von rodriquez
Eingeleitet wurde diese neue Ära mit einer Todesnachricht.
Aber kein Grund zur Sorge, es war nicht so schlimm, wie es zunächst klingen mag.
Auf einer mit krakeliger Schrift geschriebenen Mitteilung erklärte uns Hagrid, dass Aragog gestorben sei, die Riesenspinne, die einst ihre Verwandten aufgefordert hatte, Ron und Harry anzugreifen.
Bei Einbruch der Dunkelheit erwartete uns Hagrid zu einer kleinen Beerdingungsfeier.
Entschieden lehnten wir ab, Ron weil er Angst vor Spinnen hatte, ich weil ich aus einem derartigen Anlass nicht gegen die Sicherheitsvorschriften der Schule verstoĂźen wollte, und Harry, weil er allein schlieĂźlich auch keine Lust hatte.
AuĂźerdem war dieser Tag, der einundzwanzigste April, der Tag unserer ApparierprĂĽfung, und wer weiĂź, wie es Ron ergehen wĂĽrde.
Doch bei genauerer Betrachtung dieser Tatsache stellte ich fest, dass Harry, der die Prüfung noch nicht ablegen durfte, während der Prüfung fast alleine mit Slughorn wäre.
„Du meinst, beim siebenundfünfzigsten Mal hab ich Glück?“ fragte Harry verbittert.
„Glück!“ sagte Ron plötzlich. „Harry, das ist es – hol dir dein Glück!“
Blitzmerker!
Diese Idee hatten wir schon lange, nur ergab sich bisher keine Gelegenheit.
„Nimm deinen Glückstrank!“
„Es wäre wirklich eine gute Gelegenheit, endlich könntest du ihn allein antreffen“, fügte ich hinzu, was Ron Flügel zu verleihen schien.
Ganz offensichtlich hatte Harry die Idee mit dem Felix Felicis wieder verdrängt.
„Ich weiß nicht ... ich wollte es mir eigentlich aufheben“, murmelte er.
„Wofür?“ fragte Ron skeptisch.
WofĂĽr?
Mann, bist du blind!
Das sieht doch ein Blinder mit KrĂĽckstock!
Ich sah es bildlich vor mir, Pläne in den Tiefen seines hormongeschwächten Hirns:
Ginny, die sich von Dean trennt, die Einverständniserklärung von Ron, dann der Kuss.
Dazu muss man nicht studieren, um das zu erkennen!
„Harry? Bist du noch bei uns?“ rief ich, und winkte energisch mit beiden Händen.
Hoffentlich habe ich gerade mitten beim Kuss gestört!
Du machst dir genauso was vor, wie Ginny.
Du bist ĂĽber ihn hinweg, dass ich nicht lache!
Sei still da drin!
Warum regst du dich dann so kĂĽnstlich auf, wenn Harry und Ginny sich kĂĽssen, und das nur gedanklich?
Das geht dich nichts an!
Basta!
„Wa..? Jaaah, natürlich“, stotterte er.
Ätsch!
„Also ... okay. Wenn ich Slughorn heute Nachmittag nicht zum Reden bringe, nehme ich ein wenig Felix und versuche es heute Abend noch mal.“
„Ziel ... Wille ... Bedacht!“ murmelte ich munter vor mich hin.
15 Galleonen aus den Händen meiner Mom … wofür sind die?
Du musst ihn führen …Harry ist noch alt genug um die Prüfung abzulegen.
Die ApparierprĂĽfung verlief problemlos, einfach perfekt.
Nicht ganz so gut lief es bei Ron, aber immerhin – fast.
Ganz knapp, aber trotzdem durchgefallen, nur eine halbe Augenbraue hatte er zurĂĽckgelassen.
Doch ich durfte jetzt offiziell apparieren, Moms Wunsch wäre erfüllt.
Eine gute Stunde nach dem Abendessen war es dann soweit.
Unser Plan sah vor, dass Harry erst zu Slughorns Büro gehen sollte, wenn er von seinem gewöhnlich ausgedehnten Abendessen zurückkehren würde.
Als die Sonne bis an die Baumwipfel des Verbotenen Waldes gesunken war, schien der richtige Moment gekommen, und nachdem wir festgestellt hatten, dass der Jungenschlafraum leer war, schlichen wir uns nach oben.
Neville und Seamus unterhielten sich angeregt im Gemeinschaftsraum, und Dean drĂĽckte Ginny durch das Portraitloch, wobei beide kein besonders glĂĽckliches Gesicht machten.
Wenn ich gewusst hatte, welche Lawine gleich losgetreten wĂĽrde.
Was, dann?
Nichts hättest du daran geändert, nichts, absolut nichts!
Harry kramte eine zusammengerollte Socke aus seinem Koffer, zog das schimmernde Fläschchen hervor, und nahm einen sorgfältig bemessenen Schluck.
„Wie fühlt es sich an?“ wollte ich wissen.
Im ersten Moment antwortete er nicht, setzte sich auf sein Bett, und lächelte still vor sich hin.
Sein Grinsen wurde immer breiter, seine Augen glänzten, als hätte er ein nacktes Mädchen vor Augen.
„Ausgezeichnet“, rief er plötzlich, stand ruckartig auf und griff nach seinem Tarnumhang.
„Wirklich ausgezeichnet.“
Gut!
„Gut ... ich geh runter zu Hagrid.“
WAASSSSS?
„Nein Harry – du musst doch zu Slughorn gehen, weißt du nicht mehr?“ fragte ich besorgt.
„Nein“, lächelte er überzeugt. „Ich geh runter zu Hagrid, irgendwie sagt mir mein Gefühl, dass ich zu Hagrid gehen soll.“
„Dein Gefühl sagt dir, dass du eine Riesenspinne beerdigen sollst?“ fragte Ron verdutzt.
„Jaah. Ich spüre, dass ich heute Abend dort hingehöre, wisst ihr was ich meine?“
„Nein! Das war wirklich Felix Felicis?“ fragte ich beklommen und hielt das Fläschchen gegen das Licht.
„Du hast nicht etwa noch ein anderes Fläschchen mit – ich weiß nicht?“
„Wahnsinnsessenz?“ schlug Ron vor, in dem Augenblick, als Harry unter dem Tarnumhang verschwand.
Er lachte hysterisch. „Glaubt mir, ich weiß, was ich tue ... oder zumindest, weiß es Felix.“
Seine Schritte entfernten sich.
Wir eilten ihm hinterher, und im nächsten Augenblick wusste ich, dass es der richtige Trank war.
„Was hattest du denn mit der dort oben zu suchen?“ kreischte Lavender Brown und starrte Ron und mich durchdringend an.
Mein Kehlkopf hüpfte. Ich schluckte schwer, während alle Augen sich auf uns richteten:
Schlagartig wurde mir die Situation bewusst. Ich kam allein mit Ron aus dem Schlafraum der Jungen. Harry unter dem Tarnumhang konnte niemand sehen.
Muchsmäuschenstill war es im Gemeinschaftraum geworden, bis ein seltsames Knacken mit darauf folgendem weiteren wütenden Geschrei erklang.
„Schubs mich bitte nicht Dean!“
Ginny Urschrei kam aus dem Durchgang zum Gemeinschaftsraum, dem Portraitloch, dem Ort, wo gerade Harry hindurchgeschlüpft sein musste, sie klang extrem verärgert. „Lass das endlich mal bleiben, ich komm da sehr gut alleine durch...“.
Dean reckte enttäuscht seine Hände in die Luft.
„Ich habe nichts getan! Das war ich nicht! Ich kann nicht mehr! Warum bist du nur so schwierig?“ Auch Dean war in Geschrei übergegangen. Alle Augen wechselten die Richtung. „Aus, Ginny es ist aus, ich kann nicht mehr und darum tue ich das, was wir tun sollten.“
Harry!
Eindeutig Felix.
