von rodriquez
Einen nackten Harry Potter neben sich in einem Bett liegen zu haben, sollte eigentlich meine neu beflĂĽgelten Fantasien anregen, doch leider war der Anlass nicht dazu geeignet, auch nur einen einzigen Gedanken in erotische Richtungen zu lenken.
Wie selbstverständig, kümmerte ich mich um meinen Freund, kühlte seine Stirn, wechselte seine Kleidung und rieb mehrfach mit trockenen Handtüchern über seinen schweißgebadeten Körper.
Fasziniert beobachtete ich das Spiel seiner Muskeln, wenn ich mit einem Tuch darĂĽber rieb.
Ich hatte absolut keine Ahnung was mit ihm geschehen war, war es ein Fluch oder eine Vergiftung?
Ich konnte mehrere Bisswunden erkennen, durch die man auf eine Vergiftung durch einen Biss der Riesenschlange hätte schließen können, aber ich wusste noch nicht einmal, ob Nagini überhaupt Giftzähne hatte, somit wusste ich nicht wie ich Harry helfen könnte, welche Arznei ich ihm verabreichen müsste.
Ich konnte nur warten und hoffen.
Zum ersten Mal in meinem Leben lag eine Junge, auch noch ein Junge der mich interessierte, und der auch noch meine heimliche Liebe war, splitterfasernackt vor mir, wäre nur der Anlass nicht so grausam gewesen.
Ohne Skrupel, ohne auch nur einen erotischen Gedanken zu verschwenden steifte ich seine komplette Kleidung von seinem Körper, zog ihm eine neue, frische, trockene Unterhose über seine Männlichkeit, es war eine Selbstverständlichkeit, ich tat es so, als würde ich mich um meinen Ehemann kümmern.
Der dünne Fetzen Stoff an seiner Lende war schneller durchweicht, als ich sie übergezogen hatte, so entfernte sich sie ein weiteres Mal, unter Blicken, die nur seine schweißgetränkte, feuchte Haut beobachteten. Zur Bedeckung seiner Scham bedeckte ich seinen Körper zunächst mit T-Shirt, dann mit Tüchern und später nur noch mit dem Bettlaken.
Die ganze Nacht wachte ich an seinem Krankenbett.
Harry war schwer krank, hatte hohes Fieber, und sein Geist war in einer anderen Welt, während sein Körper hier bei mir war.
Das Medaillon an seinem Hals glänzte auf der durchnässten Haut, ich griff danach, um ihn davon zu befreien, doch es löste sich nicht von seinem Körper, es war wie mit seinem Körper verschmolzen. In meiner Not ließ ich mir einen Abtrennzauber einfallen, mit dem es mir schließlich gelang das Medaillon abzutrennen.
Wie mit einem Skalpell formgetreu herausgeschnitten, bildete sich an der gelösten Stelle auf seiner Brust ein tiefes rotes Loch, in der Form des Medaillons.
Mit Diptam konnte ich zumindest die Wunde verschließen. Harry hatte von alldem nichts mitbekommen. Im Normalzustand wären es sicher Höllenqualen gewesen.
Das Medaillon feuerte ich wĂĽtend in meinen Sessel.
Regelmäßig kühlte ich seine Stirn, las nebenbei in Kimmkorns Buch, und gab nach einer neuerlich durchweichten Decke auf, ihn zuzudecken, fortan harrte ich der Dinge, wobei ich den feuchten Glanz seiner Haut im Auge behielt.
Zwischendurch stöhnte er, schrie und schlug immer wieder zuckend um sich, oder er weinte wie ein kleines Kind, dann legte ich beruhigend meine Hand auf seine heiße, schweißnasse Stirn, oder legte mich neben ihn auf das Bett und wiegte ihn einfach in meinen Armen.
Voller Sorge kĂĽmmerte ich mich um ihn, so wie es mir aufgetragen wurde.
Ich hätte nur niemals geglaubt, dass es so intensiv werden könnte.
Es waren die Momente, in denen ich mit Tränen in den Augen flehte und betete.
Die Hitze die sein Körper ausstrahlte war unermesslich, selbst wenn ich direkt auf einem Stuhl neben seinem Bett saß, konnte ich sie spüren. Nachdem keine Besserung eintrat, wusste ich mir nicht anders zu helfen, als mich neben ihn zu legen, und eine Decke über uns zu werfen, vielleicht könnte ich das Fieber senken, wenn ich ihn ganz fest in meinen Armen halten würde, doch selbst meine Kleidung durchnässte unter der Hitze.
Keine Frage wasr es für mich, was ich weiter zu tun hätte, ohne auch nur eine Sekunde Scham zu verspüren, entkleidete ich mich vollständig, und wenn ich sage vollständig, dann meine ich auch vollständig, ich zog mich also aus und drückte meinen nackten Oberkörper gegen den Seinigen, binnen weniger Minuten waren beide Körper völlig von Schweiß überzogen.
Trotzdem suchte ich alle Decken zusammen und warf sie ĂĽber uns.
Dick eingewickelt in Decken lag ich neben ihm, meine Arme ganz fest um ihn geschlungen, und es waren die Momente, in denen er sich beruhigte.
Mein Herz schlug wie wild, die Angst ihn zu verlieren war groß, zumal ich keine Ahnung hatte, was dieses hohe Fieber ausgelöst hatte, ich versuchte einzuschlafen, aber ein Auge lag immer wachsam auf seinem Gesicht.
Ich war der Verzweiflung nahe.
Stunden vergingen, ohne Veränderung, gelegentlich regte er sich unter einem Krächzen, dann fasste er nach, als wolle er den Kontakt nicht verlieren. Immer wieder rutschten meine, oder seine Hand von unseren glitschigen Körpern. Erst Stunden später, in den frühen Morgenstunden wachte er mit einem lauten Seufzer und einem mehrfach gestöhnten, grauenvollen „Nein“, auf.
„Harry schon gut, nichts passiert“, versuchte ich ihn mit sanfter Stimme zu beruhigen, und tupfte erneut ein nasses kaltes Tuch über seine Stirn, sein Körper glühte bei Weitem nicht mehr so, wie noch Stunden zuvor.
Ich schloss meine Augen, atmete tief durch, und murmelte „Danke!“
„Nein … ich habe es fallen lassen … ich habe es fallen lassen…“
„Harry, schon gut, wach auf, wach auf!“ flehte ich verzweifelt.
Er schlug die Augen auf.
„Harry!“ flüsterte ich erleichtert. „Geht es dir – gut?“
„Ja!“
Aber ich wusste, dass es gelogen war.
„Wir sind entkommen.“
„Ja“, nickte ich ihm zu. „Ich musste einen Schwebezauber einsetzen, um dich ins Bett zu kriegen, ich konnte dich nicht hochheben. Du warst krank … ziemlich krank.“
„Wann sind wir von dort weg?“
„Vor Stunden. Es ist fast Morgen. Du hast geschrien und gestöhnt und … alles Mögliche“.
Ich bemerkte, dass ihm die Gedanken an Schreien, Stöhnen und noch dazu sein nackter Körper sichtlich peinlich waren, und dachte daran, wie es für ihn gewesen sein musste, als er mich verzweifelt und ohne Hemmungen vor meinem Körper wiederbelebt hatte.
„Ich habe den Horkrux nicht von dir runterbekommen“, wechselte ich das Thema, um ihm die Peinlichkeit zu ersparen. „Er klebte fest an deiner Brust. Jetzt hast du einen roten Fleck da, tut mir Leid, ich musste einen Abtrennzauber nehmen, um den Horkrux wegzukriegen. Außerdem hat dich die Schlange gebissen, aber ich hab die Wunde gereinigt und etwas Diptam draufgetan …“
Harry hatte sich aufgerichtet und schaute sich nachdenklich um, mit einem Handtuch rieb ich seinen nassen RĂĽcken ab.
