von Sophia Black
4.
Ein halbes Jahr war vergangen, seit Tinuviel nach Bruchtal zurückgekehrt war. Ein halbes Jahr, in dem sich nicht nur sie, sondern vor allem Sirius stark verändert hat.
Verbissen kämpfte er gegen die verbliebenen Todesser. Unterstützte seine Freunde, die sich sehr auf die Geburt ihres Sohnes in einem Monat freuten und half ihnen wann immer er konnte. Ein Name für sein Patenkind stand auch schon fest. Harry James.
An diesem Morgen saßen Sirius, James und Lily wieder einmal gemeinsam am Frühstückstisch, und wie immer seit Tinuviels Abreise, stocherte Sirius lustlos in seinem Müsli herum.
„Pads, was ist los mit dir?“ Der Animagus sah auf. „Nichts, was soll denn los sein?“ Und schon stocherte er weiter, ohne auch nur einen Bissen zu essen. Kurzerhand schnappte ihm James den Löffel weg und sah ihn ernst an.
„Red keinen Stuss. Ist es wegen dieser Elfe?“ „Elbe“, brauste Sirius auf und nahm seinen Löffel wieder zur Hand, nur um etwas zutun zu haben.
„Du vermisst sie ziemlich, oder?“ „Wie sollte ich jemanden vermissen den ich nicht mal kenne?“, fragte Sirius, doch war an seinem Tonfall deutlich zu spüren wie Recht James mit seinem Verdacht hatte.
„Hör mal Pads. Du hast keine Chance. Sie wird nicht zurückkommen. Und schon gar nicht deinetwegen.“ Sirius erhob sich und hatte alle Mühe die Tränen zurückzuhalten.
„Du hast keine Ahnung wie ich mich fühle Prongs. Du weißt nicht was…!“ Und schon stürmte Sirius aus der Küche. Kurze Zeit später knallte die Haustür zu.
„Das war zuviel James“, meinte Lily und begann den Frühstückstisch abzuräumen. James sah seine Frau fragend an, erhob sich ebenfalls und half ihr das Geschirr in die Spülmaschine zu räumen.
„Was hab ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht? Es ist doch so. Er liebt diese Tinuviel. Warum auch immer.“ Lily lächelte und umarmte ihren Mann. „Kannst du ihn wirklich nicht verstehen?“, säuselte sie und verwickelte ihren Mann in einen zärtlichen Kuss.
James musste nichts mehr sagen. Natürlich wusste er wie sich Sirius fühlte. Auch er hatte lange auf Lily gewartet und am Ende geglaubt sie niemals zu erobern. Und jetzt waren sie verheiratet. Erwarteten in einem Monat sogar ihren ersten gemeinsamen Sohn. James hatte sein Glück gefunden und wünschte es Sirius ebenso. Auch wenn wenig Hoffnung bestand, dass die Frau die sein bester Freund liebte, jemals wiederkehren würde.
Sirius lief. Wohin wusste er selbst nicht so genau. Er wollte einfach nur weg. Weg von James. Weg von Lily. Weg von allen Menschen die ihn in irgendeiner Weise an Tinuviel erinnerten. Zu schmerzhaft war der Gedanke an die Elbin.
Sirius hatte lange gebraucht um zu erkennen, dass er sich in sie verliebt hatte. Erst auf James’ und Lilys Hochzeit vor viereinhalb Monaten hatte er gewusst was er für sie fühlte. Hatte gewusst was ihm fehlte. Tinuviel von Bruchtal.
Diese einzigartige Elbenprinzessin, von der Sirius nur den Namen kannte. Ja, er hatte sie gesehen. Aber nie ein Wort mit ihr gesprochen. Und doch war er ihr mit Haut und Haaren verfallen.
Ohne es zu merken stand Sirius plötzlich am Waldrand, der die südliche Grenze von Godrics Hollow bildete. Er atmete einmal tief ein, dann betrat er diese grüne Lunge.
Hier fühlte er sich wohl. Hier war er wirklich allein und konnte seinen Gedanken nachgehen.
Schweigend ging er den langen gewundenen Weg entlang. Seine Umgebung in sich einsaugend. Es schien ihm, als würden die Geschöpfe des Waldes wissen wie er sich fühlte und ihm helfen wollen den Gedanken an Tinuviel zu verdrängen. Endlich wieder am Leben teilnehmen. Das wollte er. Er musste Tinuviel vergessen. Immerhin wusste er nicht einmal, ob sie überhaupt noch lebte.
