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Fanfiction

Pet Project - Anfang vom Ende

von Xaveria

Anfang vom Ende



Keinerlei äußere Anzeichen hätten jemals darauf hingewiesen, dass Severus von dem einen Moment auf den anderen aus seinem Schlaf gerissen wurde. Es gab kein verräterisches Zucken, noch veränderte sich seine tiefe, gleichmäßige Atmung. Das einzige Indiz war die leichte Anspannung seiner langen Bein- und Schultermuskeln; eine Anspannung, die stark angeleint auf Messerschneide und kurz davor stand, auszubrechen.

Das leise Klirren, welches ihn geweckt hatte, ertönte wieder. Diesmal erkannte er das delikate Klappern von Porzellan und die leisen barfüßigen Schritte, die er immer mit Rink in Verbindung brachte. Er war in seinen Gemächern. Er war in seinem Bett. Er war sicher. Mit dieser Erkenntnis entspannte er sich wieder unter seiner warmen Decke.

Seine Augen waren halb geschlossen, als sich ein leichtes Stirnrunzeln abzeichnete und Severus bemerkte, dass er nicht mehr sein Leinenhemd und seine Baumwollhose trug, sondern sein langes, verdeckendes, graues Herrennachthemd. Er musste ziemlich tief eingeschlafen sein, nachdem er sich hingelegt hatte und Rink musste seine Kleidung gewechselt haben. Merkwürdig nur, dass er sich nicht daran erinnern konnte. Severus war für gewöhnlich, wenn er denn schlief, ein sehr leichter Schläfer, und selbst die Magie der Hauselfe – wenn auch Rink sich seine Pflichten sehr zu Herzen nahm - war nicht genug, um ihm am Aufwachen zu hindern.

Severus drehte sich so weit, um die tickende Uhr an der Wand zu sehen. Die traditionellen Hände zeigten nichts weiter als die Zeit an. So weit es Severus betraf, sollten Uhren auch nur die Zeit angeben und nicht irgendeinen Schwachsinn wie, wo man sich befand, oder ob man zu spät war oder anderen Unsinn. Die Uhr sagte ihm, es war bereits kurz nach sechs in der Früh. Wie war das möglich? Er hatte sich gegen ein Uhr morgens, nachdem Albus sich verabschiedet hatte, hingelegt, was bedeutete, er hatte fast fünf Stunden durchgeschlafen. Sein Stirnrunzeln vertiefte sich, als er versuchte sich daran zu erinnern, wann er das letzte Mal ungestört und ohne die Hilfe von Traumlosen Schlaf durchgeschlafen hatte.

Als ihn diese Erkenntnis traf, verwandelte sich sein Stirnrunzeln in einen langen, leidvollen, finsteren Blick. Der Tee! Verfluchter Albus! Was hatte der alte Mann ihn in seinem Tee getan, um ihn so auszuschalten? Oder war es ein dezenter Zauber gewesen, den er nicht bemerkt hatte? Er hatte schon vor Langem seinen Frieden mit Albus geschlossen und betrachteten den alten Mann als seinen Mentor, Vertrauten und Freund; jedoch machten ihn die kindischen Einmischungen des älteren Mannes rasend. Severus war sich absolut sicher, dass einzig allein sein lang gehaltener Respekt dem alten Mann gegenüber der einzige Grund war, warum er den mächtigsten Zauberer der Welt nicht bereits mit seinem eigenen Bart erwürgt hatte. Und würde das nicht eine reizende Schlagzeile für den Tagespropheten abgeben?

Mit einem Kopfschütteln und einem unzufriedenen Knurren, warf Severus die Decke mit etwas mehr Kraft als nötig gewesen wäre zur Seite. Er verschwand geradewegs im Badezimmer. Er würde Albus später, wenn er die Zeit dazu hatte, darauf ansprechen. Der alte Kauz würde nicht damit durchkommen ihn mit etwas betäubt zu haben, noch würde er auf Albus Standardrede ‚Es war nur zu Ihrem Besten, mein Junge' hören. Leider musste diese Konfrontation warten; jetzt musste er den Unterricht für seine U.T.Z-Schüler im sechsten Jahr vorbereiten. Dann waren da noch die speziellen Reglungen, die er für Miss Granger an diesem Abend treffen musste.

Barfuß verschwand er im Badezimmer und winkte achtlos zum Wasserhahn, welcher zufriedenstellend automatisch zum Leben erwachte. Als Dampf die kalte Luft umhüllte, wanderten Severus Gedanken zurück zu Albus und seinen hinterhältigen Methoden. Severus schnaubte. Als ob eine Nacht von ungestörtem Schlaf irgendwas ändern würde. Und doch musste er sich eingestehen, wenn auch nur sich selbst gegenüber, dass er offenbar den Schlaf gebraucht hatte, da er sich heute Morgen ausgeruhter und wacher als sonst fühlte. Auch litt er nicht an der morgendlichen Lethargie, die normalerweise diese Art von Nächten begleitete, in denen er nur Ruhe mithilfe des Traumlosen Schlafes fand.

Als Severus sein graues Baumwollhemd über den Kopf zog, zitterte er leicht in der kalten Luft. Ohne einen Blick in den Spiegel zu werfen, der über dem Waschbecken hing, grübelte er über die Tränke nach, die Albus ihm wohlmöglich untergejubelt haben könnte.


+++



Hermine betrat den Zaubertränkeklassenraum mit einer Mischung aus kalter Angst und einer schwindelerregenden Erwartung. Im Grunde hatten diese beiden gegensätzlichen Gefühle ihren Magen so sehr verknotet, dass sie nicht in der Lage gewesen war, zu frühstücken und sie hatte nur unter Zwang den Kürbissaft hinunter bekommen.

Ausnahmsweise hatte sich die Gerüchteküche Hogwarts' mal zu ihren Gunsten gewandelt, da ihre Freunde glaubten, ihre blanken Nerven beruhten darauf, Professor Snape das erste Mal wieder zu sehen. Sie hatten nicht ihre Appetitlosigkeit oder ihre offensichtliche Nervosität hinterfragt.

Neville war sogar zu ihr gekommen, um ihr beruhigende Worte zu schenken. Sie hatte fast wieder ihren Kürbissaft ausgespuckt, als der Junge, dessen Irrwicht Professor Snape war, ihr gesagt hatte, dass Professor Snape wirklich nicht so schlimm war und sie sich einfach entspannen sollte. Entspannen. Professor Granger-Snape musste einen größeren Eindruck bei Neville hinterlassen haben, als sie ursprünglich gedacht hatte. Nicht, dass es ihr half.

Andererseits konnte sie ihren Freunden nicht erzählen, dass Entspannung nicht zur Debatte stand, da sie letzte Nacht zugelassen hatte, wie ein Hauself sie in Professor Snapes Gemächer gezaubert hatte – und waren es nicht wunderbare Gemächer - wo sie seine Standartlaken von Hogwarts durch besondere, selbstgemachte Bettlaken ersetzt hatte. Bettlaken, die sie angefertigt hatte. Bettlaken, die sie mit einer Magie angefertigt hatte, von der sie fast durchgedreht war und

… und …

Oh, lieber Gott.

Auf ihrem Stuhl sitzend, kämpfte sie stark gegen die aufkommende Übelkeit an, als sie versuchte sich selbst zu beruhigen. Sie konzentrierte sich darauf ihre Zaubertränkeausrüstung zu nehmen und alles so anzuordnen, wie sie es für den heutigen Unterricht benötigen würde. Kessel. Okay. Ich bin ruhig. Zaubertränkekoffer. Okay. Es wird alles gut. Hausaufgaben. Okay. Du bist ganz ruhig.

