von SpiritSisters
Wie bereits angekündigt, ist dieses Kapitel aus Steffis Sicht geschrieben, allerdings ist die Autorin horizon92, also ich, Melli! :D Lasst euch nicht verwirren!
Mit dem Kopf durch die Wand
Steffi:
Nachdem Mel sich halbwegs von ihren Verletzungen erholt hatte, machte Snape seine Drohung wahr und nahm uns härter ran denn je. „Damit wir das Nötige rasch lernten“, war seine Ausrede - wir drei aber wussten natürlich, dass er lediglich rachsüchtig war.
Nichtsdestotrotz war seine Lehrmethode - knallhart und fies wie immer - von eindeutigem Erfolg geprägt. Wir lernten mehr und schneller als selbst Hermine, die Endlos-Streberin, in der kurzen Zeit der restlichen Sommerferien geschafft hätte. Zumindest waren wir dieser Überzeugung…
Und dann war es endlich so weit: die Wochen in Snapes Junggesellenbude (sprich Hölle) waren vorbei und wir drei standen, mit Koffern und unseren Haustieren bewaffnet, am Bahnhof Kings Cross.
Halt, unsere Haustiere! Davon habe ich ja noch gar nicht erzählt: wir hatten vom Tränkemeister in der letzten Woche den Auftrag bekommen, in der Winkelgasse ein Tier zu holen. Natürlich hatten Iris und Mel sofort ausgenutzt, dass Snape nicht wörtlich betont hatte, nur EIN Tier und nicht JEWEILS ein Tier zu holen (ich war komplett unschuldig, ich schwör`s!). Schlussendlich kamen wir also mit zwei Katzen und einer Eule heraus: Mel hatte sich sofort die nächste, graubraunschwarzweiß getigerte Katze gekrallt, ehe sie auf eine weiße mit braunem Gesicht, Pfötchen und Schwanz aufmerksam geworden war und sich umentschieden hatte mit den Worten: „Eigentlich hätte ich sowieso lieber nen Hund…“
Ich bemerkte ein Kätzchen, schwarz mit einem weißen, schimmernden Fleck auf der Brust. Es erinnerte mich so sehr an meine eigene Katze zuhause in Österreich, dass ich nicht lange zögerte und das kleine Wollknäuel kaufte. Iris war die einzig Vernünftige (in diesem Fall) und holte sich eine wirklich majestätische Schleiereule. Gnädigerweise sicherte uns unsere große Schwester zu, „Tori“ zum Briefe schicken ausleihen zu dürfen.
Nun ja, wo war ich? Ach ja, genau. Wir standen also mit zwei Körben und einem Käfig auf unseren drei Riesenkoffern am Bahnhofseingang. Snape hatte uns „freundlicherweise“ hier abgesetzt, da er sich nicht mit uns hatte sehen lassen wollen - wie er uns ebenso freundlich mitgeteilt hatte. Neben mir stand Melli, ihren Mund zu einem absolut passenden Schmollen verzogen und sah mit ihren zwölf Jahren wirklich „süß“ aus…auch wenn ich ihr das nie ins Gesicht gesagt hätte. Auf meiner anderen Seite war Iris immer noch dabei, tief ein und auszuatmen, um keinen unnötigen Wutanfall zu bekommen, denn Snape war sowieso längst über alle Berge.
„Äh, Leute?“, meinte ich mit einem Mal schüchtern.
„Was?“, schnappte Iris mit Gewittermiene.
„Da vorne geht's lang. Sollen wir uns den beiden da anschließen?“ Ich deutete mit der Hand auf zwei Schüler, die mit ähnlichem Gepäck und völlig unpassend gekleidet (einer trug Cordhosen und ein Minikleid, der andere lief in einem weiten Mantel und 80-er-Jeans mit Trägern herum) in einiger Entfernung an uns vorbeihasteten.
„Klaro! Beeilt euch, schnell!“, quiekte Mel aufgeregt, vergaß ganz, zu schmollen und nahm mich bei der Hand, während sie losrannte.
