von timlarsson
Als Hermine am nächsten Abend auf dem Weg in das ministeriale Kontaktbüro für Hogwarts-Schüler war, war sie wie schon den ganzen Tag zuvor nicht so richtig in der Lage gewesen, ihre Gedanken zu ordnen. Erst diese für sie immer noch undurchsichtige Aktion mit Snape und McGonagall vom Vorabend und nun, wo sie dachte eine Erklärung für das Ganze zu bekommen, bestellte man sie statt ins Schulleiterbüro ausgerechnet zu Oliver Wood. Sie würde dort weitere Instruktionen bekommen, hatte Professor Slughorn ihr gesagt. Nicht einmal McGonagall selbst hatte sie davon unterrichtet, was nach Professor Slughorns Aussage allerdings daran lag, dass die Schulleiterin nicht vor Ort war sondern sich in dringenden Angelegenheiten in London aufhielt. Ob die genauere Ortsangabe mit Zaubereiministerium anzugeben sei konnte oder wollte Slughorn ihr dabei leider nicht beantworten. Auch hätte sie, bevor sie sich um kurz vor acht auf den Weg zu Olivers Büro gemacht hatte, gerne noch einmal mit ihren Freunden gesprochen, doch hatten Ginny und Henrik ihr nicht wirklich weiterhelfen können und Fred und George waren schon den ganzen Nachmittag und Abend unauffindbar gewesen. Ginny hatte zwar vermutet, sie würden vielleicht Versuche unternehmen, Snape die Karte des Rumtreibers zu entreißen aber diese Ahnung hatte sich ganz schnell zerschlagen, als sie mitbekamen, dass Neville sich sechs Stunden Nachsitzen bei Snape in dessen Büro zugezogen hatte, weil sein Gebräu aus der Zaubertrankstunde, das eigentlich nur – je nach Zutat die man hinzufügte – stark juckende Pusteln verursachen sollte, die Haut seines Unterrichtspartners Dean Thomas vollständig in Nichts auflöste. Professor Snape hatte das Missgeschick zwar relativ schnell wieder beheben können doch war der Anblick, der sich dem Rest der Klasse mit dem vollständig gehäuteten Dean Thomas bot, nicht gerade das, was man appetitlich nennt. So waren denn auch mehrer Mädchen schnurstracks aus dem Klassenraum zum Mädchenklo gelaufen und hörten auch nicht auf die Einwände von Professor Snape, was diesen zusätzlich erzürnte. Neville war dann erst kurz bevor Hermine den Gemeinschaftsraum verlassen hatte ziemlich fertig wieder aufgetaucht. Strafarbeiten bei Snape schienen also immer noch die gleiche niederschmetternde Wirkung zu haben wie früher und Hermine war froh, dieser Erfahrung bisher entgangen zu sein.
Als Hermine schließlich auf den Gang mit Oliver Woods Büro kam, beschlich sie ein sehr ungutes Gefühl. Nicht mal 48 Stunden war es her, dass sie genau an dieser Stelle von einem Werwolf bedrängt und schon so gut wie umgebracht worden war, wäre nicht im allerletzten Moment Fred aufgetaucht und hätte sie gerettet. Ein Grund mehr, nervös zu werden, wenn niemand wusste wo die Weasley-Zwillinge steckten.
Sie klopfte an die groĂźe HolztĂĽr des ministerialen KontaktbĂĽros fĂĽr Hogwarts-SchĂĽler.
„Herein, wenn’s kein Dementor ist!“, rief Oliver von drinnen
Hermine öffnete die Tür und trat ein. Oliver saß an seinem Schreibtisch und bearbeitete einen beachtlichen Stapel Papiere. Etwas weiter hinten im Büro saß Dobby und verschnürte noch viel mehr Papiere zu mehreren kleinen Bündeln.
