von rodriquez
Mit schnellen Schritten kam der Oktober, und damit der Herbst.
Seit Tagen schon prasselte der Regen, in gewehrkugelgroßen Tropfen gegen die Fenster von Hogwarts. In den Ländereien und den Schlossgängen breitete sich eine unangenehme, feuchte Kühle aus. Viele Schüler, aber auch Lehrer hatten mit schweren Erkältungen zu kämpfen, auch bei mir tropfte seit einigen Tagen die Nase.
Oliver Wood führte einen unerbittlichen Kurs mit täglichem Powertraining. Sein Quidditchtraining verlangte vom Team alles ab, vor allem nachdem Fred und George die Slytherins ausspioniert hatten, und dabei feststellen mussten, dass man gegen sie kaum eine Chance haben würde. Die von Malfoy Senior gestifteten neuen Besen machten sie schier unbesiegbar.
Eine tropfende Nase, und ein ziemlich kratzender Hals führte mich gerade auf den Weg in den Krankenflügel, um mich von Madam Pomfrey mit einen Mittel gegen die Erkältung eindecken zu lassen, als ich ein paar Meter vor mir, einen triefendnassen, mir bestens bekannten Quidditchumhang erblickte.
Unterbewusst stoppte ich ab, und hielt mich diskret im Verborgenen. Noch konnte ich nicht erkennen, was Harry da tat, aber es wirkte sehr seltsam und mysteriös.
Er befand sich in der Hocke, seine Knie berĂĽhrten fast den Boden, um ihn herum eine riesige PfĂĽtze seines nassen Umhangs, auf mich wirkte es, als wĂĽrde er versuchen auf jemanden einzureden, dann nach einigen Augenblicken erhob er sich, und ich zuckte zusammen, als ich erkannte auf wen er einredete, und es war nicht die Person, die mich zusammenzucken lieĂź, sind die Art und Weise
Ginny, zusammengekauert, und wie ein Häufchen Elend gegen die Wand gelehnt, ihr Gesicht zwischen den Knien, zitternd am ganzen Körper.
Man musste schon mehrfach hinschauen, um sie erkennen, kreidebleich im Gesicht, fast regungslos und man hatte das Gefühl, sie wäre in einer anderen Welt.
Harry sah sich hilfesuchend um, dann rannte er plötzlich in die entgegengesetzte Richtung, sofort nahm ich die Verfolgung auf, vorbei an der geistig abwesend wirkenden Ginny, die mich wie erwartet gar nicht bemerkte, obwohl ich forschend im Vorübergehen in ihr Gesicht blickte, sie war immer noch bleich und starrte ins Leere.
Ich konzentrierte mich wieder auf Harry, vergessen war Madam Pomfrey, vergessen auch meine Erkältung, abrupt kam ich zum stehen, weil ich Harry nun in Gesellschaft von Percy erblickte, der ihn mit einem gekonnten Griff am Handgelenk aufhielt.
Eine ganze Weile redete Percy lächelnd auf Harry ein, der gelegentlich etwas zu Antworten schien, und dann wieder ziemlich nervös verharrte, dabei wackelte er angespannt mit seinen Beinen hin und her, plötzlich fuchtelte er wild mit seinen Armen, und zeigte in Ginnys Richtung, Percy folgte seinem Blick, und lief ohne Zeit zu verlieren zu seiner Schwester.
Bevor er mich erblicken würde, öffnete ich die Tür, die mir am nächsten war, und hielt sie verschlossen, aber gerade so, dass ich noch hören konnte, und es so aussah, als ob sie verschlossen wäre.
Angestrengt versuchte ich zu lauschen, bis ich Percys Schritte deutlicher hören konnte, und sein Schatten mit einem Windzug meine Stelle passierte.
Wenn ich Harry lieb anlächle, wird er mir schon verraten, was da vor sich ging, dachte ich gerade, als ich mutig die Tür einen kleinen Spalt weiter öffnete, und im gleichen Moment einen kalten Luftzug in meinem Nacken verspüren konnte.
„Willst du mich ausspionieren?“
Eine unheimlich schrille, weibliche Stimme, lieĂź mir das Blut in den Adern erfrieren.
Mit ängstlichem Blick drehte ich mich um, und konnte zunächst Niemanden erkennen.
„Was willst du hier? Unnützes Gesindel“.
