von Roya
72. Große Missverständnisse
Ihr Herz setzte für einen Augenblick aus, als sein Kopf ihr näher kam. Dann war er da und sie spürte seinen heißen Atem auf ihrem Gesicht. Alles in ihr schrie nach ihm, sie wollte ihn sofort spüren. Die Zeit schien still zu stehen. Dann waren seine Lippen auf ihren und ihr Verstand setzte aus. Ihr Mund öffnete sich von alleine und ließ seine Zunge hinein. Eine zeitlang spielte sie mit ihr, dann war sie verschwunden. Alex bäumte sich leicht auf. Da war sie wieder. Sie küssten sich eine endlose Zeit lang. Wie lange, das wusste hinterher keiner von ihnen. Schließlich löste sich Fred von ihr und hob seinen Kopf ein wenig. Verwirrung breitete sich langsam auf seinem Gesicht aus. Auch Alex´ Gehirn schaltete wieder ein und sie spürte, dass sich ihr Mund zu einem Lächeln verzog. Ihr Herz hämmerte wie eine Verrückte gegen ihren Brustkorb und ein wohltuender Schauer zog sich über ihren ganzen Körper. Da schien auch bei Fred das Eis zu brechen. Er grinste schüchtern und Alex musste ebenfalls breit lächeln.
Wieder fanden sich ihre Lippen, dieses Mal schon ein wenig forscher. Freds Hand wanderte über ihre Wange zu ihren Haaren, in denen sie sich verhakte. Alex Hände wanderten auf seinen Rücken. Nach langer Zeit lösten sie sich wieder voneinander und dieses Mal brachte Alex ein paar Worte hervor.
„Dieses Mal nicht.“
Er lächelte verstehend und küsste sie sanft auf die Nasenspitze.
„Nein. Den Fehler machen wir nicht noch einmal.“
Sie fiel ihm um den Hals und er erwiderte die Umarmung. Sie lagen eng umschlungen auf dem Bett und waren einfach nur zusammen. Mehr zählte gerade nicht.
„Al?“
„Hmm?“
„Wie lange schon?“
„Ich denke, schon die ganze Zeit.“
Sie sah ihm in die Augen und spürte seine tiefe Zuneigung. Er erwiderte ihren Blick etwas traurig.
„Ja, ich auch.“
„Lass uns nicht von alten Zeiten anfangen, Fred. Wir haben es endlich geschafft.“
Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln.
„Ja.“
Er küsste sie und sie ließ sich vollkommen entspannt zurückfallen.
Als sie erwachte, erinnerte sie sich wieder an den Albtraum, den sie gehabt hatte, bevor Fred sie in den Arm genommen hatte. Es hatte mit dem Zwilling zu tun. Allerdings war es nichts Schönes gewesen. Sie hatte geträumt, dass sie ihm von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte. Daraufhin hatte sich sein Gesicht zu einer Fratze verzogen und er hatte sie angebrüllt und runter gemacht. Das zeigte ihr wieder, wie unsicher sie sich war.
Kalter Atem ließ ihre Nackenhaare aufstehen und siedend heiß fiel ihr ein, was nach dem Traum geschehen war. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust und Alex konnte nicht anders als ihren Mund zu einem glücklichen Grinsen zu verziehen. Sie hatten es doch tatsächlich endlich geschafft! Nach so einer langen Zeit. Angel hatte Recht gehabt, Fred liebte sie immer noch.
Sie fühlte sich so glücklich wie noch nie und dachte erst einmal nicht mehr über ihr Problemchen nach.
Fred regte sich neben ihr und sie drehte sich zu ihm um. Oh je, was sollte sie denn jetzt sagen? Er öffnete die Augen und seine Ohren färbten sich leicht rosa, als er sie ansah.
„Morgen.“
„Hey.“
Etwas ungelenk gab Fred ihr einen Kuss auf die Stirn und sie setzten sich auf. Alex sah ihn in seine Augen und wusste nicht, was sie machen sollte. Ebenso wenig wie er, denn der Zwilling grinste schief und sagte dann verlegen:
„Ich hoffe, du hattest nicht noch einen Albtraum?“
Innerlich atmete sie erleichtert auf. Das war die passende Vorlage, um die unangenehme Situation zu überspielen.