„Ah, Hermine“, rief Oliver als er von seiner Arbeit aufblickte, „ich hatte Dich schon erwartet. Du bist die Letzte!“
Hermine sah Oliver überrascht an. „Die Letzte? Wieso die Letzte?“
Oliver erschrak. „Wie? Hab ich die Letzte gesagt? Ich meinte natürlich die Letzte für heute in meinem Büro – hoffentlich.“
Hermine schaute ihn ungläubig an während Oliver jetzt aufstand und ihr entgegenging. „Tut mir Leid, ich bin etwas überarbeitet im Moment.“
Hermine blickte auf seinem Schreibtisch umher. „Sieht man“, sagte sie.
„Hunderte von Beschwerden wegen dem Werwolfsüberfall vorletzte Nacht“, erklärte Oliver. „Von Schülern, Lehrern, Eltern, sogar von einigen Tanten und Onkeln.“ Er blickte resigniert auf seinen Schreibtisch. „Manchmal glaub ich, selbst die Eulen beschweren sich schon.“
„Und deren Tanten und Onkeln?“, fragte Hermine mit einem Lächeln.
„So in etwa“, grinste Oliver.
„Professor Slughorn sagte, ich sollte mich bei Dir melden“, lenkte Hermine das Gespräch auf den eigentlichen Grund Ihres Besuches.
„Ja, Du sollst das Flohnetzwerk benutzen, um dich mit McGonagall und den anderen zu treffen“, antwortete Oliver.
„Den anderen?“, fragte Hermine.
„Ja, Du wirst schon sehen, wer die anderen sind also bohr nicht weiter“, ärgerte sich Oliver über seinen neuerlichen Versprecher.
„Also ist schon vor mit jemand heute Abend durch diesen Kamin gereist“, vermutete Hermine.
Oliver nickte stumm.
„Ich vermutet mal, es war Snape.“
„Kein Kommentar“, sagte Oliver hastig und zog Hermine am Arm. „Los jetzt, sonst kommst Du noch zu spät“. Er schob sie zum Kamin.
„Ja wohin geht’s denn überhaupt?“, fragte Hermine, die sich ein wenig überrumpelt fühlte.
„Egal, der Kamin funktioniert zur Zeit eh nur in eine Richtung“, sagte Oliver. „Steig einfach rein und lass das Flohpulver fallen.“
Hermine zuckte nur mit den Schultern, nahm eine Handvoll Flohpulver und trat in den Kamin.
„Viel Glück“, sagte Oliver noch, da hatte Hermine schon das Flohpulver fallen lassen und war in einer grünen Stichflamme verschwunden.
Hermine war überrascht, als der Ort an dem sie wieder auftauchte nicht wie üblich ein von Backsteinen gemauerter Kamin war sondern die steinernen Wände zu Ihrer Linken und Rechten aus massiven Fels waren und die Öffnung vor ihr nach oben hin spitz zulief. Sie hatte bisher nicht gewusst, dass auch solch natürliche Felsspalten an das Flohnetzwerk angeschlossen werden konnten. Als Hermine aus ihr heraustrat, stellte sie mit einem großen Schreck fest, wo sie gelandet war. Die Öffnung hinter ihr war tatsächlich nur eine Spalte zwischen zwei hohen Gesteinsbrocken und nur zu deutlich erkannte sie den Ort wieder, mit dem sie die schrecklichsten Erinnerungen ihres Lebens verband. Noch schrecklicher, als die Begegnungen mit Lucius Malfoy oder dem Werwolf in Hogwarts. Dies war der Ort an dem Harry verschwunden und – noch schlimmer – an dem Ron in ihren Armen gestorben war. Sie war zurück in Godrics Hollow.
Instinktiv tat Hermine einen Schritt zurĂĽck.
„Keine Angst Hermine“, hörte sie plötzlich eine Stimme vor sich. „Godrics Hollow ist nicht mehr der Ort, der es letzten Sommer war.“
Hermine blinzelte hinaus in das Dämmerlicht. Sie hatte die Stimme sofort erkannt doch erst jetzt erblickte sie die Gestalt, die nur etwa vier Meter vor der Höhle auf einem größeren Stein saß, mit einem grünen Hut auf, in dem eine Feder steckte.
