von rodriquez
„Pass auf dich auf Harry, die hat was vor!“ flüstere ich ihm zu.
Er gab mir einen besorgten Blick, wurde aber von Filch fortgeführt.
„Veritaserum!“ doch er konnte mich nicht mehr hören.
Beunruhigt verfolgten meine Augen jeden seiner Schritte, bis er hinter der nächsten Ecke verschwand.
Ich vertraute seinem Gespür für die Gefahr und hoffte, dass er sich der Gefahr bewusst war.
Als sie außer Sichtweite waren, versuchte ich Ron einen besorgten Blick zu geben, doch dessen Augen lagen gebannt auf Ginny, die wieder einmal in Begleitung von Dean auftrat.
„Frag uns...“, riefen die Zwillinge, „...was deine lieben Brüder als Abschiedsgeschenk für unsere neue Schulleiterin planen.“
Fred und George griffen durch Ginnys Arme, einer auf jeder Seite, hoben sie hoch und trugen sie ein paar Meter weit weg von Dean.
Ginny winkte Dean ein fröhliches auf Wiedersehen zu, und wartete bis die Zwillinge sie genau vor Ron und mir wieder absetzten.
„Also?“, fragte sie neugierig. „Was planen meine lieben Brüder?“
Fred zog lachend, und mit einem gesungenen Trommelwirbel, ein Pergament aus der Tasche.
„Ist es das was ich vermute?“ Ginnys Stimme erhitzte sich.
Mietvertrag, stand oben auf dem Pergament.
„Ihr habt den Laden?“ rief Ron erstaunt.
„Wisst ihr was das heißt?“ freute sich George. „Freiheit!“
„Ihr seht die neuen Mieter von Winkelgasse Nummer dreiundneunzig!“ fügte sein Bruder hinzu.
Ginny umarmte beide und drückte ihnen einen kräftigen Schmatz auf die Wangen. „Obwohl ich euch eigentlich, jetzt schon vermisse“, stöhnte sie. „Aber ich freue mich für euch.“
Ron verhielt sich – natürlich – reservierter, was sich in einem schüchternen Lächeln und einem sehr spärlichen Händedruck auswirkte.
„Ich kann nicht glauben, dass ihr uns jetzt verlasst. Und das jetzt, wo Hogwarts euch wirklich braucht“, sagte Ginny traurig.
„Ginny, Ginny, Ginny“, sagte Fred kopfschüttelnd. „Hast du so wenig vertrauen?“
„Und denkst du wir gehen einfach so?“ fügte sein Bruder hinzu.
„Harry könnte gerade jetzt in diesem Augenblick, Hilfe gut gebrauchen“, plapperte ich vor mich hin.
„Wie meinst du das?“ fragte Fred.
„Umbridge hat Harry zu sich zitiert, angeblich auf ein Tässchen Tee … ich befürchte nur, da ist etwas untergemischt.“
„Und was? Was denkst du genau?“ fragte Ginny nervös.
„Veritaserum! Ich hoffe nur Harry kann widerstehen, wenn nicht, könnte zum Beispiel Sirius in ernsthafter Gefahr sein.“
„Aber das ist verboten!“
„Foltermaßnahmen waren auch nicht erlaubt, und hatte sie sich daran gehalten? Dann wird halt schnell der Ausbildungserlass Nummer so und so erlassen.“
Die Zwillinge sahen sich mit leuchtenden Augen an. „George, denkst du was ich gerade denke?“
„Fred, ich denke ja“, antwortete sein Zwilling. „Es ist alles vorbereitet.“
„Ja, dann … lassen wir die Spiele beginnen.“
„Bis gleich, und sucht euch einen guten Platz zur besseren Übersicht!“ winkten sie uns zu.
Wir bewegten uns fragend in Richtung der Treppe, und gingen einige Stufen nach oben.
„Was sie wohl vorhaben?“
„Lassen wir uns überraschen“, antwortete Ginny, „aber ich bin sicher, es wird eine geile Party!“
Einige Momente warteten wir gespannt, was uns erwarten würde, dann ertönte ein lauter Knall:
BUMM
Dann noch Einer.
