Anmerkung Übersetzer: Hierbei handelt es sich um eine genehmigte Übersetzung! Cariae hat mir die Erlaubnis gegeben ihre FF zu übersetzen und in deutschen Archiven zu veröffentlichen. Falls es euch kribbelt und ihr das Original mal lesen wollt, das könnt ihr hier finden:
In dieser FF wird Vector den Vornamen Miranda tragen. Das liegt daran, dass die Autorin diese FF angefangen hatte, bevor Vectors Vorname bekannt gemacht worden war und die Autorin hatte sich dann dazu entschieden den Namen beizubehalten. Aber jetzt viel Spaß.
-----------------------
Offenbarungen und Lauschen
Severus sollte es besser wissen, als über die Wut seiner Kollegin zu lachen. Wahrscheinlich war es auch nicht seine beste Idee gewesen darauf hinzuweisen, dass ihr schottischer Akzent dem eines Hafenarbeiters aus Edingburgh in nichts nachstand. Natürlich belog er seit fast 20 Jahren einen instabilen Wahnsinnigen und er war dafür bekannt Albus Dumbledore nur deshalb zur Weißglut zu treiben, damit der Mann das verdammte Funkeln aus seinen Augen verlor.
Also wirklich, was wusste er schon über eine sichere Vorgehensweise? Auch wenn er ein übermäßig großes Maß an Vorsicht in seinem Leben geübt hatte, so war er nach Slytherin-Standard ziemlich leichtsinnig, wenn es um die Menschen ging, die ihm schaden konnten.
So war es keine Überraschung, dass er sich die Gelegenheit Minerva McGonagall in einen stotternden, schon fast rasenden Wutanfall zu treiben, einfach nicht entgehen lassen konnte. Wenn er sie zudem richtig verstand und er hatte den Großteil seines Lebens damit verbracht Menschen genau zu beobachten, würde nur noch eine Sache genügen, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. So würde er in wahrer Slytherin-Manier darüber hinaus ein altes und blutendes Messer in Albus' Brust stoßen, was nur die Eisspitze auf seinen bereits süßen Kuchen war.
„Wirklich, Minerva", zog er die Worte in die Länge, seine Stimme von jemandem, der wahrhaftig nicht verstand, wo das Problem lag, „es war nur ein Streich zwischen Jungen."
„Ein Streich?", wiederholte Minerva empört. „Malfoys kleiner Streich hat Harry fast umgebracht. Es ist für einen Schüler vollkommen inakzeptabel, absichtlich das Leben einer anderen Person zu gefährden. Grund Gütiger, Severus! Wenn Mr. Weasley Harry nicht aus dem Weg gezogen hätte, wäre der Junge gestorben. Ich will, dass Malfoy von der Schule verwiesen wird. Ich werde nicht zulassen, dass Sie weiterhin dieses mörderische, kleine Tier verhätscheln und beschützen. Seinem Verhalten muss Einheit geboten werden."
Severus' Lächeln mangelte es an jeglicher Wärme. „Wie … außergewöhnlich passend, den jungen Mr. Malfoy als Tier zu bezeichnen. Ich glaube Ihre eigenen verhätschelten und beschützten Gryffindors betiteln ihn als Frettchen. Aber sehen Sie, Professor", knurrte Severus wütend, „dadurch wird dieser kleine Zwischenfall seinem historischen Vorgänger nur noch gerechter."
Er setzte einen Blick von Nachdenklichkeit auf, als ob er versuchen würde, sich an eine schon lang vergangene Erinnerung zu erinnern, bevor er sich leicht Dumbledore zuwandte, der hinter seinem großen Schreibtisch saß. „Erinnern Sie mich noch gleich an die Details, Albus, wenn Sie so gütig wären. Ich scheine mich zu entsinnen, dass das fragliche Tier im eigentlichen Fall ein Hund gewesen war. Richtig?" Er winkte missmutig ab, bevor Albus antworten konnte. „Aber die Details sind kaum von Bedeutung. Hund … Frettchen. Am Ende ist es derselbe Unterschied."
Als er sah, wie seine Kollegin ihren Mund öffnete, um den Streit erneut aufzunehmen, schnitt Severus ihr das Wort ab. „Mr. Malfoy wird NICHT der Schule verwiesen werden. Er wird sich NICHT entschuldigen, noch werden seine Bewegungsfreiheit oder seine Privilegien eingeschränkt. Er wird in dieser Angelegenheit eine WOCHE Nachsitzen mit Mr. Filch erhalten und das wird alles sein."
