Pet Project - Sommerbeginn am Grimmauld Platz
von Xaveria
Sommerbeginn am Grimmauldplatz
Nach dem Gespräch mit Professor Snape machte sich Hermine auf den Weg in den verwahrlosten Garten vom Grimmauldplatz. Sie war nicht überrascht, Ron ebenfalls dort anzutreffen. Er saß auf einer verschnörkelten Marmorbank und beobachtete Harry dabei, wie dieser wie ein eingepferchtes Tier einen Pfad durch ein vom Unkraut übersätes Beet, freilief. Sein Gesicht war noch immer in eine wütende, knurrende Grimasse verzogen.
Harry hielt seinen Zauberstab fest umklammert und alle paar Schritte sprühten violette Funken hervor. Leise zischend fielen sie zu Boden.
Als sie sich neben Ron auf die Bank setzte, stieß sie ihn leicht mit ihrer Schulter an. Genauso leicht stieß er zurück. Und mit diesen beiden einfachen Berührungen war zwischen ihnen wieder alles in Ordnung. Während sich Hermine gegen seine starke Schulter lehnte, betrachtete sie den noch immer wütenden Harry. Soll ich fragen und damit wohlmöglich einen weiteren Wutanfall riskieren? Oder soll ich einfach nur hier sitzen bleiben und abwarten?
Nachdem Harry noch mehr Unkraut zertrampelt hatte, schlug sie in Gedanken ihre Hände über den Kopf zusammen. Was soll's? Ich frag' einfach.
Mit ihrem Blick fest auf Harry fixiert, flüsterte Hermine Ron etwas in sein Ohr und fragte, ob Professor McGonagall hier draußen gewesen war, um mit Harry zu reden.
Ron zuckte nur mit den Schultern. „McGonagall war hier draußen gewesen." Ron zögerte einen Moment, da er offenbar nach den richtigen Worten suchte, um die Begegnung zwischen ihrem Freund und ihrer Hauslehrerin treffend zu beschreiben. „Also, sie hat nicht direkt geschrien. Mum schreit, von daher weiß ich, wie sich das anhört. Sie hat eher die ‚Ich bin enttäuscht von Ihnen, Mr. Potter' – Masche abgezogen."
Hermine betrachtete noch immer den wild herumstampfenden Harry. „Ich nehme mal an, es ist nicht besonders gut gelaufen?"
Ron schnaubte. „Wie ein Klatscher gegen den Kopf."
Sie verstummten beide, bevor Ron erneut sprach, diesmal jedoch mit leicht verunsicherter Stimme. „Du hast gesagt die Schülersprecher dürfen nicht mehr aus demselben Haus gewählt werden, richtig?"
„Richtig."
Ron zögerte noch mehr und er senkte seinen Blick, bevor er fortfuhr: „Bist du keine Schülersprecherin geworden, weil ich jetzt Schülersprecher bin?"
Hermine wirbelte auf ihrem Platz herum, um einen rotangelaufenen Ron zu erblicken. „Natürlich nicht! Wage ja nicht so etwas überhaupt zu denken. Ich habe die Position nicht bekommen, weil ich nicht die Richtige dafür bin. Es war viel mehr-"
Harry, der durchaus zugehört hatte, suchte sich diesen Moment aus, um in ihre Unterhaltung zu platzen. „Wie kann dieser Mistkerl nur damit durchkommen? Wie kann McGonagall es einfach so hinnehmen?", schrie Harry und schwang seinen Zauberstab wie ein Schwert, violette Funken begannen, wie wütende Glühwürmchen um ihn herumzufliegen.
„Harry-"
Hermine wurde erneut unterbrochen, als Harry zu ihnen herumwirbelte. „Nein, Hermine. Du stellst dich immer auf ihre Seite. Wie kannst du nur zulassen, dass sie dir das antun? Es ist nicht fair!"
„Im Grunde, Harry, ist es mehr als fair."
Ihre Worte schockten Harry so sehr, dass er verstummte. Verwirrt starrte er sie an, bevor er wieder seine Stimme fand. „Wie kann das fair sein?", verlangte er zu wissen. „Seit der ersten Abschlussprüfung gehörte dir das Schülersprecherinnenabzeiche n und dieser Mistkerl hat es dir weggenommen."
„Hörst du dir eigentlich selber zu? So viel Macht hat Professor Snape nicht. Alle Hauslehrer stimmen ab und Professor Snape ist nur eine Stimme. Eine, Harry."
„Er-"
„Er hat was?", fragte sie aufgebracht, ihre eigene Frustration mit dieser ganzen Situation und Harry blutete in ihre Stimme, verliehen ihren Worten einen schärferen Klang als beabsichtigt. „Lass mich raten, er hat jeden mit dem Imperius belegt und sie dazu gezwungen gegen mich zu stimmen." Sie machte sich noch nicht einmal die Mühe ihr Augenrollen oder ihr hämisches Schnauben zu verstecken. „Mach dich nicht lächerlich, Harry."
Die Wut schien von ihrem Freund abzufallen. Geschlagen ließ er seine Schultern hängen und die letzten Funken taumelten aus seinem Zauberstab. „Macht es dir denn gar nichts aus?"
„Natürlich macht es mir was aus", schnappte sie. Dann hielt sie inne und atmete einmal tief durch. Hermine lächelte Harry schief und irgendwie entschuldigend zu. „Natürlich macht es mir was aus", wiederholte sie diesmal ruhiger und weniger angespannt. „Seit ich das erste Mal Die Geschichte von Hogwarts gelesen habe, habe ich darüber nachgedacht, geplant, wie es sein würde Schülersprecherin zu sein. Ich bin enttäuscht, Harry."