Ich erwischte Iris und zog sie mit, sodass wir drei schließlich („Aus dem Weg!“ und „Platz da!“ kreischend) über den Bahnsteig stolperten und uns halb totlachten dabei - ja, wir erschienen einigen wahrscheinlich als peinlich und aufgedreht, doch Mels Spontan-Aktion tat ihre Wirkung: unsere schlechte Laune war mit einem Mal verschwunden.
„Stopp, wir sind da!“, keuchte Iris schließlich hinter mir und ich kugelte mir fast die Schulter aus bei dem Versuch, mit der einen Hand meinen Wagen zu umklammern und mit der anderen Mel zurückzuziehen, die gar nicht auf die Schilder an den Backsteinmauern achtete.
„Mel! Dein Kater!“, rügte ich sie und sie sah sofort erschrocken in das Körbchen. Der noch ohne Namen lebende Kerl sah recht normal aus, auch wenn seine gelben Augen wütend funkelten.
„Entschuldige, Schnuffelchen, wird nicht wieder vorkommen!“, murmelte sie zärtlich, ehe Iris uns auf das Schild mit der 9 aufmerksam machte.
„Also, Leute, ich würde sagen, auf geht's!“
Ihre Stimme zitterte ein bisschen und auch mir war sehr mulmig zumute.
„Bist du sicher, dass du mitgezählt hast?“, fragte ich mit hoher Stimme. „Die Wand sieht sehr stabil aus!“
„Wie eine Wand eben“, kommentierte Mel trocken und zog ihren Wagen ächzend hinter sich her, bevor sie, sich unauffällig nach links und rechts umschauend, rückwärts durch die Backsteinmauer verschwand. Es sah, trotz der Harry-Potter-Filme, in Wirklichkeit doch sehr irritierend aus.
„Typisch unsere Mel, immer mit dem Kopf durch die Wand!“, scherzte Iris und ging nun völlig locker ebenfalls hindurch. Zu guter Letzt fasste ich mir ein Herz und trat durch den Stein. Es war für einen Moment ein sehr merkwürdiges Gefühl, ehe ich am Bahnsteig 9 ¾ herauskam.
Dann ging mir, genau wie meinen Schwestern, erst einmal Herz und Mund auf.
Auf dem gesamten Bahnsteig waren hunderte von Leuten verteilt, mit Eulen und Katzen, Kröten und Käuzen. Alles redete, schrie oder verabschiedete sich tränenreich von der Verwandtschaft oder begrüßte die Freunde.
Nur wir drei standen etwas verloren in der Gegend herum und wurden uns wieder einmal bewusst, dass wir in einer völlig fremden, fantastischen Welt gelandet waren.
„Wenn das nicht die drei Snape-Mädchen sind!“, schnarrte eine langsame Stimme hinter uns.
„Würdet ihr vielleicht beiseite treten und nicht allen Leuten den Zutritt versperren?“
Wir wirbelten praktisch im Gleichtakt herum.
Es war Malfoy, natürlich. Allerdings nur der Sohn, diesmal. Begleitet wurde er von zwei tumben, aber riesigen Gorillas, die offenbar Crabbe und Goyle waren.
„Wir sind nicht Snapes Mädchen, klar? Allein die Vorstellung ist krank!“, fauchte Iris sofort in Angriffsstellung.
„Und abartig!“, fügte ich hinzu.
„Und überhaupt, Snape würde nie mit irgendwem Kinder haben wollen, sein Charakter ist dafür viel zu…“, begann Mel einen für sie immer noch typischen Vortrag über das Leben des Severus Snape, doch Iris würgte sie ab: „Komm schon, Mel, lass uns ein Abteil suchen. Ich persönlich habe jedenfalls nicht vor, mir mit diesen Idioten eines zu teilen.“
„Stimmt! Da ist nicht mal Platz genug für sein Ego allein!“, meinte ich und wir wandten uns ab und schlängelten uns zu der roten Dampflok (hatte ich schon erwähnt, dass sie unglaublich eindrucksvoll aussieht, wenn man erst mal davor steht?).