Der Weg zu Ginny war frei.
Felix hatte ihn geebnet.
„ICH WARTE!“, schrie unterdessen, Lavender. „WAS HABT IHR DORT OBEN ZU SUCHEN?“
„Du würdest uns doch nicht glauben“, antwortete ich relativ ruhig und gefasst, während Ron der alte Feigling sich mit hochrotem Kopf hinter meinem Rockzipfel versteckte.
Doch meine stoische Ruhe machte Lavender noch rasender.
„WAS MACHT SIE SO SPEZIELL?“, schrie sie und wollte uns in die Enge treiben.
„DU FEIGLING KOMM NACH VORNE! ICH HABE DICH WAS GEFRAGT!“
„Was ist dein Problem?“ langsam brachte sie mich auf die Palme, auch wenn ich nach Außen noch ruhig blieb.
„WARUM IST SIE SO VOLLKOMMEN? UND DICH HABE ICH NICHT GEFRAGT, SONDERN DIESEN FEIGLING. HINTER DIR“
Eine kleine Menge an Zuschauern, darunter Ginny, versammelte sich vorsichtig hinter Lavender, einige gingen hinter der Couch in Deckung, offensichtlich waren sie sich nicht sicher, ob gleich Flüche, Gegenstände oder Kanarienvögel durch die Gegend fliegen würden.
Lavender Gesicht leuchtete knallrot, ihre Arme ĂĽberkreuzte sie unsicher und drohend ĂĽber ihrer Brust, und jetzt funkelte sie ihre Gegner an, insbesondere mich, da Ron hinter meinem RĂĽcken zurĂĽck blieb, der alte Feigling.
„Ich bin nicht vollkommen“, antwortete ich wohlüberlegt, und ruhig. „Das habe ich nie behauptet. Wie kommst du darauf?“
„WAS HABT IHR DANN DA OBEN GEMACHT?“
„Nichts“, drückte ich per Gesten mein Desinteresse aus. „Zumindest nichts, was dich zu interessieren hat.“
„ABER…“
Ein erstes Stottern rutschte ĂĽber ihr brennend heiĂźes Gesicht.
„Hast du etwa geglaubt, wir hätten etwas Verdorbenes getan?“
„Aber … ihr wart Allein im Schlafraum.“
„Ich kenne Ron besser und länger, als du ihn jemals kennen wirst!“, erwiderte ich immer noch mit Desinteresse. „Es wäre das Gleiche, als wenn wir gemeinsam durch das Portraitloch geschlüpft wären. Ich wüsste nicht, dass das verboten wäre?“
„Ich bin seine Freundin!“
Sie wirkte beeindruckt und verunsichert.
„Ich bin auch seine Freundin.“
„Aber ich liebe ihn!“
„Das tu ich auch!“
„Was ist an der so besonders?“ Lavender neigte ihr Gesicht zur Seite, um besser an mir vorbeizuschauen, ihre Frage galt Ron, der sich immer noch nicht rührte. „Gib mir endlich mal eine Antwort, die hat noch nicht einmal richtige Titten.“
Mein Gesicht wanderte skeptisch abwärts zu meinen Brüsten. „Das halte ich für ein Gerücht.“ Und straffte provokativ meine Bluse, an eben dieser Stelle.
Erneut versuchte sie etwas zu erwidern, doch ich lieĂź sie nicht dazu kommen.
„Erzählst du Ron deine Geschichten etwa mit deinen Melonen?“, erwiderte ich, und konnte auf Grund meiner, für mich selbst überraschenden Schlagfertigkeit ein gehässiges Grinsen nicht unterbinden. „Oder redet ihr etwa gar nicht miteinander, was anderes haben wir nämlich gerade nicht getan.“
Ihre Lippen schienen plötzlich versiegelt, sich brachte kein Wort heraus.
„Du kennst Ron doch gar nicht!“ warf ich ihr an den Kopf. „Welche ist Rons Lieblings – Quidditch - Mannschaft, hast du eine Ahnung, Lav-Lav?“
„Was tut das zur Sache?“
„Wie oft hat dich Ron im Schach geschlagen? Oder hast du noch nicht einmal gewusst, dass er der beste Schachspieler in ganz Hogwarts, ist?“
Lavender bewegte nur noch mechanisch ihre Lippen. „Ich ... Freundin ... Ron“.
„Wusstest du, dass er kein spezielles Lieblingsessen hat? Und kannst du ihn verstehen, wenn er mit vollem Mund spricht? ... Hat er dir jemals von seiner kleinen Eule erzählt, und wusstest du, dass es ihn schwer treffen würde, wenn er Pigwidgeon verlieren würde? ... Ach du kanntest nicht einmal ihren Namen?“ fügte ich hinzu, als ich ihr nervöses, erschrockenes Zucken bemerkte.
Lavender wankte, sie öffnete mehrmals ihren Mund, um etwas zu erwidern, aber schließlich seufzte sie resignierend.
Das Ende war gekommen.
Das Ende unseres Disputes, und das Ende der Beziehung Ron – Lavender.
Der Weg wäre frei…
Lavender gab auf, resigniert schaute sie an mir vorbei, „wenn es das ist was du willst, Won-Won ... dann ist es ZU ENDE!“ Ron, der sich immer noch hinter mir versteckte, zitterte wie Espenlaub, ich spürte seine vibrierende Hand in meinem Rücken.
Ein letztes Mal schaute Lavender hoffnungsvoll zu Ron, dann brach sie in Tränen aus und mit einem künstlichen Wein-Schreikrampf rannte sie fluchtartig aus dem Gemeinschaftsraum.
Ron kroch hinter meinem Rücken hervor, ging ein paar Schritte an mir vorbei, wortlos, fassungslos und nachdenklich, dann drehte er sich wieder um, sah mich kurz an und murmelte ein undefinierbares „Danke.“
Ihm war sichtlich unwohl, und er wusste nicht, was er tun und wie er reagieren sollte.
SchlieĂźlich zog er sich in die Einsamkeit zurĂĽck, dahin, wo wir gerade hergekommen waren.
Erschöpft ließ ich mich in meinen Sessel fallen.
Ich wusste, dass ich nicht lange allein bleiben wĂĽrde.
„Damit wären wir wieder vier Singles … kann ich mich zu dir setzen, oder willst du lieber alleine sein?“ fragte Ginny, und bevor ich etwas hätte erwidern können, saß sie neben mir.
„War ein ganz schöner Knalleffekt eben, wie fühlst du dich? Aber du warst einfach genial, Hermine.“
„Eigentlich müsste ich dir diese Frage stellen, denn du hast deinen Freund verloren, ich habe eher einen wiedergewonnen.“
„So kann man es natürlich auch sehen, also ich fühle mich nicht gut, aber erleichtert.“
„Dein sehnlichster Wunsch wird damit bald Wahrheit werden.“
Genussvoll starrte Ginny mich an, oder besser durch mich hindurch.
In Gedanken war sie eindeutig schon einen, oder mehrere Schritt weiter.
„Also wie geht es dir? Du kannst mir nicht weis machen, dass dich das gerade eben nicht mitgenommen hat?“
„Ich fühle mich nicht gut, aber erleichtert“, antwortete ich mit ihren Worten.
„Warum denn das?“
„Weil du bald mit Harry gehen wirst!“, aber hätte ich ihr das wirklich sagen sollen?
Da ich ihr nicht antworten konnte, täuschte ich Ahnungslosigkeit vor, senkte meinen Kopf und zuckte leicht mit meinen Schultern.
„Wo ist Harry?“
„Jetzt vergeudest du wohl keine Minute mehr, oder?“ fragte ich mit spitzer, schneller Zunge.