„Wir hätten nicht noch Godrics Hollow gehen sollen. Es ist meine Schuld, alles meine Schuld, Hermine, es tut mir leid“, sagte er spontan ohne mich anzusehen.
„Nein, Harry, es ist nicht deine Schuld, ich wollte auch dahin, ich dachte wirklich, Dumbledore hätte das Schwert vielleicht dort für dich zurückgelassen“, noch immer massierte ich gleichmäßig mit dem Handtuch über seine Rücken, traurig starrte ich ins Leere.
Harry hatte sich zu mir umgedreht. „Du bist okay?“, fragte er.
„Ja. Du warst nur zu beruhigen, wenn ich direkt neben dir lag, deswegen...“, versuchte ich zu erklären, doch unterbrach mit einem leichten Schmunzeln, „...deswegen bist du auch nackt.“
Erfolglos versuchte ich mein Schmunzeln zu unterdrücken, „du hattest hohes Fieber, unser Beider Klamotten waren sofort durchnässt, und ich war es leid, andauernd etwas anderes anzuziehen“, es war mir nicht einmal mehr unbehaglich über unsere Nacktheit zu sprechen, außerdem war ich doch eigentlich dick eingepackt, nichts dass seine hübschen Augen hätten entzücken können.
„Was ist passiert, Harry? Was ist passiert, als sie dich mit nach oben nahm? Hatte sich die Schlange irgendwo versteckt? Ist sie einfach aufgetaucht und hat Batilda umgebracht und dich angegriffen?“
„Nein“, sagte er. „Sie war die Schlange … oder die Schlange war sie … die ganze Zeit.“
„W-was?“
Harry schloss die Augen, und lieĂź sich zurĂĽck ins Kissen fallen.
„Die Schlange war in ihr?“, stammelte ich mit einem aufkommenden Ekelgefühl.
Er blickte auf die Bissspuren an seinem Körper hinab. „Sie wollte mich nicht töten, sollte mich nur dort aufhalten, bis du – weißt – schon – wer da war.“
Es setzte sich erneut auf und warf die Decken zurĂĽck.
„Harry, nein, du musst dich unbedingt ausruhen!“ panisch richtete ich mich auf, und griff nach seinem Arm, dabei entblößte ich meinen Körper.
Behutsam drĂĽckte er mich zurĂĽck ins Kissen und deckte mich zu.
„Wenn hier jemand Schlaf braucht, dann du. Nichts für ungut, aber du siehst furchtbar aus. Mir geht es gut. Ich halte eine Zeit lang Wache. Wo ist mein Zauberstab?“
Ich konnte ihm nicht antworten, sah ihn nur an.
Er wird wĂĽtend auf mich sein!
„Wo ist mein Zauberstab, Hermine?“
Tja, wo war sein Zauberstab?
Ich musste ihm schonend beibringen, dass er bei der Explosion, während unserer Flucht entzweigerissen wurde.
Verzweifelt und wĂĽtend scheiterten all meine Versuche ihn zu reparieren. Ich griff unter das Kopfkissen und hielt ihm die zwei Teile seines Zauberstabes entgegen.
Harry starrte ihn an, fassungslos, unfähig zu begreifen, was er da sah:
Sein Zauberstab, mit dem er soviel überstanden hatte, unreparierbar beschädigt, durch meine Schuld!
Ich rappelte mich auf, zog mir etwas über, und trat ihm ängstlich gegenüber.
„Harry“, flüsterte ich ganz leise, „Es tut mir leid, so leid. Ich glaube, das war ich. Als wir geflohen sind, weißt du, ging die Schlange auf uns los, und da hab ich den Sprengfluch abgefeuert, und der ist überall abgeprallt, und er muss – muss ihn getroffen…“
„Es war ein Unfall“, winkte Harry mechanisch ab.
Wieder eine groĂźe, freundliche Geste, aber ich fĂĽhlte mich schuldig, und ich sah ihm an, dass er sich leer fĂĽhlte, und ich wusste, dass er alleine sein wollte.
„Wir – wir kriegen schon raus, wie man ihn richten kann“, versuchte er sich selbst Mut einzureden.
Tränen rannen über mein Gesicht. „Harry, ich glaube nicht, dass wir das können.“
Ohne Zauberstab gegen Voldemort, welche Chancen hätte er jetzt noch?
„Weißt du noch, wie es bei Ron war?“
Es war das erste Mal, dass ich Rons Namen, seit seiner Flucht benutzte, „als sein Zauberstab zu Bruch ging, beim Absturz des Autos? Der war nie mehr, wie er vorher mal war, er musste sich einen neuen besorgen.“
Warum musste ich jetzt Ron erwähnen?
Ich hätte mich Ohrfeigen können.
„Wir sollten die Wache nicht vernachlässigen“, sagte Harry nach einer nervenaufreibenden, langen Pause. „Könnte ich mir deinen Stab ausleihen, damit ich draußen etwas üben kann?“
Ohne zu ĂĽberlegen ĂĽberlieĂź ich ihm meinen Stab, er nahm ihn entgegen ohne mich anzusehen, und lief damit nach drauĂźen. Er wollte weg, alleine sein, und er wollte weg von mir.
Ich sah es an seinen Augen, als er meinen Zauberstab entgegen nahm, obwohl er mir nicht in die Augen schauen konnte.
Durch den Misserfolg in Godrics Hollow und vor allem durch den Verlust seines Zauberstabs fühlte sich Harry entmutigt und geschwächt, weil er jetzt ohne Plan und auch noch ohne seine besondere Waffe gegen Voldemort dastand.
Und alles war meine Schuld!
Durch meinen unbedachten Zauber wurde sein Zauberstab zerstört.
Ich konnte nicht so einfach schlafen, trotz meiner MĂĽdigkeit, wie Harry richtig erkannt hatte, nicht mit diesen SchuldgefĂĽhlen, so brĂĽhte ich zwei Tassen Tee auf und ging damit nach drauĂźen.
„Harry?“ sprach ich ihn vorsichtig an, und reichte ihm eine Tasse entgegen.
Wie ich erwartet hatte, saĂź er nachdenklich vor dem Zelteingang und drehte seinen zerbrochenen Zauberstab in den Fingern.
Erneut rannen Tränen aus meinen Augen.
„Darf ich mich zu dir setzen?“
„Danke“, sagte er, nahm die Tasse Tee entgegen und gewährte mir mit einer einladenden Handbewegung bei ihm zu bleiben.
„Können wir reden?“
„Ja“, nickte er mit schwacher Stimme, aber es klang ehrenhaft, offensichtlich wollte er mich nicht verletzen.
„Harry, du wolltest wissen, wer dieser Mann auf dem Bild war. Also … ich hab das Buch.“
Zaghaft legte ich ihm das mitgenommene Exemplar Leben und LĂĽgen des Albus Dumbledore in den SchoĂź.
„Wo – wie?“
„Es war in Bathildas Wohnzimmer, lag einfach da rum…“
Mit Genugtuung sah er hinab auf das Titelbild, welches Dumbledores Gesicht zierte.
„Du bist immer noch wütend auf mich, oder?“
Er blickte endlich zu mir auf, und als er meine neuerlichen Tränen bemerkte, veränderte sich endlich auch sein Gemüt.
Sorge ersetzte Wut.
Nein, Harry, das habe ich nicht verdient, das wollte ich damit nicht ausdrĂĽcken!