Daraufhin fand Minerva ihre empörte Stimme wieder. „Eine Woche? Es kann unmöglich Ihr Ernst sein, wenn Sie denken, eine Woche ist für das Leben eines anderen Schülers angemessen!"
„Ich bin nicht derjenige, der so denkt, Minerva. Unser hoch geschätzter Schulleiter hatte sich in diesem speziellen Fall für diese Gleichwertigkeiten entschieden. Oh ja, bevor ich das Beste noch vergesse…Mr. Potter WIRD schwören, nie wieder ein Wort darüber verlieren, Mr. Malfoy oder sonst irgendeiner Seele - besonders nicht seinen kleinen Freunden – gegenüber."
Er wusste, er sollte ihre Wut nicht so genießen, aber er freute sich schon darauf, ihr den nächsten Teil zu erzählen. „Und, Minerva, wenn er sich in all seiner Arroganz dafür entscheiden sollte, diesen Schwur zu brechen und diesen Streich erwähnt, dann wird er es sein, der kurzerhand von der Schule fliegt."
Severus wandte sich an Albus, welcher ungewöhnlich ruhig während der gesamten Konfrontation gewesen war. „Wenn Sie mich dann entschuldigen würden, Direktor. Ich werde Mr. Malfoy über die Einzelheiten seiner Strafe aufklären." Mit einer leichten Verbeugung und einem leichten Grinsen für Minerva verließ er in einen Wirbel aus Schwarz das Büro des Schulleiters.
Mit ihrem Ziel verschwunden, richtete sie ihre gesamte Wut auf Dumbledore. „Albus, Sie können niemals ernsthaft erwarten, dass er mit dieser… dieser Farce von Gerechtigkeit durchkommt. Kein Maß an Bevorzugung ist das Leben eines Schülers wert."
Minerva war so erregt, dass sie die Traurigkeit, die Dumbledores Gesicht bei diesen Worten zeichnete, nicht bemerkte. Sie bemerkte jedoch die Müdigkeit, als er seufzte. „Bitte setzen Sie sich, Minerva."
Sie jedoch war zu wütend, um sich zu setzen und blieb stehen, ihr Rücken steif vor Entrüstung.
„So erbittert, wenn einer Ihrer Schützlinge bedroht wird", sagte Albus mit einem gütigen Lächeln.
Langsam verzog sich das Lächeln zu etwas, was Minerva nicht erkennen konnte. „Minerva, bitte, setzen Sie sich. Da gibt es etwas…" Er verstummte für einen Moment und setzte erneut an. „Ich muss Ihnen noch einiges erklären."
Die Müdigkeit in Albus leiser Stimme erlangte letztendlich Minervas Aufmerksamkeit. Langsam entspannte sich die starre Linie ihres Rückens. Den Platz gegenüber vom Schulleiter einnehmend, lehnte sie sich zurück in die weichen Kissen des Stuhles. Ihr Blick jedoch blieb wachsam und verließ nie Albus' Gesicht. „Dann reden Sie mit mir."
„Auch wenn ich Ihren Wunsch, den jungen Mr. Malfoy von der Schule zu verweisen, verstehe, kann ich es nicht erlauben. Wie Sie sehr wohl wissen, bewegen Hogwarts und ich uns auf einer sehr dünnen Linie mit dem Ministerium. Selbst nach dem heutigen Streich glaubt Severus, Mr. Malfoy ist sich seiner wahren Loyalitäten noch nicht sicher."
„Ich verstehe nicht, Albus, wie die geringe Möglichkeit von Draco Malfoys Erlösung ihm das Recht einbringt, von Ihnen oder dieser Schule für seine Taten beschützt zu werden. Da gibt es vermutlich mehr als Sie mir sagen. Als Ihre Stellvertreterin habe ich Sie und Ihre Entscheidungen seit vielen Jahren unterstützt, Albus, jedoch werde ich nicht Schüler unterstützen, die das Leben anderer gefährden. Egal wie sehr Severus auch glaubt, dass dieses Thema bereits abgeschlossen sei-"
Albus unterbrach sie mit grober Stimme. „Es ist abgeschlossen, Minerva." Sie war geschockt, als sie den eisigen Ton hörte und die harten, blauen Augen sah. Sie wusste bereits seit Jahren, es steckte mehr hinter dem Schulleiter als seine exzentrische, großväterliche Person offenbarte, trotzdem überraschte es sie immer wieder, wenn sie einen flüchtigen Blick auf den Zauberer erhaschte, der als der mächtigste in der Zauberwelt angesehen wurde.