„Von wegen! Es liegt immer noch bei ihm, diesen ersten Schritt zu tun!“
„Du willst doch aber nicht behaupten wollen, dass du nur zusehen und abwarten willst?“
„Wie meinst du das?“
„Ich denke da an Nachhilfe?“
„Ich werde ihm auf Jedenfall verstärkt den Kopf verdrehen, wenn du das meinst, aber den ersten Schritt muss er machen. Wo ist er überhaupt?“
„Wir haben unsere Situation wohl Felix Felicis zu verdanken.“
Ginny stutzte und sah mich auffordernd an.
„Er versucht seit Wochen eine Information aus Slughorn heraus zu bekommen, die der nicht preisgeben will.“
„Was für…“
„Darüber darf ich dir nichts sagen“, unterbrach ich sie. „Wir wissen selber noch nicht, um was es eigentlich geht, die Bibliothek hat mich erstmals im Stich gelassen.“
„Dann wird es wohl eine äußerst schwarzmagische Sache sein, wenn du schon in der Bibliothek nichts findest“, überlegte sie laut.
„Er ist vorhin unter einem Schluck Felix Felicis los, unter dem Tarnumhang, deswegen hat Lavender auch nur Ron und mich aus dem Schlafraum kommen sehen.“
„Dann war es gar nicht Dean, sondern Harry dessen Berührung ich bemerkt hatte? Dean war also wirklich unschuldig?“ staunte sie. „Ach egal, zwischen uns war es sowieso nur noch eine Farce, und nur eine Frage der Zeit, bis der große Knall kommen würde.“
„Den großen Knall, den du herbeigesehnt hast!“ Meine Zunge wurde immer spitzer und schneller, erschrocken schlug ich eine Hand vor meinen Mund. „Tut mir leid Ginny.“
„Nein, braucht es nicht, du hast Recht. Ich habe wirklich nur noch auf diesen Moment gewartet. War wohl in den letzten Tagen nicht ganz fair zu Dean…“
Tage?
Wochen … Monate!
„Komischerweise wollte Harry aber zu Hagrid, und nicht zu Slughorn, wir dachten erst, er habe den falschen Trank zu sich genommen“, verdrängte ich diesen Gedanken.
„So dumm scheint die Eingebung aber doch nicht zu sein“, erwähnte Ginny. „Das Walsross treibt sich draußen bei den Gewächshäusern herum.“
Jetzt war es an mir erstaunt zu schauen.
Ginny beantwortete meinen fragenden Blick: „Dean wollte eine Aussprache und wir zogen hitzig diskutierend über das Gelände“, erklärte mir Ginny. „Eigentlich reden wir schon seit Tagen nur über unser Problem“, das Wort Problem klang sehr abfällig, zu abfällig, wenn ihr mich fragt, aber es bestätigte nur meinen Eindruck. „Okay, es war notwendig zu reden, aber meistens haben wir uns nur angeschrien, und dann tagelang nicht mehr miteinander geredet. Heute hatten wir uns fest vorgenommen…“.
„Du hattest dir festgenommen, es zu beenden“, korrigierte ich, und traf den Nagel auf den Kopf.
Ihr Gesicht verriet alles.
„Dean hatte immer nur ein Thema auf dem er herumritt. Harry hier, Harry da, Harry, Harry … Ich konnte es nicht mehr hören.“
Ich glaube das Thema war nicht unbegründet, und es war nicht nur sein Lieblingsthema…
"Ich hatte dich gewarnt!”
„Vergiss es“, winkte sie ab. „Heute Abend lief es genauso ab, wie die letzten Tage. Harry würde mich andauernd angaffen, und ich hätte Spaß daran, und würde ihm auch noch den Grund dazu liefern.“
„Immerhin ist er nicht dumm, dein Dean.“
„In Vergleich zu Ron?“ spottete Ginny. „Und jetzt ist er nicht mehr – mein Dean! Aber jetzt lasse mich bitte weiterzählen.“
Ich gab ihr ein Abwinken, das sie als Zeichen auffasste weiterzumachen. „In der Nähe der Gewächshäuser kam Sprout auf uns zu und wirkte verärgert, weil wir wohl ziemlich hitzig am Diskutieren waren.“
Diskutieren hat mit Streiten wenig zutun.
„Ich hatte kurz zuvor Dean angeschrien…“, sag ich doch!
„Dean, es ist gut jetzt! Sprout fragte uns, ob alles in Ordnung wäre. Oh, mir geht es gut, antwortete ich ihr sarkastisch, und beachtete Dean nicht weiter. Wenn Sie Professor Slughorn unterwegs treffen sollten, würden sie ihm bitte ausrichten, dass er mich direkt bei den Gewächshäusern treffen könnte? Trug sie mir noch auf. Dean brummte nur, und ich nickte ihr bestätigend zu, dann warf sie sich einen Sack über die Schulter und lief los. Ich hatte keine Lust mehr auf Deans Laune, und so lief ich eilig los, in der Hoffnung ihn abzuhängen. Er blieb tatsächlich ein paar Meter hinter mir zurück, im Treppenhaus wollte ich ihn endgültig abhängen, doch dann traf ich auf Slughorn, dem ich Sprouts Nachricht übermittelte, da schloss er wieder zu mir auf. Slughorn laberte etwas von Schattengewächsen, und machte sich eilig davon. Die Sache mit Dean war für mich endgültig erledigt, aber ich kam gar nicht dazu, es auszusprechen, und weil er nicht zuhören wollte, ließ ich es ihn spüren.“
Dean ist ein feiner Kerl, das hatte er nicht verdient.
„Er wollte mich tatsächlich nochmals küssen, an der gleichen Stelle, wo uns Harry und Ron erwischt hatten, du erinnerst dich?“
„Leider, erinnere mich bloß nicht daran…“
„Ich nahm die Abkürzung um schneller hier zu sein, und er dachte dabei wohl an etwas anderes. Er bedrängte mich, küsste mich hart und schmerzhaft auf die Lippen, ich schob ihn weg, und gab ihm eine schallende Ohrfeige, das war es für mich endgültig. Hier im Gemeinschaftsraum hatte er es dann wohl endlich eingesehen.“
Kurz nach Mitternacht ging ich an diesem Abend zu Bett. Harry war noch nicht zurückgekehrt, und so war ich guter Dinge, dass seine Mission doch, wider Erwarten gut verlaufen wäre.
Vielleicht ist er direkt im Anschluss zu Dumbledore?
Mein Gefühl täuschte mich nicht.
Völlig übermüdet, aber glücklich, schilderte er am nächsten Morgen in der Zauberkunststunde, was und wie es ihm gelungen war, und was er zusammen mit Dumbledore in Erfahrung bringen konnte.
Unter Anwendung des Muffliato, was ich in dieser Situation, als sinnvoll ansah.
Mich schauderte bei seinem Bericht.
„In der Nähe der Gemüsebeete traf ich tatsächlich auf Slughorn, ich erzählte ihm, dass ich unterwegs zur Bestattung von Hagrids verstorbener Acromantula sei, und weckte dadurch sein Interesse. Seine Augen leuchteten, frisches Acromantulagift könne man sehr teuer verkaufen, er war sofort bereit mich dahin zu begleiten. Bei der anschließenden Trauerfeier füllte ich die Beiden, einer Eingebung zufolge, mit Wein ab, indem ich die Weinflaschen fortwährend mit einem non-verbal ausgeführten Nachfüllzauber wieder füllte, die Beiden haben sich absolut sinnlos betrunken.“
„Non-verbal?“ staunte ich. „Dir gelingt es?“
„Hermine!“ mahnte Harry. „Du kennst mich!“
„Eben darum“, lächelte ich. „ Ich bin stolz auf dich.“
„In diesem Zustand gelang es mir schließlich an die Erinnerung zu kommen. Es war nicht einfach, aber dank Felix … und dank Mom…“
„Was hat Lily damit zu tun?“
„Es war nicht leicht für mich, aber als er von meiner Mom anfing in den höchsten Tönen zu schwärmen, musste ich ihn daran erinnern, dass sie ihr Leben für mich geopfert hatte, das zeigte Wirkung. Die fette Dame hatte zu Mitternacht das Passwort verändert und wollte mich nicht reinlassen, und als der fastkopflose Nick mir auch noch erzählte, dass Dumbledore zurück war, wusste ich direkt was ich zu tun hatte. Er schien zwar sehr überrascht mich zu sehen und wirkte auf den ersten Blick sehr erschöpft, aber als ich ihm die Erinnerung präsentierte, war er hell wach und begeistert.“
„Was habt ihr gesehen?“ fragte ich aufgeregt.