Die Stufen der Treppe bebten, wie nach einem Erdbeben, Ron konnte sich nicht mehr halten und rutschte seitlich weg.
Ich griff nach seinem Ärmel und schaffte es ihn auf den Beinen zu halten.
„Was war denn das?“ rief er zitternd, mit weit aufgerissenen Augen.
Nervös und panisch, schrien und rannten etliche Schüler durcheinander, das Chaos brach los.
Nach nur wenigen Augenblicken herrschte ein Inferno.
Eine gewaltige Kiste mit Feuerwerkskörpern mussten die Zwillinge losgelassen haben.
Drachen, ganz aus grünen und goldenen Funken, rauschten die Korridore entlang und krachten und explodierten mit einem ohrenbetäubenden Lärm.
Knallrosa Feuerräder von mindestens eineinhalb Metern Durchmesser sirrten lebensgefährlich durch die Vorhalle, fliegende Untertassen, Raketen mit langen, silbrig glitzernden Kometenschweifen schwirrten an den Wänden entlang. Wunderkerzen schrieben in bunten, leuchtenden Farben, Schimpfwörter in die Luft.
Eine Rakete zischte zwischen meinen Beinen hindurch, erschrocken blieb mir nur der Sprung in die Höhe, mit einem schrillen, ängstlichen Schrei hatte ich fast einen Meter zwischen meine Füße, und dem marmorierten Boden gebracht.
Es war ein gigantisches Spektakel unter einem ohrenbetäubenden Lärm.
Dann erkannte ich Umbridge, sie stand neben Filch auf der Treppe, ein paar Meter über uns, mit hochrotem Kopf, und schien gelähmt vor Entsetzen.
In diesem Augenblick wusste ich, die Zwillinge hatten es geschafft.
Harry konnte ihren Fängen entkommen.
Ganz am äußeren Rand der Halle konnte ich seine Kontur erkennen.
Mit Wohlgefallen beobachtete er das Spektakel.
„Beeilung, Filch, Beeilung!“ kreischte Umbridge.
„Stupor!“
Ein roter Lichtstrahl schoss aus der Spitze ihres Zauberstabs und traf eine der Raketen.
Doch ihr Schockzauber hatte genau die gegenteilige Wirkung.
Die Rakete explodierte nur noch lauter und bunter, sie schien sich sogar zu vervielfältigen.
Geduckt und lachend kam Harry zu uns herübergelaufen.
„Genial“, grinste er. „Die Zwillinge sind einfach genial!“
Noch den ganzen Nachmittag brannte das Feuerwerk und breitete sich überall in der Schule aus.
„Und was wollte Umbridge von dir?“ fragte ich nach unserer Rückkehr in den Gemeinschaftsraum.
„Sie hat mir etwas in den Tee gemischt. Ihr Augenmerk galt dem Aufenthaltsort von Sirius.“
„Wusst ich’s doch!“
Ich hatte wieder einmal den richtigen Riecher.
„Veritaserum, Harry, sie hat versucht etwas von dir zu erfahren. Wir müssen sehr, sehr, vorsichtig sein!“
Zu meiner Überraschung, oder wohl doch eher nicht, unternahm außer Umbridge niemand von der Lehrerschaft etwas gegen das Inferno der Zwillinge, im Gegenteil, McGonagall nahm es sehr humorvoll, und klatschte heimlich Beifall.
Fred und George waren an diesem Abend die gefeierten Helden in unserem Gemeinschaftsraum.
Selbst ich, die prüde Hermine (frei nach Ginny…), ließ es sich nicht nehmen, ihnen zu gratulieren.
Immerhin hatten sie es geschafft, Harry aus einer schwierigen Lage zu befreien.
Ich war in absoluter Hochstimmung, und so unterbreitete ich meinen beiden Freunden einen Vorschlag, bei dem ihnen der Mund aufklappte.
„Ach, wisst ihr, warum nehmen wir uns den Abend nicht mal frei?“
„Geht’s dir gut?“ fragte Ron sofort, und untersuchte mich besorgt, indem er mit seiner Hand die Temperatur auf meiner Stirn überprüfte.
