Pet Project - Erkundung
von Xaveria
Erkundung
Als Hermine langsam zurück zum Gryffindor-Gemeinschaftsraum ging, grübelte sie noch immer wütend über die Unterhaltung, die sie belauscht hatte, nach. Sie war dermaßen in ihren Gedanken versunken, dass sie dem Schloss um sich herum nicht viel Aufmerksamkeit schenkte. Die Bilder jedoch bemerkten ihre Zerstreuung und begannen aufgrund ihrer Unaufmerksamkeit zu flüstern. Sie waren es gewohnt das Gryffindor-Mädchen zielbewusst, mit erhobenem Kopf und entschlossen durch das Schloss schreiten zu sehen. Jetzt trödelte sie schon fast ziellos, ihr Kopf hing gesenkt und ihre Schritte waren eher automatisch als aus eigenem Antrieb heraus.
Mehr als ein Gemälde bemerkte auch den bösartig, finsteren Blick, der ihr Gesicht zeichnete.
Nicht nur die Gemälde, sondern auch das Schloss selbst schien ihre Gedankenabwesenheit zu bemerken, da die Treppen, anstatt dass sie Hermine in leere Luft treten ließen, wieder zurückschwangen und sich nacheinander anreihten, um sie sicher und ohne große Schwierigkeiten zurück zu ihrem Zimmer zu bringen.
„Passwort, Liebes?"
„Wa-?" Hermine hob ihren Kopf und fand sich vor dem Eingangsporträt des Gryffindor-Turms stehen, ohne genau zu wissen, wie sie überhaupt dort hingekommen war.
Die Fette Dame, die es schon gewohnt war, mit abgelenkten Teenagern umzugehen, und von den anderen Porträts von der Zerstreuung des Mädchens informiert worden war, wiederholte nur die Frage.
Hermine errötete leicht, als sie bei ihren gedanklichen Abschweifungen ertappt wurde, aber gab das Passwort mit nur einem halb gezwungenen Lächeln. „Brodelt, brodelt, doppelt plagt euch." Als sie durch die Tür kroch, fragte sie sich, ob Professor McGonagall Shakespeare gelesen hatte, als sie das Passwort für diese Woche ausgesucht hatte.
Der Gemeinschaftsraum war wie immer ein lautes, überfülltes, kontrolliertes Chaos. Gryffindors schienen von Natur aus das lauteste Haus der Vieren zu sein. Und wenn der Lärm und das Chaos ihr manchmal auf die Nerven gingen, musste Hermine zugeben, dass es genau das war, was jemand brauchte, um aus seinen versunkenen Gedanken gerissen zu werden. Sie war bereit zuzugeben, dass ihre momentanen Gedanken mehr als nur etwas durcheinander waren.
Sie erblickte Harry und Ron am anderen Ende des Raumes in einem Spiel von Zauberschach vertieft und begann sich ihren Weg durch ein paar Grüppchen von jüngeren und älteren Schülern, die sich im Zimmer verteilt hatten, zu bahnen. Unterhaltungsfetzen erreichten sie, als sie an ihnen vorbeiging.
„… acht Verwendungen für Nachtschatten? Er ist verrückt. Ich kann nur fünf Verwendungen für Nachtschatten finden. Ich sage dir, Snape muss sich die drei extra Verwendungen ausgedacht haben …"
„… werden die Chudley Cannons es diese Saison schaffen, besonders jetzt, wo sie O'Reilly haben?"
„Snape hat mir für morgen Abend Nachsitzen mit Filch gegeben …"
„Ich liebe deine Nagelfarbe. Kannst du mir den Zauber zeigen, der …"
„… hast du auch schon gehört, er hat heute einen Hufflepuff-Erstklässler zum Weinen gebracht hat …"
Der Weg zurück zum Turm hatte ihre innere Aufruhr etwas beruhigt, aber sie konnte es noch immer direkt unter der Oberfläche brodeln spüren. Jetzt stach jede Erwähnung von Professor Snape auf ihren Gryffindor-Gerechtigkeitssinn ein, verlangte, dass sie etwas unternahm.
