von rodriquez
Wir rechneten damit, dass es nur noch eine Frage der Zeit sein konnte bis Snape, den schwächlich anmutenden Quirrell gebrochen hätte.
Als aber nach vier weiteren Wochen immer noch nichts geschehen war, außer dass Quirrell zusehends blasser und dünner zu werden schien, und Snape immer missmutiger durch die Gänge stolzierte, fingen wir an ihn zu bewundern.
Ron tadelte sogar in seinem Unterricht, die anderen Schüler, dass sie sich nicht mehr über sein Stottern lustig machen sollen.
Gelegentlich machten wir einen Abstecher zu der Tür im Korridor des dritten Stockes, liefen aber stets daran vorbei, wir lauschten lediglich, ob Fluffy noch den Stein bewachte.
Ende April wich jedoch der Stein zusehends aus meinen Gedanken, nur noch knapp zehn Wochen, ging es mir durch den Kopf.
Ich entwickelte für jeden von uns einen Zeitplan für die Aufarbeitung des Unterrichtstoffes, alle möglichen Textmarker holte ich aus meinen Koffer hervor, und strich die wichtigsten Passagen in meinen Notizen an.
„Hermine du nervst“, sagte Harry eines Abends zu mir, nachdem ich die Beiden zum Lernen in die Bibliothek locken wollte, „es ist noch eine Ewigkeit bis zu den Prüfungen“.
„Zehn Wochen!“
Ich blieb beharrlich.
Beide rollten mit ihren Augen, „außerdem“, bemerkte Ron, „wozu wiederholst du den ganzen Stoff eigentlich, du weißt doch ohnehin alles?“
„Wozu ich wiederhole?“ fuhr ich ihn energisch an, und reichte Ron meine Notizen entgegen, „seid ihr verrückt? Euch ist doch klar, dass wir die Prüfungen schaffen müssen, um ins 2. Schuljahr zu kommen?“
„Bei deinen Notizen kann man vor lauter Markierungen fast gar nichts mehr lesen“, machte Ron zerknirscht weiter.
Unsere Lehrer tickten wohl genauso wie ich, sie halsten uns eine Unmenge an Hausaufgaben auf, Ron und Harry waren nur noch am stöhnen.
Der Stein der Weisen rückte somit in allen Köpfen in den Hintergrund, es blieb kaum Zeit für etwas Anderes.
Ron war am verzweifeln, wütend warf er seine Feder im hohen Bogen durch die Bibliothek, „ich kann mir das nie merken!“
Harry sah nur kurz aus seinem Zauberkräuterbuch auf, und suchte weiter nach „Diptam“.
„Seite 43 unten“, gab ich ihm mit einem missmutigen Blick, Hilfestellung.
„Hagrid, was machst du denn in der Bibliothek?“ rief Ron in diesem Augenblick, und wirkte sichtlich erstaunt.
Hagrid wirkte an diesem ungewöhnlichen Ort, extrem Fehl am Platz, „Nur mal schauen“, antwortete er verlegen, und versteckte schnell, aber unbeholfen, etwas hinter seinem Rücken.
„Und ihr?“ versuchte er von sich abzulenken, „sucht ihr immer noch nach Nicolas?“
„Ach was, das haben wir doch schon lange herausgefunden“, winkte Ron ab, „und … wir wissen auch was der Hund bewacht, es ist der Stein der W…“
„Psssst“, Hagrid blickte sich nervös um, „schreit das doch nicht so herum.“
Unser Interesse war neu geweckt, „wir haben aber tatsächlich noch ein paar Fragen an dich“, erwähnte Harry beiläufig, „was ist außer Fluffy noch da, um diesen Stein zu bewachen?“
„Schhhh!“, zischte Hagrid aufgeregt, „kommt später rüber zu mir, und quasselt nicht so rum, bevor noch Jemand etwas mitkriegt, nachher heißt’s ich hätte etwas verraten.“
„Was war das hinter seinem Rücken“, fragte ich nachdem er davon schlurfte, „glaubt ihr es hatte etwas mit dem Stein zu tun?“
Ron forschte in der Abteilung nach, aus der Hagrid gekommen war, „Drachen“, meinte er schließlich, „Drachenarten Großbritanniens, Ein Handbuch für Drachenhalter.“
„Aber es gibt doch keine Drachen bei uns, oder?“ fragte Harry ängstlich.