Bei diesem Gedanken zog sich sein Herz schmerzhaft zusammen. Wieder glaubte er in einen tiefen Abgrund zu stürzen.
Doch ehe er sich in seinen trüben Gedanken verlieren konnte, hörte er plötzlich etwas durch die Luft sausen. Im ersten Moment glaubte er, es sei ein Fluch und griff nach dem Zauberstab.
Als er sich aber umdrehte, um seinerseits anzugreifen, erkannte er mit Schrecken, dass keineswegs ein Fluch, sondern ein Pfeil auf ihn zusauste. In letzter Minute warf sich Sirius auf den Boden und sah sich dabei suchend um. Wo zum Teufel kam dieser Pfeil her? Doch viel Zeit zum nachdenken blieb ihm nicht.
Die Erde begann zu beben und Sirius rettete sich gerade noch mit einem Hechtsprung ins Dickicht der Bäume, ehe der Waldboden von etlichen Pferdehufen zertrampelt wurde.
Ungläubig sah Sirius den Reitern nach, die ihn stark an Krieger erinnerten. Sie trugen ähnliche Rüstungen wie… Tinuviel!
So schnell er konnte rannte Sirius den Reitern hinterher, die ins Dorf ritten, wie er jetzt erkannte.
Er stolperte auf das Haus seiner Freunde zu und erkannte, dass die Reiter, fünf an der Zahl, sich vor dem Haus versammelt hatten. Alle saßen noch auf ihren Pferden. Nur der sechste im Bunde hatte sich aus dem Sattel geschwungen und machte Anstalten bei den Potters zu klingeln.
Mitten auf dem kurzen Weg, der durch den Vorgarten der Potters zur Haustür führte, blieb die Person stehen und drehte sich um.
Sirius’ Herzschlag setzte für einige Sekunden aus. Wie betäubt starrte er die Frau an, die da stand und konnte sich nicht erklären, warum seine Füße sich auf sie zu bewegten.
Doch sie taten es und keinen der anderen Reiter schien es zu stören.
Zwei Meter von der Frau entfernt blieb Sirius stehen. „Tinuviel“, flüsterte er, bevor er den Kopf beschämt senkte. Er zitterte vor Aufregung. Wusste nicht, was er sagen oder tun sollte. Er fühlte sich völlig lächerlich. Was tat er hier? Tinuviel wollte nichts von ihm. Warum war er jetzt so aufgeregt?
Lily und James saßen noch immer in ihrer Küche. Als sie draußen vor der Tür allerdings die Pferde erblickten, standen sie auf und gingen in den Flur.
James öffnete die Haustür und wollte schon den Weg entlang auf die Reiter zustürmen, als er die Frau und Sirius erkannte, die sich unschlüssig gegenüberstanden.
Keiner von beiden bewegte sich und Lilys Hand auf seiner Schulter war völlig überflüssig. Er wusste auch so, dass er jetzt nicht stören durfte.
Atemlos beobachteten die beiden frisch verheirateten die Szene vor sich. Noch immer hatten Sirius und Tinuviel sich bewegt, jedoch sahen sie sich jetzt offen ins Gesicht und über Tinuviels Gesicht glitt ein Lächeln. Sirius erwiderte es und musste mit aller Macht den Drang niederkämpfen, sie sofort zu umarmen und nie wieder loszulassen.
Woher nahm er die Selbstbeherrschung? Warum war er wie gelähmt? All diese Fragen schwirrten ihm im Kopf herum. Und er fand einfach keine Antwort.
Tinuviels Augen hielten ihn gefangen und ihr schien es ähnlich zu gehen. Als sie sich jetzt in Bewegung setzte, zuckte Sirius kurz zusammen. Im nächsten Moment stand Tinuviel direkt vor ihm und sah ihm in die Augen. Wieder schwiegen beide, doch waren sie sich so nah. So unglaublich nah. Sirius konnte ihren Atem auf seinem Gesicht spüren und ein Blick in ihre unglaublich blauen Augen genügte, um zu wissen dass sie nur darauf wartete, dass er den letzten Schritt machte.
Und er machte ihn. Wie in Zeitlupe schlangen sich seine Arme um den schmalen Körper der Elbin, zogen sie noch näher an den warmen Körper heran. Und endlich legten sich diese weichen Lippen auf ihre. Verwickelten sie in einen stürmischen aber gleichzeitig unendlich zärtlichen Kuss. Forderte Sirius’ mit seiner Zunge sanft Einlass.