Und um ihre Worte zu untermauern, schafften es ein paar frustrierte Tränen aus ihrer Kontrolle auszubrechen. Sie wischte sie jedoch schnell mit ihrem Handrücken weg. „Und auch wenn du es nicht hören willst und Gott alleine weiß, dass du es nicht mehr von mir hören kannst, aber Professor Snape ist nicht der Feind. Und er hat recht, in diesem Kampf geht es nicht nur um dich und es dreht sich sicherlich nicht alles um mich oder ob Hermine Granger Schülersprecherin geworden ist oder nicht."
Hermine drehte sich zu Ron um und stieß ihn leicht mit ihrer Schulter an. „Ron wird ein großartiger Schülersprecher sein. Er bringt viele Eigenschaften mit, die in dieser Position gebraucht werden. Eigenschaften, die ich nicht habe, um eine gute Schülersprecherin zu sein." Sie lächelte Ron flüchtig zu. „Oder zumindest würde er großartige Eigenschaften mitbringen, wenn er endlich mal anfängt, zu lernen Verantwortung zu übernehmen und Punkte abzuziehen."
„Hey! Ich habe sehr wohl als Vertrauensschüler Punkte abgezogen", ereiferte sich Ron empört.
„Ron, als du in unserem fünften Jahr zum Vertrauensschüler gewählt worden bist, hast du von niemandem auch nur einen Punkt abgezogen. Du wusstest noch nicht einmal, dass du es konntest."
Ron warf ihr einen finsteren Blick zu, wenn auch keine echte Wut dahinter steckte. „Ich habe es vergessen, okay? Das Jahr war ziemlich stressig gewesen."
„Uh, huh", stimmte sie ihm zu, obwohl es sich eher danach anhörte, als ob eine Zustimmung das Letzte sei, was sie gemeint hatte.
Sie wandte sich zurück an Harry, der sich bei ihrem vertrauten Gezanke wieder beruhigt hatte. „Hast du Ron überhaupt schon zu seiner neuen Position gratuliert?"
Als Harry seine Augen aufriss und seinen Freund einem geplagten Blick zuwarf, lachte Ron. „Mach dir keinen Kopf, Mann. Ich weiß, du freust dich für mich."
Etwas von dem alten Harry schien die Oberfläche zu durchbrechen, als er sich unbekümmert auf den dreckigen Boden setzte. „Ich bin ein verdammter Idiot, nicht wahr?"
„Ich würde sagen, das beschreibt es ziemlich passend", stimmte Ron ihm breit grinsend zu.
Während Ron und Harry weiter darin abdrifteten sich auszumalen, wie idiotisch Harrys Verhalten gewesen war, saß Hermine schweigend da, ihre Unterlippe gefangen zwischen ihren Zähnen, als sie versuchte sich davon zu überzeugen, dass alles wieder beim Alten war.
Aber wie sehr sie sich auch bemühte, sie konnte einfach nicht das Gefühl eines Fehlers, welcher sich über sie ausgebreitet hatte, abschütteln. Im Grunde hatte sich dieser Fehler wie Blei in ihren Magen festgesetzt. Die letzten Jahre über war Harry emotionaler und sprunghafter geworden und sie räumte ihm dieses Recht ein, besonders nach seinem Verlust von Sirius und der Tatsache, dass er es sein würde, der sich Voldemort stellen musste. Aber was sie jetzt sah, war etwas vollkommen anderes. Harry schwankte zu stark zwischen dem Jungen, den sie kannte und dem, der komplett seine Kontrolle verlor. Wenn sie ihn so sah, musste sie mit einem innerlichen Schmerz Professor Snapes Beurteilung zustimmen. Harry wandelte gefährlich am Rande seiner Kontrolle und in seinen momentanen Zustand wäre es für Voldemort ein Leichtes ihn zu zerstören.
Ein Teil in ihr drängte sie dazu zu handeln; etwas zu Harry zu sagen, Antworten von ihm zu verlangen. Ein anderer Teil in ihr erkannte, dass jetzt nicht unbedingt der beste Zeitpunkt dafür war. In all dem Durcheinander konnte sie schon praktisch Professor Snapes Stimme hören: Denken, Mädchen. Halten Sie Ihren Mund, ihre Hände unten und DENKEN Sie. Als sie auf der zerbrochenen Bank im Garten der Familie Black saß, entschied sie genau das zu tun.
+++
In den folgenden Tagen beobachtete und hörte Hermine zu. Sie widerstand auch dem Drang, zu ihren Büchern zu rennen und das Thema Behandlungen bei Gefühlsschwankungen nachzuschlagen. Was sie in diesen ruhigen Tagen lernte, überraschte sie. Sie hatte immer angenommen sie würde ihre Freunde kennen. Sie war ziemlich perplex gewesen herauszufinden, wie falsch sie doch in ihrer arroganten Annahme ‚Hermine weiß es am besten' gelegen hatte.
Hermine erkannte, dass sie absolut gar nichts wusste.
Die freche und fröhliche Ginny wurde ruhiger und zog sich immer weiter zurück, dass es schon an Depression grenzte. Harry hielt das junge Mädchen noch immer auf Abstand, eine Behandlung, die Ginny isolierte, da sie sich auch von Ron und Hermine fernhalten musste, um Harry aus dem Weg zu gehen.