„Die Haltung ist seit Jahrhunderten verboten, und wird auch vertuscht, aber … ja … es gibt noch Drachen, Dad meint das Zaubereiministerium hat alle Hände voll zu tun, das vor den Muggeln geheim zu halten, sie werden mit Zaubersprüchen belegt, um das wieder zu vergessen.“
„Aber was in aller Welt hat Hagrid vor?“, grübelte ich.
Eine Stunde später erfuhren wir es.
In seiner Hütte war es erdrückend heiß, trotz der seit einiger Zeit wieder angenehmen Temperaturen, loderte ein großes Feuer, über dem ein Kessel hing, indem eine unbekannte Substanz munter vor sich hin blubberte.
Ohne Umschweife sprachen wir ihn über den Stein der Weisen an, „wir haben uns gefragt, ob du uns sagen kannst, was den Stein, außer Fluffy sonst noch schützt?“ fragte Harry.
„Kann ich nicht“, antwortete er standesgemäß.
Ich versuchte es auf die sanfte Tour, und schleimte etwas, „Ach, hör mal, du willst es uns vielleicht nicht sagen, aber du weißt es, du weißt alles, was hier vorgeht“, ich zauberte meine sanfteste Stimmlage hervor.
Sein Bart zuckte, er lächelte, fühlte sich geschmeichelt, und stolz öffnete sich langsam sein Mund.
„Wir fragen uns nur, wer für die Bewachung verantwortlich war“, bohrte ich in der gleichen Stimmlage weiter, „abgesehen von dir natürlich.“
Das war der Knackpunkt, seine Brust erhob sich voller Stolz.
Harry strahlte, „perfekt, Mine“, flüsterte er, „du war wieder einmal genial.“
„Nun gut, ich denk nicht, dass es schadet, wenn ich euch das erzähl … lasst mal sehen … er hat sich Fluffy von mir geliehen … und dann haben ein Paar Lehrer Zauberbänne drübergelegt, Professor Sprout, Professor Flitwick, McGonagall“, er zählte an seinen Fingern mit, „Quirrell … und Professor Snape.“
Bei diesem letzten Namen schrieen wir sofort auf, „Snape?“
„Ja!“ sagte er erstaunt, „ihr seid doch nicht immer noch hinter dem her? Snape hat geholfen den Stein zu schützen, da wird er ihn wohl nicht stehlen wollen.“
Wenn Snape dabei war, so dachte ich, dann müsste es doch ein leichtes für ihn sein, die anderen Zauber zu brechen, und bei Quirrell hat er wohl noch ein Problem…
Ich bemerkte wie auch Harry und Ron in Gedanken vertieft waren, ihnen ging wohl ähnliches durch den Kopf.
„Du bist der Einzige, der weiß, wie man an Fluffy vorbeikommt, nicht wahr Hagrid?“ fragte Harry lächelnd, und es klang, wie eine Herausforderung, „und du würdest es doch niemandem erzählen, oder? nicht mal einem Lehrer?“
„Außer mir und Dumbledore, weiß es Niemand“, antwortete Hagrid mit stolzer Brust.
Schweißperlen standen auf meiner Stirn, und Harry schien es ähnlich zu gehen, seine Stirn glänzte, „hier ist es furchtbar heiß“ stöhnte er, und warf einen Blick zum offenen Feuer und dem Kessel, „Was ist denn das?“ schrie er auf.
