von rodriquez
Ein lauter, ohrenbetäubender Knall erzitterte unser Zelt, und weißes Licht zuckte auf.
Unter qualvollen Schmerzen brach Harry zusammen, rasch schwoll sein Gesicht an, und er bedeckte es mit beiden Händen. Nach nur wenigen Sekunden war sein Gesicht zur Unkenntlichkeit entstellt.
Voller Entsetzen starrte mich Ron an.
„Was hast du getan?“, stammelte er.
Doch mein Verbrennzauber erzielte seine geplante Wirkung, deswegen ignorierte ich seine vorwurfsvollen Blicke.
Was hätte ich tun sollen?
Ich musste Harry schĂĽtzen, und niemand wĂĽrde ihn in dieser Aufmachung als Harry Potter identifizieren.
Es tut mir leid Harry, es tut mir so leid, aber es ging nicht anders!
„Aufstehen, Ungeziefer.“
Unbekannte Händen zerrten uns aus dem Zelt, mit Tränen in den Augen starrte ich nur Harry an, um mich herum bekam ich gar nichts mehr mit.
Ich hoffte, ich flehte, er wĂĽrde mir verzeihen, und mein Handeln verstehen.
Brutal zerrten sie meinen verunstalteten Freund vom Boden hoch, ich spürte seine Qualen am eigenen Körper, alles lief in Zeitlupe vor meinen Augen ab.
Immer noch presste er beide Hände vor sein Gesicht, seine Qualen waren zu spüren, waren greifbar.
Durch die Gewalt, die uns entgegenschlug, die Gewalt, die Harry in die Höhe riss, wurden auch seine Hände von seinem Gesicht gerissen.
„Es … es tut mir leid“, murmelte ich in sein Ohr, der Anblick war wirklich herzzerreißend.
Ein stechender Schmerz durchzuckte meine Brust. „Es tut mir leid, tut mir so leid“
Er riss sich von seinem Peiniger los, und drückte sich erneut die Hände ins Gesicht, er stöhnte unter ungeheuren Schmerzen.
Es war doch nur eine instinktive SchutzmaĂźnahme.
Vor lauter Panik, bekam ich auĂźer seinen offensichtlichen Schmerzen ĂĽberhaupt nichts mehr mit.
Es war alles egal, ich war nur darauf fixiert, dass Harry mir verzeihen würde, und seine Schmerzen nicht so immens wären.
Man hatte uns entdeckt, unsere Jagd wäre zu Ende. Der Lauf des Schicksals war in die Endphase eingebogen. Trotzdem beschäftigte mich etwas Anderes, als das was nun auf uns zu kommen könnte.
Unsere Zauberstäbe wurden aus unseren Taschen gezogen.
Mit Tränen in den Augen sah ich, wie seine Augen zu schmalen Schlitzen angeschwollen waren, seine Brille rutschte fast zu Boden, sie fand in seinem geschwollenen Gesicht keinen Halt mehr.
Vier oder FĂĽnf Gestalten zerrten uns aus dem Zelt.
Ron stöhnte schmerzverzerrt auf, ich hörte seine Knochen knacken.
„Lasst ihn in Ruhe!“ schrie ich.
„Deinem Freund wird’s noch übler ergehen, wenn er auf meiner Liste steht“, röchelte eine fürchterliche Stimme. „Appetitliches Mädchen … was für ein Leckerbissen … wie weich ihre Haut ist.“
Mir drehte sich der Magen um, als Fenrir Greyback meinen Arm berĂĽhrte, er stank aus dem Maul, wie eine frisch gefĂĽllte Jauchegrube.
„Wer seid ihr?“ schrie ein Todesser, den sie mit Scabior ansprachen.
Harry nannte sich gedankenschnell Vernon Dudley, und sein geschwollenes Gesicht fĂĽhrte er auf einen Insektenstich zurĂĽck.
Ron hatte weniger Glück, seine Vorstellung als Stan Shunpike ging in die Hose, ein dumpfer Schlag traf ihn im Gesicht, Blut spritzte. „Bardy Weaschley“, schnaufte Ron und spuckte Blut.
„Penelope Clearwater“, sagte ich rasch, bevor mich wieder Greyback mit seinen ekligen Fingern angefasst hätte.
Jemand riss Harry an den Haaren hoch, es war meine Kopfhaut auf der ich den Schmerz verspĂĽrte.
Man schnĂĽrte uns mit zwei weiteren Gefangenen, die die Greifer bereits im Schlepptau hatten zusammen, einem Kobold, und eine uns wohl bekannte Person.
„Harry?“ fragte diese bekannte Stimme im Flüsterton.
Ich wurde direkt an seine rechte Seite gekettet. „Dean?“ flüsterte Harry schmerzverzerrt zurück.
„Du bist es!“ keuchte Dean Thomas. „Wenn die rausfinden, wen sie da haben! Das sind Greifer, die suchen nur nach Schulschwänzern, die sie für Gold verkaufen.“
Zu unserem Pech hatten die Greifer einen Tagespropheten dabei, indem sich ausgerechnet ein Bild von mir befand, und dem Vermerk: …von der man weiß, dass es mit Harry Potter unterwegs ist.
Greyback triumphierte, durchsuchte das Zelt, fand Harrys Brille und setzte sie ihm auf die Nase.
„Das ist er!“ schnaufte Greyback. „Wir haben Potter gefangen!“
Ich rechnete jeden Augenblick mit dem Erscheinen von Voldemort.