Mit Arthur den ganzen Tag im Ministerium, um auch die kleinsten Neuigkeiten mitzubekommen und Molly, die sich um einen emotional aufgewühlten Harry kümmerte und sich, als die Mutterhenne der Ordensmitglieder aufspielte, wurde Ginny mehr oder wenige sich selbst überlassen. Selbst die sporadischen Besuche der Zwillinge konnte die Jüngste der Weasleys nicht aus ihrer Abgeschiedenheit herausholen. Und da sich alle im Moment auf die bevorstehende Konfrontation mit Voldemort konzentrierten, bemerkte niemand, dass Ginny mehr schlief und sich weniger am Leben im Haus beteiligte.
Ron, entdeckte sie, war sich vieler Dinge bewusster als sie vorher angenommen hatte – eine Erkenntnis, die sie mit vollem Schamgefühl zurückließ. Ron wusste offensichtlich, dass noch immer etwas nicht mit Harry stimmte. Auf seine eigene Art und Weise versuchte er alles, um mit dieser Situation klarzukommen und als einen Puffer zwischen Harry und den restlichen Bewohner des Grimmauldplatzes zu dienen.
Hermine erkannte auch, Ron mochte sie. Diese Bestätigung war ziemlich überraschend. In den letzten Jahren hatte sie etwas für ihn empfunden. Sie wusste, sie erweckte nicht den Eindruck, aber sie war Mädchen genug, um über eine Beziehung mit Ron zu planen und zu träumen. Sie hatte versucht, ohne zu viel von sich preiszugeben, ihn auf ihre eigene Art und Weise wissen zu lassen, dass sie durchaus interessiert war. Als er vor Jahren eifersüchtig auf Viktor gewesen war, hatte sie noch Hoffnung gehabt, aber Ron hatte nie etwas unternommen.
Jetzt, wo Ron endlich anfing, sie zu bemerken, hatte sie in ihrem letzten Jahr ihre Begeisterung verloren. Sie war sich nicht hundertprozentig sicher, wann sie Ron aufgegeben hatte, aber ihr rothaariger, bester Freund erregte nicht länger mehr ihre Aufmerksamkeit. Es war ein Gefühl, was sie wehmütig, aber nicht unbedingt traurig machte. Sie hatte sich damit abgefunden und jetzt musste sie nur noch etwas wegen seinen Gefühlen in all den Tumult um Harry unternehmen.
Harry jedoch war derjenige, um den sie sich am meisten sorgte. Es war nicht nur einfach so, dass er am Rande wandelte; er taumelte gefährlich nahe über dem Abgrund. Nicht nur die großen, sondern selbst die kleinsten Dinge konnten ihn zum Ausrasten bringen. Als ein Schnürsenkel an seinen Turnschuhen gerissen war, hatte er einen Tag lang geschmollt. Eine verbrannte Scheibe Toast flog durch die Luft, bevor es in schwarzen Krümel an der Wand zerbrach. Eine verlorene Schachpartie gegen Ron ließ die Figuren durch den Raum fliegen. Nach diesem Zwischenfall hatten sich die Schachfiguren geweigert, weiterhin mit Harry zu spielen. Im Grunde hatte der schwarze König Harry sogar zu einem Duell herausgefordert.
Aber nichts ließ Harry dermaßen ausrasten wie Snape. Der Professor musste sich noch nicht einmal im Haus befinden, um Harry in den nächsten Wutanfall zu jagen und dann eine Stunde später tat er so, als ob nichts geschehen wäre und Harry war wieder einmal der junge Mann, den sie kannte.
Sein Jekyll-Hyde-Verhalten ließen ihre Sorgen in ein unbekanntes Ausmaß steigen.
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Severus kniete mit gesenktem Kopf vor seinen Herren. Er hielt diese Position, benutzte sie, um seine Gefühle zu kontrollieren und sich noch weiter in der Rüstung seiner Todesser-Persona zu verhüllen. Okklumentik hing im großen Maße von geistigen Bildern ab und mit Leichtigkeit versank Severus in seiner ausgesuchten Metapher. In seinem Kopf breitete sich das Bild einer kalten, glatten Wasseroberfläche aus. Kein Fisch schwamm darin, um die stille Perfektion zu zerstören. Kein Grashalm oder Ranke tauchte durch die Oberfläche. Es gab nur den Teich und den sternenklaren Himmel.
Ich bin unberührt.
Während er dort kniete, dachte er nicht an seinen entblößten Nacken. Er sorgte sich nicht darum, ob dies die Nacht sein würde, in der er entlarvt und er auf sein Schicksal treffen würde. Er dachte nicht eine Sekunde über die Todesser nach, die sie umkreisten.
Ich bin ruhig. Ich denke an nichts. Ich fühle nichts.
Gehalten in diesem zeitlosen Moment zwischen Gedanken und Handeln, wartete er auf den Befehl seines Herrn.
„Erhebe dich, Severuss."
Mit einer unbewussten Eleganz erhob sich Severus, seine dunklen Roben legten sich makellos um seine Gestalt, was Bellatrix nur verächtlich schnauben ließ. Sie war jedoch darauf bedacht Snape nicht ihr Lippenkräuseln sehen zu lassen.