„Es war genau die gleiche Szene, nur eben dieses Mal unmanipuliert. Slughorn saß mit einer Gruppe Slytherins zusammen, und Tom erkundigte sich nach dem Grund für das Ausscheiden von Professor Merrythought. Slughorn zeigte sich beeindruckt von Riddles erstaunlichen Fähigkeiten auch an geheim gehaltene Neuigkeiten heranzukommen und bot ihm an, eine Karriere im Zaubereiministerium zu unterstützen. Nachdem alle weg waren wartete Tom absichtlich lange, es war offensichtlich, dass er Slughorn etwas fragen wollte, und das handelte, wie erwartet über das Thema Horkruxe. Dieses Mal beantwortete Slughorn Toms Frage: Horkruxe sind Objekte, in denen ein schwarzer Magier einen Teil seiner Seele außerhalb seines Körpers aufbewahrt. Wer einen Mord begeht, spaltet seine Seele und kann einen Teil davon behalten und den anderen durch einen schwarz-magischen Zauber in einen Gegenstand einschließen. Auf diese Weise lebt nicht seine ganze Seele in seinem eigenen Körper, sondern nur ein Teil von ihr. Der andere Teil der Seele ist sicher in einem Horkrux aufbewahrt. Wenn eine Person getötet wird, die einen Horkrux von sich hergestellt hat, bleibt ihre Seele erdgebunden, weil ein Teil von ihr in einem unversehrten Horkruxkörper erhalten ist. Deshalb wird diese Person entleibt ohne zu sterben. Die verbliebene Rumpfseele aus dem jetzt toten eigenen Körper kann sich in fremde Körper einnisten oder sich mit fremder Hilfe wieder einen eigenen handlungsfähigen Körper schaffen.“
„Das ist so schrecklich, so unglaublich“, stammelte ich. „Tom hat also einen Mensch getötet, um seine Seele zu spalten, und in einem Gegenstand aufzubewahren.“
„Sieben Mal! Tom wollte wissen, ob es sieben Mal möglich wäre, weil sieben eine magische Zahl wäre.“
„Sieben Mal?“ Ich schauderte bei dem Gedanken daran. „Das heißt, wir müssen sieben Horkruxe ausfindig machen, die überall auf der Welt sein können um Voldemort zu besiegen? Und von denen wir keine Ahnung haben, was sie sein könnten?“
„Nur noch vier“, korrigierte mich Harry. „Wir müssten nur noch Vier finden.“
Erstaunt sah ich ihn an.
„Zwei sind schon zerstört, und der siebte, vermutet Dumbledore ist in Tom selbst.“
Ich bat ihn mit Blicken um Aufklärung.
„Tom Riddles Tagebuch habe ich zerstört, und der Ring der Gaunts, von Dumbledore.“
„Und wie sollen wir die anderen finden?“
„Drei sind wahrscheinlich bekannt“, erklärte Harry weiter. „Slytherins Medaillon, Hufflepuffs Trinkpokal, sowie Voldemorts Schlange Nagini. Der sechste Horkrux, vermutet Dumbledore könnte etwas von Godric Gryffindor oder Rowena Ravenclaw sein. Voldemort würde mich auf jeden Fall erledigen wollen, weil er den vernichten will, der ihn besiegen könnte. Ich selbst hätte die Wahl, nur auf seine Attacken zu reagieren, oder selbstbewusst von mir aus, ihn besiegen zu wollen.“
„Und du hast dich schon entschieden! Du wirst dich ihm stellen!“
Seine Blicke hatten es mir verraten.
„Dumbledore ist kurz davor einen weiteren Horkrux zu finden, und wenn es soweit ist, würde er mich mitnehmen.“
„Wow“, staunte Ron. „Du wirst wirklich mit Dumbledore gehen … und dann wollt ihr es zerstören? Wow“.
Völlig geistesabwesend schwenkte Ron seinen Zauberstab.
„Ron, du lässt es schneien“, mahnte ich ihn geduldig, packte ihn am Handgelenk und bog seinen Zauberstab in eine andere Richtung, ließ seinen Arm aber sofort wieder los.
Lavender hatte diese Szene beobachtete, und funkelte mich mit roten, wĂĽtenden Augen an.
Ron wischte ein wenig von dem falschen Schnee von meiner Schulter, was bei Lavender einen Weinkrampf hervorrief, tränenaufgelöst rannte sie schluchzend aus dem Raum.
Ron drehte ihr schuldbewusst den RĂĽcken zu, der alte Feigling.
„Wir haben uns getrennt“, flüsterte er ohne die Lippen zu bewegen in Harrys Richtung. „Gestern Abend. Als sie gesehen hat, wie ich mit Hermine aus dem Schlafsaal kam. Dich konnte sie natürlich nicht sehen, also hat sie gedacht, wir wären nur zweit gewesen.“
Und was hätten wir zu zweit machen sollen?
Du hättest wenigstens meinen Auftritt erwähnen können!
„Oh“, sagte Harry kaum beeindruckt. „Na ja – du hast ja nichts dagegen, dass es vorbei ist, oder?“
„Nein!“ hauchte Ron. „Es war ziemlich übel, als sie geschrien hat, aber wenigstens musste ich nicht selbst Schluss machen.“
„Feigling“, fauchte ich, allerdings amüsiert.
Es war ziemlich übel? – Von wegen, kein Ton kam über seine versiegelten Lippen, das sah unter der Saugglocke effektiver aus!
Hinter meinem Rockzipfel hatte er sich versteckt, der Feigling!
„Tja, das war ein rundum schlechter Abend für die Liebe“, erwähnte ich gespannt, auf Harrys Reaktion. „Ginny und Dean haben sich auch getrennt, Harry.“
Einen kurzen Moment sah er mir fragend in die Augen, frei nach dem Motto: Was sollte jetzt dieser wissende Ausdruck auf deinem Gesicht?
Mit möglichst unbewegtem Gesichtsausdruck und in möglichst gleichgültigem Ton fragte er: „Wie das?“ und warf dabei einen nervösen Blick hinüber zu Dean.
„Oh, irgendwas völlig Albernes … sie sagte, er würde ständig versuchen, ihr durchs Portraitloch zu helfen, als ob sie nicht selbst reinklettern könnte … aber bei denen geht’s schon ewig auf und ab.“
Harrys Blick wandte sich von Dean wieder ab, und ich zog die nächste Karte, die hieß: Ihn in Verlegenheit bringen. „Das bringt dich natürlich ein wenig in die Zwickmühle“, fragte ich zweideutig, eindeutig.
„Wie meinst du das?“ fragte er vorsichtig.
„Wegen der Quidditch – Mannschaft, wenn Ginny und Dean nicht miteinander reden…“, grinste ich gehässig.
„Oh – o jaah“, erwiderte Harry stotternd.
Dennoch bedarf es noch einer weiteren, kleineren Tragödie, bis der richtige Moment kam.
Einige Tage lief Harry nachdenklich und unsicher umher.
In seinem Kopf schien ein erbitterter Kampf zu toben.
Sie ist Rons Schwester.
Aber sie hat mit Dean Schluss gemacht.
Sie ist trotzdem Rons Schwester.
Ron ist trotzdem sein bester Freund.
Das macht es nur noch schlimmer.
