von rodriquez
Nun war es doch an der Zeit, dass bei mir ein paar Gefühle einsetzten, aber diese waren panischer Natur. Ich stolperte rückwärts, murmelte etwas von, „Entschuldige“, und hastete davon.
Vorbei an einer verblüfft schauenden Ginny, die mich aber nicht aufhalten konnte.
Tränen liefen über meine Wangen, schnurstracks rannte ich in den Gryffindorturm, schlüpfte durchs Portraitloch, ohne auf Jemand zu achten, völlig aufgelöst erreichte ich die Treppe zum Mädchenschlafraum, wo ich noch einen missglückten Griff an meinen Arm unterbewusst registrierte.
Nichts und Niemand konnte mich aufhalten.
Mit einem befreienden Schrei fiel ich auf mein Bett und schluchzte in mein Kissen.
Mit keinem Gedanken dachte ich mehr daran, dass ich eigentlich zu Dumbledore wollte.
Krum hat mich geküsst.
Er ist netter junger Mann, keine Frage, aber der Kuss erweckte Ekelgefühle.
So hatte ich mir meinen ersten Kuss nicht vorgestellt.
Mit Sicherheit nicht.
Voller Ekel schüttelte ich mich am ganzen Körper.
Mein erster Kuss.
Traum oder Wirklichkeit, versuchte ich mir einzureden. Warum stellst du diesen Kuss, der nicht einmal von dir ausging auf die gleiche Fantasiewelle, wie das schöne Erlebnis mit Harry.
Harry war der erste Junge, der dich geküsst hat, der dich küssen durfte, weil du es solltest, und weil du es zugelassen hast.
Ich schämte mich vor Harry, vor mir selbst.
Dein erster Kuss war wunderschön.
Er war mit Harry Potter, und nicht der Test dieses Abends.
Verzweifelt versuchte ich mich auf etwas Anderes zu konzentrieren.
Wie würde sich Harry fühlen, wenn seine Eltern noch leben würden?
Wie würde sich Harry fühlen, wenn er erfahren würde, dass Viktor mich bedrängt hatte?
Wenn sie ihn nicht erkennen würden, wie in Nevilles Fall?
Harry fühlt mit Neville, wegen seiner Eltern, Mitgefühl!
Könnte er auch Mitgefühl mir gegenüber aufbringen, oder würde mich verurteilen?
Ron würde mir Vorhaltungen machen, würde behaupten, dass ich es darauf angelegt hätte.
Das von Neville weiß fast Niemand, hätte er nicht auch von Anderen Mitgefühl verdient?
Oder hat er genau davor, Angst?
Plötzlich verspürte ich tiefen Hass gegen die Personen, die die Longbottoms gefoltert hatten.
Und an dem Hauptschuldigen …V – Vol...
Der Name wollte nicht über meine Lippen, ich hatte sogar Angst, nur an den Namen zu denken.
Noch nicht…
Er war es, der so viele Leben zerstört hatte.
Und wieder erschien der Kuss von Viktor vor meinen Augen, seine kratzende unrasierte Wange, trockene Lippen … ein heftiger, schmerzhafter Kuss … keine Emotionen … ungewollt.
Langsame, leise und leichte Schritte hörte ich näherkommen, ich stellte mich schlafend.
Ginnys Verhörtaktik war das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte.
Niemand sollte es wissen, niemand durfte es wissen.
Am Morgen der letzten Turnieraufgabe wurden meine Gedanken an einen unangenehmen Augenblick, noch jäher unterbrochen.
Rita Kimmkorn hatte wieder zugeschlagen.
Dieses Mal erwischte es Harry.
Rita Kimmkorn behauptete, Harry werde von Narbenschmerzen umtrieben und sei nicht immer zurechnungsfähig. Außerdem verheimliche Dumbledore, dass Harry ein vielleicht gefährlicher Parselmund wäre. Sie bezog sich dabei genau auf einen Vorfall während des Wahrsageunterrichts, der einige Tage zuvor stattgefunden hatte.
Wir rätselten wie Kimmkorn davon wieder erfahren konnte.
Sie konnte unmöglich dabei gewesen sein…
„Das Fenster war offen…“, erwähnte Harry.
„Du warst hoch oben im Nordturm!“
Seine Stimme hätte niemals bis nach unten durchdringen können.
Allerdings…
Ich erinnerte mich an Szene vor einigen Tagen…
Während einer, unserer unzähligen Übungsstunden sah ich durch das Fenster, wie Draco in seine verdeckte Hand sprach, als würde er ein Mobiltelefon benutzen.
Crabbe und Goyle standen Schmiere…
„Na, du bist doch diejenige, die magische Methoden der Verwanzung erforscht“, schnaufte Harry.
„Ich hab’s ja versucht“, antwortete ich kleinlaut.
„Aber…“
Moment wie war das…
Wanzen … als Tier gesehen, sind Insekten, so wie Käfer…
Käfer?
Darüber muss ich etwas nachlesen.
Animagus? – Kann sich eine menschliche Gestalt auch in einen Käfer verwandeln?
Es wäre eine Möglichkeit…
Niemand hätte sie gesehen oder bemerkt, auch nicht Moody.
Sie hätte problemlos auf den Fenstersims des Wahrsagungszimmers lauern können.
Viktor hat mir einen Wasserkäfer aus den Haaren entfernt.
Und bei Hagrids Gespräch mit Madam Maxime wandte Harry seine Aufmerksamkeit auf einen Käfer auf einem Stein…
Das passt alles..
Aber das darf sie nicht und sie wäre nicht registriert.
Andererseits ist das Sirius auch nicht…
Ich muss nachlesen, ob es wirklich möglich wäre.
Doch ich spürte, dass ich der Lösung sehr nahe war, und diese Beschäftigung, und das mögliche Wissen lenkten mich von dem Problem der letzten Tage ab.
Nach wie vor hatte ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich Viktor sah, oder in Harrys Nähe war.