Sie waren auf das Spiel vor sich so vertieft, dass Ron und Harry nur kurz in ihre Richtung schielten, als sie sich zu ihnen an den Tisch setzte. Sie ließ sich in einen gemütlichen, weichen Sessel fallen, das Gryffindorrot war schon längst durch die unzähligen Schüler über die Jahre hinweg, abgetragen. Sie war eher froh, dass die Jungen abgelenkt waren. Sie hatte zu viel in ihrem Kopf, um heute Abend gesellig zu sein, also vergrub sie sich in dem Sessel und richtete ihre Gedanken wieder auf die Unterhaltung, die sie gar nicht hätte hören dürfen.
Schließlich blickte Harry mit einer Grimasse zu ihr auf, als einer von Rons Läufern einen seiner Bauern enthauptete. Hermines Blick erhaschend, zog er sie aus ihren Gedanken. „Sag mir, dass du gekommen bist, um mich vor diesem unfairen Abschlachten zu retten?"
Da Harry nur ein Spiel gegen Ron gewonnen hatte, und das war der Tag gewesen, an dem Ron krank mit Fieber und halb im Koma gelegen hatte, lief Hermine nicht besonders vor Mitleid über. „Harry, wenn du bereits weißt, dass du verlieren wirst, warum bestehst du dann noch darauf, gegen ihn zu spielen?"
Harry zuckte gutmütig mit den Schultern. „Ich schätzte mal, die Hoffnung stirbt als Letztes. Ich denke jedes Mal, ich kann den rothaarigen Tunichtgut vernichten."
Der rothaarige Tunichtgut infrage richtete sich mit einem entrüsteten „Hey!" auf.
Harry grinste stur seinen Freund an.
Mit angehobener Nase wandte sich Ron an Hermine. „Also bist du mit all deinen Nachforschungen in der Bibliothek fertig geworden? Du hast uns versprochen, wenn du fertig wirst, dann kommst du morgen mit uns nach Hogsmeade. Außerdem wird es ein richtiges Fest werden, jetzt wo das Frettchen rausgeschmissen wird, weil er versucht hat, dich umzubringen, Harry." Rons Grinsen war breit und offen vor Vorfreude. „Glaubst du, Dumbledore wird eine Bekanntmachung geben?" Das gaunerhafte Grinsen wurde nur noch breiter und seine Augen begannen in einer sündhaften Nachahmung des Schulleiters, zu leuchten. „Ohh, vielleicht werden sie Malfoy vor der gesamten Schule durch die Große Halle abführen?"
Harry passte sich Rons erfreutem Grinsen an. „Nee, ich denke, Malfoy wird sich nachts einfach davon schleichen, genau wie die Schlange, die er ist. Aber Crabbe und Goyle müssen einem leidtun; sie haben jetzt niemanden mehr, der jetzt für sie denkt."
Hermine öffnete ihren Mund, um ihren Freunden zu sagen, dass Malfoy nicht gehen wird, aber sie brachte keinen Ton heraus. Sie konnte nichts sagen. Wenn sie Ron und Harry davon erzählte, würden sie wissen wollen, woher sie es wusste und aus irgendwelchen Gründen konnte sie Snapes Privatsphäre nicht in diesem Maße verletzen. Es war falsch, wie als wenn man auf jemanden eintrat, der bereits am Boden lag. Am Ende war es so oder so egal, sie würden schon früh genug herausfinden, dass Malfoy nirgends hingehen würde.
Hermine zierte sich auch ihr Wissen über das Abhörgerät, welches sie gefunden hatte, zu teilen. Harry war nicht länger in der tiefen Depression versunken, in der er durch Sirius Blacks Tod gefallen war, aber selbst jetzt noch konnten ihn Kleinigkeiten wütend und wieder im Elend versinken lassen. Die Weihnachtsferien waren für sie alle die Hölle gewesen, Harry hatte sich abwechselnd vollkommen zurückgezogen und war dann wieder auf seine Freunde zugekommen. Sie glaubte nicht, dass Harry die Neuigkeiten, dass er ausspioniert wurde, besonders gut verkraften würde, selbst wenn sich die Abhörgeräte nicht direkt auf ihn gerichtet hatten. Er würde es nur als einen weiteren Schlag der Erwachsenen betrachten, die versuchten ihn gleichermaßen zu beschützen und ihm das nötige Wissen und die nötigen Fähigkeiten zu vermitteln, die er brauchte, um, wenn es an der Zeit war, Voldemort zu besiegen.