Doch scheinbar hatten alle Angst, Angst vor seiner Wut, falls sie sich irren würden, und es doch nicht Harry Potter wäre.
„Greyback ist zwar ein Todesser, aber Voldemort hatte ihm das dunkle Mal untersagt, er kann ihn nicht rufen“, nuschelte Harry.
Brutal zerrten uns die Greifer auf die Beine, Harry krĂĽmmte sich vor Schmerzen, und presste seine Faust gegen seine Narbe.
„Verschließe deinen Geist, Verschließe deinen Geist, Verschließe deinen Geist“, murmelte er vor sich hin.
Die Greifer disapparierten mit uns im Schlepptau.
Ein riesiges Herrenhaus erschien im nächtlichen Schein vor unseren Augen.
Helle Lampen erleuchteten den Zugang zum Hauptgebäude.
Man brachte uns in das Herrenhaus der Malfoys, nach Malfoy Manor, wie sich sogleich herausstellen sollte.
Nach einigen Augenblicken fielen wir hart ĂĽbereinander auf einen Feldweg, vor uns erkannte ich ein schmiedeeisernes Doppeltor, hinter dem sich ein langer Zufahrtsweg befand.
„Er ist nicht hier“, murmelte Harry leise in meine Richtung, „er hat gerade einen alten Mann getötet, der ihm sagte dass ES nie in seinem Besitz war, er wäre umsonst gekommen.“
„Klappe halten“, grunzte Greyback und brüllte triumphierend in Richtung des Herrenhauses „Wir haben Potter. Wir haben Harry Potter gefangen!“
Das Doppeltor schwang auf.
Und wieder bemerkte ich besorgt, wie Harry mit Schmerzen kämpfte, seine Stirn pulsierte, sie war geziert mit dicken Schweißperlen.
Unfreundlich begrüßte Narzissa Malfoy die ungebetenen Gäste an der Haustür. Es war offensichtlich, dass unsere Anwesenheit unerwünscht war, vor allem Greyback begutachtete sie mit Abscheu.
Ich erkannte sie an dem Satz, den sie im Hausflur von sich gab, „folgt mir, mein Sohn Draco ist über die Osterferien zu Hause. Wenn das Harry Potter ist, dann wird er ihn erkennen.“
Narzissa führte uns in einen gleißend hellen Salon, an dessen Decke ein riesiger Kristallleuchter und etliche Portraits an den dunkelroten Wänden hingen.
„Was gibt es?“ Die Stimme von Lucius Malfoy ertönte, und mich ergriff endlich die Panik, die ich auf Grund unserer misslichen Lage schon viel früher hätte verspüren müssen.
WĂĽrden wir lebend herauskommen?
Was wenn Voldemort doch noch auftaucht?
Wann wĂĽrden sie ihn rufen?
Dean hatte Harry problemlos erkannt, es sollte fĂĽr Draco kein Problem darstellen.
Alle Schmerzen, die ich Harry beifügte wären völlig umsonst.
Narzissa rief nach ihrem Sohn.
„Draco, komm her.“
Eine Gestalt nur unwesentlich größer als Harry kam langsam und vorsichtig herangetrabt, sein Gesicht unter seinem weißblonden Haar blasser als sonst.
Draco Malfoy war zu meiner völligen Überraschung überhaupt nicht erfreut auf seine Aufgabe.
Warum war dem so?
Seinem ärgsten Widersacher den endgültigen K.O. zu versetzen sollte ihn doch eigentlich anspornen?
„Nun, Junge?“ lechzte der Werwolf begierig. Speichel tropfte aus seinem hässlichen Gesicht.
Harry stand mit dem Gesicht in einen Spiegel gerichtet gegenĂĽber dem Kamin.
Die Ankunft von Draco schien ihn nicht zu verunsichern, fast schon lässig unbedarft betrachtete er sein Spiegelbild, welches ich über seine Schulter hinweg sehen konnte, verengte, kleine Augenschlitze in einem riesigen, glänzend runden Gesicht in blutroter Farbe.
Draco näherte sich langsam und zögerlich, Harry wandte sich ihm zu, vermied aber den Blickkontakt.
„Nun Draco?“ fragte Lucius erwartungsvoll und begierig. „Ist er es?“
„Ich weiß nicht“, antwortete Draco, und ich bemerkte überrascht, dass er ebenso den direkten Augenkontakt mit Harry mied. Im Gegenteil, es sah so aus, als hätte er ihn nicht einmal angeschaut. „Ich weiß nicht genau“, wiederholte Draco mit leiser, krächzender Stimme, und blieb auf sicherem Abstand zu Greyback.
Die Anwesenheit des Werwolfes schien Draco genauso einzuschĂĽchtern, wie es bei uns der Fall war.
Lucius drängte seinen Sohn zurück, nachdem er sich bereits wieder abgewandt hatte.
„Draco, wenn wir diejenigen sind, die Potter dem Dunklen Lord übergeben, dann wird er uns alles verzeihen.“
Lucius zitterte vor Aufregung.
Doch ein weiteres Mal machte Draco keine Anstalten, nur ein erzwungener Blick ĂĽber seine Schulter, es war eindeutig, dass er sich weigerte Harry zu identifizieren.
Dieses Verhalten unseres größten Gegners war mir absolut Schleierhaft.
Es ergab keinen Sinn.
Was ist mit Draco geschehen?