Gelegentlich hatte ich das Gefühl, dass Harry auf eine Gelegenheit spekulierte allein mit mir zu sein, er muss gespürt haben, dass etwas mit mir nicht im Reinen war, doch ich passte peinlichst genau auf, dass er diese Gelegenheit nicht bekommen würde. Ähnlich erging es mir bei Ginny, sie schlich um mich herum, und wartete auf eine Gelegenheit, doch zumindest außerhalb des Mädchenschlafraumes war ich somit sicher, da sich Harry und Ginny unbewusst neutralisierten.
Allerdings lenkte mich meine Suche nach der Kimmkorn Taktik erheblich ab, meine Theorie bestätigte sich, jetzt musste ich nur noch auf die richtige Gelegenheit warten.
Der Plan für meine Rache nahm Gestalt an.
Die Champions sollten sich noch am Vormittag im Raum hinter der großen Halle einfinden, sie würden dort von ihren Familien begrüßt.
Welche Familie würde Harry begrüßen?
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Dursleys sich aufraffen würden und hierher kommen sollten, Sirius … das war unmöglich, er wurde immer noch als geflohener Mörder gesucht.
Und so erwartete Harry eine Überraschung, in Person von Bill und Molly Weasley.
Sie sollten Harry beim Turnierabschluss zur Seite stehen.
Gemeinsam mit Harry besichtigten sie das Schlossgebäude mit seinen Ländereien, dabei kreuzten sich unsere Wege.
Nach einigen anfänglichen Startschwierigkeiten, half mir Harry aus einer prekären Situation.
Auch er spürte die angespannte Stimmung, die zwischen Mrs. Weasley und mir herrschte.
„Mrs. Weasley, sie glauben doch nicht etwa den Mist, den Rita Kimmkorn in der Hexenwoche geschrieben hat? Hermine und ich haben nämlich nichts miteinander.“
Haben wir nicht?
Sie entspannte sich und verhielt sich fortan um einiges herzlicher.
Bill hielt sich zu meiner Überraschung sehr Nahe bei Fleur Delacour auf. Ich schüttelte meinen Kopf, und glaubte zu phantasieren, die Sache mit Viktor und Harry hatte mir wohl übler zugesetzt, als ich die letzten Tage daran dachte.
Mit Einbruch der Dunkelheit begann die Abschlussaufgabe des Turniers.
Wir konnten von der eigens aufgebauten Tribüne nicht viel erkennen, es war nur zu sehen, wie die Champions, je nach Punktestand verzögert an den Start geschickt wurden.
Zuerst Harry und Cedric.
Einige Minuten später folgte ihnen Viktor und zuletzt Fleur, die tatsächlich unverhohlen Bill Weasley anhimmelte, auch noch, als sie sich auf den Weg in den Irrgarten machte. Bill reckte seine Hände in die Luft und drückte aufmunternd seine Daumen.
Der Irrgarten war dunkel und von außen nicht einsehbar.
Wie Ginny prophezeit hatte, waren die Hecken mindestens zehn Meter hoch gewachsen.
Wir konnten nur hoffen, und auf Geräusche oder Lichteffekte spekulieren.
Einige Lehrer, darunter Hagrid und Moody patrouillierten um die hohen Außenhecken.
Wie Professor McGonagall den Zuschauern versicherte, komme sofort jemand von dieser Patrouille zu Hilfe, wenn einer der Champions ein rotes Funkensignal aussenden sollte.
Nach einigen Minuten schreckte die Tribüne zusammen, ein lauter schrecklicher Schrei, unverkennbar von Fleur, war aus den Tiefen des Irrgartens zu hören.
Hagrid trug eine offenbar betäubte Fleur kurze Zeit später aus dem Irrgarten heraus, sie konnte sich an nichts mehr erinnern, und wieder war Bill sofort zur Stelle, und kümmerte sich fast schon rührend um sie.
Bill und Fleur? – Bahnte sich da etwa was an? – Der arme Ron…
Nur kurze Zeit nach Fleurs Ausscheiden war ein weiteres, undefinierbares Geräusch zu hören, und wieder folgte eine rote Leuchtkugel.
Ein weiterer Teilnehmer war aus dem Rennen, vielleicht sogar in Gefahr, oder verletzt.
Hoffentlich…
Hoffentlich nicht Harry.
Ich flehte, flüsterte ein religiöses Gebet still vor mich hin, und schloss meine Augen.
Ein weiteres Mal war Hagrid zur Rettung eines Teilnehmers unterwegs.
Bitte nicht Harry!
Wo steckt eigentlich Moody?
Hagrids riesige Gestalt kam zurück, und er trug einen verletzten Teilnehmer herbei. Verkrümmt, reglos verharrte die Person auf Hagrids riesigen Pranken.
Bitte lass es nicht Harry sein!
Es war Viktor.
Erleichtert rutschte ein Seufzen über meine Lippen, was Ginny auf den Plan rief, allerdings konnte sie die Bedeutung nicht zu ordnen.
Viktor wurde von einem Schockzauber außer Gefecht gesetzt, und konnte sich, wie Fleur an nichts mehr erinnern.
Weitere, unendlich lange Zeit des Wartens verging.
Nichts geschah, alle Beobachter auf den Rängen, einschließlich Hagrid starrten gebannt auf den Irrgarten. Es herrschte eine unheimliche Stille, und eine knisternde Spannung, Man könnte das Rascheln der Blätter der Hecken hören.
Wo sind Harry und Cedric?
Dumbledore wurde zusehends nervöser.
Was ist hier los?
Wo bleiben die Beiden?
Wo ist Harry?
Die Zeit schritt voran.
Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren.
Irgendetwas stimmte nicht, und ich spürte es.
Kein Laut drang an unsere Ohren, nichts nicht einmal Schreie oder Schritte. Immer noch raschelten lediglich einige Blätter, der Wind pfiff ein skurriles Lied.
Mir war sofort klar, dass Harry in Gefahr schwebte, und musste tatenlos zusehen.
