von redangeleve
Fatale Desire
XI. I want you to want me
I want you to want me
I need you to need me
I`d love you to love me
And I`m begging you to beg me
(10 Things I hate about you, I want you to want me)
Susan loszuwerden war kein besonders schwieriges Problem gewesen. Die Freundin hatte ohnehin noch in der magischen Drogerie nach einem Mittel gegen den Eulengestank in ihrer Wohnung fragen wollen. Bei Ginny war die Sache schon etwas komplizierter. Sie weigerte sich hartnäckig, Hermine allein in der Winkelgasse zurück zu lassen und erst, als diese behauptete, nun doch noch wegen einiger Fachbücher für die Arbeit bei Flourish & Blotts vorbei schauen zu müssen, trat Ginny den Rückzug an. So gern die Rothaarige ihre Freundin auch hatte, eine Stunde zwischen den staubigen Regalen des Büchergeschäfts verbringen zu müssen, entsprach nicht ihrer Vorstellung von angenehmem Shopping.
Nachdem sie sich bestimmt zum hundertsten Mal vergewissert hatte, dass es Hermine auch wirklich gut ging, verabschiedete sich Ginny schließlich, jedoch nicht ohne Hermine morgen ihren Besuch zum Frühstück anzukündigen. Die braunhaarige Frau atmete auf, als ihre Freundin disapparierte, dann drehte sie auf der Schwelle des Buchladens um und ging zurück zum Dessous-Geschäft. Vorsichtig vergewisserte sie sich, dass sie nicht beobachtet wurde, dann schlüpfte sie schnell durch die getönte Eingangstür.
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Zwei Stunden später apparierte Hermine mit einer unscheinbaren, dunklen Tüte nach Hause. Sie sagte den Spruch für die Entriegelung und legte die Tüte auf der Kommode neben dem Eingang ab, nachdem sie die Wohnung betreten hatte. Als sie Schuhe und Umhang ausgezogen hatte, ging sie in die Küche. Die meisten Zauberhaushalte besaßen gar keinen Mülleimer, aber Hermine konnte ihre Muggel-Wurzeln nicht ganz verleugnen. Doch da sie die letzte Woche außer Gefecht gewesen war, hatte sich Ginny um den Haushalt und die Küche gekümmert. Wie die meisten Zauberer entsorgte auch Ginny den Müll magisch, weshalb der Mülleimer unter der Spüle seit einer guten Woche nicht mehr gelehrt worden war.
Aufatmend sah Hermine die zerknüllte dunkelblaue Karte auf einem vertrockneten Teebeutel liegen. Vorsichtig nahm sie sie heraus und strich mit den Fingern das Papier glatt. Die Karte hatte ein paar Teeflecken bekommen und sah ein wenig zerknittert aus, aber Hermine hoffte, dass sie trotzdem funktionieren würde.
Sie setzte sich auf einen der Küchenstühle und holte den Zauberstab aus der Hosentasche hervor. „Imaginee“, sagte sie leise und tippte mit der Spitze darauf. Ihre Gedanken waren klar, nicht wie beim ersten Mal, als sie diesen Zauber angewendet hatte, denn dieses Mal brauchte sie nicht lange zu überlegen, wie der Mann aussehen sollte, den sie treffen wollte.
Direkt nachdem sie den Zauber beendet hatte, ging Hermine ins Wohnzimmer und holte ihre Eule aus dem Käfig. Zärtlich streichelte sie die Federn des braunen Vogels, sich plötzlich bewusst, wie sehr sie auch ihn vernachlässigt hatte.
„Ich schwöre dir, Sokrates, wenn sich hier alles beruhigt hat, machen wir mal wieder eine ausgiebige Kuschel-Stunde“, beschwichtigte sie ihn, während sie liebevoll die Feder am Hinterkopf kraulte.
Sokrates schuhute zur Antwort freundlich und hielt ihr erwartungsvoll das Bein entgegen, als Hermine die Karte daran befestigte. Mit dem Vogel auf dem Arm öffnete sie das Fenster und Sokrates schlug sofort mit den Flügeln, bevor er hinaus in den Nachmittag flatterte. Hermines Herz klopfte unruhig, während sie dem Tier dabei zu sah, wie er über die Häuser davon flatterte. Mit einem leisen Seufzen schloss sie schließlich das Fenster und nahm die Tüte von der Kommode neben der Wohnungstür. Da sie nicht wusste, wie lange es dauern würde, bis sie eine Antwort bekam (oder ob überhaupt), beschloss sie, erst einmal ins Bad zu gehen. Es konnte nicht schaden vorbereitet zu sein.
XXXXXX
Der Nachmittag zog sich endlos dahin. Immer wieder war Hermine zu dem Fenster im Wohnzimmer gegangen, aber von Sokrates war keine Spur zu entdecken. Was, wenn die Karte nicht mehr funktionierte? Würde die Eule dann überhaupt die Wohnung finden? Und was war, wenn sie mit leeren Händen – Pardon, Flügeln – heimkam? Schließlich war Hermine einfach so verschwunden, ohne ein Wort, ohne eine Erklärung, da wäre es nicht verwunderlich, wenn er sie nicht sehen wollte.