Auch ich riskierte jetzt einen neugierigen Blick, und entdeckte ein riesiges, schwarzes Ei, das in einem Sud aus Wasser und Kräutern schwamm.
„Hagrid begann verlegen zu stottern, „Das … ähm …“
„Ein Drachenei, wo hast du’s her, das muss ein Vermögen gekostet haben“, mischte sich Ron erstaunt ein.
„Hab’s letzte Nacht gewonnen“, meine Hagrid, „war unten im Dorf, hab mir zwei, drei Gläschen genehmigt und Karten gezockt … ist ein Norwegischer Stachelbuckel, die sind selten.“
Die nächsten Tage warteten wir nervös darauf, dass das Drachenbaby schlüpfen würde, die Hausaufgaben und das Lernen quälten meine Freunde zusehends.
Eines Morgens brachte Hedwig einen Zettel von Hagrid mit zwei Worten: Es schlüpft!
Die Jungs wollten sich sofort auf den Weg machen, und den Unterricht schwänzen, ich konnte sie gerade noch davon abhalten, musste aber den Kompromiss mit der nächsten Pause eingehen.
Unmittelbar nach der nächsten Unterrichtsstunde rannten wir über das Schlossgelände hinunter zu Hagrids Hütte.
„Es ist fast schon raus“, begrüßte er uns aufgeregt.
Es dauerte tatsächlich nur wenige Augenblicke, bis der kleine Drache vor uns stand, und mit einem Niesen, dem ein Feuerstrahl folgte, Hagrids Bart versengte, er war völlig außer sich und nervös.
Plötzlich wich die Farbe aus dem Gesicht des Wildhüters, er sprang auf und rannte zum Fenster.
„Was ist los?“ fragte Harry.
„Da hat gerade Jemand reingeschaut“, stammelte Hagrid, „ein Junge, jetzt rennt er zurück zur Schule.“
Trotz der Entfernung konnte ich sofort erkennen, wer uns belauscht hatte.
Malfoy!
Der Lauschangriff machte uns nervös, den ganzen Rest der Woche zierte ein triumphierendes Lächeln Malfoys Gesicht, irgendetwas plante er.
Norbert, wie Hagrid das Drachenbaby nannte, wuchs innerhalb weniger Tage um das Dreifache, und wurde immer übermütiger, ein Biss in Hagrids Wade schmerzte, aber er ließ sich nichts anmerken.
Seine Hütte wäre fast in Brand gesteckt worden.
„Ein paar Tage und Norbert ist größer als deine Hütte, er muss weg, bevor Malfoy dich auch noch verpetzt“, versuchten wir Hagrid zu überzeugen.
Er war uneinsichtig, bis Harry die rettende Idee hatte.
„Charlie!“ rief Harry plötzlich, mit Blick auf Ron.
„Charlie? Ich heiße Ron, fängst du jetzt auch an zu spinnen?“ fragte Ron zerknirscht.
„Nein, Charlie dein Bruder in Rumänien, wir sollten Norbert zu ihm schicken, da wäre er gut aufgehoben.“
„Einfach genial“, jubelte Ron, aber wieder kleinlauter, „nur wie stellen wir das an?“
Wir versuchten es mit Hedwig, die wir mit einem Brief losschickten, der schon kurze Zeit später beantwortet wurde, Charlie war von der Idee begeistert, und wies uns an, zusammen mit dem Drachen auf den Astronomieturm zu warten, vier seiner Freunde würden ihn um Mitternacht am Samstag abholen kommen.
Hagrid begann zu schluchzen, aber er musste einsehen, dass es so am Besten für den Drachen war, zumal Ron fürchterlich in die Hand gebissen wurde, sie schwoll auf die doppelte Größe an, und schimmerte in einer bedrohlichen grünen Farbe.
Gegen Abend wurden die Schmerzen immer schlimmer, so dass uns nichts anderes übrig blieb, als Ron in den Krankenflügel zu bringen.