Er schockte sie so sehr, dass sie schwieg. Sie blinzelte erstaunt. Dann war auch genauso schnell wieder das harte Leuchten in seinen Augen verschwunden und der mächtige Zauberer wurde wieder durch den leicht kauzigen, alten Mann ersetzt. Der Übergang dieser Wandlung ließ sie leicht atemlos.
„Vergeben Sie mir. Sie haben recht. Es steckt mehr dahinter. Severus hat seine Gründe meine… Unterstützung in dieser Angelegenheit, wenn Sie so wollen, zu erwarten. Ich werde versuchen es zu erklären, aber damit Sie es vollständig verstehen, müssen Sie begreifen, dass diese Geschichte vor Toms Aufstieg zur Macht begann, als er lediglich versuchte sich in den Kreisen der Reinblütler einen Namen zu machen. Tom gewann an Macht, und ich wusste, dass er innerhalb weniger Jahre zu der größten Gefahr, die die Welt seit Grindewald je gesehen hatte, heranwachsen würde. Unglücklicherweise wollte mir niemand Glauben schenken. Diese Überzeugungen, diese Gedanken hatten einen großen Einfluss auf das, was passierte. Das müssen Sie bedenken, während ich Ihnen erkläre, was geschehen war, um mein Denken zur damaligen Zeit zu verstehen."
Minerva beobachtete Albus, wie er innehielt, dann einen Finger gegen die Seite seiner langen, gekrümmten Nase rieb. Sie war beunruhigt, als sie bemerkte, wie ein leichtes Zittern die Zuverlässigkeit seiner Hand störte. Was auch immer Albus beichten würde, hatte selbst nach all den Jahren immer noch die Macht ihn so heimzusuchen. Sie war noch immer wütend und sie wollte noch immer ihre Antworten, aber dennoch verspürte sie den Drang diesem Mann, der sie fast ihr ganzes Leben lang begleitet hatte, Trost zu spenden.
„Ich bin mir sicher, Albus, dass was auch immer Ihre Gedanken zu dieser Zeit gewesen sein mochten, sie die richtigen waren. Es lag immer in Ihrem besten Bemessen die Interessen der Zauberwelt, zu wahren.
„Oh, meine Liebe, ich wünschte, ich könnte das glauben. Ich habe geholfen die Geschehnisse in Gang zu setzen, die ich so vehement verhindern wollte." Für einen Moment verstummte er, sein Blick wurde fern, als ob er sich lang zurückliegende Erinnerungen ansehen würde. „So viele Dinge, die ich anders gemacht hätte", murmelte er leise. „So viele Fehler."
Der Schuldirektor schüttelte leicht mit dem Kopf und sein Blick konzentrierte sich wieder auf die Gegenwart, auch wenn eine Spur von Traurigkeit in seiner Stimme zurückblieb. „Vergeben Sie einen alten Mann fürs Abschweifen. Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich mich das letzte Mal an diese Dinge erinnert habe."
Mit einem leichten Seufzen begann er: „Sehen Sie, ich wusste, was passieren würde und selbst damals, begann ich mich vorzubereiten. Ich wusste schon lange, das, egal wie sehr man auch versuchte die Kinder vor dem Bösen der Welt zu beschützen, es unmöglich war. Ich wusste letztendlich, die Kinder unter meiner Obhut würden die Krieger des kommenden Krieges sein. Da begann mein erster Fehler, da ich mich um einige Kinder mehr sorgte als um andere."
Das Unbehagen, welches Minerva zuvor verspürt hatte, kehrte mit aller Kraft zurück. Sie wusste, worauf dies hinauslief, oder zumindest dachte sie, sie wüsste es. „Sie reden von James, Sirius, Peter und Remus."
Albus nickte. „Ja. Sie waren klug und stark und mutig. Ich wusste, dass sie entscheidend für das waren, was kommen würde. Ich brauchte sie und andere, die wie sie waren."
„Aber diese Vier waren für Sie etwas Besonderes."
Ein liebevolles Lächeln voller Erinnerung kreuzte das Gesicht des Schuldirektors. „Ja, sie waren etwas Besonderes. Sie können sich sicherlich an sie erinnern, Minerva, ihre Freundschaft war so stark, ihre Träume so strahlend."
Minerva konnte selbst nach all den Jahren die Zuneigung aus Albus Stimmer heraushören, selbst als alle außer Remus bereits tot und Peter an die Mächte der Dunkelheit verloren waren. Dann erinnerte sie sich daran, dass dies eine Erklärung für die Handhabung zwischen Gryffindors und Slytherins sein sollte.