„Wir sollten sicher sein Lucius“, rief seine Frau dazwischen. „Ganz sicher, dass es Potter ist, ehe wir den dunklen Lord rufen … Die behaupten, der gehöre ihm“, sie nahm seinen Schwarzdorn-Zauberstab unter die Lupe, „aber er entspricht nicht Ollivanders Beschreibung … Wenn wir uns irren, wenn wir den dunklen Lord umsonst hierher rufen … wisst ihr noch, was er mit Rowle und Dolohow gemacht hat?“
„Und was ist mit dem Schlammblut?“ knurrte Greyback.
Die Aufmerksamkeit richtete sich auf mich, ich begann panisch zu zittern.
„Wartet“, rief Narzissa scharf. „Ja – ja, sie war mit Potter bei Madam Malkins! … Schau, Draco, ist das nicht diese Granger?“
Und wieder ĂĽberraschte mich der sonst so selbstsichere, ĂĽberhebliche, verhasste Slytherin.
„Ich … vielleicht … jaah.“
Die Anzeichen bei mir waren eindeutig, Draco konnte nicht anders, fast tat er mir leid.
„Und das ist doch ein Weasley?“
„Könnte sein“, fügte Draco auch bei Ron bei.
Der Junge war offensichtlich eingeschĂĽchtert, und er hatte panische Angst vor Fenrir Greyback.
Hinter uns öffnete sich die Salontür. Die Stimme einer weiteren Frau ertönte, und ich erstarrte erneut.
Bellatrix Lastrange grauenvolle, piepsende Stimme: „Was geht hier vor? Was ist passiert, Zissy?“
Langsam ging sie um uns herum, und begutachtete jeden von uns, wie ein StĂĽck Vieh, auf dem Wochenmarkt.
„Aber das ist“, sagte sie leise, „das ist doch das Schlammblutmädchen? Ist das diese Granger?“
„Ja, ja“, ereiferte sich ihr Schwager, „das ist die Granger!“
Seine Augen leuchteten noch intensiver, als er weiter sprach. „Und der neben ihr ist wahrscheinlich Potter! Potter und seine Freunde, endlich gefasst!“
„Potter?“ kreischte Bellatrix hysterisch, und begutachtete Harry genauer und intensiv. „Bist du sicher? Nun, dann muss der dunkle Lord sofort informiert werden!“
Schon zog sie genüsslich ihren linken Ärmel nach oben, das dunkle Mal, das in das Fleisch ihres Armes gebrannt war, war deutlich zu erkennen, und ich wusste, gleich würde sie es berühren, gleich wäre es soweit, gleich wäre unser Ende nahe.
Sie schleckte genüsslich mit der Zunge über ihre Lippen, während sich zeitlupenartig ihr Zeigefinger mit einem mindestens zehn Zentimeter langen Fingernagel zum dunklen Mal hinbewegte.
Der Nagel berührte bereits ihr Fleisch, die schwarze Farbe des Mals begann sich zu verstärken.
Wir sind noch nicht soweit!
Wir mĂĽssen hier raus.
Es fehlen immer noch drei Horkruxe.
Bellatrix fletschte aber plötzlich ihre Zähne. Den Vorgang brach sie ab.
Lucius und Greyback stritten sich um die Autorität, wem die Gunst der Stunde nun schlagen sollte.
Lucius riss rasch seinen eigenen Ärmel nach oben.
„HALT!“ schrie Bellatrix plötzlich. „Berühr es nicht, wir werden alle zugrunde gehen, wenn der dunkle Lord jetzt kommt!“
Lucius erstarrte, den Zeigefinger nur einen Wimpernschlag vom dunklen Mal entfernt.
„Was ist das?“ schrie sie panisch in Richtung eines Greifers.
„Schwert“, grunzte dieser zur Antwort.
„Gib es mir!“
Bellatrix wirkte seltsam nervös, und schockte den Greifer, als er es ihr nicht geben wollte.
Seine Gefährten brüllten zornig auf, und sie schockte einen nach dem Anderen.
„Stupor! – Stupor!“
Sie waren ihr nicht gewachsen, und sie wurde immer panischer. In ihren Augen stand plötzlich Angst. „Wo hast du dieses Schwert her?“ fragte sie den Werwolf in einer seltsamen ruhigen Tonlage, der nichts Gutes verhieß.
„Es war im Zelt von denen“, Greyback zeigte in meine Richtung.
„Draco, bring diesen Abschaum nach draußen“, befehlte sie und deutete auf die geschockten Greifer. „Wenn du nicht den Schneid hast, sie zu erledigen, dann lass sie für mich im Hof liegen.“
Bellatrix bewegte sich furienhaft hin und her, so panisch, so unsicher hatte ich sie noch nie erlebt.
„Wir haben ein ernstes Problem, Zissy! Wenn es wirklich Potter ist, darf ihm nichts geschehen, der dunkle Lord will Potter eigenhändig vernichten … aber wenn er herausfindet … ich muss … ich muss wissen…“
Nervös schritt sie auf und ab.
„Bringt die Gefangenen in den Keller. Alle außer … außer dem Schlammblut.“
Ihr Finger zeigte auf eine Person die sich vor Angst fast in die Hose machte, und die die Augen geschlossen hatte.
„Nein!“ hörte ich Rons verzweifelten Schrei.
Plötzlich überkam mich eine neue Form der Angst, dieser alles durchdringende Schrecken, der irgendwo in der Lendengegend einsetzt und sich rasend schnell im Körper ausbreitet, bis er auch die letzte Faser erfasst hat. Sich in nackte Panik verwandelt und den instinktiven Fluchtmechanismus auslöst.