Zum Glück gab sich Madam Pomfrey mit der Erklärung zufrieden, dass Ron von einem Hund gebissen wurde, sie fragte nicht weiter nach, obwohl ich mir sicher war, dass sie uns das nicht abkaufte.
Das ganze Wochenende musste Ron auf der Krankenstation verbringen, also blieb es an Harry und mir, Norbert an Charlies Freunde zu übergeben.
Ron musste getröstet werden, „Morgen Abend ist alles vorbei, um Mitternacht holen sie Norbert ab.“
„Gott sei Dank“, atmete Ron auf, und ich bemerkte seine immer noch dick geschwollene Hand, und hatte das Gefühl, dass er gute Miene zum bösen Spiel machen würde, er wirkte überhaupt nicht beruhigt, im Gegenteil er saß kerzengerade und äußerst nervös in seinem Bett.
„Morgen um Mitternacht ist alles vorbei“, versuchte ich es ein weiteres Mal.
„Mist, verdammter Mist“, fluchte Ron, „Malfoy hat sich heute reingeschlichen um mich zu verhöhnen, er hat Madam Pomfrey unter dem Vorwand umgangen, er wolle sich ein Buch von mir ausleihen, dann stand er vor mir und drohte mir, dass er uns verpetzen würde.“
Ich wollte gerade antworten, als Ron erneut zu fluchen begann, „oh nein, oh nein, mir fällt gerade ein, Charlies Brief war in dem Buch, er weiß sicherlich Bescheid.“
„Es ist zu spät, um den Plan zu ändern“, versuchte mir Harry später klar zu machen, „es ist die einzige Chance Norbert loszuwerden, und wir haben auch nicht mehr die Zeit Charlie abzusagen.“
Wir würden wieder einmal ein großes Risiko eingehen.
„Wir müssen es riskieren, und wir haben den Tarnumhang, Malfoy weiß nichts davon, das ist unsere einzige Chance.“
Am Samstagabend holten wir Norbert bei Hagrid ab, der ihn in einen extra großen Korb gesteckt hatte.
Die Nacht war stockfinster, der Himmel stark bewölkt, aber immerhin hielt der Himmel seine Schleusen geschlossen.
Ich schlich mit Harry und dem Korb unter dem Tarnumhang zurück ins Schloss, wie wir das unbeschadet geschafft hatten, bleibt mir bis heute ein Rätsel, aber immerhin verhielt sich auch Norbert zwar nervös, aber völlig ruhig.
Die Zeit schritt voran, noch fünf Minuten, wir mussten uns beeilen.
„Gleich haben wir es geschafft“, keuchte Harry.
Mit vereinten Kräften schleppten wir den Korb über die unzähligen Stufen nach oben, Norbert schwankte hin und her, schaurige Geräusche drangen aus dem Käfig.
Was war das?
Mit meiner freien Hand griff ich an Harrys Oberarm und zog kräftig daran, er stoppte und der Korb wäre fast aus unseren Händen gepoltert.
Gepoltert hat dafür unser beider Herz, mein Arm hing immer noch über Harrys Schulter, ganz fest presste ich mich an ihn heran, mein Arm war fast mit ihm verschmolzen, ich spürte Harrys Herzschlag, das im Sauseschritt raste, sein Hals war schweißgebadet und mir zitterten die Knie.
„Strafarbeit!“ schrie McGonagall, ein Haarnetz über dem Kopf, in einen langen Morgenmantel im Schottenmuster gehüllt, und Draco Malfoy am Ohr ziehend, „zwanzig Punkte Abzug für Slytherin! Mitten in der Nacht herumschleichen, wie können sie es wagen…“
„Sie verstehen nicht Professor“, wehrte sich Draco panisch, „Harry Potter ist hier unterwegs, mit einem Drachen!“
Die resolute Professorin zog ihn am Ohr hinter sich her, ich verstand noch etwas, dass wie „ein ernstes Wort, und Snape“, klang, dann schlichen wir weiter.