Im Zug fanden wir tatsächlich ein Abteil nur für uns und ließen uns nach kurzem Gerangel um einen Fensterplatz nieder (Mel hatte nachgegeben und sich neben die Tür gesetzt). Ein kurzes Schweigen entstand, während wir alle drei das Gefühl genossen, im HOGWARTS-EXPRESS zu sitzen. Großgeschrieben, wohlgemerkt.
„Wahnsinn, oder?“, unterbrach ich die Stille.
„Absolut!“, stimmte Iris zu.
„Aber mal sowas von“, meinte auch Melanie begeistert.
Dann schwiegen wir erstmal eine Weile, während die Landschaft an uns vorbeizuckelte - oder wir an der Landschaft, je nach Perspektive.
„Ich hab Hunger!“
„Und ich nichts zu essen!“
„Mir geht's genau wie euch! Hoffentlich kommt die Frau mit dem Süßigkeiten-Wagen gleich vorbei…“
„Au ja, ein paar Schokofrösche und wir rätseln, wer auf den Karten ist!“, schlug Mel gerade quietschend vor, als die Abteiltür aufging. Und wer kam herein?
„Oh, entschuldigt die Störung…ähm…habt ihr eine Kröte gesehen?“, fragte ein gemütlicher Junge mit unauffälligen, braunen Haaren und braunen Augen.
„Nev…“, begann Iris, doch ich warf ihr gerade noch rechtzeitig einen warnenden Blick zu.
„Tut mir Leid. Vielleicht findest du sie ja im Gepäckabteil?“, schlug ich freundlich vor. Neville Longbottom sah enttäuscht aus, sagte aber dennoch: „Ja, vielleicht. Danke trotzdem!“, ehe er hinausging.
„Also ehrlich mal, er ist wirklich ein ziemlicher Versager, oder?“, schnaubte Mel und sah ihm kurz hinterher.
„Hey! Ich fand ihn nett!“, verteidigte ich den Drittklässler.
„Na ja, solange Malfoy hier nicht auftaucht, bin ich mit jedem zufrieden…“, murrte Iris und reckte sich, wobei sie mir versehentlich auf die Füße trat.
„Pardon!“
„Kein Problem. Aber sag mal, ausgerechnet du kannst doch nie genug von dem blonden Fiesling bekommen!“, meinte ich erstaunt.
„Wenn ICH über ihn schreibe, benimmt er sich ja auch so, wie ICH es will. Hier ist er ein blöder Arsch. Noch dazu ist er so…klein!“ Iris verzog das Gesicht und rümpfte die Nase.
Ich grinste.
Mel kommentierte: „Genau wie wir. Du vergisst, dass wir sozusagen geschrumpft wurden.“
„Ja, warum und wie genau eigentlich?“, griff ich das Thema auf, das wir nicht zum ersten Mal durchkauten.
„Ist euch mittlerweile irgendein Zauber eingefallen, der Menschen einfach jünger machen kann?“
Mel schüttelte bedauernd den Kopf: „Nichts! Absolut nichts, außer dem Zeitumkehrer. Und da wir keinen hatten, glaub ich kaum, dass er der Grund dafür ist. Außerdem kenne ich noch den Schrumpfzauber, aber gegen den spricht, dass wir uns auch wieder benehmen, als wären wir jünger, ergo sind nicht bloß unsere Körper kleiner gemacht worden!“
„Jaaaah…“, kommentierte Iris langsam. „Aber denkt dran, dass wir ja auch nur einen winzigen Bruchteil der Zauberei kennen. Ich meine, in den …ihr-wisst-schon-was…sind nur ein paar Zauber aufgeführt, die man an der Schule lernt. Und auch nur die aus England. Wie viel tausende es noch auf der ganzen Erde gibt, kann ich mir nicht mal vorstellen!“
„Du glaubst also, es war irgendein uns unbekannter Zauber?“, hakte ich nach.