„Ich weiß noch nicht, was schlimmer war. Der Albtraum oder das danach, als ich wach war.“
Sie grinste, als er sie gespielt geschockt ansah. Einen hatte sie noch.
„Ich dachte, du hättest dich verbessert seit letztem Mal?“
Jetzt war es an ihm, zu grinsen. Seine Stimme war leise, als er anfing zu sprechen:
„Vielleicht habe ich dir ja auch noch nicht alles gezeigt, damit du nicht zu sehr eingeschüchtert bist.“
Ihr Herz pochte noch schneller, als er sich vorbeugte und sie herausfordernd ansah.
„Ts. Das beweis erst einmal.“
Ihre Stimme klang fester, als sie sich fühlte. Doch als sie seine Lippen auf ihren spürte, vergaß sie alles um sich herum. Der Kuss war atemberaubend und übertraf den aus der Nacht wirklich.
Sie lösten sich voneinander und der Zwilling grinste sie schüchtern an.
„Und? Wie war ich?“
Sie grinste.
„Annehmbar.“
„Was Besseres hatte ich in der Schule auch nie, also bin ich zufrieden.“
Sie lachten und standen dann auf. Alex ging ins Bad, um sich ein wenig frisch zu machen. Sie fühlte sich sehr gut, auch wenn ihr Magen sich etwas bemerkbar machte. Es war glücklicherweise noch zum Aushalten. Ihr Bauch wurde immer runder. Irgendwann musste sie es ihm sagen. Aber nicht direkt heute Morgen.
Zusammen gingen sie in die Küche, wo alle anderen schon versammelt waren. Fred hielt Alex Hand und sofort blickten alle Anwesenden darauf. Röte schoss den beiden Rothaarigen ins Gesicht, als George grinsend sagte:
„Na, seid ihr endlich zusammen oder was?“
Alex nickte und sah zu Stanford. Er strahlte, aber auch ein anderer Ausdruck spielte da mit. Auf seinen fragenden Blick schüttelte sie leicht den Kopf und er nickte, ohne eine Miene zu verziehen.
Er verstand sie, das wusste sie.
Fred war überglücklich und sein Herz kam nicht dazu, sich zu beruhigen. Als er am Morgen aufgewacht war, hatte er alles für einen wunderbaren Traum gehalten, aber als sie ihm dann einen guten Morgen gewünscht hatte, wusste er, dass alles gut war. Endlich.
Jedenfalls hatte er das geglaubt, bis sie in der Küche ankamen. Was war das für ein Blick, den Alex da mit Stanford tauschte? Natürlich wusste er, dass er sich keine Gedanken machen sollte, aber er konnte nichts dagegen machen. Am Abend sollte er erfahren, was los war. Doch der war noch weit entfernt.
Nach dem Frühstück schlenderten die Zwillinge, Alex und Angel durch den Garten, jeweils Hand in Hand.
„Mann, ich bin ja so froh, dass es endlich geklappt hat mit euch beiden.“
George lachte laut.
„Oh ja. Dieses ewige Hin und Her war echt nicht auszuhalten.“
Angel lachte auch, aber auch sie hatte Alex einen viel sagenden Blick zugeworfen am Morgen. Die Rothaarige fühlte sich ein wenig bedrängt von ihrer besten Freundin und Stanford, auch wenn sie wusste, dass sie es nur gut meinten. Bald würde sie ihm alles sagen, aber im Moment war nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Heute Abend, das schwor sie sich, da würde sie ihm alles erklären. Sie wusste nicht, was das Gespräch brachte und wollte wenigstens einen Tag mit Fred verbringen, ohne von solchen Dingen wieder entzweit zu sein.
Als Stanford sie am Nachmittag dann zu einem Gespräch unter vier Augen bat, ging sie Augen rollend mit und sie setzten sich ins leere Speisezimmer.
„Alex, wann…“
„Stanford, bitte. Lass mich wenigstens einen Tag mit ihm verbringen, bevor ich ihm eventuell den Boden unter den Füßen wegreiße.“
Er sah leicht betrübt gen Boden und sah sie dann lächelnd an, wenn auch ein wenig gequält.