„Nein“, sagte er leise, und dieses Mal war es ehrlich gemeint. „Nein, Hermine. Ich weiß, dass es ein Unfall war. Du hast versucht, uns lebend dort rauszukriegen, und du warst sagenhaft. Ich wäre tot, wenn du nicht dagewesen wärst und mir geholfen hättest.“
Er versuchte mein Lächeln zu erwidern, er hatte es wieder einmal geschafft, meine Tränen in ein Lächeln zu verwandeln. Mit seinem Zeigefinger wischte er die letzten Tränen von meiner Wange.
„Ich habe es gesehen“, sagte er und schaute zurück zu dem Gesicht unseres ehemaligen Schulleiters.
„Was hast du gesehen?“ fragte ich überrascht.
„Wie er es getan hat. Ich habe mit seinen Augen gesehen, wie er meine Eltern getötet hat, wie er sich an unser Haus herangeschlichen hat, wie er meinen Vater beobachtet hat, der mir mit seinem Zauberstab Tricks vorführte, kleine Rauchwolken traten daraus hervor, und ich habe vor Vergnügen gequietscht und versucht den Rauch mit meinen Fingern zu fassen.“
Harry durchlebte die Szene noch einmal, mit Tränen in den Augen und einem Lächeln auf den Lippen.
„Die Tür ging auf, und Mom trat herein, ihr langes rotes Haar fiel über ihr Gesicht. Dad hob mich hoch und übergab mich meiner Mutter. Er warf seinen Zauberstab auf das Sofa und streckte sich gähnend … Dann … dann, hörte ich ein Quietschen des Gartentores, sah seine weiße Hand, die den Zauberstab hervorzog und auf die Tür richtete. Dad kam in den Flur gerannt.“
Harry stoppte, drehte sein Gesicht in meine Richtung, und mit traurigen Augen sprach er weiter: „Es war leicht, Hermine, ganz leicht. Dad hatte nicht einmal seinen Zauberstab mitgenommen …“. Harrys Tränen wurden immer größer, ganz fest drückte ich seine Hand. „Es ging alles ganz schnell, er konnte nur noch Mom zurufen, dass sie mich nehmen und fliehen soll. Lily, nimm Harry und flieh! Er ist es! Flieh! Schnell! Ich halte ihn auf…“
Lily, nimm Harry und flieh! Er ist es! Flieh! Schnell!
Die Worte seines Vaters klangen so real und dröhnten in meinen Ohren.
Ich verstärkte den Druck auf seine Hand, weil ich spürte, wie Harry verkrampfte.
„Dad hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als ihn der Todesfluch traf, das grüne Licht erfüllte den engen Flur, und Dad fiel wie eine Marionette um. Oben schrie Mom im zweiten Stock, sie warf einen Betäubungszauber, was auch immer sie damit gegen ihn anrichten wollte, sie saß in der Falle, aber noch war er unten, und erst langsam stieg er die Treppen empor.“
Noch immer lagen Harrys Augen mit leerem Blick in meinem Gesicht.
„Er brach die Tür auf, fegte lässig Stuhl und Kissen beiseite, die Mom hastig zum Schutz aufgestapelt hatte … und da stand sie, das Kind … mich in ihren Armen haltend, und starrte ihn voller Angst und Hoffnung an. Rasch legte sie mich ins Bettchen und flehte ihn an. Nicht Harry, nicht Harry, bitte nicht Harry!“
Tränen tropften nun auch aus meinen Augen, verschwommen konnte ich Lily sehen, so hübsch, so schön, so jung, ich sah wie sie sich lächelnd eine Strähne ihrer roten Haare aus dem Gesicht strich, und sah wie sie im Glashaus auf mich zugelaufen kam.
„Und er? Er verhöhnte sie, und versuchte sie zur Seite zu schubsen, Geh beiseite du dummes Mädchen … geh beiseite, sofort …“
Das Sprechen fiel Harry immer schwerer.
„Nicht Harry, bitte nicht, nimm mich, töte mich an seiner Stelle. Nicht Harry! Bitte … hab Erbarmen … Erbarmen … Nicht…“
„Ist gut Harry! Hör auf, quäle dich nicht weiter!“, schrie ich tränenaufgelöst.
Und quäle auch nicht mich, ich ertrage das nicht.
Es war als würde Lily immer noch im Glashaus stehen, und mich – mich! - anflehen.
„Er hätte sie wegdrängen können, mich einfach töten können, und Mom wäre vielleicht noch am Leben.“
Harry schaffte es nicht aufzuhören, er wollte es mir erzählen, er brauchte mich, er musste es mir erzählen, also ließ ich ihn.
„Erneut ein Licht, dass Alles in einem schrecklichen Grün erhellte, und genau wie Dad brach Mom zusammen, wie eine Marionette. Ich stand in meinem Bettchen, klammerte mich an die Gitterstäbe und blickte empor in sein Gesicht, ich konnte meine eigenen Augen in den Seinigen blitzen sehen“, Harrys Blick drückte jetzt Zorn aus, die Tränen wichen und machten Platz für Wut. „Ich begann erst in dem Moment zu weinen, als er den Zauberstab auf mein Gesicht richtete, offenbar hatte ich die ganze Zeit geglaubt, dass der Mann unter der Kapuze mein Dad sei. Avada Kedavra – wieder war alles hell und grün erleuchtet, doch es war er selbst der zusammenbrach…“.
Einige Minuten verharrten wir in Schweigen.
„Lass uns das lesen“, versuchte ich ihn auf andere Gedanken zu bringen, sein Blick lag wieder auf Dumbledores Bild, und der Bildunterschrift:
Albus Dumbledore, kurz nach dem Tod seiner Mutter, mit seinem Freund Gellert Grindelwald.
Der blondgelockte Freund des jungen Albus Dumbledore, den Harry als Dieb bei Gregorowitch erkannt hatte, war also Gellert Grindelwald, der gefürchtete Schwarzer Magier vom europäischen Festland.
Weiterhin erfuhren wir, dass ihre Freundschaft nur etwa zwei Monate dauerte und Dumbledore Grindelwald später besiegt hatte, und in das nordosteuropäische Zauberergefängnis Nurmengard bringen ließ, aber ein Brief aus der damaligen Zeit belegte, dass Beide ein gemeinsames Ziel hatten: In dem abgedruckten Brief schrieb Albus an Grindelwald, dass ihre Vorstellungen von einer neuen Weltordnung, in der magische Menschen über Muggel herrschten, auch eine Verantwortung bedeute und zum Größeren Wohl sein müsse.
FĂĽr Harry war das schwer zu verstehen, fĂĽr ihn brach eine Welt zusammen.
Dumbledore hatte also wider erwarten in jungen Jahren rassistische Eigenschaften offenbart.
Der Nächste Tiefschlag für Harry, und er brauchte Zeit für sich alleine, um damit fertig zu werden, er schickte mich zurück ins Zelt und übernahm freiwillig die Wache, damit er alleine darüber nachdenken konnte.
Er wies mich zurück, und ich konnte es ihm nicht verübeln, nur allzu weit wollte ich mich nicht von ihm entfernen, ich blieb in Hörweite.
Als ich mich mit Geschichte der Zauberei im Licht meines Zauberstabes, direkt am Zelteingang niederließ, begann es wieder kräftig zu schneien, andauernd hatte ich das Gefühl, als würde ich Leute umherlaufen hören. Ein-, zweimal dachte ich sogar jemanden zu sehen.
Aus diesem Grund war ich heilfroh, als Harry nur kurze Zeit später den Vorschlag machte, einen besser geschützten Platz zu suchen.
