von Hannah Abbott 13
13. Mai 1977
Hallo Tagebuch!
Heute war der absolut verrĂŒckteste Tag in meinem ganzen Leben. Pass auf:
Es war warm heute. Praktisch die ganze Schule lag um den See im Gras. Ich auch, zusammen mit Alice.
Wir quatschten, na ja, eigentlich quatschte sie und ich tat so, als wĂŒrde ich zuhören. Sie redete ĂŒber ihren Freund, Frank. Sie sind seit etwa sechs Monaten zusammen. Und sie sind glĂŒcklich. Alles ist perfekt. Sie sind verliebt, sie kommen super miteinander aus, sie haben viel Sinn fĂŒr Humor und, soweit ich es beurteilen kann, werden sie nicht mal im Traum auf die Idee kommen, sich irgendwann mal in jemand anderen zu verlieben.
Ich freute mich fĂŒr Alice, ich freute mich ehrlich fĂŒr sie. Aber trotzdem war ich neidisch, weil sie so ein GlĂŒck hatte und ich nicht.
Irgendwie waren Jungs und ich schon immer zwei Sachen, die sich nicht vertrugen. In der fĂŒnften bin ich mit Snape zusammen gewesen, aber nachdem er sich damals als das gröĂte Arschloch in der Geschichte der Arschlöcher herausgestellt hatte, hatte ich keinen Jungen je wieder an mich ranglassen. Vielleicht eine Art Schutzmechanismus.
Na ja, wie auch immer. Ich bin verliebt, seit drei Monaten.
Oder man könnte auch sagen: Ich habe vor drei Monaten herausgefunden, dass ich verliebt bin. Das traf es wohl eher.
Ich hatte mir gewĂŒnscht mich zu verlieben und es dann auch getan. Alles gut, werdet ihr sagen. Blöderweise gab es da noch eine Kleinigkeit, die meine Hochstimmung zerschlug.
Irgendjemand hatte wohl den Satz âIch will mich verlieben, egal in wen.â wörtlich genommen. Ich hatte mich nĂ€mlich in James Potter verliebt. Gut, ich war nicht die einzige, der dieser Fehler unterlaufen war. Wahrscheinlich gehörte ich jetzt zur Mehrheit der MĂ€dchen in Hogwarts.
Den anderen hatte ich aber etwas voraus: James hatte mich immer um ein Date gebeten. Das Problem war nur, dass er an dem Tag damit aufgehört hatte, an dem ich beschlossen hatte, nĂ€chstes Mal âJaâ zu sagen.
Und ich wusste nicht, ob er das mit dem Date ernst gemeint hatte oder ob ich nur eine weitere Herausforderung war. Immerhin konnte er jedes MĂ€dchen haben, auĂer mir.
Heute könnte ich mich dafĂŒr ohrfeigen, dass ich jemals so von ihm gedacht habe.
Ich hĂ€tte Alice alles erzĂ€hlen sollen. Aber ich tat es nicht. Ich wusste nĂ€mlich auch so, was sie sagen wĂŒrde: âFrag ihn einfach.â Aber das wollte ich nicht. Ich wollte nicht bei ihm angekrochen kommen, dazu war ich zu stolz.
Ich seufzte und kehrte in die RealitĂ€t zurĂŒck.
Die Sonne spiegelte sich im See, es war schön warm.
ââŠund du glaubst nicht, wie gut er kĂŒssen kann, Lily, ehrlich, dass ist einfachâŠâ, Alice plapperte immer noch. Vielleicht sollte ich ihr sagen, dass ich ihr nicht zuhörte.
Ich seufzte noch einmal und drehte mich auf den RĂŒcken. Der Himmel war strahlend blau.
Plötzlich verstummte Alice Monolog und auch ich hörte die Schritte.
âHallo.â, sagte jemand. Ich wusste sofort, wer dieser Jemand war. Ich wusste, dass er mich ansah und sich mit der Hand nervös das Haar zerzauste. Und ich wusste, dass ich in ihn verliebt war und dass ich die dĂŒmmste Kuh auf der Erde war.
Ich setzte mich auf. James stand tatsÀchlich da.
âHallo.â, sagte ich. Meine Stimme klang nicht annĂ€hernd so fest, wie ich gehofft hatte.
