von Roya
24. Ein Schuljahr geht zu Ende
Die Prüfungen kamen immer näher und Alex ging es schnell wieder besser, nachdem sie sich mit den Jungs ausgesprochen hatte. Da sie noch eine weitere Woche im Krankenflügel verbringen musste, wurde sie tagtäglich von den Zwillingen besucht, meistens in Begleitung mit Angelina, Alicia oder Lee. Zusammen lernten sie und Alex brachte ihnen alles bei, was sie verpasst hatten durch sie, da sie schon alles konnte. Ein Vorteil musste die letzte Zeit je gehabt haben.
Auch wenn die Jungs nicht da waren, weil sie Unterricht hatten, hatte Alex Gesellschaft, denn ein Tag, nachdem sie wieder wach war, wurde das Bett neben ihr belegt. Ein Junge wurde mit einigen Knochbrüchen eingeliefert. Da er am schlafen war, konnte Alex ihn genau betrachten. Er war etwa in ihrem Alter, hatte kurze, braune Haare und war relativ dünn. Als er endlich aufwachte, begrüßte sie ihn freundlich.
„Willkommen in der Höhle des Löwen.“
Er grinste, denn Madam Pomfrey war gut bekannt in der Schule und nicht gerade als sanftes Lamm.
„Wie heißt du?“
„Martin. Und du?“
„Alex.“
„Ach.“
„Wie ach?“
„Von dir hab ich schon gehört.“
„Ach ja?“
„Bist du das Mädchen, was Mandy eine geklatscht hat?“
Alex wurde rot, aber Martin lachte.
„Ich mag sie auch nicht.“
Jetzt grinste Alex und die beiden fingen an zu plaudern. Martin kam aus Ravenclaw und ging in die sechste Klasse. Sie verstanden sich auf Anhieb gut und so verging die Zeit ohne die Zwillinge wie im Flug. Diese kamen vor dem Mittagessen hereingestürmt.
„Hey, Al, weißt du schon das Neuste?“
„McGonagall hat einen besonders guten Tag und ist freundlich?“
Sie lachten. Aber dann wurden die Jungs wieder ernst.
„Lupin hat Harry die Karte weggenommen, als dieser Idiot mitten in der Nacht durch die Schule gelatscht ist.“
Alex verdrehte die Augen. Typisch Jungs.
„Und wer ist dein Nachbar?“
Fred schaute zu Martin, der am Lesen war und jetzt aufschaute.
„Das ist Martin. Er ist in der Sechsten, aus Ravenclaw.“
Die Zwillinge nickten ihm zu und er grüßte zurück.
„Wo hast du all die Knochenbrüche her?“
„Blöde Geschichte. Ich hab mit einem Kumpel gewettet, dass ich es schaffe, zur großen Uhr in der Eingangshalle zu klettern und dort ein Schild aufzuhängen, auf dem nette Sachen über Filch standen. Na ja, das ging etwas schief.“
Er grinste und die Zwillinge lachten. Alex kannte die Geschichte schon, aber dennoch brachte sie sie noch zum Schmunzeln. Nach einigen Minuten mussten die Jungs wieder gehen, es gab schließlich Essen.
„Das waren die Weasley Zwillinge, nicht wahr?“
„Oh, sorry, hab vergessen sie vorzustellen.“
„Kein Problem, die erkennt man meistens ganz gut und außerdem sind sie ja schulbekannt.“
Sie lächelten.
„Ich lebe wieder!“
Alex rief diese Worte lachend, als sie endlich aus dem Krankenflügel entlassen wurde. Martin blickte ihr traurig hinterher, er musste noch zwei Tage bleiben. Aber da Alex ihm versprochen hatte, ihn zu besuchen, fand er es gar nicht mal so schlimm. Alex verließ den Krankenflügel einen Tag vor dem großen Quidditch Finale Gryffindor gegen Slytherin. In der gesamten Schule herrschte schon eine Anspannung, die sich mit keiner vergleichen ließ, wenn Prüfungen bevorstanden. Alex hatte den Jungs nicht gesagt, dass sie an diesem Tag wieder zurück kam und daher ging sie allein in den Turm.