Ich flehte, ich hoffte, ich betete.
Unzählige Vater unser betete ich still, mit vor meinem Gesicht gefalteten Händen.
Niemand konnte vorausgesehen haben, was geschehen würde.
Dann endlich ein aufflackerndes Licht.
Harry schlug bäuchlings auf den Boden, am Rand des Irrgartens, direkt unterhalb der Tribüne.
Sein Gesicht lag flach im hohen Gras, in seinen Händen der Trimagische Pokal, an dem sich auch eine zweite Person klammerte, der leblose Körper von Cedric Diggory.
Ich konnte es unterscheiden, weil Harrys Körper sich langsam aufrappelte.
Ein ohrenbetäubender Lärm brach los, die Zuschauer jubelten und grölten um die Wette.
Es war ein ohrenbetäubender Lärm, an dem ich mich nicht beteiligte, ich verlor keine Zeit.
Da stimmt was nicht!
Ich spürte es sofort. Ich konnte es an Harrys Gestik sehen.
Ohne Nachzudenken rannte ich los, die Stufen nach unten, ich kämpfte mich durch die jubelnde Meute, meine Ohren waren wie, taub, als hätte Jemand den Ton abgeschaltet. Schreie, aufgerissene Augen, jubelnde Arme, für mich nur noch eine schlechte, tonlose Zeitlupe. Ich verlor keine Zeit, drückte Schüler beiseite, stieß sie zurück, ohne Rücksicht, mit nur noch einem Ziel vor Augen.
Als ich bei Harry ankam, lehnte bereits Dumbledore über ihm und Harry richtete sich panisch auf.
Er öffnete die Augen und begann zu flüstern, „er ist zurück – er ist zurück, Voldemort.“
Das Volk verstummte, Verwirrung überall, dann ein schrecklicher, herzzerreißender Schrei.
„ER IST TOT! ER IST TOT! – CEDRIC DIGGORY! TOT!”
Die Worte dröhnten in meinen Ohren, die verzweifelte Stimme von Harry, und mein Blut gefror in meinen Adern.
„Er ist TOT!“
Ich hörte die Menschen schreien.
Panik brach aus.
„Cedric ist tot!“
Ich sah Cho schreien, sie ging auf der Tribüne in die Knie, wurde immer kleiner.
„Cedric Diggory ist tot“.
Alle schrien jetzt panisch durcheinander. Anscheinend hatte die Botschaft nun auch den Letzten erreicht.
„Cedric Diggory ist tot“.
Moody griff nach dem schwer gezeichneten, und geistig abwesenden Harry und führte ihn weg vom Geschehen. Immer wieder drehte sich Harry schluchzend und flehend zu Cedric um.
Ich sah, wie sich hinter ihnen die schweren Schulportale schlossen, und wusste sofort, dass das Mysterium noch längst nicht zu Ende war.
Was soll das?
Warum führt Moody Harry weg?
Wo bringt er ihn hin?
Da stimmt doch was nicht.
Moody, der uns das ganze Jahr unterrichtet hatte, und wiederholt daran erinnerte, wachsam zu sein, und immer das schlimmste zu sehen, dieser Moody führte Harry weg.
Das entsprach keineswegs, Moodys Art.
Dumbledore bemerkte als Erster, meine ängstlichen Blicke, die immer noch auf das Schloss gerichtet waren, auf die Stelle, wo Moody mit Harry verschwand.
„Wo bringt er Harry hin?“ rief ich panisch. „Moody? – Was hat er mit Harry vor?“
Dumbledore aktivierte McGonagall und Snape, und sie folgten den Beiden zum Schloss.
Ängstlich zog ich Ginny zu mir heran.
Gemeinsam trauerten wir, doch ein Auge war stets auf das Schulportal gerichtet.
„Ich muss hinterher“, rief ich von einer weiteren Vorahnung getrieben. Ginny starrte mich regungslos an, schüttelte langsam ihren Kopf, ihre Pupillen begannen sich zu drehen, und schließlich wurde sie von ihrer Mom aufgefangen, kurz bevor sie ohnmächtig zu Boden gegangen wäre.
So schnell ich konnte, rannte ich zum Schloss, durch die schweren Eichentore hindurch, und von einem Gefühl getrieben, schnurstracks in Richtung Moodys Büro.
Instinkt brachte mich dorthin.
In der offenen Tür standen Dumbledore, McGonagall und Snape, die Zauberstäbe erhoben.
Die Überreste eines roten Lichtstrahls waren gerade noch zu sehen, die Tür war völlig zerstört und Moody schmetterte es gerade rücklings durch die Luft auf den Fußboden.
In diesem Augenblick kam Ginny angehastet.
Mit einer ruckartigen Bewegung an ihrem Arm hielt ich sie davon ab, blind in das Zimmer zu stürzen.
Die Professoren waren bei ihm, ich atmete auf.
„Er ist jetzt sicher!“ flüsterte ich Ginny zu, „wir sollten uns im Hintergrund halten“.
Mit ernstem Blick sah sich Dumbledore um, zuerst auf Harry, dann lag sein Blick auf McGonagall und Snape.
Zum ersten Mal verstand ich wirklich, warum es hieß, Dumbledore sei der einzige Zauberer, den der dunkle Lord, je gefürchtet hatte.
Der Ausdruck auf seinem Gesicht, war schrecklicher, als ich mir je hätte vorstellen können.
Das sonst gütige Lächeln war verschwunden, kein Funkeln war in seinen Augen zu erkennen, kalte Wut, geschrieben in jeder Furche seines Gesichts.
Mit den Füßen drehte er den leblosen Körper von Moody auf den Rücken.
McGonagall ging geradewegs auf Harry zu. „Kommen sie mit Potter“, sagte sie behutsam, ihre Lippen zitterten.
„Kommen sie mit … Krankenflügel“, wiederholte sie.
