von Roya
25. Von Trennungen, einem Geburtstag und Fotos
Alex saß alleine in ihrem Zimmer und streichelte ihren Charly. Tränen liefen ihr über die Wangen und sie starrte in die Leere. Der Abschied am Bahnhof von all ihren Freunden war nun schon mehr als ein Jahr her. Es waren wieder Sommerferien. Alex dachte an das vergangene Schuljahr und überlegte sich, wie alles angefangen hatte.
„Hey, Alex.“
„Hi, Martin.“
Sie hatten sich oft in den Ferien getroffen. Es waren schöne Stunden, die sie gemeinsam verbracht hatten. Am Ende der Ferien war sie mit den Weasleys auf der Weltmeisterschaft vom Quidditch gewesen, ein Ereignis, was sie nie vergessen würde. In der Nacht nach dem Finale waren zwei Dinge geschehen, die Alex Herzklopfen bereitet hatten. Einmal sind Todesser und das dunkle Mal aufgetaucht. Und zum anderen hatte sie ihren ersten Kuss bekommen. Von Martin. Seitdem waren sie ein Paar und Alex war glücklich gewesen. Das gesamte sechste Schuljahr war klasse. In Hogwarts fand das Trimagische Turnier statt und Harry und Cedric Diggory wurden Schulchampions. Mit den Zwillingen war auch alles in Ordnung, George und Angel waren immer noch glücklich zusammen und eigentlich hätte alles gut werden können. Dann würde Alex jetzt keine Tränen vergießen. Sie würde glücklich und zufrieden mit ihrem Freund hier sitzen und lachen. Aber alles war anders gekommen, wie es immer anders kommt, wenn man es sich nicht anders wünscht.
Am Ende des Trimagischen Turniers war Harry mit dem toten Cedric am Arm neben dem Labyrinth aufgetaucht. Professor Moody hatte sich als ein Todesser herausgestellt und das Schlimmste für die Zaubererwelt war: Voldemort war zurückgekehrt.
Das Schlimmste für Alex jedoch war: Martin glaubte es nicht. Alex wusste, dass Dumbledore nicht log und sie war fest auf seiner Seite. Doch Martin war der festen Überzeugung, dass ihr Schulleiter langsam den Verstand verlor. Sein Vater war ein hohes Tier im Ministerium und Alex wusste, dass der es seinem Sohn einredete, doch sie war so enttäuscht gewesen. Er hatte sie mit einem verächtlichen Gesichtsausdruck angeguckt und sie knallhart vor die Wahl gestellt: Entweder sie hörte auf, so einen Unsinn zu verbreiten, oder er wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben.
Alex konnte es einfach nicht. Wie konnte sie die Wahrheit verleugnen? Also gab es keinen anderen Ausweg mehr und Martin trennte sich von ihr. Das war jetzt zwei Wochen her, doch Alex war nicht aufzumuntern. Dafür war die Zeit mit Martin so schön gewesen und so schnell zu Ende. Charly miaute und Alex streichelte ihn liebevoll über den Kopf. Draußen schien die Sonne, doch in ihr herrschte tiefe Nacht. Nicht einmal Fred und George konnten sie in dieser Zeit aufmuntern. Sie hatten Martin gut leiden können, auch wenn er aus Ravenclaw kam. Es hätte alles so schön sein können.
„Alexandra!“
Alex zuckte zusammen. Grandma! Dieser Name…
Sie erhob sich schwerfällig und ging langsam die Treppe hinunter.
„Was ist denn los?“
Sie sah sehr blass aus und hatte rote Augen vom Weinen. Doch das war ihr ziemlich egal, alles war ihr im Moment egal. Als sie im Wohnzimmer ankam, zuckte sie leicht zusammen, als sie die Personen erkannt, die dort neben ihrer Grandma auf dem Sofa saßen.
„Remus! Professor!“
Remus und Dumbledore saßen da, mit einem Tässchen dampfendem Tee in den Händen, und sahen sie verwirrt und fragend an. Remus stand auf und umarmte Alex lang.
„Geht’s dir was besser?“
Sie schüttelte den Kopf und wieder traten ihr die Tränen in die Augen. Trotzig wischte sie sie weg und begrüßte ihren Schulleiter.
