von rodriquez
„Hoch!“
Vergeblich versuchte ich meinen Besen dazu zu bewegen, in meine offene Hand zu gleiten.
„Hoch!“
Nichts geschah, rein gar nichts, der Besen klebte am Boden fest.
Harry gelang es natĂĽrlich auf Anhieb, er und Malfoy waren die Einzigen, und das, obwohl er selbst noch nie auf einem Besen gesessen hatte.
Lernen und Theorie ist ein Thema, aber in diesem praktischen Fall war und bin ich eine Niete.
Auch heute noch fällt es mir schwer auf einem Besen aufzusitzen.
Vielleicht spielte auch Angst eine untergeordnete Rolle, ich weiĂź es nicht.
Nachdem im Unterricht angekündigt wurde, dass wir mit Flugstunden beginnen, wurde ich von Minute zu Minute, nervöser.
Gewiss konnte man in der Bibliothek BĂĽcher darĂĽber finden, und Tipps erlernen, aber die Praxis sieht anders aus.
Fliegen ist jedenfalls nicht etwas, das man aus einem Buch auswendig lernen kann, dennoch suchte ich mein Glück weiter in der Bibliothek, weil ich mir keine Blöße geben wollte.
Quidditch im Wandel der Zeiten gab mir zumindest Einblick in eine Sportart, von der ich bis dato noch nicht einmal wusste, dass es sie gab.
Ja, ich hätte es wissen müssen.
Jungs in diesem Alter sind leicht in ihrem Ego gekränkt, wenn sie von anderen Jungs als Schwächling bezeichnet werden.
Das UnglĂĽck nahm an diesem Morgen bereits beim FrĂĽhstĂĽck seinen Lauf, und zwar in dem Moment, als die Posteulen ankamen.
Ein kleines Paket fĂĽr Neville, von seiner GroĂźmutter war darunter.
Der Inhalt eine durchsichtige Kugel, ähnlich einer Murmel, nur von der Größe eines Tennisballes, gefüllt mit einem weißen Rauch.
„Ein Erinnermich“, erklärte Neville, während er die Kugel nervös durch seine Finger drehte, „Oma weiß, dass ich ständig alles vergesse. Das Ding hier sagt einem, ob es etwas gibt, was man vergessen hat, und zwar wenn der weiße Rauch sich in der Kugel rot färbt.“
Tatsächlich verfärbte sich der Inhalt der Kugel rot, just in dem Moment als Draco Malfoy mit Gefolge unseren Plätze passierte.
Unter hämischen, verschmähenden Worten riss die Drei dem armen Neville die Glaskugel aus der Hand.
Harry und Ron sprangen sofort angriffsbereit auf.
Die angespannte Situation zwischen Draco und Harry spĂĽrte ich bereits seit dem ersten Tag, sie stachelten sich gegenseitig auf, wer denn von ihnen wohl der Bessere sei.
Ein Privileg, dass Jungs zu unterstehen scheint, ich kannte das nicht, und konnte dieses Gehabe auch nicht verstehen, heute bin ich in diesem Thema schlauer.
GlĂĽcklicherweise hat Professor McGonagall einen siebten Sinn, wenn es darum geht, Streit zu verhindern.
In Gedanken sah ich schon die Fäuste fliegen, doch McGonagall war schon zur Stelle.
„Was geht hier vor?“ fragte sie in ihrem strengen Ton.
Mit zornigem Blick lieĂź Draco das Erinnermich auf den Tisch fallen.
Dass es damit nicht beendet wäre, hätte ich auch wissen müssen, und ich hätte wissen müssen, dass Harry und Ron genauso wütend sein mussten, wegen einer ausgefallenen Entscheidung.
Mein anschließendes nervöses Geplapper über die Flugvorschriften und die bevorstehende erste Flugstunde quittierten sie, dieses Mal auch Harry, mit Unverständnis.
Sie verdrehten beide ihre Augen und sahen mich gelangweilt an, Harrys warnender Blick brachte mich zum verstummen.
Es war das erste Mal, dass er mich soweit brachte.
An eben diesem Nachmittag, unter diesen Vorraussetzungen standen wir nun auf einem Rasenstück in der Nähe des verbotenen Waldes, und versuchten zunächst die Besen aufzufordern.
„Hoch!“
Wieder rĂĽhrte sich mein Besen keinen Millimeter.
Ich wurde wütender, Harry saß längst auf seinem Besen und stützte sich ab.
Warum klappt das bei mir nicht?
Er sitzt doch auch zum ersten Mal auf einem Besen?
„HOCH!“ ich schrie es so laut, dass Neville neben mir erschrocken zusammenzuckte, immerhin bewegte sich mein Besen, wenngleich er sich auch nur auf der Stelle um 180 Grad drehte.
Als nächste Aufgabe zeigte uns Madam Hooch, wie man den Besen richtig besteigt, auf ihren Pfiff sollten wir uns kräftig vom Boden abstoßen, mir blieb nichts anderes übrig, als den Besen vom Boden aufzuheben.
Doch bevor sie die Pfeife im Mund hatte, schwebte Neville über dem Boden, völlig panisch und unkontrolliert.
Er geriet völlig außer Kontrolle, die Angst tat ihr übriges.
Er rauschte mit seinem Besen, wie ein Feuerwerkskörper gen Himmel, und hatte sehr schnell etliche Meter an Höhe gemacht.
Ich sah ängstlich zu wie Neville immer weiter die Kontrolle verlor, die Luft anhielt, und seitlich vom Besen rutschte…
...ein dumpfer Schlag auf der Wiese, verbunden mit einem grässlichen Knacken menschlicher Knochen, ich schüttelte mich, das Geräusch erzeugte ein unbehagliches Gefühl, Gänsehaut bildete sich auf meinem Rücken.