Als Severus den Blick seines Herrn traf, wartete er auf seinen Befehl. Kein Riss störte das Bild in seinem Kopf, als er spürte, wie der Dunkle Lord in seine Gedanken eindrang. Sein Herr rief nach seinen Erinnerungen, suchte in der spiegelnden Oberfläche nach Snapes letzten Aktivitäten. Er würde nie erfahren, dass der glatte Teich in Snapes Kopf unendlich tiefer reichte und er dort noch mehr Bilder vor ihm versteckte. Die Kreatur, die einst mal Tom Riddle gewesen war, sah nur das, was Severus ihn auf der glatten, glasähnlichen Oberfläche sehen ließ.
Ruhig und gelassen.
Diese Art von Kontrolle sorgte dafür, dass nichts seine Ruhe durchbrach, selbst als die dunkleren Tiefen seines Verstandes bemerkten, erinnerten und alles um sich herum analysierten, wie seine Todesser-Gefährten in seinem Rücken standen, bis hin zu der Tatsache, dass der Dunkle Lord auch jetzt unter seinen Vertrauten noch einen Zauber trug. Oder ist der Dunkle Lord in seiner Verwandlung bereits so weit fortgeschritten, dass er keinen Zauber mehr brauchte, um menschlicher auszusehen?
„Ich benötige deine Fähigkeiten. Folge mir."
Mit einem leichten Kopfneigen folgte Severus.
Mit höflichem Anstand deutete Voldemort an, Severus sollte mit ihm durch die Korridore des Riddle-Anwesen laufen. Severus bemerkte den selbstsicheren Schritt und die sichere Haltung des Mannes neben sich und erinnerte sich an eine lang zurückliegende Zeit, in der er noch jung und idealistisch und naiv gewesen war. Voldemort veränderte sich wieder. Er wurde wieder einmal zu dieser charismatischen und mächtigen Persönlichkeit, die einen Großteil der Zaubergesellschaft gefangen hatte, bevor er das wahre Monster, welches er wirklich war, entblößt hatte.
Jeder Tropfen störte die Oberfläche. Ein menschlicher Lord Voldemort war definitiv gefährlicher als ein erschreckender, schlangenähnlicher Dunkler Lord. Es war immer einfacher jemanden von der Gegenwart des Bösen zu überzeugen, wenn man auf eine Kreatur im Dunkeln zeigen konnte.
Bevor der Gedanke noch weiter an die Oberfläche driften konnte, fing Severus ihn ein und stampfte ihn zurück in die Tiefen des kalten Wassers. Die Schlussfolgerungen würden später in einer sicheren Umgebung Gehör finden.
Ich bin ruhig.
Weitere Türen führten sie in einen Raum, der einst mal ein großes Musikzimmer gewesen war, wenn auch einzig allein nur eine verstaubte Harfe in der Ecke stand. Ein Teil ihrer Saiten fehlten oder waren herausgesprungen.
Licht der frühen Dämmerung fiel durch karierte Samtvorhänge, während ein Feuer im schwarzen Kamin loderte. Es warf flackernde Schatten über den blutenden und geschlagenen Körper eines straff gefesselten Mannes, der in der Mitte des verlassenen Raumes auf einen Stuhl saß.
Voldemort trat an Severus vorbei, wodurch Macnair und Lestrange, die bis dahin auf einer klumpigen Bank an der anderen Seite der Wand gesessen hatten, aufsprangen.
Voldemort ignorierte sie und deutete stattdessen auf den Mann. Severus bemerkte verwundert, wie sogar Voldemorts Hände menschlicher aussahen, die Haut war nicht länger grau, wenn auch der Schein des Feuers musterartig über sein Handgelenk schimmerte.
„Diesser hier denkt Geheimnisssse vor mir zu haben." Voldemort fuhr mit einem klauenartigen Fingernagel über das Gesicht des Mannes, seine Haut begann unter den scharfen Kanten zu reißen und neues Blut trat hervor. Der Mann rührte sich nicht, obwohl Severus sah, dass er seine Augen geöffnet hatte. Schock entschied er, vermutlich durch innere Verletzungen und Blutverlust verursacht.
Als Voldemort delikat das Blut von seinem Nagel leckte, verschwand, während er Severus anstarrte, jegliche menschliche Fassade. Die Drohung in dem Blick und der Geste war klar und deutlich und musste nicht laut ausgesprochen werden.
„Finde die Informationen, die ich sssuche", verlangte sein Herr.
Severus verbeugte sich zustimmend, bevor er sich dem Mann näherte. Er war um die fünfzig, frühes mittleres Alter für einen Zauberer. Sein Blick war gläsern vor Schock und er starrte in die Leere. Ob er wirklich nichts sah oder sich ein privater Schrecken vor seinen Augen abspielte, konnte Severus nicht sagen.
Ich zeige nur das, was ich die anderen sehen lassen will.
Leidenschaftslos betrachtete er den Mann, bemerkte die Auswirkungen und Überbleibsel der Flüche, mit denen er getroffen wurde. Ein Schnittzauber, der sich durch seine Roben bis auf seine Haut geschnitten hatte, war die Ursache für die langen Wunden auf seiner Schulter. Blut hatte bereits seine Ärmel bis hin zu seinen Handgelenken getränkt. Verbrennungen, die durch seine zerschlissenen Roben sichtbar wurden, zeichneten seine Beine, während die Überreste einer Hand deutliche Spuren eines schlampig ausgeführten Knochenbruchzaubers aufwiesen. Zwei kleinere, unsaubere Schnitte kreuzten seine Wangen. Severus brauchte einen Moment, um die Runen, die man in sein Fleisch geritzt hatte, als Blut und Verräter zu identifizieren.
Sein Blick glitt zu den beiden anderen Anwesenden im Raum: Macnair und Lestrange.