„Hey, Alex!“
Ginny sprang auf und lief ihr entgegen. Sie umarmten sich und erzählten sich die neusten Neuigkeiten. Die Zwillinge seien beim Quidditchtraining, daher verabschiedete sich Alex und verschwand kurz hoch in den Schlafsaal, um sich um zu ziehen. Sie suchte sich frische Klamotten raus und ging erst einmal warm duschen. Das war herrlich! Danach zog sie sich an und stand gerade mit dem Rücken zur Tür, als sie leise Schritte hörte. Intuitiv kam ihr ein Zauber in den Sinn und sie konzentrierte sich. In dem Moment, in dem eine leise Stimme hinter ihr etwas flüsterte, sprach sie in Gedanken den Zauber aus und hinter ihr erhob sich eine schützende Wand, der den ankommenden Zauber zurückschleuderte. Blitzschnell drehte sich Alex um und sah gerade noch, wie ihre allerliebste Feindin einem roten Blitz auswich, der gegen die Wand prallte und ein Loch herein riss. Kleine Brocken fielen auf Mandy herab, die sie hasserfüllt anstarrte.
„Wie…?“
„Tja, Mandylein. Jetzt, da Fred dich endlich los ist und du wieder als die Schlampe da stehst, die du bist, brauch ich mich ja nicht mehr zurück halten.“
„Wie kannst du es wagen?“
„Gegenfrage: Wie kannst DU es wagen? Was fällt dir eigentlich ein, mich hinterrücks anzugreifen? Du kleines, mieses Stück Sch…“
„Ach, lass sie doch, Al.“
„Die hat hier eh nichts mehr zu sagen.“
Angelina und Alicia kamen in den Schlafsaal, mit Dreck überzogen. Das Training schien zu Ende zu sein.
„Hey, ihr zwei.“
„Wie geht’s dir?“
Sie umarmte vorsichtig die beiden Mädels, die vor Dreck nur so starrten. Mandy war wütend abgerauscht. Sie grinsten sich an und die beiden Jägerinnen gingen duschen.
Das Finale war absolute Spitzenklasse. Harry schnappte mit seinem Feuerblitz den Schnatz vor Malfoys Nase weg und das Stadion war am Toben. Endlich hatten sie einmal wieder den Pokal gewonnen, nach so vielen Jahren, in denen stets Slytherin oben war. Die Party danach war erste Sahne, Alex, Fred und George verschwanden für eine Stunde und kamen mit Butterbier aus dem Honigtopf wieder. Alex liebte diesen Geheimgang, auch wenn sie ihn noch nicht allzu oft benutzt hatte.
Bald standen die Prüfungen bevor, aber Alex hatte es aufgegeben, nur noch zu lernen. Das hatte auch keinen Sinn. Sie saß lieber mit ihren alten neuen Freunden zusammen im Kreis und lachte. Sie hatte auch Martin oft besucht und nachdem er endlich entlassen war, trafen sie sich oft in der Bibliothek und lernten zusammen, da er auch viel verpasst hatte.
Am Tag der ersten Prüfung (Zaubertränke) saßen alle Fünftklässler in der Großen Halle, in der nicht mehr die vier Haustische standen, sondern im gleichen Abstand Tische und Stühle verteilt waren. Und schon ging es los. Jeder Schüler bekam einen riesigen, mehrseitigen Fragenbogen und Alex fing an zu schreiben.
1. Frage: Beschreiben Sie die Wirkung vom Vielsafttrank.
2. Frage: Welche Zutaten benötigen Sie für diesen Trank und welche besondere Zutat?
Und so ging es weiter.
Am Nachmittag folgten die praktischen Prüfungen und so verliefen die nächsten vier Tage sehr ruhig im Schloss. Bei allen Prüfungen hatte Alex ein gutes Gefühl, aber so wichtig war es ihr nicht mehr. Die Zwillinge schafften alles mit hängen und würgen, aber sie schafften es. Freitagnachmittag war endlich alles vorbei und die Schüler hatten noch eine ganze Woche Zeit, sich auszuruhen.
Eigentlich hätte jetzt alles in Ordnung sein können. Aber wie gesagt: Eigentlich.
Alex saß gerade mit den Zwillingen, Lee und den beiden Mädels im Gemeinschaftsraum und spielte Snape explodiert, als ein kleiner Zweitklässler in den Raum gestürmt kam.
„Sie haben ihn!“
Alle schauten ihn an und er verstummte, da plötzlich aller Augenmerk auf ihn gerichtet war.
„Sie haben Sirius Black gefangen!“
Und ein Tumult brach los. Alle Schüler sprangen auf und rannten umher. Alex sah die Zwillinge an und die beiden zuckten mit den Achseln.