Und Harry lächelte, endlich wieder, vergnügt vor sich hin.
Aber seine gute Stimmung war nur von kurzer Dauer.
An einem der folgenden Abende kam Ginny mit einem triumphalen Grinsen auf dem Gesicht auf mich zugelaufen.
Mir war sofort klar, dass sie mir unbedingt etwas mitteilen musste.
„Schieß los“, forderte ich sie ohne Umschweife auf.
„Sieht man mir das an?“ fragte sie erstaunt, schüttelte ungläubig ihren Kopf, und erneuerte ihr hämisches Grinsen.
„Harry hat’s dieser Cho gerade gezeigt. Er hat sie gewaltig auflaufen lassen. Stell dir vor, die hat doch tatsächlich ihre Verräterfreundin auch noch in Schutz genommen, und das vor Harry!“
Sie holte kurz Luft, dann ratterte sie weiter. „Stell dir vor: Sie behauptete doch allen Ernstes, dass diese Tussenfreundin nett wäre, und es wäre nur ein kleiner Fehler gewesen. Aber Harry hat ihr Kontra gegeben, vor allem nachdem Cho deine verhexte Liste als einen fürchterlichen Trick bezeichnete, du hättest es den Anderen sagen müssen … Oh Mann klang die verbittert.“
„Wie hat Harry darauf reagiert?“
„Nun, sagen wir mal so … mit Sicherheit nicht, wie Cho es sich wohl erhofft hatte. Er nannte es eine klasse Idee von dir, und jetzt rate mal was sie ihm geantwortet hat?“
Ich zuckte mit meinen Achseln, und erwartete den Höhepunkt von Ginnys Vortrag.
„O ja, hab ich ganz vergessen, natürlich, wenn es die Idee von deiner lieben Hermine…“ Ginny imitierte perfekt, die Art und die Stimme der Ravenclawschülerin, doch ich war eher schockiert, versuchte mir aber nichts anmerken zu lassen.
„Fang jetzt nicht wieder an zu heulen, waren Harrys letzte Worte an ihre Adresse, bevor sie wutentbrannt, und natürlich heulend, wie ein Schlosshund davon stolzierte. Ich dachte allen Ernstes, dass sie jeden Augenblick ihre Glubschaugen vom Boden kratzen würde, aber so feucht wie die waren, wären die sicherlich meilenweit weggerutscht.“
Ginnys Augen drehten sich genüsslich im Kreis. „Das musst du dir auf der Zunge zergehen lassen … Fang jetzt nicht wieder an zu heulen! … Geil, einfach nur geil!“
Ginny war vollkommen in Gedanken vertieft. „Sorry, aber das war so, soviel Balsam auf die Seele, ich kann dir gar nicht sagen, wie … übrigens habe ich gerade Malfoy zu Snape eilen sehen. Angeblich ist Montague wieder aus dem Verschwindekabinett aufgetaucht, nur steckt er gerade in einer Toilettenschüssel fest.“
„Was läuft da eigentlich zwischen dir und Dean?“ fragte ich beiläufig, als Dean unauffällig auffällig in unsere Richtung starrte.
Es war nicht das erste Mal, dass mir das aufgefallen war.
„Nichts … wir sind gute Freunde!“
„Gute Freunde?“
„Er macht mir den Hof, wie man so schön sagt, er ist charmant, aber ich habe mich noch nicht entschieden.“
„Entschieden zu was?“ fragte ich erstaunt. „Harry löst sich von Cho, und du lässt dir eine weitere Option offen?“
„Dean kümmert sich wenigstens um mich!“
„Und wenn Harry sich demnächst um dich kümmert, lässt du ihn dann wieder fallen, wie eine nasse Kartoffel?“
„Sag nicht so was Hermine, ich will keinen Streit mit dir, dieses Thema haben wir doch schon oft diskutiert, und nicht immer mit einem schönen Ausgang.“
„Also ist Michael nicht mehr aktuell?“ wechselte ich nachgebend die Person.