Tinuviel glaubte zu schweben. Endlich fühlte sie sich wieder komplett. In den letzten Monaten war sie ruhelos umhergewandert. Glaubte ein Teil von ihr sei in England geblieben. Doch mit diesem Kuss war sie wieder komplett. Mit diesem Kuss holte sie sich ihr Herz zurück.
Wie lange der Kuss dauerte, das zu sagen war keiner der beiden im Endeffekt fähig. Es war das Schönste, was beide je erlebt hatten. Sie brauchten einander wie die Luft zum Atmen.
Als Sirius sich aufrichtete und in die strahlenden Gesichter seiner Freunde blickte, huschte ein Lächeln über sein Gesicht.
Wie selbstverständlich ergriff er Tinuviels Hand und wollte sie zu seinen Freunden ziehen, als die Elbin abrupt stehen blieb.
„Was ist los?“, fragte Sirius verwirrt. Als er seiner Geliebten ins Gesicht sah, erschrak er zutiefst. In ihrem Gesicht war eine endlose Trauer zu lesen, die sich weder Sirius, noch Lily oder James erklären konnten. „Tinuviel?“ Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Ich kann nicht bleiben.“ Sirius starrte sie an. „Was? Aber…?“ Tinuviel suchte den Augenkontakt zu Sirius. „Ich bin nur hier um dich zu bitten mich in meine Welt zu begleiten. Mein Vater gewährt dir in Bruchtal zu leben. Auch wenn er schwer damit zu kämpfen hat mich verloren zu haben.“ Sirius, Lily und James verstanden kein Wort und starrten Tinuviel fragend an.
„Was soll das heißen?“ Die Elbin atmete tief durch. „Es ist zu gefährlich euch alles zu erzählen. Ich kann es nicht.“ Tinuviel richtete sich jetzt direkt an James.
„Sagt Dumbledore, Elrond von Bruchtal hat Kenntnis von eurer Welt und weiß um die Zukunft. Die Zukunft eines Kindes, das den Lauf der Dinge ändern wird. Die Zukunft hat gerade erst begonnen. Zerstört sie nicht durch Trauer und Wut. Denn trauern werden wir anderen noch früh genug.“
Niemand wusste mit den Worten Tinuviels etwas anzufangen. Doch hatten weder Lily und James, noch Sirius Zeit, darüber großartig nachzudenken.
„Kommst du mit mir?“, fragte Tinuviel nun an Sirius gewandt und der konnte gar nicht anders, als zu nicken.
Ein erleichtertes Lächeln zeichnete sich auf dem Gesicht der Elbin ab. „Hannan Sirius.“
„Welche Sprache ist das?“, fragte dieser. Schon seit seiner ersten Begegnung mit Tinuviel fragte er sich das und endlich würde er eine Antwort darauf bekommen.
„Es ist Elbisch. Genauer gesagt Sindarin. Die älteste Sprache der Elben“, antwortete Tinuviel. Sirius nickte ergriffen. Warum ihn allein diese Aussage so faszinierte, wusste er nicht zu sagen.
„Lässt du mir Zeit ein paar Sachen zu holen?“ Tinuviel nickte. „Natürlich. Wir treffen uns hier wieder.“ Sirius nickte, gab Tinuviel noch einen letzten kurzen Kuss und apparierte in seine Wohnung in London, um seine Habseligkeiten zusammen zu packen.
Unschlüssig standen James und Lily in der Eingangstür ihres Hauses und sahen Tinuviel fragend an. „Möchten sie reinkommen?“, fragte Lily freundlich und die Elbe nickte. „Sehr gern.“
Sie folgte der Hausherrin in die Küche, wo sie Platz nahm und Lily ihr einen Kaffee vor die Nase setzte. Tinuviel nickte dankend und nahm einen Schluck des ihr unbekannten Getränks. Doch es schmeckte ihr gut.
„Habt Dank.“ Lily lächelte. Noch immer lag eine unglaubliche Spannung auf den dreien, bis James sich traute Tinuviel direkt anzusprechen.
