Schneestürme und schwarze Schatten
Die kahle felsige Einöde, in der sich eine mächtige schwarze Festung erhob und gen Himmel ragte, war vollkommen verschneit. Der Boden, auf welchem die Festung thronte, war gefroren und vereist. Ein kalter, beißender Wind fegte über die schroffe Landschaft und rüttelte an den unnachgiebigen, ehernen Türmen und Zinnen von Nurmengard.
Es dauerte nicht lange, ehe der eisige Wind zu einem wahren Schneesturm von gewaltigem Ausmaß anwuchs.
Der scharfe, beißende Luftzug peitschte auch durch den winzigen fensterartigen Schlitz im Mauerwerk in die oberste Zelle der Festung, fegte durch das karge Verließ und schleuderte das kalte Nass ins Innere der Zelle.
Bald war auch der steinerne Boden bedeckt von einer immer dicker werdenden Schicht aus Schnee und Eis. Die Mauern waren überzogen von Reif und Eiskristallen. Eiszapfen bildeten sich am oberen Rand des kleinen Fensters und wuchsen rasch an, da die klirrende Kälte für sie die beste Nahrung war.
Durch jede noch so winzige Ritze in dem starren grauen Stein peitschte der eisige, tobende Schneesturm und brachte noch mehr klamme Kälte in das erbärmliche Verließ. Unbarmherzig sanken die Temperaturen stetig weiter. Eiseskälte und Feuchtigkeit waren die Mitbewohner des Gefangenen in der kargen Zelle im höchsten Turm von Nurmengard.
Es war ein unvergleichlich harter und rauer Winter, aller Wahrscheinlichkeit nach der schlimmste Winter überhaupt in den nunmehr schon vierzig Jahren, seit man Grindelwald nach Nurmengard gebracht hatte.
Der Gefangene lag zitternd auf seiner harten Holzpritsche und hatte sich unter der schäbigen dünnen Wolldecke so klein wie möglich zusammengekauert. Die knochigen Finger, welche sich krampfhaft um den abgewetzten Stoff der Decke klammerten, waren blau und abgefroren. Eiskristalle hatten sich in das nunmehr vollkommen ergraute und verfilzte Haar geschlichen. Jeder einzelne Knochen im Körper des Gefangenen schmerzte als wollte er brechen und zerbersten vor Kälte. In den immer stumpfer werdenden braunen Augen lag ein bleierner, fiebriger Glanz. Der Atem dieser zusammengekauerten Kugel unter der Wolldecke war rasselnd und er kam keuchend, stoßweise.
In den Nächten wälzte sich die abgemagerte Gestalt von einer Seite auf die andere, warf sich unter der Decke hin und her, geschüttelt von schrecklichen Hustenanfällen, beängstigender und rasselnder als der schwere Atem.
Obwohl dieser Husten den schwachen Leib des Gefangenen beständig plagte und nicht nachließ, hörte er doch irgendwann auf, sich hin und her zu wälzen, sondern blieb reglos liegen, während sein Körper wieder und wieder gebeutelt wurde und seine Lungen mit schmerzhaftem Stechen protestierten.
Erschöpft schloss Grindelwald die Augen.
Ein zusammengeknülltes Lumpenbündel, schmutzig und durchnässt, mehr hätte ein Außenstehender auf der Holzpritsche nicht wahrgenommen. Mehr war nicht geblieben. Gellert Grindelwald war einmal mehr am Ende seiner Kraft.
Immer fester schlangen sich die glühend heißen Arme des Fiebers um die schmerzende Brust des Gefangenen und während draußen weiterhin der eisige Schneesturm wütete, versank Gellert Grindelwald zunehmend im Delirium. Er vermochte kaum mehr zu unterscheiden, ob er schlief oder wachte. Seine wahre Umgebung verschwamm vor seinen fiebrigen Augen und die Gestalten aus seinen Träumen kamen ihm wirklicher vor als die Umrisse des Verließes.
Alptraum statt bitterer Realität.
Und während der Gefangene weiterhin von schrecklichem Husten geschüttelt wurde und mittlerweile immer öfter Blut spuckte, streiften Schatten vor seiner Zelle auf und ab ... Blasse Wesen mit leeren tiefliegenden Augen ... Einige von ihnen stierten ihn nur aus ihren leeren Augen an ... Andere streckten ihre knochigen Arme durch die Gitterstäbe der eisernen Tür als wollten sie ihn zu sich ziehen ... in den Tod ... der Mörder würde den Ermordeten wohl bald Gesellschaft leisten ... Auch eines schwarzen Schattens in einem ebenso schwarzen Kapuzenmantel war der Gefangene in der Ecke des Verließes schon gewahr geworden ... er schien zu warten ... jedes Mal kam er ein Stückchen näher ... immer näher ... sehr nahe ... nahe genug, um die Hand nach ihm auszustrecken ...
Schaudernd versuchte der Gefangene, die Augen noch fester zusammenzukneifen. Ein kraftloses Keuchen entwich seiner Kehle, als es schließlich passierte.
Es legte sich tatsächlich eine Hand auf seine Schulter.
Gellert Grindelwald war erstaunt und es kam ihm ein wenig seltsam vor, dass die Hand des Todes so sanft war. Aber es musste wohl so sein, denn im nächsten Moment wurde alles um ihn herum schwarz.
So, das ist doch eine schöne Stelle zum Aufhören ... :P
Tut mir leid, dass das Kapitel so kurz geraten ist, aber ich hoffe sehr, dass es euch trotzdem gefallen hat.
Wahrscheinlich habt ihr meinen kleinen Pseudo-Cliffhanger ja sowieso schon durchschaut, aber wenn nicht, dann gibt es die Antwort auf die Frage, wie es jetzt mit Gellert weitergeht, im nächsten Kapitel.
Bis dann!
Alles Liebe,
eure halbblutprinzessin137
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