Hermine vergrub ihren Kopf in ihren Händen. Wem machte sie etwas vor?

Was, wenn er es wusste? Hatte er in den Laken geschlafen? Was, wenn er das Siegel gesehen hatte? Hatte er gut geschlafen? Was, wenn er herausgefunden hatte, dass jemand in seinen Gemächern gewesen war? Würde eine Nacht Schlaf sein Gemüt und Verhalten verbessern? Was, wenn er herausfand, dass sie diejenige gewesen war?

Mir wird schlecht.


Mit rasenden Herzen war sie irgendwann so vollkommen durch den Wind, ihr Daumennagel so schnell abgebissen gewesen, dass ihre kreisenden Gedanken sie in immer wiederkehrende Mutmaßungen und Paranoia gefangen hielten.

So war es kein Wunder, dass, als die Hintertür des Klassenraums mit einem widerhallenden Bang! aufgestoßen wurde, um einen finster dreinblickenden Zaubertränkemeister Eintritt zu gewähren, Hermine nicht nur zusammenzuckte, sondern auch schrill und irgendwie gewürgt aufschrie.

Professor Snape hielt weder in seinem entschlossenen Schritt inne, noch schaute er in ihre Richtung, als er rief: „Zehn Punkte Abzug, Miss Granger, dafür, dass sie meinen Unterricht stören."

Mit diesen vertrauten Worten schmolzen Hermines Nerven wie … nun, von Zauberhand, dahin. Als sie sich auf den Tränkemeister konzentrierte, der etwas an die Tafel schrieb, kämpfte Hermine damit das vollkommen unangebrachte Grinsen zu unterdrücken. Schüler, denen geraden zehn Punkte abgezogen worden waren, grinsten nicht. Aber man hatte ihr zumindest eine Frage beantwortet: Nein, man hatte sie nicht entdeckt.

Sie musste sich jedoch über sein brummigeres Verhalten wundern. Hatten die Laken nicht funktioniert? Ihr Grinsen verschwand etwas. Sie musste mit Rink sprechen, um herauszufinden, was wirklich passiert war.

Für den Augenblick jedoch schob sie ihre Neugierde zur Seite und konzentrierte sich auf den Unterricht.


+++




Als sich Professor Snape gegen seinen Schreibtisch lehnte, beobachte er seinen Sechserkurs für Fortgeschrittene Zaubertränke. Die Slytherins kicherte und lachten noch immer, sich in ihrem Wissen sicher, dass der schlimmste Lehrer Hogwarts auf ihrer Seite stand. Solange sie unter seinem Schutz standen, waren sie sich sicher, nicht bestraft werden zu können. Die Ravenclaws und Hufflepuffs hatten sich zu einer Gruppe zusammengeschlossen und wählten die ‚Sicherheit durch Überzahl'-Strategie.

Außergewöhnlich war nur Longbottom, der mit erhobenem Haupt alleine den Raum verließ, während eine Hand fest seine Bücher umklammert hielt, schien die andere leicht gegen etwas in seiner Tasche zu tätscheln. Das sollte besser nicht das Haustier des Jungen sein, dachte Severus. Wenn er Longbottom noch einmal dabei erwischte, wie er diese Kröte zu seinem Unterricht mitbrachte, würde er den Jungen in eine Fliege verwandeln und ihn an die Amphibie verfüttern.

Als Longbottom verschwunden war, blieben nur noch Potter und Weasley übrig, die leise miteinander flüsterten, während sie geduldig darauf warteten, dass Miss Granger ihre Unterlagen zusammensammelte.

Allem in allem war es eine recht erfolgreiche Stunde gewesen, die nur durch seine noch immer köchelnde Wut auf Albus hinterlistige Tricks ruiniert wurde. Er konnte sich noch immer nicht entscheiden, ob er wütender über die Tatsache war, dass Albus ihn etwas untergeschoben hatte sein sollte, oder dass Severus ihn nicht dabei erwischt hatte. Er musste jedoch widerwillig zugeben, dass der Schlaf seine persönliche Hölle des Unterrichtens erträglicher gemacht hatte. Achtzig Prozent der Klasse hatten es geschafft einen mehr oder weniger zufriedenstellenden Zaubertrank zu erstellen, niemand war gestorben und er hatte es mit nur wenigen Worten und einem hämischen Grinsen geschafft die Gryffindors zu einem Wutanfall anzustacheln. Es gab nur einen dunklen Fleck an seinen ansonsten so freudigen Morgen.

Hermine Granger.

Snape konnte bereits Jahre verbuchen, in denen er Gryffindors verspottet hatte. Er war ein Experte auf dem Gebiet ihre ersten Anzeichen von ohnmächtiger Wut und Frustration – geballte Hände, zusammengebissene Zähne, rotangelaufene Gesichter und Augen, die mit unterdrückten Tränen glitzerten – zu erkennen. Er war heute sogar besonders kreativ gewesen, eine Nacht friedvoller Schlaf hatte für seinen Verstand wahre Wunder vollbracht und ausgerechnet Granger hatte nichts weiter getan, als ihn anzulächeln und ihn hin und wieder mit einem besorgten Stirnrunzeln zu betrachten. Im Grunde, wenn er diesen Blick definieren sollte, würde er sagen, dass es der Blick war, den Albus ihn für gewöhnlich zuwarf – eine Mischung aus Zuneigung, Nachsichtigkeit und Besorgnis.

In der heutigen Stunde hatte er neue Maßstäbe in seiner bitteren Giftigkeit gesetzt, um dem Mädchen eine Reaktion zu entlocken und er hatte kaum eine Antwort erhalten. Dieses nachsichtige, halb besorgte Lächeln, welches sie während seines letzten Wutanfalls getragen hatte, hatte ihn so sehr aus dem Konzept gebracht, dass er sie letztendlich ihren Anweisungen überlassen hatte. Wieder einmal wurde er mit dem Mysterium um Hermine Granger konfrontiert … ein Rätsel, welches er entschlossen war zu lösen. Der heutige Abend würde äußerst unterhaltsam werden.


+++




Zwei Stunden später und ihr Zaubertränkeunterricht war vorbei und Hermine stapelte ihre Bücher ordentlich vor sich auf, als sie nur mit einem halben Ohr Harry und Rons Gespräch über Hufflepuffs Chancen auf den Schulpokal lauschte. Slytherin befand sich dieses Jahr auf einen abgeschlagenen dritten Platz. Hufflepuff jedoch lag nur wenige Punkte hinter Gryffidnor. Die Karten waren in den letzten Tagen noch nicht gemischt.

Gedanken an Hufflepuffs, Slytherins und Hauspunkte verschwanden, als Professor Snape plötzlich vor ihr auftauchte. „Miss Granger, bleiben Sie. Weasley, Potter, verschwindet."

Professor Snapes Blick verließ nie den ihren, als er die Jungen mit einer Gleichgültigkeit hinausschmiss, die noch nicht einmal seinen gewohnten Spott verdient hatte.

Von den scharfen nach Luftschnappen hinter ihr, wusste sie, dass das Verhalten des Professors das gewünschte Ergebnis erzielt hatte. Hermine hegte auch gar keine Zweifel, dass Professor Snape sich sehr wohl darüber im Klaren war, wie Ron und Harry und auch sie reagieren würden. In dem Wissen, das Punkte bedroht waren, nahm sie es selbst in die Hand. Schnell wirbelte Hermine herum und nagelte die beiden mit einem ernsten Blick fest. Als sie Harrys sturen Gesichtsausdruck und Rons bereits roten Hals und rote Ohren sah, wusste Hermine, sie hatte die beiden noch rechtzeitig erwischt.