„Jap!“
Melanie lehnte sich vor und gab zu bedenken: „Na ja, ehrlich gesagt glaube ich, dass, was-auch-immer wer-auch-immer uns angetan hat, auch in der Zauberwelt nicht sehr verbreitet ist. Denkt doch mal nach, wie viele plötzlich auftauchende Ex-Muggel es dann geben würde, wenn jeder Zauberer seinem Verwandten das ermöglichen könnte.“
„Schwarzmagie!“, sagten Iris und ich wie aus einem Mund. Mel nickte.
„Aber…“, begann ich, wurde jedoch unterbrochen, als die Abteiltür wieder aufging und Malfoy mit Konsorten sich hereinquetschte.
Apropos Schwarzmagie…
„Wen haben wir denn da? Drei einsame kleine Mädchen?“, spöttelte er und ließ sich zwischen Mel und Iris auf den Sitz plumpsen.
„Sag mal, bist du jetzt völlig bekloppt, du Spinner?“, fuhr Iris auf. Sie war offenbar stinksauer, nicht nur, weil er einfach in unsere Unterhaltung geplatzt kam, sondern auch, weil sie selbst geschrumpft ein Jahr älter war als er und es wohl kaum guthieß, „klein und einsam“ genannt zu werden.
„Hey, sachte!“, grinste Malfoy und hob lässig eine Hand in ihre Richtung. Mel warf gespielt ihre langen, blonden Haare nach hinten und machte seine Bewegung in einer absolut lächerlichen Weise nach. Ich platzte los, wofür mich die bösen Blicke von Crabbe und Goyle trafen, die noch immer herumstanden und den Eingang versperrten.
„Machst du dich über mich lustig?“, knurrte Malfoy junior die Blonde an und fuhrwerkte in seiner Tasche herum. Ich war mir sicher, dort war sein Zauberstab.
„Ach quatsch, wie kommst du nur da drauf? Ich verarsch dich doch nur!“, grinste die Zwölfjährige frech und unbeeindruckt. Mel war, entgegen des ersten Eindrucks, alles andere als dumm. Sie hatte, bei weitem unauffälliger, ihren Zauberstab aus der Hosentasche hervorgekramt, während Malfoy noch mit seinem Mantel beschäftigt war.
Iris erledigte ihren Teil, indem sie ohne zu zögern aufstand und den Stab, mit dem sie ohnehin die ganze Zeit heimlich gespielt hatte, in Richtung Crabbe und Goyle abzufeuern.
Snape war besonders in Verteidigung ein sehr guter Lehrer gewesen, da er mit Feuereifer daran gegangen war, uns mit allen möglichen (mehr oder weniger) harmlosen Flüchen zu belegen.
Iris` gut gezielter Rictumsempra traf Crabbe in der Magengegend, der Goyle durch die Wucht des Zaubers mit aus dem Abteil beförderte. Malfoy hatte den Stab nicht einmal auf Mel gerichtet, als diese ihn auch schon entwaffnet hatte. Ich hatte längst auch meinen eigenen Stab gezogen und hielt ihn nun dem wehrlosen Frettchen an den Hals. Sofort war aus Großmaul Malfoy der kleine, erschrocken zitternde Draco geworden.
„Raus hier! Sofort!“, verlangte ich triumphierend. Er wandte sich zur Tür und trat hinaus auf den Flur. Mel schmiss seinen Zauberstab mit spitzen Fingern hinterher und schloss die Abteiltür.
„Wollen doch mal sehen, ob Klein-Blondi seine Lektion gelernt hat…“, schnaubte sie zufrieden.
„…sonst bekommt er ne richtige Abreibung!“, beendete Iris den Satz für sie.
Ich lachte und bekam gleich darauf einen enormen Schrecken, als die Abteiltür tatsächlich erneut aufflog.
Doch unsere kampfbereit gezückten Zauberstäbe wurden rasch wieder gesenkt, als wir realisiert hatten, wer uns da besuchen gekommen war…
„Hey, ihr drei!“
Zwei völlig identische rote Haarschöpfe grinsten uns völlig identisch an.
