von rodriquez
„Findet ihr endlich mal ein Ende?“ fragte Ron, der gerade durch das Portraitloch geschlüpft war, näher kam. und genervt mit den Beinen vibrierte.
Ohne ihn anzusehen, stand Ginny auf, und lief mit den Händen vor dem Gesicht, Richtung Mädchentreppe.
„Was is’n mit der los?“
„Nichts was dich interessieren sollte“, antwortete ich Ron, der mich daraufhin beleidigt anstarrte.
Ich nahm das zum Anlass ein paar Weihnachtsgrüße an Viktor zu richten, während es sich Ron auf dem Boden bequem machte. Zu meiner Überraschung zog er sogar ein Buch hervor.
Erst zehn Minuten später betrat Harry, mit einem befremdlichen Lächeln auf dem Gesicht, den Gemeinschaftsraum.
Unglaublich was man in zehn Minuten alles schreiben kann!
Erstaunt ĂĽber mich selbst, bemerkte ich, dass ich bereits eine halbe Rolle Pergament voll geschrieben hatte. Ron lag vor dem Kaminvorleger und hatte sich seinen Hausaufgaben gewidmet.
„Was hat dich aufgehalten?“ fragte Ron, als Harry neben mir in den Sessel plumpste.
Eine dicke, fette und sehr feuchte Lippe…
Harry sagte nichts und war völlig in Gedanken versunken.
Offensichtlich hatte nur sein Körper den Raum der Wünsche verlassen, wenngleich ich ihm ansah, dass das Erlebnis nicht zu einhundert Prozent zufriedenstellend verlaufen sein musste.
Etwas in seinen Augen…
Ich lerne schnell!
Ja, seine Augen, sie glänzten zwar, aber sie wirkten auch verunsichert.
Ein leises Lächeln huschte über meine Lippen, und ich fragte mich, ob er uns etwas von seinem Abenteuer erzählen würde.
Notfalls musste ich es aus ihm herauskitzeln, um meine Neugier zu befriedigen.
„Alles in Ordnung mit dir, Harry?“
Er zuckte halbherzig mit seinen Schultern.
„Was ist los?“ bohrte Ron weiter.
Keine Reaktion.
Also ging ich zum Frontalangriff über. „Geht es um Cho?“
Erschrocken blickte er auf, und suchte kurzzeitig meine Augen zu ergrĂĽnden.
Schlechtes Gewissen?, dachte ich, versuchte aber meine Augen unergründlich zu lassen, stattdessen legte ich noch einen oben drauf. „Hat sie dich nach dem Treffen abgefangen?“
Eiskalt erwischt!
Harry nickte verlegen, und Ron kicherte, wie ein Kleinkind.
„Sie…“, stotterte Harry mit ziemlich belegter Stimme.
Dann räusperte er sich und begann von vorne. „Sie … ähm…“
„Habt ihr euch geküsst?“
Ich dachte, wenn schon, denn schon!
Ron setzte sich so schnell auf, dass sein Tintenfass ĂĽber den Kaminvorleger flog.
„Na?“ drängte Ron.
Harry blickte mit rotem Gesicht von Ron zu mir, dann runzelte er leicht die Stirn und…
Schmetterlinge verursachten ein ungenehmes flaues GefĂĽhl in meinem Magen.
Anders als sonst, scheinbar kreisten sie verkehrt herum.
Warum jetzt?
Warum nicht vorhin, als es Ginny erzählte?
…Harry nickte.
„HA!“
Ron stieĂź einen triumphierenden Schrei aus und bekam einen weiteren kindischen Lachanfall.
Ich hätte ihn würgen können.
Wie sich überhaupt, plötzlich eine ungeheuere Wut in mir aufbaute.
Ich hätte Jedem, der mir in diesem Augenblick, dumm gekommen wäre, einen Fluch aufgehalst.
War es, weil ich es jetzt von ihm selbst erfahren hatte, und wusste, dass es doch Realität war, und kein Hirngespinst eines verliebten Teenagers?
Cho passt doch gar nicht zu ihm!
Sie ist viel zu wehleidig!
Hat wahrscheinlich mit ihren Busen vor ihm hin und her gewackelt.
Ein Grinsen flog ĂĽber Harrys Gesicht.
Hat er den Busen nochmals wackeln gesehen?
Ein ekelerregendes, blödes Grinsen.
Angeber!
„Und?“ drängte Ron, „wie war’s?“
„Nass“, sagte Harry.
Nass?