Madam Hooch untersuchte Neville sofort, und stellte einen gebrochenen Arm fest.
Sie drehte sich uns zu, „Keiner von euch rührt sich, während ich diesen Jungen in den Krankenflügel bringe! Ihr lasst die Besen wo sie sind, oder ihr seid schneller aus Hogwarts draußen als ihr Quidditch sagen könnt“, ihr Blick war scharf und ernst.
Kaum waren Madam Hooch und Neville außer Sicht, brach Malfoy in lautes Gelächter aus.
„Habt ihr das Gesicht von diesem Riesentrampel gesehen?“
Der Funken war wieder übergesprungen und Harry zur Stelle, „halt’s Maul Malfoy!“
Malfoy hob Nevilles Glaskugel vom Boden auf, die ihm aus der Tasche gefallen sein musste.
„Schaut mal, das blöde Ding von seiner Oma“, triumphierte Malfoy, mit der Kugel, wie eine Trophäe über dem Kopf winkend.
„Gib das her, Malfoy“, forderte Harry mit zornigem Blick.
Ich erschrak, diesen Ausdruck hatte ich bisher noch nie in seinen Augen gesehen.
Absolute Entschlossenheit, es war Ernst, ich wusste es in diesem Augenblick sofort.
Malfoy grinste herausfordernd.
„Ich glaube, ich steck es irgendwohin, damit Longbottom es sich abholen kann, - oben auf dem Baum zum Beispiel.“
„Gib es her!“ schrie Harry, aber Malfoy hatte schon seinen Besen bestiegen, und sich in die Luft erhoben.
„Komm und hol’s dir doch Potter!“ rief er von oben herab.
Harry griff nach seinem Besen.
Mein Herz rutschte in die Hose, was wenn sie erwischt werden?
Harry würde der Schule verwiesen, das könnte ich nicht ertragen, ich geriet in Panik.
„NEIN“, schrie ich Harry entgegen, „Madam Hooch hat gesagt, wir dürfen uns nicht rühren.“
Harry funkelte mich gefährlich an, „Halt dich da raus“.
Ich musste ihn einfach aufhalten, die Angst er wĂĽrde rausgeschmissen ĂĽberwog.
„Du bringst uns noch ALLE in Schwierigkeiten.“
Er beachtete mich nicht mehr.
Sein Kopf war knallrot und angespannt, er stieß sich kräftig vom Boden ab und schoss mit wehenden Haaren Malfoy entgegen, sein Umhang flatterte im starken Wind.
Es sah, das muss ich ehrlicherweise zu geben, bewundernswert aus, wie er als Neuling den Besen beherrschte.
In Malfoys Blick schimmerte Ăśberraschung, damit hatte er wohl nicht gerechnet.
Von hier unten war nichts von ihrem Disput zu verstehen, ich war ĂĽberrascht, dass Harry sofort wusste, wie er mit dem Besen umzugehen hatte.
Er beugte sich nach vorne, legte sich flach auf den Besen und raste wie ein Geschoss auf Malfoy zu, gerade noch so gelang es Malfoy auszuweichen, aber er schien beeindruckt.
Das Nächste, was mir ins Auge stach, war eine durch die Luft fliegende Glaskugel, Malfoy hatte sie wohl geworfen.
Während der blonde Slytherin langsam zu Boden glitt, rauschte Harry der Kugel hinterher.
Immer schneller raste die Kugel der Erde entgegen, und Harry hinter ihr her.
In rasender Geschwindigkeit war Harry im Sinkflug.
Ein unglaubliches Manöver gelang ihm.
Ich schloss die Augen, weil ich ihn schon auf dem Boden aufschlagen sah, so wie … nein noch schlimmer als Neville, es wäre in rasender Geschwindigkeit und voller Wucht gewesen.
Ich schrie die Verzweiflung aus mir heraus:
„HARRY!“
Eine Hand am Besen, die Andere weit ausgestreckt, und der Boden gefährlich nah, weniger als einen halben Meter über dem Boden griff er zu, und mit der anderen Hand schaffte er es den Besen in die Waagerechte zu zerren.
Mit dem Erinnermich in der Faust, triumphierend ĂĽber seinen Kopf haltend, landete er wenige Meter von mir entfernt.
Mein Herz pochte unter meinem Rock, und schaffte es nicht mehr an seine ursprĂĽngliche Position.
„HARRY POTTER! – Nie während meiner ganzen Zeit in Hogwarts...“
Professor McGonagall stand nur etwa einen Meter hinter mir, gefährlich ernst ihr Blick.
Das war es fĂĽr Harry!
Meine Augen schlossen sich, mein Kopf fiel resigniert auf meine Brust.
„Es war nicht seine Schuld“, flüsterte ich, schwache Worte, die kaum über meine Lippen kamen, aber umso lauter von Parvati: „MALFOY HAT PROVOZIERT!“
„Aber Malfoy...“ versuchte es Ron, seine Stimme noch schwächer, als die Meinige.
„Genug Mr. Weasley. Potter ... folgen sie mir. – Sofort!“
Eine Welt brach in mir zusammen, ich drehte mich um und ließ den Tränen freien Lauf.
Ich hatte einfach noch nicht den Einfluss auf ihn, um ihn von einem Fehler abzuhalten, ich gelobte Besserung, für den Fall, dass mein zögerliches Auftreten doch noch, wider Erwarten ein positives Ende nehmen würde.
Die Hoffnung stirbt zuletzt, doch in diesem Augenblick blieb nur ein winzigkleines FĂĽnkchen.
Deprimiert lief ich zurĂĽck ins Schloss, wie von unbekannter Hand gefĂĽhrt folgte ich Harry und McGonagall in sicherem Abstand.