Aber eine Flucht war unmöglich.
Wir hatten keine Zauberstäbe, und um uns herum tanzte Bellatrix Lestrange, wie eine Wahnsinnige, und ihre Schwester Narzissa, deren Mann Lucius, Fenrir Greyback.
Wie um alles in der Welt sollten wir hier entkommen?
Meine Körper rebellierte, dieses ungute Gefühl in der Magengegend, das einen beschleicht, wenn man des Nachts allein durch eine menschenleere Straße spaziert und plötzlich Schritte hinter sich hört.
Oder wenn ein ausgewachsener Riese neben dir am Tresen sein Bierglas zertrĂĽmmert und wissen will, warum du ihn beleidigt hast. Richtige Angst. Ich hatte sie in diesem Augenblick.
Bellatrix griff sich einen silbernen Dolch, und schnitt mich von den Anderen los, los von Harry, los von Ron.
Sie wĂĽrden mich gleich mit der Saat des Teufels zurĂĽcklassen. Allein.
Während Greyback die anderen Gefangenen nach unten in den Keller brachte, kam Bellatrix langsam auf mich zu, ein gefährliches Funkeln aus ihren Augen ließ meine Adern erfrieren.
„Bring sie zu mir Draco, an den Haaren, ich will mich ergötzen“, hauchte sie.
Draco wich erschrocken einen Schritt zurĂĽck.
Seine Tante starrte ihn abfällig mit ihren wahnsinnigen Glupschaugen an.
„Dann mach ich es eben selbst“, kreischte sie, packte meine Haare, schleifte mich einige Meter über den Boden, und drehte mich am Schopf im Kreis.
Meine Kopfhaut brannte wie Feuer, es waren höllische Schmerzen, so als wäre meine Kopfhaut abgerissen, Ein Büschel meiner Haare glänzten in Bellatrix Finger, als sie höhnend lachend losließ, und ich ein paar Meter weit über den glatten Boden schlitterte.
Ich musste geschrien haben, wie ein gerade abgeschlachtetes Schwein. Mein Kopf brannte wie Feuer.
„Halt dein hässliches Maul, Schlammblut“, keifte Bellatrix.
Kämpfe um dein Leben!
Schwere dunkle Tränen rannen aus meinen Augen
Ich war ein schwer atmender Schmetterling.
Ein Schmetterling, der jeden Augenblick zerquetscht werden wĂĽrde.
Er hat sich einen schlechten Tag zum Leben ausgesucht.
Bewahre mir diesen einen Atemzug.
Eine Einsame, Verlassene die auf den Klang ihres letzten Atemzugs wartet.
Renn weg, flieg davon, lauf um dein Leben.
Verzweifelt sah ich mich um, und die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz:
Es gab kein Entkommen!
Bellatrix mit tiefen, funkelnden, schwarzen Augen vor mir, und Fenrir Greyback mit lustvollen Blicken und fletschenden Zähnen neben mir.
Nein, es konnte doch jetzt nicht zu Ende sein?!
Wir waren noch nicht soweit.
Allein, einsam, getrennt von meinem BeschĂĽtzer, den eigentlich ich beschĂĽtzen sollte.
Das Ende schien nahe.
Ich bin doch noch so jung!
Und ich fühlte mich plötzlich wie ein Schmetterling, der auch nur wenige Tage leben darf.
Schmetterlinge, so schön, so bunt, so geheimnisvoll.
Schmetterlinge, die Eintageswunder der Natur, meist haben sie nur Luft, Atem fĂĽr einen Tag.
Und doch spĂĽre ich sie immer wieder, wenn sie in meinem Bauch umherflattern, ein kribbelndes GefĂĽhl hinterlassen, immer dann wenn ich dem Einen gegenĂĽberstehe.
Ach wenn ich doch nur noch einmal atmen könnte.
Nein, ich kann noch nicht sterben, mein Leben, meine Liebe hat sich noch nicht erfĂĽllt.
Nein, es kann nicht sein!
Hörst du den Wind?
Er bringt sie dir.
Er bringt dir die Luft, die du zum Atmen brauchst, die Kraft zum kämpfen, den Willen zum Überleben, bringt dir den Einen, der dich retten wird.
Nein, ich bin zu jung zum sterben.
Er wird kommen, er wird mir helfen.
Er wird es nicht ertragen, mich im Todeskampf zu wähnen.
Ich muss Zeit gewinnen.
„Halt dein dummes Maul, Schlammblut“, keifte Bellatrix ein weiteres Mal.
Ich schrie um Zeit zu gewinnen immer weiter.
Es muss qualvoll in den Ohren meiner Freunde geklungen haben.
Völlig erniedrigt kniete ich vor der Todesserin auf dem Boden.
Ich jammerte, ich flehte, ich schrie mir die Seele aus dem Leib.
Das Ende so nah.
„Wo habt ihr das Schwert her?“ fragte sie gefährlich säuselnd.
Ich starrte sie mit schmerzverzerrtem Gesicht an.
Das ist es also!
Sie denkt es wäre das Schwert aus ihrem Verlies!
„Wo habt ihr das Schwert her?“, wiederholte sie etwas lauter, wütender. „Wart ihr in meinem Verlies?“
Sie foltert mich. weil sie selbst Angst hat!
Ich zitterte, und sah schon den Todesfluch auf mich zu kommen, wenn nicht etwas außergewöhnliches mich noch retten würde.
Doch wäre der Tod nicht angenehmer, als die Qual der Folter?
Der Tod tut nicht weh!