Sollte er mit Ron vorher reden?
Er wĂĽrde ihm eine verpassen.
Ob er bei all diesen Gedanken auch an mich dachte?
Ich fĂĽhlte seine Gedanken mit.
Mir ging es ähnlich.
Wie lange wĂĽrde es noch dauern?
Wollte er etwa doch nicht?
Wartet er auf mich?
Träum weiter!
Harry ließ sich Zeit, unendlich lange Zeit, und Ginny wurde allmählich ungeduldig, sie spielte mit seinen Gefühlen.
Dabei wich sie nicht mehr von seiner Seite, immer öfters betatschten sie sich gegenseitig, zwar unschuldig, aber sie tasteten sich gegenseitig ab.
Irgendwie schien es nie zu einem Gespräch unter vier Augen zu kommen, kaum hatte einer von Beiden den Mund geöffnet, stand wie von Zauberhand Ron bei ihnen.
Ich vermute Ron, wurde noch nie so gedanklich verflucht, wie in diesen Tagen.
Interessiert beobachtete ich genauestens aus sicherer Entfernung, dieses Schauspiel.
Während des Quidditch – Trainings handelte sich Harry mehrere Klatscherverletzungen ein, weil seine Augen unwillkürlich nur auf einen einzigen Spieler fixiert waren.
Eine kleine, energische Rothaarige, die ihm bewusst den Kopf verdrehte.
Einige Tage vor dem entscheidenden Match gegen Ravenclaw landete Ginny einige Meter neben Harry auf dem Feld, der gerade Ron noch einmal ins Gewissen redete, um dessen Leistung anzustacheln.
Er sah sich kurz um, nachdem Ron losgelaufen war, und wartete, bis sich Ginny ihm anschlieĂźen wĂĽrde.
Es entlockte mir ein Lächeln, weil er das nach jedem Training so machte, so konnte er ein Stück mit ihr alleine sein.
Wenn er mit ihr glücklich werden würde, dann sollte es so sein! Redete ich mir ein, und schien mich äußerlich damit abzufinden. Allerdings hielt ich meine Augen offen, ich war bereit, bei jeder noch so kleinen Verfehlung einzuschreiten. Koste es, was es wolle.
„Du solltest dem Schnatz mehr Aufmerksamkeit schenken“, sagte Ginny neckend, und drückte ihren Kopf gegen seine Schulter, an die Stelle, wo ihn kurz zuvor ein Klatscher getroffen hatte, und ihn fast vom Besen haute.
Sie bemerkten nicht, dass ich ihnen in nur wenigen Metern Entfernung folgte.
„Ich will dich nicht wieder im Krankenhaus-Flügel besuchen müssen“, hörte ich Ginny sagen, ihren Kopf immer noch an seiner Schulter.
„Ich bin der Kapitän“, antwortete Harry. „Ich muss meine Augen überall haben.“
„Überall?“ lachte Ginny höhnisch. „Hast du die tolle Drehung von Katie gesehen? Oder wie steht's mit diesem verrückten Abschlag von Ron? Oder Peakes und Coote, wenn sie beide gleichzeitig auf den Quaffel schlagen?“
Als er seinen Kopf schüttelte, ergänzte sie: „Wie steht's damit, als ich Kreise um Ron flog, um ihn zu verwirren?“
Er lachte laut auf, und bestätigte damit, dass er es gesehen hatte.
Auf was wartest du, Harry? dachte ich.
Wo liegt dein Problem?
Liegt es an mir?
Vergesse mich.
Streiche mich aus deinem Kopf.
Aber es liegt wohl eher an Ron!
Zwei Wochen dauerte dieses Spiel, zwei Wochen, und sie waren immer noch auf Schnupperkurs.
„Seh ich euch nachher beim Essen, Harry, Hermine?“
Wieder war, wie aus dem Nichts Ron aufgetaucht, und brachte mich dadurch wieder einmal in Verlegenheit. Sowohl Harry, als auch Ginny warfen mir giftige Blicke entgegen.
Harry nickte kurz in Rons Richtung, was wohl Ja bedeuten sollte.
„Ich werde euch einen Platz freihalten.“ Erklärte Ron und verschwand genauso schnell, wie er aufgetaucht war.
Ginny blinzelte Harry zu und lief Richtung Umkleide.
Ohne Frage, Harry machte es komplizierter, als es hätte sein müssen.
Warum war dem so?
Nur das Gewissen wegen Ron?
Was erwartest du?
Erwartest du deinen eigenen Namen zu hören?
Erwartest du etwas was nicht zutreffen wird, was nicht einmal sein darf?
Erwartungsvoll sah er mir in die Augen.
Harry war stehengeblieben und starrte mich an.
„Auf was wartest du Harry?“ fragte ich ihn ungeniert.
„Was meinst du?“
„Ach komm Harry, du weißt genau was ich meine.“
Nachdenklich starrte er mich unaufhörlich an, und brachte mich damit an den Rand des Wahnsinns. Unendlich lange Sekunden vergingen, ohne dass sich einer von uns rührte.
Was erwartest du?
Es ist mir nicht möglich, Harry, weil es einfach nicht sein darf.
„Sie ist Rons Schwester“, sagte er schließlich. „Wie denkst du darüber?“
„Ich?“ fragte ich erstaunt. „Was habe ich damit zutun?“
Zwischen uns entstand erneut ein schweigsamer Augenblick, Harry sah mir lange in die Augen.
Was?
Was willst du von mir hören?
Vergiss es!
Er will deinen Segen!
„Auf was wartest du Harry?“ wiederholte ich ungeduldig, aber mit ruhiger Stimme.
„Auf was ich warte?“
Fragend starrte ich ihn an, ich wusste was er eigentlich damit ausdrücken wollte, - wirklich? – aber wieder einmal sträubte ich mich, als würde uns eine unsichtbare Barriere voneinander trennen.
„Du stierst ihr jetzt seit fast einem Jahr hinterher, meinst du das habe ich nicht bemerkt, oder sie?“
„Das meinte ich eigentlich nicht“, erwiderte Harry lässig.
„Sondern?“
Wieder starrte er mich erwartungsvoll an. „Wir“, wortlos schwangen seine Finger zwischen uns hin und her, „wir beide.“
„Was soll mit uns Beiden sein?“
Mein Herz zuckte, ein Gefühl es hätte aufgehört zu schlagen, breitete sich in mir aus.
O Nein, o nein!
„Wir haben immer noch nicht darüber gesprochen, was letzten Sommer zwischen uns passiert ist.“
Ich schluckte schwer.
„Was ist denn zwischen uns passiert?“ fragte ich mich rasanter Zunge, die ich mir am liebsten abgebissen hätte.
Mein Bauch kribbelte, mein Herz raste, mein Kopf kochte, mein Herz hatte wirklich aufgehört zu schlagen.
Nein, nein, nein, nein!
Es darf nicht sein!
Ich bin ein Feigling!
Nein du bist nur vernĂĽnftig.
VernĂĽnftig?
Ist es etwa vernĂĽnftig, wenn ich vor Liebe sterben will, weil ich nicht das ausspreche, was ich eigentlich sagen wollte?
Ist es etwa vernünftig, wenn mein Herz rast, und im nächsten Augenblick aufhört zu schlagen, wenn es aus meinem Körper herausspringen will, wenn es direkt in seine Tasche hüpfen will?
Ist es etwa vernĂĽnftig, wenn meine Knie zittern?
Ist es etwa vernĂĽnftig, wenn ich seine warmen Lippen auf den Meinigen spĂĽren will?
Ist es etwa vernünftig, wenn ich eine Gänsehaut in seiner Nähe bekomme?
Ist es etwa vernĂĽnftig, wenn ich hier und auf der Stelle ĂĽber ihn herfallen will?
„Danke“, sagte er, wandte sich ab, und folgte Ginny hinterher.