Schwere VorwĂĽrfe eroberten meine Gedanken, und fĂĽhrten in meinem Kopf einen unbekannten, harten Kampf.
Du hast ihn nicht beschĂĽtzt!
Warum fĂĽhle ich mich ĂĽberhaupt fĂĽr ihn verantwortlich?
Ich hätte ihn zurückhalten und energischer eingreifen müssen.
Er hat sich die Suppe selber eingebrockt!
McGonagall führte Harry, dessen Gesicht dem Boden zugewandt war, in einen nahegelegenen Unterrichtssaal, beorderte einen Schüler heraus, den ich vom sehen her kannte, fünftes Jahr schätzte ich, ein Gryffindor, der Name fiel mir nicht ein, dann verschwanden sie zu dritt in einem weiteren, aber leeren Klassenzimmer.
Planlos lief ich durch das Schloss, sogar an der Bibliothek machte ich keinen Halt.
Was soll ich nur ohne Harry tun?
Das was du immer getan hast: Versuchen neue Freunde zu finden.
Gerade als wir uns ein wenig anfreunden, wird er der Schule verwiesen.
Das ist noch gar nicht sicher!
Mein trauriger Blick fiel auf eine Vitrine mit allerlei Pokalen und Medaillen, alles Quidditch Erinnerungen.
Immer noch mit Tränen in den Augen, studierte ich die Urkunden, auf denen mit Medaillen die Namen der jeweiligen Siegermannschaft abgebildet waren.
James Potter!
„James Potter?“, murmelte ich vor mich hin, Harrys Dad?
Plötzlich war mir klar, weshalb Harry seinen Besen so gut beherrschte, es steckte bei ihm im Blut.
Zwei Stunden musste ich zittern, beten, Tränen vergießen, hoffen und bangen.
Der Hunger trieb mich zum Abendessen in die groĂźe Halle.
Mir stockte der Atem, dort saĂź er, lachte und alle Anderen bewunderten ihn.
In mir kochte die Wut hoch, aus Trauer wurde Zorn.
„Ich hasse dich“, murmelte ich vor mich hin, konnte mir aber nicht erklären, ob es auf Harry oder auf mich selbst bezogen war.
Wortlos setzte ich mich auf meinen Platz, neben ihm.
Er würdigte mich keines Blickes, stattdessen erklärte er strahlend, dass er nicht der Schule verwiesen wird, sondern als Sucher für die Quidditchmannschaft rekrutiert wurde.
„Du machst Witze?“ staunte Ron, und es war das, was auch ich gerade erwidern wollte.
Aber die Zwillinge bestätigten seine Aussage.
„Gut gemacht“, tönte George, „Wood hat es uns erzählt, wir sind auch in der Mannschaft … als Treiber.“
„Sucher?“
Ron kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, „aber Erstklässler werden nie … du musst der jüngste Hausspieler seit mindestens…“
„…einem Jahrhundert sein“, sagte Harry stolz und schaufelte sich Pastete in den Mund.
Wie kann er mir das nur antun?
Ich mache mir die größten Sorgen, und er schaufelt unbeeindruckt und ohne mit der Wimper zu zucken, das Essen in seinen Mund.
„Es ist ja auch nicht weiter verwunderlich“, sagte ich schnippisch, mit einem beleidigten Unterton.
Es rutschte mir einfach so raus, ich konnte es nicht kontrollieren.
Erst jetzt schien mich Harry zu bemerken, und starrte mich an, genau wie Ron, dessen Mund immer noch vom Harry – Bewundern offen stand.
„Wie meinst du das?“ fragte Harry.
Ich spielte die Uninteressierte, „hast du dich nicht gefragt, warum du ohne zu üben so gut auf dem Besen bist?“
„Und?“ fragte er weiter.
„Du hast es im Blut, geh mal zur Quidditch Vitrine im Gang der Bibliothek, die mit den Pokalen und Urkunden, da gibt es eine mit dem Namen James Potter, Sucher.“
Fast wäre er losgerannt, in rasantem Tempo schoss er in die Höhe, stieß dabei aber mit Malfoy zusammen, der hämisch grinsend hinter ihm stand, natürlich mit seiner Leibgarde im Schlepptau.
„Nimmst du deine letzte Mahlzeit ein, Potter? Wann fährt dein Zug zurück zu den Muggeln?“
„Hier bist du viel mutiger, als vorhin da oben in der Luft, und deine kleinen Kumpel hast du auch mitgebracht“, antwortete Harry kühl.
Mist, dachte ich, jetzt geht das schon wieder los.
Halt dich dieses Mal raus, du steigerst dich nur wieder in Trauer, und wie er es dir dankt, hat man ja gesehen!
Die kleinen Crabbe und Goyle, waren eigentlich ĂĽberhaupt nicht klein, das traf im Vergleich wohl eher auf Harry zu.
Dumme MachosprĂĽche, ich schĂĽttelte meinen Kopf.
Harry und Malfoy standen sich gegenĂĽber und blickten sich gegenseitig an, keiner gab nach, ihr Stolz lieĂź es wohl nicht zu.
„Mit dir würd ich es jederzeit aufnehmen“, erwiderte Malfoy plötzlich. „Heute Nacht, wenn du willst, und dich traust. Zaubererduell, Nur Zauberstäbe, kein Körperkontakt. Was ist los? Noch nie von einem Zaubererduell gehört, was?“
„Natürlich hat er“, übernahm Ron Harrys Verteidigung, „ich bin sein Sekundant, wer ist deiner?“
„Crabbe“, sagte Malfoy, „also Mitternacht, klar? Wir treffen uns im Pokalzimmer, das ist immer offen.“
Malfoy lief lächelnd davon.
