindestens drei Tage für alle benötigen, wenn nicht sogar mehr.
„Nun arbeiten sie schon, sonst werden sie nie fertig.“ Ohne aufgeblickt zu haben, wusste Snape, dass sie mit ihrer Arbeit noch nicht begonnen hatte.
„Professor, wo finde ich Pergament und Feder?“, fragte Hermine leise.
Er deutete stumm auf eine Schublade des Schreibtisches. Die Hexe zog es vorsichtig auf und kramte die benötigten Schreibutensilien hervor.
Suchend sah sie sich um.
„Professor… ich bräuchte eine Platz zum Schreiben…“
Er drehte sie zu ihr um, seine Augen sprühten vor Zorn. „WOZU GENAU BRAUCHEN SIE DAS ALLES?“ Etwas leiser setze er zischend hinzu: „Falls sie es noch nicht bemerkt haben, sie sollen brauen und keine Abhandlung schreiben!“
Hermines Geduld war nun am Ende. Im selben Ton erwiderte sie: „Ich möchte gerne die benötigten Zutaten und die Arbeitsschritte aufschreiben.“ Snape zeigte sich von ihrem Tonfall völlig unbeeindruckt, viel mehr setzte er noch einen drauf.
„Granger, ich bin enttäuscht. Bei ihrer übereifrigen, nervtötenden und besserwisserischen Art dachte ich fast, sie wüssten all dies Auswendig.“
Hermine ballte die Fäuste und grub ihre Nägel tief in ihre Handballen.
‚Ganz ruhig Mädchen. Einatmen – ausatmen – einatmen - ausatmen. Wenn du ihm jetzt an die Gurgel springst, dann bringt er es fertig, dich für die nächsten drei Jahre nachsitzen zu lassen.’
Doch ganz konnte sie ihre Wut nicht unterdrĂĽcken. Sie stieĂź ein leises Knurren aus.
Snape machte ein zufriedenes Gesicht. „Gehen sie in die Bibliothek, wenn sie nicht fähig sind die einfachsten Zaubersprüche aus dem FF zu brauen. Was wollen sie Dilettantin eigentlich im Ernstfall machen? Bevor sie recherchiert haben, ist der Patient längst tot.“ Sein Blick nahm ein bösartiges Glitzern an und er lächelte selbstgefällig. „Oder schwirren ihnen andere Dinge im Kopf herum? Wie zum Beispiel ein Sexabenteuer?“
Aus Hermines Gesicht wich alle Farbe und Tränen des Zorns stiegen ihr in die Augen.
Er lächelte süffisant. „Seien sie aber nach dem Mittagessen wieder da, auch wenn ich nicht glaube, dass sie mir vom Fleisch fallen. Sie sind ja immerhin ziemlich üppig ausgestattet.“
„Sie…Sie Schwein.“ Sie drehte sich um und schlug die Tür mit einem lauten Knallen hinter sich zu.
Severus wartete, bis Hermines Schritte völlig verklungen waren und er sich sicher sein konnte, dass sie nicht mehr in der Nähe war.
Dann sackte er in sich zusammen.
Ihr Duft machte ihn schier wahnsinnig, er konnte nicht konzentriert arbeiten, da er ihre Präsenz spürte.
Jeder verstohlene Blick, jeder Atemhauch, der ihn streifte, jagte ihm heiße und kalte Schauer über den Rücken. Am Liebsten wäre er augenblicklich zu ihr gegangen und hätte sie in den Arm geschlossen.
Snape schüttelte den Kopf über sich und seine Gedanken. Was dachte er sich eigentlich, Hermine könnte seine Tochter sein, zumal er und seine Todesser Tätigkeit jeden in seinem Umfeld in Gefahr bringen würden.
„Es ist besser sie hasst dich und du hältst sie so von dir fern, als wenn sich das von jener Nacht wiederholt.“
Er glaubte zwar nicht, dass er jemals Gefühle wie Sympathie oder gar Liebe in jemandem wachrufen könnte. Doch er war realistisch genug, um zu ahnen, dass sich das, was nach dem Weihnachtsball geschehen war, jeder Zeit wiederholen könnte.
Er gab ihr wirklich Grund genug, ihn zu hassen, auch wenn er sich selbst für sein Verhalten ohrfeigen könnte.
„Snape, wie weit ist es nur mit dir gekommen?“
Wütend stach Hermine mit ihrer Gabel auf ihren Hackbraten ein. „Dieses dämliche…“ Die Möhren mussten dran glauben. „…dieses ignorante…“ Die Kartoffeln wurden erbarmungslos zu Matsch verarbeitet. „…arrogante…“ Sie hieb weiter auf ihr Mittagessen ein. „ARSCHLOCH!“ Kartoffel- Möhren- Fleischmus flog über den Tisch. „Oh, wie ich ihn hasse.“
Sie nahm einen kräftigen Schluck von ihrem Tee und verbrannte sich sofort die Zunge. Hermine hatte darauf verzichtet in die Bibliothek zu gehen und nach zu forschen. Sie hatte das nicht nötig, denn selbst verständlich kannte sie die geforderten Tränke und ihre Zubereitung auswendig. Doch es war nun mal ihre Art, ihre Gedanken zu ordnen bevor sie mit ihrer Arbeit begann.
‚Außerdem war seine Nähe unerträglich für dich’, flüsterte eine kleine gemeine Stimme hinter Hermines Stirn. ‚Ein Gemüsemassaker ändert auch nichts an eurer gemeinsamen Nacht und daran, dass sie dir nicht mehr aus dem Kopf geht.’ Sie schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben.
„Dieser Mann ist der Hölle entstiegen. Er ist ein leibhaftiger Dämon, gesandt mich zu quälen.“ Hermines Kopf sank vornüber, mitten in den Nahrungsbrei.
Warum in aller Welt, konnte sie es nicht vergessen? Warum geisterten ihr dieser Mann und seine BerĂĽhrungen noch immer durch den Kopf?
Er war fies, er war gemein, er war ein fĂĽrchterliches Ekel. Trotzdem bereute sie die Nacht an sich nicht, sie bereute nur, dass sie sie nicht bereute.
Hermine stand auf, sie musste wieder zu ihm.
Doch zuvor würde sie noch die Aufzeichnungen anfertigen und das so perfekt, dass er vor ihr vor Verblüffung auf die Knie fallen würde. ‚Naja, ein ehrfürchtiger Blick und so etwas wie, ,ich bin begeistert´ oder ,das haben sie gut Gemacht Miss Granger´, würden mir ja reichen.´
Ein Stück Möhre fiel ihr vom Kinn. „Oh ok. Ich sollte mich vielleicht noch einmal umziehen und säubern. Dann komm ich eben erst spät, mehr hassen kann er mich ohnehin nicht“
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