Soll eigentlich beim KĂĽssen normal sein?
„Weil sie geweint hat“, Harry fiel das Sprechen sichtlich schwerer, als kurz zuvor.
„Bist du so schlecht im Küssen?“ feixte Ron.
Muhahaha!
O Mann war das schwer, diesen Lachkrampf zu unterdrĂĽcken. Verdammt schwer, ich machte mir vor Aufregung fast in die Hosen, und biss mir krampfhaft auf die Lippen.
„Weiß nicht“, Harry schien tatsächlich über diese absurde Aussage nachzudenken. „Vielleicht schon?“
Vielleicht schon?
„Nein, natürlich nicht“, warf ich ein, und versuchte uninteressiert zu wirken.
„Woher willst du denn das wissen?“ fragte Ron genervt.
„Weil Cho in letzter Zeit fast ständig weint“, erwiderte ich.
Nach einem längeren Vortrag über die Gefühlslage von Cho und Cedric und jetzt Harry, schloss ich mit den Worten:
„Also, ich denk mal, es hätte schlimmer kommen können!“
Wie meinte ich das?
Unbedachte Worte aus meinem Mund.
Und die wichtigste Frage direkt hinterher.
„Triffst du sie wieder?“
„Muss ich doch, oder?“, sagte Harry. „Wir haben schließlich DA-Treffen!“
Hoppla … das klingt aber nicht überzeugt!
„Du weißt schon, was ich meine!“ sagte ich ungeduldig.
In Wirklichkeit platzte ich vor Neugier.
War es etwa nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte?
Harry antwortete nicht.
„Ach was soll’s“, wechselte ich die Taktik.
„Du hast noch genug Gelegenheiten, sie zu fragen.“
Wie wĂĽrde er reagieren?
Vorsichtig sah ich ĂĽber meinen Brief hinweg, zu ihm hin.
„Was, wenn er sie gar nicht fragen will?“ sagte Ron plötzlich, und steigerte meine Neugier erneut.
„Sei nicht albern“, murmelte ich. „Harry mag sie doch schon seit langem, stimmt’s, Harry?“
Oder etwa nicht?
Wieder antwortete Harry nicht, und schien in Gedanken vertieft.
Irgendetwas stimmte nicht!
„An wen schreibst du eigentlich diesen Roman?“
Ron blickte neugierig auf meinen Brief.
Ich bring ihn um!
Mir war klar, dass damit, Harrys Befragung jäh zu Ende sein würde.
„An Viktor!“ sagte ich barsch.
„Krum?“
„Wie viele Viktors kennen wir?“
Ich war jetzt endgĂĽltig genervt.
Ich muss ins Bett, sonst töte ich heute Abend noch jemanden!
„Also Nacht“, sagte ich energisch, gähnte herzhaft und ging zu Bett.
Wie hoch die Palme war, auf der ich gerade saĂź, verschweige ich jetzt lieber.
Ich konnte nicht ahnen, was in dieser Nacht noch alles geschehen wĂĽrde.
Ich erwachte am nächsten Morgen, und wunderte mich darüber, dass weder Harry noch irgendjemand der Weasleys anzutreffen war.
So ging ich davon aus, dass sie wohl schon in den Fuchsbau abgereist waren.
Dann fiel mir aber ein, dass offiziell noch gar keine Ferien sind, erst morgen dĂĽrften wir hier weg.
Unausgeschlafen kam Neville an meinen Tisch, er gähnte herzhaft.
„Wo sind Harry und Ron?“ fragte ich ohne Umschweife.
Neville sah mich ungläubig an. „Du weißt es nicht?“
„Was soll ich wissen?“
„Harry musste sich heute Nacht übergeben, er war kreidebleich, hatte dicke Schweißperlen auf der Stirn, und stammelte lauter wirres Zeug. Ich rannte zu McGonagall, und die hat Harry und Ron fortgeführt, ich vermute in den Krankenflügel. Harry murmelte etwas unverständliches, wie, er ist schwerverletzt.“
„Wer?“
Neville zuckte unwissend mit seinen Schultern.
Ohne Zeit zu verlieren rannte ich in den KrankenflĂĽgel, doch alle TĂĽren waren verschlossen, hier war definitiv niemand.
Wo könnten sie nur sein?
Hatte Harry etwa wieder eine Vision?
Ich rannte weiter, nächste Anlaufstelle war das Büro von Minerva McGonagall.
Nachdem ich auch dort keinen Erfolg verzeichnen konnte, versuchte ich mein GlĂĽck beim BĂĽro des Schulleiters.