„Ich will doch nur, dass es dir gut geht.“
„Mir geht es gut. Ich werde ihm alles sagen, bitte dräng mich nicht dazu. Wer weiß, wie er reagiert, es ist nicht so einfach. Ich meine, was wird er denken? Dass ich ihm so etwas Wichtiges vorenthalten habe? Es betrifft schließlich uns beide!“
Stanford nickte und seufzte dann.
„Ist schon okay, Kleines. Aber versprich mir, dass du dich an mich wendest, wenn du Probleme hast, okay? Ich kann es ihm auch erklären…“
„Ach komm schon, ich werde wohl noch erklären können, was zwischen uns beiden passiert ist damals.“
Er nickte und sie gingen wieder zusammen ins Wohnzimmer. Die Zwillinge waren nicht zu sehen, dafür saß Angelina mit Jamie auf dem Arm auf dem Sofa und lächelte sie an.
„Wie geht’s dir, Al?“
Alex lächelte auch.
„Sehr gut.“
Sie setzte sich zu ihr und eine Zeitlang schwiegen die Zwei.
„Ich freu mich so für dich.“
„Danke.“
Die Rothaarige lächelte, dann verdüsterte sich ihr Gesicht wieder.
„Bleibt nur noch eine Sache zu klären.“
Angel nickte ernst.
„Aber keine Sorge, er wird es schon gut aufnehmen.“
„Weiß George davon?“
Die Dunkelhaarige schüttelte den Kopf.
„Nein, Fred würde es sonst zu einfach aus seinem Bruder herauskitzeln können. George ist nicht so derjenige, der etwas so Wichtiges vor seinem Bruder geheim halten kann.“
Alex nickte.
„Fred ist genauso.“
Sie lächelten.
„Jetzt haben wir tatsächlich jeder einen der coolsten Typen unserer Schule abbekommen.“
Alex lachte.
„Dann müssen nur noch Lee und Alicia zusammen kommen, und alles ist okay.“
Angel stimmte in ihr Gelächter ein.
Fred saß auf Georges Bett und starrte an die Wand. Sein Herz hämmerte immer noch gegen seine Brust und er wusste nicht, was er denken sollte. In seinen verkrampften Händen hielt er ein fleischfarbenes Ohr, dessen Ende lose auf dem Boden lag. Sein Bruder stand am Fenster und sah hinaus. Er drehte sich um, sein Gesicht war von Wut verzogen.
„Wie konntest du das tun?“
Fred sah ihn nur an.
„Mensch, Fred, sie vertraut dir! Das solltest du auch tun! Ihr seid noch nicht einmal einen Tag zusammen und schon machst du so etwas Dummes! Was hast du dir dabei gedacht?“
Jetzt brach es aus dem Zwilling heraus.
„Ich habe doch einfach nur Angst, George! Wir sind doch gerade erst zusammen gekommen, ich will sie nicht sofort wieder verlieren!“
„Du weißt noch nicht einmal, was Alex mit Stanford zu bereden hatte. Wahrscheinlich heißt das alles gar nichts und hat nichts zu bedeuten! Mann, Fred!“
Fred hatte den Kopf in seine Hände gestützt und kämpfte mit seiner Fassung. Langsam ordneten sich seine Gedanken wieder und er wusste mehr und mehr, was er gerade für Scheiße gebaut hatte.
Er hatte die Langziehohren benutzt, um Alex zu belauschen. Wie hatte er nur so etwas machen können? Die Schuld kam nun über ihn wie ein Tsunami. Aber er konnte sich einfach nicht des Gedanken erwehren, dass Alex ihm etwas verheimlichte und dieses Gespräch mit Stanford war ja wohl der klare Beweis dafür, dass etwas nicht mit rechten Dingen geschah. Was sollte er jetzt nur tun? Sie einfach darauf ansprechen würde alles kaputt machen…
Es klopfte an der Tür und Angelina kam herein. Sie sah fragend von einem Zwilling zum anderen.
„Was ist los?“
Dann fiel ihr Blick auf die Langziehohren in Freds Hand und auf seinen Gesichtsausdruck. Ein Verdacht keimte in ihr auf.