„Sagen sie, was macht sie so sicher, dass Sirius sie wirklich in ihre Welt begleiten wird?“ Tinuviel sah auf. „Er liebt mich. Und ich liebe ihn. Es ist mir selbst unbegreiflich. Ich habe nie auch nur im Traum daran gedacht den gleichen Weg wie meine Schwester zu gehen. Doch ich tue es. Seit ich Sirius das erste Mal gesehen habe, weiß ich, dass ich ihn liebe. Nennen sie es weibliche Intuition. Ich kann es ihnen nicht erklären Mr. Potter.“
James lächelte und reichte Tinuviel die Hand. „Mein Name ist James. Hören wir endlich auf uns zu siezen.“ „Gut, ich bin Tinuviel“ Auch Lily bot der jungen Frau, die sie noch schwer verletzt im Krankenflügel liegen sah, das Du an.
Eine Frage brannte ihr auf den Nägeln und sie wollte sie stellen, bevor vielleicht jede Chance dahin war.
„Wie bist du hierher gekommen? In unsere Welt? Damals als du mitten im Kampf mit den Todessern auftauchtest?“ Lily wusste dass sie der Schwarzhaarigen nicht erklären musste was Todesser waren. Tinuviel schien viel mehr über diese Welt zu wissen als Lily selbst.
„Darüber können wir nur mutmaßen Lily. Ich habe wenig mit Magie zutun. Im Gegensatz zu euch. Die Elben sind mächtige Wesen. Wir haben unsere eigenen Möglichkeiten Leben zu schützen oder zu nehmen und wir sind unsterblich, solange wir den Weg gehen der für jeden Elb in Mittelerde vorbestimmt ist.
Doch wie genau ich in diese, eure Welt gelangt bin, kann ich nicht sagen.“
„Was ist damals passiert? Wo warst du bevor du hierher kamst?“
„Auf dem Schlachtfeld“, antwortete Tinuviel schlicht. „Ich sah meinen Bruder durch die Hand eines Uruk-Hai sterben.“
Beschämt senkte Lily den Kopf. „Entschuldige“ Tinuviel lächelte warm. „Ich wusste worauf ich mich eingelassen hatte. Ich bin ausgezogen um mein Volk zu retten. Meine Heimat zu verteidigen. Und ich war bereit für die Elben Mittelerdes zu sterben.“
James wie auch Lily waren beeindruckt. Damit hatten sie nicht gerechnet. Tinuviel lächelte noch immer und umarmte Lily liebevoll, die den Tränen nahe schien.
„Ja, in meiner Welt herrscht Krieg. Doch war die Schlacht in der mein Bruder gefallen ist nur der Anfang des Schreckens. Deshalb werde ich zurückgehen und dafür kämpfen, dass unsere Welt bestehen bleibt. Und mein Vater wird mich nicht daran hindern können. Genauso wenig wie euer Gegner mich davon abhalten könnte.“
„Unser Gegner?“ „Voldemort. Er ist doch verschwunden als ich in eurer Welt auftauchte, richtig?“ Verdattert nickte James.
„Es gibt Gerüchte in Mittelerde, die auch Bruchtal erreicht haben. Eine neue Macht erhebt sich im Osten. Sauron erstarkt und stellt eine Armee auf. Doch agiert er nicht allein. Merkwürdige Dinge geschehen im Land wo die Schatten wohnen. Dinge, die selbst den Weisesten Rätseln aufgeben und ruhelos umherwandern lassen. Mein Vater hat gewisse Vorsehungen. Ahnungen, was diese neue Bedrohung sein kann. Doch ist es zu früh, um überhaupt darüber zu sprechen. Ihr meine Freunde, seid befreit. Befreit von dem Bösen, dass in eurer Mitte wohnte und euch bedroht hat.
Doch der Kampf um Mittelerde hat gerade erst begonnen.“
James und Lily hatten keine Ahnung was Tinuviel ihnen damit sagen wollte. Doch bekamen sie keine weiteren Antworten mehr von ihr.
In diesem Moment betrat Sirius die Küche. In der Hand eine Reisetasche und einen Rucksack. Mehr wollte er nicht mitnehmen.
Tinuviel lächelte und begrüßte ihn wie selbstverständlich mit einem Kuss. Auf Außenstehende wirkten sie sehr vertraut miteinander und nicht nur das Paar, sondern auch Lily und James fragten sich woher diese Vertrautheit kam. Es war fast so, als seien Sirius und Tinuviel seelenverwandt. Auf irgendeine Art und Weise miteinander verbunden, die weit über die Liebe hinausging.
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Was wird Sirius in Mittelerde erwarten? Lasst euch überraschen.
Wie ihr wisst, ich freue mich immer über Kommentare und bei dieser Story sind mir euer Meinungen, wie im Vorwort erwähnt, sehr wichtig. Also, haut in die Tasten!
Eure Sophia
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