Sie schüttelte scharf mit ihrem Kopf und beide Jungen gaben nach, wenn auch Harry Professor Snape einen letzten finsteren Blick über seine Schulter zuwarf. „Geht schon, Jungs. Ich treffe euch beim Mittagessen. Ich muss noch meine Strafarbeit mit Professor Snape besprechen."

Von den Blicken, die auf den Professor gerichtet waren, war es kein Geheimnis, was die beiden von ihrer Strafarbeit hielten. Hermine jedoch war der Meinung, dass sie mit einer Nachsitzstunde noch gut davonkam. Ron und Harry hatten nicht gehört, was sie nicht nur einmal, sondern zweimal über seine Wimpern gesagt hatte. Nicht, dass sie jemals die Absicht hatte, ihnen davon zu erzählen. Das war ein Geheimnis, welches sie mit in ihr Grab nehmen würde.

Nachdem sie dabei zusah, wie Ron und Harry nur widerwillig den Raum verließen, richtete sie ihren Blick wieder auf ihren Professor, der die gesamte Interaktion zwischen ihnen mit einer amüsiert, hochgezogenen Augenbraue beobachtet hatte.

Es war am Besten, entschied sie, sich zu entschuldigen, bevor sie über ihre bevorstehende Strafarbeit reden würden. Jedoch, jetzt wo sie ihrem Professor gegenüberstand, war ihre gut ausgearbeitete Entschuldigung wie in den Wind geschlagen. „Sir, ich-"

Wo sollte sie nur anfangen? Sie musste sich für so vieles entschuldigen. Sie begann erneut. „Ich wollte mich für Dienstag entschuldigen, Sir. Ich war nicht ich selbst. Ich kann mich nicht wirklich an alles, was während des Tages geschehen ist, erinnern; alles ist etwas verschwommen und schwammig, aber das, an was ich mich erinnern kann, ist unentschuldbar."

Professor Snape antwortete ihr nicht, und während das Schweigen zwischen ihnen wuchs, kämpfte Hermine dagegen an nicht unter seinen Blick herumzuzappeln. Als er dann endlich sprach, seufzte sie schon fast erleichtert auf.

„Sie hatten von der Gefahr, der Sie sich ausgesetzt haben, keine Ahnung gehabt, nicht wahr?"

Sie sackte leicht auf ihrem Stuhl zusammen. „Nein, Sir."

Als Professor Snape leicht seinen Kopf neigte, hatte Hermine das Gefühl, begutachtet und bewertet zu werden. Es war ein seltsames Gefühl von diesem bodenlosen Blick, unter Augenschein genommen zu werden. „Sie wissen es jetzt?", fragte er schließlich, als er zufrieden mit seiner Prüfung zu sein schien.

„Ron und Ginny haben es mir erklärt", sagte sie und verzog bei den Worten leicht ihr Gesicht. Als Professor Snape nicht antwortete, fasste sie es als Erlaubnis auf fortzufahren. „Es kam mir nie in den Sinn, dass das Herumexperimentieren mit meiner Magie mir schaden könnte. Ich habe schon zuvor fortgeschrittene Magie ohne irgendwelche Nebenwirkungen angewandt." Sobald die Worte ihren Mund verlassen hatten, zuckte sie leicht zusammen. Das war vermutlich nicht unbedingt etwas, was sie hätte sagen sollen.

„Ja, wie frühreif Sie doch sind, nicht wahr?", bemerkte er geradewegs mit genug Spott, damit Hermine ihr Gesicht verzog. Sie hatte noch nie jemanden getroffen, der wie Professor Snape ein Ego dermaßen durchstechen konnte. Man spürte noch nicht einmal die Klinge, bis man hinabblickte und erkannte, dass man blutete.

Dann schien sich seine gesamte Haltung zu verändern. Er war nicht weniger einschüchternd, wie er vor ihr stand, die Aura von Missmut wurde auch weiterhin von seinem finsteren Blick, bis hin zu seinen verschränkten Armen und seiner angewachsenen Grundhaltung, ausgestrahlt. Er sah noch immer massiv, unbeweglich und gefährlich aus. Dennoch, in ihren Augen, schien sich sein Auftreten verändert zu haben. Der einzige und vielleicht beste Vergleich war der mit einem beschützten Raum, dessen Schutzzauber hinuntergelassen worden waren. Der Raum war noch immer derselbe, aber er war plötzlich betretbar.

Andererseits hatte sie den Mann vielleicht schon viel zu lange beobachtet und suchte nach irgendwelchen Nuancen in seinem Wesen und fand nur das, was sie finden wollte und sah Dinge, die gar nicht wirklich da waren. Vielleicht war sie ja wirklich so übergeschnappt, wie Ron immer behauptete.

„Was wollen Sie von mir, Miss Granger?"

Hermine war sich nicht sicher, was sie mehr überraschte – seine Frage oder die Art und Weise, wie er sie gestellt hatte. Seine Frage war zivilisiert; sein Verhalten neugierig und nur mit dem Hauch von Anspannung versehen.

Andererseits, dachte sie, vielleicht, aber auch nur vielleicht, konnte sie doch Dinge in diesem verwirrenden Mann erkennen.

„Ich …" Sie stolperte über die Worte, nicht sicher, was er wirklich von ihr erwartete. Sie hatte nie wirklich darüber nachgedacht, dass sie etwas von ihm wollte. Sie war in letzter Zeit so darauf fixiert gewesen, was sie ihm geben konnte, dass sie sich darum keine Gedanken gemacht hatte. Natürlich wusste er das nicht. Von seinem Blickwinkel aus, vermutete sie, war es durchaus nachvollziehbar, dass er annahm, dass sie etwas von ihm wollte.

„Will, Miss Granger", fuhr er fort, als sie schwankte. „Es ist wirklich ganz einfach. Für den größten Teil des letzten Jahres haben Sie mich auf die eine oder andere Art und Weise aufgesucht. Ich bin weder dumm, noch blind. Sie haben sich bewusst in meinen Weg platziert. Sie haben Ihr Verhalten in meinem Unterricht geändert. Sie sind sogar so weit gegangen und helfen Longbottom außerhalb meiner Klasse bis zu einem Grade, dass er dieses Jahr eine akzeptable Note erhalten wird. Was. Wollen. Sie?"

In diesem Moment unternahm Hermine einen weiteren Schritt ins Erwachsenwerden. „Darf ich über Ihre Frage nachdenken, Sir?"

Erstaunlicherweise nickte Snape. „Also schön, Sie können sich Ihre Zeit nehmen, um darüber nachzudenken. Wir werden ja sehen, ob Sie die Zeit auch sinnvoll nutzen werden."

Dann schien sich die Perspektive wieder zu verschieben und Hermine befand sich wieder vor Professor Snape anstatt vor Severus Snape. Sie war sich nicht sicher, woher sie es wusste, aber das Wissen war da.

„Ursprünglich, Miss Granger, hatte ich Ihr Nachsitzen direkt nach dem Abendessen angesetzt. Das hat sich gerade geändert. Sie werden mich unmittelbar nach Ihrer letzten Klasse an der Eingangstür treffen. Sie behalten ihre Uniform an und Sie werden Ihren Reiseumhang mitbringen."

Ihre Neugierde war definitiv geweckt. Gelegentlich sandte Professor Snape Schüler auf das Gelände, zum Rande des Verbotenen Waldes, um Bestandteile einzusammeln, aber diese Strafarbeiten wurden für gewöhnlich unter Hagrids Obhut abgehalten. Sie hatte noch nie von einer auswärtigen Strafarbeit gehört, die von Professor Snape geführt worden war.

„Um was geht es bei der Strafarbeit, Sir?"