„Fred…“
Sie redete langsam und bedächtig und schloss hinter sich die Tür.
„Was hast du mit den Langziehohren gemacht?“
„Nichts.“
„Ach so, du hast sie zum Spaß in der Hand, schon klar.“
Sie wandte sich an ihren Mann.
„George?“
Sie wusste, dass er in einer Zwickmühle saß und hasste es, ihn somit aus der Reserve zu locken, aber es schien wichtig zu sein. George biss sich auf die Lippe und Gewissensbisse schienen ihn zu jagen, als er dann leise sagte:
„Er hat das Gespräch zwischen Stanford und Alex belauscht.“
„Fred!“
Zorn kochte in der Dunkelhäutigen auf und sie stellte sich vor den Zwilling, der sie nun trotzig ansah. Sie stemmte die Fäuste in die Seite.
„Was? Ich mache mir Sorgen. Und anscheinend zu Recht.“
Angel schüttelte ungläubig den Kopf. Sie wusste nicht, was Alex mit Stanford geredet hatte, aber ahnen konnte sie es.
„Wie kannst du ihr nur so misstrauen? Fred, ihr seid gerade erst zusammen gekommen…“
„Ich weiß!“
Er sprang auf und schmiss das Ohr in die Ecke. Dann stiefelte er unruhig im Zimmer auf und ab.
„Ich mache mir nur Gedanken…“
„Aber dann frag sie doch einfach.“
Fred sah sie wütend an.
„Ja, klar. Ich geh zu ihr hin und sage so was wie: Hey, Kleine, sag mal, hast du zufällig was mit Stanford, was du mir nicht sagst? So neben mir?“
Jetzt musste Angel fast lachen. Da hatte aber jemand etwas in den ganz falschen Hals bekommen. Sie unterdrückte ein Lächeln und sagte dann mit leiser Stimme:
„Was haben sie gesagt?“
„Das da was ist, was Alex mir sagen muss. Und das es die beiden betrifft und es wichtig ist. Irgendetwas hat sie doch mit ihm!“
Er redete sich in Rage und wollte gerade weiter herum meckern, als Angel ihn unterbrach. Mit fester Stimme sprach sie:
„Fred Weasley. Du hast in deinem Leben schon viele Dummheiten begangen, der Eisgipfel war allen voran Mandy. Aber so blind kannst du doch nicht sein. Alex und Stanford sind so gute Freunde wie Jim und Alex oder wie George und Lee. Einfach so. Genau wie du mit Alicia und mir befreundet bist. Du musst ihr schon vertrauen, dass sie ehrlich zu dir ist. Sie wird dir schon noch alles erklären, wenn sie soweit ist.“
Jetzt schauten die Zwillinge sie verwirrt an. George war derjenige, der am schnellsten die Sprache wieder fand.
„Heißt das, du weißt, was mit Al los ist?“
Angel nickte.
„Ja. Sie hat es mir neulich erzählt.“
Fred ging schnell auf sie zu und fasste sie etwas unsanft an den Schultern. Sein Blick hatte etwas von einem flüchtenden Hund. Er huschte hin und her und seine Augen waren weit aufgerissen.
„Was ist es? Bitte, Angel, ich muss es wissen. Ich will sie doch nicht schon wieder verlieren.“
Angel schüttelte den Kopf und befreite sich aus seinem Griff.
„Das muss sie dir selber sagen. Vertrau ihr, Fred. Du hast ihr immer vertraut, jetzt sei doch nicht dumm.“
Mit den Worten ging sie schnell aus dem Zimmer. Sie wollte sich nicht verplappern. Schließlich lag es an Alex, das zu klären.
Sie bemerkte seine seltsame Laune sofort. Als Fred und George aus dem Gästezimmer kamen, waren sie merklich bedrückt. Alex hatte keine Ahnung, was los war, spürte allerdings wieder Furcht in ihr aufkeimen. Hatte er etwas von der Schwangerschaft mitbekommen? Sie musste noch heute mit ihm darüber reden, es hatte keinen Zweck.
Sie saß zusammen mit Grandma am Tisch und lächelte ihrem Freund zu. Sein Lächeln erreichte seine Augen nicht. In Alex verkrampfte sich alles. Was war los?