Dort lief ich allerdings ausgerechnet Dolores Umbridge in die Arme, die zum GlĂĽck ganz in Gedanken versunken war, und mich nicht bemerkte.
Wutentbrannt rannte sie an mir vorbei und murmelte etwas von „unverschämt, dieser Dumbledore, lässt Potter einfach gehen, ohne mich um Erlaubnis zu fragen!“
Harry ist weg?
Aber wie?
Warum?
Fragend sah ich mich um, aber ich fand niemand, den ich um Rat hätte fragen können.
Weder Dumbledore noch McGonagall waren aufzutreiben, und zu niemand sonst hatte ich Vertrauen.
Was war passiert?
Es wurde Abend, und immer noch wusste ich nicht, warum meine Freunde bereits abgereist waren.
So musste ich am nächsten Morgen unwissend und voller innerer Unruhe mit dem Hogwarts – Express, alleine, nach Hause fahren.
Und wunderte mich, dass ich alleine auf dem Bahnsteig in Kings Cross stand.
Wenn etwas passiert wäre, dann wüsste sicherlich Mom, am ehesten Bescheid.
Doch weit und breit keine Spur von meinen Eltern.
Ich verstand gar nichts mehr, nahm mir vor dem Bahnhof ein Taxi und fuhr in die Cavendish Ave.
Mom sah mich mit großen Augen an, als sie mir die Tür öffnete.
Was wiederum mich noch mehr ĂĽberraschte.
„Du hier?“ fragte sie.
„Wir wollten doch Ski fahren?“ antwortete ich unwissend.
„Nachdem was geschehen ist?“
„Was ist geschehen?“ fragte ich vorsichtig.
„Du weißt es nicht?“
„Nein…“, schüttelte ich traumatisiert meinen Kopf. „Ich bin gestern Morgen aufgewacht, aber da waren schon alle weg, und es war niemand mehr da, den ich hätte fragen können.“
„Arthur Weasley wurde bei einem Einsatz schwer verletzt.“
„Was?“ schrie ich.
„Aber warum hat mir niemand etwas gesagt?“
„Harry soll alles geträumt haben, dann sind wohl alle auf Dumbledores Anweisung direkt abgereist. Ich dachte du wärst auch bei ihnen.“
„Ich hatte keine Ahnung“, murmelte ich. „Ich muss…“
„Natürlich, das verstehe ich … ich dachte sowieso, du kommst gar nicht, auch wenn dir dadurch ein toller Urlaub mit deiner herzallerliebsten Mom flöten geht.“
Nach einer herzlichen Umarmung meinte sie, „du nimmst am Besten den Fahrenden Ritter, das ist sicherer … und … du hast das alles von Dumbledore erfahren“.
Ich nickte ihr verständnisvoll zu.
„Wo muss ich hin? Fuchsbau?“
„St.-Mungo-Hospital!“
„Wo ist das?“
„Du musst dem Schaffner nur die Adresse nennen, steig dort aus, und warte bis dich Jemand abholt, es wird auf Jedenfall jemand sein, den du kennst, die Abendstunden sind perfekt. Ich sorge dafür, dass man dich erwartet. Es sind nur fünf Minuten mit dem Bus.“
Ein weiteres Mal herzte sie mich. „Pass auf dich auf.“
Fünfzehn Minuten stand ich in der Kälte und wartete, nichts geschah.
Der Himmel ĂĽber mir, kam mir an diesem Abend besonders dunkel vor.
Klar, es war Abend, aber die zusätzlichen dunklen Wolken, verdeckten auch das wenige, schwache Licht des Mondes.
Trotz meiner warmen Kleidung begann ich zu frieren, zum Aufwärmen blies ich in meine Hände, und schaute dabei nach oben zum düsteren Himmel.
Eine erste vereinzelte Schneeflocke fand eine Stelle auf meiner Nasenspitze.
Angestrengt schaute ich mich nach einem bekannten Gesicht um, wusste aber, dass das nicht einfach werden wĂĽrde.
Eine riesige Menschenmenge schob sich hektisch und schnatternd durch die Straße an den Geschäften vorbei, scheinbar auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken auf den letzten Drücker.
Mir war auch klar, dass Zauberer unter dieser Horde nicht auffällig wirken durften, was hieß, dass ich nach einem bekannten Gesicht in Muggelkleidung Ausschau halten musste.
Nur, wo sollte hier ein Krankenhaus sein?