„Fred und George!“, schrie Mel begeistert auf und die beiden fragten: „Oh, ihr kennt uns schon?“
Iris strafte Mel mit ihrem Blick, ehe sie die Hand ausstreckte und locker meinte: „Na ja, ihr seid hier ja ziemlich bekannt als Scherzkekse Nummer 1 und 2, von daher…ich bin Iris!“
„Steffi!“, rief ich erfreut und hopste auf meinen Platz zurück (ihr müsst bedenken: ich war elf!).
„Ich bin Mel! Aber ihr könnt mich auch Apfel nennen!“, begrüßte nun auch die Blondine beide und grinste auf ihre fragenden Mienen nur achselzuckend.
„Lange Geschichte. Wie kommt es, dass ihr uns mit eurem Besuch beehrt?“
„Wir haben zufällig mitbekommen, wie ihr mit dem arroganten Blondschopf umgesprungen seid…erste Sahne, wirklich! Vor allem für so kleine Mäuse wie euch!“, lachten die beiden Zwillinge und deuteten auf Melli und mich.
„Na, vielen Dank auch!“
Beleidigt schoben wir beide die Unterlippe vor, während Iris sich insgeheim ins Fäustchen lachte.
„Wir hatten besonderen Unterricht, wisst ihr“, lächelte sie hinterlistig.
Fred (oder George?) setzte sich neben mich und Fred (bzw. George) sich ihm gegenüber.
„Guter Start, woher kommt ihr eigentlich? Wir haben euch noch nie hier gesehen, an solche Power-Schwestern könnten wir uns bestimmt erinnern!“
Der Zwilling, der gesprochen hatte, zwinkerte verschmitzt.
„Also, wir stammen aus einer alten Reinblüterfamilie aus Deutschland, lebten aber bis vor ein paar Wochen voneinander getrennt hier in England. Steffi bei den Großeltern, Mel bei unserer Mutter und ich bei unserem Vater. Wir heißen mit Nachnamen übrigens Summers!“
„Summers? Wir sind glaube ich mit keiner reinblütigen Summers-Familie verwandt, oder Fred?“, fragte der Zwilling neben mir stirnrunzelnd.
„Nicht, dass ich wüsste, George!“, antwortete der andere Zwilling und ich atmete erleichtert auf. Jetzt wusste ich, wer wer war.
„Na ja, ihr könnt ja auch nicht mit jedem verwandt sein, ehrlich mal!“, schnaubte Iris belustigt und ich fügte rasch an: „Unsere Familie stammt ja auch aus Deutschland!“
„Wir haben sogar einen Muggel zum Verwandten, der ist da Buchhalter!“, erwiderte Fred nun und sah mich freundlich an. Mir sprang das Herz drei Etagen höher…warum war ich nur geschrumpft worden? Ein richtiger Mist war das!
Die restliche Zugfahrt verlief wirklich sehr lustig. Die Weasley-Zwillinge hatten schon nach drei Minuten beschlossen, zu bleiben (höchstwahrscheinlich, weil wir sie mit Fragen über Hogwarts` Geheimgänge bombardierten) und holten noch Lee Jordan dazu, mit dessen lustigen Rasta-Locken Mel eine ganze Weile lang beschäftigt war - sie flocht sie, flocht sie wieder auf, band sie zu einem Zopf…so baute sie wohl ihre wachsende Nervosität ab. Ich verfiel schnell ins Plappern, was bei den drei Gryffindors aber nur positiv ankam, und Iris spielte die ganze Zeit mit ihrem Zauberstab, fast als juckte es sie bereits in den Fingern, loszulegen.
Fred und George und Lee überschlugen sich beinahe damit, uns geheime Fluchtwege zu erläutern, uns alles über Hogwarts` gefährlichste Ecken (die Kerker) zu erzählen und von Peeves bis Filch alle unsere potenziellen Gegner aufzuzählen.