Die Stimme schwebte über mir, als schaute ich in die Höhe, über meinem Kopf schwebte der Geist eines Mädchens, sie sah wütend aus, und mit jedem Wort schrie sie unfreundlich, und schrille Worte.
„…Andauernd schließen sie mich hier alleine ein, nur weil ich ein wenig mit dem Wasser spiele“.
„…was willst jetzt du hier?“
Langsam erholte ich mich von dem ersten Schreck, „man sagt, dass die Toiletten hier andauernd unter Wasser stehen, deswegen wäre hier geschlossen … wer bist du?“
„Lass mich in Ruhe und hau ab…“, schrie sie weiter, und jammerte hinterher, „niemand will sich mit mir abgeben … hau ab!“
So schnell ich konnte, schloss ich hinter mir die TĂĽr und rannte zu Madam Pomfrey, um meinem ursprĂĽnglichen Vorhaben nachzugehen, wo ich aber noch einen Moment warten musste, auf einem Stuhl im Behandlungszimmer erkannte ich Ginny, daneben stand ihr Bruder Percy, der besorgt zu ihr hinsah.
Madam Pomfrey verabreichte ihr ein Glas mit einer dampfenden gelben FlĂĽssigkeit.
Kaum hatte Ginny das Glas angesetzt, als es aus ihrem feuerroten Haar heraus anfing zu dampfen, ganz so als wĂĽrde ihr ganzer Kopf in Flammen stehen.
Ich schluckte schwer, vor dem, was mir auch bevor stand, der Dampf quoll jetzt sogar aus Ginnys Ohren.
„Der Nächste!“ rief Pomfrey und sah in meine Richtung. Ich fühlte mich, wie in einer Bahnhofsvorhalle.
„Du scheinst endlich die Letzte zu sein, ich dachte schon, das nimmt gar keine Ende mehr“, stöhnte Pomfrey, und bestätigte indirekt meinen Eindruck.
„Nase läuft, Husten, Heiserkeit?“ fragte sie gelangweilt, und holte mir ein Glas mit derselben Flüssigkeit, die sie zuvor schon Ginny verabreicht hatte.
Während sie das Glas befüllte, versuchte ich etwas über das Mädchen aus der Toilette zu erfahren, „auf dem Weg hier, musste ich auf die Toilette, da ist der Geist eines Mädchens über mich hergefallen, die hat mich ganz schön voll gejammert.“
„Nur wenige gehen in diese Toilette“, Pomfrey verdrehte ihre Augen, „Myrte, oder wie sie alle nennen, die Maulende Myrte … sie jammert allen die Ohren voll, und in ihren vielen Anfällen, setzt sie andauernd, das Bad unter Wasser, sie spukt seit Jahren in diesem Toilettenraum herum, sie starb vor vielen Jahren auf mysteriöse Weise an eben diesem Ort.“
Einige Minuten später, und der gleichen Erfahrung, wie Ginny reicher ging ich vom Krankenflügel zurück in den Gemeinschaftsraum, Ron wartete bereits auf der Couch und winkte mir zu, „Harry müsste auch gleich kommen, er hat uns wichtiges zu erzählen, wollte sich aber noch vorher umziehen, der sah aus als hätte er im Schweinetrog geduscht.“
Völlig aufgeregt kam Harry, frisch geduscht und in trockenen Klamotten zurück in den Gemeinschaftsraum, „schön … du bist auch da“, rief er mir zu.
„Habt ihr Lust auf eine Todestagsfeier … an Halloween?“ fragte er, „eigentlich habe ich für euch auch schon zugesagt“, grinste er.
„Auf eine was?“, hakte ich nach, weil ich glaubte mich verhört zu haben.
„Auf dem Rückweg vom Training, traf ich den fast kopflosen Nick, der äußerst traurig wirkte, weil er nicht in den Klub der völlig kopflosen aufgenommen wird, ich habe mich kurz mit ihm unterhalten und ihn etwas getröstet, dann schnappte mich Filch, weil ich angeblich das Schloss beschmutzte, mit meinen nassen, dreckigen Klamotten, und schleifte mich in sein Büro.“
„Eine Todestagsfeier?“ rief ich fassungslos, weil Harry nur indirekt auf seine vorherige Aussage eingegangen war.
