von redangeleve
Fatale Desire
XXXVIII. Sorry seems to be the hardest word
It`s sad, so sad
It`s a sad, sad situation
And it`s getting more and more absurd
It`s sad, so sad
Why can`t we talk it over
Oh, it seems to me
That sorry seems to be the hardest word
(Elton John, Sorry seems to be the hardest word)
Der Abend brach bereits herein, als Hermine und Lucius am Sonntag schließlich in die Wohnung am Riverside Drive zurück kehrten. Den größten Teil des Tages hatten sie mit ausgedehnten Spaziergängen in der rauen Natur der Bretagne verbracht. Wie so oft in letzter Zeit war Hermine überrascht, wie viel Lucius über die Geschichte und die Kultur dieses Landes zu berichten wusste.
„Hast du gedacht, die ganzen Bücher in der Bibliothek stehen nur dort, um Eindruck zu schinden?“ fragte er schmunzelnd, als er ihre Verwunderung bemerkte. „Die Zeit hat mich gelehrt, dass Wissen Macht bedeutet. Bei vielen geschäftlichen Verbindungen hat es sich als äußerst nützlich heraus gestellt, die landesüblichen Gepflogenheiten zu kennen.“
Die Antwort schien ihr sehr plausibel und mehr noch: Hermine war froh zu wissen, dass es zwischen ihnen nicht nur eine rein körperliche Anziehung gab. Nie hätte sie es für möglich gehalten, dass sie tatsächlich stundenlang mit einem Mann diskutieren konnte, ohne befürchten zu müssen, ihn zu langweilen. Lucius allerdings schien ihren Gedankenaustausch sehr zu genießen und mehr als einmal ging der Beginn einer solchen Unterhaltung von ihm selbst aus.
Doch das Erstaunlichste von allem war für sie das Schweigen. Früher, mit Ron, hatte sie es immer als unangenehm empfunden, wortlos nebeneinander auf der Couch oder am Esstisch zu sitzen. Ständig hatte sie sich den Kopf über mögliche Gesprächsthemen zerbrochen, nur um nicht weiter in dieser unangenehmen Stille verharren zu müssen. Mit Lucius war das ganz anders; mit ihm hatte sie nicht das zwanghafte Bedürfnis sich mitzuteilen, nur um des Redens Willen. Wenn es die Situation zuließ, konnte sie mit ihm wunderbar in trauter Einigkeit schweigen. Es war nichts Unangenehmes dabei, keine gespannte Stille, sondern eine harmonische Ruhe, die keiner Worte bedurfte. Es war gut so, wie es war. Im Gegenteil, manchmal traute sie sich kaum, diese perfekte Harmonie durch eine Äußerung zu entweihen.
Daher störte es sie auch nicht, als ihre Verabschiedung am Abend eher kurz ausfiel. Lucius schien schon länger mit den Gedanken woanders zu sein und sie bemerkte seine offensichtliche Unruhe, kaum dass sie die Wohnung am Riverside Drive erreicht hatten, weshalb sie es ihm leicht machte und von sich aus das Ende ihres romantischen Wochenende einläutete.
Bevor sie nach Hause apparierte, schaute sie noch schnell auf einen Sprung bei Harry und Ginny vorbei, um Sokrates abzuholen und nachzusehen, wie weit sich ihre Freundin seit ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus erholt hatte. Es dauerte einen Augenblick, nachdem sie an der Haustür geklingelt hatte, bevor Harry schließlich öffnete. Die eine Hand hatte er am Türgriff, die andere ruhte auf seiner Hemdtasche, in der der Zauberstab steckte, doch nachdem er Hermine erkannte, ließ er diese eilig sinken.
„Hermine“, begann er und lächelte entschuldigend. „Was für eine Überraschung.“
„Wieso Überraschung?“ fragte die Freundin. „Ich hatte doch gesagt, dass ich meine Eule heute Abend abholen komme.“
„Nun ja“, erwiderte der schwarzhaarige Mann und warf einen flüchtigen Blick in das Innere der Wohnung. „Wir hatten dich später erwartet.“
Hermine fand Harrys Benehmen äußerst seltsam. Er wirkte plötzlich unglaublich nervös und seine Augen zuckten immer wieder zur Seite. Immer noch hielt er den Türgriff in der Hand und stand so, dass sie nicht an ihm vorbei sehen konnte. „Willst du mich nicht herein lassen?“
Harry schien fieberhaft nach einer Ausrede zu suchen, doch gerade als er den Mund aufmachte, hörte Hermine von drinnen Ginnys Stimme. „Nun lass Mine schon herein kommen.“
Mit einem ergebenen Aufseufzen bedeutete ihr der Freund einzutreten und ließ Hermine an sich vorbei gehen, bevor er die Tür hinter ihr schloss. Zielstrebig durchquerte sie den kurzen Flur zum Wohnzimmer, wo sie Ginny auf der Couch sitzend vorfand. Neben ihr im Sessel, die langen Beine übergeschlagen saß Ron und warf ihr einen düsteren Blick zu.