Die letzten Stufen waren ein Kinderspiel.
Überglücklich und schwer ausatmend warfen wir den Umhang ab, und ich begann vor Freude zu tanzen, „Malfoy bekommt eine Strafarbeit“, jubelte ich, „ich könnte singen vor Freude!“
„Tu’s lieber nicht“ riet mir Harry.
„Wie meinst du das?“ fragte ich empört, und schlug ihm spielerisch auf den Arm.
„Wenn du so singst, wie du gerade getanzt hast, dann möchte ich lieber nicht in der Nähe sein.“
„Du bist gemein“, antwortete ich ihm.
Ein paar weitere Minuten vergingen noch, dann tauchten vier lustige Gestalten mit einem selbstgebastelten Gehege auf.
Als sie mit ihren Besen wieder entschwebten stieß ich ein Stoßgebet aus.
„Endlich ist er weg“, seufzte Harry.
Wir schlichen die Wendeltreppe wieder nach unten, mit erleichtertem Herzen, der Drachen war weg, Malfoy hatte eine Strafarbeit, soviel Glück auf einmal…
…ist nicht gut!
Am Fuß der Treppe leuchtete eine Lampe in unser Gesicht.
Hinter der Lampe war unschwer die missgebildete Gestalt von unserem Hausmeister Filch zu erkennen, „schön, schön, schön“, flüsterte er, und seine doofe Katze auf seinem Arm schien uns auch noch mit einem breiten Grinsen auszulachen.
Wir waren so dumm und leichtsinnig gewesen, oben auf dem Turm lag noch der Tarnumhang…
Filch schleppte uns mit einem fröhlichen, höhnischen Grinsen direkt in Professor McGonagalls Büro.
Mir schlotterten die Knie, und ich zitterte wie Espenlaub, „das war’s … wir fliegen bestimmt von der Schule“, flüsterte ich mit zittriger Stimme.
„Dann nehmen sie mal Platz“, keuchte McGonagall.
Dort saßen wir nun, in McGonagalls Büro und warteten auf unser Urteil.
Taten sprechen mehr als Worte, wir zitterten beide um die Wette, was würde uns erwarten?
Harry griff einfach nach meiner Hand, und drückte sie ganz fest, während wir warteten, sprach keiner von uns ein Wort, das war auch gar nicht nötig.
Wir wussten, was wir getan hatten, und wir wussten, dass es keiner von uns alleine aussitzen musste.
Wir waren zusammen, nicht allein.
Ausreden, Alibis, Vertuschungsideen, allerlei ging mir durch den Kopf, doch ich wusste, das wird bei unserer strengen Professorin nicht viel nützen.
Dann stand sie vor uns, und es raubte mir den Atem, alle Ausflüchte waren wie hinter meinen Lippen versiegelt.
Sie zog Neville hinter sich her.
„Harry…“, polterte Neville direkt los, „ich hab versucht dich zu finden, weil ich dich warnen wollte, Malfoy hat nämlich gesagt, du hättest einen Drach…“
Harry zwang ihn mit Gesten zum schweigen.
Klasse, dachte ich, jetzt haben wir auch noch Neville mit hinein gezogen.
Harry wird sich das nicht verzeihen.
„Ich bin sehr enttäuscht“ sagte McGonagall, ihr Blicke tödlich.
Harry versuchte den völlig verängstigten Neville in Zeichensprache aufzubauen.
„Fünfzig Punkte Abzug für Gryffindor“, sagte sie schließlich.
„Fünfzig?“ mir verschlug es den Atem.
„Fünfzig Punkte, für jeden!“
Wir rutschten dadurch auf den letzten Platz in der Hauspokalwertung ab, uns war klar, dass wir einiges an bösen Blicken bekommen würden.
Die Strafarbeit, die wir zusätzlich bekamen, wird ein Klacks dagegen sein, dachte ich.