Messerwunden also. Dann waren sie nicht nur die Wächter des Gefangenen, sondern vermutlich diejenigen, die ihn auch hergebracht hatten.
War der Mann alleine gewesen? Hatte noch jemand-
Als die Teichoberfläche drohte zu brechen, brach er den Gedanken schonungslos ab.
Ich fühle nichts.
Wieder kehrte die Perfektion seiner Wasseroberfläche zurück, langsam glätteten sich die Wellen, als sie das öde Land erreichten.
Er richtete seinen Blick erneut auf den Gefangenen und betrachtete ihn von Kopf bis Fuß. Unter dem Blut, dem Erbrochenen und dem Urin, befanden sich zerrissene Roben, die einst mal maßgeschneidert gewesen waren. Er trug ein gut gepflegtes Aussehen. Kein Auror oder Unsäglicher oder jemand, der sich mit potenziell gefährlichen Situationen auseinandersetzte – ein Mitarbeiter des Ministeriums also.
Ich bleibe unberührt.
Severus fuhr mit seiner Hand über das Gesicht des Mannes, hob es hoch in das Licht. Er ignorierte das Blut, welches seine Fingerspitzen benetzte, zog eines der geschwollenen Augenlider hoch, um die Pupillen zu begutachten.
„Deine Beurteilung, Severuss?"
Eine leise Stimme in Severus Kopf bemerkte, obwohl Voldemort vielleicht menschlicher aussah, ein Teil seines reptilienartiges Erbe verblieben war. Kaum war der Gedanke geboren, war er auch schon wieder in den Tiefen des Wassers verschwunden.
Mit der nötigen Hochachtung fuhr Severus mit seiner Untersuchung fort, aber sprach über seine Schulter mit seinem Herren. „Er ist bewusstlos und wird schnell sterben. Ich muss ihn wiederbeleben, um ihn zu befragen. Um die Befragung angemessen durchführen zu können, wäre es außerdem hilfreich die Details seines Aufenthalts hier bei uns, zu kennen."
Hinter ihm konnte er Macnair und Lestrange wie zwei Schulkinder lachen hören. Er konnte nur noch die geflüsterten Worte „… als ob er ein verdammter Gast sei" vernehmen.
Die beiden ignorierend, entfernte sich Severus von dem blutenden Körper. Als er nicht mehr von dem Gestank von drohendem Tod umgeben war, zog Severus ein schneeweißes Taschentuch aus seinen Roben und begann systematisch seine Finger von dem Blut zu säubern. Er strengte sich an nicht zu bemerken, wie Voldemorts Blick auf den Blutflecken hängen blieb.
Ausdruckslos und genauso zugefroren wie der Teich, warf Severus das beschmutzte Stoffstück in den Kamin und beobachtete, wie es erst schwarz anlief und dann von dem Feuer verschlungen wurde.
Ich kann nichts mehr für ihn tun. Ich bin unberührt.
Voldemort lachte, ein nasses Geräusch, welches Bilder von Fäulnis und Vergänglichkeit in ihm hervorriefen. „Immer der Experte, immer der Perfektionissst. Der alte Narr verschwendet deine Talente, mein Ssohn."
Er konnte noch so eben den abscheulichen Schauer bei dem Wort ‚Sohn' unterdrücken. Stattdessen neigte er bei diesem Kompliment leicht seinen Kopf und schwieg. Andere Mitglieder des inneren Kreises warfen sich Voldemort zu Füßen. Das hatte Severus nie getan, und während er bereits mehr als einmal für seinen Stolz bezahlte hatte, so hatte es ihm auch einen Platz mit viel Macht und Einfluss innerhalb des Kreises verschafft.
„Macnair, berichte mir." Der Befehl war nur ein Flüstern, aber im Gegensatz zu Severus eleganten Bewegungen, stampfte Macnair schon fast zu Voldemort.
Severus lächelte hämisch, als der Henker des Ministeriums vor Voldemort niederkniete.
„Bingley Glossop, Untersekretär des Leiters der Abteilung für Aufzeichnungen. Habe ihn dabei erwischt, wie er Dokumente durchgesehen hatte, die ihn nichts angingen."
Severus zog fragend eine Augenbraue hoch.
„Glossop hatte Dokumente von diesem Haus durchgesehen."
Severus ließ einen eiskalten Wind durch seinen Kopf fegen, erstarrte die Luft um den Teich herum. Kälte sickerte in seine Gliedmaßen, während sein Körper auf das mächtige Bild in seinem Kopf reagierte.
Die Teichoberfläche begann zu erstarren, das Ufer wurde in Vorbereitung auf das, was folgen würde, unter dem plötzlichen Winterangriff von weißem Frost überzogen.
„Glossop hat nach den Beweisen der Existenz dieses Hauses gesucht, um den Fidelius zu brechen."
Eine Bewegung von Voldemorts Hand ließ Macnair auf seine Füße und zurück auf seinen Platz an der Wand krabbeln. „Ja. Einer von Dumbledoress Ordenssmitgliedern." Voldemort lachte erneut. „Ich glaube nicht, dasss diessser kleine Phönix wieder auss ssseiner Asche auferstehen wird. Ssein Schweigen war äussserst standhaft gewesen. Brich sein Schweigen, mein Zaubertränkemeissster."
In seinem Kopf war der Teich komplett zugefroren.