„Also, Hermine, Hogsmeade?", fragte Ron erneut.
Es ist nur zum Besten, dachte sie, während Hermine nicht versuchte weiter über die Tatsache nachzudenken, dass sie ein ziemlich großes Geheimnis vor ihren beiden besten Freunden hegte.
„Sicher", antwortete sie, und zwang sich ihretwegen ein Lächeln ab. Mit einem eindeutig unwohlen Gefühl vor ihren Freunden Geheimnisse zu haben, entschied Hermine, sich in ihr Zimmer zurückzuziehen, bevor sie noch dazu gezwungen wurde richtige Lügen zu erzählen, anstatt nur die Wahrheit zu verheimlichen. Aufstehend sammelte Hermine ihre Bücher ein, für die sie eigentlich in die Bibliothek gegangen war. „Ich sehe euch beiden dann morgen in der Großen Halle und dann können wir zusammen nach Hogsmeade gehen. Gute Nacht."
Mit einem abgelenkten „Gute Nacht" wandten sich die beiden wieder ihrem Spiel zu und Hermine machte sich auf in ihr Zimmer.
+++
Hinauf an ihre schattige Bettdecke starrend, lauschte Hermine dem sanften Schnarchen von Lavender in dem Bett neben ihr. Sie hatte vor einer Stunde aufgegeben einzuschlafen. Sie hatte schon vor sehr langer Zeit gelernt, dass wenn ihr Kopf mit Fragen gefüllt war, Schlaf das Erste war, was ihr abhandenkam. Heute Nacht konnte sie ihre Gedanken über Professor Snape und die Unterhaltung, die sie belauscht hatte, einfach nicht abschütteln. Sie war sich noch nicht einmal wirklich sicher, warum sie zu seinen Gunsten so wütend war, aber da war einfach etwas an den Umständen, die ihn angetan wurden, an den Vermutungen, die über den jungen Sirius, James und Professor Snapes Persönlichkeiten angestellt wurden, die sie tief in ihrem Inneren störte. Es war dieselbe Wut, die sie dazu veranlasst hatte B.E.F.L.E.R zu starten, eine Wut, aus der sie entschieden hatte, dass wenn sich niemand sonst für die Hauselfen einsetzte, sie es tun würde.
Sie setzte sich in der Dunkelheit auf, entließ etwas von ihrer angefressenen Frustration, in dem sie ihr Kissen in eine bequemere Form boxte, bevor sie sich wieder auf die Seite legte. Mit einer ausgestreckten Hand strich sie durch Krummbein warmes Fell. Es war dasselbe Gefühl gewesen, welches sie dazu veranlasst hatte diesen einen Tag in der Winkelgasse in der Magischen Menagerie sich für den rötlich-braunen Kater zu entscheiden. Krummbein war ein felliges Monster mit einem hässlich, zerquetschten Gesicht und einem zischenden, beißenden Temperament, was dazu führte, dass alle Einkäufer an ihm vorbeigingen. Niemand sonst wollte den Halbkniesel haben. Hermine hatte ihn nur einmal angesehen und noch nicht einmal gezögert.
Sie rieb sein weiches Ohr, bis ein schlafender Krumm nach ihr schlug. An diesem Tag hatte sie etwas anderes in der Katze gesehen. Sie hatte ihm eine Chance gegeben und er hatte sich seit dem Tag, an dem sie ihn gekauft hatte, immer wieder aufs Neue bewiesen.
Also, was war nun mit Professor Snape? Hermine lächelte in die Dunkelheit bei den Gedanken an ihren Zaubertränkelehrer als ein zischender, hässlicher, räudiger, schwarzfelliger Kniesel. Diese Analogie war jedoch zu einfach. Das wusste sie. Professor Snape war einfach ein viel zu komplizierter Mann, als das man ihn in eine Schachtel mit der Aufschrift ‚Erinnert mich an meine Katze und Hauselfen' stecken könnte und doch tat sie es.