„Nein!“ sagte Dumbledore scharf. „Er bleibt hier, Minerva, weil er verstehen muss … Er muss wissen, wer ihm diese Qualen auferlegt hat, die er heute durchlitten hat, und warum.“
„Moody“, sagte Harry nervös, „wie kann es denn Moody gewesen sein?“
„Das ist nicht Alistor Moody“, antwortete Dumbledore bestimmt.
Aber wie … wer?
Erschrocken und ängstlich zog ich Ginny weiter zurück in die Dunkelheit des Flures, dann einige Schritte nach rechts, so dass wir den Raum fast komplett einsehen konnten.
Harry zitterte, aber er war wohl auf, und voller Energie.
Niemandem würde es gelingen ihn da wegzubringen, nicht bevor er die notwendigen Erklärungen bekommen hätte.
„Du hast Alistor Moody nie kennen gelernt. Der wahre Moody hätte dich nicht aus meiner Nähe verschleppt, nach allem, was heute Abend geschehen ist. In dem Moment, da er dich mitnahm, ging mir ein Licht auf…“
Und nicht nur ihm!
Ich hatte den richtigen Riecher!
Aber wer ist es dann?
Dumbledore bat Snape das Veritaserum zu holen, und anschließend sollte er Winky herschleppen.
McGonagall sollte bei Hagrid einen großen schwarzen Hund abholen, der im Kürbisbeet sitzen würde.
Natürlich verstand niemand den Sinn.
Gerade noch rechtzeitig bevor die Beiden das Büro verließen, zog ich Ginny in einen anderen dunklen Bereich zurück, damit uns niemand bemerken würde.
Dumbledore ging zu Moodys Koffer und öffnete sieben Schlösser.
Beim Öffnen der ersten Ebene sah er kurz auf, seine Augen blitzten mir entgegen.
Er hatte zumindest mich, eindeutig bemerkt.
Aber kein Wort kam über seine Lippen, stattdessen schenkte er seine Aufmerksamkeit, wieder dem Koffer.
Eine Menge Bücher kamen in der ersten Ebene zum Vorschein.
Er steckte einen zweiten Schlüssel ins Loch, eine Unmenge Spickoskope waren darin enthalten und etwas das wie ein Tarnumhang aussah.
Es folgten die nächsten Schlüssel, die immer neuere Dinge zum Vorschein brachten.
Schließlich öffnete er das siebte und letzte Schloss.
Seine Augen weiteten sich, dann zu meiner Überraschung kletterte Dumbledore in den Koffer, und verschwand darin.
„Unter Schockzauber – und in der Gewalt des Imperius – Fluchs – sehr schwach“, schallte aus den Tiefen des Koffers. „Natürlich musste er ihn am Leben halten…“
Sollte etwa der echte Moody…, dachte ich, konnte den Faden aber nicht weiterspinnen, denn Dumbledore rief jetzt Harry zu, er möge ihm den Mantel des Doppelgängers hinunter werfen.
„Alastor fühlt sich eiskalt an. Madam Pomfrey wird sich um ihn kümmern müssen, aber er scheint nicht unmittelbar in Gefahr zu sein.“
Dumbledore kletterte wieder aus dem Koffer, griff nach dem Flachmann, aus dem Moody immer getrunken hatte, schraubte den Deckel auf und kippte den Inhalt auf den Boden.
Eine dicke, klebrige Flüssigkeit ergoss sich über den Fußboden.
Ich kannte diese Flüssigkeit.
Wir hatten sie in unserem zweiten Jahr benutzt, um in den Slytherin Gemeinschaftsraum zu kommen.
Vielsaft - Trank.
Mittlerweile war auch Ron an unserer Seite aufgetaucht.
Schnell, wie der Wirbelwind, wie immer…
Fragend sah er uns an.
Wir bedeuteten ihm ruhig zu sein.
„Vielsaft – Trank“, bestätigte Dumbledore meine Vermutung.
„Du siehst, wie einfach es war, und zugleich genial. Denn Moody trinkt tatsächlich immer nur aus seinem Flachmann, dafür ist er bekannt. Der Doppelgänger musste den echten Moody natürlich in der Nähe behalten, damit er den Trank nachbrauen konnte, du siehst ja sein Haar … du siehst wo die Büschel fehlen. Aber ich würde vermuten, bei all der Aufregung heute Abend hat unser falscher Moody womöglich vergessen, den Trank so regelmäßig wie nötig zu schlucken … stündlich … und zur vollen Stunde…“
Minutenlang sprachen sie kein Wort mehr.
Dann begann sich das Gesicht des Mannes auf dem Boden zu verändern.
Die Narben verschwanden, die Haut glättete sich, die verstümmelte Nase heilte aus.
Die lange weißgraue Mähne zog sich zurück und färbte sich strohfarben.
Ein lautes Klonk ertönte und sein Holzbein fiel ab.
Unter seinem Umhang kam ein normales, gesundes Bein zum Vorschein.
Der magische Augapfel hüpfte aus seinem Gesicht und wich einem echten Auge.
Hastige Schritte ertönten hinter uns auf dem Korridor.
Snape kam mit Winky im Schlepptau zurück, unmittelbar nach ihm kam auch McGonagall angelaufen.
„Crouch!“ sagte Snape und blieb wie angewurzelt stehen, „Barty Crouch!“
Barty Crouch?
Aber das ist er nicht … sieht viel jünger…
Mein Gott, Crouch junior, aber wie…?
Winky stieß einen spitzen Schrei aus. „Meister Barty, Meister Barty, was machen sie denn hier?“
Sie stürzte vor und warf sich auf die Brust des jungen Mannes.
Snape reichte Dumbledore ein Glasfläschchen mit dem Wahrheitselixier.
Dieser flösste es Crouch ein und sprach „Rennervate!“
Die Befragung begann und brachte unglaubliches zum Vorschein.
Barty sprach zunächst über seine Flucht aus Askaban:
Durch einen Vielsaft - Tausch mit seiner todkranken Mutter sei er freigekommen. Ihrem letzten Wunsch entsprechend habe sein Vater ihn in Gestalt seiner Mutter aus Askaban hinausbringen müssen.