Eine halbe Stunde später war alles gepackt, und wir disapparierten, Harry mit dem Horkrux um den Hals, und ich mit meiner Perlentasche am Handgelenk.
Wir fanden einen geeigneten Platz, am Rande eines Waldgebietes, direkt unter einem Berghang, wo wir die nächsten zwei Tage verbrachten.
Trotz der geschützten Lage im dichten Unterholz einiger Nadelbäume, drang die bittere Kälte unerbittlich ins Innere des Zeltes.
Den Tag verbrachten wir überwiegend im Zelt, und wärmten uns ohne Hintergedanken eng aneinander gekuschelt an wärmenden kleinen Flämmchen, die ich magisch erzeugte.
Harry lockerte sichtlich auf, es war als wĂĽrde er sich von einer langen schweren Krankheit erholen, gelegentlich schlich sich sogar ein schelmisches Grinsen auf sein Gesicht, vor allem wenn ich ihn mit ĂĽbertriebener FĂĽrsorge zu bemuttern versuchte.
Ich konnte es einfach nicht lassen, denn noch immer fĂĽhlte ich mich schuldig, wegen seines Zauberstabes, und seinem Vertrauen, dass er mir trotzdem entgegenbrachte, indem er mir die Geschichte des Todes seiner Eltern anvertraut hatte.
Als die dritte Nacht hereinbrach schlug er mein Angebot aus, die Wache zu ĂĽbernehmen und schickte mich stattdessen ins Bett.
Es war bitterkalt, und ich wurde aus seinen BeweggrĂĽnden nicht so richtig schlau.
War es ehrenhaft?
Oder wollte nur wieder alleine sein?
Ich redete mir natĂĽrlich ein, dass er es aus Sorge um mich getan hatte.
Wie hätte ich wissen können, dass es vielleicht sogar Vorbestimmung war...
Zitternd vor Kälte, ließ er sich auf einem Alten Kissen unmittelbar vor dem Zelt nieder, eine ganze Weile konnte ich ihn von meinem Bett aus beobachten, verträumt und nachdenklich starrte ich seinen breiten Rücken an, irgendwann musste ich wohl eingeschlafen sein, denn als ich meine Augen wieder öffnete, glaubte ich zunächst wieder an eine Traumwelt.
Harrys Stimme rief leise meinen Namen: „Hermine“.
Offensichtlich wollte er mich sanft wecken.
Ein schöner Traum, dachte ich, und jetzt vernasch mich bitte.
Doch Harry rĂĽhrte sich nicht weiter, sondern strahlte ĂĽber das ganze Gesicht.
Irgendwie passte das nicht zusammen mit dem, was ich wirklich gerade im Traum erlebt hatte.
Mit glühendroten Wangen strich ich mir ein paar Haare aus dem Gesicht, hustete kurz verlegen, und sah ihn fragend an. „Stimmt was nicht? Harry? Ist alles in Ordnung mit dir?“
„Keine Sorge, alles ist gut. Mehr als gut. Ich fühle mich großartig. Sieh mal, wen ich dir mitgebracht habe.“
Wen ich dir mitgebracht habe?
„Was soll das heißen? Wen…?“
Meine Augen folgten seinem Finger, der in Richtung des Zelteingangs deutete.
Ich konnte nicht glauben wen oder was ich da sah.
Ein Witz, ein schlechter Witz.
Ein Traum, ich träume definitiv!
Am Eingang des Zeltes stand Ron mit Gryffindors Schwert in der Hand, einer riesigen Pfütze unter seinen Füßen und lächelte mir entgegen.
Eine Witzfigur.
Verwundert rieb ich meine Augen, ging in die sitzende Position ĂĽber, und wiederholte den Blick auf eine Fata Morgana.
Noch immer stand Ron bewegungslos da, das Schwert hatte er zu Boden sinken lassen, er war triefend nass, und das Lachen auf seinem Gesicht hatte sich verflĂĽchtigt.
Verstört suchten meine Blicke nach Harry, der sich aber heimlich in eine dunkle Ecke zurückgezogen hatte, und ich wünschte er wäre stehen geblieben.
Er schien sich unsichtbar machen zu wollen, wollte möglichst unauffällig wirken.
Warum?
Warum tut er das?
Ron sollte ruhig sehen, dass wir uns besser angefreundet hatten, in den vielen Stunden der Not.
Ron sollte ruhig wissen, dass sowohl Harry als auch Ich mit dem Tod gekämpft hatten, während er vielleicht bei Mami zuhause war.
Eine ungeheuere Wut staute sich an.
Wut auf eine solche Unverfrorenheit.
Wut, die jeden Augenblick in eine Tätlichkeit münden würde.
Wir wären fast gestorben, und er kommt einfach zurück, grinst und denkt alles ist gut?
So nicht, mein Freundchen!
So nicht!
Gemächlich, ohne Eile an den Tag zu legen, schlüpfte ich aus meinem Bett und bewegte mich wie in Zeitlupe auf Ron zu, den Blick starr auf sein blasses Gesicht gerichtet.
Ich musste mich vergewissern, nicht doch zu träumen, eine Armlänge von ihm entfernt blieb ich stehen, fassungslos, mit weit aufgerissenen Augen.
Erneut lächelte er mir schwach und hoffnungsvoll zu, als er dann auch noch seine Arme ausbreitete, brachen bei mir die Dämme.
Das Fass war endgĂĽltig ĂĽbergelaufen.
Das war der Gipfel der Unverschämtheit.
Ich stürzte mich auf ihn, und trommelte mit beiden Fäusten auf ihn ein.
„Autsch – au – hör auf! Was zum…? Hermine – AUA!“
Er hatte es verdient, jeden einzelnen Schlag hatte er sich redlich verdient.
FĂĽr all die Sorgen, die wochenlangen Sorgen, die er mir, die er Harry bereitet hatte.
„Du – komplettes – Arschloch – Ronald – Weasley!“
Jedes Wort betont mit einem weiteren kräftigen Schlag.
Ron wich zurück, und hielt schützend die Hände über seinen Kopf.
„Du – kommst – wieder – hier – angekrochen – nach – Wochen – und – Wochen - oh, wo ist mein Zauberstab?“
„Protego!“ Harry reagierte instinktiv, mit meinem eigenen Zauberstab!
Ich funkelte Harry an: Du wagst es meinen eigenen Zauberstab gegen mich einzusetzen?
Ja, ich wage es! erwiderten seine Blicke zur Antwort.
Die Wucht des Schutzschildes legte sich unsichtbar zwischen Ron und mich, er riss mich zu Boden, als ich erneut mit erhobenen Fäusten auf ihn losgehen wollte.
Wütend sprang ich wieder auf die Beine, mit im wahrsten Sinne des Wortes, Haaren auf den Zähnen.
Ich keifte, ich fluchte, ich tobte, ich schäumte, Speichel tropfte aus meinem Mund.
„Hermine, beruhige dich!“ flehte Harry.
Noch nie hatte ich so die Beherrschung verloren.
„Gib mir meinen Zauberstab zurück! Gib ihn mir zurück!“ fauchte ich, und versuchte Harry zu erreichen, ich erkannte mich selbst nicht wieder.
„Hermine würdest du bitte…“
Schwerer Fehler, Potter!
Du musst wissen, wann du Hermine gehorchen solltest!