„Schon lange nicht mehr, der tröstet sich seid einigen Tagen ziemlich intensiv mit Cho.“
„Michael und Cho?“
„Die turteln wie die Weltmeister…“
Wieder ein Ginny Erfolg, den ich vorgesehen hatte.
Ginny brach mitten im Satz ab, der Grund war unschwer zu erraten.
Mit nachdenklichem Gesicht kam der Auserwählte auf uns zu gelaufen.
„Was ist mit dir?“ fragte Ginny besorgt, und kam mir zuvor.
„Nichts“, antwortete Harry abwesend.
Da war er wieder, der Harry der letzten Tage – abwesend und nachdenklich, das kurzzeitige Hochgefühl, wie vom Erdboden verschluckt.
„Probleme mit Snape?“ warf ich fragend ein.
„Die Stunden sind zu Ende. Snape meinte ich hätte jetzt die Grundlagen dazu, und ich könne alleine weitermachen.“
„Also hast du inzwischen keine merkwürdigen Träume mehr?“ fragte ich skeptisch.
„Kaum noch“, murmelte er, vermied es aber mir in die Augen zu sehen.
Nicht überzeugend!
Eine glatte Lüge!
Und da wird behauptet, ich sei eine schlechte Lügnerin.
Ich wechselte einen flüchtigen, kennenden Blick mit Ginny.
Sie verzog ihr Gesicht und nickte mir zu, dass ich weiter nachhaken sollte.
Auch sie hatte es also bemerkt.
„Nun, ich glaube jedenfalls nicht, dass Snape aufhören sollte, ehe du vollkommen sicher bist, dass du diese Träume beherrschen kannst!“
Ich ließ nicht locker.
Mein Ziel war es seine Lüge aufzudecken.
Irgendetwas musste geschehen sein.
Etwas dass in bedrückte.
Hatte Snape etwa was gesehen, was Harry jetzt peinlich sein könnte?
Etwa eines der Techtelmechtel?
Oder war es Harry wirklich gelungen, und er hat Snapes Angriff kontern können, und dabei etwas gesehen, was er nicht hätte sehen sollen?
„Harry, ich denke, du solltest noch mal zu ihm hingehen und ihn fragen…“
„Nein!“
Erschrocken zuckte ich zusammen.
Harry klang äußerst entschieden. „Hör jetzt auf damit, Hermine, okay!“
Das war eindeutig.
Er würde sich nicht öffnen.
Man musste ihn wohl alleine erwischen…
Wieder tauschte ich einen Blick mit Ginny.
Mit meinem Gesicht deutete ich ihr still, „DU!“ an.
Sie schluckte und verzog nervös ihre Mundwinkel, doch dann nickte sie bestätigend zurück.
„Musst du nicht zum Quidditch?“ fragte Harry mit Blick zu Ginny, und schien sehr erpicht das Thema zu wechseln.
„Willst du mich begleiten?“
Ginny sprang sofort darauf an, und klimperte verführerisch mit ihren Augen.
„Warum eigentlich nicht, Abwechslung wäre nicht schlecht.“
Ginny strahlte über beide Ohren, sprang von ihrem Sessel auf, hakte sich an Harrys Arm ein, und führte ihn Richtung Portraitloch.
Stolz und triumphierend blickte sie noch einmal über ihre Schulter zurück, und zwinkerte mir zufrieden in Siegerpose mit einem Auge zu.
Nicht ganz so erfreut sah Dean den Beiden hinterher.
„Einen Moment noch“, hörte ich Harrys Stimme.
Mein Blick ging zurück zu dem Jungen mit dem schwarzen Haar, und seiner rothaarigen Begleitung im Quidditchoutfit.
Etwas, das er bei mir sicherlich nie erleben würde.
Harry hatte sich von Ginny gelöst und kam nochmals zurückgelaufen, er deutete ihr aber an, auf ihn zu warten.
„Dich möchte ich sehen, wenn du andauernd in Snapes Kerker gehen müsstest, wenn du dich überhaupt trauen würdest.“
Wenn ich mich trauen würde?
