von uni
Ich möchte euch von einer Begebenheit erzählen, die damit begann, dass ich in der Mittagssonne döste. Sicherlich ist es ungewöhnlich für eine Eule, sich für ein Schläfchen in die Mittagssonne zu setzen, aber ich kann behaupten, dass ich eine ungewöhnliche Eule bin. Das Außergewöhnliche an mir ist nicht die Tatsache, dass ich Ihnen diese Geschichte erzähle, sondern der Ort, an dem ich wohne. Mein Heim liegt in Schottland. Ein normaler Mensch, wie Sie es sind, würde es nicht einmal erkennen, wenn er davor stehen würde. Es ist verzaubert. Was soll man schon anderes erwarten, schließlich ist es eine Schule für Zauberer und Hexen. Sie haben richtig gehört, ich wohne in einer Welt, in der das Übernatürliche völlig natürlich ist.
Wie auch immer…Eigentlich wollte ich eine Geschichte erzählen, aber ich bin abgeschweift. Es sei mir verziehen, in meinem Alter passiert das.
Zurück zu dem Ereignis, von dem ich Ihnen berichten möchte. Es geht dabei allerdings nicht um mich, sondern um den Jungen, der für mich sorgt. Sein Name ist Harry und er ist Schüler an dieser Schule, die übrigens Hogwarts heißt.
Ich schlief also in der Sonne, als mich ein Geräusch weckte. Ich öffnete verwundert meine Augen, um eine Rüstung an mir vorbei huschen zu sehen. Verständlicherweise war ich von diesem Anblick zutiefst verstört, selbst in der magischen Welt sieht man dies nicht oft. Was diesen Zustand der Verwunderung noch verstärkte, war die Tatsache, dass Harry hinter ihr her rannte und versuchte sie anzuhalten. Neugierig geworden, beschloss ich ihm zu folgen.
Es gelang ihm die Rüstung zu stoppen und dahin zubringen, wo sie hergekommen war. Er sah sich verstohlen um, als er das metallene Ding in einen Raum zog. Ich flog schnell durch die Tür, bevor sie zufiel. Harry kraulte mich kurz, bevor er sich zu den anderen Personen im Raum zuwandte. „Ich glaube keiner hat was bemerkt, Ron du musst die Tür schließen. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte das jemand gesehen.“ Ron und Hermine waren Harrys Freunde, immer wieder hatten sie sich in den letzten Jahren in Schwierigkeiten gebracht. Ich war gespannt was sie ausheckten.
Ron schaute betreten. „Ich konnte doch nicht ahnen, dass er so einfach losgehen kann.“ Hermine fiel ihm aufgeregt ins Wort: „Harry hat recht, deine Unvorsichtigkeit hat den Plan gefährdet.“ Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter und lächelte aufmunternd. „Sei einfach vorsichtiger.“ Ron nickte, dann blickte er sich um. Nun sah auch ich mir den Raum etwas genauer an, es war wohl ein leer stehender Klassenraum. An der hintere Wand waren mehrere Tische und Bänke gestapelt. Ein großes Paket mit Feuerwerkskörpern der Weasleybrüder stand davor. Harry zog ein winziges Stück Papier hervor, tippte mit seinem Zauberstab darauf, murmelte einige Worte und es wuchs auf normale Größe an. Harry grinste. „Es war eine gute Idee das Schrumpfpergament zu kaufen.“ Ron kichern: „Stell dir vor, wir würden unsere Hausaufgaben auf so einem schreiben, kannst du dir Snapes Gesicht vorstellen?“ Harry stimmte in das Lachen ein, Hermine runzelte die Stirn und warf beiden einen missbilligenden Blick zu. Ihre Gedanken standen ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. „Wann werden die endlich erwachsen?“
Ich putzte gelangweilt mein Gefieder, wann würde denn nun endlich etwas passieren?
Harry, der inzwischen aufgehört hatte zu lachen, warf einen Blick auf das Pergament. Ich schwang mich auf und platzierte mich auf seiner Schulter, um einen Blick darauf zu werfen.
Entgegen aller Meinungen sind wir Eulen durchaus in der Lage, die menschliche Schrift zu lesen. Allerdings ist das Geschriebene oft so langweilig, dass wir uns nicht dazu bequemen.
Es handelte sich um eine Liste magischer Gegenstände. Ich war mir ziemlich sicher, dass jeder Einzelne von ihnen in Hogwarts verboten war. Das versprach spaßig zu werden.
Harry zückte eine Feder und hakte „rasselnder Butler“ ab. Die meisten Dinge auf der Liste waren gestrichen, es galt nur noch zwei Sachen zu besorgen: ein Zopf- Äffchen und Knotenkleber.
Zopf- Äffchen, wie ich diese Viecher verabscheute, ich beschloss dem Tier den Kopf abzubeißen, sollte Harry sich eines anschaffen. Diese Affengattung hatte die unschöne Vorliebe in alles, was entfernt an Haare erinnerte, Zöpfe zu flechten. Eines hatte dies bei mir probiert, seitdem hatte ich eine verständliche Abneigung ihnen gegenüber.