„Oh, Oh…“ rümpfte Ron seine Nase, „Filchs Büro … das klingt nach Strafarbeit!“
Harry grinste, „ich glaube ich bin der Erste, der ohne Strafarbeit aus seinem Büro heraus kommt“, erwiderte er stolz.
Rons Augen wurden immer größer, „Wie das?“
„Nick hat mich mit einem Trick befreit, er hat Peeves überredet, direkt über Filchs Büro einen Schrank fallen zu lassen“, Harry lachte, „ich sage euch, das hörte sich an wie ein Erdbeben, Filch … also rausgestürmt, und Peeves hinterher…“.
„Und du hast dich währenddessen verdrückt“, unterbrach Ron.
Harry schüttelte seinen Kopf, doch bevor er weiter erzählen konnte, gab es eine weitere Explosion, erstaunt sahen wir uns um.
Mitten im Gemeinschaftsraum schoss, pfeifend, ein orange leuchtender Salamander in die Luft, wirbelte wild durch den Raum, und sprĂĽhte knallende Funken von sich.
„Fred und George“, rief Ron triumphierend, die Zwillinge sahen begeisternd dem Salamander hinterher, „wir haben ihn mit einem Filibuster - Feuerwerkskörper gefüttert“, rief einer der Beiden.
Die Ablenkung schien Harry vergessen zu lassen, was er eigentlich noch sagen wollte, jedenfalls sagte er nur noch kurz, „für die Rettung habe ich Nick versprochen, dass wir als seine Gäste auf seiner Party erscheinen würden, an Halloween feiert er seinen 500. Todestag.“
Geister? - Party? Das klang letztendlich doch äußerst interessant. Ich freute mich sogar riesig auf die Party, „da werden wir sicherlich viele interessante Personen, Geister kennenlernen.“
Was er eigentlich noch erzählen wollte, schien so wichtig nicht zu sein, und die Szene mit Ginny wird er sicherlich nicht in Rons Anwesenheit erwähnen, als wartete ich den Moment ab, die Gelegenheit ihn darauf anzusprechen würde schon kommen, ich war brennend neugierig.
„Harry? Hast du noch einen Moment? Ich muss dir dringend noch etwas in der Bibliothek zeigen“, sagte ich, vor Neugier dahin schmelzend.
„Muss ich auch?“ fragte Ron naserümpfend.
„Nicht unbedingt, nur wenn du willst…“.
„Dann gehe ich schon mal ins Bett.“
Natürlich hatte ich mit dieser Reaktion gerechnet, man lernt seine Freunde eben kennen, ich lächelte still vor mich hin.
Harry sah mich fragend an, „komm mit“, sagte ich, und zog im Ärmel hinterher.
„Was gibt es denn so wichtiges, das nicht warten kann, aber Ron nicht unbedingt interessieren muss?“ fragte er etwas zerknirscht.
Meine Vermutung ging dahin, dass er wusste, was ihn erwarten wĂĽrde.
Er studierte mein Gesicht, „dich frisst die Neugier auf, habe ich recht?“
Ich klimperte herzerweichend, aber lächelnd mit meinen Wimpern.
„Was ist es?“ fragte er unbeirrt.
„Ich war bei Madam Pomfrey, wegen meiner Erkältung, dabei habe ich etwas beobachtet, über das ich gerne informiert wäre…“
Harrys Gesicht begann zu leuchten, „nicht schon wieder…“, schnaufte er schwer.
„Deswegen … wollte ich ja mit dir alleine sein…“.
„Und was hättest du gemacht, wenn Ron mitgekommen wäre?“
„Wäre er nicht“, sagte ich bestimmt.
„Wenn du mich gesehen hast, dann bestimmt auch die Situation, in der sich Ginny wieder einmal befand“, fing er an.
Ich nickte ihm bestätigend zu, und Harry begann zu erzählen:
Ich fand sie in dieser Situation vor, sitzend an der Wand, starrer Blick, bleich im Gesicht. Ich habe alles versucht, auf sie eingeredet, sie befragt, dann bin ich näher an sie heran, aber es kam keine Reaktion, sie hat nur starr vor sich hingeblickt.
Sie muss in den Krankenflügel, habe ich nur gedacht, und bin los um Pomfrey zu holen, kam aber nur bis zur nächsten Ecke, als mich eine hochgestochene Stimme erschaudern ließ, für einen Moment wusste ich nicht mehr was ich sagen sollte, noch was ich überhaupt vorhatte.