Zumindest war auf den ersten Blick, nichts dergleichen erkennbar, zumindest wenn ich ein Krankenhaus aus meine alten Welt zum Vergleich heranzog, auch nicht auf den zweiten Blick.
Vor einem Kaufhaus namens Reinig & Tunkunter GmbH, fielen mir allerdings einige seltsame Verhaltensweisen auf.
Es war ein groĂźes, altmodisches Backsteinhaus, von dem etwas Armseliges und Tristes ausging.
In den Schaufenstern war nichts außer ein paar ramponierten, alten Schaufensterpuppen mit verrutschten Perücken, die unakkurat aufgestellt waren, und die seltsame, uralte Kleidermoden präsentierten.
Die TĂĽren des Kaufhauses waren allesamt verschlossen, und ein Schild rankte ĂĽber den verstaubten TĂĽren mit der Aufschrift:
Wegen Renovierung geschlossen.
Es würde mich nicht wundern, wenn sich dahinter etwas Geheimnisvolles verstecken würde…
Das Schild sah aus, als würde es schon Ewigkeiten dort hängen.
Einige Passanten blieben bei den Puppen stehen und schienen ihnen etwas zu zuflĂĽstern.
Meine Aufmerksamkeit war geweckt, und ich trat näher heran.
Ein altmodisch gekleideter Mann lehnte sich ganz dicht an die Scheibe und flüsterte einer besonders hässlichen Puppe, „Hallo, ich bin hier um Broderick Bode zu besuchen“, zu.
Wie kann die Puppe hinter einer Glasscheibe ein so leises FlĂĽstern verstehen?
Aber in der Zaubererwelt, wunderte mich mittlerweile nichts mehr.
Noch während dieser Gedanken fiel mir auf, dass der Mann plötzlich verschwunden war.
Unauffällig, selbst für Jemanden, der genauer hinschaute.
Ich versuchte es dem Mann gleichzutun, und trat neugierig an die Schaufensterpuppe heran.
„Hallo“, flüsterte ich, dicht an die Scheibe gelehnt, und hoffte, dass Niemand bemerken würde, dass ich Selbstgespräche führe. „Ich bin hier um Arthur Weasley zu besuchen.“
Einen kurzen Moment später, klappte mir erschrocken der Mund auf.
Die Puppe nickte mir kaum merklich zu, und einer ihrer Finger krĂĽmmte sich.
Wie von Geisterhand gefĂĽhrt, wurde ich durch die Glasscheibe gezogen.
Ăśberrascht blickte ich zurĂĽck durch die Scheibe, keiner der Passanten schien etwas bemerkt zu haben.
„Würden sie bitte weitergehen, und den Eingang freihalten“, ermahnte mich eine Frau, die plötzlich direkt hinter mir stand, und fast auf mich aufgelaufen wäre.
Ich nickte ihr verschämt zu, ließ sie an mir vorbei, und beschloss der Frau einfach zu folgen.
Nach ein paar Schritten, war von der hässlichen Puppe oder dem Platz, wo ich eingelassen wurde, nichts mehr zu sehen.
Ich befand mich in einem sehr belebten Empfangsraum, wo einige Menschen oder Zauberer auf wackeligen HolzstĂĽhlen saĂźen.
Einige Hexen und Zauberer in limonengrünen Umhängen gingen an diesen sitzenden Menschen vorbei, stellten Fragen und machten sich Notizen auf Klemmbrettern.
Auf den Umhängen fiel mir ein Wappen auf, das vorne angesteckt war, es zeigte einen Zauberstab und einen Knochen, die sich kreuzten.
Ärzte?
„Heiler“, sagte eine Stimme hinter mir. „Da bist du ja, dann brauche ich dich ja nicht draußen zu suchen.“
Überrascht drehte ich mich um und erkannte die pinkfarbene Punkfrisur von Tonks, die mir zulächelte.
„Gut gemacht, Hermine, und es tut mir Leid, dass ich dich hab warten lassen, aber wir haben gerade Arthur in das sichere Versteck gebracht.“
„Ist das hier, das St. Mungos?“ fragte ich erstaunt.
„Ja, perfekt, oder? Wollen wir direkt los?“
„Wie geht es Mr. Weasley?“ fragte ich sie.
„Er ist schon wieder einigermaßen munter und wohl auf.“
Sie ergriff meinen Arm und fĂĽhrte mich in die Richtung aus der ich gekommen war.
Noch einmal schaute ich mich wissbegierig um, und entdeckte einen Wegweiser fĂĽr die Stockwerke:
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