Ich bemerkte, dass ich Hunger bekam und so beschloss ich, mich auf die Suche nach einigen Mäusen zu begeben. Ich war sicher, ich würde noch früh genug mitbekommen was für einen Plan die Schüler schmiedeten. Ich hackte mit dem Schnabel gegen die Tür und Harry ließ mich nach draußen.
Tatsächlich hatte ich an diesem Abend einige schmackhafte Mäuse gefangen und dann hatte ich noch eine nette Begegnung mit einem Eulenmännchen, aber ich schweife wieder ab.
Einige Tage später sollte ich erfahren, was das Trio geplant hatte.
Die Schüler saßen gerade beim Frühstück, wir Eulen flogen herein, um die Post auszuliefern. Ich steuerte sofort auf Harry zu, um ihm die allmorgendliche Zeitung zu bringen. Alles in allem also wie immer, bis ein Schüler, namens Neville Longbottom, erschrocken aufschrie. Sein Glas, aus dem er eben trinken wollte, war aufgesprungen, hatte seinen Inhalt über den Tisch verteilt und war dann davon gelaufen. Er wollte dem Glas hinterher, stolperte dabei allerdings über seine eigenen Füße. Neville fiel auf den, mit Essen bedeckten, Haustisch und fegte sämtliche Speisen herunter. Alles grölte und lachte. Ich konnte deutlich sehen, dass seine Schnürsenkel zusammen gebunden waren. Wahrscheinlich huschte einer dieser verdammten Affen unter dem Tisch herum und verflocht, in Ermangelung von Haaren, die Schnürsenkel der Schüler.
Neville versuchte den Knoten zu öffnen, er konnte ziehen wie er wollte, er ging nicht auf, wahrscheinlich war der Knoten noch mit Knotenkleber verstärkt worden.
Ich klapperte missbilligend mit meinem Schnabel, dieser Longbottom war wirklich eine Niete. Ich flog tiefer, um mir das Spektakel genauer an zu sehen. Wie ich mir gedacht hatte, sprangen unter den Tischen Affen herum, ich schnellte im Sturzflug auf einen zu und erlegte mir ein Frühstück.
Wieder wurden Schreie laut. Ich ließ von meiner Mahlzeit ab, um dem Ursprung dieses Lärms auf den Grund zu gehen. Ich zog einen Kreis über dem Speisesaal. Als ich die Ursache gesichtet hatte, geriet ich ins Trudeln, so sehr lachte ich. Das Chaos war wirklich perfekt. Irgendwie hatte es Harry geschafft Minimuffs in den Speisesaal zu schmuggeln. Diese stürzten sich nacheinander auf einige Teller der Schüler und dann sogar auf die der Lehrer.
Meine Aufmerksamkeit wurde zum Lehrertisch gelenkt. Was taten eigentlich die Lehrer, um dieses Spektakel zu stoppen? Severus Snape musste sich gerade eines knallpinken Minimuffs erwehren. Dieser hatte sich von Snapes Teller abgewandt, war ihm ins Gesicht gesprungen und wuselte nun in den Haaren des Zaubertränkelehrers herum. Minerva McGonagall saß völlig steif auf ihrem Stuhl und rührte sich nicht. Sie sah entsetzt zu Filius Flitwick. Der hatte sich seinen Hut vom Kopf gerissen und drückte ihn auf die Tischplatte, um damit irgendetwas in Schach zu halten.
Ich beschloss, dass es durchaus ein Tag war, an dem ich etwas wagen konnte. Ich flog knapp über den kleinwüchsigen Lehrer und riss ihm den Hut aus den Händen. Diesen ließ ich allerdings sofort wieder fallen. Harry, Hermine und Ron hatten sich selbst übertroffen. Auf dem Lehrertisch stand ein winziger Drache, der Lockenwickler in die Schuppen eingedreht hatte, was ihn gleichermaßen lächerlich, wie Furcht einflößend wirken ließ. Er stand also vor den Lehrern und schickte zwischen Rauchwolken und Feuerbällen, immer wieder Schimpfsalven auf Minerva los. Diese starrte entsetzt auf das schuppige Etwas. Um den letzten Rest ihrer Würde zu bewahren, setzte sie ihren Löffel an, um etwas Nougat- Dessert zu essen. Wahrscheinlich hatte sie beschlossen das kleine Monster schlichtweg zu ignorieren.
Minerva setze den Löffeln an die Lippen, verzog genießerisch den Mund und riss entsetzt die Augen auf. Dann stieß sie einen spitzen Schrei aus. Über das Gesicht der ältlichen Frau lief in Sturzbächen Blut. Der Anblick erheiterte mich, dazu stand also das Nasblutnougat auf Harrys Liste. Irgendwie hatten die Schüler es geschafft, die verhexte Süßigkeit unter den Nachtisch der Lehrerin zu mischen.