Sie hatte nie wirklich ernsthaft über Professor Snape nachgedacht. Er hatte einen schön säuberlichen Stempel in ihrem Kopf – Lehrer, gemein, sich nur mit Vorsicht nähern, Dumbledore vertraut ihm. Dieser Stempel hatte ihn und ihre Interaktionen mit ihm definiert, aber sie hatte sich immer nur oberflächlich mit ihm beschäftigt. Jetzt wollte sie tiefer gehen. Natürlich war das, worüber sie gerade nachdachte, vollkommen albern, die Art von Albernheit, die für gewöhnlich Gryffindors ihren ‚Erst wagen, dann wägen- Ruf einbrachten. Sie konnte den Gedanken an Professor Snape einfach nicht loslassen. Sie brauchte mehr Informationen, die Art von Informationen, die man nicht in irgendwelchen Büchern finden konnte. Sie brauchte praktische Informationen und die einzige Möglichkeit diese zu bekommen, war Professor Snape auszuspionieren. Einen Spion auszuspionieren. Ihr vielen nur wenige Dinge ein, die noch gefährlicher für einen Schüler war, als den berüchtigtsten Lehrer Hogwarts auszuspionieren, den zweifelsohne tödlichen Hauslehrer von Slytherin.
Ungeachtet ihrer Angst hatte sie Fragen und Hermine Granger war noch nie jemand gewesen, die sich von unbeantworteten Fragen abwandte. Sie hatte etwas über die Knechtschaft der Elfen und dem grauenhaften Temperament von Krummbein hinausgesehen. Wenn sie nur genau hinschauen würde, was würde sie dann in Professor Snape sehen?
+++
Trotz des wenigen Schlafes in der Nacht zuvor war Hermine dennoch vor den beiden Jungen unten in der Großen Halle gewesen. Sie war nicht besonders böse, da dies ihr ein paar ruhige Minuten gab den Lehrertisch in Ruhe zu beobachten. Mit ihren Gedanken an letzte Nacht, umrundete Hermine den Gryffindor-Tisch, setzte sich gegenüber von ihrem üblichen Platz hin. Ihr neuer Blickwinkel würde es ihr erlauben die Lehrer zu beobachten, ohne ihren Hals verrenken zu müssen; ein Manöver, welches Professor Snape sicherlich bemerken würde.
Mit gesenktem Kopf und an einer Scheibe Toast knabbernd, beobachtete sie durch ihre Lider hindurch den Lehrertisch. Sie war etwas überrascht Professor McGonagall mit einem verkniffenen Blick von Missbilligung zu sehen, den Hermine immer mit einer wütenden Hauslehrerin verband. Sie hätte gedacht, dass der Schulleiter und die stellvertretende Schulleiterin ihre Unstimmigkeiten aus der Welt geschafft hätten. Jedoch war es offensichtlich, wie die Verwandlungsmeisterin steif neben dem Schulleiter saß, dass was auch immer zwischen den beiden letzte Nacht gesagt wurde, Professor McGonagall noch immer aufgebracht war. Für einen Moment wünschte sich Hermine sie könnte einen Blick unter den Tisch werfen, um zu sehen, ob der Schulleiter Socken trug. Bei diesem Blick bezweifelte sie es allerdings.
Ihr Blick flog den Tisch hinunter und richtete sich auf Snape, wie er lustlos in seinem Essen herumstocherte. Mit großer Mühe versuchte Hermine den Mann nicht durch die Maske des ‚gefürchteten Zaubertränkemeisters' zu betrachten, sondern vollkommen objektiv.
Das Bild, welches sich vor ihr formte, war ziemlich erschreckend. Den Mann, den sie sonst immer mit streng kontrollierter Macht in Verbindung gebracht hatte, saß gelangweilt und lustlos am Tisch. Er sah müde aus, Ringe zeichneten sich dunkel unterhalb seiner Augen ab. Seine blasse Haut hatte eine ungesunde Färbung angenommen. Sie hatte sein Aussehen immer damit abgetan, dass er zu lange in seinen Kerkern eingesperrt, fern von der Sonne, gewesen war, aber als sie ihn jetzt betrachtete, sah er schon fast krank aus, als ob er seit einer sehr langen Zeit nicht mehr vernünftig geschlafen und gegessen hatte.