Wieder einmal ein peinlicher Auftritt.
„Bei Merlin, Percy!“ rief ich erschrocken und drückte meine Hand gegen mein Herz. „Willst du, dass ich einen Herzinfarkt bekomme?“
„Sorry“, antwortete Percy fast schüchtern.
„Ginny…“, stammelte ich verlegen.
Die Erwähnung seiner Schwester, ließ Percy mich fragend anschauen.
„Oh“, nickte Percy, „ Ja, du und Ginny … ihr scheint euch ziemlich gut zu verstehen?“
Ich versuchte meine brennenden Backen zu ignorieren, und suchte einen Ausweg. „Ich schätze…“, begann ich, und steckte lässig meine Hände in die Taschen, „…sie ist ein guter Freund.“
„Nicht mehr?“ fragte Percy, und kreuzte seine Arme vor seiner Brust, „ich denke, ich weiß, dass meine Schwester ziemlich hübsch ist. Bist du sicher, dass du das nicht bemerkt hast? ... außerdem habe ich als Vertrauensschüler meine Augen überall, auch am großen See, unter einem Baum…“.
Ich schluckte schwer, Percy hatte mich in die Enge getrieben, und so schüttelte ich energisch meinen Kopf, „ehrlich, Percy, wir sind nur Freunde.“
„Aber du magst sie?“ beharrte er, und schien ungewöhnlich daran interessiert zu sein, eine Liebesgeschichte zwischen Ginny und mir nachzuweisen, „oder etwa nicht?“
„Ich schätze, sie ist wirklich sehr hübsch“, ich zuckte mit den Achseln, mein Gesicht brannte wie Feuer, was hätte ich denn Anderes sagen sollen? „aber das muss nicht bedeuten, dass ich sie liebe, oder so“, fügte ich noch hinzu.
Percy schaute mich durchdringend an.
„Okay, vielleicht ein kleines bisschen. Jetzt kannst du mich verfluchen.“
„Ich denke nicht, dass ich das tun werde, Harry“, Percy grinste über beide Ohren.
Es war das erste Mal, dass ich den verklemmten Weasley lächeln sah, und zum ersten Mal erinnerte er mich an seine Brüder.
„Obwohl…“, Percys Grinsen wurde breiter, „ Bill könnte, wenn er es herausfinden sollte, etwas überfürsorglich werden, wenn es um unsere kleine Ginny geht, seine herzallerliebste Schwester. Schau mal, Harry“, Percy entfaltete wieder seine Arme und führte eine Hand durch sein Haar, „du und Ginny seit noch ein wenig zu jung, für eine Liebelei, oder solche Sachen … aber, wenn du wirklich etwas für sie empfindest … wenn du mich fragst, es wäre für mich in Ordnung“.
Percy stieĂź mir blinzelnd seinen Ellenbogen im die Seite.
„Ich glaube noch nicht einmal, dass sie mich in der gleichen Art mag“, antwortete ich, um den Wind etwas aus den Segeln zu nehmen.
„Bist du blind?“ fragte Percy, mit weit aufgerissenen Augen, „natürlich tut sie das! Gebt euch noch ein paar Jahre Zeit, lernt einander kennen. Ihr werdet schon merken, wenn die Zeit reif für euch ist, und diese Zeit wird kommen, da führt kein Weg daran vorbei“.
In diesem Augenblick fiel mir wieder ein, warum ich eigentlich erst in diese peinliche Situation gekommen war, und wie ich ihr entkommen könnte.
„Percy, du musst mir helfen, Ginny … deswegen bin ich auch hier unterwegs … ich wollte in den Krankenflügel und Pomfrey holen … kannst du mir helfen, ich habe Ginny da vorne getroffen, sie sitzt auf dem Boden und sieht äußerst krank aus!“
Percy rannte sofort los und brachte Ginny zu Pomfrey.
„Percy?“ fragte ich erstaunt, „der Percy?“
„Kein Wort, Mine, auch nicht zu Ron!“
„Kein Thema, Harry … was ist nur mit ihr, wie eine Erkältung sah das allerdings nicht aus.“
„Wenn ich das wüsste…“.
Halloween.
Und wieder nahm an Halloween ein UnglĂĽck seinen Lauf.