Es folgte eine Befragung über seinen Vater und sein Geheimnis:
Nach seiner Flucht habe er bei seinem Vater gelebt, der ihn ständig unter dem Tarnumhang und einem kontrollierenden Imperius - Fluch hielt. Die Hauselfe Winky habe ihn physisch aufgepäppelt und später gelang es ihm, immer erfolgreicher gegen den Imperiusfluch seines Vaters zu wehren.
Die Befragung kam zu den Details der letzten Tage, Wochen, Monate, beginnend mit Bertha Jorkins:
Die neugierige Ministeriumsangestellte Bertha Jorkins habe sein geheimes Dasein zufällig mitgekriegt und sei deshalb von seinem Vater mit einem Gedächtniszaubern traktiert worden.
Der Zauber war so stark, dass man vermutete, ihr Gedächtnis sei für immer geschädigt.
Interessant waren die Schilderungen während der Quidditch – Weltmeisterschaft, da wir unmittelbar beteiligt waren:
Winky habe erreicht, dass sich Crouch junior unter dem Tarnumhang und ihrer Aufsicht das Quidditchfinale bei der Weltmeisterschaft ansehen konnte. In der Ehrenloge habe er einem Jungen den Zauberstab geklaut. Als nachts einige verräterische Todesser zum Spaß Muggel erniedrigt und Muggelfreunde erschreckt hätten, sei er von der besorgten Winky magisch gebunden und in den Wald gezerrt worden. Dort habe er aber zum Schrecken dieser Feiglinge das Dunkle Mal heraufbeschworen.
Der freie Platz neben Winky!
Nicht Crouch sollte da Platz nehmen, sondern der Junior saß schon da, und er war es auch, der Harry den Zauberstab geklaut hatte.
Bezüglich der vorgetäuschten Krankheit seines Vaters sagte er:
Bald danach sei Voldemort mit seinem Diener selbst zu ihm gekommen und habe ihn aus der Gewalt seines Vaters befreit. Statt des Sohns habe Voldemort nun den Vater Crouch mit einem Imperiusfluch belegt, zu Hause eingesperrt und nur Anweisungen an sein Büro schicken lassen.
Das Gespräch kam auf Moody:
In Voldemorts Auftrag hat er Moody überfallen, mit Vielsaft - Trank dessen Aussehen erworben und sich als der erwartete Professor Moody in Hogwarts eingefunden.
Sein Vater habe wie er selbst gegen den Imperiusfluch gekämpft und konnte seinem Bewacher Wurmschwanz entwischen, doch bevor sein Vater, Dumbledore erreichen konnte und damit den Plan gefährden würde, habe er ihn getötet.
Er war es der Harry ins Turnier gebracht und bestmöglich dafür gesorgt, dass er als erster den Siegerpokal berühren würde, den er in einen Portschlüssel verwandelt hatte.
So habe er Harry zu Voldemort bringen können und ihm wieder zu einer Gestalt verholfen.
Dumbledore legte dem jungen Barty Crouch magische Fesseln an, befahl Professor McGonagall, ihn zu bewachen und Professor Snape, den Zaubereiminister Fudge zu holen, der Crouch sicher befragen wolle.
Er selbst verließ zusammen mit Harry den Raum und ging in sein Büro, wo Sirius unruhig auf sie wartete.
Scheinbar sollte an dieser Stelle unser Lauschangriff ein Ende finden.
Wir sahen noch wie Snape mit Poppy zurückkam, und sie den echten Moody aus seinem Verlies befreiten.
Er sah wirklich furchtbar aus, dürr und ausgemergelt, und befand sich in einer Art Tiefschlaf.
An seinem Unterkörper fehlte sein obligatorisches Holzbein, die Augenhöhlen, in der sich das magische Auge hätte befinden sollen, wirkte leer und eingefallen.
Sein Kopf zeigte etliche kahle Stellen, büschelweise wurden scheinbar Haare herausgerissen, die sein Doppelgänger für den Zaubertrank benötigte.
Ein Erbarmungsloses, verachtenswertes Vorgehen, das Crouch Junior an den Tag legte, ganz im Stile seines Herrn.
Sie brachten Moody in den Krankenflügel, unauffällig folgten wir ihnen hinterher.
Auf dem Korridor des Krankenflügels ließen wir uns erschöpft nieder.
Ginny und Ron saßen auf Stühlen, die Hände vor dem Gesicht gestützt.
Ich hatte mich erschöpft, an der Wand entlang nach unten rutschen lassen.
Keiner sprach ein Wort.
„Er ist zurück, Voldemort, er ist zurück“, Harrys Worte brannten, wie Feuer in meinem Kopf.
Das Warten begann, denn ich wusste, irgendwann würden sie auch Harry hierher bringen.
Er ist tot.
Diggory ist tot.
Noch einmal sah ich vor Augen, wie Harry auf dem Boden des Quidditchfeldes aufschlug, den Trimagischen Pokal in der Hand, und Cedric Diggory an sich geklammert hatte.
Was war mit ihm geschehen?
Hat ihn Voldemort getötet?
Der Siegerpokal, ein Portschlüssel. Wo hat er sie hingebracht?
Little Hangelton?
Doch warum Cedric?
Warum musste Cedric sterben?
Ich versuchte mich genau an diese Szene zu erinnern.
Irgendetwas sonst? Auffälligkeiten?
Cedric Diggory ist tot!
Habe ich etwas übersehen?
Weitere Zeit verging.
So viele Dinge gingen mir durch den Kopf.
Ron saß zusammengekauert auf seinem Stuhl, gelegentlich sah er verstohlen zu mir hin, traute sich aber wohl nicht, mich anzusprechen.
Seine Schwester zitterte am ganzen Körper. Ihre Unruhe war ansteckend. Wie ein Häufchen Elend starrte sie den Flur auf und ab. Auf dem Boden sammelten sich ihre abgeknapperten Fingernägel.