Hermine war sich nicht sicher, wie lange sie ihn angestarrt hatte, aber es dauerte nicht lange, bis er aufblickte und sich in der Großen Halle umblickte. Ihren Blick senkend, konzentrierte sie sich darauf eine weitere Scheibe zu beschmieren. Erst als diese Aufgabe erledigt war, riskierte sie einen erneuten Blick. Wie schon zuvor brauchte er nicht lange, um zu merken, dass jemand ihn beobachtete. Diesmal überflog Professor Snapes Blick die Halle noch schneller, so schnell sogar, dass er sie erwischte, ein spöttisches Lächeln, von dem sie wusste, dass es sich in einem Kräuseln seiner Oberlippe mit einem stummen Knurren äußerte.
„Ey, Hermine!"
Rons lauter Gruß brach die Verbindung zwischen Hermine und Snape. Sie schaute zurück auf ihr Frühstück, jedoch war der Schaden für den Tag bereits angerichtet. Ihr Professor würde ab jetzt vorsichtig sein; sie würde heimtückischer sein müssen, wenn sie sein Misstrauen nicht wecken wollte.
Sie entschied sich ihren rätselhaften Professor für den Moment zu vergessen und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Ron und Harry, als sie sich gegenüber von ihr hinsetzten. Ron verschwendete keine Zeit damit Eier und Schinken auf seinen Teller zu schaufeln, während Harry nach dem Kürbissaft griff.
Halb durch das Frühstück, währenddessen Ron darüber debattierte, ob er noch ein oder zwei Streifen Schinken bräuchte, erkannte Hermine, dass sie etwas äußerst wichtiges während ihres ersten Streifzuges als Spionin gelernt hatte. Snape war, aus Mangel einer passenden Beschreibung, überaus neurotisch. Er war wie ein vollblütiges Rennpferd, so angespannt, welches bis auf die kleinste Kleinigkeit sensibilisiert war. Der Mann schien einen unheimlichen Sinn dafür zu haben, wann er beobachtet wurde. Dass er in der Lage gewesen war zu wissen, dass ein Schüler aus dreihundert, ihn beobachtet hatte, sagte einiges über den Status seiner Paranoia, seiner Empfindlichkeit und seiner Macht an Magie aus. Es war ziemlich nervtötend.
Es war wie ständig unter dem Druck der UTZes zu stehen, ohne jemals erleichtert zu werden. Es war kein Wunder, dass er ständig die Schüler angriff und ihre Köpfe abbiss. Wenn sie diese ständige Anspannung mit sich herumtragen würde, würde sie vermutlich auch jeden angreifen.
Während Hermine in ihren Gedanken versunken war, fuhren die Jungen mit ihrem Frühstück fort und diskutierten, was sie bei ihrem Stopp beim Honigtopf mitnehmen würden. Als Ron seinen letzten Schinkenstreifen gegessen hatte, erschien Professor McGonagall hinter Harry. „Mr. Potter, wenn Sie mir bitte folgen würden."
Ron machte Anstalten ebenfalls aufzustehen, aber hielt bei Professor McGonagalls nächsten Worten auf halben Weg inne. „Nicht Sie, Mr. Weasley." Mit einem halb verunsicherten Blick zwischen Ron und Hermine folgte Harry der brüsk laufenden Professorin.
Ron setzte sich zurück, nachdem er Harry verschwindender Gestalt einen besorgten Blick zuwarf. „Um was glaubst du, geht es? Sie sah nicht besonders glücklich aus."
„Ich bin mir nicht sicher. Harry wird es uns sagen, wenn er zurückkommt", antwortete Hermine. „Es geht wahrscheinlich nur um den Unterricht." Hermine zog sich innerlich bei ihren Worten zusammen. Sie hatte eine ziemliche genaue Ahnung, warum Professor McGonagall mit Harry alleine sprechen wollte und wusste, es würde nicht gut laufen.
Diese Vermutung wurde bestätigt als Harry mit einem mörderischen Gesichtsausdruck zurück in die Große Halle kam, die Luft um ihn herum schien von kaum kontrollierter Magie zu knistern.