Ich hatte ein neues Opfer, Harry kam mir als Blitzableiter vor die Flinte. „Du hast mir nicht zu sagen, was ich tun soll, Harry Potter!“, ich spuckte jedes Wort einzeln und bewegte mich drohend, mit ausgestrecktem Zeigefinger auf ihn zu. „Wag es nicht! Gib ihn mir sofort zurück! UND DU!“ Ich wirbelte wie eine Furie herum, Ron zog sich ängstlich weiter zurück. „Ich bin dir hinterhergelaufen. Ich hab nach dir gerufen! Ich hab dich angefleht, zurückzukommen!“
„Ich weiß“, Ron senkte seinen Kopf, „Hermine, es tut mir leid, es tut mir wirklich…“
„Du kommst nach Wochen – Wochen – zurück, und du meinst, es ist alles wieder in Ordnung, wenn du einfach sagst, dass es dir leidtut?“
„Na ja, was soll ich denn sonst sagen?“
„Oh, ich weiß nicht“, fauchte ich mit beißendem Sarkasmus. „Kram doch mal in deinem Oberstübchen, Ron, das dürfte nur ein paar Sekunden dauern…“
„Hermine!“ mahnte mich Harry eindringlich, „er hat gerade mein Leben…“
„Ist mir egal, was er gemacht hat! Wochenlang, wir hätten tot sei können, das hätte er gar nicht gemerkt…“
„Ich wusste, dass ihr nicht tot wart“, brüllte Ron zurück. „Harry ist die ganze Zeit im Propheten und im Radio, die suchen überall nach dir … Ich wollte wieder zurückkommen, kaum dass ich disappariert war, aber ich bin einer Bande von Greifern direkt in die Arme gelaufen, Hermine…“
„Einer Bande von was?“ unterbrach Harry.
Erschöpft und ausgepowert, ließ ich mich auf einen Stuhl fallen, und verschränkte mit wütendem Gesicht, die Arme vor meiner Brust.
„Greifer“, wiederholte Ron. „Die sind überall, Banden, die Gold verdienen wollen, indem sie Muggelstämmige und Blutsverräter auftreiben, das Ministerium zahlt für jeden, den sie fangen, eine Belohnung…“
Er konnte ihnen durch erneutes Disapparieren entkommen, und hat sich dabei wieder einmal zersplintert, indem er sage und schreibe zwei Fingernägel verlor, die er uns auch noch präsentierte.
„Stell dir vor, er hat zwei Fingernägel verloren, Harry! Da sind unsere Wehwehchen ja nichts dagegen, oder?“
„Hermine“, erneut versuchte mich Harry zu beruhigen. „Ron hat mir gerade das Leben gerettet.“
AusflĂĽchte!
„Mein Zauberstab!“
Nur um mich zu beruhigen, so nicht mein Lieber!
„Gib ihn mir sofort!“
Und wenn du nicht aufhörst, bist du der Nächste!
Meine Augen blitzten gefährlich in seine Richtung.
Besorgt blickte Harry zurĂĽck.
Leg dich niemals mit einer wĂĽtenden Hermine an!
Harry hatte verstanden, und zollte zumindest Respkt indem er verstummte, den Zauberstab hielt er aber hinter seinem RĂĽcken versteckt.
„Eins würde ich aber gerne wissen“, wandte ich mich wieder an Ron, indem ich meinen wütenden Blick wieder auf ihn verlagerte. „Wie hast du uns heute Nacht eigentlich gefunden? Das ist wichtig. Wenn wir es wissen, können wir dafür sorgen, dass wir nicht noch mal von jemand Besuch kriegen, den wir nicht sehen wollen.“
„Hier!“ Ron hielt den Deluminator in die Höhe. „Er macht nicht nur Lichter an und aus“, erklärte Ron. „Ich weiß nicht, wie er funktioniert oder warum es erst dann passiert ist und nicht irgendwann sonst, wo ich doch die ganze Zeit schon zurückkommen wollte, seit ich weg war. Jedenfalls hab ich Radio gehört, ganz früh am Weihnachtsmorgen, und da hab ich … da hab ich euch gehört.“
Er sah mich herausfordernd an.
„Du hast mich im Radio gehört?“
„Nein, ich hab dich aus meiner Tasche kommen hören. Deine Stimme“, er hielt den Deluminator in die Höhe, „kam hier raus.“
„Und was habe ich gesagt?“
„Meinen Namen. Ron. Und noch was … über einen Zauberstab…“
Mein Gesicht brannte wie Feuer.
Hatte er etwa noch mehr gehört?
Ich erinnerte mich daran, es war das erste Mal, dass ich seinen Namen wieder benutzt hatte, in Verbindung mit Harrys zerbrochenem Zauberstab. Allerdings lag ich dabei nackt in Harrys Armen.
Zwar vollkommen und unbezwungen und unschuldig, aber immerhin…
„Also hab ich ihn rausgenommen, und ihn klicken lassen. Und das Licht in meinem Zimmer ging aus, aber direkt vor dem Fenster tauchte ein anderes Licht auf. Es war eine Lichtkugel, die irgendwie pulsierte und bläulich war, wie dieses Licht, das um einen Portschlüssel entsteht. Ich habe meine Sachen geschnappt und gepackt, und dann habe ich den Rucksack geschultert und bin raus in den Garten. Da schwebte die kleine Lichtkugel, wartete auf mich … und dann ist sie … also, sie ist in mich rein.“
„Wie bitte?“
Will der mich verarschen?
Das kann ich schon selbst!
„Sie ist irgendwie auf mich zugeschwebt, direkt auf meine Brust zu, und dann – ging sie einfach mittendurch. Sie war hier“, er berührte eine Stelle nahe seinem Herzen, „ich konnte sie spüren, sie war heiß. Und sobald sie in mir drin war, wusste was ich tun sollte, ich wusste, sie würde mich dorthin bringen, wo ich hinmusste. Also bin ich disappariert und kam auf einem Berghang wieder raus…“
„Da waren wir“, sagte Harry. „Wir haben da zwei Nächte verbracht, und in der zweiten Nacht habe ich die ganze Zeit geglaubt, ich würde jemanden hören.“
„Ich wusste ich hatte euch verpasst, als bin ich noch einmal in dem Licht disappariert, und bin hier rausgekommen, in diesem Wald. Ich konnte euch immer noch nicht sehen, also musste ich einfach hoffen, dass einer von euch sich irgendwann zeigen würde – und das hat Harry getan. Nun die Hirschkuh hab ich natürlich zuerst gesehen.“
„Du hast was gesehen?“ fragte ich scharf.
„Ein Patronus in Gestalt einer Hirschkuh glitt vorhin, während meiner Wache auf mich zu“, erklärte mir Harry. „Ich sollte ihr folgen, das hat sie mir mit ihren Augen angedeutet. Ich war überzeugt, dass diese Gestalt keine schwarz-magische Falle sein kann“, fügte er vorsorglich, in Anbetracht meiner empörten Blicke hinzu, „plötzlich war der Patronus verschwunden. Ich sah mich um und entdeckte auf dem Grund eines zugefrorenen Tümpels, Gryffindors Schwert.“
„Da war – was – drin?“ ich vergaß sogar böse und wütend zu schauen.
„Auf Aufrufezauber reagierte es nicht, also überwand ich mich, trotz der klirrenden Kälte danach zu tauchen. Sobald ich das Schwert ergriffen hatte, begann das Horkrux – Medaillon mich zu würgen, die Kette schnürte mir den Hals zu, so dass ich fast ertrunken wäre, hätte mich Ron nicht herausgezogen, und nachdem er mich gerettet hatte, zog er das Schwert auch noch heraus.“
BestĂĽrzt schaute ich beide an.
Das hatte ich jetzt nicht erwartet.
Harry war wirklich in Lebensgefahr, und ich hätte es nicht einmal bemerkt?