„CRUCIO!“ schrie Bellatrix.
Ich krĂĽmmte mich vor Schmerzen auf dem Boden, erneut schrie ich auf.
Genüsslich bewegte Bellatrix ihren Zauberstab hin und her, und ich war ihr hörig.
„CRUCIO!“.
Bellatrix erneuerte ihren unverzeihlichen Fluch.
„Wart ihr in meinem Verlies? Habt ihr noch etwas gestohlen?“
„Wir haben nichts…“
„Lüg nicht!“
„Wir waren nicht…“
„CRUCIO!“.
Bellatrix war auĂźer sich vor Wut, und sie offenbarte immer noch Angst.
Er wird kommen, er wird mir helfen.
Er wird es nicht ertragen, mich im Todeskampf zu wähnen.
Es waren höllische Schmerzen, ich konnte mich kaum noch rühren, mit aller Kraft versuchte ich mich dagegen zu wehren, doch mein Wille, meine Kraft schwand.
Lange hätte ich das nicht mehr durchgestanden.
„Es ist nicht das echte Schwert, es ist eine Kopie!“ schrie ich von einer plötzlichen Idee getrieben.
Bellatrix, ließ von mir ab, sah mich argwöhnisch an und schickte Draco in den Keller, damit er den Kobold Griphook zur Bestätigung meiner Aussage holen würde.
Griphook bestätigte überraschender Weise meine Aussage, und Bellatrixs Gesicht verzog sich zu einem hämischen Lachen, alle Anspannung schien von ihr abzufallen.
Kurz danach erklang ein seltsames Geräusch aus dem Keller, und Bellatrix schickte Wurmschwanz zum nachschauen.
Wurmschwanz, klein und feige. Er hatte unbeachtet den Raum betreten, und sich in der hintersten Ecke versteckt gehalten, und jetzt würde er gleich Harry gegenüberstehen, und Harry wird sich nicht beherrschen können.
„Dann können wir jetzt den Dunklen Lord rufen, und du wirst mein ersts Opfer, nachdem Greyback ein Stück von dir abbekommen hat.“
GenĂĽsslich drĂĽckte sie ihren Zeigefinger auf das dunkle Mal, das sofort anschwoll, und zu pulsieren begann.
Nachdem sie den Augenblick genossen hatte, blitzten ihre Augen mit einer ungeheuerlichen Intensität, einem grässlichen Grinsen auf den Lippen, richtete sie ihre Aufmerksamkeit zurück auf mich.
Sie begann erneut mit ihrem Zauberstab in der Luft zu kreisen.
„CRU…“.
Weiter kam sie nicht, wie Berserker stĂĽrmten Harry und Ron herein.
Ron entwaffnete Bellatrix, deren Zauberstab Harry auffing, und reaktionsschnell damit Lucius schockte.
Doch alles schien umsonst.
Mit einem donnernden Lachen hatte Bellatrix einen Dolch gegen meinen Hals gepresst. Ich spĂĽrte die scharfe Klinge in meiner Haut und wie einzelne Tropfen Blut unter dem Druck flossen.
Über uns raschelte es an der Decke, entsetzt starrten alle nach oben, der riesige Kronleuchter hatte sich von der Decke gelöst, und kam wie in Zeitlupe immer näher auf uns zu.
Narzissa hatte ihren Zauberstab erhoben und erstarrte bei dem Anblick, der sich ihr bot.
Mitten in der TĂĽr stand ihr ehemaliger Hauself, Dobby.
Bellatrix löste die Klinge vom meinem Hals und sprang entsetzt zur Seite.
Gedankenschnell warf ich mich flach auf den Boden und presste mein Gesicht schĂĽtzend in Saum meiner Jacke.
Es krachte und schepperte, Glassplitter stoben in alle Richtungen wie Wurfgeschosse davon,, Dracos regloses Gesicht, war binnen kürzester Zeit blutüberströmt, die Glassplitter rasten mit rasanter Geschwindigkeit auf sein Gesicht zu. Er hatte nicht einmal die Chance schützend die Hände zu erheben.
Harry riss ihm gedankenschnell seinen Zauberstab aus der Hand und hatte noch zwei weitere gegriffen.
„Stupor!“ schrie er, und aus drei Zauberstäben schossen Lichtstrahlen hervor.
Mit voller Wucht wurde Greyback von den Beinen gerissen und hoch gegen die Decke geschleudert.
„Greif Hermine“, schrie Harry, und meinte damit Ron, der tat wie befohlen und vor meinen Augen wurde es schwarz.
Als ich meine Augen wieder öffnete sog ich salzige feuchte Luft ein.
Erschrocken riss ich meine Augen auf, sofort war die Erinnerung zurück. „Wo bin ich?“ stöhnte ich.
„Gaanz ruhig, alles is’ gut!“ Überrascht blickte ich in das lächelnde Gesicht von Fleur.
„Du bist in Shells Cottage bei Bill und Fleur“, erklärte Ron, der unmittelbar neben Fleur stand, und mich gequält anlächelte.
„Du `ast nur kleiner Verletzun’gen. Ron ´at mir Murtlap aus deiner Tasche gegeben.“
Erst jetzt spĂĽrte ich die leicht klaffende Wunde an meinem Hals, die Stelle an der sich Bellatrix Messer befand. Auch in meinem Gesicht spĂĽrte ich viele kleine Stich- und Schnittverletzungen.