„Und sie waren Gryffindors", fügte sie hinzu.
„Ja, wie Severus sagt, meine eigene Gryffindor-Voreingenommenheit." Die Worte waren kaum ausgesprochen, als Albus plötzlich aufstand und fragte: „Möchten Sie etwas Tee?" Er wandte sich von ihr ab, bevor sie antworten konnte.
Minerva konnte ihn nur verwirrt anblinzeln. Diese Nervosität war etwas, was sie zuvor noch nie an ihren alten Freund beobachtet hatte. Sie war mehr denn je überzeugt, dass noch mehr hinter dieser Geschichte steckte, und wenn es Albus dabei helfen würde, etwas Anspannung zu verlieren, war sie geduldig genug, damit er sich sammeln konnte. „Ja, Albus, eine Tasse Tee wäre wunderbar. Danke."
Sie beobachtete, wie er mit dem Teeset herumhantierte, welches in der Ecke seines Büros stand. Er fragte sie nicht, sondern bereitete ihren Tee so zu, wie sie es mochte – zwei Stücke Zucker und einen Spritzer Zitrone. Seine Gnadenfrist hielt dennoch nur so lange, als sie ihn mit einem strengen Blick musterte, bis er zu seinem Schreibtisch zurückkehrte und ihr ihren Tee reichte. „Genug Zeit geschunden, Albus", sagte sie, auch wenn ihr gewöhnlicher ‚keinen Unsinn'-Ton mit Güte bespickt war. „Ich kenne Sie bereits zu lange. Sie werden etwas sagen, von dem Sie wissen, dass ich es nicht mögen werde. Ich mag diese Situation bereits jetzt schon nicht. Ich verstehe nicht, wie es noch schlimmer werden kann."
Mit dem Löffel spielend, mit dem er seinen Tee umrührte, lehnte sich Albus zurück in seinen Stuhl. „Sie kennen mich zu gut, Minerva. Ich sollte wahrscheinlich damit beginnen, mich bei Ihnen zu entschuldigen. Damals passierten Dinge, die ich Ihnen hätte erzählen oder Sie zumindest darüber in Kenntnis setzen sollen. Meine einzige Entschuldigung ist, dass ich dachte, ich wüsste es besser – reine Arroganz meinerseits, wirklich; ein Fehler, aus dem ich anscheinend nicht gelernt habe, wie Harrys derzeitige Wut und Glaubensschwäche in mich beweisen.
„Ich ließ meine Entscheidungen von dem Gedanken, ich wüsste es besser und meiner Voreingenommenheit treffen. Ich ließ Remus Lupin als Schüler an diese Schule. Ich habe diese Entscheidung alleine getroffen. Ich habe es weder Ihnen als seine Hauslehrerin, noch habe ich es den anderen Lehrern erzählt. Remus und ich haben eine Lösung ausgearbeitet, von der ich glaubte, es hätte ihm die Möglichkeit gegeben, seine Schulbildung zu genießen und ihn aus seiner Einsamkeit, in der er gelebt hatte, zu befreien. Das erlaubte ihn Freundschaften mit anderen seines Alters zu schließen, während weiterhin die Sicherheit der Schülerschaft gewährleistet war."
Minerva nahm einen Schluck von ihrem Tee, bevor sie antwortete: „Vergeben Sie mir, Albus, aber das ist nichts, was ich nicht bereits weiß. Ich weiß, Sie haben Remus in die Heulende Hütte geschickt. Obwohl, wenn Sie die Wahrheit meiner Gefühle wissen wollen, als später dann Remus' Zustand bekannt wurde, war ich sehr wütend, dass Sie es mir nicht von vornherein erzählt haben."
„Ich erinnere mich, meine Liebe. Sie sind eine Frau mit Temperament. Es ist nicht etwas, was ich leicht vergesse, besonders, da Sie all meine Socken in Kakerlaken verwandelt haben." Sein Ausdruck von trockener Belustigung wurde schnell wieder nüchtern. „Ich befürchte, dass ich ein weiteres Mal meine Socken verlieren werde, wenn Sie erst den Rest der Geschichte gehört haben. Zur damaligen Zeit kann ich nur sagen, ich habe mir Sorgen um die Verschwiegenheit gemacht habe. Sie waren noch neu in Ihrer Position als Gryffindors Hauslehrerin und waren gerade dabei gewesen, sich einzuleben. Sie mussten sich um andere Dinge kümmern, auch wenn dies wohl kaum eine angemessene Entschuldigung war. Was ich getan habe, hätte nicht ohne Ihr Wissen getan werden dürfen."