Harrys Eltern wurden an diesem Tag getötet.
Im letzten Jahr stand der Bergtroll vor mir.
Und in diesem Jahr?
Während oben in der großen Halle die Festlichkeiten, das Halloweenfest im Gange war, tummelten sich Harry, Ron und ich im tiefsten Keller des Schlosses mit Geistern auf Nicks Todestagsfeier.
Allerdings fühlten wir uns etwas fehl am Platze, düstere Gestalten amüsierten sich, und wir registrierten mit Ekel die vielen verdorbenen und übelriechenden Speisen und Getränke, recht schnell hatten wir die Schnauze voll, zumal auch Rons Magen immer deutlicher rebellierte.
Bereits beim Frühstück bereute Harry seine voreilige Zusage, „versprochen ist versprochen“, ermahnte ich ihn.
„O nein“, ich blieb schlagartig stehen, und bereute dass ich Harry überzeugt hatte.
„Umdrehen, umdrehen“, rief ich meinen Freunden aufgeregt zu, die maulende Myrte schwebte auf uns zu, „ich will nicht mit der maulenden Myrte sprechen…“
Meine Freunde sahen mich fragend an, „mit wem?“ fragten sie erstaunt.
In Kurzform erzählte ich meinen Freunde von meiner ersten Begegnung mit Myrte, und was Pomfrey mir über sie erzählte.
Rasch entfernten wir uns, Ron hatte sowieso gerade einen weiteren Tisch mit ekelhaften Speisen entdeckt, sein Magen knurrte fĂĽrchterlich, doch beim Anblick dieser Speisen, drehte sich mir der Magen um.
Je näher wir an diesen Tisch heran kamen, desto widerlicher wurde der Gestank, riesige verdorbene Fische, rabenschwarze, verbrannte Kuchen häuften sich auf den Tellern, neben Tierinnereien, und einem Käselaib, der überzogen war von grünem Moder.
„Lass uns gehen, mir ist schlecht“, Ron sah wirklich blass aus, aber auch meine Gesichtsfarbe änderte sich drastisch.
Unser Poltergeist Peeves konfrontierte mich auf ĂĽbelste Weise mit Myrte.
„Hab gehört, wie ihr über die arme Myrte gesprochen habt“, sagte er mit leuchtenden, hinterlistigen Augen. „Hey! Myrte!“ rief er sie triumphierend herbei.
Ich schluckte schwer, „oh, nein, Peeves, erzähl ihr nicht, was ich gesagt hab, das wird sie ganz durcheinanderbringen“, völlig aufgeregt und nervös, sah ich Myrte immer näher zu uns herankommen, „ich hab's nicht so gemeint, ich hab nichts gegen sie“, stotterte ich flehend, doch es war zu spät.
Der Geist des plumpen Mädchens hatte uns schon erreicht, ihr Gesicht war noch trübseliger als bei meinem ersten Treffen mit ihr.
„Was ist?“ fragte sie mit beleidigtem Ton.
„Wie geht es dir Myrte?“ fragte ich gekünstelt freundlich, und hoffte so die Situation zu retten.
Sie schniefte, und Peeves ließ mich gnadenlos auflaufen, „Miss Granger hat gerade über dich gesprochen“, hauchte Peeves heimtückisch.
„Hab nur gesagt … wie … wie hübsch du heute Abend aussiehst“, ich hätte Peeves töten können, wütend starrte ich ihn an.
Myrte beäugte mich misstrauisch.
„Du machst dich über mich lustig!“ schniefte sie frei raus, und schon kullerten ihr, große, silberne Tränen aus ihren durchsichtigen Augen.
„Nein, ehrlich, hab ich nicht gerade gesagt, wie hübsch Myrte aussieht?“
Meine Freunde könnten mir ruhig helfen, dachte ich wütend, und stieß beiden in die Rippen.
Ächzend sagte Ron, „Oh, ja … das hat sie…“.
Myrte ließ sich nicht beirren, sie kam jetzt richtig in Fahrt, „lügt mich nicht an!“
Peeves hatte erreicht was er wollte, hinter Myrtes RĂĽcken vollfĂĽhrte er einen Freudentanz.