„Fleur hat dir ein paar Glassplitter aus dem Gesicht entfernt, aber das wird schon wieder, und du bist noch etwas geschwächt von dem Cruciatus.“
„Harry?“ fragte ich, weil ich ihn nirgends sehen konnte, und richtete mich ruckartig auf, dabei entdeckte ich auf einem Stuhl sitzend Dean Thomas. „Dobby?“
„Ist das der Elf?“ fragte eine weitere Stimme, die aus einer dunklen Ecke langsam näher kam.
„Luna? Aber wie?“
„Harry ist draußen und beerdigt den Elf“, sprach Luna weiter.
„Dobby? Dobby beerdigen? Tod? Wo kam er eigentlich so plötzlich her?“
„Ganz ruhig, Hermine!“ sagte Ron und tätschelte meinen Arm.
„Als wir im Keller waren, fanden wir Luna und Mr. Ollivander, die man dort gefangen hielt. Luna hat unsere Fesseln entfernt, und dann apparierte plötzlich Dobby, ich weiß nicht wo er herkam, oder woher er es wusste. Luna, Dean und Ollivander brachte er direkt hierher, und dann kam er nochmals zurück.“
„Der Elf hat uns das Leben gerettet“, murmelte Luna verträumt.
„Bleib liegen, ruhe dich aus“, wiederholte Ron, nachdem ich mich auf den Rand des Sofas hoch gerafft hatte.
„Ich will zu Harry“, sagte ich entschlossen.
„Sieh dir wenigstens was `über“, sagte Fleur und hielt mir einen weißen Morgenmantel entgegen.
Erst jetzt bemerkte ich, dass mein Umhang und meine Bluse völlig zerrissen waren.
Ron griff mir unter die Arme und half mir hoch, er war sichtlich um mich bemĂĽht.
In den nächsten Tagen war es immer deutlicher zu spüren, er wich mir nicht mehr von der Seite, scheinbar hatte unser Gespräch einen tiefen Eindruck hinterlassen, und er schien absolut gewillt zu sein, alles zu unternehmen um Harry und mich nicht mehr alleine zu lassen.
Sozusagen, dass wir gar nicht erst auf dumme Gedanken kämen.
Die Anderen waren bereits nach draußen gegangen, und Dean trug den verletzten Griphook ins Haus, eilig verfolgt von Fleur, die wild mit ihren Händen fuchtelte.
Bereits nach dem ersten Schritt aus dem Bett musste ich kräftig durchatmen, vor meinen Augen begann sich alles zu drehen, scheinbar verlangte ich doch zu viel von meinem Körper.
„Raus Ronald“, hörte ich Fleur schreien, dann verlor ich erneut den Boden unter meinen Füßen.
Völlige Dunkelheit umgab mich.
„Isch `abe dich ausgesogen, gaanz ru’ig“, sagte Fleur, als ich wieder zu mir kam, und kühlte meine Stirn.
Ich lag auf der Couch in der KĂĽche, durch das KĂĽchenfenster bemerkte ich wie die Dunkelheit sich drauĂźen ein wenig lichtete.
„Wo ist Har ... sind die anderen?“ fragte ich erstaunt.
„Du bist ohnmächtig gewesen, eine Stund“, erklärte mir Fleur, und zeigte nach draußen. „`Arry buddelt ein Loch mit sein `Änden.“
„Ein Grab für Dobby?“
Erneut setzte ich mich auf und ging auf wackeligen Beinen nach drauĂźen.
Schon von weitem konnte ich sie alle sehen, trotz der langsam einsetzenden Dunkelheit.
Sie bildeten einen Halbkreis um ein kleines Grab, indem Harry sich mit einem Spaten alleine abschuftete, ein gleichmäßiger, steter Rhythmus, indem er den Spaten immer wieder in die Erde stieß.
Gebannt und ohne Anteilnahme starrten ihm Ron, Dean und Luna zu.
Harry grub, wie ein Besessener immer weiter, seine Atemzüge und das Brausen des Meeres waren die einzigen Zeugen, die man hören konnte.
Als ich näher kam hatte ich das Gefühl, er würde niemanden registrieren.
Schritt für Schritt näherte mich der kleinen schweigsamen Gruppe, bei jedem Schritt das Gefühl, mir würden erneut die Beine wegsacken. Bill und Fleur schlossen zu mir auf, Bill in einem Reiseumhang und Fleur hatte eine große weiße Schürze um, aus der ein Flasche mit Skele - Wachs herauslugte.
Harrys Stirn pulsierte, an seinem Gesicht konnte ich erkennen, was er tat:
Nachdenken, trauern und gleichzeitig Voldemort im Geiste verfolgen.
Was er wohl sieht?
Hoffentlich verschließt er seinen Geist, und lässt nicht zu, dass er uns hier findet.
Wir müssen erst neue Kräfte tanken.
„Wie geht es Hermine?“ fragte er unter einem weiteren Hieb mit den Spaten ohne dabei aufzusehen.
„Besser“, antwortete Ron. „Fleur kümmert sich um sie.“
Ich war stehen geblieben, und Bill und Fleur mit mir.
Wir sahen uns das Geschehen aus sicherer Entfernung an. – Nein, ich durfte Harry jetzt nicht ablenken.
Es fordert der Respekt vor Dobby.
Ich erkannte seine Tat an, aus Respekt vor Dobby, ein Grab ohne Magie zu errichten, ist das Mindeste war er für ihn tun konnte. Dobby hatte uns alle gerettet, und war immer, selbst als er noch in Diensten der Malfoys stand, ein fairer Elf gegenüber Harry, der ihm die Freiheit schenkte, und dafür für immer und ewig einen treuen Gefährten gefunden hatte.