+++
Hermines halb geformte Ängste um Harry führten sie schließlich zurück zu Snape. Den ausweichenden Spion jedoch auch mal abzufangen, erwies sich als etwas schwieriger. Während die anderen Ordensmitglieder dazu neigten des Öfteren im Hause der Blacks ein und auszugehen, bescherte Professor Snape ihnen nur wenige Besuche. Wenn er denn dann mal da war, war es nur für kurze Zusammentreffen in den frühen Morgenstunden.
Aber Dumbledore hatte am frühen Abend zu einer Notsitzung für ausgewählte Ordensmitglieder gerufen. Nur die Professoren Dumbledore und Snape, Mad-Eye Moody und Kingsley Shacklebolt hatten das Arbeitszimmer betreten. Als die Tür ins Schloss fiel und starke Schutz- und Schweigezauber über den Raum gelegt wurden, wusste Hermine, dass das, was auch immer sie darin diskutierten, ernst war.
Kurze Zeit später waren Ron und Harry in ihren Betten verschwunden und selbst Fred und Georges neue, verbesserten Langziehohren hatten nichts anderes als das Geräusch von ärgerlichem Bienensummen zutage gebracht.
Hermine jedoch blieb sitzen. Nicht aus dem Grund, den ihre Freunde annahmen – sie hegte ganz sicher nicht denselben Grad an Misstrauen Professor Snape gegenüber – sondern, weil sie mit Professor Snape reden musste. Als sie erkannte, dass dies vermutlich ihre einzige Chance war, wartete sie in dem schattigen Treppenhaus des Grimmauldplatzes. Eine abgenutzte Steppdecke verhüllte ihren Körper, weniger um ihr Wärme zu schenken, sondern, weil sie einfach nur bequem war. Sie saß über eine Stunde auf dem Treppenabsatz, als sie anfing sich Sorgen zu machen.
Ihr dringendes Verlangen mit Professor Snape zu reden, konnte die Tatsache, dass es extrem langweilig war, auf eine geschlossene Tür zu starren, nicht aufheben. Sie konnte sich noch nicht einmal dazu bringen etwas zu lesen, aus Angst, Molly Weasley würde das Licht von ihrem Zauberstab bemerken und sie zurück ins Bett schicken. Oder, das vermutlich wahrscheinliche Szenario, sie würde sich so sehr in den Worten verlieren, dass sie nicht mitbekam, wenn das Treffen enden und Professor Snape dann unbemerkt an ihr vorbeilaufen würde.
Ron hatte mehr als einmal kommentiert – und das auch noch zu Recht, musste Hermine widerwillig zugeben – wenn sie einmal in ein Buch vertieft war könnte ein Hippogreif an ihr vorbeilaufen und sie würde es nicht mitbekommen. Wieder verlagerte sie ihre Position auf der harten Holzstufe und Hermine stützte ihren Kopf auf ihrer Hand ab, um weiterhin auf die Tür zu starren. Sie zollte Krummbein eine ganz neue Anerkennung, wenn sie daran dachte, wie er teilweise stundenlang vor einem Mauseloch, welche sich durch ganz Hogwarts zogen, hockte. Das Einzige, was ihre Gedanken nicht dazu bewog abzudriften, waren die schattigen Bewegungen, die sie unter der Tür ausmachen konnte. Es war wie ein seltsames Schattenspiel zu beobachten.
Die rhythmischen, schattigen Auf-und-ab-Bewegungen ließen in Hermine die Vermutung aufkeimen, dass hinter der dicken Eichentür Severus Snape aufgebracht hin und her lief. Sie hegte gar keine Zweifel, dass es Snape war, da der Schatten sich zu fließend bewegte, als dass er Moody hätte sein können. Ihr war nicht bekannt, ob Shacklebolt ebenfalls diese Angewohnheit hatte. Und was ihre Vermutung anging, ob er aufgebracht war – sie grinste in der Dunkelheit – nun, das war wirklich nicht schwer. Severus Snape war zusammengepfercht in einen kleinen Raum mit Dumbledore, Shackbeolt und Moody. Wie konnte er da nicht aufgebracht sein?
Ihre Vermutung schien sich zu bestätigen, als der gehende Schatten durch einen anderen bedeckt wurde und ein rosa Blitz grell durch die geschlossene Tür aufleuchtete. Alarmiert spannte sich Hermine an, als nur wenige Sekunden später etwas, oder jemand mit solch einer Kraft gegen die andere Wand geworfen wurde, dass zwei Bilder im Flur zu wackeln begangen.
Halb stehend, halb hockend vor Anspannung, ließ Hermine die Steppdecke von ihren Schultern gleiten und wartete auf den nächsten Blitz. Ihre Unruhe wurde nur durch die Tatsache gefüttert, dass nach dem schattigen Drama nichts weiter als Stille folgte. Sie musste dort rein. Sie musste… ich muss was?, fragte ein bitterer Teil in ihr.
Mit einem verdrießlichen Blick setzte sie sich wieder zurück auf die Stufe und zog die Decke zurück über ihre Knie. Was hätte ich denn machen können? Hätte ich etwa wie ein amerikanischer Hollywood-Cowboy zur Rettung in den Raum stürmen sollen? Hermine schnaubte vor Selbstironie. Sie wusste noch nicht einmal, ob der Zauber auf ihren Professor gerichtet worden war. Professor Snape hätte auch gut und gerne derjenige sein können, der den Zauber gesprochen hatte.
Sie ließ ihren Kopf auf ihre Knie fallen. Ron hatte recht. Sie war übergeschnappt. Es gab einfach keine andere Erklärung. Was doch zu der Frage führt: Nachdem, was sie gerade gesehen hatte, wollte sie da heute Abend noch die Wut von Professor Snape schüren? Während sie noch ernsthaft darüber nachdachte, wurde ihr die Entscheidung abgenommen, als sich die Tür plötzlich öffnete.