Unsicher ließ sich Hermine auf die Couch sinken, nur um gleich darauf wieder aufzuspringen und ihren Weg durch die Wohnung fortzusetzen. In ihrer Verzweiflung schaltete sie sogar den Fernseher ein, in dem Versuch sich abzulenken. Doch nach einer halben Stunde hatte sie genug von Talkshows und Koch-Sendungen und machte ihn wieder aus.
Himmel, warum dauerte das so lange? Wenn er sie wirklich nicht treffen wollte, hätte er doch Sokrates einfach wieder zurück schicken können. Vielleicht hatte die Eule ihn gar nicht angetroffen. Vielleicht war er gar nicht in seiner Wohnung. Oder in London. Oder in England...
Wahllos griff sich Hermine ein Buch aus dem Regal und versuchte zu lesen, doch der Sinn der Worte erreichte ihr Gehirn nicht. Verflucht! Es war schon früher Abend und wenn er wirklich nicht daheim war, hätte doch bestimmt die Hauselfe den Brief an sich genommen oder die Eule wieder zurück geschickt.
Resigniert seufzte Hermine auf. Das hatte sie nun davon. Sie hatte ihm nicht die Chance gegeben sich zu rechtfertigen und jetzt sah er auch keinen Grund mehr, ihr den zu geben. Als die Dunkelheit über die Stadt herein brach, war sich Hermine sicher, dass sie keine Antwort mehr erhalten würde. Enttäuscht wollte sie ins Schlafzimmer zurück kehren, als sie das vertraute Geräusch eines Schnabels an der Scheibe hörte.
Sokrates!
In Windeseile legte Hermine die Meter bis zum Fenster zurück und ließ die Eule herein. Erfreut darüber, wieder daheim zu sein, hüpfte Sokrates auf die Fensterbank und rieb seinen Kopf an ihrem Arm, bevor er sich bereitwillig die Karte abnehmen ließ. Schnell setzte Hermine den Vogel zurück in seinen Käfig und gab ihm den obligatorischen Eulenkeks, bevor sie sich aufs Sofa setzte.
Mit zittrigen Händen schwenkte sie die Karte hin und her, bis unter dem goldenen „M“ weitere Wörter sichtbar wurden:
Jetzt.
Die selbe Adresse.
Erleichtert stand sie auf, schlüpfte in ihre Schuhe und zog sich den neuen Umhang über das schwarze Etuikleid, das sie nun trug. Sorgfältig versiegelte sie ihre Wohnung, dann disapparierte sie.
XXXXXX
Das vertraute Haus wartete unverändert, als sie am Riverside Drive apparierte. Dunkle, scheinbar unbewohnte Fenster erhoben sich in die sternklare Nacht. Ohne zu zögern öffnete Hermine die gläserne Eingangstür und betrat die große Eingangshalle. Den Wachzauberer, der ihr wieder gelangweilte Blick zuwarf, beachtete sie gar nicht, als sie mit schnellen Schritten die Halle durchquerte.
Die Türen des Fahrstuhls öffneten sich automatisch in dem Moment, als sie ihn erreichte. Das liedlose Auge musterte sie kurz, bevor sie ihm die zerknitterte Karte entgegen hielt, dann setzte sich der Aufzug in Bewegung. Nervös zupfte Hermine am Rand ihres Umhangs herum.
`Nur die Ruhe`, ermahnte sie sich. `Wenn er dich nicht sehen wollte, hätte er dich nicht herbestellt. Der Rest liegt bei dir.`
Der Fahrstuhl wurde langsamer und blieb mit einem sanften Ruck stehen, bevor sich die Türen öffneten. Wie nicht anders zu erwarten war, lag der Flur verlassen vor ihr, als sie aus dem Aufzug trat. Unwillkürlich fragte sie sich, ob Lucius nicht vielleicht sogar der einzige Mensch war, der in diesem riesigen Haus lebte. Der gedämpfte Laut ihrer Schritte auf dem schwarzen Teppich war das einzige Geräusch was zu hören war. So sicher wie nur möglich ging sie zu der dunklen Tür, auf der der Türknauf in Form der Schlange bereits auf sie zu warten schien.
„Ssssieh mal an, wer wieder da ist“, zischte die Schlange leise.
„Ich habe eine Verabredung“, erwiderte sie, ohne darauf einzugehen und hielt die Karte vor die grünen Augen des Tieres.
„Nur herein“, gab die Schlange zischend zurück, dann schwang die Tür zur Seite. Dieses Mal wusste Hermine, dass sie sich wieder schließen würde, sobald sie sie durchquert hatte, deshalb erschrak sie auch nicht, sondern hing statt dessen ihren Umhang an die Garderobe neben dem bronzenen Spiegel. Die Tür am Ende des Raumes öffnete sich, als Hermine darauf zu ging, doch dieses Mal lag kein Salon dahinter. Ihr Atem ging schneller, als sie den runden Raum mit dem steinernen Altar erkannte.