Dobby ist fĂĽr uns gestorben, doch er konnte Harry Potter, seinen Herrn retten, und er konnte mich retten.
Es war das Mindeste was Harry für ihn tun konnte, aber da war auch noch mehr, das war nicht alles, was in Harrys Kopf vor sich ging, während er immer weiter den Spaten in die Erde stieß.
Der stete Rhythmus seiner Arme schien ein Takt in seinem Hirn vorzugeben.
Erst als Harry den Spaten zur Seite warf, und den Elfen in seine Jacke einwickelte, ging ich näher heran.
Ron hatte sich auf den Rand des Grabes gesetzt, schlĂĽpfte aus seinen Schuhen und Socken und zog sie dem Elfen ĂĽber die FĂĽĂźe, Dean holte eine WollmĂĽtze hervor, mit der er Dobbys Fledermausohren einhĂĽllte.
„Wir sollten seine Augen schließen“, flüsterte ich.
Harry sah mich einen Moment an, nickte mir aufmunternd zu, Tränen standen in seinen Augen.
Sofort war Ron an meiner Seite und legte seinen Arm um mich. Luna ging in die Hocke, und schob mit ihren Fingern behutsam Dobbys Augenlider nach unten.
„So“, sagte sie leise. „Nun sieht es aus als würde er schlafen.“
Harry kniete sich vor den kleinen Elfen hin, hob ihn hoch, und legte ihn in das Grab, dabei ordnete er seine winzigen GliedmaĂźen so an, dass es aussah, als wĂĽrde er wirklich schlafen, als wĂĽrde sich Dobby nur ausruhen.
Ein letztes Mal blickten wir alle auf den schlafenden, kleinen Körper.
Harry schwankte, und nicht nur er, auch ich musste mich zwingen aufrecht zu bleiben.
Ich hatte das Gefühl, dass Dobby ein genauso aufwändiges Begräbnis verdient hätte, wie Dumbledore, und doch lag er hier zwischen Büschen in einem auf die Schnelle ausgehobenen Loch.
„Ich glaube, wir sollten etwas sagen“, meldete sich Luna. „Soll ich anfangen?“
Alle Augen richteten sich auf sie, und so wandte sie sich dem toten Elfen unten im Grab zu.
„Ich danke dir sehr, Dobby, dass du mich aus diesem Keller gerettet hast. Es ist so ungerecht, dass du sterben musstest, wo du doch so gut und mutig warst. Ich werde nie vergessen, was du für uns getan hast. Ich hoffe, du bist jetzt glücklich.“
Luna drehte sich um und sah erwartungsvoll Ron an, der sich räusperte, den Arm von mir nahm, und mit belegter Stimme sagte: „Jaah ... ähm ... danke, Dobby.“
„Danke“, murmelte Dean.
Harry schluckte.
„Mach’s gut Dobby.“ Mehr brachte er nicht hervor, das letzte Wort zitterte schon sehr gewaltig.
Sehr zum Missfallen von Ron legte ich meine Hand an Harrys Schulter, und er drückte traurig seine Wange dagegen. Tränen rannen über meine Finger.
Bill hob seinen Zauberstab, und die Erde neben dem Grab stieg in die Luft, fiel über Dobby nieder, und bildete einen kleinen rötlichen Hügel.
„Habt ihr was dagegen, wenn ich einen Moment hierbleibe?“ fragte Harry.
Allein!
Mit schleppenden Schritten gingen wir zurĂĽck zum Haus, und lieĂźen ihn mit Dobby alleine.
An der TĂĽr drehte ich mich noch einmal um, und blickte zurĂĽck.
Er war zu einem Blumenbeet gegangen, hob einen recht groĂźen Stein auf und legte ihn wie ein Kissen, oder ein Grabstein ĂĽber die Stelle, wo Dobby jetzt ruhte.
Dann sah ich, wie er in seine Tasche griff, zwei Zauberstäbe hervorzog, sie kurzzeitig inspizierte, und einen zurück in seine Tasche steckte.
„Kommst du?“ drängelte Ron.
Mit einem mahnenden Nicken folgte ich in das kleine, urige Wohnzimmer, wo Bill sich gerade von Dean seinen Leidensweg erklären ließ.
Die Nacht war weit fortgeschritten, als Bill übernahm und die Geschehnisse der letzten Wochen anstimmte. „Ein Glück“, erklärte Bill mit Blick zur Tür, wo sich still und heimlich Harry zu uns gesellt hatte, „dass Ginny in den Ferien ist. Wenn sie in Hogwarts gewesen wäre, dann hätten die sie womöglich entführt, bevor wir bei ihr gewesen wären. Jetzt wissen wir, dass auch sie in Sicherheit ist.“
Harrys Gesicht, seine Kleidung und seine Hände waren immer noch mit Erde und Dobbys Blut verschmiert.
„Ich habe sie alle aus dem Fuchsbau geholt“, erklärte Bill weiter. „Und sie zu Muriel gebracht. Die Todesser wissen jetzt, dass Ron bei dir ist, sie werden sicher die Familie ins Visier nehmen…“
Harry zuckte merklich zusammen.
„Das braucht dir nicht leidzutun“, reagierte Bill unmittelbar. „Es war immer eine Frage der Zeit, das sagt Dad schon seit Monaten. Wir sind die größte Blutsverräterfamilie, die es gibt.“
„Wie werden sie geschützt?“ fragte Harry.