Myrte polterte weiter, „meint ihr, ich weiß nicht, wie mich die Leute hinter meinem Rücken nennen? Fette Myrte! Hässliche Myrte! Elende, maulende, trübselige Myrte!“
Ihr Schluchzen wurde immer verzweifelter, und schließlich floh sie tränenüberströmt aus dem Kerker,
traurig sah ich ihr hinterher, „das wollte ich nicht“, schluchzte ich.
„Ich halt's hier nicht mehr lange aus“, knurrte Ron und klapperte mit den Zähnen.
„Gehen wir“, stimmte Harry zu, sein Atem flog, wie silberner Nebel durch die Luft.
„Wenn wir Glück haben, bekommen wir oben, wenigstens noch etwas vom Nachtisch“, hoffte Ron.
Meine Aufmerksamkeit war auf Harry gerichtet, der ruckartig stehen geblieben war, und angestrengt lauschte. Nur nach was?
„Was ist?“ fragte ich.
„Pssst“, ermahnte er mich, und presste seinen Zeigefinger auf seine Lippen, „hört ihr das nicht? Da ist wieder die Stimme…“.
Außer einem leichten Zischen konnte ich nichts hören, „wo?“ rief Ron.
„Was sagt die Stimme?“ fügte ich hinzu.
Harry beobachtete die kalte, feuchte Wand, legte die Hände dagegen, blickte auf und ab, und versuchte angestrengt zu hören.
„Es ist die selbe, kalte, mörderische Stimme, die ich schon in Lockharts Büro gehört habe“, sagte Harry, und lauschte immer weiter. „Reißen … zerfetzen … töten…“, murmelte er.
Wieder hielt Harry kurz inne, „Harry, was…?“ fragte ich aufgewühlt.
„Seit mal still…“, unaufhörlich beobachtete er die Wände, „…so hungrig … schon so lange…“.
„Hört!“ rief Harry eindringlich, doch so sehr ich mich auch anstrengte, ich hörte nichts, erstarrt blickte ich Harry an, „…töten … Zeit zu töten …, sie wird schwächer, die Stimme wird schwächer“
Harry starrte plötzlich in Richtung Decke, „nach oben“, rief er plötzlich und begann zu rennen, die Stufen zur Eingangshalle hoch, er wurde immer schneller, Ron und ich hasteten hinterher, ich fragte mich was und wie er etwas hören konnte, dass weder Ron noch ich, bemerken.
Harry rannte ohne Ruhe an der groĂźen Halle vorbei, wo das Stimmengewirr, der Feier zu uns drang, dann zur Treppe hoch in den ersten Stock.
Ron und ich waren ihm dicht auf den Fersen, aber wir hatten Schwierigkeiten ihm zu folgen.
Atemlos rief ich ihm zu, „Harry, was tun wir…?“
„Psssst…“, wieder spitzte er seine Ohren, „ich rieche Blut … ich rieche Blut, allerdings weit weg, die Stimme verblasst“, rief er uns panisch zu.
„Er wird jemanden umbringen!“
Harry machte mir Angst, obwohl ich absolut nichts hören konnte, sah ich die Panik in Harrys Gesicht, und wusste, es ist ernst, tödlicher Ernst.
Ohne weiter auf Ron und mich zu achten, hastete Harry weiter, er jagte durch die Gänge, nahm drei Stufen der nächsten Treppe auf einmal, hoch in den zweiten Stock.
Erst im letzten, verlassenen Korridor verlangsamte er seine Schritte, ich konnte nicht mehr, schnappte nach Luft, meine Augen starrten aufmerksam durch den Korridor.
„Harry, was ist eigentlich los?“ fragte Ron atemlos, und wischte sich den Schweiß der Anstrengung von der Stirn, „ich höre nichts, habe nichts gehört, und höre immer noch nichts!“
Plötzlich erstarrte ich, „Seht mal“, stotterte ich und zeigte auf die Wand vor uns, etwas leuchtete uns entgegen.
Vorsichtig gingen wir näher, plötzlich hielt sich Harry an meinem Arm fest, erschrocken sah ich ihn an, dann sah ich den Grund, eine riesige Wasserpfütze, in der er ausgerutscht war.
Mein Blick fiel zurĂĽck zu der Wand vor uns, im flackernden Licht der Fackeln schimmerten fast einen halben Meter hohe Buchstaben uns entgegen, hingeschmiert in blutroter Farbe, sie raubten mir den Atem.
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