Er starrte sie finster an. „Sie werden es noch früh genug erfahren. Also, Sie haben vor einem Moment erwähnt, dass Sie bereits fortgeschrittene Zaubertränke ohne Nebenwirkungen gebraut haben."

„Ja, Sir."

Seine 'Snape Schutzzauber', wie sie titulierte, waren definitiv wieder in Kraft und bei ihrem respektvollen Ton, schien er sich wieder etwas zu entspannen. Er fuhr in einer normaleren Stimme – beißende Kanten, die einen ungeduldigen Unterton enthielten - fort. „Der Unterschied zwischen Ihren früheren Erfahrungen und dem kleinen Vorfall dieser Woche ist äußerst tief greifend. Als Sie den Vielsafttrank gebraut haben – und ja, Miss Granger, mir sind all Ihre Erfahrungen mit diesem Trank bekannt – war der Vorgang über einen längeren Zeitraum verteilt gewesen. Dazu kommt, dass wenn auch der Trank in Bezug auf den Zeitaufwand und den Bestandteilen durchaus kompliziert ist, ist es der Trank selbst nicht. Man benötigt nicht besonders viel Magie, um ihn herzustellen. Ich glaube auch, dass Sie in Ihrem fünften Jahr einen Protego gezaubert haben?"

Mit der Frage im Kopf, woher er das wusste, nickte sie und fügte dann hinzu: „Ja, Sir."

„Wieder, Miss Granger, nur ein einzelner Zauber. Um den Grad an magischer Verausgabung zu erreichen, in dem ich Sie vorgefunden habe, müssten Sie den Zauber über mehrere Tage hinweg und selbst dann noch über eine längere Zeitspanne am Stück hervorgerufen haben." Er hielt inne und sagte dann: „Ich vermute, der Zauber, der Sie in diesen erbärmlichen Zustand versetzt hat, war eine Art von Schutzzauber gewesen?"

Hermine zuckte zurück und starrte ihren Professor mit aufgerissenen Augen an. „Woher wissen Sie das?"

Professor Snape, der bis zu diesem Punkt vor ihrem Tisch gestanden hatte, drehte sich um und ging hinüber zu seinem eigenen Schreibtisch. Er lehnte sich genauso dagegen, wie sie es immer in ihrer Rolle als Professor Granger-Snape getan hatte. „Ich weiß es, Miss Granger, weil die Unverzeihlichen und mächtigsten Schutzzauber immer den größten Anteil an Magie in einem Menschen beanspruchen." Er verstummte und blickte sie mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Und auch aus genau demselben Grund", fügte er schließlich hinzu.

Wieder eine Pause und ein erwartungsvoller Blick. „Was könnte wohl der Grund dafür sein, Miss Granger?"

Ein begeisterter Nervenkitzel erfasste sie, als sie erkannte, dass er ihr neues Wissen anbot und nach ihrer Meinung fragte. Oh, lieber Gott, er fragte sie. Er fragte. Sie. Hermine Granger.

Professor Severus 'Ich hasse alle Gryffindors' Snape bat sie darum, eine Frage zu beantworten. Das war … das war … besser als Weihnachten. Besser als Schokolade.

Hermine setzte sich in ihrem Stuhl auf, und wie es bereits zu ihrer Gewohnheit geworden war, schob sie ihre Hände unter ihre Beine. Aber selbst ohne ihre gehobene Hand konnte man nicht die Energie ignorieren, die ihren Körper erfasst hatte. Die Herstellung des magischen Bettlakens gab ihr die Antwort auf seine Frage. „Man muss sie meinen", antwortete sie. „Es reicht nicht aus, nur zu sagen, dass man sie meint, dass man sie meinen möchte, sondern man muss wirklich die Absicht haben, sie zu meinen."

Sie verstummte und schloss ihre Augen, um sich besser an die Magie zu erinnern, die sie kanalisiert hatte, um das Laken und das Siegel zu erstellen. Sie erinnerte sich an ihre Gedanken und Wünsche das Leben von Professor Snape einfacher zu machen; ihn zu beschützen und vor den Dingen zu bewahren, die das Leben ihm entgegenwarf. Als sie wieder ihre Augen öffnete, lächelte sie ihren Professor an. „Halbherzige Bemühungen werden kein Ergebnis liefern. Man muss bereit sein alles von sich selbst in die Magie, in den Zauber, zu legen."

„Akzeptabel." Seine Antwort war einigermaßen neutral, aber Hermine hatte den Eindruck, er war mit ihrer Antwort zufrieden.

„Kinder, Miss Granger, wird dieser Zauber vor ihrem Abschluss des siebten Schuljahres aus zahlreichen Gründen nicht beigebracht. Sie sind eine der ältesten Ihres Jahrgangs – ein Umstand, der sich zu Ihren Gunsten ausgelegt hat. Sie hatten Glück, Miss Granger. Und auch wenn Gryffindor dem Irrglauben verfallen sind, dass das Glück immer auf ihrer Seite stehen wird, lassen Sie sich eines Besseren belehren, denn das Glück ist ziemlich launisch und eine unzuverlässige Beschützerin und man sollte sich besser nicht auf sie verlassen."

„Aber abgesehen von der Gefahr sich zu verausgaben, wie könnte solch ein Zauber gefährlich sein?"

„Tss, tss, Miss Granger, wie überaus enttäuschend. Sie denken nicht. Schon wieder, wie ich hinzufügen darf. Ich habe Ihnen gesagt, es gibt zwei Arten von Zauber, die den Ausführenden signifikant beeinträchtigen."

Dann traf es sie. „Oh. Die Unverzeihlichen. Man muss bereit sein Herz und Seele …" Sie verstummte und ließ ihren Gedanken unvollendet zurück, während ihr Verstand bereits zu der Schlussfolgerung, die Professor Snape ihr gerade offenbart hatte, eilte. Als sie das Laken angefertigt hatte, hatte sie sich der Magie vollkommen hingegeben. Sie konnte sich an die Wärme der alten Magie erinnern, wie sie von ihr getragen worden war, und wie die Magie durch sie hindurchgearbeitet hatte. Sie konnte sich kaum vorstellen, welchen Schaden sie ihrem innersten Fundament, ihrem Kern, ihrer Seele angetan hätte, wäre die Magie und die Macht, in der sie so aufgegangen war, böse und dazu gedacht gewesen zu verletzen oder sogar zu töten.

Hermine erfasste ein Schauer bei diesem Gedanken. Jemand, der mit solch einer Magie in Berührung kam, würde für immer die Narben tragen. Als sie sich wieder auf den Lehrer konzentrierte, der sie argwöhnisch beobachtete, wusste sie jetzt etwas, über das sie, Ron und Harry nur spekuliert hatten. Professor Snape hatte diese Zauber bereits ausgeführt. Sie wusste nicht wie viele oder wie oft oder unter welchen Umständen, aber sie konnte schon beinahe die Wunden erkennen. Anstatt in diesem Augenblick verängstigt oder angewidert zu sein, beeindruckte sie seine Stärke und sein Willen. Er hatte wirklich das finsterste Tal durchwandert. Aber er hatte die Kraft gehabt es wieder zu verlassen … dafür fehlten ihr einfach die Worte.


+++




Severus wartete, beobachtete das Mädchen, wie sie die Informationen, die sie gerade von ihm erhalten hatte, verarbeitete. Er bemerkte, wie ausdrucksstark ihr Gesicht war, ihre Gedanken und Emotionen waren für jedermann ersichtlich. Miss Grangers Freude, dass er sich mit ihr unterhielt, war einfach an ihrer Körpersprache und ihren leuchtenden Augen zu erkennen, auch wenn er nicht begreifen konnte, warum ihr sein Respekt so wichtig war.