„Fidelius – Zauber. Dad ist der Geheimniswahrer. Und bei diesem Haus hier haben wir das auch gemacht, hier bin ich der Geheimniswahrer. Keiner von uns kann zur Arbeit gehen, aber das ist wohl jetzt nicht so wichtig. Sobald Ollivander und Griphook sich einigermaßen erholt haben, bringen wir auch sie zu Muriel. Hier ist nicht viel Platz, aber bei ihr jede Menge. Griphooks Beine verheilen schon, Fleur hat ihm Skele – Wachs gegeben. Wir können sie vermutlich in einer Stunde wegbringen oder…“
„Nein“, sagte Harry entscheiden und alle, außer mir schauten verblüfft auf. „Ich brauche sie beide hier. Ich muss mit ihnen reden. Es ist wichtig.“
Immer noch waren ihm alle Gesichter zugewandt und blickten verwirrt.
Wie gerne hätte ich ein paar Minuten mit ihm alleine geredet.
„Ich gehe mich waschen“, sagte Harry nachdenklich. „Dann muss ich sie sehen, und zwar sofort.“
Er ging in die kleine KĂĽche, an das SpĂĽlbecken und begann sich zu waschen. Ich konnte sehen, wie er in Gedanken woanders war, sein Kopf blieb gerade und starrte durch das Fenster, von dem aus das Meer zu sehen war. Am Horizont brach bereits der Morgen an.
Ohne auf seine Hände zu achten, drehte Harry das Wasser ab, nahm ein Handtuch und fuhr sich damit über die nassen Stellen, sein Blick immer noch unverändert gerade aus gerichtet.
Wie gerne hätte ich mit ihm alleine geredet, ihn getröstet, seine Gedanken erfahren.
Ohne nachzudenken stand ich auf, und wollte unwillkürlich zu ihm hinlaufen, ganz so, als würde ich träumen es zu tun, aber es war Real, und es war Real, dass mich Ron erneut am Ärmel zurückhalten wollte. Doch dieses Mal ließ ich mich nicht aufhalten.
„Einen kurzen Moment, Ron, Bitte!“
Ich ging auf Harry zu, der immer noch aus dem Fenster starrte, und mit dem Handtuch seine bereits trockenen Hände abrieb.
„Was ist mit dir Harry?“ fragte ich behutsam und griff mit meiner Hand nach seine Schulter, er zuckte nicht erschrocken zusammen, wie ich zunächst vermutet hatte, stattdessen legte er erneut seine Wange auf meine Hand.
„Hast du wieder was gesehen?“ äußerste ich meine naheliegende Vermutung.
Harry richtete seinen Kopf wieder gerade.
„Gleich … Du wirst es gleich erfahren, wenn ich mit dem Kobold und Ollivander rede.“
„Wann lernst du endlich deinen Geist…“, mahnte ich.
„Lass es“, unterbrach er. „Ich weiß jetzt wie es geht, und ich habe meinen Geist verschlossen. Es geht über Gefühle. Ich habe gelernt ihn zu beherrschen, gelernt, meinen Geist gegen ihn zu verschließen. Bereits als ich über Sirius trauerte konnte er nicht an mich heran, so auch jetzt bei Dobby. Er konnte nicht an mich heran, und obwohl Dumbledore bei Sirius sicher gesagt hätte, dass es die Liebe wäre, so war es bei Dobby Trauer, und keine Liebe, nicht so, wie bei Sirius.“
„Du glaubst du – weißt – schon – wer kann mit Gefühlen jeglicher Art nichts anfangen?“
Harry nickt schwach.
„Wo kam eigentlich Dobby her? Woher wusste er…?“
Harry schüttelte leicht seinen Kopf und zuckte mit der Schulter. „Ich habe Hogwarts um Hilfe gebeten in dem Keller, suchte verzweifelt nach etwas Brauchbarem, für einen kurzen Augenblick, dachte ich Dumbledores Augen in der Spiegelscherbe, dem letzten Rest von Sirius Zwei – Wege – Spiegel, zu erkennen. Nur einen kurzen Moment, aber es war wohl nur Einbildung, kurze Zeit später war plötzlich Dobby da, und ihn kann ich nicht mehr fragen…“
Wieder neigte er seine Wange auf meine Hand, und ließ die Tränen laufen.
Ich löste meine Hand von seiner Schulter, griff hinter seinen Hals und zwang ihn dadurch mich anzusehen. Indem ich meinen zweiten Arm hinter seinen Kopf legte, umarmte ich ihn und ließ ihn in der Umarmung schluchzen, ohne die stechenden Blicke Rons zu beachten, der zu uns heran gelaufen kam.
„Ich wollte ein bisschen, ein klein wenig Respekt für Dobby. Er hat uns gerettet und hätte eigentlich eine ähnliche aufwändige Beerdigung, wie Dumbledore verdient. Ein Grab von Hand auszuheben, war das mindeste, was ich tun konnte.“
Rons Blick schien beruhigt, als er die Worte vernehmen konnte, er hatte sich wieder abgedreht und war zurĂĽck ins Wohnzimmer gelaufen.
Irgendwann in den nächsten Stunden lief ich alleine nach draußen, hinüber zu Dobbys Grab und fand auf dem kleinen Erdhügel einen großen, runden Stein vor, scheinbar hatte Harry das Grab gekennzeichnet.
Mit Magie zauberte er eine Inschrift auf diesen Stein:
Hier liegt Dobby, ein freier Elf.
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