So war es dann auch, die Schüler tuschelten hinter unserem Rücken, sie zeigten mit verärgerten Mienen auf uns.
Wir spürten Hass, der uns entgegen schlug.
Selbst Ravenclaw und Hufflepuff verachtete uns, weil sie sich schon freuten, dass Slytherin endlich hätte besiegt werden können.
Harry nahm sich das alles sehr zu Herzen, die nächsten Tage lief er geknickt und wie ein Häufchen Elend durch die Schule, dass wir nicht nach Hause geschickt wurden, war zumindest für ihn, nur ein schwacher Trost.
Er machte sich schwere Vorwürfe, Schuld auch an Nevilles und meinem Schicksal zu sein.
Er bot sogar seinen Rücktritt aus dem Gryffindorteam an, doch Wood konnte es ihm ausreden.
Niemand wollte mit uns sprechen, es war eine schwere Zeit.
Ich flüchtete vor den verachtenden Blicken und zog mich still in die Bibliothek zurück, nicht einmal mehr im Unterricht hob ich meine Hand.
Harry schien ähnlich zu denken, zusammen mit Ron mühten wir uns für die Prüfungen ab: Zutaten für Gebräue in Erinnerung rufen, Zaubersprüche aufarbeiten, Jahreszahlen einprägen, immerhin lenkte es ab.
„Ich werde nie mehr meine Nase in Dinge stecken, die mich nichts angehen“, murmelte Harry.
Doch sein Entschluss wurde bereits eine Woche vor den Prüfungen, über den Haufen geworfen.
Auf dem Weg in die Bibliothek belauschte er zufällig ein folgenschweres Gespräch, von dem er uns unmittelbar unterrichtete.
Es war Quirrells Stimme, die jammerte und stotterte wie immer, „Nein … nein … nicht schon wieder, bitte…“.
Im Anschluss wäre er aus dem Zimmer geflüchtet, mit einer Hand an seinem Turban.
„Ich wette Snape hat es geschafft“, Ron bestätigte Harrys Meinung, „wenn Snape jetzt mit Quirrells Hilfe den Zauber brechen kann…“, spann Ron weiter.
„Da ist immer noch Fluffy“, unterbrach ich seine Gedankenarmut, doch ich spürte, dass bei beiden meiner Freunde, die Abenteuerlust neu erblüht war.
„Wir sollten zu Dumbledore gehen, das hätten wir schon vor einer Ewigkeit tun sollen“, unterbrach ich ihre Euphorie.
„Aber wir haben keinen Beweis“, wehrte sich Harry, und die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Für den nächsten Tag stand der erste Teil unserer Strafarbeit auf dem Programm, um 11 Uhr Abends sollten wir Filch in der Vorhalle treffen.
Der unliebsame Hausmeister brachte uns fröhlich plappernd, mit Schauergeschichten zu Hagrids Hütte, Neville jammerte immer noch und Malfoy, den hatte ich in der Aufregung ganz vergessen, beschwerte sich am laufenden Band über die Methoden, er würde alles seinem Vater erzählen, drohte er.
„Jetzt geht’s in den verbotenen Wald“, triumphierte Filch, „im Morgengrauen werde ich eure Überreste abholen.“
Neville jammerte noch mehr vor Angst, aber auch Malfoy stand der Angstschweiß auf der Stirn.
Was mich beunruhigte, war der ernste, nachdenkliche Gesichtsausdruck von Hagrid.
Irgendetwas stimmte nicht!
Hagrid versuchte uns zu beruhigen, „in diesem Wald ist nichts, was euch etwas zuleide tut, solange ich und Fang dabei sind.“
Hagrids Hund, der riesige Saurüde sah allerdings aus, als würde er jeden Augenblick vor Angst zusammenbrechen.