Wir berichteten im Gegenzug von unseren Wochen und Streichen bei Snape (was selbst die Könige der Streiche mit Respekt erfüllte), wobei wir die Gründe für unseren Tapetenwechsel etwas änderten.
Mel war gerade dabei, die Geschichte von ihrem Sturz von der Leiter sehr gestenreich nachzuerzählen, als der Wagen mit einem heftigen Ruck stehenblieb und wir alle in unsere Sitze geschleudert wurden (bzw. Fred, George und ich, die entgegen der Fahrtrichtung saßen, auf den Schoß unseres jeweiligen Gegenübers. Zusätzlich zu dieser Kuschelatmosphäre ging auch noch schlagartig das Licht im Zug aus, und da der Himmel draußen von Wolken verdunkelt wurde, saßen beziehungsweise lagen wir nun in der Finsternis.
„Ich…krieg…keine…Luft!“, hörte ich eine dumpfe Stimme links neben mir.
„Melli?“, ertönte eine andere aus derselben Richtung.
„Fred?“
„Nein, George!“
„Meinetwegen! Meinem Körper ist es ziemlich egal, WER ihn da zerquetscht!“
„Tschuldige!“
Ein Rascheln ertönte, als sich George offenbar wieder aufsetzte. Melli seufzte erleichtert, verstummte aber, als eine zweite Stimme sich bemerkbar machte.
„Äh…Fred, ich fühl mich ja wirklich geehrt und so, aber…NIMM DEINE HAND DA WEG!“, hörte ich in der Dunkelheit Iris fauchen, doch mein Lachen währte nicht lange.
Mit Lees Hilfe (dem ich peinlicherweise auf den Schoß gefallen war) rappelte ich mich wieder hoch und kämpfte mich im Dunkeln zu Iris, die mich erschrocken an sich zog.
„Was ist da los?“, zischte George seinem Bruder zu und mit einem Mal fiel es uns Mädchen siedend heiß wieder ein, und Mel gesellte sich zu uns in die Ecke.
„Dementor?“, flüsterte sie so leise, dass keiner der anderen etwas mitbekam. Iris nickte nur und wir zogen alle drei vorsichtig unsere Zauberstäbe, als plötzlich die Tür aufglitt.
„Lumos!“, flüsterte Iris leise und ließ die Stabspitze aufleuchten. Ein Fehler, denn nun sahen wir uns dem sicher zwei Meter hohen Monstrum von Kapuze zu Angesicht gegenüber und zuckten entsetzt zurück, auch die drei Jungen drängten sich jetzt soweit wie möglich von dem Dementor weg.
Als eine kalte, verweste Hand in Richtung Mel eine Bewegung machte, als wolle sie etwas haben, schrie diese hell auf und fuchtelte wild mit ihrem Zauberstab in die Richtung der Kreatur - noch ein Fehler, denn mit Melanies Zauberstab war nach wie vor nicht zu spaßen. Vor dem Dementor entstand ein seltsam pulsierendes, blaues Spinnennetz…und er holte tief und rasselnd Luft.
Ich hörte Iris keuchen und unterdrückte ein Aufschluchzen, als mich Gefühle überschwemmten…Gefühle, die ich glaubte, vergessen zu haben. Eine wahnsinnige Traurigkeit überspülte alles Denken, ich wollte nur noch die Augen schließen und nichts mehr fühlen, mich an nichts erinnern. Das Gefühl verlöschte erst, als der Dementor die Tür wieder schloss und weiterzog.
Eine Hand berührte mich an der Schulter und schüttelte mich sanft: „Steffi? Steffi! Er ist weg!“
Ich schlug die Augen wieder auf, die ich zugekniffen hatte, und sah Mellis besorgtes Gesicht ein paar Zentimeter vor meinem.
Auf einmal begannen alle, durcheinander zu reden und ich kam kaum mehr hinterher.
„Stopp mal! Stopp!“, rief Mel schließlich laut und sah uns alle entgeistert an: „Ihr habt euch alle…schlecht gefühlt?“
„Mel, das war ein DEMENTOR! Natürlich haben wir uns schlecht gefühlt!“, fuhr Iris sie an. Offenbar war ihr die Anwesenheit dieses Dings aufs Gemüt geschlagen.