Harry und Ron blickten sich an.
„Was ist ein Zaubererduell?“ fragte Harry, „Und was soll das heißen, du bist mein Sekundant?“
„Na ja, ein Sekundant ist da, um deine Angelegenheiten zu regeln, falls du stirbst“, antwortete Ron lässig.
Mein Mund klappte auf, ich war sprachlos.
Nein ich mische mich nicht ein!
Harrys Mund stand ebenso offen, Ron lächelte und sprach weiter, „keine Sorge, man stirbt nicht dabei, ihr werdet euch nur mit Funken besprühen. Keiner von euch kann gut genug zaubern, um wirklich Schaden anzurichten.“
Um wirklich Schaden anzurichten?
Hatte ich gerade richtig gehört?
Die haben doch eine Vollmeise, was wenn doch?
Ich konnte mich nicht mehr zurĂĽckhalten.
„Und was, wenn ich mit meinem Zauberstab herumfuchtle und nichts passiert?“ fragte Harry gerade.
„Dann wirf ihn weg, und hau ihm aufs Maul“, schlug Ron grinsend vor.
Mein Kragen platzte endgĂĽltig.
Wie kann man nur so naiv sein?
„Entschuldigt, wenn ich störe“, Mist wieder meine hochnäsige Stimme.
Beide sahen mich erstaunt an.
„Kann man hier nicht einmal in Ruhe essen?“ stellte Ron genervt fest, uns sah sich provokativ nach freien Plätzen um.
Der kann mich mal!
Ich ignorierte seine Bemerkung, und schaute nur Harry an.
„Ich habe unfreiwillig mitbekommen, was du und Malfoy vorhabt…“
„Von wegen unfreiwillig“, murmelte Ron.
„…und ihr dürft einfach nicht nachts in der Schule herumlaufen, denkt an die Punkte, die Gryffindor wegen euch verliert, wenn ihr erwischt werdet, das ist wirklich sehr egoistisch von euch.“
„Und dich geht das Mal überhaupt gar nichts an“, antwortete Harry gekränkt, „ich laufe jede Nacht durchs Schloss, und bin noch nie erwischt worden!“ fügte er leise und schnippisch hinzu.
„Auf Wiedersehen“, sagte Ron provozierend, und machte eine winkende Bewegung mit seiner Hand.
Wieder einmal hatte er mich sprachlos gemacht.
Es geht dich nichts an!
Was denkt der sich eigentlich?
Die Wut kochte wieder hoch, allerdings vermischt mit Sorge.
Er läuft nachts durchs Schloss?
Allein?
Schnippisch drehte ich mein Gesicht zur Seite, und lief wütend zurück zum Gryffindorturm, kurz davor wieder in Tränen auszubrechen, dieses Mal allerdings Tränen der Wut.
Meine Schritte wurden immer schneller.
Atemlos erreichte ich das Portraitloch und schrie das neue Passwort: „Schweineschnauze“.
„Geht das auch etwas freundlicher?“ fragte die fette Dame, öffnete aber die Tür.
Ohne auf die Anderen zu achten durchquerte ich den Gemeinschaftsraum, rannte in meinen Schlafraum und warf mich auf mein Bett.
Mein Gesicht vergrub ich tief in meinem Kissen, trommelte mit meinen Fäusten auf das Laken, und ließ den Tränen freien Lauf.
Ich konnte es einfach nicht fassen, Harry hatte mich abblitzen lassen.
Liegt es vielleicht doch an mir?
Bin ich eine Nervensäge, eine Glucke, ein besserwisserisches Mädchen?
Keine Freunde, ich habe keine Freunde, wieder einmal, oder immer noch.
Liegt das etwa doch an mir?
Ich musste wohl eingeschlafen sein…
Der Turban von Professor Quirrell zog sich ganz fest um Harrys Kopf, ich sah wie Harry mit dem Turban kämpfte um nicht erdrückt zu werden.
Snape erschien und murmelte Zaubersprüche vor sich hin, die Harry weiter quälten.
Ich habe es dir ja gesagt, du wirst Schwierigkeiten bekommen, rief ich ihm zu, ohne Einzuschreiten.
Halte deine vorlaute, alles besser wissende Klappe, und helfe mir lieber, rief er mir im Todeskampf zu.
Schweißgebadet richtete ich mich auf, und sah mich verstört um, mein Himmelbett, der Mädchenschlafraum.
Es war ein Traum, nur ein Traum!
Mit geschlossenen Augen atmete ich schwer durch, wischte mir den SchweiĂź von der Stirn und sah auf den Wecker, auf meinem Nachttisch.
Der große Zeiger auf halb, der kleine fast auf der Zwölf.
Halb Zwölf!
Die Uhrzeit versetzte mir einen Schlag.
Ich war mir sicher, dass Harry gehen würde, und ich werde ihn nicht aufhalten können, aber ich musste es zumindest noch einmal versuchen.
Auch wenn mir klar wurde, dass ich ihn dadurch endgĂĽltig von mir entfernen wĂĽrde.
Leise stand ich auf, holte meinen rosafarbenen Morgenmantel, der ĂĽber einem Stuhl hing, und verlieĂź auf leisen Sohlen den Schlafraum.
Der Gemeinschaftsraum war ruhig, ein paar Holzscheite knisterten noch im Kamin, und beleuchteten schwach als einzige Lichtquelle den Raum.
Nur einen Wimpernschlag später, sah ich die beiden Idioten.
Zwei himmelblaue Morgenmäntel, die gerade im Begriff waren durch das Portraitloch zu schlüpfen.
Dem Jungen mit den schwarzen Haaren legte ich meine Hand auf die Schulter, bis er erschrocken zusammenzuckte.