Albus fiel einen Moment ins Schweigen. „Ihnen ist es sicherlich nicht entgangen, dass James und die anderen, Severus zu dieser Zeit für ihre Streiche auserkoren hatten."
Minerva nickte bei dem anscheinend plötzlichen Themenwechsel, auch wenn sie dem Wechsel nicht ganz folgen konnte. „Ich erinnere mich. Egal, was ich ihnen gesagt habe oder welche Strafen ich ihnen auferlegt hatte, verschwand die Feindseligkeit zwischen ihnen nie. Ich erinnere mich auch daran, dass Severus genauso viele Flüche wie James oder Sirius ausgeteilt hatte. Um jedoch die Wahrheit zu sagen, fand ich vier gegen einen unfair, aber Severus schien sich wacker geschlagen zu haben. Ich weiß, er hatte sich nie beschwert oder um Hilfe gebeten sie zu aufzuhalten, auch wenn ich mein Bestes getan habe, um sie davon abzuhalten."
Mit einem Stirnrunzeln erinnerte sich Minerva an die damalige Zeit. Letztendlich sagte sie: „Es hatte für mich immer den Anschein gehabt, dass sich ihr Hass nach der Hälfte ihrer Schulzeit, verfestigt hatte."
„Scharfsinnig wie immer, meine Liebe. Die Beziehung zwischen ihnen ging über die Abneigung zwischen Schülern in ihrem sechsten Jahr hinaus." Der Schuldirektor hielt inne, suchte nach den Worten, die gesagt werden mussten. „Das war das Jahr, in dem Sirus versuchte Severus umzubringen und Remus, als sein Mittel der Zerstörung benutzt hatte."
Minerva fuhr in ihrem Stuhl auf. „Was?"
„Zu Sirius' Verteidigung, habe ich damals nicht geglaubt, noch glaube ich es heute, dass Sirius beabsichtigt hatte, Severus umzubringen, eine Ansicht, die Severus nie geteilt hatte. Wahrlich glaube ich nicht, dass Sirius die Konsequenzen seines Tuns oder den bleibenden Schaden, der von seinen Taten ausging, vollkommen durchdacht hatte. Es waren die Taten eines verwöhnten, arroganten Jungens gewesen. Mein eigenes Handeln kann nicht so einfach schön geredet werden, auch wenn Arroganz eine Rolle gespielt hatte."
Minerva begann eine ungefähre Verbindung zwischen dieser Geschichte und dem, was früher an dem Tag zwischen Draco und Harry geschehen war, genau wie Severus Reaktion, herzustellen. „Was ist passiert?"
„Kurz gesagt, Sirius hat Severus eigene Schwäche gegen ihn verwendet. Er brach ein Versprechen, indem er den geheimen Weg zur Heulenden Hütte preisgab. Dann hatte er Severus gerade genug Informationen gegeben, dass er nicht widerstehen konnte, durch den Geheimgang zu gehen, um das Geheimnis, welches sie versucht hatte zu verbergen, zu lüften."
Minerva war schockiert. „Albus sagen Sie mir gerade, Sirius hatte Severus zu Remus geschickt, als er ein verwandelter Werwolf gewesen war?"
„Ja. Und wenn James nicht diese Information rechtzeitig aus Sirius herausbekommen und Severus in letzter Sekunde aus der Gefahr gezogen hätte, hätte Remus Severus im schlimmsten Fall getötet und ihn im Besten ebenfalls in einen Werwolf verwandelt."
„Ich habe Severus gerade eben gesagt, es sei absolut inakzeptabel für einen Schüler das Leben eines anderen Schüler absichtlich zu bedrohen." Minerva betrachtete Albus, als ob sie ihn zuvor noch nie gesehen hätte. „Es war akzeptabel, nicht wahr, Albus?"
„Unglücklicherweise war es beides, akzeptabel und nötig, oder zumindest hatte ich es damals gedacht. Als der Vorfall passierte, geriet ich in Panik. Ich hatte Remus, einen Werwolf, in die Schule gelassen. Ich wusste, die Jungen waren Animage und haben Remus Gesellschaft geleistet, wenn er sich verwandelt hatte. Ich hatte es gewusst und hatte ein blindes Auge auf die Verwandlungen geworfen. Damals waren meine Gründe, dass ich sie mit den Anfängen ihrer Verantwortung, die der bevorstehende Krieg von ihnen abverlangen würde, ausstatte.