Wie Leichtsinnig kann man sein?
Meine Stimmung besserte sich nicht wirklich.
„Ich konnte es gar nicht fassen, dass Ron wieder da war. Wir wollten den Horkrux sofort zerstören, mir gelang es mit Parsel, das Medaillon zu öffnen, und Ron hat es schließlich mit dem Schwert zerstört.“
Ein Patronus, nur wer hat ihn geschickt?
Sie versicherten mir, dass Niemand sie sehen konnten, was mich nicht wirklich beruhigte.
„Und … und es ist verschwunden? Einfach so?“ flüsterte ich ungläubig, über das zerstörte Medaillon.
„Also, es – es hat geschrien“, sagte Harry mit kurzem Blick zu Ron, und warf mir das zerstörte Medaillon entgegen.
Ich nahm es, stopfte es in meine Perlenhandtasche und ging ohne ein weiteres Wort, zurĂĽck in mein Bett.
Die Blicke meiner Freunde brannten auf meinem RĂĽcken.
Aber so einfach wollte ich sie nicht davon kommen lassen.
Ja, Sie!
Ron, sowieso, und Harry wegen seiner Unbedachtheit.
Er hätte tot sein können!
„Da bist du ganz gut weggekommen, denke ich“, hörte ich Harry murmeln, und zum ersten Mal entlockte es mir ein stilles Lächeln.
„Jaah“, sagte Ron begeistert. „Hätte schlimmer sein können. Weißt du noch, wie sie diese Vögel auf mich gejagt hat?“
„Das kann dir immer noch blühen“, murmelte ich, ohne mich umzusehen.
Still und heimlich war ich aber dennoch froh, Ron endlich wieder bei uns zu haben.
So einfach ist es nicht!
Du wirst meine Wut noch einige Zeit ertragen mĂĽssen.
Das hatte er sich redlich verdient!
Nur sehr vorsichtig näherte er sich in den nächsten Tagen an mich heran, immer hinter Harrys Rockzipfel versteckt, scheinbar hatte er doch großen Respekt vor mir, um nicht zu sagen, große Angst.
Endlich verteilten sich unsere Wachzeiten wieder gerecht, und bereits während Rons erster Wache, nahm ich Harry beiseite.
Ich stellte mich ihm auffällig, mit verschränkten Armen vor meiner Brust in den Weg, als er wortlos an mir vorbei Richtung Küche schlurfen wollte, ich griff energisch seinen Arm und hielt ihn zurück.
Mit groĂźen Augen sah er mich an.
„Was, was hast du?“, stammelte er verlegen.
„Sag mir bitte, was da draußen wirklich geschehen ist, du und Ron habt so komische Blicke gewechselt, als du mir sagtest, er habe den Horkrux zerstört. Harry, was ist wirklich geschehen?“
„Ron hat den Horkrux zerstört, mit einem Hieb des Schwertes.“
„Aber?“
Harry schluckte schwer, und atmete tief ein.
„Das Medaillon hat versucht von ihm Besitz zu ergreifen, ihn zu beeinflussen, ich dachte einen Moment alles wäre aus.“
„Alles wäre aus?“, wiederholte ich mit argwöhnischem Blick, lockerte aber meinen Griff. „Erklär es mir, bitte.“
„Toms Seele hat versucht ihn mit aller Gewalt daran zu hindern das Medaillon zu zerstören. Ich musste Ron beruhigen, dass alles nur Hirngespinste, verzweifelte Versuche sind, um ihn davon abzuhalten.“
Harry druckste um das Wesentliche herum, es fiel ihm offensichtlich nicht leicht, das zu sagen, was er eigentlich sagen wollte, so verschärfte ich meinen Blick.
„Ron sah mich in dem Medaillon mit Riddles Stimme…“
„Er sah dich? Mit Riddles Stimme?“, unterbrach ich ihn.
„Ja, es ging uns besser ohne dich, warum bist du zurückgekommen, und all so ein Zeug habe ich ihm mit Riddles Stimme an den Kopf geworfen. Ron begann zu zweifeln, genauso wie es Tom beabsichtigt hatte.“
„Ich verstehe.“
„Nichts verstehst du!“ fauchte Harry plötzlich. „Du bist nämlich auch noch erschienen, als Riddle – Hermine, und…“
„Und?“ erschrocken sah ich Harry mit einer gewissen Vorahnung an.
Traute Zweisamkeit!
„Wir haben uns geküsst!“
Harry traute sich einen Moment nicht, mir in die Augen zu schauen.
„Wir haben uns vor Rons Augen geküsst! Und noch dazu waren wir Beide nackt!“
„Nackt?“, keuchte ich. Meine Stimme war nur noch ein erbärmliches Wimmern.
„Du weißt was das bedeutet?“
„Dass Ron die Vorstellung nicht so schnell los wird, und er niemals wissen darf, dass es der Wahrheit entspricht“, flüsterte ich kleinlaut.
„Hermine!“, Harry fasste mich mit beiden Armen und schüttelte mich voller Angst. „Hermine, er darf das niemals erfahren – Niemals!“
„Ich weiß das … ich verstehe …alles klar“, stammelte ich völlig in Gedanken versunken.
„Wir dürfen ihm absolut keine Gelegenheit bieten dieses Szenario auch noch im Entferntesten zu bestätigen.“
Da war ein kleines Cafe in Little Whinging.
Ein Bad im VertrauensschĂĽlerbadezimmer.
Und noch einmal spĂĽrte ich wie Harrys Herz gegen meine nackte Brust trommelte, nachdem er mich aus dem Glashaus gerettet hatte.
Nein, niemals dĂĽrfte Ron davon erfahren.
„Er darf auch niemals erfahren, wie du mir das Leben gerettet hast!“
„Oder du das Meinige“.
Zwei Aussagen, die auf jeden von uns hätte zutreffen können.
Wer welchen Satz gesagt hatte ist völlig unbedeutend und führt zum gleichen Ergebnis: Dem jähen Ende unserer Mission.
Harry nickte mir verständnisvoll zu, dann sagte er sehr schmerzende, aber wahre Worte:
„Wir sollten uns die nächsten Tage irgendwie aus dem Weg gehen, damit Ron erst gar nicht den Gedanken wieder aufnehmen kann.“
„Ja, du hast Recht, Harry. Genau das was ich schon immer sage.“
Ich stand wie unter Trance und versuchte mir vorzustellen, wie wir uns innig kĂĽssen, und wie Ron uns dabei erwischen wĂĽrde.
Gänsehaut der Angst, vermischte sich mit Wohlbefinden.
Eine schreckliche Vorstellung.
„Was meinst du damit: was ich schon immer sage?“
Harry hatte sich zwei Schritte von mir entfernt um einen Teebeutel in ein heiĂźes Glas Wasser zu tauchen.
„Dass wir nur Freunde sind, wie Bruder und Schwester, und die dürfen das nicht.“
„Ich habe Ron gesagt, dass ich dich als meine Schwester sehe, und dass unser Verhältnis normal ist, eben wie Bruder und Schwester.“
„Das war gut, Harry, das war wirklich gut.“
Völlig in Gedanken vertieft, versuchte ich mich an Harry vorbeizudrängeln, um mir auch einen Tee zuzubereiten.
Das war gut, Harry – Ron darf das niemals erfahren.
Harry hielt meinen Arm fest und zerrte mich zurück. „Das was ich damals gesagt habe … dass wir Geschwister hätten sein können, aber dass wir keine sind – das denke ich immer noch, ich will, dass du das weißt.“
„Ja, danke, Harry“, murmelte ich abwesend. „Du hast Ginny, die auf dich wartet“.