„Ich kann einfach nicht glauben, dass du das wirklich tust, Harry“, ich versuchte es in einer normalen, beruhigenden Tonlage.
Mit meinen Zauberstab leuchtete ich ihm ins Gesicht, er blickte verstört in das Licht.
„Du!“ zischte Ron, sein Tonfall erzürnt.
Ich gab Ron einen giftigen Blick zurück, und versuchte es mit einer Notlüge, „fast hätte ich es deinem Bruder erzählt, als Vertrauensschüler hätte er das hier bestimmt nicht zugelassen.“
„Los weiter“, sagte Harry genervt zu Ron.
In seinem Blick bemerkte ich, dass er wohl gerade rätselte, warum sich Jemand in seine Angelegenheiten einmischt.
Nein, so schnell wollte ich nicht aufgeben.
„Ihr schert euch überhaupt nicht um Gryffindor, ihr denkt vielmehr nur an euch selbst, ihr seid egoistisch, ich jedenfalls will nicht, dass Slytherin den Hauspokal gewinnt, und ihr sämtliche Punkte wieder verliert, die ich gekriegt habe.“
„Hau ab“, schrie Ron.
Ich war kurz davor durchzudrehen, diese Idioten, diese unbelehrbaren Idioten!
„Na gut, aber ich warne euch, erinnert euch an das, was ich gesagt habe, wenn ihr morgen im Zug nach Hause sitzt, ihr seid ja so was von...“.
Mir war nicht bewusst, dass ich ihnen solange nachgefolgt war, dass wir auĂźerhalb des Portraitlochs standen.
Es gab kein zurĂĽck mehr, auch nicht fĂĽr mich, die fette Dame war unterwegs, ihr Bild leer.
Ich ... wir waren ausgesperrt.
Die Angst der Schule verwiesen zu werden war riesengroĂź, aber mindestens ebenso groĂź war meine Sorge um diese beiden Idioten.
Wenn ich ehrlich bin, fĂĽhlte ich mich zwiegespalten, Angst vor einem Verweis, aber anderseits wollte ich auch bei meinen Freunden bleiben, wenn man sie denn so nennen konnte.
Die ersten Gleichaltrigen, die sich wenigstens ein klein wenig, mit mir abgaben, wobei ich den einen verehrte, und wir uns ganz leicht angenähert hatten, und der Andere mich verachtete.
„Was soll ich jetzt nur tun?“
Meine Stimme klang schrill, und lieĂź die Beiden erstarren.
„Das ist dein Problem“, antwortete Ron gleichgültig.
Harry zuckte mit den Schultern, „wir müssen weiter...“
Unaufhaltsam marschierten sie vorwärts, ich war hin und her gerissen, bleibe ich hier, bin ich ein Feigling, und kann trotzdem bestraft werden, gehe ich ihnen nach, würde vielleicht die Achtung, die Freundschaft bekräftigt werden, aber auch die Bestrafung höher ausfallen.
Ich entschloss mich fĂĽr das Zweite.
Sie waren bereits am Ende des Ganges angekommen, als ich sie einholte.
„Ich komme mit“, rief ich.
„Das tust du nicht“, antwortet Harry energisch, „wie du selber gesagt hast, es ist gefährlich, also solltest du dich raushalten.“
„Ich kann nicht mehr zurück oder glaubt ihr etwa, ich warte bis mich Filch hier draußen erwischt?“
„Geh zurück“, flehte Harry, „besser vor dem Portraitloch, als mit uns, erwischt zu werden.“
„Ich werde die Wahrheit sagen, und zwar dass ich euch aufhalten wollte, falls wir alle Drei erwischt werden.“
„Du hast vielleicht Nerven“.
Ron verdrehte die Augen.
Harrys Blick bestrafte mich, „Seid still, alle beide“, zischte er, „da ist etwas.“
Es klang wie ein Röcheln, ein schweres Schnaufen.
„Mrs. Norris?“, flüsterte Ron ängstlich.
Es war nicht Filch’s Katze.
Zusammengekauert lag Neville vor uns auf dem Boden und schlief.
Wir waren fast auf seiner Höhe, als er zusammenschrak.
„Gott sei Dank, ihr seid es“, stöhnte er, „seid Stunden verstecke ich mich hier. Ich habe das Passwort vergessen und komme nicht mehr rein.“
Wir erklärten ihm, dass wir auch nicht mehr rein können, nach einem kurzen Wortgeplänkel, schloss er sich uns an.
Ron sah andauernd auf die Uhr und blickte wĂĽtend auf mich und dann wieder zu Neville.
„Wegen euch kommen wir noch zu spät, und wenn wir wegen euch erwischt werden, dann lasse ich mir erklären wie der Fluch der Kobolde funktioniert.“
Ihr kennt mich!
Ich wollte gerade meinen Mund öffnen, denn den Fluch hätte ich ihm natürlich erklären können.
Noch bevor das erste Wort meine Lippen verlieĂź, gebot mir Harry mit einem Zischen zur Ruhe und dass er weitergehen will.
Mit schnellen Beinen durchzogen wir die Gänge, die nur durch das hereinfallende Licht des Mondes ein klein wenig Beleuchtung fanden.
Die Stille und die sonstige Dunkelheit wirkten beklemmend, genau, wie die Stimmung unter uns.
Ron war extrem angesäuert, dass ich und Neville mit dabei waren.
Harry wirkte angespannt, weil er so viele Begleiter hatte, die wegen ihm in Gefahr geraten könnten.
Neville war unsicher, was den nun geschehen wĂĽrde.
Und ich?
Ich wusste immer noch nicht so recht, was ich denken oder fĂĽhlen sollte.