Er fuhr damit fort sie genauer zu betrachten, als sie ihre Augen schloss. Er wusste, sie hatte ihr Erlebnis mit ihrem Zauber noch einmal durchlebt. Als Ehrfurcht, Verwunderung und Freude ihr Gesicht zeichneten, fragte er sich, welchen Zauber genau sie versucht hatte. Er würde sie nicht fragen. Seine beste Vermutung war irgendein fortgeschrittener Schutzzauber für Potter. Sie nach dieser Information zu fragen, könnte sie wohlmöglich entmutigen. Sein Blick verfinsterte sich bei diesem Gedanken. Er hasste es auf dieser dünnen Linie zu laufen; auf der einen Seite musste er Harry Potter auf sein Zusammentreffen mit dem Dunklen Lord vorbereiten und auf der anderen Seite musste er den Jungen und seine Freunde vor ihren eigenen Vorbereitungsversuchen bewahren.

Dann machte das Mädchen den Sprung zu den Unverzeihlichen. Sie riss ihre Augen auf, als sie ihn anstarrte. Schrecken konnte er dort wie erwartet sehen, als sie letztendlich verstand, was genau er war und wozu er fähig war. Was er jedoch nicht erwartet hatte, war die offenkundige Bewunderung, die nur wenige Sekunden später folgte.

Um die Wahrheit zu sagen, löste dieser Ausdruck ein gewaltiges Unbehagen in ihm aus. Als er seine Roben enger um sich schloss, stand er zu seiner vollen Größe auf. „Denken Sie darüber nach, Miss Granger, und vergessen Sie nicht mich direkt nach Ihrem Unterricht an den Eingangstüren zu treffen. Sie können jetzt gehen." Herumwirbelnd verschwand er mit einem lauten Türknallen in seinem Büro.


+++




Später am Tag wartete Severus mit kaum gezügelter Ungeduld auf Miss Granger. Mit einem Blick auf die große Uhr in der Eingangshalle bemerkte er, das Mädchen hatte noch fünfzehn Minuten bis zu ihrem verabredeten Treffen. Severus war zu früh und er konnte wirklich niemand anderen als sich selbst für seine Ungeduld verantwortlich machen. Okay, er vermutete, dass er den Schulleiter dafür zur Rechenschaft ziehen konnte, da er angenommen hatte, sein Treffen mit Albus würde länger dauern.

Listiger alter Mistkerl, wie er es abgestritten hatte, ihn letzte Nacht etwas in seinen Tee gegeben zu haben, nur um ihn dann für seine Nachsitzstunde mit Miss Granger aus seinen Büro zu schmeißen, ohne dass er die Möglichkeit hatte, ihn weiter auszufragen. Und wie Albus es abgestritten hatte. Im Grunde war es sogar eine richtige Glanzleistung gewesen, um einiges besser als das letzte Mal, als wundersamer Weise Severus' Name auf der Betreuerliste für den nächsten Hogsmeadeausflug aufgetaucht war. Albus erschien dieses Mal sogar recht glaubwürdig. Nicht, dass Severus ihm auch wirklich glaubte.

Als er die leichten Schritte über sich hörte, verschwand Severus automatisch weiter in der schattigen Nische, in der er stand. Von seiner Position aus konnte er Granger im zweiten Stock, und wie sich die Treppe gerade von ihr abgewandt hatte, sehen. Ein leichtes Grinsen zog einen Mundwinkel hoch. Das Mädchen würde nicht mehr rechtzeitig unten ankommen, was bedeutete, sie hatte sich soeben einen Punktabzug für das Zuspätkommen verdient. Seine Belustigung war kleinlich, das wusste er, aber das Punktegleichgewicht umzuwerfen war eine der wenigen Freuden in seinem Leben. Jeder glaubte, er hatte sich nur die Gryffindors ausgesucht. Die Wahrheit jedoch war, er gestaltete ihren Punktabzug nur offensichtlicher, um seinen Ruf zu wahren. Er nahm genauso viele Punkte von Ravenclaw und Hufflepuff, hier war seine Taktik lediglich verstohlener.

Dann beobachtete er etwas äußerst Außergewöhnliches, etwas, was er bisher bei noch keinem Schüler gesehen hatte. Die Treppe, die sich gerade noch entfernt hatte, schwang wieder knirschend zurück.

Er hörte ihren leisen Dank an die Treppen und das Schloss. Ihr erfreutes Lachen jedoch wurde heiter und klar durch die Eingangshalle getragen. Es sah ganz danach aus, als ob Miss Granger herausgefunden hatte, dass das Schloss begrenzt empfindungsfähig war. Das Mädchen war jedoch über den bloßen Zustand von Erkennen hinaus, denn sie interagierte mit dem Gebäude. Sein Grinsen wurde zu einem Lächeln, einem ehrlichen Lächeln. Sie hatte eines der Geheimnisse des Schlosses gelüftet. Seine Meinung von ihr war gerade eben etwas angestiegen. Es sah ganz danach aus, seine Vermutungen in Bezug auf ihr Potenzial waren richtig, selbst wenn das Mädchen eine bedauernswerte Selbsteinschätzung für ihre Sicherheit besaß.

Seine Zufriedenheit zeigte sich nicht, als er aus seinem Versteck trat.

„Guten Tag, Professor Snape", begrüßte sie ihn mit einem breiten Lächeln, dasselbe offene und ehrliche Lächeln, welches sie ihm bereits das gesamte Jahr über geschenkt hatte. Ein Lächeln, welches ihn ständig vermuten ließ, dass sie etwas ausheckte. Die Zeit hatte bewiesen, dies war nicht der Fall gewesen, aber nichtsdestotrotz war seine erste Reaktion ihr Verhalten zu hinterfragen. Zweifel waren einfacher und auf lange Sicht gesehen definitiv sicherer.

Er sah, dass sie wie angewiesen ihren Reiseumhang fein säuberlich über ihren Arm gefaltet hielt. Er konnte auch die strahlende Neugierde in ihren Augen erkennen. Andere Schüler kamen vor Angst geplagt zu ihm. Diese hier allerdings, vibrierte schon praktisch von dem eingepferchten Drang, ihn mit Fragen löchern zu können. Fragen, die er ihr noch nicht beantworten würde, allerdings schrieb er ihr, wenn auch nur im Geiste, Punkte zu, dass sie ihre Begeisterung so zügeln konnte. Dass sie in dem letzten Jahr einen Funken von Zurückhaltung gelernt hatte, ließ sie in seinen Gunsten nur noch höher steigen.

„Ziehen Sie Ihren Umhang über und folgen Sie mir." Ohne darauf zu achten, ob sie auch seine Anweisung befolgte, wirbelte Severus herum und verschwand durch die große Eingangstür. Mit schnellem Schritt, jedoch machbar für Granger, welche er bereits hinter sich hereilen hörte, ging er zielstrebig zu den Toren, die Hogwarts beschützten.

Als er die Tore passiert hatte, drehte er sich um, um auf Miss Granger zu warten. Sie war leicht außer Atem, auch wenn er sich nicht sicher war, ob es von dem schnellen Tempo oder ihrer offenkundigen Aufregung herrührte.

„Kommen Sie her, Miss Granger, und nehmen Sie meine Hand."

Zufriedenheit mischte sich mit demselben Unbehagen, welches er auch schon im Klassenraum verspürt hatte, als sie ohne zu zögern und ohne Angst, wenn auch überrascht, seine Hand nahm. Er zog sie näher an sich heran, sodass sie direkt mit ihrem Rücken an seiner Vorderseite stand. Seine Hand hielt die ihre fest umschlossen, verankerte sie mit seiner Person. „Wir werden im Tandem apparieren. Es wird rauer als eine Einzelapparation sein und viele bringt es aus dem Gleichgewicht." Er erlaubte das spöttische Lächeln, welches sie nicht sehen konnte, in seine Stimme, als er hinzufügte: „Und wenn wir angekommen sind, bitte, unterlassen Sie es sich auf meine Schuhe zu übergeben."