„Dann gab es da noch Sirius. Er war seit acht Generationen der Erste aus dem Hause Black, der nicht nach Slytherin ausgewählt worden war. Ich habe das Gute in seiner Freundschaft mit den anderen gesehen, was es für ihn getan hatte. Sie halfen ihm der Mensch zu werden, von dem ich wusste, der er es sein konnte. Noch mehr meiner Gryffindor-Voreingenommenheit. Slytherin war nicht gut genug. Ich habe ihn gerettet, verstehen Sie, und dann hatte er Severus die Schuld gegeben. Ich befürchtete, dass durch den Schulverweis möglicherweise der Hass und die Bitterkeit in ihm die Oberhand ergriff und somit alles Gute verloren sein würde. Ich hatte Angst ihn an Toms wachsender Beliebtheit zu verlieren.
„Ich musste auch meine Position in Betracht ziehen. Ich hatte einen Fehler mit Remus gemacht und jetzt hatte Sirius fast einen anderen Schüler umgebracht. Es hätte Untersuchungen seitens des Ministeriums gegeben. Es wäre ein Leichtes gewesen, mich meiner Position als Schulleiter zu entheben. Mit allem, was ich in Bezug auf Tom auf uns zukommen sah, konnte ich es nicht riskieren. Ich konnte Hogwarts nicht verlieren und ich konnte den Zugang zu den Kindern, die ich eines Tages brauchen würde, nicht verlieren."
„Also haben Sie stattdessen Severus geopfert."
Albus konnte die harte Anschuldigung aus ihrer Stimme heraushören. Es war nicht mehr als er erwartet hatte. „Ja, und zu meiner Schande, hatte ich es zur damaligen Zeit als einen nicht besonders großen Verlust angesehen … einen Schaden, den ich nie vergessen habe und den er mich niemals vergessen lässt. Ich hatte meine eigenen Ängste, meine eigene Wut und Enttäuschung mit Sirius auf Severus übertragen; ich hatte mich selbst davon überzeugt, dass es Severus Fehler gewesen war. Dass er seine Nase nicht in Dinge hätte stecken sollen, die ihn nichts angingen, dass er nicht hätte lauschen sollen, dass er Sirius zur Vergeltung getrieben hatte, dass-"
„Dass er darum gebeten hatte."
Albus blickte hinab auf seine Hände. „Ja, ich habe das Opfer für den Angriff verantwortlich gemacht."
„Was ist mit den anderen Dingen, die Severus heute gesagt hat … bezüglich Malfoys Bestrafung und Harrys Schweigen?"
Seinen grauen Kopf hebend, spielte Albus mit ein paar losen Papierrollen, die vor ihm auf dem Tisch lagen. „Alles wahr. Peter war an diesem Vorfall nicht beteiligt gewesen. Ich habe nie geglaubt, dass James hinter dem Streich steckte und Remus war genauso wie Severus ein Opfer gewesen. Ich habe Sirius eine Woche Nachsitzen mit Filch gegeben und habe Severus schwören lassen, dass er nicht ein Wort über das Vorgefallene verlieren durfte."
Minervas Blick treffend, zuckte Albus zurück, als er die Wut in den Tiefen dort schimmern sah.
„Wollen Sie mir gerade sagen, Albus Dumbledore, Sie haben einem traumatisierten Jungen, der gerade die wohl schrecklichste Erfahrung mit dem Tode gemacht hatte, gesagt er … er Grundgütiger … Albus. Abgesehen von Ihren Absichten oder Ihren Zielen, haben Sie im Grunde Severus gesagt, dass sein Leben der Mühe nicht wert gewesen war, und dann haben Sie ihm verboten darüber zu reden. Keiner Wunder, dass er es gewesen war, der die Informationen durchsickern hat lassen, als Remus hier Lehrer gewesen war. Es ging nicht darum, dass Remus ein Werwolf ist. Das war nie der Grund gewesen."
„Ich habe einen Fehler gemacht, den ich nicht mehr ändern kann. Alles, was ich sagen kann, ist, das ich damals die Jungen versucht habe zu beschützen-"
Minerva fiel ihm ins Wort, ihre Lippen waren zu einer dünnen, missbilligenden Linie verzogen. „Beschützen? Sie haben sich selbst und Sirius beschützt. Wer hat Severus beschützt?"