In Anbetracht der Personen, die sich in dem Raum befanden, war Hermine nicht überrascht Kingsley Shacklebolt mit einem wütenden Blick zu sehen. Der irgendwie zufriedene Ausdruck auf Moodys Gesicht jedoch, beunruhigte sie etwas, während sein hölzernes Bein laut auf den Boden aufschlug, als er in Richtung Küche verschwand.
Es verstrichen einige Minuten, bevor Snape und Dumbledore zusammen den Raum verließen. Professor Snapes Blick war auf jeden Fall aufbrausend, als er neben Dumbledore trat. Von ihrem schattigen Blickwinkel aus konnte sie nur noch das Ende ihrer Unterhaltung hören.
„Es funktioniert nicht, Albus. So wie es im Moment ist, sind es einfach zu wenige. Glossop hätte unter Schutz stehen müssen. Er wurde bei vollem Tageslicht aus seinem Haus entführt."
Hermine konnte die Frustration aus der Stimme ihres Lehrers hören.
Schon gar gegensätzlich erklang Dumbledores Stimme betrübt und resigniert. „Das ist alles, was wir haben, Severus."
Die beiden Männer gingen weiter den Flur hinunter, bis sie direkt unter ihrem Absatz standen. „Albus …"
„Es tut mir leid, Severus. Aber bis wir keine anderen Möglichkeiten haben, kann ich nichts weiter tun."
„Dann werden Sie uns nicht die Namen verraten?"
Der Schulleiter seufzte. „Ich kann nicht, Severus." Bei Snapes dunklen Blick hob Albus eine faltige, mit Altersflecken benetzte Hand. „NICHT", betonte er, „weil ich Moodys Behauptung, dass Sie die Namen nur haben wollen, um diese dann an Tom weiterzuleiten, Glauben schenke. Ich habe noch andere Versprechungen gemacht, Severus, und ich kann mein Schweigen nicht brechen."
Albus zog ein zerknittertes Stoffstück aus seiner Robe und mit einer Handbewegung vergrößerte er seinen Hut. Er setzte den Hut in einem Winkel auf, der nur durch Magie gehalten werden konnte, dann lächelte er sanft den noch immer finster dreinblickenden Snape an. „Gehen Sie nach Hause, Severus. Schlafen Sie." Er hielt inne und fügte dann flüsternd hinzu: „Wenn Sie denn können."
Als Snape zögerte, sagte Albus ernst: „Gute Nacht, Severus." Und ohne zu zögern, ergänzte er: „Und auch Ihnen eine gute Nacht, Miss Granger."
Bei den Worten sprang Hermine auf und blickte über das Geländer in zwei Augenpaare. Eines war irgendwie neckisch, während das andere verärgert aus dem schattigen Flur zu ihr hoch funkelte.
Wunderbar. Sie wurde beim Lauschen erwischt.
Dumbledore lächelte noch immer freundlich, als ob es für ihn nur ein Spaß sei, jemand beim Lauschen zu erwischen. Andererseits war er bereits seit einer so langen Zeit Hogwarts Schulleiter. Vermutlich war es eine Art Sport für ihn, herumwandernde Schüler dabei zu erwischen, wie sie etwas belauschten, was nicht für ihre Ohren bestimmt war.
Wenn er natürlich von den anderen Unterhaltungen wüsste, die sie mitgehört hatte, dann würde er jetzt vermutlich nicht mehr so freundlich lächeln.
Als er sich seinen Reisemantel über die Schultern legte, warf Dumbledore ein amüsiertes Lächeln in Snapes Richtung. „Ich denke, ich lasse Miss Granger in Ihren kompetenten Händen, Severus. Gute Nacht."
Hermine zuckte bei Dumbledores amüsierten Worten zusammen, als sie die Reihe an Gefühlen sah, die sich auf Snapes Gesicht abspielten. Sie war überrascht Demütigung und Resignation zu entdecken, bevor er wieder seinen gewohnten finsteren Blick trug.
Wie von dem Blitz getroffen, erkannte sie in diesem Augenblick, dass, obwohl Professor Snape Professor Dumbledore ehrlich respektierte, er seine gewohnten Sticheleien nicht mochte.
Mit diesem Gedanken beugte sich Hermine sich dem Unausweichlichen und ging die Treppe hinab, nur um auf der letzten Stufe anzuhalten. Sie trat die letzte Stufe nicht hinunter, damit sie ihrem Professor auf gleicher Augenhöhe begegnen konnte. Es war merkwürdig ihm direkt ins Gesicht sehen zu können und nicht aufblicken zu müssen und sie konnte den Purzelbaum in ihrem Bauch nicht unterdrücken. Es war ein Gefühl, welches schon schnell von Schuld abgelöst wurde, als sie einen ersten richtigen Blick auf Professor Snape werfen konnte.
Der freundlichste Gedanke, der ihr kam, war, erschreckend. Blut unterlaufende Augen waren tief in ihren Höhlen gefallen und seine Haut war mehr als bleich und hatte einen grünlichen Stich. Alleine beim Anblick drehte sich ihr Magen aus Mitleid zu ihm um. Es waren erst ein paar Tage seit McGonagalls Besuch vergangen. Der Mann war an diesem Tag vielleicht etwas müde gewesen, aber ansonsten erschien er normal gewesen zu sein. Was war passiert, um solch eine Veränderung hervorzurufen?