Hermines Herz stolperte für einen Augenblick, dann zwang sie sich zu einem Lächeln. „Ginny.“ Sie ging zu der Freundin und küsste sie auf beide Wangen. „Ron.“ Sie nickte ihrem Ex-Freund höflich zu, dann setzte sie sich auf den freien Sessel ihm gegenüber und wandte sich erneut an ihre Freundin. „Wie geht`s dir? Alles okay?“
Ginny grinste breit, während sich ihr Mann neben ihr auf dem Sofa niederließ. „Mir geht`s blendend. Mum und Dad schauen jeden Tag vorbei und Harry liest mir jeden Wunsch von den Augen ab. Aber erzähl, wie war dein Wochenende?“
Hermine zögerte einen Augenblick, aber nach einem aufmunternden Blick der Freundin, begann sie doch zu erzählen.„Sehr idyllisch. Wir waren in einem kleinen Häuschen in der Bretagne. Weit und breit keine Menschenseele. Nur die Natur, das Meer und wir.“
„Großartig“, warf Ron sarkastisch ein. „Ich hoffe, eine Möwe hat auf seinen scheißteuren Umhang gekackt.“
Tadelnd knuffte Harry seinen Freund in die Seite, doch Ron beachtete ihn gar nicht und starrte weiter Hermine an, die seinem Blick unsicher auswich.
„Das hört sich ja wirklich romantisch an“, meinte Ginny munter, den Einwand ihres Bruder ignorierte sie gekonnt.
„Ja, das war es auch“, stimmte Hermine zu und bemühte sich es wie Ginny zu machen und so zu tun, als habe sie Rons Bemerkung gar nicht gehört.
„Und seid ihr auf eine Lösung für dein Job-Problem gekommen?“
„Er hat mir eine Stelle in seiner Kanzlei angeboten. Auf Honorar-Basis. So würde ich Geld verdienen und trotzdem unabhängig bleiben“, erklärte die Brünette.
„Und dich ganz nebenbei von ihm immer weiter in den Abgrund ziehen lassen“, zischte Ron böse.
Nun war es mit Hermines Beherrschung vorbei. „Wo ist eigentlich dein Problem?“ fragte sie den rothaarigen Mann ärgerlich. „Seit wir uns getrennt haben, versuchst du ständig, Lucius in Misskredit zu bringen. Dabei hat er sich nichts zu schulden kommen lassen!“
„Ach bitte, ja?“ gab Ron gereizt zurück. „Okay, er hatte nichts mit dem Angriff auf Ginny zu tun, aber er ist und bleibt ein Verbrecher und wenn du jetzt für ihn arbeitest, wirst du genauso ein kriminelles Subjekt wie er.“
„Ich arbeite für die Rechtsabteilung!“ rechtfertigte sich Hermine.
„Raffst du es nicht? Das ist doch alles nur Schein! Das einzige Recht, was der kennt, ist das Gold und die Gesetzte seines Meisters.“
„Du glaubst, du kennst ihn, ja?“ fuhr Hermine wütend auf. „Ich will dir mal etwas sagen, Ronald Weasley, du hast nicht die geringste Ahnung. Er ist der Mann, der mich glücklich macht und ich habe keine Lust, mir von dir deshalb Schuldgefühle einreden zu lassen. Ganz ehrlich, ich wünsche dir, dass du jemanden findest, der dir das gibt, was ich gefunden habe, aber bis dahin hör auf, deinen Frust über unsere gescheiterte Beziehung an ihm auszulassen!“
Rons Gesicht war dunkelrot angelaufen. Seine Kiefer mahlten bedrohlich, doch er hielt den Mund geschlossen. Nur sein Blick bohrte weiter tiefe Löcher in Hermines Gesicht. Schwer atmend stand sie aus dem Sessel auf. „Ich komme besser ein anderes Mal wieder“, sagte sie an Ginny gewandt. „Ist Sokrates in seinem Käfig?“
Erleichtert die Szene verlassen zu können, sprang Harry auf die Füße. „Ich hole ihn dir.“
Peinlich berührt stand nun auch Ginny auf und drückte Hermine einen Kuss auf die Wange. „Ich eule dir die Tage“, versprach sie, als ihr Mann mit dem Käfig zurück kam und ihn an die braunhaarige Frau weiter reichte. Sokrates blinzelte seine Besitzerin verschlafen an, dann schuhute er zur Begrüßung erfreut.
„Bis dann“, verabschiedete sich Hermine, ohne Ron noch eine Blickes zu würdigen und drehte sich in Richtung der Tür. Harry begleitete sie hinaus.
„Tut mir leid, dass ich euch den Abend verdorben habe“, entschuldigte sich die Freundin bei ihm.
„Is` nicht nur deine Schuld“, gab der Schwarzhaarige schwach zurück. Auch ihm war die Reaktion seines Schwagers sichtlich peinlich, doch mehr als ein paar gemurmelte Worte brachte er nicht zustande. Aber Hermine war im Grunde genommen froh, dass keiner von beiden sich eingemischt hatte. Das war eine Sache zwischen ihr und Ron und niemandem sonst.