„Warum seid ihr hier?“
„Wir wollen dich aus deinem Schlupfloch locken und haben uns gedacht, du bist ja fast siebzehn, also kannst du gerne zu uns ins Hauptquartier kommen.“
„Wovon redest du?“
„Vom Orden des Phönix.“
Und dann hörte Alex in fünf Minuten die Kurzversion der Geschichte des Ordens und war schließlich bereit, mit zu kommen. Sie packte schnell ihre Sachen und schnappte sich Charly. Dann kam sie wieder nach unten und verabschiedete sich von ihrer Grandma.
„Hier bist du sicher, schließlich bist du keine Hexe, also wird Voldemort dich auch nicht angreifen.“
Grandma war blasser als sonst, es hatte sie mitgenommen als sie gehört hatte, dass der Mörder ihrer Tochter und ihrs Schwiegersohnes wieder da war. Und dass Alex jetzt in die Vereinigung gegen genau diesen eintreten wollte, beunruhigte sie noch mehr. Doch sie wusste auf, dass ihre Enkelin Ablenkung brauchte von der Trennung ihres Freundes, also nahm sie sie einfach fest in den Arm und verabschiedete sich mit einem Lächeln.
Professor Dumbledore und Remus traten mit Alex heraus auf die Straße hinaus. Die Sonne schien hell und es war sehr warm, Charly miaute in seinem Käfig. Dumbledore drehte sich um, hob seinen Zauberstab und richtete ihn auf das Haus. Ermurmelte ein paar Wörter und ein fast durchsichtiger Schleier legte sich kurz über das Haus, dann verschwand er und alles sah aus wie vorher.
„Warum belegen Sie denn das Haus mit Schutzzaubern?“
„Man kann nie sicher genug sein heutzutage, meine Liebe. So, da du noch keine siebzehn bist, darfst du auch noch nicht apparieren, auch wenn du die Prüfung, wie ich gehört habe, mit Bravour bestanden hast. Also werden wir Seit-an-Seit-Apparieren.“
Alex nickte und hielt sich an Dumbledores ausgestrecktem Arm fest. Das nun folgende Gefühl war sehr seltsam, alles wurde schwarz und drehte sich. Doch kurz darauf wurde alles wieder klar und Alex sah sich um. Sie waren in einem Viertel in London gelandet, wie sie vermutete. Vor ihr erstreckte sich eine Häuserzeile, sie selber standen auf einem Rasenstück gegenüber von Haus Nummer elf. Dumbledore hielt ihr einen Zettel hin und sie las ihn sorgfältig.
Das Hauptquartier des Phönixordens befindet sich am Grimmauldplatz Nummer zwölf, London.
„Was…“
„Behalte die Worte im Sinn.“
Als Alex dies tat, verschob sich vor ihr die Häuserzeile und gab ein weiteres Haus frei: Nummer Zwölf.
Gemeinsam gingen die Drei auf die Tür zu und öffneten sie. Es war stockdunkel, doch als sie drin waren und die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, entzündeten sich Kerzen an den Wänden und Alex konnte sich umsehen. Sie waren in einer großen Halle, von der aus eine große Treppe hinauf führte. Bevor Alex weiter sich umschauen konnte, öffnete sich rechts eine Tür und Molly kam herein.
„Alex!“
sie umarmten sich und Molly schaute sie an.
„Es tut mir so Leid, was passiert ist. Aber glaub mir, das geht vorüber.“
Sie drückte sie ein weiteres Mal und Alex war heilfroh, dass sie nicht weiter auf das Thema einging.
„Komm mit, es gibt gerade Essen.“
Sie folgte ihr und sie gingen durch einen Gang, bis sie in eine große Küche kamen. Am Essenstisch saßen einige Leute: Fred und George, Ron und Hermine, Bill, Mr Weasley, eine Frau mit roten Haaren, die ihr zulächelte und sich dann weiter mit Ginny unterhielt, ein schwarzer Mann, der mit Professor Moody sprach und, wie Alex sofort von den Fotos erkannte, Sirius Black.
Die Zwillinge sprangen auf und umarmten sie stürmisch, dann begrüßte Alex noch die anderen, die sie kannte. Fred fing an zu erklären.
„Also, das dort ist Tonks, eine Aurorin und Metamorphmagus. Kingsley Shacklebot hier arbeitet ebenfalls im Ministerium in der Aurorenzentrale. Professor Moody kennst du ja mehr oder weniger, das da ist meine nervige, kleine Schwester und dahinten, das ist dein Lebensretter.“
Alex nickte bei jedem und ihr Blick blieb auf dem Letzten haften. Sie schritt langsam zu ihm hinüber und setzte sich neben ihn.