„Er ist zurück, Voldemort, er ist zurück.“
Vielleicht dachte Ginny ähnliches.
Eine Art Benommenheit und das Gefühl, dies alles wäre nicht real und nur ein Traum, ein böser Traum, hatten von mir Besitz ergriffen.
Und wieder musste ich mich fragen: Traum oder Wirklichkeit?
Dieses Mal hoffte ich auf einen Traum.
Ich kniff mir in den Arm … es schmerzte, und ich wusste, das ist KEIN Traum.
Die Bilder vor meinen Augen wiederholten sich.
Harry mit dem Trimagischen Pokal.
Ist er wirklich der Sieger?
Aber das war jetzt so was von nebensächlich geworden.
Ich versuchte mir vorzustellen, wie es für ihn gewesen sein müsste, den Pokal als Erster zu berühren.
Ob es ein schönes Gefühl war?
Oder war ihm da die Gefahr schon bewusst?
Zu viele Fragen, zu viele offenen Fragen, ich konnte mir noch kein Bild davon machen.
Weitere Bilder zogen an mir vorbei.
Mad-Eye Moody – Klonk – Klonk – Klonk.
Der Klang seines nachgezogenen Holzbeines auf dem Steinboden, hallte in meinen Ohren.
Ein Blender?
Wir sind auf eine Imitation hereingefallen.
Und nicht einmal, sein Freund Dumbledore hatte etwas bemerkt.
Der echte Moody, ausgemergelt und körperlich am Ende.
Noch einmal sah ich, wie sie ihn in den Krankenflügel führten.
Der falsche Moody, ein Blender, aber dennoch ein sehr guter Lehrer und wieder werden wir im nächsten Jahr einen neuen Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste bekommen.
Cedric, noch einmal sah ich den toten Cedric im Arm von Harry, vor der Tribüne aufschlagen.
Traum oder Wirklichkeit.
Noch einmal küsste mich Harry so leidenschaftlich und schön, wie ich es am Abend des Weihnachtsballes erlebt habe. Nur dieses Mal fehlte der Geschmack auf den Lippen.
Wirklichkeit…
Etwas riss mich aus den Gedanken.
Auf dem langen Flur hallten Schritte.
Jetzt geht’s los.
Gleich wird hier ein reges Treiben stattfinden.
Mrs. Weasley und Bill kamen mit ernsten, ängstlichen Blicken auf uns zu gelaufen.
„Wie geht es Harry?“ fragte Mrs. Weasley aufgewühlt, den Tränen nah.
„Er ist bei Dumbledore“, antwortete Ginny, „er lebt, ist aber etwas durcheinander.“
„Moody wird wieder“, Poppy kam herbei.
„Was ist mit Harry?“ wurde sie sofort von Molly Weasley bombardiert.
„Er wird gleich kommen, dann einen Schlaftrunk einnehmen und erst einmal, Ruhe und Schlaf bekommen.“
Wieder waren Schritte zu hören, wir wirbelten alle herum.
Dumbledore führte Harry und Tatze herein.
„Harry! O Harry!“ Mrs. Weasley stieß einen erstickten Schrei aus.
Dumbledore hielt sie zurück, „Molly, bitte hören sie mir einen Augenblick zu“, wiegelte Dumbledore ab, „Harry hat heute Abend Schreckliches durchlitten. Und er musste es eben für mich noch einmal in allen Einzelheiten schildern. Was er jetzt braucht, ist Schlaf, Ruhe und Frieden. Wenn er möchte, dass ihr alle bei ihm bleibt, dann tut es. Aber ich will, dass ihr ihm erst Fragen stellt, wenn er bereit ist zu reden, und gewiss nicht mehr heute Abend.“
Mrs. Weasley nickte ihm, schneeweiß im Gesicht, verständnisvoll zu, blickte zu uns und raunte uns zu, „Habt ihr nicht gehört? Er braucht Ruhe!“
„Direktor?“ fragte Poppy mit starrem Blick auf Tatze, „darf ich fragen, was…?“
„Dieser Hund wird eine Weile bei Harry bleiben, ich versichere ihnen, er ist sehr gut erzogen…“
Madam Pomfrey führte Harry zu einem in der Nähe stehenden Bett, vorbei an einem immer noch reglosen, aber echten Moody.
Ich werde definitiv bleiben!
Aber keiner der Anderen schien gehen zu wollen, und so begaben wir uns kurze Zeit später, zu Harrys Bett, er zog gerade noch seinen Schlafanzug hoch.
Er sah recht gefasst aus, wirkte überhaupt nicht unsicher.
Beeindruckt und bewundernd starrte ich an.
„Ihr braucht nicht zu gehen, könnt ruhig hierbleiben, ich bin nur müde … ich bin okay.“
Das werde ich auch tun … nämlich hier bleiben, und zwar solange, wie es dauern würde.
Pomfrey kam mit einem Kelch und einer kleinen Flasche mit einem purpurnen Trank zurück.
Harry ergriff den Kelch und nahm ein paar wenige Schlucke davon, sofort verdrehten sich seine Augen und fielen zu.
Ich ging an sein Bett und sah ihn nachdenklich an.
So friedlich lag er da.
Nachdenklich griff ich in sein Gesicht und zog ihm vorsichtig seine Brille ab.
So viele Leute, wie soll er da schlafen?
Es machte mich wütend, zumal, jetzt auch noch einige Anwesende zu diskutieren begannen.
Nervös lief ich hin und her, und ging schließlich wütend zu einem der offenen Fenster und schaute nachdenklich, über die Ländereien.
Immer mehr Fragen beschäftigten meinen Kopf.
Was war geschehen?
Was ist im Irrgarten vorgefallen.
Wie konnte es soweit kommen?
Ich versuchte mir ein Bild der Geschehnisse zu machen, es ergab immer noch keinen Sinn.
Moody hat Harry zu Voldemort gelockt, aber wie?
...und was ist dann geschehen?