„Nordan“, sagte sie erleichtert und ging auf ihn zu. „Was tust Du hier?“
„Das gleiche wie Du nehme ich an“, sagte Nordan Hoddle vergnügt.
Hermine blickte ihn fragend an.
„Hören, was McGonagall uns zu sagen hat“, erklärte Hoddle.
„Du weißt also auch nichts Näheres?“, fragte Hermine.
„Nein, bisher hat man mir nur gesagt, dass ich Dich hier abholen soll, was ich hiermit tue. Die anderen sind alle dort drüben“. Er zeigte mit einem Arm genau zu der Stelle, wo nach Hermines Meinung das Duell zwischen Harry und Voldemort stattgefunden haben muss.
„Die anderen?“, fragte Hermine nicht zum ersten Male am heutigen Tage.
„Du wirst gleich sehen“, sagte Hoddle ruhig und deutete ihr, ihm zu folgen.
Ein paar Meter nur gingen sie über einen kleinen, felsigen, mit Moos bewachsenen Hügel und Hermine erkannte sofort alles um sich herum wieder. Obwohl damals, vor über einem halben Jahr, alles in ein unheimliches Dunkel getaucht war, das, wie Hermine jetzt annahm, nicht nur von der einbrechenden Nacht sondern auch von der Anwesenheit Voldemorts ausging. Dunkel war es jetzt zwar auch aber nicht so, dass man nichts mehr hätte erkennen können. Hier war die Stelle, an der sie Ron zurückgelassen hatte und dort vorne musste, wenn seine Erzählungen stimmten, Snape gestanden und versucht haben in Rons sterbenden Geist einzudringen. Jetzt hatten sie die Spitze der kleinen Erhebung erreicht, hinter der Harry damals verschwunden war, als Hermine ihn zum letzten Mal sah und er dem Duell mit Voldemort entgegentrat.
Hermine fragte sich warum sie bisher nie das Verlangen gehabt hatte, an diesen Ort zurückzukehren, an den Ort, an dem ihre beiden besten Freunde gestorben waren. Aber selbst jetzt, mit Nordan Hoddle an ihrer Seite, fühlte sie sich unwohl. Vielleicht lag es auch nur daran, dass sie sich tief in ihrem Herzen weiterhin weigerte, an den Tod ihrer Freunde zu glauben. Auch wenn Rons Tod besiegelt schien – was Harry betraf, war sich selbst McGonagall nicht sicher und nachdem Harry ihr gerade erst irgendwie erschienen war, wenn auch geisterhaft, ihr sogar das Leben gerettet hatte, glaubte sie noch mehr daran, dass er nicht tot war.
Als Hermine und Nordan Hoddle nun über die kurze Anhöhe schritten sah Hermine einige Meter vor ihnen weitere Personen die anscheinend auf sie warteten. Professor McGonagall, Professor Snape, Remus Lupin, Kingsley Shacklebolt, Marces Leighton und zu Ihrem Entsetzen sogar Rufus Scrimgeour. Was aber zum Teufel tat George Weasley hier?
Als Nordan und Hermine zu der Gruppe kamen, nahm George gar nicht groĂź Notiz von ihr, da er gerade mit Lupin etwas zu diskutieren schien.
„Ah, Miss Granger, schön das sie den Weg zu uns problemlos gefunden haben“, sagte McGonagall und führte Hermine in die Mitte der anderen Personen, wo sie die anderen Mal mehr, mal weniger freundlich begrüßte. Die Begrüßung mit dem Zaubereiminister fiel dabei besonders frostig aus, was allerdings mehr an Hermine als an Scrimgeour lag, der sich alle Mühe gab, die Atmosphäre ihrer letzten Begegnung vergessen zu lassen.