„Ich hab nichts gespürt!“, meinte Mel verblüfft.
Ich starrte sie an: „Was?“
„Ich hab nix gespürt, außer natürlich Ekel vor dieser schleimigen Hand! Und was bitte sollte diese Geste? Und was war das überhaupt für ein Zauber, den ich da losgelassen hab?“
Iris, Mel und ich wandten uns zeitgleich den drei Jungen zu, doch die zuckten nur die Schultern - sie waren offenbar genauso ratlos wie wir.
Doch bevor noch irgendwer irgendetwas zu Mels seltsamer Aktion anmerken konnte, wurde die Abteiltür erneut aufgerissen. Wir erschraken alle furchtbar, doch es war nur -mal wieder - Malfoy, der sich mit panischer Miene zusätzlich in unser Abteil quetschte, das langsam aber sicher überfüllt war.
„Was zum Teufel willst du denn schon wieder hier?“, fragte ich den Blondschopf wütend, doch der reagierte gar nicht, sondern sah schreckensstarr aus der Abteiltür.
„Sag bloß, Klein-Draci hat Angst vor den bösen Kapuzenmännern!“, spottete Iris und gewann ihre Fassung sehr schnell wieder.
„Reiz ihn nur nicht zu sehr, Iris!“, hakte Mel ein und ich fuhr grinsend fort: „Ja, sonst wird er noch zum Frettchen!“
Wir drei prusteten los, die anderen sahen uns nur verwirrt an: immerhin waren wir erst im dritten Schuljahr.
„Schon okay, Jungs, das erklären wir euch später!“, lachte Iris.
Malfoy sagte, wie mir jetzt auffiel, überhaupt nichts dazu. Verwirrt wandte ich mich zu ihm um: er war blass wie Schnee und hatte offenbar kein Wort von uns richtig aufgenommen.
Kaum hatte er gesehen, wie der Dementor an unserer Tür vorbei zurück geglitten war, schlüpfte er wieder hinaus und ließ uns allein.
Iris und ich sahen uns an, während Mel sich mit den drei Jungs wieder auf die Sitze zurückfallen ließ und nach Schokolade fragte.
„Irgendwie ist er ja schon ganz knuffig, wenn er so verängstigt ist…“, merkte meine große Schwester leise an.
„Jaaah…hat mir fast ein bisschen Leid getan!“, nickte ich und wir sahen dem Slytherin nach.
Die Weiterfahrt verlief relativ ruhig, obwohl wir unser Abteil nach dem Besuch der Süßigkeitenverkäuferin in ein reines Schlachtfeld verwandelten: Mel und Iris waren sich uneinig, ob auf Mels Schokofrosch-Karte wirklich Johnny Depp zu sehen war (Mel war davon fest überzeugt) und lieferten sich ein Sahnetorten-Duell der Extraklasse. Als die Jungs sich gegen uns verbündeten, mischte ich natürlich kräftig mit und traf Fred (oder war es George? Verdammt!) mitten im Gesicht. Anschließend hatten wir einen ungefähr zehnminütigen Lachanfall, nach dem wir halb tot in unserer Sauerei liegen blieben. Peinlich wurde es erst, als ein gewisser Werwolfslehrer in alle Abteile ging, um nach den Dementoren Schokolade zu verteilen, und uns auf dem Boden liegend wiederfand.
Nachdem wir ihm stotternd berichtet hatten, wie wir die Dementoren mit der Sahnetorte zurückgeschlagen hatten, und er uns trotz seines belustigten Blickes mithilfe eines Reinigungszaubers aus dem Dilemma befreit hatte, redeten wir noch kurz mit ihm über dieses und jenes. Und dann wurde es Zeit, uns umzuziehen.
Die Jungs verzogen sich in ein anderes Abteil und wir streiften uns rasch die noch neutralen Kleidungsstücke über.