Harry wischte mir ganz sanft eine Träne aus den Augen. „Ich weiß … aber, wenn es vorbei ist, wird nichts mehr so sein, wie es mal war. Ich habe dich damals auch einen Feigling genannt…“
Also habe ich doch nicht geträumt, also war es doch nicht mein Gewissen, es war real.
„Heute weiß ich, dass du kein Feigling bist, Hermine. Sondern die stärkste Persönlichkeit, die ich je kennen gelernt habe. Ich weiß dein Opfer zu schätzen, dein großes seelisches Opfer, das ich nicht verdient habe, niemals. Dafür danke ich dir. Danke für alles, für alles, was du für mich getan und auf dich aufgenommen hast, ich habe es nie verstanden, Hermine, aber heute…“
Ich hob beschwichtigend meine Hand und ließ sie völlig in Gedanken versunken, an seiner Wange entlang, nach unten streifen.
Ich brauchte Abstand, Zeit fĂĽr mich, Zeit zum Nachdenken.
Seine Worte lasteten schwer auf meiner Seele, und ich spürte, dass auch er den Abstand brauchte, so ließ ich den Beiden, Zeit für sich, Zeit um sich auszutauschen, Zeit um sich wieder anzunähern.
Dennoch behielt ich meine Ohren offen, auch wenn sie glaubten, ich wĂĽrde sie ignorieren.
Sie beschäftigten sich mit der Frage, wer wohl den Patronus geschickt habe, die silberne Hirschkuh, aber kein Freund fiel uns ein, der einen solchen Patronus erzeugen könnte.
Ron konnte bei seiner Flucht vor den Greifern, einen von ihnen entwaffnen, und so hatte Harry zumindest einen Zauberstab, mit dem er aber nicht glĂĽcklich zu werden schien.
Er verhielt sich wie ein Fremdkörper in seinen Händen.
Ron löste außerdem das Rätsel, warum die Todesser unseren ersten Fluchtort, die Tottenham Court Road, so schnell aufspüren konnten: Sie hatten Voldemorts Name mit einem magischen Tabu belegt, so dass ihnen immer sofort gemeldet wurde, wenn jemand es wagen sollte seinen Namen im Klartext auszusprechen.
Noch einmal zeigte ich Harry jenes seltsame dreieckige Symbol, welches ich bei meinem RĂĽckzug in die Welt der Literatur auch in Rita Kimmkorns Biographie von Dumbledore erkannt hatte:
Dumbledore hatte es in seine Signatur unter einem Brief an Gellert Grindelwald in das A von Albus skizziert.
Verzweifelt versuchte ich eine Verbindung zwischen Grindelwald, dem uralten Grabstein in Godrics Hollow und Dumbledore selbst zu finden, dazu war es notwendig, Harry anzusprechen, denn ich wollte Lunas Dad, Xenophilius Lovegood einen Besuch abstatten, um ihn nach einer eventuellen Bedeutung zu fragen.
Irgendeinen besonderen Grund musste es doch geben, warum mir Dumbledore, dieses Märchenbuch vermacht hatte.
Er musst auch gewusst haben, dass Ron uns im Stich lassen wĂĽrde, oder wie Harry, Ron wieder einmal bewundernswert beruhigte: Er musste gewusst haben, dass er wieder zu uns zurĂĽckkehren wollte.
Harry war zunächst skeptisch, wurde aber von mir und Ron, der wohl auf diese Art meine Gunst zurückgewinnen wollte überstimmt, dennoch fügte er sich nur widerstrebend, weil er ein zweites Erlebnis wie in Godrics Hollow befürchtete.
Ron erinnerte sich, dass die Lovegoods, irgendwo in der Nähe des Fuchsbaus leben würden.
Es war schon ein seltsames GefĂĽhl, dem Fuchsbau so nahe zu sein, ihm aber den RĂĽcken zu zuwenden, vor allem Ron litt unter dieser Situation.
„Na ja, es ist nicht gerade lange her, dass du sie gesehen hast. Du warst Weihnachten dort“, erwiderte ich, immer noch wütend über seinen unrühmlichen Abgang.
„Ich war nicht im Fuchsbau! Denkst du, ich würde zurück nach Hause gehen und allen erzählen, dass ich euch sitzen gelassen hab?“
Schade, Fred und George und vor allem Ginny hätte ich gerne gesehen, wenn er es versucht hätte, zu erklären…
„Aber wo warst du denn?“ fragte ich daher überrascht.
„Im neuen Haus von Bill und Fleur. Shells Cottage. Bill war immer nett zu mir. Er – er war nicht gerade froh, als er hörte, was ich getan hatte, aber er hat mich damit in Ruhe gelassen. Er wusste, dass es mir wirklich leid tat. Von der Familie weiß sonst keiner, dass ich dort war. Bill hat Mom gesagt, er und Fleur würden an Weihnachten nicht nach Hause kommen, weil sie alleine feiern wollten…“
Das Haus der Lovegoods hat große Ähnlichkeit mit dem windschiefen Fuchsbau.
Xenophilius, Lunas Dad wirkte, vor allem bei Harrys Anblick sehr verängstigt und nervös.
Obwohl er im Klitterer immer zu Harrys UnterstĂĽtzung aufgerufen hatte, lieĂź er uns nur widerwillig eintreten. Rasch fĂĽhrte er uns durch eine kreisrunde, farbenfroh bemalte KĂĽche eine Wendeltreppe hinauf ins Wohn- und Arbeitszimmer.
In dem dort herrschenden Chaos warf er zuerst ein Tuch über die veraltete Vervielfältigungsmaschine, die gerade lautstark neue Ausgaben des Klitterer ausspuckte.
Alles äußerst seltsam und mysteriös, aber es ging noch weiter, ich hatte eine freudige Luna erwartet, doch sie war nirgends zu sehen. Nach Luna gefragt, schien er mit sich zu kämpfen. Dann antwortete er mit zittriger Stimme, sie sei jetzt in den Weihnachtsferien hier und angle gerade Plimpys fürs Essen, er würde ihr kurz Bescheid sagen und dann sehen, was er für uns tun könne. Und schon hastete er aus dem Haus.
Seltsam, alles seltsam, vor allem sein Verhalten und sein Haus.
An der Wand entdeckte ich ein Erumpenthorn und warnte meine Freunde, denn schon bei der kleinsten Berührung könnte dieses Teil explodieren. Mr. Lovegood widersprach mir, es wäre nur ein ungefährliches Horn eines Schrumpfhörnigen Schnarchkacklers, das er als Weihnachtsüberraschung für seine Luna erstanden habe.
Wir kamen ohne Umschweife auf unser Anliegen zu sprechen, auf die Frage nach dem dreieckigen Symbol, dass er bei der Hochzeit getragen hatte, antwortete er, es sei keineswegs ein schwarz-magisches Symbol, sondern das Zeichen der HeiligtĂĽmer des Todes.
Auf die Nachfrage, was denn diese Heiligtümer des Todes seien, erklärte uns Mr. Lovegood, dass alles aus dem Märchen von den drei Brüdern abgeleitet sei.
Während Harry dieses Märchen überhaupt nicht kannte, wussten zumindest Ron, weil er als Kind immer davon vorgelesen bekam, und ich, aus eigenen Lesungen in dem Märchenbuch während der letzten Wochen, was darin erzählt wird, verstanden aber nicht, was es mit dem mysteriösen Dreieck auf sich hatte. Auf Mr. Lovegoods Aufforderung hin las ich aus meinem vererbten Exemplar von Die Märchen von Beedle dem Barden vor.