âHi.â, sagte Alice. Sie musterte mich und James abwechselnd. Dann sagte sie: âIch geh dann mal.â, stand auf und setzte sich zu einigen anderen Gryffindor SiebtklĂ€sslern die ein StĂŒck weiter weg herumalberten. Unter ihnen waren auch Frank Longbotton und James Potters Fast-Zwillingsbruder Sirius Black.
Ich wagte es nicht, James anzusehen. Mein Blick blieb am See hÀngen.
James sagte nichts. Er setzte sich neben mich ins Gras, wo eben noch Alice gesessen hatte.
Wir schwiegen eine Weile vor uns hin. Dann endlich wagte ich einen Blick zu ihm. Seine Haare standen in alle Richtungen ab. FrĂŒher hatte mich das immer gestört. Warum eigentlich? James musterte seine HĂ€nde. Er sah traurig aus.
Ich starrte ihn an und offenbar bemerkte er meinen Blick. Sein LÀcheln war unsicher. Es war nicht das typische Potter-Grinsen. Er sah mir in die Augen. Seine Augen waren braun, Haselnussbraun. Die schönsten Augen, die ich je gesehen habe.
Seine Stimme war leise, als er anfing zu sprechen. âLily, ich weiĂ, dass ich dich nerve.â, er machte ein Pause und sah wieder auf seine FingernĂ€gel, âLily, ich möchte dich noch mal fragen, ob du mit mir ausgehen willst.â
Ich öffnete den Mund, um âJaâ zu sagen, doch er hob die Hand.
âWarte.â, sagte er, âIch möchte dir etwas erklĂ€ren.â
Ich machte den Mund wieder zu und wartete.
âLily, es tut mir Leid, dass ich dich nur zum SpaĂ um ein Date gebeten habe. Aber das ist lange her. Ich meine es ernst. Ich weiĂ, dass du nein sagen wirst und ich werde dich von jetzt an in Ruhe lassen. Du kannst so tun, als hĂ€tte ich mich nie gegeben. Aber ich möchte, dass du weiĂt, dass ich dich liebe, Lily. Ich meine es ernst. Ich weiĂ auch, dass ich einen sehr schlechten Ruf habe, aber das mit dir ist etwas anderes. Ich kann an nichts anderes denken, als an dich. Ich liebe es, wenn du lachst. Ich liebe deine Augen, ich liebe einfach alles an dir. Du bist die beste, Lily, die beste, die ich je getroffen habe und auch je treffen werde.â
Ich sah, wie seine Augen sich mit TrĂ€nen fĂŒllten und er versuchte, sie schnell wegzuwischen.
âIch gehe dann und lasse dich in Ruhe.â, sagte er. Seine Stimme war fest.
Er wollte aufstehen, doch ich griff nach seinem Arm. âUnd wenn ich ja sage?â, fragte ich ihn. Ich schaffte es nicht, meine Stimme auch nur annĂ€hernd so ruhig klingen zu lassen wie er seine. Auch in meinen Augen standen jetzt TrĂ€nen. Es war wunderschön, was er zu mir gesagt hatte. Das schönste, was ein Junge (oder Mann) je zu mir gesagt hatte.
Er blinzelte. âDu willst ja sagen?â, fragte er entgeistert.
Ich nickte, die TrĂ€nen liefen ĂŒber mein Gesicht.
Ganz vorsichtig nahm James mein Gesicht in seine HĂ€nde. Er sah mir in die Augen, vielleicht wollte er sehen, ob ich es auch wirklich wollte. Vielleicht auch nicht. Er hat es mir nicht gesagt.
Der Kuss war anders als alles, was ich kannte. Und besser als alles, was ich mir hatte vorstellen können.
Ich schlang meine Arme um seinen Hals. Ich wollte nicht, dass es aufhörte, ich wollte nicht, dass er mich je wieder loslieĂ.
James keuchte, als sich unsere Lippen voneinander lösten. Er sah glĂŒcklich aus, doch irgendetwas schien nicht zu stimmen.
âLily.â, murmelte er, âWillst du wirklich, dass wir zusammen sind?â
Ich nickte heftig. Mir war schwindelig von dem Kuss. âIch liebe dich, James.â
James Augen begannen zu leuchten und er strahlte ĂŒber das ganze Gesicht.
Alles war perfekt in diesem Moment. Sogar Sirius hat keine dumme Bemerkung gemacht, James muss ihn wirklich mit mir genervt haben.
Also, so weit mein Tag heute, ich muss mich jetzt auch beeilen, ich treffe mich gleich noch mit James. Ich frag mich, was er wohl vorhatâŠ
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