„Wird auch Zeit. Da wird sich Dad freuen, er war die ganze Zeit so angespannt wegen diesem Black.“
Aber Alex wurde nachdenklich. Sie hatte eine Weile lang nicht mehr daran gedacht, aber seit ihrem Zusammenbruch waren nun schon einige Wochen vergangen und ihr waren immer mehr Dinge aus dieser Nacht in Erinnerung gekommen. So auch eine Begebenheit, die sie nicht locker ließ. Als sie auf dem Boden der Eulerei lag, war sie kurz aufgewacht und hatte einen Mann neben ihr hocken gesehen, der versuchte, etwas auf ein Stück Pergament zu schreiben. Dann erinnerte sie sich noch an den großen, schwarzen Hund und sie Aussage der Zwillinge, der Hund wäre auf der Karte als Sirius Black bezeichnet worden. Vielleicht war das ja gar kein normaler Hund, sondern ein…
„Al?“
„Hmm?“
Sie schreckte hoch und sah in das Gesicht von Fred, der direkt vor ihr hockte.
„Ich hab dich was gefragt.“
„Tut mir Leid, ich war leicht abwesend. Was ist denn?“
„Wie gesagt, ich weiß es ist unpassend, aber wir haben heute Post von Dad bekommen und wollten dich noch was fragen.“
„Klar, was denn?“
George ließ sich neben sie fallen und sah sie grinsend an.
„Hast du Lust, mit uns in den Ferien zum Finale der Quidditch Weltmeisterschaft zu gehen? Dad hat Karten.“
Alex sah die beiden ungläubig an. Dann breitete sich ein freudiges Lächeln auf ihrem Gesicht aus.
„Natürlich! Was für eine Frage!“
Am späteren Abend wurden die Gerüchte immer verrückter, doch eines stand im Endeffekt ganz klar fest: Sirius Black war wieder geflohen, auch wenn sich keiner erklären konnte, wie. Ein paar Zweitklässler waren hundertprozentig davon überzeugt, dass ein riesiger Drache Black aus dem Turm befreit hatte und er auf ihm wild lachend verschwunden war.
Alex war immer noch etwas mulmig zumute und mit diesem Gefühl ging sie schlafen.
Am nächsten Morgen stand sie spät auf, sie hatte schlecht geschlafen. In der Großen Halle war es lauter als gewöhnlich, es summte wie in einem Bienenstock. Alex setzte sich verschlafen auf einen leeren Platz und schaute sich um. Weder die Zwillinge, noch Lee oder die Mädels waren da, nur Ginny saß allein ein paar Stühle weg. Sie erhob sich wieder und setzte sich neben sie.
„Morgen.“
„Hey.“
Irgendwie verhielt sie sich komisch, aber Alex war zu müde, um nachzuhaken. Nach dem Frühstück, das aus einem Ei und einem belegten Brötchen bestand, stand sie auf und ging Richtung Ausgang. In diesem Moment kamen drei Slytherins vorbei und sie schnappte ihr Gespräch auf. Mitten im Gang erstarrte sie.
„Habt ihr auch schon gehört? Dieser Lupin ist ein Werwolf. Hat Snape heute den Drittklässlern erzählt. Hab es direkt meiner Mum geschrieben die wird dafür sorgen, dass dieses Vieh rausgeschmissen wird.“
Die anderen beiden lachten hämisch und Alex wurde stinkwütend. Sie formulierte in Gedanken einige Zauber und richtete sie gegen die Drei. Der erste stolperte plötzlich über seine Schnürbänder, die sich verknoteten, der zweite lief rot und blau an und schwoll an sämtlichen Körperteilen auf die doppelte Größe an und dem Sprechenden erging es am Schlechtesten. Bei ihm wuchsen auf einmal an sämtlichen Stellen seltsame Auswüchse, die aufplatzten und eine grünliche Flüssigkeit verspritzten, die Ekel erregend roch.
Sich ein fieses Grinsen verkneifend ging Alex aus der Halle und die Drei bekamen niemals heraus, wer sie da warum verhext hatte.
Alex ging auf dem ersten Weg zu Remus’ Büro und klopfte laut. Sie hörte ein Stöhnen und öffnete leise die Tür. Was sie sah, erschreckte und berührte sie zutiefst. Remus lag auf dem Boden, zusammengekauert, sein Umhang zerfetzt. Er hatte einige Wunden, die vor einiger Zeit noch geblutet haben mussten. Alex lief mit Herzklopfen zu ihm hin und kauerte sich neben ihn.
„Remus?“
Sie flüsterte, aber ihr Freund hörte sie und richtete sich auf. Er sah hundemüde aus und hatte schwarze Ringe unter den Augen.
„Al… Alex.“
Er lächelte und setzte sich ganz auf. Er blickte sich etwas verwirrt um, dann sah er auf die Uhr, die an der Wand hing, erschrak und wollte aufspringen. Was ihm misslang, da seine Beine wieder zusammenknickten. Alex half ihm blitzschnell und er stand mit wackligen Beinen da.