Als Severus merkte, wie sie sich in seinen Armen vor Empörung anspannte, apparierte er sie.


+++




Hermine hatte angenommen, die Apparation mit Professor Snape ähnelte den Sprung, den sie mit Rink gemacht hatte. Sie hatte kaum gemerkt, wie Rink sie von ihrem Zimmer in Professor Snapes Gemächer gebracht hatte. Sie stellte schnell fest, wie sehr sie sich doch getäuscht hatte. Ihre Sicht schwand, als sie von großem Druck umgeben wurde, der in ihre Rippen drückte, ihr die Luft aus den Lungen stieß, bis der Drang nach Luft ein unaufhörliches Schreien in ihrem Kopf war. Es fühlte sich so an, als wenn sie aus der Zahnpastatube ihrer Eltern gequetscht worden war. Als sie schon dachte, dass sie es nicht mehr aushalten würde, war es vorbei. Sie schnappte nach Luft, als die Wellen der Übelkeit sie erfasste. Sie sank in den Arm, der um sie geschlungen war, und war ungemein dankbar für die unerschütterliche Stärke.

Sie verlor nicht ihr Mittagessen, aber es hatte nicht mehr viel gefehlt. Gott sei Dank hatte Professor Snape ihre Abreisezeit vorgezogen; sie glaubte nicht, dass sie ihr Abendessen bei sich behalten hätte. Verloren in ihrer monströsen Verlegenheit, kämpfte sie damit sich wieder unter Kontrolle zu bringen. Sie war sich jedoch bewusst, dass Professor Snape seinen Halt nicht zurückzog, bis sie die Galle wieder hinuntergeschluckt hatte und wieder auf eigenen Beinen stehen konnte.

Sobald sie ihr Gleichgewicht wieder gefunden hatte, ließ er ihre Hand los und trat einen Schritt zurück. Die Übelkeit besiegt, ergriff Hermine die Gelegenheit sich umzusehen. Sie war überrascht, vor der dreckigen Fassade von St. Mungos zu stehen. Verwirrt sah sie ihren Lehrer an. „St. Mungos, Sir?"

„Konsequenzen, Miss Granger." Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und ging zur Tür. Wie als einen nachträglichen Einfall, warf er über seine Schulter: „Jetzt kommen Sie schon. Sie haben lange genug herumgetrödelt."

Herumgetrödelt! Sie hatte nicht herumgetrödelt. Brodelnd presste sie ihre Lippen zusammen und stürmte wütend an Snape vorbei. Sie hatte ungefähr die Hälfte der Treppe hinter sich gebracht, bevor sie erkannte, wie geschickt er sie ausgespielt hatte. Sie wusste, dass er seine Worte dazu benutzte von seinen Taten abzulenken und die Menschen damit aus dem Gleichgewicht brachte. Nach der Apparation war er nett zu ihr gewesen und dann hatte er sie absichtlich verärgert. Und sie war darauf hereingefallen.

Verfluchte Scheiße! Zur Hölle mit ihm. Von ihren eigenen Gedanken errötend, bog Hermine von dem Weg, der nur im Fluchen endete, ab. Noch bevor sie ihren Abschluss machte, würde sie das Mundwerk eines Seemannes haben und es war alles nur seine Schuld.

Sie zügelte ihre Wut und ging jetzt langsamer die letzten Stufen hinauf. Ihre Hand legte sich auf den bronzenen Türgriff und sie begann sie bereits aufziehen in der vollen Absicht die Tür für ihren Professor aufzuhalten und ihn mit so viel Anstand, wie sie aufbringen würde, durch die Türe schreiten zu lassen. Sie lächelte ihn freundlich an, als sie leicht ihren Kopf neigte. „Nach Ihnen, Sir." Hinterhältiger, elender Slytherin. Noch einmal fall ich nicht drauf rein.

Anstand wurde über Bord geworfen, als Professor Snape die Fronttür und sie ignorierte und einfach, als er oben angekommen war, sich nach rechts wandte und hinter einer der Säulen verschwand, die das Dach trugen. „Vergessen Sie die Türen, Miss Granger, und kommen Sie hier entlang."

Mit dem erneuten Gefühl der letzte Trottel zu sein, unterdrückte Hermine ein Seufzen und folgte Snape. Sie war gerade hinter die Säule getreten, als eine Tür in ihrem Sichtfeld erschien.

Jetzt war sie wirklich verwirrt und kam sich noch blöder vor, als Professor Snape mit einem nachgeahmten, breiten Lächeln sich mit all der Souveränität und Anstand eines Gentlemans verneigte und die Tür für sie offen hielt.

Mit hochrotem Kopf trat Hermine durch die Tür, ging zwei Schritte und blieb stehen. Sie stand in einem offenen Foyer, das sie an den Rezeptionsbereich von der Praxis ihrer Eltern erinnerte. Es saß sogar eine Hexe an einem großen Tisch, der den Durchgang zu einem weiterführenden Korridor dahinter versperrte. Das war so ganz und gar nicht das, woran sie sich noch von ihrem ersten Besuch in St. Mungos, als Mr. Weasley von Nagini gebissen worden war, erinnern konnte. Als sie hörte, wie sich hinter ihr die Türen schlossen, wartete sie auf ihren Professor, da sie nicht genau wusste, wo sie hingehen sollte. Sie war überrascht, als Professor Snape an ihr vorbei und zu der Hexe ging, die sie ohne aufzublicken einfach durchwinkte.

Professor Snape führte sie in einen Korridor, der durch Türen in unterschiedlichen Abständen aufgeteilt war. Als sie an ihnen vorbeiliefen, konnte sie hinter einigen aktives Treiben vernehmen, aber ihr schweigender Anführer hielt nicht an, noch gewährte er ihr eine Antwort darauf, was sich hinter diesen Türen abspielte. Aber Hermine hatte den nachhaltigen Eindruck, dass er ganz genau wusste, was hinter jeder dieser Türen vor sich ging.

Gelegentlich trafen sie auf andere Leute in den Korridoren. Jedes Mal würde Professor Snape die Person mit einem Nicken grüßen. Zu Hermines wachsender Verwunderung, erwiderten die Leute es mit einem respektvollen Nicken ihrerseits. Sie brauchte nicht lange, um zu erkennen, dass Professor Snape diese Korridore mit derselben Sicherheit beschritt, wie die von Hogwarts. Die Neugier begann an ihr zu nagen, aber sie wusste es besser als ihrem Drang die Fragen auch laut auszusprechen, nachzugeben. Sie würde schon noch herausfinden, um was es ging und auch nur dann, wenn Professor Snape entschied, dass sie es wissen musste.

Sie riskierte hinter ihm ein schiefes Lächeln ihrerseits, als er sie tiefer in das Krankenhaus führte, und war sich trotz der Gerüchte der Erstklässler ziemlich sicher, dass der Zaubertränkemeister keine Augen im Hinterkopf hatte. Sie würde ihm zeigen, sie hatte ihre Lektion in Sachen Geduld gelernt … oder zumindest eine ziemlich gute Nachahmung von Geduld.

Sie folgte ihm immer weiter, über Treppen und einmal etwas, von dem sie sich ziemlich sicher war, was das magische Äquivalent zu einem Fahrstuhl war. Schließlich kamen sie am Grunde einer großen Treppe, die am Ende eines langen Korridors erschien, zum Stehen. Auf einer Anhöhe saß eine füllige Hexe mit kurzen, grauen Locken, die mit einem breiten Lächeln auf sie hinabblickte.