Irgendwie wurde ich das seltsame GefĂĽhl nicht los, dass er uns hin, oder aufhalten wollte.
Dennoch stellte ich überrascht fest, dass es sich genau um dieses Märchen handelte, über dem das Dreiecksymbol aufgezeichnet wurde.
Es handelt von drei ZaubererbrĂĽdern, die Gevatter Tod ĂĽberlistet hatten, und der ihnen dafĂĽr ein scheinheiliges Angebot macht:
Jeder von ihnen hat einen Wunsch bei ihm frei.
Einer der Brüder hat vor kurzem seine Geliebte verloren, er wünscht sich einen Stein mit dem er Tote zurückholen kann, unverzüglich händigt ihm der Tod den gewünschten Stein aus.
Der älteste der drei wünscht sich einen Zauberstab der jedes ausgefochtene Duell für seinen Gebieter gewinnt. Also reicht ihm der Tod bereitwillig den gewünschten übermächtigen Zauberstab, den aus Eldernholz (Holunder) erstellt.
Der jĂĽngste Bruder jedoch misstraut dem Tod und wĂĽnscht sich deshalb einen perfekten
Tarnumhang, mit dem er dem Tod ungesehen entkommen kann. Der Tod ĂĽberreicht ihm widerstrebend seinen eigenen perfekten Tarnumhang.
Wie der jüngste der drei schon geahnt hatte, sorgen der mächtige Zauberstab und der magische Stein dafür, dass seine beiden Brüder bald darauf zu Tode kommen. Der perfekte Tarnumhang dagegen verhilft ihm zu einem langen vom Tod unbehelligten Leben, bis er irgendwann freiwillig den unsichtbar machenden Umhang ablegt, ihn an seine Nachkommen weiterreicht, und sich im hohen Alter vom Tod abholen lässt.
Man nennt die drei Gegenstände, die Heiligtümer des Todes, und sie würden wirklich existieren, so versicherte uns Mr. Lovegood.
Wer alle drei besitzen würde, der könnte sogar den Tod besiegen, und jenes Zeichen symbolisiert diese Heiligtümer:
Der Mittelstrich ist der Zauberstab, der Kreis ist der Stein und das alles umschließende Dreieck wäre der Tarnumhang.
Sollten etwa die Heiligtümer gar kein Märchen sein, und es gibt sie wirklich?
Der Tarnumhang, ist das etwa Harrys?
Und der Elderstab, wurde er gefunden?
Vielleicht sogar von…
Ich durfte gar nicht daran denken, wie sollten wir, wie sollte Harry dagegen ankommen?
Dann fiel mir noch ein, dass ich das Zeichen auch auf dem Grab von Ignatius Paverell in Godrics Hollow gesehen hatte.
Laut Mr. Lovegood, wäre dieser Ignatius einer der drei Brüder gewesen.
Die Gedanken, die Überlegungen über die drei Heiligtümer verdrängten für einen Moment meine Sorgen über das seltsame Verhalten des Mannes, der angeblich auf Harrys Seite stehen sollte.
Immer wieder bemerkte ich, wie er nervös aus dem Fenster blickte, als er sich dann auch noch in die Küche verabschiedete, um uns etwas zu Essen zu machen, dachte ich an eine freundliche Geste.
Harry lief nachdenklich im Raum hin und her.
Der Stein der Weisen? – Gibt es ihn wirklich? – Könnte man damit vielleicht sogar Sirius zurückholen.
Der Elderstab? – Eine gefährliche Waffe, sucht Voldemort etwa danach? Und hat deswegen Ollivander und Gregorowitch gefangen?
Der Tarnumhang? – zumindest von ihm wussten wir, dass er existieren könnte, zuverlässig leistete er uns seit Jahren gute Dienste.
Geschockt stellte ich fest, dass Harry den Raum verlassen hatte und gerade einen Schritt auf die Wendeltreppe setzte, verwirrt sah er sich nach uns um.
„Harry, was tust du da? Ich glaube nicht, dass du dich umsehen solltest, wenn er nicht da ist!“ mahnte ich ihn, in Bezug auf Mr. Lovegoods Abwesenheit, aber Harry hatte schon das nächste Stockwerk erreicht.
„Stimmt was nicht?“ fragte ich, nachdem er nachdenklich wieder die Treppe herunterkam.
„Sieh’s dir selbst an! Tu es, bitte!“, drängte er und zeigte nach oben.
Vorsichtig und leise machte ich mich auf den Weg, während Ron sich faul in seinem Sessel räkelte.
Schon auf der Treppe staunte ich nicht schlecht. Mein eigenes Gesicht sah mich von der Decke des Raumes ĂĽber uns, an.
Es war ein übergroßes Gemälde.
Neugierig geworden stieg ich, wie kurz zuvor Harry weiter nach oben.
Ich war eindeutig in Lunas Zimmer angelangt, sie hatte ihre Schlafzimmerdecke mit fünf wunderschön gemalten Gesichtern dekoriert: Hermine, Harry, Ron, Ginny und Neville.
Sie bewegten sich nicht, aber trotzdem ging von den Bildern ein gewisser Zauber aus. Es war als ob sich fĂĽnf goldenen Ketten um die Bilder schlangen und sie miteinander verbanden.
Nachdem ich eine Weile genauer hingesehen hatte, erkannte ich, dass die Ketten in Wirklichkeit ein Wort waren, das sich in goldener Tinte vielfach wiederholte: Freunde … Freunde … Freunde…
Eine Woge der Zuneigung für Luna überkam mich, und ich schaute mich weiter in diesem Zimmer um. Auf dem Nachttisch stand ein großes verstaubtes Foto von der jungen Luna und einer Frau, die ihr sehr ähnlich sah. Sie hatten die Arme umeinander geschlungen.
Verstaubt?
MerkwĂĽrdig!
Etwas stimmte hier nicht.
Doch ich konnte meine Gedanken nicht weiterführen, denn unten donnerte Harry in diesem Augenblick los. „Mr. Lovegood!“ schrie er. „Wo ist Luna?“
Mit raschen Schritten stĂĽrmte ich wieder nach unten.
Harry hatte es also auch bemerkt, Luna war gar nicht hier!
„Wie bitte?“ fragte Mr. Lovegood nervös und ängstlich, und blieb auf der obersten Stufe der Treppe stehen, mit einem Tablett voller Schalen in den Händen.
„Wo ist Luna?“ wiederholte Harry, und seine Frage klang drohend.
„Das – das habe ich ihnen bereits gesagt. Sie ist unten an der tiefen Brücke und angelt Plimpys.“
„Und warum haben sie dann auf diesem Tablett nur Geschirr für vier? Ich glaube, Luna ist seit Wochen nicht mehr hier gewesen. Ihre Kleider sind weg, in ihrem Bett hat sie nicht geschlafen. Wo ist sie? Und warum schauen sie die ganze Zeit aus dem Fenster?“
Vor Schreck ließ er das Tablett fallen. Wir zogen sofort unsere Zauberstäbe.
Mr. Lovegood erstarrte. In diesem Moment gab die Druckerpresse einen lauten Knall von sich, und eine Flut von Klitterern ergoss sich ĂĽber den FuĂźboden.
Ich bĂĽckte mich und hob ein Exemplar davon auf.
„Harry, sieh dir das an.“ Murmelte ich erschrocken.
Was ist hier los?
Auf der Titelseite war ein Bild von Harry abgedruckt, mit der Ăśberschrift:
UnerwĂĽnschter Nummer eins!
Daneben lag eine aktuelle Ausgabe des Propheten, den er wohl als Vorlage benutzt hatte.
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