Wie erstarrte blieb sie in der Türöffnung stehen, nicht fähig einen weiteren Schritt zu machen. Lucius stand auf der anderen Seite des Opfertisches. Trotz der langen schwarzen Robe mit der Kapuze und der Todesser Maske, wusste sie, dass er es war. Selbst im schwachen Licht der Kerzen konnte sie seine eisgrauen Augen durch die Schlitze glitzern sehen. Er sagte nichts, sondern sah sie nur an, als er den silbernen Dolch vom Altar nahm und sich damit in die Handfläche schnitt. Dunkelrotes Blut sickerte hervor, als er seine Finger zu einer Faust ballte und die Hand über die Opferschale hielt.
Dicke Tropfen rannen an der Faust herab und tropften in die Schale; einer nach dem anderen. Wie hypnotisiert starrte Hermine auf die unwirkliche Szene, eine Gänsehaut kroch ihre Arme empor. Sie hörte wie er leise flüsterte. Es war beinah wie ein Gesang, eine sakrale Litanei. Ein Vibrieren schien durch den Raum zu gehen. Die Schrumpfköpfe hielten in ihrem Gemurmel inne, die Mumienhand erstarrte und auch die Bücher hörten auf, sich gegen ihre Stricke zur Wehr zu setzen. Das Licht der Kerzen flackerte wie einem unhörbaren Herzschlag folgend.
Hermine spürte förmlich die Energie, die durch den Raum pulsierte und deren Zentrum der blonde Mann hinter dem Altar war. Die Augen hinter der Maske waren nun geschlossen, der Kopf leicht nach hinten gesunken. Die Arme hingen neben dem Körper herab. Noch immer tropfte ein leichter Blutstrom aus der Wunde und bildete einen roten Fleck auf dem Boden.
Einen unendlichen Moment schien die Welt still zu stehen, dann öffnete Lucius erneut seine Augen und sah sie an. Jedes Härchen auf ihrem Körper erzitterte, als sie bemerkte, dass sich seine Augen schwarz verfärbt hatten. Doch der Zustand hielt nur einen Moment an, dann kehrte die eisgraue Farbe zurück. Mit der unverletzten Hand machte er eine schnelle Bewegung vor seinem Gesicht und die Todesser-Maske löste sich auf. Seine Züge, die darunter zum Vorschein kamen, wirkten angespannt, als er die Kapuze nach hinten schob.
„Du warst zuvor in diesem Raum. Ich weiß es. Niemand kann den Raum betreten, wenn ich es nicht erlaube.“
Unsicher wagte sie sich einige Schritte näher. Die Atmosphäre schickte ihr eisige Schauer über den Körper. „Ich wollte nicht herum schnüffeln. Ich habe das Badezimmer gesucht...“
„..und bist dann einfach geflohen“, beendete er ihren Satz.
„Ich war verwirrt und bin es noch.“
„Ich habe dir gesagt, dass es mehr als eine Seite von mir gibt und ich habe dich den Raum betreten lassen, um dir zu zeigen, dass auch das ein Teil von mir ist.“
Sie machte eine ausladende Handbewegung auf die Gegenstände im Zimmer. „Was soll das alles hier? Ich will es jetzt und hier hören: Bist du ein Schwarzmagier?“
Ohne es überhaupt zu merken, war Hermine ins „Du“ gewechselt. Aber bei den Plänen, die sie für den heutigen Abend hatte, war das „Sie“ ohnehin nicht mehr angebracht.
„Dunkle Magie ist eine mächtige Kraft“, erklärte er ruhig. „Mehr als die Hälfte meines Lebens habe ich damit verbracht, sie zu verstehen und zu erlernen.“
„Aber wozu?“ fragte sie erregt. „ Voldemort ist tot und du hast gesagt, dass es dumm wäre ihm nachzutrauern!“
„Ich benutze die dunkle Magie nicht, um andere Menschen zu verletzten oder zu töten. Seit dem Krieg habe ich niemanden mehr verletzt. Nun ja, zumindest nicht ohne darum gebeten worden zu sein. Ich verkaufe Lust, nicht nur auf sexueller Basis. Viele Zauberer brauchen Magie genauso, nein noch mehr, als körperlichen Sex. Hast du die Macht gefühlt, die diesen Raum durchflutet hat? Ein einzelner, schwarzer Zauber kann berauschender sein, als eine ganze Nacht hemmungsloser Leidenschaft.“
Hermine schluckte schwer. Diese Erklärung hatte sie nicht erwartet. „Es tut mir Leid. Ich hätte nicht einfach gehen sollen.“
Der blonde Mann musterte sie lange. „Warum bist du zurück gekommen?“
Ihr Puls beschleunigte sich und sie fühlte, wie das Blut in ihre Wangen stieg, als sie mit den Händen im Nacken nach dem Reißverschluss ihres Kleides tastete und ihn öffnete. Mit zitternden Fingern schob sie den dunklen Stoff abwärts, bis sie nur noch in den schwarzen Dessous vor ihm stand, die sie heute in der Winkelgasse gekauft hatte. Verschämt schlug sie die Augen nieder, nicht fähig ihn in diesem Moment anzusehen.
„Ich will zu Ende bringe, was ich angefangen habe.“
Tbc...
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