„Sie sind Sirius Black?“
„Ja.“
Seine Haare waren gepflegter und kürzer als auf den Fahndungsfotos, aber man erkannte ihn trotzdem.
„Ich danke Ihnen sehr, dass sie mich gerettet haben vor einem Jahr.“
„Kein Problem.“
Er lächelte und schon sah man ihm seinen langen Askabanaufenthalt nicht mehr an. Dann gab es Essen und Tonks zeigte ihnen ihre Verwandlungen wie die Schweinenase und den Entenschnabel. Zum ersten Mal seit zwei Wochen lachte Alex wieder und die Zwillinge schauten sich grinsend an. Es war ihr Vorschlag gewesen, Alex hierher zu holen, da sie wussten, dass sie Ablenkung brauchte.
Nach dem Essen verschwanden die Drei nach oben und Alex freute sich wahnsinnig zu hören, dass sie bei den Jungs schlafen konnte. Sie setzten sich zusammen auf ein Bett und die Zwillinge erklärten ihr ihre neuen Erfindungen.
„Endlich haben wir genug Kapital, um unseren eigenen Laden aufzumachen.“
Sie schwärmten so sehr und Alex empfand eine Menge Dank an Harry, von dem sie das Geld hatten. Spät in der Nacht erst schliefen die Drei ein. Es war die erste Nacht, in der Alex nicht von Albträumen verfolgt wurde.
Die nächsten Wochen vergingen rasend schnell und dann war der Vorabend zu Alex’ Geburtstag gekommen, dem 20. Juli. Sie hatte niemandem davon erzählt, aber sie wusste, dass die Zwillinge ganz genau wussten, wann sie Geburtstag hatte. Doch sie hatten bisher kein Wort gesagt und so ging Alex mit gemischten Gefühlen an diesem Tag ins Bett.
Müde und verschlafen richtete sich Alex am nächsten Tag auf und gähnte ausgiebig. Dann sah sie sich um und entdeckte, dass die Zwillinge schon wach waren. Das Mädchen zog sich an und betrachtete sich im Spiegel.
„Hey, ich bin volljährig!“
Sie grinste leicht und ließ eine Haarbürste zu ihr schweben. Danach ging sie gut gelaunt die Treppe hinunter und wunderte sich, dass niemand ihr begegnete. So spät war sie doch auch nicht aufgestanden.
Sie öffnete mit einem weiteren Gähnen die Tür und blieb geschockt stehen.
„HAPPY BIRTHDAY!“
Die Weasleys, Remus, Sirius, Tonks und Hermine standen da und lachten laut über Alex’ Gesicht. Hinter ihnen hatte jemand, bestimmt war es Molly gewesen, ein Banner aufgehängt, auf dem noch einmal „Happy birthday, Alex“ draufstand.
Jetzt strahlte auch Alex, als sie von allen Anwesenden umarmte wurde und sich schließlich mit allen an den Tisch setzte.
„Wow.“
Mehr konnte sie nicht sagen. Und das musste sie auch nicht, denn alle Anwesenden nickten und lachten weiter.
Das Essen war lustig und sorglos, Alex konnte sich endlich wieder richtig amüsieren. Dann redeten die Erwachsenen von dem Plan, Harry abzuholen. Alex sah Remus und Tonks interessiert an.
„Darf ich mitkommen? Ich wollte schon immer mal sehen, wo Harry wohnt. Und außerdem interessiert es mich total, wie ihr Auroren arbeitet. Ich möchte nach der Schule auch Aurorin werden.“
„Das ist viel zu gefährlich, Alex.“
Molly blickte warnend zu Remus, doch dieser sagte mit ernster, sanfter Stimme.
„Das kannst du ihr nicht mehr verbieten, Molly, sie ist jetzt volljährig.“
An Alex gewandt, die ihn immer noch bittend ansah, sagte er dann in der gleichen Tonlage:
„Und dir muss klar sein, dass es kein Kinderspiel sein wird.“
Alex nickte freudig. Sie wusste, dass jetzt eine Diskussion entbrennen würde, wenn sie es nicht verhinderte, also drehte sie sich zu den Zwillingen um, die, wie erwartet, schon protestierend den Mund öffneten, da sie ebenfalls etwas für den Orden machen wollten und sagte laut zu ihnen:
„Na kommt schon, ich hab noch ein paar Geschenke zu öffnen. Ihr könnt mir dabei helfen. Außerdem will ich wissen, was ihr dieses Mal für mich habt. Schon wieder einen Stammbaum?“
Mit diesen überrumpelnden, aber gebieterischen Worten zog Alex die beiden Jungs Richtung Tür.