Wir teilten uns auf, nachdem Hagrid uns erklärte, dass wir nach einem toten oder verletzten Einhorn suchen würden, „seht ihr das Zeug, das da auf dem Boden glänzt, das ist Einhornblut.“
Eine silberfarbene Flüssigkeit leuchtete im schwachen Mondlicht am Waldboden.
Hagrid mit Harry und mir, und Neville mit Malfoy und Fang bildeten die zwei Gruppen, wenn ein Team Hilfe brauchen sollte, sollten wir rote Funken aus unseren Zauberstäben sprühen lassen.
Bei unserer Suche trafen wir auf zwei Zentauren, Ronan und Bane, die uns allerdings nicht weiter helfen konnten, und uns nicht gerade freundlich gesinnt waren, so versuchten wir selbst herauszufinden, was sich an den Einhörnern vergriffen haben könnte, Hagrid zuckte unwissend mit den Achseln.
Dann bemerkten wir rote Funken und Hagrid sprintete los, seine schweren Schritte waren deutlich und lange Zeit zu hören, Äste knackten, Blätter raschelten.
„Denkst du ihnen ist etwas zugestoßen“, flüsterte ich leise zu Harry.
Er kam näher zu mir heran.
„Bei Malfoy wäre mir das egal, aber wenn Neville … nicht auszudenken, durch meine Schuld ist er überhaupt erst hier.“
Sekunden, Minuten schleppten sich dahin, es kam uns vor, wie eine Ewigkeit.
„Hast du Angst?“ fragte Harry um mich aufzumuntern.
Ich nickte, und er nahm mich einfach wieder bei der Hand, „es tut mir leid Hermine, alles tut mir so unendlich leid.“
„Du bist nicht alleine Schuld“, versuchte ich ihm die Last zu nehmen, doch bevor etwas erwidern konnte, hörten wir endlich ein näher kommendes Knacken.
Hagrid sah wütend aus, „der Idiot“, er zeigte auf Malfoy, „hat Neville im Scherz verängstigt, wir können jetzt von Glück reden, wenn wir jetzt überhaupt noch etwas fangen.“
Hagrid teilte uns neu ein.
Malfoy, Harry und Fang entfernten sich von uns.
Neville brachte sich gar nicht mehr ein, sein ganzer Körper vibrierte vor Angst.
„Es tut uns leid, Neville“, flüsterte ich ihm zu, „Harry macht sich schwere Vorwürfe, weil wir dich in diese Misere gebracht haben.“
Er schüttelte mutiger, als er war, seinen Kopf, „ich habe selber daran Schuld, macht euch keinen Kopf.“
„AAAAAAAAAAAAAAARRRRRRRRGGH“.
Ein fürchterlicher Schrie drang durch den dunklen Wald, erstarrt und mit Todesangst blieben wir stehen.
Hagrid griff an unsere Arme und zog uns hinterher, im Eiltempo rannten wir in die Richtung aus der, der Schrei kam.
Nach einigen unendlichen Augenblicken sahen wir Harry mit einem weiteren Zentauren, er sah erheblich jünger aus, als Ronan und Bane.
„Harry, Harry, geht’s dir gut?“ schrie ich Harry an, und riss mich von Hagrid los.
Meine Füße flogen über den Boden, ich war schneller als der riesige Hagrid.
Ich warf mich Harry erleichtert um den Hals.
„Mir geht’s gut“, sagte er knapp.
Ich atmete auf, und ließ wieder von ihm ab, „das Einhorn ist tot, es liegt dort hinten auf der Lichtung.
Ich werde sie jetzt verlassen“, murmelte der Zentaur, und Hagrid eilte davon, um das Einhorn zu untersuchen.
„Was war los, Harry?“ fragte ich zitternd, „und wo ist Malfoy?“
„Der…?“, lachte Harry bitter, „hast du seinen Schrei nicht gehört? – Der hat die Beine unter die Arme geklemmt und ist auf und davon.“
„Aber was?“ fragte ich weiter.