Da war zum Einen das Gefühl zu Jemandem zu gehören.
Drei Freunde, mit denen ich unterwegs bin.
Wirklich drei Freunde?
Sind es meine Freunde, oder dulden sie mich nur, weil es keine andere Möglichkeit gibt?
Zum Anderen war immer noch die Angst vorhanden, Angst vor den Folgen, wenn wir erwischt werden sollten, aber hat nicht Mum mir geraten, etwas an mir zu ändern?
Musst ich dafĂĽr nicht auch ein klein wenig Risiko gehen?
Vorsichtig schritten wir an jedes Ende eines Ganges heran, immer in Erwartung von Filch und seiner Katze.
Wir hatten immer Glück, die Treppe zum dritten Stock rannten wir noch, die letzten Meter zum Pokalzimmer verlangsamten wir, und gingen so leise wie möglich auf Zehenspitzen.
Wir drückten uns leise an den Wänden entlang in den Raum, die Pokale, Teller und Schilder glitzerten in ihren Vitrinen, reflektierten das Licht des Mondes.
Wir waren allein, kein Malfoy, kein Crabbe, kein Goyle.
Enttäuscht und verstört schauten wir uns um, immer ein Auge auf die Tür gerichtet.
Harry hatte seinen Zauberstab in Bereitschaft, er wirkte äußerst angespannt.
Die Minuten gingen, mir kam es wie eine Ewigkeit vor.
„Er kommt zu spät, hat bestimmt Schiss“, flüsterte Ron.
Ich war nervlich angespannt, mein Herz schlug im Akkord, nervös blickt ich mich immer wieder um, an meinem Arm spürte ich Harrys Herz im Gleichschritt mit meinem um die Wette rennen.
Er musste meine Nähe, unseren Körperkontakt gespürt haben, jedenfalls neigte er seinen Kopf zurück in meine Richtung und flüsterte, nur mir verständlich zu, „du hättest nicht mit gehen dürfen, ich würde es mir nie verzeihen, wenn…“
Wenn was?
Weiter kam er nicht, wir schreckten auf, aus dem Nachbarzimmer drang eine Stimme zu uns.
„Schnüffel ein wenig herum, meine Süße, vielleicht lauern sie in einer Ecke“.
Filch, der wohl mit seiner Katze sprach.
Ich spürte wie Harry fürchterlich erschrak, sein Körper zuckte, er ruderte wild mit seinen Armen, und deutete an, ihm zu folgen.
Wir tasteten uns zur TĂĽr, und waren gerade hindurch, als wir Filchs Schritte im Pokalzimmer vernahmen.
„Sie sind irgendwo hier drinnen!“
„Hier entlang!“ rief Harry leise und zog mich am Ärmel hinterher.
Meine Knie waren weich und schlotterten, ohne Harrys Führung wäre ich wohl starr an der gleichen Stelle stehen geblieben.
Leise schlichen wir weiter, entlang eines Ganges, indem RĂĽstungen an RĂĽstungen standen.
Ich spürte und hörte wie Filchs Schritte immer näher kamen.
Neville stolperte, hielt sich an Rons Arm fest, und beide stürzten der Länge nach auf den steinigen Fußboden.
Neville gab dabei ein ängstliches Geräusch von sich, meine Angst stieg ins Unermessliche.
Hoffentlich hört uns Filch nicht, hoffentlich kommen wir da heil heraus!
Die Beiden stürzenden, rissen mehrere Rüstungen mit um, es war ein unglaubliches Getöse, ich vermutete das ganze Schloss würde wach werden.
Jetzt half nur noch eines, und Harry bestätigte meine Idee.
„Lauft!“ schrie er, ließ meinen Arm los, und half Ron und Neville auf die Beine.
Ohne uns umzusehen rannten wir uns die Seele aus dem Leib, ohne Ziel, ohne Plan, einfach nur weg.
Mehrere Gänge durchquerten wir auf diese Art, es war mittlerweile völlig egal wohin, nur weg war die Devise.
Harry hatte die FĂĽhrung, blind folgten wir ihm.
Er riss einen Wandbehang zur Seite, und wir befanden uns in einem der Geheimgänge, immer noch rannten wir.
Mein Kopf wurde langsam etwas klarer, „unser Zauberkunstklassenzimmer“, rief ich, als ich etwas Bekanntes feststellte.
„Ich glaube dann haben wir ihn abgehängt“, rief Harry und verlangsamte seine Schritte.
Völlig außer Atem lehnten wir uns gegen eine Wand, und jeder wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Neville sackte prustend zusammen.
Mein Herz schlug bis zum Hals, ich hatte Seitenstechen, völlig außer Atem keuchte ich, „Ich … ich hab’s euch … gesagt … ich hab’s … euch doch … gesagt!“
„Wir müssen zurück zum Turm, so schnell wie möglich“, ignorierte Ron meine Feststellung.
Ich beugte meinen Oberkörper nach unten bis zu den Knien, schnaufte nochmals durch, dann griff ich Harry fest am Arm, „Malfoy hat dich reingelegt“, er schaute mich nachdenklich unter dem festen Druck meiner Hand an, sein Blick war traurig und nachdenklich, „das siehst du doch ein, oder?“ hakte ich nach, „er hat dich nie treffen wollen, Malfoy hat dich an Filch verraten.“
Ich spürte in seinem Blick, dass er mir Recht gab, aber sein Stolz hinderte ihn, meine Aussage zu bestätigen, stattdessen sagte er: „Gehen wir.“
So einfach war es dann doch nicht, die Tortour war noch nicht zu Ende.
Die Tür des Klassenzimmers hinter uns öffnete sich, heute sterbe ich noch, vor Angst, meine Herzschläge kamen gar nicht mehr zur Ruhe.