Verwundert bemerkte ich das Fehlen des senilen Schulleiters. Ich mochte ihn nicht sonderlich, er hatte mir eindeutig zu viel Macht für einen Menschen. Außerdem war die Eulenunterkunft nicht halb so luxuriös, wie ein majestätisches Tier, wie ich es war, es verdient hätte. Ich fragte mich, wo er wohl war. Ich hatte für einen kurzen Augenblick die Hoffnung, dass er vielleicht seinem Alter erlegen war.
Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen und ein verstörter, wütender Hausmeister kam herein gestürmt. Er war sicherlich der Meinung, einer Revolte der Schüler auf die Schliche gekommen zu sein. Doch als er dem wirklichen Geschehen gewahr wurde, blieb er wie angewurzelt stehen und starrte fassungslos auf das Chaos.
Ein mir bekanntes Klappern schreckte sämtliche Anwesende auf. Der Hausmeister hatte die Tür offen gelassen, als er herein gestürmt war. Nun kam durch das Portal diese klappernde Ritterrüstung auf Rollschuhen, die Harry „rasselnder Butler“ genannt hatte.
Es schien, als würde der gesamte Saal die Luft anhalten, selbst der Drache unterbrach sein Gezeter. Der Butler rollte heran und stoppte abrupt. Auf dem Tablett, welches er hielt, lagen einige Feuerwerkskörper. Ich nahm an, sie stammten aus der Kiste der Weasleybrüder, die ich in dem leeren Klassenzimmer gesehen hatte. Plötzlich entzündeten sich die Lunten, wahrscheinlich hatte Hermine sie mit einem Zauber in Brand gesteckt. Sie war die Einzige des Trios, die ungesagte Zauber beherrschte.
Wie auch immer, das Feuerwerk ging los und der Saal erstrahlte in den herrlichsten Farben und Formen. Da waren blaue Schmetterlinge, rote Blumen und ein grüner Funkenregen. Das Chaos um sie herum war schnell vergessen und Schüler sowie Lehrer staunten über das wundersame Schauspiel.
Abfällig verzog ich mein Gesicht, diese Menschen waren wirklich zu einfach zu beeindrucken. Ich wartete interessiert auf das Finale, ich wusste dass das noch nicht alles gewesen sein konnte. Ein letzter Bestandteil der Liste fehlte noch: Instant- Finsternispulver und wirklich, als hätten Harry, Ron und Hermine nur darauf gewartet, senkte sich augenblicklich eine schwarze Wolke über den Saal.
Die Zauberer sahen natürlich nichts, denn kein Zauber konnte die künstliche Schwärze durchdringen. Doch ich sah mit meinen scharfen Augen selbstverständlich alles. Hermine, Ron und Harry sprangen von ihren Plätzen, auf denen sie bis eben gesessen hatten, um das Geschehen unbemerkt zu steuern.
Hermine schwang den Zauberstab und das von ihnen verursachte Durcheinander löste sich sofort in Luft auf. Dann rannten die drei Schüler, dicht gefolgt von mir, aus dem Raum. Vor dem Haupttor erwartete sie der alte Schulleiter Dumbledore. Er schüttelte nacheinander die Hände der Drei und lächelte sie an. Dann sprach er schnell, leise, doch sehr verständlich: “Ich danke euch für eure Hilfe. Ich weiß, eine diskretere Abreise wäre euch lieber gewesen, aber ihr kennt die derzeitige Stimmung in Hogwarts selbst. Die Schüler sind angespannt und verängstigt. Ich denke, eine solche Auflockerung und etwas Spaß hat ihnen allen gut getan. Keiner hat einen wirklichen Schaden davon getragen, auch wenn ich einige eurer Streiche sehr heftig fand. Ich nehme an, dieser Teil stammte von ihren Brüdern?“ Dabei sah er Ron vielsagend an, der auf der Stelle die Farbe seiner Haare annahm.
Dumbledore lächelte wohlwollend. „Es ist das Vorrecht der Kinder, ihre Scherze zu übertreiben und ich denke, eure Kindheit wird heute nun endgültig enden.“ Er legte Harry ein letztes Mal eine Hand auf die Schulter, lächelte sie an und ging dann leise summend zum Saal. Das Trio hielt sich nicht länger auf und strebte nach draußen.
Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, war, dass sie an diesem Tag aufbrachen um die Horkruxe zu suchen. Was sie an diesem Tag nicht wussten, war, dass sie eine lange Zeit nicht zurückkehren würden. Die Reise sollte die härteste und gefährlichste ihres Lebens werden. Es sollte über zwei Jahre dauern, bis wir uns wieder sehen würden. Harry fehlte mir und ich war ein wenig traurig, denn obwohl ich die Menschen nicht mochte, ist er ein guter Besitzer. Er behandelt mich zumeist mit Respekt und vertreibt mir den langweiligen Alltag.
Vielleicht konnte ich auch ihren Alltag versüßen, aber da Muggel sowieso alles Unglaubliche als erfunden abtun, werden sie die Geschichte schon nach bald wieder vergessen haben. Ich habe es nie, genauso wenig, wie ich Harry Potter jemals vergessen werde.
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