„Aber…“
„Wir wollen…“
„…doch auch…“
„Kommt schon, hört auf herum zu stammeln, ihr hört euch an wie Neville Longbottom, wenn er Snape eine Frage beantworten soll.“
Das brachte die Jungs wieder zum Grinsen und gemeinsam machten sie sich oben über die Geschenke her.
Von Molly hatte sie einen gestrickten Overall bekommen, von Ginny und Hermine einen Haufen Süßigkeiten, von Remus wie immer einige neue, interessant klingende Bücher, von ihrer Grandma zwei neue T-Shirts (zum Glück hatte sie Ahnung von der heutigen Mode) und von Professor Dumbledore, der ihr immer etwas schickte seitdem sie ihre Verwandtschaft herausgefunden hatten, ein weiteres Buch (von Remus über Animagi, denn Alex hatte schon seit Jahren vor, das zu machen und war mit großem Eifer dabei und von Dumbledore über allerlei interessante magische Wesen und nützliche Zaubersprüche).
Neugierig sah sie auf das letzte Geschenk herab. Ein Zettel war dran geklebt: Von deinen Idioten.
Alex musste grinsen und hob das Paket auf. Es war quadratisch und Alex hatte den irrsinnigen Verdacht, die Jungs würden ihr ein Buch schenken. Die Zwillinge und Bücher? Eher nicht. Die beiden grinsten nur vor sich hin.
Also machte Alex das Paket auf und heraus fiel in ihren Schoß tatsächlich so etwas wie ein Buch. Es war ein Fotoalbum. Alex schlug es auf und ihr entgegen lachten und winkten sie selber, Fred und George. Das war im Sommer letzten Jahres gewesen. Eigentlich hätte Martin auch drauf sein müssen, aber Alex konnte links am Rand noch das Stück von einem Ärmel sehen, er war also abgehauen. Die nächsten Seiten waren voll mit Fotos. Von ihr, den Zwillingen, den anderen Weasleys. Als Alex bei den letzten Seiten angekommen war, stockte ihr der Atem: Auf jeder Seite war das Bild eines ihrer Freunde oder Verwandten und darunter stand eine persönliche Widmung von jedem von ihnen. Das erste Bild war von ihrer Grandma. Bei ihr stand: „Liebste Alex, bleib so wie du bist und lass dich niemals unterkriegen. Du bist genauso klug wie deine Mutter und so mutig wie dein Vater. Du wirst deinen Weg schon gehen, da bin ich mir vollkommen sicher. Deine Grandma.“
Alex hatte ein paar Tränen in den Augen, aber sie schämte sich vor den Jungs nicht dafür. Sie blätterte weiter. Da waren Bilder von Ginny („Du bist eine super Freundin!“), über Hermine und Ron („Du bist voll in Ordnung!“), bis zu Professor Dumbledore und Remus. Am Ende kamen sogar Bilder von Angelina und Alicia, sogar Lee hatte sich ablichten lassen. Aber das Beste kommt ja bekanntlich zum Schluss. Dort war ein großes Foto von Fred und George, die um die Wette grinsten. Sie schrieben: „Hey Al, du bist die beste Freundin, die man sich vorstellen kann! Du gehörst mindestens zu uns wie unsere Streiche und du weißt was das heißt! Wir werden immer Freunde bleiben, egal was kommt. Und weil du es bist, werden wir dich als Ehrenmitglied in unserem Scherzartikelladenregister aufnehmen (du bekommst alles umsonst). Wir lieben dich! Fred und George!“
Alex lächelte zutiefst gerührt und umarmte die beiden Jungs.
„Danke. Aber was heißt hier Ehrenmitglied? Erst mal braucht ihr einen Laden, dann werde ich eure Topmanagerin, damit ihr nicht alles Geld direkt wieder vor die Hunde werft.“
„Nichts da.“
„Das schaffen wir.“
„Wir sind ja nicht doof.“
„Oder so wie Percy.“
Sie grinsten und ließen noch eine Weile ihren Frust über Percy raus, dann verschwand Alex, um sich bei den anderen zu bedanken.
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