„Wir fanden das Einhorn, es war schon tot, und gerade als wir uns näherten sprang eine vermummte Gestalt aus den Büschen und machte sich über das Einhorn her, es trank sein Blut, Malfoys Urschrei schreckte die Gestalt auf“, Harry griff sich an die Stirn, „meine Narbe schmerzte wie nie zuvor, sie brannte wie Feuer, dann tauchte Firenze, der Zentaur auf, und die Gestalt verschwand im Dunkel der Nacht, und mit ihr meine Schmerzen“, Harry sah sich nervös um, „ich hatte ein interessantes Gespräch mit Firenze“, flüsterte er jetzt, „das aber gleich, wenn Ron dabei ist.“
Ron wollte wohl ursprünglich auf unsere Rückkehr warten, wir fanden ihn schlafend im Gemeinschaftsraum, draußen dämmerte es schon.
Harry wiederholte, was ich bereits wusste, bevor er auf das Gespräch mit Firenze einging.
„Er fragte mich, ob ich wüsste wofür Einhornblut gebraucht wird“, begann er seine Erzählung.
„Zaubertränke?“ vermutete Ron, doch Harry schüttelte langsam seinen Kopf.
„Es ist etwas grauenhaftes, ein Einhorn abzuschlachten, meinte Firenze, nur jemand, der nichts zu verlieren, und alles zu gewinnen hat, könnte ein solches Verbrechen begehen. Das Blut eines Einhorns wird ihn am Leben erhalten, selbst wenn er nur eine handbreit vom Tod entfernt ist, allerdings zu einem schrecklichen Preis. Er hat etwas Reines und Schutzloses gemeuchelt, um sich selbst zu retten, aber nun hat er nur noch ein halbes Leben, ein verfluchtes, von dem Augenblick an, wo das Blut seine Lippen berührt.“
„Aber wer könnte so verzweifelt sein?“ fragte ich nachdenklich, „wenn man für immer verflucht ist, wäre man dann nicht besser tot?“
„Genau das habe ich ihn auch gefragt, und er meinte, das ist wahr, außer wenn man nur lange genug leben muss, um noch etwas anderes zu trinken … etwas, das einem alle Stärke und Macht zurückbringt…“.
„Etwas, das bewirkt, dass man dann nie sterben würde?“ schoss es durch meinen Kopf, „das Lebenselixier!“
Harry nickte, „wissen sie, was in diesem Augenblick in der Schule versteckt ist, Mr. Potter, fragte mich Firenze“.
„Der Stein der Weisen!“ jetzt dämmerte es auch Ron, „aber wer…?“
Harry sah uns herausfordernd an.
„Nein!“ ich schlug die Hände vor mein Gesicht.
„Genau, Mine … Snape will den Stein nicht für sich, sondern für Voldemort, und der wartet draußen im Wald auf ihn.“
„Hör auf seinen Namen zu nennen“, sagte Ron ängstlich und sah sich besorgt um.
Harry ignorierte ihn, „wir müssen also nur darauf warten, dass Snape den Stein stiehlt“, er wirkte sehr aufgeregt, „dann kann Voldemort kommen und mich erledigen…“
Es traf mich wie ein Blitz, der Schreck fuhr mir durch alle Glieder.
Plötzlich war Harry wieder der kleine, unschuldige Junge, und genau dieses Gefühl vermittelte er.
Ich musste ihn trösten, ihn beruhigen war mein einziger Gedanke.
„Harry, alle sagen, Dumbledore sei der Einzige, vor dem Du – weißt – schon – wer, je Angst hatte. Mit Dumbledore in deiner Nähe wird dich Du – weißt – schon – wer nicht anrühren.“
Ich strich ihm mit meiner flachen Hand beruhigend über die Stirn.
Ich spürte die Unruhe, die ihn überkam, und Besitz von ihm nahm, aber ich spürte auch, dass er das Gefühl bekam, nicht Alleine zu sein.
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