Ich zermaterte mir meinen Kopf.
Warum?
Wozu braucht er Harry?
Warum gelingt es ihm nicht Harry zu töten?
Warum hat er vor Harry Respekt.
Fast könnte man meinen … er hätte Angst vor ihm.
Angst vor einem Jungen?
Warum?
Ganz in Gedanken versunken sah ich plötzlich etwas vor mir auf der Fensterbank, dass mein Herz höher schlagen ließ und meine Gedanken in eine andere Richtung lenkte.
Ich entfernte mich langsam von dem Fenster, und ging in Richtung Madam Pomfrey, dabei hatte ich immer ein Auge auf das Fenster gerichtet.
„Hätten sie ein Glas mit Deckel für mich?“ fragte ich Pomfrey.
„Wie groß?“ fragte sie, ohne überrascht zu wirken.
Mit meinen Händen zeigte ich die Größe eines Marmeladenglases an.
Sie brachte mir die perfekte Größe vorbei, mit meinem Zauberstab stanzte ich ein paar Löcher in den Deckel und verhexte das Glas unzerbrechlich.
Im Vorbeigehen zupfte ich an einer Pflanze eine paar Triebe ab und stopfte sie in das Glas.
McGonagall betrat mit Minister Fudge und Snape im Schlepptau den Krankenflügel, so meine Vermutung bei der Identifikation der Stimmen.
Sie diskutierten aufs heftigste, alle Personen im Raum sahen nervös auf.
Die Diskussion wurde immer hitziger.
„Die wecken ihn noch auf, wenn sie nicht endlich still sind“, sagte ich wütend und ging weiter zum Fenster.
Mrs. Weasley hatte sich aus ihrem Stuhl erhoben und sah nervös zu Bill, „das ist die Stimme von Fudge!“ wisperte sie, „und das ist Minerva, nicht wahr? Aber worüber streiten die sich?“
„Sie hätten es niemals ins Schloss bringen dürfen!“ rief McGonagall wütend.
Die Tür zum Krankensaal schlug auf.
Fudge kam zügig hereingestürmt, gefolgt von McGonagall und Snape.
„Wo ist Dumbledore?“ fragte Fudge in die Runde.
„Er ist nicht hier!“ antwortete Mrs. Weasley erzürnt.
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür zum Krankensaal erneut.
Dumbledore mit sehr grimmigem Blick kam hereingerauscht.
„Was ist passiert?“ fragte er schroff.
Seine Blicke wanderten abwechselnd von Fudge zu McGonagall.
„Warum stören sie die Ruhe? – Minerva, ich bin überrascht, sie hier zu sehen – ich hatte sie gebeten, Barty Crouch zu bewachen...“.
„Es ist nicht mehr nötig, ihn zu bewachen, Dumbledore!“
Ihre Stimme klang äußerst schrill.
„Dafür hat der Minister gesorgt!“
Hoppla! Dachte ich, was ist denn jetzt los?
Noch nie zuvor hatte ich die Professorin so außer sich gesehen.
Auf ihren Wangen glühten flammend rote Flecken, ihre Hände hatte sie zu Fäusten geballt.
Ich befürchtete sie würde jeden Augenblick ihre Fäuste sprechen lassen.
Mittlerweile war ich wieder an meinem Platz am Fenster angekommen und sah mich suchend um, der Käfer war verschwunden.
Ich krieg dich schon noch, du kannst dich nicht vor mir verstecken.
„Als wir Mr. Fudge mitteilten, wir hätten den Todesser gefangen, der für die Geschehnisse dieser Nacht verantwortlich war“, sagte Snape gedämpft, „da glaubte er, seine eigene Sicherheit sei gefährdet. Er bestand darauf, einen Dementor zu rufen, der ihn zum Schloss begleitete. Er brachte ihn mit in das Büro, in dem Barty Crouch...“
Ich spürte wie sich meine Eingeweide zusammenzogen.
Barty Crouch wurde von dem Kuss eines Dementors...
Ein tödlicher Kuss, der ihm die Seele durch den Mund gesogen hatte!
Schlimmer, als wenn er gestorben wäre!
Bartys Geständnis spielte der Minister, als das Gerede eines Wahnsinnigen herunter.
Er bestritt energisch, dass Voldemort diesem wahnsinnigen Mörder Befehle erteilt haben könne, denn Voldemort sei doch seit vierzehn Jahren tot. Voldemorts Wiedergeburt sei nichts als die Wunschphantasie eines Wahnsinnigen.
Fudge ließ keine andere Meinung gelten.
Er glaubte kein Wort von dem was Harry berichtet hatte, denn Harry sei manchmal unzurechnungsfähig wegen seiner Narbenschmerzen und außerdem ein verdächtiger Parselmund.
Der Minister glaubt den Quatsch den Kimmkorn schrieb?
Unfassbar, und so was schimpft sich Minister.
Entrüstet zuckte ich, und wäre fast selbst auf ihn losgegangen, wäre ich nicht überrascht worden, von Harry.
„Sie haben Rita Kimmkorn gelesen, Mr. Fudge?“ sagte er leise.
Zu unser aller Überraschung war Harry wach und hatte alles mitbekommen.
Kein Wunder bei dem Spektakel!
Vergeblich erklärte Dumbledore, was Harrys Narbenschmerzen bedeuten.
Vergeblich zeigte Snape sein Todesser-Brandmal, mit dem Voldemort vor kurzem seine Anhänger zu sich gerufen hatte.
Vergeblich nannte Harry Namen von Todessern, die er bei seiner Zusammenkunft mit dem dunklen Lord gehört hatte.
Vergeblich wies McGonagall auf den Tod von Cedric Diggory hin.
Fudge wollte seine heile Welt nicht durcheinanderbringen lassen und hatte Angst davor eine Panik auszulösen.
Ich konnte nicht glauben, was er von sich gab.
Dieser sture alte Bock!
Keine Ahnung, aber große Reden schwingen!