„Was ist denn los?“
„Ich muss sofort zu Dumbledore. Sirius ist unschuldig, wo ist er?“
Alex verstand.
„Hör zu. Sirius Black wurde gefangen genommen und im Turm eingesperrt.“
Remus stöhnte hilflos auf.
„Aber er konnte entfliehen, keiner weiß, wie.“
„Wirklich?“
Remus strahlte. Dann nahm er Alex’ Hand und zog sie hinter sich her.
Sie hasteten über den Flur in Richtung Dumbledores Büro. Ein paar Schüler kamen ihnen entgegen, aber sie wichen den beiden entsetzt aus.
„Was..?“
Alex schaute betreten zu Boden.
„Professor Snape hat anscheinend herumgehen lassen, dass du ein Werwolf bist.“
Remus schluckte kurz, dann nickte er.
„Typisch Severus.“
Alex nickte auch, dann waren sie bei dem Gargoyle angekommen.
„Lemon Tree.“
Er erwachte zum Leben und die beiden gingen die Wendeltreppe hoch. Remus klopfte und sie hörten Dumbledores Stimme.
„Herein.“
Die beiden gingen hinein und blieben wie angewurzelt stehen. Der Schulleiter war nicht allein, dort saßen auch noch der Henker McNair und der Minister, Cornelius Fudge.
„Ah. Remus. Wie geht es dir?“
„Besser, danke.“
Es folgte eine Stille, in der sich alle Anwesenden musterten und Dumbledore wie immer in die Runde lächelte und sich anscheinend am Amüsieren war. Dann sagte er leise, aber bestimmt:
„Minister, wie wäre es, wenn sie schon einmal vorgehen, ich komme sofort nach, ich muss noch kurz etwas mit meinem Lehrer und einer Schülerin besprechen.“
Fudge nickte unwirsch und verschwand mit dem Henker die Treppe hinab.
„Setzt euch.“
„Albus, was ist passiert?“
Und in den nächsten zehn Minuten erfuhren Alex und Remus alles, was in der letzten Nacht geschehen war. Sirius’ Angriff auf Peter Pettigrew, das Geständnis von diesem, das sich Remus verwandelt hatte, als sie auf dem Rückweg waren und das Snape sie im Endeffekt „gerettet“ hatte. Auch wenn es eigentlich Harry war. Dumbledore erzählte ihnen von der Reise in die Vergangenheit und der Rettung Seidenschnabels und Sirius Flucht. Alex hörte sich alles schweigend an, bis Dumbledore sich an sie wandte.
„Ich soll dir einen schönen Gruß bestellen.“
„Mir?“
„Ja. Sirius hat erzählt, dass er dich, als du Fieber hattest, in die Eulerei gebracht hatte und einen Brief an die Gryffindor geschrieben hat, damit sie dich finden.“
„Also war er es doch! Das heißt dann, er ist ein Animagus?“
Dumbledore und Remus tauschten schnelle Blicke.
„Ja, so ist es.“
Beruhigt konnte Alex also die restlichen Tage genießen. Jetzt wusste sie, dass ihr Verdacht stimmte. Aber es war ja nicht mehr schlimm, Sirius Black war ja unschuldig!
Warum müssen die schönen Tage immer so schnell vorbei gehen? Bevor man es sich versah, ist die wenige Zeit, die man mit seinen Freunden verbringen kann, vorbei und alles, was man bis dahin nicht geschafft hatte, musste warten. Denn schließlich würden sie sich alle in zwei Monaten wieder sehen.
Trotzdem war Alex etwas traurig. In diesem Jahr war so viel geschehen und erst in der letzten Zeit war alles wieder in Ordnung gewesen. Doch sie wusste, dass so etwas nicht mehr passieren würde.
So verabschiedete sie sich am Bahnhof in King’s Cross von Angelina, Alicia, Lee, Martin (mit dem sie sich auf jeden Fall in den Ferien treffen würde), Harry, Hermine, Oliver Wood, der ja jetzt sein letztes Jahr hinter sich hatte, und natürlich von den Weasleys. Sie umarmte Ginny, schüttelte die Hände mit Ron und Percy und dann umarmte sie die Zwillinge.
„Wir sehen uns. Sehr bald.“
„Wir kommen einfach mal vorbei.“
„Oder du bei uns.“
„Klar, machen wir.“
Als Fred sie umarmte, flüsterte er ihr ins Ohr:
„Lass uns nie wieder so etwas zwischen uns kommen, Al.“
„Nein. Nie wieder.“
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