Das Abendessen verlief still und schweigsam. Stanford warf Alex oft eindeutige Blicke zu, während Freds Augen zwischen seiner Freundin und ihrem Mentor hin und her huschten. Angelina schaute verzweifelt umher und George schien ebenfalls seltsam bedrückt zu sein. Allein die anderen Erwachsenen verhielten sich normal.
Alex wollte einfach nur noch in ihr Zimmer. Hunger hatte sie keinen, aber Magenschmerzen. Sie entschuldigte sich beim Nachtisch von den anderen und verließ unter den Blicken von Stanford, den Zwillingen und Angel den Raum. In ihrem Zimmer angekommen schmiss sich die junge Frau aufs Bett.
„Ach, Charly, was ist denn heute nur los? Eigentlich sollte ich glücklich und zufrieden sein, denn ich bin endlich mit dem Mann meiner Träume zusammen, nach so langer Zeit. Und dennoch ist alles irgendwie noch komplizierter als vorher. Wie soll ich es ihm sagen? Es ist so schwierig, ich habe keine Ahnung, wie ich es ihm beibringen soll. Diese Info wird ihn sehr schocken. Was soll ich nur sagen?“
„Am besten die Wahrheit.“
Vollkommen erschrocken sprang Alex auf und sah Fred im Türrahmen stehen. Ihr Herz schlug bis zum Hals und sie zitterte stark. Mist!
„Wie viel… wie viel hast du mitbekommen?“
Ihre Stimme war leicht am zittern. Sein Gesichtsausdruck ließ darauf schließen, dass er viel gehört haben musste. Er schaute sie mit einer Mischung aus Zorn und Angst an.
„Genug. Also?“
Jetzt war es soweit. Alex lief es eiskalt über den Rücken, sie wollte das nicht. Noch nicht. Sie fühlte sich einfach nicht bereit. Und jetzt musste sie es tun.
„Machst du bitte die Tür zu?“
Er nickte und schloss die Türe hinter sich. Alex ließ sich auf ihren Sessel nieder und Fred setzte sich steif aufs Bett. Und wartete still. Seine Augen durchbohrten sie und sie schluckte.
„Ich muss dir was sagen.“
Keine Reaktion.
„Wie du vielleicht schon gemerkt hast, habe ich in letzter Zeit viel mit Stanford geredet. Er ist mit einer der einzigen, der es weiß.“
Sie holte tief Luft.
„Es ist letztens etwas passiert, als wir zu viel getrunken hatten.“
Fred sog scharf die Luft ein. Vielleicht erinnerte er sich ja wieder? Doch sein Blick hatte sich weiter verdüstert. Was wäre, wenn er es wüsste und schon ahnte, was Alex jetzt sagen wollte? Und es nicht gut finden würde? Sie bekam auf einmal fürchterliche Angst und sagte flehend:
„Hör zu, es war ja keine Absicht und erinnern kann ich mich auch nicht mehr genau daran. Es ist wohl einfach passiert…“
Weiter kam sie nicht. Fred unterbrach sie zischend:
„Einfach passiert? Wie kann so etwas einfach passieren?“
Ihre Angst vervielfältigte sich.
„Fred! So etwas KANN passieren, wenn man zu viel getrunken hat. Dir ist es doch auch passiert!“
„Mir? Das wüsste ich aber!“
Jetzt war sie vollkommen verwirrt.
„Wovon sprichst du jetzt eigentlich?“
„Nein. Wovon sprichst DU? Du sagst mir gerade, dass du mit einem Typen rum gemacht hast, der dein Lehrer war?! Und jetzt bist du mit mir zusammen und es passt auf einmal nicht mehr? Wenn du was mit Stanford hast, dann sag es doch einfach! Oder hast du immer noch Angst, es könnte mir den Boden unter den Füßen wegreißen? Keine Sorge, das klappt schon!“
Sie war baff. Langsam ahnte sie, was hier vor sich ging. Aber er konnte doch nicht glauben... ohne etwas dagegen tun zu können, musste sie lachen. Es war einfach zu lächerlich!
„Was gibt’s da zu lachen? Alex, ich meine das Ernst!“
Langsam wurde sie sauer. Und sie war verwirrt.