Danke wofĂĽr?
„Für dein Schweigen, das mir mehr verraten hat, als tausend Worte, von denen jedes Einzelne gelogen wäre.“
Hatte ich die Worte geträumt, oder hatte er mir wirklich geantwortet?
Es wäre egal gewesen, denn es stimmte, jedes Wort wäre eine Lüge gewesen.
So begannen die milden Tage des Mai, und noch immer kämpfte Harry mit sich selbst.
Auf was wartet er?
Aber immerhin suchte er nun die Nähe zu Ginny, es ging nicht nur mehr von ihr aus, er lachte über jeden noch so harmlosen Witz von ihr, doch er schaffte es nicht auch nur einen Schritt weiter zu gehen.
An manchen Tagen hatte ich das Gefühl, dass er sich schon überlegte, wenn nicht endlich er, ob dann andere ihm zu vorkommen könnten. Ginny war frei, und das sprach sich herum, sie war begehrt, selbst Dean versuchte zaghaft auf einen Neuanfang zu hoffen.
Immer öfters stand Harry auch vor mir, und ich wusste was er wollte.
Wirklich?
Ja, ich wusste es: Reden und Hilfe erwartete er von mir.
Nur ich war nicht mehr bereit dazu.
So sehr ich es auch die ganze Zeit vorangetrieben hatte, die Beiden zusammenbringen in der Hoffnung von mir abzulenken, ihn damit von meinem Herzen abzuwehren, so sehr war es nun damit vorbei.
Jetzt, da es jeden Wimpernschlag soweit sein konnte, war ich nicht mehr bereit dazu, und am Liebsten hätte ich ihm in den Hintern getreten, um es endlich hinter mir zu haben.
Es brach mein Herz zusehen zu müssen, wie Harry sich quälte, nur auf ein Zeichen von mir wartete, und je länger ich schwieg, desto weiter trieb ich ihn von mir weg.
Ich wusste und wollte das so.
Mein Herz war gebrochen, zerrissen in unendlich viele Fetzen.
Nicht nur du leidest, Harry!
Ich darf nicht, ich kann nicht, es darf nicht sein!
Aber es tat weh, so unendlich weh, tatenlos zusehen zu müssen, wie ich ihn für immer verlieren könnte.
Nur ein Wort.
Nur ein Wort hätte genügt.
Ja oder Nein.
Aber ich konnte weder das Eine, noch das Andere aussprechen.
Weil ich das eine nicht konnte, und das andere nicht durfte.
Versinke nicht in Mitleid, er selbst hätte nur ein Wort zu dir sagen brauchen!
JA!
Nein! Nein! Nein!
Hätte er nicht!
Du wärst nicht mehr zu retten gewesen.
Alles wäre vorbei gewesen, alle Pläne gefährdet.
Aber hast du durch dein Schweigen nicht auch alles verloren?
Alles was dir wichtig ist?
Alles was zählt ist zu leben, zu überleben.
Das ist wichtig.
Und nur das.
Aber wirst du das ĂĽberleben?
Nur ein Wort, Harry, nur ein Wort!
Ich brachte es nicht ĂĽber meine Lippen, und er tat es auch nicht.
Was wenn er noch einen Schluck Felix Felicis nimmt, und ihn Felix in die falsche, die richtige Richtung lenken wĂĽrde?
Ich wagte gar nicht weiter darĂĽber nachzudenken.
„Wo warst…? Warum bist du platschnass…? Ist das Blut?“
Auf dem Treppenabsatz stand Ron und schrie durch den Gemeinschaftsraum.
Erschrocken und aus meinen Gedanken gerissen sah ich mich um.
„Ich brauch dein Buch“, keuchte Harry, kreidebleich im Gesicht, überall mit Blut bespritzt „Dein Zaubertrankbuch. Schnell … gib’s mir …“
„Und was ist mit dem Halbblut…?“
„Das erklär ich dir später!“
Ron zog sein eigenes Zaubertrankbuch aus der Tasche und reichte es ihm entgegen, und Harry rannte los, ohne Worte an mir vorbei.
„Hast du eine Ahnung was…?“ fragte mich Ron.
Ich schĂĽttelte unwissend meinen Kopf.
„Was wer jetzt das? Was ist passiert“, auch Ginny kam ängstlich herbeigelaufen.
„Die Maulende Myrte rennt panisch durch die Gänge und schreit hysterisch: Mord! Mord! Im Klo! Mord! – Harry wird doch nicht…?“
„Mord?“ ich konnte es nicht glauben.
Mein Körper zitterte, mein Herz schaffte die Schläge nicht mehr.
„Kommt ihr mit was essen?“ fragte Ron.
Wie oft in meinem jungen Leben soll mein Herz noch diesen Folterungen ausgesetzt werden?
Sowohl Ginny, als auch ich sahen ihn fassungslos an. „Ron? Wie kannst du nur in diesem Augenblick ans Essen denken?“
„In welchem Augenblick?“
Oh Ron!
„Harry wird hierher zurückkommen, er geht mit Sicherheit nicht zum Essen. Ich werde hier auf ihn warten!“ funkelte ich Ron zornig an.
Er kam eine halbe Stunde später, immer noch Blut verschmiert, immer noch kreidebleich, und die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Erschöpft, atemlos und sehr, sehr traurig ließ er sich in einen Sessel fallen.
Weinte er etwa?
Eine kleine Träne verirrte sich auf seiner Wange.
„Ich wollte das nicht“, stammelte er. „Ich wollte das nicht.“
„Was wolltest du nicht, Harry? Was ist geschehen?“
„Eigentlich war ich auf dem Weg zum Abendessen, wie gewöhnlich nahm ich die Abkürzung durch den Korridor im siebten Stock und überprüfte die Karte des Rumtreibers.“
Malfoy! Hat er etwa Malfoy getötet?
Ich wurde panisch.
„Malfoys Name fand ich ein Stockwerk tiefer im Jungenklo, allein. Als ich das Klo erreicht hatte, drückte ich zunächst mein Ohr gegen die Tür, konnte aber nichts hören, so öffnete ich leise die Tür, und da stand er, mit dem Rücken zu mir, die Hände seitlich an das Waschbecken geklammert, den Kopf nach vorne gebeugt und er schien bitterlich zu weinen. Die maulende Myrte war bei ihm, und sprach mitleidsvoll auf ihn ein. Keiner kann mir helfen, jammerte Malfoy. Ich kann es nicht tun, ich kann nicht, es wird nicht funktionieren, und wenn ich es nicht bald mache, dann will er mich umbringen.“
„V - Voldemort?“ fragte ich bestürzt.
„Tränen strömten über sein Gesicht, er keuchte und schluckte, dann erblickte er mich, oder besser mein Bild im Spiegel vor ihm, erstarrt wirbelte er herum und zog sofort seinen Zauberstab. Sein Fluch verfehlte mich nur ganz knapp, ich musste mich wehren!“ versuchte Harry sich zu verteidigen.
„Malfoy schleuderte mir einen weiteren Fluch entgegen, die Lampen zersplitterten, ein Abfalleimer explodierte, alles ging so schnell, ich wusste nicht mehr was und wie. Ein Beinklammerfluch von mir konnte er blocken, ein Spülkasten flog mir um die Ohren, Myrte schrie hysterisch: Aufhören! Aufhören! Überall strömte Wasser, das ganze Klo war mittlerweile überschwemmt, dann schrie ich SECTUMSEMPRA! Es war das einzige was mir noch einfiel. Der Fluch des Halbblutprinzen, gegen Feinde stand in dem Buch.“
Harry stockte.