Und vor allem, die Gefahr nicht zu erkennen.
Harry ist kein Lügner!
„Voldemort ist zurück“, wiederholte Dumbledore.
Lächerlich!“ rief Fudge erneut.
Dumbledore zählte ihm die letzten Botschaften auf, sozusagen als Hilfestellung.
Die Dementoren sollten von Askaban abgezogen werden.
Man sollte Gesandte zu den Riesen schicken, um sich mit ihnen zu verbünden, bevor es zu spät wäre.
Fudge hatte jetzt nur noch Angst um seine Karriere, dieser verbohrte alte Idiot.
Mrs. Weasley war auf Harry zugetreten, um ihn zu beschwichtigen.
Sie legte beruhigend ihre Hand auf seine Schulter, ich dachte er würde jeden Augenblick aus seinem Bett springen, dem Minister an den Hals.
In der Aufregung hatte ich gar nicht bemerkt, dass Ginny verschwunden war.
Eine peinliche Stille trat ein, dann sprach Dumbledore, „Wenn ihr Wille, die Augen zu verschließen, sie so weit bringt, Cornelius, dann trennen sich nun unsere Wege. Sie müssen tun was sie für richtig halten. Und ich – ich werde tun, was ich für richtig halte.“
Fudge`s Gesicht änderte sich, fast sah man Rauch aus seinen Ohren dampfen.
Erbost erhob er seinen Zeigefinger und drohte mit einer Einmischung in Hogwarts, zumindest einer Überprüfung der Leitung von Hogwarts.
Zu guter letzt warf der Minister noch das Preisgeld von 1000 Galleonen, Harry regelrecht vor die Füße.
„RAUS!“ schrie in inbrünstig. „Alle R-A-U-S hier!“
Erschrocken blickten alle Anwesenden auf. Dumbledore nickte, Fudge rückte beleidigt ab, Bill raffte sich auf, ich vermute, dass er sich auf den Weg zu Fleur machte, und selbst Ron wollte eingeschüchtert, den Raum verlassen.
„Wir sind gleich soweit“, nickte Dumbledore. „Harry wird gleich zur Ruhe kommen, nur noch einige wenige Dinge…“
Tatze lief nervös auf und ab, seine Augen funkelten mich an, als er um meine Beine streifte.
Die Diskussionen setzten sich beim Verlassen des Raumes fort. Nachdem Fudge sich endgültig und wütend aus dem Staub machte, ergriff Dumbledore sofort die Initiative.
Er fragte Mrs. Weasley, ob er auf sie und ihrem Mann zählen könne, sie wirkte zu Allem entschlossen.
Bill übernahm die Aufgabe seinen Vater zu informieren, also doch nicht Fleur…
Die einsichtigeren Mitarbeiter des Zaubereiministeriums mussten mobilisiert werden.
McGonagall sollte Hagrid und Madame Maxime zu einem Gespräch in Dumbledores Büro bringen.
Madam Pomfrey sollte Winky in die Küche geleiten, und in Dobbys Obhut übergeben.
Ein Vorwand!
Denn kaum hatte sich die Tür hinter ihr geschlossen, gab Dumbledore eine überraschende Anweisung.
„Und nun ist es an der Zeit, dass zwei der hier Anwesenden sich gegenseitig als das anerkennen, was sie sind.“
Ich ahnte sofort, was folgen würde.
„Sirius ... bitte nimm deine gewöhnliche Gestalt an.“
Der große schwarze Hund sah zu Dumbledore auf und verwandelte sich in sekundenschnelle in einen Menschen.
Mrs. Weasley sprang keuchend auf und schrie, „Sirius Black!“
Ron beruhigte sie, „Mom, beruhige dich! Es ist alles in Ordnung!“
Snape stand wie angewurzelt da.
Er hat weder geschrien, noch war er zurückgewichen, aber sein Gesicht drückte gleichzeitig Zorn und Entsetzen aus.
„Er ist meiner Einladung gefolgt“, beruhigte Dumbledore die Gemüter, und sah abwechselnd Snape und Sirius an, „wie auch Sie, Severus. Ich vertraue euch beiden. Es ist an der Zeit, dass ihr die alten Streitigkeiten begrabt und euch gegenseitig vertraut.“
Ein Wunder?
Dumbledore verlangt ein Wunder?
Doch das folgende Bild prägte sich in meinem Kopf ein ... auf ewige Zeiten, würde es nicht mehr zu verdrängen sein.
Zwar langsam und zögerlich, doch immer noch mit bösen Blicken schritten die beiden Männer aufeinander zu und reichten sich die Hände.
Beide erhielten Aufträge.
Snape übernahm einen schwierigen Auftrag, den er und Dumbledore kannten, aber nicht aussprachen.
„Severus, sie wissen, was ich von ihnen verlangen muss. Wenn sie willens sind ... wenn sie bereit sind...“
„Das bin ich“, antwortete Snape und klang überzeugend.
„Viel Glück“, wünschte ihm Dumbledore.
Sirius sollte sofort abreisen und die alten Kämpfer alarmieren, Remus Lupin, Arabella Figg und Mundungus Fletcher.
Er sollte eine Weile bei Lupin untertauchen, bis das Andere geregelt wäre.
„Wir werden uns sehr bald wiedersehen“, sagte Sirius an Harry gewandt. „Versprochen!“
„…sensationelle Explosion“, zwinkerte Sirius mir zu, wohl angelehnt an meinen Rauswurf. Bevor er verschwand flüsterte er noch, „jetzt kommt der Plan deiner Mom ins Spiel!“
Meinte er Mom’s Brief?
Ich musste mich zum Fenster umdrehen, niemand sollte die Tränen bemerken, die sich in meinen Augen sammelten.
Ein perfekter Zeitpunkt!
Auf dem Fenstersims hatte sich wieder ein Käfer niedergelassen...
„Hab ich dich, du Biest!“ grinste ich, während das Marmeladenglas mit einem lauten Klonk über dem Käfer landete.
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