„Was soll jetzt diese abfällige Bemerkung, Harry? Was ist los mit dir? Was habe ich dir getan?“
„Du? – Nichts! Ich wollte nur andeuten, dass viel Überwindung dazu gehört, und ich weiß nicht, ob du diesen Mumm aufbringen würdest!“
Ohne weiteren Kommentar ging er zurück zu Ginny, hakte sich wieder an ihrem Arm ein, und zog mit ihr los.
Ein kurzes Zucken huschte über meine Lippen.
Wenn sie zusammen wären, könnte ich mich vielleicht freuen.
Denn ich wüsste Harry in guten Händen.
Aber noch machte ich mir Sorgen.
Ginny liebt ihn, dessen war ich mir sicher, aber sie ging noch zu labil damit um.
Dean machte ihr offensichtlich Avancen, sie spielt mit, aber serviert ihn sofort ab, wenn Harry auftaucht.
Das ist nicht gut.
Auch Harry könnte das mitbekommen, und sich Gedanken darüber machen!
Ich will doch nur, dass er glücklich wird!
Und warum hatte er sich gerade so abwertend mir gegenüber verhalten?
Was hatte ich ihm getan?
Ich war mir keiner Schuld bewusst.
Und was sollte das mit Snape?
Aber er hatte nicht Unrecht mit dem was er sagte, es würde mich sehr viel Überwindung kosten, in Snapes Kerker zu schleichen.
In dieser befremdenden Art war er noch nie mit mir umgesprungen.
Sollte es etwa eine Anspielung, ein Hinweis sein? Wollte er etwa, dass ich mir etwas in diesem Raum ansehe?
Was aber, wenn Snape noch da wäre, oder plötzlich zurückkäme, und mich dabei erwischen würde?
Dazu bräuchte ich einen idealen Augenblick.
Ohne groß nachzudenken lief ich, wie von unsichtbarer Hand geführt die Korridore entlang.
„Aus dem Weg Granger!“ fauchte mich die Person an, über die ich gerade nachdachte.
Snape eilte Richtung Krankenflügel.
„Aus dem Weg Granger!“ hämisch grinsend trottete Draco Malfoy ins Snapes Windschatten.
Auf seiner Brust glänzte das I für das Inquisitionskommando.
„Denken sie Montague wird sich noch an etwas erinnern können?“
„Wir werden sehen“, schnaufte Snape.
Könnte ich es riskieren?
Wenn, dann jetzt!
Ich beschleunigte meine Schritte und rannte die letzten Stufen hinunter in die unterirdischen Gänge.
Mit klopfendem Herzen, und atemlos stand ich schließlich vor Snapes Kerkertür.
Könnte ich es riskieren?
Was, wenn Harry wirklich nur wütend war, und mich nur reizen wollte?
Dann hätte er es aber nicht erwähnt!
Ich entschloss mich, es einfach zu tun, vorsichtig öffnete ich die Tür. „Alohomora!“
Knarrend und beängstigend, öffnete sich die Tür ganz langsam.
Ein furchterregendes Knarren in einer schrecklichen Umgebung.
Respekt Harry, seine vorwurfsvollen Worte waren nicht unbegründet.
Geh doch auf, du dumme Tür!
Mit immer noch klopfendem Herzen trat ich ein, ein mulmiges Gefühl durchstreifte meinen Körper.
Nach was sollte ich eigentlich suchen?
In diesem Raum war alles düster, nur schwach beleuchtet und der offene Kamin war nicht beheizt, obwohl alles kalt wirkte, und ich meinen Atem sehen konnte. An den Wänden waren Regalwände mit eingelegten, schleimig aussehenden Dingen in Glaskolben zu sehen.
Scheinbar für besondere Zaubertrankzutaten stand in der Ecke ein verschlossener Schrank mit Glastüren.
Auf dem Boden lagen etliche Glasscherben zwischen denen sich tote Schaben tummelten.
Was ist denn hier passiert?
Das sieht fast so aus, als habe er jemandem, wütend ein Glas nachgeworfen.