„Woher weißt du, dass ich so geredet habe? Hast du uns belauscht?“
Als er rot anlief, wusste sie es. Zorn loderte in ihr auf und Enttäuschung.
„Wie kannst du nur? Wieso vertraust du mir nicht?“
Aber er war jetzt auch richtig sauer.
„Na, anscheinend hast du dieses Vertrauen ja nicht verdient!“
Sie war den Tränen nahe. Musste das denn sein? Sie machten es wie damals…
„Fred, ich kann verstehen, dass es komisch ausgesehen haben musste. Aber es ist ja nichts geschehen. Hör zu. Ich hatte nie was mit Stanford, er ist für mich ein guter Freund, so wie Jim oder Lee. Nichts weiter. Du glaubst mir das doch, oder?“
Stille breitete sich aus. Fred sah sie schweigend an. Seine Wut begann zu verrauchen, das spürte Alex. Jetzt musste sie es ihm sagen. Jetzt oder nie!
„Fred, was ich dir sagen wollte, ich bin…“
Die Tür wurde aufgerissen und George stand da, mit aufgerissenen Augen.
„Wir müssen sofort los. Du-Weißt-Schon-Wer greift Hogwarts an!“
Fred und Alex warfen sich noch einen Blick zu. Das musste warten. Sie rannten zu dritt die Treppe hinab und eilten ins Wohnzimmer. Dort standen schon alle. Angelina, Molly, Arthur, Charlie und Grandma, mit Jamie auf dem Arm. Der Kleine weinte, als spürte er, dass etwas vor sich ging.
„Woher wisst ihr es?“
Fred sah in die Runde und Molly antwortete.
„Remus hat einen Patronus geschickt.“
Stanford kam ins Zimmer geeilt und sah sich um.
„Gut, wir sind komplett. Ihr wollt alle mitkommen, auch du, Angelina?“
Die junge Mutter nickte entschlossen, auch wenn George ihr besorgte Blicke zuwarf. Dann sah Stanford zu Alex und sie wusste sofort, was kommen würde.
„Sag nichts, Stanford. Ich komme mit.“
Er schüttelte den Kopf.
„Nein, tust du nicht. Das ist zu gefährlich. Ich lasse das nicht zu. Und wenn du es den anderen nicht erzählst, tu ich es.“
Alex wurde wütend, aber bekam auch Angst. Sie musste ihn zum Schweigen bringen.
„Robert, bitte mach das nicht.“
Sie hatte ihn noch nie mit seinem Vornamen angesprochen und er zuckte kurz zusammen. Die Augen der anderen waren wie bei einem Pingpong-Spiel immer zwischen den beiden hin und her gesprungen, jetzt blieben alle auf Stanford ruhen. Selbst Jamie war ruhig. Dann sagte Grandma in die Stille:
„Kind, was ist denn los?“
Alex suchte Freds Blick, der wieder von Verwirrung und Misstrauen sprach und sagte mehr zu ihm als zu allen anderen:
„Ich bin schwanger.“
Der Tumult, der danach anbrach, interessierte Alex nicht. Sie sah nicht, wie Grandma sich erst einmal auf einen Stuhl setzen musste, oder das Molly und Arthur sich anstrahlten. Auch nicht Georges verdutzten Blick zu Angel bekam sie mit. Ihr Blick galt ausschließlich Fred. Und seine Augen verrieten ihr Schlimmes. Er schüttelte ungläubig den Kopf und seine Lippen formten die Worte: Ich habe es gewusst. Dann rief Charlie in die Runde:
„Kommt schon, wir müssen los!“
Das brachte alle dazu, nach draußen zu eilen. Fred blieb noch kurz stehen, wo er war und starrte Alex an, als sei sie eine Fremde. Dann drehte er sich langsam um und ging hinaus.
„Fred!“
Alex wusste nicht, was sie tun sollte. Sie wollte ihm hinterher rufen, dass das Kind von ihm war, aber würde er es verstehen? Oder überhaupt glauben? Dann waren sie verschwunden. Alex spürte die Tränen, die ihr über die Wangen liefen, kaum.
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Rekommis: Kaboooom
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