Peeves, der Poltergeist jagte uns den nächsten gewaltigen Schreck ein.
Wir waren wieder auf der Flucht, und rannten und rannten, erneut planlos.
Am Ende des Ganges krachten wir gegen eine verschlossene TĂĽr.
„Das war’s“, stöhnte Ron enttäuscht.
Verzweifelt versuchte er die Tür zu öffnen, der Riegel bewegte sich keinen Millimeter.
„Wir sitzen in der Falle“, jammerte er weiter.
„Das ist das Ende“, fügte Neville hinzu.
Nur Harry und ich blieben nach auĂźen ruhig, aber in meinem Inneren brodelte es, wie ein Vulkan.
„Ach geh zur Seite“, fauchte ich Harry an, legte entschlossen meine Hand auf Harrys und zog sie zu mir heran.
Ăśberrascht schaute er mich an, als ich auch noch seinen Zauberstab aus seinen Fingern zog, er lieĂź es geschehen.
Ich klopfte damit auf das Torschloss und flüsterte, „Alohomora“.
Das Schloss knackte und öffnete sich, den Zauberstab steckte ich an die unveränderte Stelle in Harrys Hand.
Sein überraschter Blick, war einem Lächeln gewichen, das aber sogleich wieder verschwand, als er Nevilles und Rons fragende Blicke auf sich spürte.
Mittlerweile hörten wir auch wieder Filch draußen auf dem Flur, er versuchte von Peeves herauszubekommen in welche Richtung wir weiter gegangen wären.
„Filch denkt, dass die Tür verschlossen ist“, flüsterte Harry, „ich glaube wir haben’s geschafft.“
Zu Viert standen wir etwa einen Meter hinter der TĂĽr in dem unbekannten Raum und starrten alle auf das TĂĽrschloss.
Hoffentlich bewegt es sich nicht.
„Lass meinen Ärmel los ... Neville, lass los!“ fauchte Harry.
„Was ... was meinst du?“ erwiderte Neville überrascht.
Fast gleichzeitig drehten wir uns um, ich glaub das Blut gefror nicht nur in meinen Adern.
Ein Alptraum, das alles kann nur ein Alptraum sein!
Es war das schlimmste und schrecklichste, was ich bisher je gesehen hatte.
Ich starrte direkt in die Augen eines Ungeheuers, eines riesigen Hundes, der die komplette Höhe des Raumes einnahm, vom Boden bis zur Decke.
Seinen massigen Körper zierten drei Köpfe, drei Paar wahnsinnig rot leuchtender Augen, drei riesige Mäuler aus denen Sabber tropfte, und uns alle liebend gerne verschlungen hätte.
In langen Fäden zog sich Speichel von seinen gelblichen Zähnen bis fast zum Boden.
Ron zitterte wie Espenlaub, Neville stĂĽtze sich bei mir ab, er war der Ohnmacht nahe.
Erstaunlich ruhig im Angesicht des Todes studierte ich dieses Monster von oben bis unten.
Nur Harry schien die Kontrolle zu wahren, er blieb erstaunlich ruhig, wenngleich seine Augen weit aufgerissen waren.
Im Zeitlupentempo setzte er einen Schritt nach dem Anderen rückwärts, griff mit einer Hand auf die Türklinke und mit der Anderen fest um mein Handgelenk.
Die riesigen Köpfe des Untiers begannen sich langsam zu bewegen.
Ich vermute, dass wir unser Leben, wohl nur der Überraschung verdanken, die das Tier verspüren musste, als wir plötzlich in dem Raum standen.
Was macht ein solches Monster in einer Schule?
In diesem Augenblick riss Harry die Tür auf und zog uns hinterher, sie schlug hinter uns wieder zu, und während wir rannten hörten wir die Köpfe des Untiers gegen die Tür schlagen.
Wir rannten um unser Leben.
Noch schneller als zuvor, noch intensiver, aber mit einem Ziel vor Augen, dem Gryffindorturm.
Die Gänge, die Treppen sie flogen an uns vorbei, kein Peeves, kein Filch, kein Ungeheuer, auch sonst Niemand.
Erst mit dem Portrait der fetten Dame vor Augen verlangsamten wir unsere Schritte, zum GlĂĽck war sie zurĂĽck in ihrem Rahmen, sie musterte uns und wollte wissen wo wir waren.
„Das ist jetzt egal“, keuchte Harry, „Schweineschnauze“, das Passwort direkt hinterher.
Das Portrait schwang auf, wir huschten hindurch und im Gemeinschaftsraum sackte Jeder in einem Sessel zusammen.
Eine ganze Weile traute sich niemand zu sprechen, jeder schnappte schwer nach Luft, und verarbeitete das gerade geschehene.
Neville war leichenblass, immerhin konnte Ron schon wieder fluchen, “Was denken die sich eigentlich dabei, so ein Tier in der Schule einzusperren?“
Ich konnte wieder klar denken, die Angst war der schlechten Laune gewichen.
Sie wollten ja nicht auf mich hören.
Ich wurde so wĂĽtend darĂĽber, dass ich Ron zur Antwort sehr forsch anging.
„Ihr benutzt wohl eure Augen nicht, keiner von euch?“ alle drei zuckten unter meinem Fauchen, „habt ihr nicht gesehen worauf er stand?“
„Auf dem Boden?“ war die sarkastische Antwort Harrys, die mich noch weiter auf die Palme brachte, „ich habe nicht auf seine Pfoten geschaut, ich war zu sehr mit den Köpfen beschäftigt.“
„Nein!“ fauchte ich, Harrys Antwort versetzte mir einen weiteren Stich, „nicht auf dem Boden. Er stand auf einer Falltür, offensichtlich bewacht er etwas.“
Empört, verärgert, wütend stand ich auf, und starrte die Drei an.