„Blut spritzte aus Malfoys Gesicht und seiner Brust, als wäre er von einem unsichtbaren Schwert aufgeschlitzt worden. Er taumelte rückwärts und brach zusammen. Ich rutschte und schwankte unter dem überflutenden Boden direkt auf ihn zu, fiel auf die Knie in eine Lache von Malfoys Blut und versuchte das Blut mit bloßen Händen abzudrücken. Myrte schrie und schrie, dann kam Snape, schob mich beiseite, kniete sich neben Malfoy hin und murmelte eine gesungene Beschwörungsformel. Der Blutstrom ließ endlich nach. Sie müssen in den Krankenflügel. Vielleicht bleiben einige Narben, aber wenn sie sofort Diptam nehmen, können wir sogar das verhindern. Snape brachte Malfoy weg, und gab mir wütend die Anweisung auf ihn zu warten. Zehn Minuten später kehrte er zurück, ich stand wie gelähmt vor ihm. Scheinbar habe ich sie unterschätzt, Potter. Wer hätte gedacht, dass sie sich derart mit schwarzer Magie auskennen? Wer hat ihnen diesen Zauber beigebracht? Dann wollte er mein Zaubertrankbuch sehen…“
„Du hast ihm Rons Buch präsentiert? Das echte Buch muss weg!“
„Es ist weg“, bestätigte Harry. „Ich habe es im Raum der Wünsche versteckt. Snape konnte mir nichts nachweisen.“
„Ich will nicht behaupten, dass ich’s dir ja gesagt habe“, mahnte ich erschrocken.
„Hör auf, Hermine!“ schrie mich Ron an.
Es interessierte mich nicht.
Ich hatte es immer gewusst, das Buch bringt UnglĂĽck!
Obwohl die Situation schrecklich war, fĂĽhlte ich dennoch ihn belehren zu mĂĽssen.
„Ich habe dir doch gesagt, dass mit diesem Prinz-Typen irgendwas nicht stimmt! Und ich hatte Recht, oder?“
„Nein, ich glaube nicht“, korrigierte mich Harry hartnäckig und wütend.
Ohne Ginny in die Augen zu sehen, wandte er sich ihr zu. „Ich habe Nachsitzen bei Snape, bis zum Jahresende, beginnend am Samstag, zehn Uhr.“
„Aber da haben wir das Spiel?“ antwortete Ginny aufgebracht.
„Keine Chance“, sagte er, den Kopf immer noch gesenkt. „Snape ließ sich nicht erweichen. Du musst meine Rolle übernehmen, und ich habe schon Dean gefragt, er wird deine Position spielen.“
„Du hast was?“ Ginny fiel aus allen Wolken.
Welch eine Geste in dieser Situation.
Wenn sie gewannen, würden sich Ginny und Dean im Siegestaumel nach dem Spiel womöglich wieder miteinander versöhnen…
Diese Gedanken mussten ihn quälen, es musste die Hölle für ihn sein.
Der Gedanke daran, wie ein eiskaltes Messer, dass in sein Fleisch eindringt, während er im Kerker bei Snape verharren müsste. Ahnungslos.
Und dann kam auch noch ich mit meinen VorwĂĽrfen.
„Harry, wie kannst du dieses Buch noch verteidigen, wo dieser Zauber…“
„Hörst du endlich mal auf, über dieses Buch herzuziehen!“ fuhr er mich an. „Der Prinz hat ihn nur abgeschrieben! Und er hat keinem geraten, ihn zu verwenden! Wir wissen nur, dass er sich eine Notiz zu etwas gemacht hat, das jemand mal gegen ihn eingesetzt hat!“
„Das glaube ich nicht. Du verteidigst tatsächlich noch…“, beharrte ich.
„Ich verteidige nicht das, was ich getan habe!“ Harrys Stimme zitterte, empört starrte er mich an. „Ich wünschte, ich hätte es nicht getan, und nicht nur, weil ich ungefähr ein Dutzend Mal nachsitzen muss. Du weißt, dass ich einen solchen Zauber nie benutzt hätte, nicht mal gegen Malfoy, aber du kannst nicht dem Prinzen die Schuld zuschieben, er hat nicht geschrieben Probier das aus, das ist echt gut – er hat sich nur Notizen für sich selbst gemacht und nicht für irgendjemand sonst…“
„Willst du mir etwa sagen“, erwiderte ich überrascht, „dass du wieder dort hingehen wirst…?“
„Und das Buck zurückholst? Jaah, allerdings“, sagte Harry energisch. „Hör zu, ohne den Prinzen hätte ich nie den Felix Felicis gewonnen. Ich hätte nie gewusst, wie man Ron vor seiner Vergiftung retten kann, ich hätte nie…“
„…so völlig unverdient den Ruf eines brillanten Zaubertrankmischers bekommen“, vollendete ich bissig, und offenbarte meinen wahren Gedanken.
Schließlich hatte ich also doch meinen Mund geöffnet, und erntete prompt die Quittung.
Meine VorwĂĽrfe gaben ihm den endgĂĽltigen Stich, und das Gewicht in der Waage verlagerte sich endgĂĽltig zu Ginnys Gunsten.
„Lass mal gut sein Hermine!“ erfasste sie die Gunst der eigentlich traurigen Stunde. „Es klingt ganz danach, als ob Malfoy versucht hätte, einen Unverzeihlichen Fluch einzusetzen, du solltest froh sein, dass Harry was Gutes in petto hatte!“
War es herzlos von mir, oder doch eher Unerfahrenheit?
Auf Jedenfall war mir Ginny diesen Schritt voraus. Im richtigen Moment brachte sie Harry das Vertrauen entgegen, dass ich ihm hätte geben müssen, und das er wohl auch von mir erwartet hatte, anstatt ihm Vorwürfe zu machen.
Ich sah es an seinem Blick, obwohl er es nicht verdient hatte, wirkte er so verblĂĽfft und dankbar, dass er aufblickte.
Ich versuchte zu retten, was nicht mehr zu retten war, es war nur noch StĂĽckwerk.
„Klar, natürlich bin ich froh, dass Harry kein Fluch angehängt wurde“, erwiderte ich schwach und niedergeschmettert. „Aber du kannst diesen Sectumsempra – Zauber nicht gut nennen, Ginny, schau dir an, was er sich damit eingehandelt hat! Und wenn ich bedenke, was das nun für eure Chancen im Spiel bedeutet…“
Quidditch! Oh mein Gott, wie konnte ich nur ein Thema anschneiden, über das ich niemals mitreden könnte.
Ginny strafte mich direkt ab.
„Oh, jetzt tu nicht plötzlich so, als würdest du was von Quidditch verstehen“, fauchte sie, „das wird doch nur peinlich für dich.“
Und genau das war es auch!
Peinlich.
Und das Ende.
Kein zurĂĽck!
Ich hatte versehentlich die Tür hinter mir zugeschlagen, und niemand würde sie öffnen.
Auch ich hatte die Chance verspielt umzukehren.
Es gibt kein Weg zurĂĽck.
Aber ich lasse mir nicht vorwerfen, dass ich ihm nicht vertrauen wĂĽrde, auch wenn ich es nicht zum Ausdruck bringen konnte.
Die WĂĽrfel waren gefallen, endgĂĽltig, und vielleicht fĂĽr immer.
Ginny drehte mir wütend den Rücken zu, und ich tat es ihr gleich, aus Enttäuschung.
Nicht weil ihr etwa böse war, sondern weil ich enttäuscht über mich selbst war.
Ginny und Hermine, beste Freundinnen, saßen Rücken an Rücken, beide mit verschränkten Armen, und Ron und Harry tauschten nervöse Blicke.
Ron schnappte sich wahllos irgendein Buch und versteckte sein feiges Gesicht dahinter, doch Harry wirkte urplötzlich gut gelaunt, auf seinen Lippen lag ein stilles Lächeln.
Ich war gespannt, wie lange wir dieses Spiel durchhalten wĂĽrden, ich war jedenfalls nicht bereit nachzugeben.