„Harry, was …?"
„Nicht hier", knurrte Harry, indem er Ron unterbrach. Verengte, grüne Augen trafen die Gesichter, die sich neugierig zu ihnen umgedreht hatten, und er schnappte sich seine und Rons Umhänge und stieß den schwarzen, schweren Stoff in die Arme seines Freundes. „Lass uns verschwinden."
Hastig zog Hermine ihren Wintermantel um sich, bevor, gefolgt von Ron, Harry durch die Tür verschwinden konnte.
Harrys schnelle, wütende Schritte führten sie schon fast rennend hinaus auf das Gelände. Erst als sie die Tore von Hogwarts hinter sich gelassen hatten, verlangsamte er sein Tempo und die Aura von angesammelter, emotionaler Magie beruhigte sich.
Ron entschied, dies war der Zeitpunkt, die Befragung zu beginnen, so wie immer, direkt auf den Punkt gebracht: „Was ist passiert, Mann?"
„Sie schmeißen ihn nicht raus." Es gab keinen Grund zu fragen, wen Harry meinte.
„Unmöglich! Sie müssen ihn rausschmeißen."
„Oh, nein, müssen sie nicht. Sie müssen gar nichts tun." Harry hob seine Stimme, um Professor McGonagall zu imitieren. „Sie müssen unsere Position verstehen, Mr. Potter. Wir müssen unsere Handlungen äußerst genau abwägen, Mr. Potter. Ich bin mir sicher, Mr. Malfoy wollte Ihnen nur einen Streich spielen, Mr. Potter." Harry verwarf die Fistelstimme und sprach normal weiter. „Ein Streich! McGonagall und Dumbledore wollen mich glauben lassen, dies soll alles nur ein harmloser Streich gewesen sein."
Rons Wut vermischte sich mit Harrys. „Machst du Witze? Malfoy hat versucht, dir den Schädel einzuschlagen. Wie können sie nur daran denken ihn hier zu lassen?"
Harry hatte angehalten und damit begonnen in einen engen Kreis um Hermine und Ron herumzulaufen. Hermine drehte sich immer mit, sodass Harry immer vor ihr blieb.
„Oh, es wird noch besser", sagte Harry. „Nicht nur darf der sogenannte Prinz von Slytherin bleiben, man hat mir verboten, darüber zu reden. Niemand, der nicht dort gewesen ist, darf davon erfahren. Wie soll ich denn die Welt vor Voldemort retten, wenn Malfoy mich vorher ‚ausversehen' umbringt?"
Es war ein Zeichen wie wütend Ron war, dass er noch nicht einmal zusammenzuckte, als Harry den Namen des dunklen Zauberers nannte. „Das ist absoluter Wahnsinn."
Auch wenn sie wusste, es war eine verlorene Schlacht , übernahm Hermine ihre Rolle als die Stimme der Vernunft: „Harry, der Schulleiter und Professor McGonagall haben recht. Sie dürfen das Gesamtbild nicht aus den Augen verlieren. Sie können es sich jetzt nicht leisten Widerstand zu leisten und so Aufmerksamkeit auf Hogwarts zu ziehen." Hermines Stimme sank zu einem groben Flüstern. „Ganz zu schweigen davon, sollte Malfoy von der Schule verwiesen werden, könnte es Professor Snapes Leben in Gefahr bringen. V-Voldemort würde den Professor dafür bestrafen Malfoy nicht beschützt zu haben. Du weißt, er würde es tun."
Harrys Blick war hart und unnachgiebig. „Dann würde die verdammte Fledermaus endlich das bekommen, was sie verdient. Er ist den Todessern beigetreten. Lass ihn doch das ernten, was er verdammt noch mal gesät hat."
Schockiert zog sich Hermine zurück. Über Harrys Schulter konnte sie sehen, dass selbst in Rons Gesicht ein gewisser Grad an Unbehaglichkeit bei den Worten seines Freundes zu sehen war.