Ein plötzlicher Schauer ergriff sie. Wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie schon fast denken, dass diese eisige Kälte von dem Mann, der schweigend vor ihr stand, ausgestrahlt wurde.
Jetzt war definitiv nicht die Zeit für irgendwelche Fragen, entschied sie.
„Entschuldigen Sie, Sir. Sie sind offensichtlich-" Sie wollte ‚erschöpft' sagen, aber stoppte sich in letzter Minute. Ihr gereizter Professor würde sicherlich kein Kommentar zu seiner Erscheinung für gut heißen. „… ziemlich beschäftigt. Meine Fragen können warten."
Sie wandte sich um, lächelte ihn hoffentlich respektvoll, aber dennoch freundlich zu. „Gute Nacht, Sir."
„Seien Sie ruhig, Mädchen."
Etwas in seiner Stimme erinnerte sie an den Morgen vor der Bibliothek und Hermine wurde ganz still. Sie zwang sich dazu, den eisigen Blick ihres Professors zu treffen.
Ein weiterer Schauer erfasste sie und Gänsehaut zog sich über ihren Körper. Sie wünschte sich plötzlich, noch die Decke, die jetzt auf der Treppe lag, um sich liegen zu haben.
„Frieren Sie, Miss Granger?" Die Worte waren nur ein Flüstern.
Hermine nickte und schlang langsam ihre Arme um ihren Oberkörper. Langsam rieb sie sich über ihre Arme. „Entschuldigen Sie, Sir", flüsterte sie genauso leise. „Mir scheint auf einmal nur so kalt zu sein, so als ob ich neben einen Geist stehen würde."
Professor Snape zuckte und trat bei ihren Worten zurück, als er seine Roben enger um sich zog. „Vielleicht haben Sie recht, Miss Granger", sagte er jetzt wieder mit normaler Stimme. „Diese Unterhaltung sollte wohl besser auf morgen früh verschoben werden."
Auf seinen Absatz kehrt machend, war er in einem Wirbel aus Schwarz, noch bevor Hermine sich eine passende Antwort überlegen konnte, durch die Tür verschwunden.
Mit pochenden Herzen starrte Hermine verwirrt auf die Haustür, als ihr Körper langsam wieder mit Wärme gefüllt wurde.
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Miranda Vector blinzelte den Schlaf aus ihren Augen, als der Klang eines Windspieles ihr Schlafzimmer erfüllte. Mit schweren Herzen kletterte sie aus ihrem warmen Bett und zog sich einen alten Bademantel über, als sie aufstand. Sie schwang ihren Zauberstab und der Klang verstummte.
Sie hatte schon immer die Töne eines Windspiels gemocht und sie sind zu ihrem persönlichen Alarm geworden. Der Klang dieser speziellen Noten jedoch beruhigte sie keineswegs.
Miranda kümmerte sich nicht darum die Kerzen anzuzünden, sondern marschierte sicheren Schrittes durch das vom Mondlicht erhellte Häuschen. Sie lebte bereits seit fast fünfzehn Jahren in diesem Haus und kannte ihren Weg blind.
Als sie die kleine Küche betrat, musste sie bei den ersten Schritten auf dem kalten Boden leise seufzen. Mit einer weiteren, komplizierteren Handbewegung und einem geflüsterten Passwort, erschien neben der Speisekammer eine verborgene Tür.
Aus den Tiefen konnte Miranda juwelenfarbige Spritzer gegen die lang vergessene Kellerwand erkennen. Sie konnte ihren leisen Klang hören.
Die Töne, die den Alarm ausgelöst hatten, damit sie über jede Veränderung in der Gleichung informiert wurde, schien jetzt nicht mehr nur ihre Tageszeit einzunehmen. Als sie die letzten Stufen hinabstieg, konzentrierte sie sich auf die sich drehenden, in sich verschlungenen, farbigen Linien, die die Möglichkeiten, Zeiträume und Menschen darstellte. Sie brauchte nur einen Moment, um die Veränderung zu finden, die sie erwartet hatte.
Die Linie, die für Hermine Granger stand, hatte sich jetzt vollständig mit der Linie des Ordenspions verschlungen. Die unbekannte, abnormale Linie war wieder vorgesprungen und sie steuerte genau auf den Punkt zu, wo Granger den Spion traf. Bald, schon sehr bald, prophezeite sie, würde sie den Nexus kreuzen.
Miranda wandte sich bereits ab und ging in ihrem Kopf das durch, was sie Albus erzählen würde, als sie es sah.
„Heilige Morgana", hauchte sie, nicht in der Lage das zu verstehen, was sie sah.
Sie trat ein paar Schritte vor und verfolgte mit ihrem Finger ihre eigene Linie. Ihre war immer außerhalb gewesen, ihr Pfad hatte die anderen immer umgangen. Bisher hatte sie immer nur die sprunghafte Linie des Schulleiters gekreuzt. Das war nicht länger der Fall. Ihre eigene Linie hatte eine starke Wendung genommen und hatte sich um Hermine Granger geschlungen. Es war, als ob die Linie des Mädchens ihre eigene beeinflussen würde. Die Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten verzerrten und mutierten mit jeder Entscheidung dieser Gryffindor.
Miranda Vector befand sich jetzt auf Kollisionskurs mit Granger und dem allzu mysteriösen Spion.
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Er kann sich wunderbar in andere Menschen versetzen und hat viel Sinn für Humor. Ein großartiger Filmemacher.
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