„Severus, willkommen zurück." Das Lächeln der Frau wurde noch größer. „Und sogar pünktlich."

Hermine war überrascht zu sehen, wie ihr Professor sich elegant halb vor der Frau verneigte.

„Wie immer", antwortete er mit dem Hauch einer Pointe eines langen Scherzes zwischen zwei Freunden.

Hermine riss ihre Augen auf und war sich nicht sicher, was sie mehr schockierte, dass die großmütterliche Hexe mit ihrem Professor scherzte, oder das ihr Professor den Scherz erwidert. Es war eines dieser Dinge, die einen an allen Wahrheiten zweifeln ließ und die Welt auf den Kopf stellte.

Ihre Welt wurde schnell wieder ins rechte Licht gerückt, als sich der scherzende Professor zurück in den gereizten Tränkemeister verwandelte. „Benehmen, Mädchen", schnappte er. „Und hören Sie auf, wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft zu schnappen." Diese Zurechtweisung hatte ihre beabsichtige Wirkung und Hermines Kiefer schnappte zu.

Als die Frau die kleinen Stufen hinunterkam, blieb sie vor ihnen stehen und streckte eine Hand in Hermines Richtung aus. „Willkommen in St. Mungos, Miss Granger."

Bei der Erwähnung Ihres Namens warf Hermine ihrem Professor einen flüchtigen Blick zu. Die Heilerin hatte den Blick offensichtlich gesehen. „Machen Sie sich keine Sorgen, Liebes. Severus hat mir von dem kleinen Vorfall mit Ihrem Magieschwund erzählt. Und jetzt würde ich Sie selbst gerne noch einmal untersuchen."

Professor Snape rümpfte geringschätzig hinter ihr die Nase. „Nicht, dass Sie mir oder Madam Pomfrey in unserer Diagnose oder Behandlung vertrauen würden."

Die Heilerin fuhr fort, als ob Professor Snape sie nicht unterbrochen hätte. „Nach Ihrer kleinen Überprüfung werden wir auf der Station arbeiten."

Er neigte königlich seinen Kopf, als ob er sagen wollte: ‚Sie sind nur ein Tagelöhner, aber ich lasse mich dazu herab, Sie anzusprechen.' „Arbeit, Miss Granger. Es handelt sich hierbei immerhin um Ihre Strafarbeit. Heilerin Alverez leitet die Station für Fluchschäden. Ich habe mir gedacht, Sie werden vielleicht davon profitieren, wenn Sie aus erster Hand sehen, wo Sie beinahe gelandet wären."


+++




Linker Fuß hoch, linker Fuß runter. Rechter Fuß hoch, rechter Fuß runter. Sie waren fast da. Fast zu Hause. Sie hätte niemals gedacht, dass der Weg von den Toren Hogwarts zur Eingangstür so lang war. Linker Fuß hoch, linker Fuß runter. Rechter Fuß hoch, rechter Fuß runter. Was hatten sich die Gründer nur dabei gedacht das Schloss so weit wegzusetzen? Linker Fuß hoch, linker Fuß runter. Rechter Fuß -

„Warten Sie kurz, Miss Granger."

Das Letzte, was Hermine wollte, war jetzt anzuhalten, nicht jetzt, wenn die Lichter des Schlosses doch schon so nahe waren. Sie war vollkommen verausgabt und jegliche Gedanken, die sie vielleicht gehabt hätte eine Heilerin zu werden, waren jetzt endgültig zerstört. Sie war hungrig. Was auch immer die Hauselfen in St. Mungos taten, die Kantine mit etwas Essbaren zu versorgen, gehörte bestimmt nicht dazu. Sie war geistig vollkommen ausgelaugt. Wenn es darum ging, in St. Mungos etwas über Konsequenzen zu lernen, dann war dies die informativste Strafarbeit, die sie je gehabt hatte. Ein Schauer lief ihre Wirbelsäule hinunter, als sie sich an einige der Dinge erinnerte, die sie gesehen hatte. Um den Ganzen noch die Krone aufzusetzen, war ihre Uniform mit Dingen bedeckt, von denen sie sich ziemlich sicher war, dass noch nicht einmal die Hauselfen sie je wieder rauskriegen würden und irgendwas Abscheuliches befand sich in ihrem linken Schuh.

Um es noch schlimmer zu machen, als eine noch nicht volljährige Schülerin, war es ihr nicht erlaubt außerhalb von Hogwarts zu zaubern und Professor Snape hatte es nicht für nötig gehalten ihre Uniform für sie mit einem Evanesco zu säubern. Sie war sich ziemlich sicher, dass er ihren derzeitigen kläglichen Zustand und Gestank mit Absicht ignorierte. Sie jedoch würde sich davon nicht verärgern lassen. Ein Umstand, wie sie sehr wohl bemerkt hatte, der wiederum ihn verärgerte.

Es war wirklich kein Wunder, warum der Schulleiter immer leicht amüsiert war, wenn er es mit Professor Snape zutun hatte. Es war wie ein stummes Spiel von dem Anderen um eine Nasenlänge voraus zu sein – wer auch immer zuerst nachgab, hatte verloren. Sie hegte auch keinerlei Zweifel, dass sie heute die meisten Runden verloren hatte. Sie war eine Amateurin, die gegen einen Meister spielte und sie hatte ihre Fassung und Geduld mehr als einmal verloren.

Entschlossen es diesmal besser zu machen, zwang sie sich zu einem Lächeln und schluckte das winzige Seufzen hinunter, welches entfliehen wollte. Als sie stehen blieb, drehte sie sich zu Professor Snape um. „Sir?"

Sie hatte noch nicht einmal die Zeit zu hinterfragen, was er tat, bevor sein Zauberstab in seiner Hand lag und sie bereits die Magie kitzelnd auf ihrer Haut spürte. Mit einem Blick auf ihre Uniform bemerkte sie, wies er den größten Teil der fragwürdigen Flecken von ihrer Kleidung entfernt hatte. Nach einem tiefen Atemzug erkannte sie, dass sie auch besser roch. Aus dem gezwungenen Lächeln wurde ein ehrliches. „Danke, Sir."

Professor Snape betrachtete sie einen Moment nachdenklich und sagte dann: „Sie haben mich heute Abend nicht in Verlegenheit gebracht." Er nickte ihr leicht zu und setzte sich dann wieder in Bewegung.

Hermine blickte seiner verschwindenden Gestalt nach. Das hatte schon fast wie ein ‚Gut gemacht' geklungen. Mit einem neuen Schwall an Energie übersprang Hermine gleich ein paar Schritte, um ihren Professor einzuholen. Als sie sich hinter ihm seinem Tempo anpasste, aalte sie sich in seinem Lob. Sie war sich ziemlich sicher, dass es ein Lob war. Vielleicht entsprach es nicht den Lobeshymnen, die sie von ihren anderen Lehrern erhielt, aber nach Severus Snapes Maßstab, war es in der Tat ein großes Lob gewesen.


+++




Während der nächsten Tage, zwischen den Abschlussprüfungen und ihrem Unterricht, dachte Hermine über die Frage nach, die Professor Snape ihr gestellt hatte: Was wollte sie von ihm?

Am Ende erkannte Hermine, dass, als sie auf keinen grünen Zweig kam und der Hogwarts Zug bereits am nächsten Tag abfahren würde, ihr die Zeit davonlief. Also tat sie das, was sie immer getan hatte, wenn in Bezug auf A.S.V.U.R eine Entscheidung getroffen werden musste. Sie zog sich in ihr A.S.V.U.R Hauptquartier, besser bekannt als ihr Himmelbett, zurück. Sie zog die Vorhänge zu, beschwor die nötigen Zauber und lehnte sich zurück gegen ihr Kopfkissen und starrte hinauf an die Decke. Es war an der Zeit über einige Dinge ernsthaft nachzudenken.