+++
Einige Etagen entfernt stand Hermine Granger, Freundin von Harry Potter und das derzeitige Gehirn von Gryffindor, vollkommen geschockt dar, starrte auf die sich langsam drehende Messingvorrichtung, die behaglich in einer Nische an der Wand der Bibliothek ruhte.
Sie hatte nicht nach dem Gerät gesucht. Es war noch nicht einmal so, also ob sie bewusst herumgeschnüffelt hätte. Im Grunde genommen war es nur ein Unfall gewesen – das oberste Buch auf ihrem Stapel drohte herunterzufallen und in ihrem Versuch es aufzufangen, war sie gestolpert und in ein stark verziertes Wappen gefallen. Überraschenderweise war das Hufflepuff-Wappen nicht von der Wand gefallen, sondern war zur Seite gefahren und hatte die dahinterliegende Einsenkung offenbart. Professor Snape würde es nicht als einen Unfall ansehen. Würde es Dumbledore? Sie war sich nicht einmal sicher, ob die anderen Lehrer von diesem Gerät wussten. Und wenn es dieses schon gab, dann gab es vermutlich noch ein paar mehr davon.
Die Vorrichtung an und für sich war bereits genug gewesen, um ihre angeborene Neugier zu erwecken; innerhalb weniger Sekunden hatte der Rest ihrer Bücher dem Ersten auf dem Boden Gesellschaft geleistet. Die polierte Messingoberfläche warf ihr verzerrtes Spiegelbild zurück. Ohne die Blockade des schweren Wappens vernahm sie von einer tassenförmigen Scheibe, die auf dem Gerät saß, ein sich surrendes Geräusch. Sie hatte nicht den Hauch einer Chance gehabt, als sie gesehen hatte, dass das Ding Knöpfe hatte. Konnte man eine Verteidigung gegen einen Rauswurf auf zwanghaftes Verlangen auf Knöpfe zu drücken, aufbauen? Sicherlich würde der Schulleiter es ihr nicht vorhalten den kleinen lila Knopf gedrückt zu haben, der das Gerät, was im Nachhinein offensichtlich ein Abhörgerät gewesen war, in ein Empfangsgerät umfunktioniert hatte. Ein Empfangsgerät, welches in der Tat ausgezeichnet funktionierte. Ein Gerät, fügte eine leise, entsetzte Stimme in ihrem Kopf hinzu, die sie eine Unterhaltung zwischen ihren Lehrern belauschen ließ.
Hermine versuchte, die aufsteigende Panik in ihrer Brust zu unterdrücken. Sie würde so etwas von rausgeschmissen werden. Das war schlecht. Äußerst, äußerst, äußerst schlecht. Rausgeschmissen. Da gab es keinerlei Zweifel mehr. Aber dennoch lauschte sie weiter. Sie hörte nicht bei Professor Snapes spitzen Bemerkungen auf. Sie hörte nicht auf, als der Schulleiter Ereignisse aus einer lang vergangenen Zeit erklärte. Erst als sie die gesamte Geschichte gehört hatte, streckte sie eine zitternde Hand aus, um erneut den kleinen lila Knopf zu drücken. Augenblicklich verstummte die Stimme des Schulleiters.
Äußerst vorsichtig ließ sie alle Spuren, die darauf hinwiesen, dass sie das Gerät berührt hatte, verschwinden, vergewisserte sich, keine verschmierten Fingerabdrücke auf dem schimmernden Messing hinterlassen zu haben oder dass sich eines ihrer lockigen Haare in der Nische verirrt hatte. Genauso vorsichtig schob sie das schwere Wappen wieder an seinen Platz. Ihre Bücher vom Boden nehmend, ging sie zurück zu dem Tisch, den sie als ihr eigenen betrachtete.
Um Hermine herum war die Bibliothek genauso leer, wie, als sie den Raum betreten hatte. Nichts hatte sich geändert; jedoch konnte sie nicht dasselbe von sich selbst behaupten. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte ihre Neugierde ihr Wissen gegeben, mit dem sie sich nicht sicher war, was sie damit anfangen sollte. Sie hatte am Ende ihres dritten Jahres in der Nacht in der Heulenden Hütte die Geschichte des ‚Streiches' von Sirius und Remus gehört. Irgendwie passten die knappen Erläuterungen, die sie damals erhalten hatte, nicht mit der Geschichte überein, die sie jetzt belauscht hatte. Sirius hatte keinerlei Reue gezeigt. Sie erinnerte sich, wie er meinte, dass‚ Snape es verdient hätte'. Selbst Professor Lupin, der freundliche und nette Remus, hatte die Erfahrung schön geredet und das heruntergespielt, was wirklich damals vor all so langer Zeit geschehen war.