Etwa Harry?
In der Mitte stand ein völlig überladener, alter Holztisch, in dessen Zentrum ein kleines Becken stand.
Ein Denkarium?
Ist es das was Harry mir versuchte zu erklären?
Nur ein einziger Glaskolben stand daneben, gefüllt mit einer silbrigen, nebligen Substanz.
Einladend um sie zu benutzen.
Aber ich traute mich nicht es an Ort und Stelle zu tun.
Harry hatte Recht.
Ich hatte nicht den Mumm dazu.
Ich nahm die Flasche an mich und füllte einen Teil davon unter Verwendung eines Duplizierzaubers um, eine leere Flasche fand ich auf dem Regal an der hinteren Wand.
Dann verließ ich so schnell ich konnte, dieses düstere Zimmer.
Ich brauchte ein Denkarium, nur wo? Und wem könnte ich vertrauen?
Snapes Kerker kam überhaupt nicht in Frage.
Ich hatte viel zuviel Angst, dass Snape hereinkommen könnte…
Das Schulleiterbüro war nicht mehr zugänglich.
Umbridge kam nicht in Frage.
„Was machen sie da, Mrs. Granger?“
Fast wäre ich mit Professor McGonagall zusammengestoßen.
„Ich … nun … ich stelle Nachforschungen an, für meine ZAG - Prüfungen.“
„Wenigstens eine, die das hier noch ernst nimmt“, murmelte sie.
„Ich benötige ein Denkarium für meine Nachforschungen“, fragte ich von einer Idee getrieben.
Würde sie mir helfen können?
„Ein Denkarium?“ fragte die Professorin mit erstaunten Augen, und studierte mich aufmerksam.
Würde sie meine Notlüge entdecken?
„Ja, ich habe eine Aufzeichnung von Bathilda Bagshot bezüglich der Riesenverfolgungen gefunden, und würde mir diese, gerne anschauen.“
Ein weiteres Mal sah sie mich durchdringend an.
Hatte sie mich etwa beim Lügen ertappt?
Oder versucht sie es mit Legilimentik?
Verschließe deinen Geist … Verschließe deinen Geist!
„Nehmen sie das Denkarium in meinem Büro, es ist zwar etwas kleiner und nicht so komfortabel, wie das von Professor Dumbledore, aber für ihre Zwecke, sollte es genügen.“
Ohne weiter Nachzufragen gab sie mir ihre Erlaubnis.
Ich atmete erleichtert auf, nachdem sie mir ihren Rücken zugewandt hatte.
„Ich bin im Krankenflügel, sie sollten also ungestört sein…“
Sie vertraut mir, redete ich mir ein.
Ohne Zeit zu verlieren gab ich einen Teil aus der Flasche in das Becken ihres Denkariums.
Es hatte wirklich nur etwa die halbe Größe, im Vergleich zu dem unseres Schulleiters.
Das silbrige Etwas begann sofort zu wirbeln.
Ich beugte mich darüber, und bemerkte, dass ich den Kopf nicht ganz hineinstrecken konnte.
Also würde ich wohl etwas über den Dingen bleiben.
Der silbrige Nebel wurde langsam durchsichtig, ein großer Raum wurde sichtbar.
Ich sah von der Decke hinab in den Raum, es war als würde ich durch ein Fenster in der Decke schauen.
Ein sehr großer Raum, eine Halle, die mir bekannt vorkam
Schnell wurde mir klar dass es sich um unsere große Halle in Hogwarts handelte.
Meine Nase und ein Teil meines Gesichtes tauchten in die Oberfläche ein.
Ich zitterte, es war verrückt was ich hier tat.
Was mache ich eigentlich hier?
Was würde mich erwarten?
Ich holte noch einmal kräftig Luft und tauchte mein Gesicht vollständig, soweit es dieses kleine Denkarium zuließ, in die Oberfläche der Erinnerungen ein.
Gehörten sie Snape?
So wie sich Harry verhielt, konnten es nur Snapes Erinnerungen sein.