Nach einigen Augenblicken stand Ginny auf, und lächelte siegessicher. Das gliche Lächeln lag in Harrys Gesicht. „Gute Nacht Harry, bis morgen, nach dem Spiel“, sagte sie, ohne auf mich oder Ron zu achten.
Sie hatte dich gerade ausgelacht!
Sie wusste es, sie war sich sicher.
SchlieĂźlich hatte sie doch den ersten Schritt gemacht.
„Schlaf gut Ginny“, antwortete Harry verträumt, und als sie sich schon ein paar Schritte entfernt hatte, rief er, „lasse mich heute Nacht in deinen Träumen, Tom besiegen.“
„Schauen wir mal, was sich machen lässt“, antwortete sie und drehte sich noch einmal zu ihm um.
„Ja, bis morgen nach dem Spiel“, nickte er ihr zu.
Ginny wirkte am nächsten Morgen ausgeschlafen und sehr gut gelaunt, als wäre nichts gewesen kam sie lächelnd auf mich zu.
„Warum grinst du so?“ fragte ich sie, auch ich wollte nicht nachtragend sein.
„Vielleicht wirst du heute auch noch grinsen“, zwinkerte sie mir zu.
„Wie?“ fragte ich erstaunt, kannte aber die Antwort.
„Heute wird es geschehen“, antwortete Ginny.
„Du und …?“ staunte ich bewusst, brach den Satz aber ab, weil Dean und Seamus sich an uns vorbeidrängelten.
Dean warf Ginny hoffnungsvolle Blicke entgegen, die sie aber nicht erwiderte.
„Was macht dich so sicher?“
„Er hat es mir gestern Abend sozusagen, unmissverständlich klar gemacht“, grinste sie mir zu.
„Na, dann bin ich mal gespannt, wie er das mit deinem Bruder anstellt!“
Während sich fast alle aufgeregt bereit machten und nach unten zum Quidditch – Wurf gingen, wartete ich noch einen Moment.
Wartete auf einen gewissen Zauberer, mit einem letzten FĂĽnkchen Hoffnung, der schnell verflog.
„Bist du okay, Harry?“ fragte ich ihn.
Wortlos ging er mit gesenktem Kopf an mir vorbei.
Immer wieder sah ich, während des Spiels zu den Tribünenaufgängen, in der Hoffnung, Snape würde ihn doch früher gehen lassen.
Aber wäre es anders zu erwarten gewesen?
Bei jedem anderen Lehrer wahrscheinlich, aber niemals bei Snape.
Der Ausgang des Spieles war mir völlig egal, auch wenn die ganze Mannschaft brillant spielte, und alles für ihren Kapitän einsetzte, was sie hatten.
Es wurde ein brillanter, groĂźartiger Sieg, lieĂź ich mir sagen.
Überschwänglich wurde gefeiert, man trug Ginny und Ron auf Armen und über den Köpfen über den Wurf.
Meine Augen starrten über das Gelände, immer noch nichts.
Snape schien seinen Triumph tatsächlich bis auf die letzte Sekunde auszukosten.
Langsam hoffte ich, er wĂĽrde ihn noch Stunden aufhalten.
Ich vermute, Dean hoffte wirklich darauf, dass Ginny im Siegestaumel nochmals schwach, ihm gegenüber werden könnte.
Wir feierten unsere Siege immer im Gemeinschaftsraum, genauso wie auch unsere Trauer, bei einer Niederlage.
Aber an diesem Tag war alles Anders, euphorisch und ekstatisch wurde gefeiert, der Raum war
brechend voll.
Mein Blick wanderte immer wieder Richtung Portraitloch.
Immer noch nichts.
Das gibt es doch nicht, dachte ich, vielleicht traute er sich nicht herein.
„Willst du ein Glas Butterbier?“
Dean stand unmittelbar neben Ginny, und hielt zwei Gläser Butterbier in der Hand, von denen er eines unter ihre Nase hielt.
Hoffnungsvoll lächelte er ihr zu.
„Dean lass gut sein“, sagte sie, „mache es nicht noch schwerer.“
„Wollen wir es nicht einfach noch einmal miteinander probieren“, hörte ich ihn fragen.
„Nein, Dean, ich kann nicht“, Ginny schüttelte ihren Kopf.
„Du kannst nicht?“ bohrte er weiter.
„Mein Herz ist vergeben, wie du es immer vermutet hast“.
„Ginny, ich verstehe nicht“, Dean schien nicht aufgeben zu wollen.
„Ich liebe Harry, und...“, sie schaute ihn mitleidsvoll an, „...ich habe ihn schon immer geliebt.“
„Aber was war dann das mit uns?“ Dean zuckte nervös mit seinem Kopf.
„Es tut mir leid, Dean, aber ich war nicht ehrlich, nicht zu dir, und vor allem nicht zu mir“, traurig schaute sie ihn an, „du hattest Recht, Harry stand immer zwischen uns, und er würde es auch immer sein, es tut mir wirklich leid, ich machte mir vor, ich wäre über ihn hinweg, aber immer wenn ich ihn sehe, bin ich nicht mehr ich selbst.“
Noch immer stand ihr Dean fassungslos gegenüber, mit zwei Gläsern Butterbier in Händen.
Jemand tippte auf meine Schulter, ich sah mich um, und sah eine grinsende Ginny, die mit
ihrem Kopf wortlos zum Portraitloch deutete.
Ich folgte ihrem Blick, und dann sah ich ihn.
Mein Herz stand einen Moment still, dann lief ich los.
Lief einfach los, ohne Nachzudenken.
MĂĽhsam bahnte ich mir einen Weg durch die Menge, ich lies einen verdutzten Dean, und eine
lächelnde Ginny stehen.
Nur noch wenige Meter war ich von ihm entfernt, die Menge machte mir scheinbar Platz, die
Personen wichen nach auĂźen, und ebneten mir eine Gasse.
Meine Augen starrten nur noch auf Harry, Ron bedrängte ihn in seinem Siegestaumel, immer wieder rief er das Ergebnis des Spiels, das ich mir nicht merken konnte.
Harrys Augen suchten den Raum nach irgendetwas ab, oder nach irgendjemanden, - mich?
Als er mich entdeckte verschmolzen unsere Augen miteinander, ich begann zu rennen, auf dem letzten Meter, dachte ich zu schweben, meine FĂĽĂźe waren in der Luft, ich muss einfach gesprungen sein.
Ich fiel ihm um den Hals, und er, mit seinen herrlichen smaragdgrĂĽnen Augen, fixierte mich.
Die Augen begannen zu leuchten, und wurden feucht.
Unsere Lippen vereinigten sich, leidenschaftlich, intensiv, so weich.
Ich spĂĽrte den Geschmack der Kirschen, alles kribbelte.
Nur wir beide, das war es, was jetzt zählte, fünfzig weitere Personen im Raum waren nur Statisten, unwirklich, egal.
Wirklich war nur Harry, Ich, unser Kuss.
Unser Kuss, der nie enden wollte, der nie enden sollte.
Als wir uns lösten, nahm ich nur noch, die Begeisterung der Personen um uns herum wahr.
Manche pfiffen, manche klatschten.
Harrys Blick wanderte zu Ron, dann strahlte er plötzlich, Ginny lächelte schwach, Romilda Vane sah aus, als würde sie jeden Augenblick etwas durch die Gegend werfen, und dann deutete er mir grinsend mit seinem Kopf zu, den Raum zu verlassen.
Immer noch wortlos nahm er meine Hand und zog mich durch das Portraitloch.
Ich drehte mich nach ihm um, und …
… war alleine.
Traurig musste ich feststellen, dass ich mir alles nur geträumt hatte.
Geträumt mit Ginnys Augen.
Erschöpft lehnte ich mich mit dem Rücken gegen die Wand und rutschte daran herunter.
Meine Augen füllten sich mit Tränen, ich weinte bitterlich.
Ich hatte Harry fĂĽr immer verloren.
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