„Ihr seid hoffentlich zufrieden mit euch, wir hätten alle sterben können, oder noch schlimmer, von der Schule verwiesen werden können ... Und jetzt, wenn es euch nichts ausmacht, gehe ich zu Bett.“
Ich sah ihre offenstehenden MĂĽnder, drehte mich um, und spĂĽrte ihre brennenden Blicke auf meinem RĂĽcken.
„Nein es macht uns nichts aus“, rief Ron hinter mir her, „man könnte glatt meinen, wir hätten sie gezwungen mitzugehen, und mitgeschleift.“
Noch im Umdrehen sah ich allerdings Harrys nachdenklichen Blick, irgendetwas an meinen Worten brachten ihn zum Nachdenken.
Zurück im Mädchenschlafraum warf ich wütend meinen Morgenmantel über meine Stuhllehne und warf mich wieder einmal weinend auf mein Bett.
Das Gesicht fest ins Kissen gedrĂĽckt schluchzte ich.
Um Haaresbreite dem Tod entronnen.
Kurz davor, der Schule verwiesen zu werden.
Zum ersten Male reagiert Harry ungehalten mir gegenĂĽber.
Ganz in Gedanken an die letzten Minuten, wĂĽtend auch auf mich selbst, so Unrecht hatte Ron wohl doch nicht, es hat mich niemand gezwungen!, vernahm ich ein ganz leises, fast wimmerndes Rufen.
„Hermine?“
Fragend schaute ich mich um, am Eingang zum Schlafraum vernahm ich verschwommen die Umrisse von Harry.
Harry?
„Hermine?“
Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht, stand auf und lief mit leisen Schritten auf ihn zu.
Im Raum war es ruhig, trotz des Lärms der von uns in den letzten Minuten ausging, so war ich doch überrascht, dass alle friedlich schliefen.
Leise ging ich langsam und genervt auf die Gestalt an der TĂĽr zu.
Etwa einen Meter vor ihm blieb ich stehen, verschränkte meine Arme vor meinem Körper und fragte gleichgültig klingend „was ist?“
Das noch lodernde Kaminfeuer aus dem Gemeinschaftsraum, stellte Harry im Gegenlicht dar, dennoch war seine Verlegenheit zu spĂĽren, der Gang hierher muss ihm schwer gefallen sein.
„Hermine...“, begann er, „es ... es tut ... mir Leid.“
Wie hatte er es geschafft seinen Schatten Ron abzuschĂĽtteln?
„Ich ... ich wollte nie Jemanden in Gefahr bringen“, stotterte er weiter, „ich will, dass du das weißt.“.
Mit immer noch verschränkten Armen, genoss ich die Situation, allerdings wurde mir erst jetzt klar, dass ich nur im Nachthemd bekleidet vor ihm stand, und dieses Nachthemd endetet auf halbem Weg zwischen Leiste und Knien.
Dessen bewusst schluckte ich einmal, und beschloss mir nichts anmerken zu lassen.
Zum ersten Mal war ich mit ihm allein.
„Ich hätte alleine gehen...“, versuchte er es weiter, nachdem ich immer noch nicht reagierte.
„Du hättest gar nicht gehen dürfen“, brach ich mein Schweigen, „was willst du wirklich? Und wie hast du es geschafft deinen Schatten abzuschütteln?“
„Ron?“
Ich nickte.
„Der hat sich direkt hingelegt und losgeschnarcht“, er lächelte, wohl bei dem Gedanken daran, „bewundernswert ... ich kann das nicht.“
„Sondern?“
„Mir gingen noch deine Worte im Kopf herum.“
„Welche Worte?“
„...offensichtlich bewacht er etwas.“
„Und?“ ich versuchte weiterhin gleichgültig zu wirken.
„Hagrid hat zu mir über Gringotts gesagt ... es wäre außer Hogwarts, der sicherste Ort der Welt.“
„Und?“ ich verstand noch nicht worauf er hinaus wollte.
„Ich glaube der Hund bewacht wirklich etwas.“
„Was meinst du?“ mein Interesse war geweckt. Nach einem weiteren Moment fügte ich hinzu, „du denkst der versuchte Einbruch in dem Verlies, das ihr kurz zuvor geleert habt...?“
„Sprich weiter“, forderte er mich lächelnd auf.
„Der Hund bewacht das, was Hagrid an sich genommen hat?“ plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen, Harry suchte nach einer Bestätigung seiner Theorie.
„Ein kleines schmutziges Päckchen aus Verlies 713, das laut Hagrid sehr geheimnisvoll zu sein scheint.“
„Das wäre möglich, aber warum kommst du damit zu mir?“
„…Weil du aus meiner Antwort darauf schließt, dass ich ähnlich denke“, beantwortete ich meine eigene Frage.
„Ich hätte nicht einschlafen können, ohne diese Bestätigung meiner Vermutung“, er wirkte erleichtert, „danke ... und Gute Nacht...“.
„Wie bist du überhaupt soweit gekommen, ich denke ihr könnt hier nicht herkommen?“
„Weiter kann ich auch nicht, nach dem ersten Schritt auf die Treppe, verwandelte sie sich in eine Rutsche, irgendwie schaffte ich es bis zur Tür, aber hier war Ende, die Tür hat mir einen kräftigen Gegenstoß gegeben, der mich fast K.O. geschlagen hätte.“
„Deswegen habe ich am Anfang nur ein Wimmern gehört...“
„Hör mal, das hat weh getan.“
Er drehte sich um und flüsterte noch einmal zurück, „es tut mir wirklich leid.“
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