„Wo, hat Snape nochmal gesagt, werden wir eingeteilt?“, fragte ich die zwei.
„Flitwick nimmt uns kurz mit, wir sollen noch vor dem Essen und vor den Erstklässlern separat eingeteilt werden. Weil wir sonst zu viel Aufmerksamkeit auf uns ziehen würden“, sprudelte es aus Melanie heraus, wofür sie einen bewundernden Blick von Iris bekam: „Wow, du hast mal zugehört?“
„Da fragst du noch, bei seiner Stimme?“
„Du wirst noch sehen, Mel, dass dein Snape genauso unsympathisch ist wie mein Draco!“
„Ich weiß schon, dass er unsympathisch ist. Das macht ihn doch grade so…sexy.“
Iris und ich stöhnten. Mel war, was Männer betraf, absolut verloren. Vor allem, da sie zwölf Jahre alt war!!!
„Ihr habt einfach beide den Hang zum Bad-Boy“, neckte ich sie und Iris schnaubte belustigt: „Das musst du grade sagen. War es nicht unser Nesthäkchen, dem von einem Kaffekränzchen mit Voldemort träumte?“
Mel platzte los und ich schlüpfte durch die Öffnung meines Pullis und streckte beiden die Zunge heraus.
„Das war doch nur ein Traum...“
„Was würde bei Trelawneys Traumdeutung wohl da rauskommen?“
„Sie werden ein sehr rasches Ende finden. Und wahrscheinlich wird das Wort „Tom“ die Ursache sein!“, prophezeite Mel mit rauchiger Stimme und fuchtelte wild mit den Armen herum, wobei sie dem hereinkommenden Fred eine verpasste.
Iris und ich prusteten erneut los, während der Zwilling sich die Nase hielt und den anderen wie einen Schutzschild vor sich herschob.
„Geh du, ich wurde bereits schwer getroffen.“
George verkündete grinsend: „Kommt schon, wir sind so gut wie da!“
„Hogwarts?“, fragte ich mit leicht benebelter Stimme.
„Hogwarts?“, dröhnte Iris freudig.
„HOGWARTS!“, quietschte Mel und warf die beiden Zwillinge beinahe um, als sie an ihnen vorbeistürzte.
„Wir sind daaa! Wir sind daaaa!“, hörten wir sie draußen im Flur singen.
„Oh, pardon! Wir sind da!“
„Das weiß ich selbst!“
„Oh…ja! Wir sind daaaaa! Draco, wir sind daaa!“
„Nimm SOFORT deine Griffel weg!“, hörten wir Malfoys erschrockene Stimme und verdrehten beide die Augen.
„Hast du Beruhigungstropfen dabei?“, fragte ich Iris.
„Das nicht, aber ich hab einen von Snapes Tränken der Lebenden Toten mitgehen lassen, damit versetzt man sogar ein Rhino in Tiefschlaf.“
„Lieber nicht. Ich will sie nicht noch hochtragen müssen!“
„Stimmt. Vor allem würde ich mir nicht gern direkt am ersten Abend eine Strafarbeit einbringen wegen Ausschaltens der durchgeknallten Schwester!“, kommentierte Iris trocken.
„Professor Lupin! Wir sind da!“
„Das ist doch toll, Melanie. Wo hast du denn dein Gepäck gelassen?“
„Oh, Mist!“
Ich konnte nicht anders, als zu lachen. Hoffentlich konnten wir sie nachher lange genug ruhighalten, um ihr den Sprechenden Hut überzustülpen.
Vorsichtig nahm ich das kleine Katzenkörbchen hoch und besah mir meinen kleinen Liebling.
„Komm schon, Chester, sonst verpassen wir das Festessen.“
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Reviews???
Wir bitten darum!
Eure spiritsisters
PS: Das mit dem Gepäck bin typisch ich ;) Ich schaffe es sogar, ohne Ranzen aus dem Haus zu gehen, um dann an der Bushaltestelle zu bemerken, dass irgendetwas anders ist...xDD
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