„Die Sache mit dem Tagespropheten hat ihn noch einmal so richtig angestachelt“, fügte Harry erklärend hinzu.
„Darüber ist das letzte Wort auch noch nicht gesprochen“, gab Hermine zurück und bei dem Gedanken an die Kimmkorn fühlte sie, wie erneut Ärger in ihr aufflammte.
„Versprich mir einfach, dass du auf dich aufpasst, ja?“ fragte Harry bittend.
„Immer“, erwiderte Hermine souverän. „Mach dir keine Sorgen um mich, okay? Und jetzt geh zu deiner Frau, bevor Ron ihr weiter die Ohren volltextet.“
Sie umarmten sich kurz, dann zog Hermine ihren Zauberstab hervor und apparierte mit ihrer Eule nach Hause.
XXXXXX
In ihrer Wohnung musste sich Hermine erst einmal setzten. Die ganze Entspannung, die sie in den letzten Tagen gefühlt hatte, war wie weg geflogen. Schon sehnte sie sich nach Lucius beruhigender Gegenwart. Bei ihm schienen ihr alle Probleme weniger dramatisch, als hier in ihrer leeren Wohnung. Diese ständigen Rechtfertigungen, der ewige Kampf um die Anerkennung ihrer Beziehung fingen an, an ihren Nerven zu zerren. Dennoch war sie nicht bereit, sich einfach so geschlagen zu geben. Hatte sie nicht das gleiche Recht wie jeder Andere mit dem Mann ihrer Wahl glücklich zu sein? Wer gab dem Ministerium oder dem Tagespropheten das Recht an ihrer geistigen Gesundheit zu zweifeln, nur weil sie ihre Wahl nicht nachvollziehen konnten? Aber hatte es überhaupt einen Sinn, dagegen vorgehen zu wollen? Lucius hatte ihr ja bereits unterschwellig von einem Prozess gegen das Ministerium abgeraten und vermutlich hatte er sogar recht. Das Ministerium würde immer einen Vorwand finden, um ihre Entlassung zu rechtfertigen und wenn sie sich auf den rumänischen Botschafter bezogen, dem Hermine in einem ihrer letzten Briefe die Meinung gegeigt hatte.
Doch das, was der Tagesprophet in seinem Artikel über sie geschrieben hatte, war ganz klar Verleumdung und Hermine sah keinen Grund, das auf sich sitzen zu lassen. Schließlich stand hier ihr guter Ruf auf dem Spiel. Sie würde notfalls vor dem Zaubergamot beweisen, dass sie weder unter dem Imperius Fluch stand, noch geistig umnachtet war, um den Tagespropheten zu zwingen einen Widerruf zu drucken.
Ein Klopfen an der Scheibe ließ sie aus ihren trübseligen Gedanken auffahren und sofort suchte ihr Blick das Wohnzimmerfenster, wo ihr zwei gelbe Augen entgegen funkelten. Die mausgraue Eule, die auf das Fensterbrett hüpfte kaum das Hermine sie herein gelassen hatte, war ihr gänzlich unbekannt. Neugierig öffnete sie den Knoten des Lederbandes, der das Pergament am Bein der Eule festhielt und gab dem Vogel nebenbei einen Eulenkeks.
Sofort danach rollte sie den Brief auseinander und begann die fremde Handschrift zu lesen. Das Pergament entpuppte sich als ein Schreiben von Eliondo Lordship, dem Senior-Partner des Malfoy Lawyer Office, in dem er die junge Frau für den nächsten Morgen zu einem Gespräch in die Kanzlei einlud. Offenbar hatte Lucius keine Zeit verloren und seine Mitarbeiter instruiert, bevor Hermine es sich noch einmal anders überlegen konnte. Mit klopfendem Herzen setzte sie ihre Zusage auf das Pergamet und band es erneut an dem Bein der grauen Eule fest, bevor sie diese wieder aus dem Fenster ließ.
Nun wurde es also wirklich ernst. Aber auch wenn Hermine vor Aufregung etwas weiche Knie bekam, freute sie sich trotzdem auf die neue Herausforderung. Hier konnte sie wirklich etwas zu dem Verständnis zwischen Muggeln und Zauberern beitragen. Sie bekam die Möglichkeit etwas zu bewegen, sich selbst in ihre Arbeit einzubringen und nicht immer nur Aktenberge zu bearbeiten und Botschaftern Honig um den Bart zu schmieren.
Mit einem leisen Gefühl der Vorfreude ließ Hermine ihre Eule zu dem nächtlichen Rundflug aus dem Fenster, bevor sie sich für den morgigen Tag ein dezentes Kostüm aus dem Schrank nahm und sich anschließend für die Nacht umzog. Ihr Bett kam ihr wieder einmal furchtbar fremd vor und Hermine hatte Schwierigkeiten sich zu erinnern, wann sie das letzte Mal in ihm geschlafen hatte. Doch irgendwann gelang es ihr, alles auszublenden und mit einem feinen Lächeln auf den Lippen schlief sie schließlich ein.
Tbc...
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