Zwölf Stunden, ein paar ernsthafte Gedanken, ein Tintenfläschchen und zwei Pergamentrollen später, stand Hermine schließlich vor den Türen zu Professor Snapes Büro. Diesmal rührte der Turniertanz der Wichtel in ihrem Bauch jedoch glücklicherweise von ihren Nerven und nicht vor Angst her. Die Zeit der Angst war vorbei – die Abschlussprüfungen waren geschrieben, die Koffer waren gepackt und alles, was jetzt noch übrig blieb, bevor der Zug sie nach Hause bringen würde, war Professor Snape zu sagen, was sie von ihm wollte.

Sie hatte lange und schwer über seine Frage nachgedacht. Ihr waren Dutzende von Antworten in den Kopf gesprungen – alles, angefangen von dem kindischen ‚Sie wollte nichts von ihm' bis hin zu der haarsträubenden Idee: ‚Ich will all Ihre Geheimnisse wissen.'

Bei dem Gedanken lächelte sie leicht. Sie hatte sich während ihrer Nachtwache Professor Snapes Gesicht zu ein paar ihrer absonderlichen Antworten vorgestellt.

Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als die Tür vor ihr aufgerissen wurde. „Wollen Sie dort stehen bleiben, bis Ihr Zug abfährt, oder hatten Sie in der nächsten Zeit noch mal vorgehabt, auch wirklich anzuklopfen?"

Hermine konnte einfach nicht anders. Sie grinste ihn an und versuchte dann schnell bei seinem finsteren Blick das Grinsen wieder aus ihrem Gesicht zu verbannen. „Ich würde gerne hereinkommen, Sir."

Mit dem finsteren Blick an seinem Platz trat Professor Snape einen Schritt zurück und erlaubte es ihr einzutreten. Sie setzte sich auf ihren gewohnten Stuhl und wartete, bis er sich gesetzt hatte.

Er vergeudete keinerlei Zeit mit Höflichkeiten. „Nun machen Sie schon", sagte er mit einer Hand gestikulierend. „Sagen Sie mir schon, wie aufschlussreich Sie dieses Jahr meinen Unterricht doch fanden und wie Sie hoffen, dass es nächstes Jahr genauso großartig werden wird. Stellen Sie Ihr Abschiedsgeschenk in der Ecke ab und verschwinden Sie."

Hermine schielte in die besagte Ecke und erkannte, dass sich ein planlos angehäufter Geschenketurm hinter der Tür befand. Die meisten Geschenke waren in den Farben von Slytherin verpackt.

„Ich habe kein Abschiedsgeschenk, Sir. Ich bin hier, um Ihre Frage zu beantworten."

Seine Aufmerksamkeit, die bis dahin auf einen Stapel von Pergamenten gerichtet war, konzentrierte sich jetzt auf sie. „Fahren Sie fort, Miss Granger."

Jetzt, wo sie seine ganze Aufmerksamkeit hatte, machte sie dieser unerschütterliche Blick mehr als nervös. Sie griff nach der Stuhlkante und zwang sich ihm die Antwort zu geben, zu der sie in den frühen Morgenstunden gekommen war. „Ich vermute, dass viele Menschen, aus vielleicht verschiedenen Gründen, Dinge von Ihnen möchten. Dinge, die Sie nicht ablehnen können, selbst wenn Sie es wollten."

Sie verstummte, um seine Reaktion abzuschätzen, aber das Gesicht des Professors war eine ausdruckslose Maske. Schwer schluckend fuhr sie fort. „Ich will nicht einer von diesen Menschen sein, Sir. Ich will nichts von Ihnen verlangen. Dennoch würde ich mir etwas wünschen, aber nur wenn Sie dazu bereit sind."

Das war jetzt der schwierigste Teil. Auf das Beste hoffend, legte sie alles auf eine Waagschale. „Ich möchte das wissen, was Sie wissen. Ich möchte … nun, einfach alles verstehen."

„Sie möchten alles verstehen", wiederholte er.

Sie war sich nicht sicher, ob es Unglaube oder Spott war, den sie aus seiner Stimme hörte.

Sie errötet leicht beschämt. „Sie denken schon wieder, dass ich nur eine Besserwisserin bin. Sie haben mir dieses Jahr einiges zum Nachdenken gegeben, Professor Snape. Und ich habe erkannt, dass Wissen und Verstehen nicht immer unbedingt dasselbe ist. Ich will verstehen. Ich denke, dass Sie es mir beibringen könnten."

„Mr. Weasley ist reinblütig, er könnte Ihnen all Ihre Fragen über die Zauberwelt beantworten."

Sie schüttelte mit dem Kopf. „Ron kann recht viel erklären. Ron ist klug." Bei Snapes hochgezogener Augenbraue fügte sie hinzu: „Um einiges klüger als die meisten ihm eingestehen. Seine Gabe ist es das Offensichtliche, was die anderen übersehen, zu erkennen. Er kann direkt auf den Punkt kommen. Was Ron nicht besitzt, ist das nötige Feingefühl."

„Für Feingefühl, Miss Granger, sollten Sie sich lieber an einen Slytherin und nicht an einen Gryffindor wenden."

Sie seufzte. „Wissen Sie, ich bin es satt, dass alles immer auf unsere Häuser reduziert wird. Aber prinzipiell haben Sie recht. Obwohl Ron reinblütig ist, kann er mir nicht sagen, warum Malfoy mich hasst. Er kann mir nicht erklären, warum Salazar Slytherin vor all den Jahren eine Freundschaft beendet und eine Schule verließ, die er offensichtlich geliebt hatte. Und wofür? Muggelgeborene. Sind wir wirklich so gefährlich? Haben sich die Zeiten nicht geändert?"

„Ist das alles, was Sie verstehen wollen, das ideologische Denken hinter der reinblütigen Rhetorik?"

„Nein, Sir. Das ist noch nicht einmal die Spitze des sprichwörtlichen Eisberges."

Er betrachtete sie wieder, während ein Finger stetig gegen seine Lippen tippte. Sie versuchte mit aller Macht, nicht unter seinem Blick herumzuzappeln. Seine Worte, als er sie denn sprach, waren nicht die, die sie erwartet hatte.

„Was aber das Wissen angeht, so verschaffst du den Schülern nur den Schein davon, nicht wirkliches Wissen. Denn da sie durch deine Erfindung vieles hören und mündliche Unterweisung, werden sie sich einbilden, vieles zu verstehen, wo sie doch gewöhnlich nichts verstehen, und der Umgang mit ihnen ist schwierig, da sie überzeugt sind, klug zu sein, es aber nicht sind."

So wie er die Worte sprach, ließ sie vermuten, dass er etwas zitierte. Ihre Verwirrung musste ihr buchstäblich im Gesicht gestanden haben.

„Sokrates, Miss Granger, und eine Definition, von der ich denke, dass sie auf Sie zutrifft."

Sie überdachte seine Worte – werden sie sich einbilden, vieles zu verstehen, wo sie doch gewöhnlich nichts verstehen. Sie vermutete, aus seinem Blickwinkel nusste sie das während ihrer Zeit in Hogwarts wirklich gewesen sein.

Der Moment der Wahrheit war da. „Werden Sie mich unterrichten?"

„Ich werde es mir überlegen."


+++



Anmerkung: Das Zitat stammt aus Platons Werke – Phaidros, 275


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