Es folgte ein Sturz durch ein kaltes, schwarzes Nichts und ich drehte mich im Fallen schnell um mich selbst, bis ich selbst den Boden der große Halle mit meinen Füßen berührte.
Die vier Haustische waren verschwunden, stattdessen waren viele kleinere Tische aufgereiht, alle gleich ausgerichtet, und an jedem saß ein Schüler, vertieft in ein Pergament.
Es war still, unheimlich still, nur das Kratzen der Federn störte diese Stille.
Prüfungen! Ging mir durch den Kopf, ZAG oder UTZ – Prüfungen!
Angestrengt sah ich mich nach einem bekannten Gesicht um.
Beim Blick zurück über meine Schulter fiel mir ein Junge auf, der mir sehr bekannt vorkam.
In meinem Magen kribbelte es bedenklich.
Das gleiche schmale Gesicht, der gleiche Mund, die gleichen Augenbrauen, die gleichen pechschwarzen Haare, und auch bei ihm standen die Nackenhaare vom Kopf ab.
Nur die Nase wirkte etwas länger und die Augen waren nicht grün, sondern haselnussbraun, und auf der Stirn fehlte die Narbe.
Ja, eindeutig, hier vor mir saß James Potter, Harrys Dad, in etwa dem gleichen Alter, wie heute sein Sohn.
Die Hände hätten die gleichen sein können, und wenn er aufstehen würde, wäre ich mir sicher, dass beide etwa, die gleiche Größe hätten.
James gähnte ausgiebig, und fuhr sich durchs Haar, das noch unordentlicher wurde.
Dann, mit einem Blick auf Professor Flitwick, drehte er sich um und grinste einem Jungen zu, der ein paar Tische hinter ihm saß.
Und wieder brannte ein Feuer in meiner Magengrube.
Ich schreckte vor Aufregung zusammen, als ich sah, wie Sirius zu James gewandt den Daumen in die Höhe streckte.
Auch Sirius saß ganz lässig auf seinem Stuhl, den er nach hinten gekippt hatte, und auf zwei Beinen wippte.
Sirius sah toll aus, sein dunkles Haar fiel ihm mit einer Art beiläufiger Eleganz in die Augen.
Meine Augen richteten sich auf ein Mädchen, das hinter ihm saß, und ihm schmachtende Blicke zuwarf.
Jetzt hatte ich das Gefühl zu schweben, Gänsehaut überzog meinen ganzen Körper.
Mom sah toll aus, kein Vergleich zu mir, die Haare hochgesteckt, aber in genau dem gleichen Farbton, die gleichen Augen die ich jeden Morgen im Spiegel vor mir sehe.
Wir hätten Zwillinge sein können, wenn nicht meine Mom, mehr Aufmerksamkeit ihrem Aussehen gewidmet hätte. Ein leichtes Rouge auf den Wangen, die Augenlider mit Lidschatten nachgezogen, die Fingernägel lackiert, und das was ich schon bei Ginny angemahnt hatte, ein tiefen Einblick in ihre Intimsphäre.
Sie schien bei ihren starren Blicken auf Sirius dahinzuschmelzen.
War es das was mir Harry zeigen wollte?
Wohl eher nicht, ich glaube nicht, dass er meine Mom überhaupt wahrgenommen hatte.
Seine Augen waren wohl auf James, Sirius und den gerichtet, dessen Erinnerungen dies eigentlich waren.
Snape saß einige Gänge weiter.
Selbst als Teenager machte er einen kümmerlichen, blassen Eindruck. Sein Haar war strähnig und fettig und berührte den Tisch, seine Hakennase war gerade und unverkennbar.
Er war noch völlig in seine Prüfung vertieft.
Ich richtete meine Blicke wieder zu meiner Mom, sie war offensichtlich mit ihrer Prüfung fertig.
Ganz die Tochter, schmunzelte ich.
Sie nutzte die Zeit für einen heftigen Augenflirt, und ihr Opfer war immer noch Sirius.
Ich genehmigte mir einen Blick über ihre Prüfung.
Die Überschrift des Blattes lautete:
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