Hermines Gesicht lief rot an, als ihre Wut wuchs. Ihre eigenen geplagten Gedanken und Gefühle in Bezug auf Professor Snape kamen in ihren Worten zum Vorschein. „Du arroganter, scheinheiliger Idiot! Professor Snape hatte einen Fehler als er 18 Jahre alt gewesen war gemacht. Es war ein großer Fehler, das gebe ich zu, aber ein Fehler, den er seither versucht wieder gut zu machen. Er hat nichts anderes getan, als uns drei immer wieder und wieder zu beschützen. Wir mögen vielleicht seine Methoden nicht, aber wir leben noch." Sie erinnerte sich an den Kommentar das Malfoy einlösbar sei und fügte hinzu. „Wir kennen außerdem nicht den Plan vom Schulleiter und Professor Snape; Malfoy hier an der Schule zu haben könnte wichtig sein. Und Dumbledore hatte Sirius nicht von der Schule verwiesen, als dieser Professor Snape bei einem kleinen Streich fast umgebracht hatte. Sind es nur Gryffindors, die eine Sonderbehandlung bekommen dürfen?" Hermine wusste nicht, warum sie die letzten Worte gesprochen hatte, aber sie wusste, sobald sie ihren Mund verlassen hatten, dass sie ein Fehler waren, als Harrys Gesicht erst aschfahl und dann blutrot anlief.
„Das", zischte Harry, „ist nicht zu vergleichen. Sirius hatte einen neugierigen Snape einen Streich gespielt. Malfoy hat versucht, mich umzubringen."
„Aber-" Hermine hielt inne, als es klar wurde, dass Harry ihr nicht mehr zuhörte. Ihre Wut verblasste, es blieb nur noch eine seltsame Traurigkeit zurück. Der Kreis, der vor 20 Jahren begonnen hatte, wiederholte sich erneut.
Harry war jedoch noch nicht fertig. „Aber du hast mit einer Sache recht. Es gibt eine Gemeinsamkeit. Snape hat Schuld."
„Harry!"
Als Harry zu ihr herumwirbelte, trat Hermine einen Schritt zurück, plötzlich erschrocken über den Gesichtsausdruck ihres Freundes. „Er hat damit etwas zutun. Man kann ihm nicht vertrauen, und das hier beweist es. Und weißt du was, Hermine? Ich bin es satt leid, dass du ihn immer verteidigen musst. Dieser Mistkerl ist es nicht wert, dass er auch nur von irgendjemand verteidigt wird."
Mit diesen letzten Worten wirbelte Harry herum und machte sich auf den Weg nach Hogsmeade. Hermine stand wie angewurzelt da, Harrys letzte Worte hallten noch immer in ihren Ohren. Ron warf einen verzweifelten Blick zwischen Hermine und Harrys schnell verschwindenden Rücken hin und her, unsicher, was er tun sollte.
Von einer plötzlichen Müdigkeit übernommen, sah Hermine zu Ron, als sie ihren Kopf in Harrys Richtung neigte. „Geh schon. Hol ihn ein. Rede mit ihm … versuch ihn zu beruhigen." Sie vollführte eine vage, hilflose Handbewegung. „Mach, was auch immer du kannst. Ich gehe zurück zum Schloss."
Ron starrte sie eine ganze Weile an, bevor er nickte. Auf seinen Fersen kehrt machend, rannte er Harry nach.
Der Weg zurück zum Schloss war kalt, Januarwinde peitschten um ihren Mantel, zerzausten ihr Haar in Knoten, für die sie später Stunden brauchen würde, um sie wieder loszuwerden. Kälter als die Winde jedoch waren Harrys letzte Worte.
Dieser Mistkerl ist es nicht wert, dass er auch nur von irgendjemand verteidigt wird.
Stimmte das wirklich? Verdiente es nicht jeder jemanden auf seiner oder ihrer Seite zu haben? Jemanden zu haben, der Wache hielt, während sie schliefen? Jemand, der sich um sie sorgte? Ihr Gesicht verfinsterte sich bei ihren nächsten Gedanken – selbst Voldemort hatte Pettigrew.
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Samstag, 01.07.
Freitag, 02.06.
Mittwoch, 24.05.
Hau mich ruhig.
Tom Felton zu Emma Watson bei den Dreharbeiten zur Schlagszene im dritten Harry-Potter-Film