Was war mit Professor Snape, was er in dieser Nacht in der Heulenden Hütte getan hatte? Er hatte Sirius gehasst. Er hatte sich vor Remus vorgesehen. Sie erinnerte sich erst jetzt, dass Snape dachte, dass sie in Gefahr gewesen waren. Er wollte Sirius fangen, aber er hatte sie auch vor dem, von dem er dachte, dass es eine große Gefahr war, beschützen wollen. Er war ihnen in einer Position gefolgt, in der er unterlegen gewesen war. Slytherin taten so etwas nicht. Slytherins verbündeten sich und brachten Verstärkung mit.
Wie viel Mut, fragte sie sich, hatte es Professor Snape gekostet alleine in den Tunnel unterhalb der Peitschenden Weide zu klettern, um ihnen zu folgen und zu denken, dass ein Mörder und ein Werwolf dort auf ihn warteten – derselbe Werwolf, der ihn vor all den Jahren in demselben Tunnel beinahe umgebracht hatte.
Gedanken an Snape führten zu Gedanken an Dumbledore. Am Ende ihres fünften Jahres hatte sie gewusst, dass die Erwachsenen um sie herum Menschen und somit nicht unfehlbar waren. Es war eine harte Lektion gewesen und ihre Weltansicht kämpfte noch immer damit, es zu verarbeiten. Jetzt hatte sie zwei weitere Variable, die ihre Welt drohten ins Schwanken zu bringen. Sie hatte vermutet, dass sowohl die Hauselfen als auch die Porträts direkt dem Schulleiter berichteten, jedoch hatte sie nie vermutet, dass die Schüler direkt überwacht wurden. Das surrende Messinggerät war nur Beweis dieses Irrglaubens. Es war kein Wunder, dass Dumbledore immer zu wissen schien, was sie und die anderen anstellten. Er hatte die Möglichkeit direkt mitzuhören. Sie hegte keinerlei Zweifel, die Schule war sicherlich bespickt mit diesen Geräten.
Als die Minuten verstrichen und ihre kreisenden Gedanken sich legten, war es nicht die Tatsache des Belauschens und Spionierens, die sie erschütterte. Der logisch denkende Teil in ihr verstand die Notwendigkeit. Es gab einfach keine andere Möglichkeit, wie ein Dutzend Lehrer ohne etwas Hilfe – magisch oder nicht - mehrere Hundert magisch begabte Schüler unter Kontrolle halten konnten.
Nein, was sie erstarren ließ, war die brennende Wut, die sie bei dem Gedanken an die Ungerechtigkeit, die der junge Severus Snape erfahren hatte, erfüllte. Sie war entrüstet und hundertprozentig aufgebracht. Sie war zu Professor Snapes Gunsten über einen Zwischenfall wütend, der stattgefunden hatte, als sie noch nicht einmal geboren war. Selbst als sie die Absurdität der Situation erkannte, änderte es nichts an der Tatsache, dass sie zum ersten Mal in ihrer langen Geschichte des Respekts ihren Lehrern gegenüber, hinauf zum Büro des Schulleiters marschieren und ihm auf seine lange, gekrümmte Nase schlagen wollte. Sie war im Moment wütender als in dem Moment, als sie von den Hauselfen erfahren hatte. Sie hatte sich schließlich damit abgefunden, dass die Elfen stolz auf ihre Dienste waren und Freude darin fanden. Sie dachte noch immer, die Zauberwelt zog ihre Vorteile daraus, aber sie konnte den Elfen nur eine Wahl geben – sie konnte ihnen nicht allen Kleidung aufzwängen, egal wie gerne sie es auch wollte.
Die Ungerechtigkeit, die sie hier erkannte, machte sie mindestens genauso wütend. Sie wollte etwas unternehmen. Sie wollte protestieren. Sie wollte vor dem Büro des Schulleiters Streikposten aufbauen. Sie wollte Anstecker machen und Anklage erheben. Leider, vermutete sie, würde Professor Snape genauso undankbar wie die Hauselfen sein.
Unglücklicherweise konnte sie es nicht einfach auf sich beruhen lassen.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
In der Filmgeschichte hat es derart viele Werwölfe gegeben, dass wir unbedingt etwas ins Bild bringen wollten, was es noch nie zu sehen gab. Wir zeigen also nicht den traditionell behaarten Werwolf, sondern einen unbehaarten.