„Mr. Weasley!“, rief McGonagall in leicht genervtem Unterton zu George herüber, der postwendend von seinem Gespräch mit Lupin aufschaute. „Können Sie mir vielleicht sagen, wo Ihr Bruder bleibt? Einer von Ihnen beiden ist wie immer der Letzte.“
„Er wird gleich kommen“, rief George zurück. „Wollte nur noch eine Kleinigkeit erledigen.“ Georges Blick huschte kurz zu Professor Snape, der ihn abschätzend anblickte, dann senkte er seinen Kopf wieder zum Gespräch mit Lupin.
Nach einigen weiteren Minuten schlieĂźlich tauchte auch Fred Weasley auf. Da Hermine ihn schon von weitem kommen sah, fiel ihr auf, dass er unter seinem Hemd kurz ein StĂĽck Papier oder Pergament hervorzog und George eine Geste mit hoch gestrecktem Daumen machte.
„Schön, dass Sie sich auch noch zu uns bemühen, Mr.Weasley“, begrüßte McGonagall naserümpfend den Nachkömmling.
„Entschuldigung, Professor“, sagte Fred mit seinem üblichen, spitzbübigen Grinsen, „ich hatte da noch eine Kleinigkeit zu erledigen.“ Er warf einen kurzen Blick zu Snape, der ihn genau taxierte.
„Und das musste natürlich ausgerechnet jetzt sein?“, erkundigte sich McGonagall.
„Aber ganz genau“, gab Fred bestätigend zurück.
McGonagall quittierte diese Antwort nur mit einem kurzen Kopfschütteln. Sie hatte über die Jahre gelernt, mit den Antworten der Weasley-Zwillinge umzugehen und so wusste sie auch, dass es in diesem Falle kaum einen Zweck gehabt hätte, sich nach Freds genauer Tätigkeit zu erkundigen.
„Nun, Professor McGonagall. Nachdem wir endlich vollzählig sind, können wir vielleicht zum Wesentlichen kommen. Ich und Mr. Leighton haben heute Abend noch einen wichtigen Termin im Ministerium.“ Scrimgeour sah etwas ungehalten aus während er dies sagte aber das tat er - wenn man es genau nahm - eigentlich immer. „Ich frage mich ohnehin, was Sie uns so wichtiges mitzuteilen haben, dass es unbedingt noch heute Abend seien musste.“
Professor McGonagall reagierte auf Scrimgeours Beschwerde nicht, sondern trat in die Mitte der im Kreis stehenden Personen und winkte Hermine zu sich.
„Miss Granger, erkennen sie diesen Ort wieder?“ fragte McGonagall fast wie eine Staatsanwältin bei einem Verhör vor Gericht.
Hermine nickte.
„Wissen Sie, wo genau wir jetzt stehen?“, fragte McGonagall weiter.
Hermine sah kurz in die Gesichter der umstehenden Personen, dann schweifte ihr Blick über den Boden. Erst jetzt stellte sie fest, dass der Boden auf dem sie mit McGonagall stand in einem Kreis mit einem Radius von etwa einem Meter völlig verkohlt und leblos war. In den Fels unter ihr hatte sich irgendetwas hinein gebrannt als hätten starke Laserstrahlen über Stunden hinweg darauf eingewirkt. Hermine hatte eine Ahnung.
„Haben….hier…?“
„Harry Potter und Lord Voldemort ihr vorerst letztes Duell ausgefochten“, sprach Professor Snapes kalte Stimme weiter. „Genau dort, an der Stelle wo Sie stehen, stieg die riesige Lichtsäule empor in der Voldemort und Potter anscheinend verschwanden.“
„Verschwanden…“ sagte Hermine leise. „Oder starben…“
„Keine Toten ohne Leichen!“, sprach Marces Leighton dazwischen.
„Entschuldigen Sie, Mr.Leighton, aber das klingt mir doch etwas sehr behördlich und kann wirklich nur vom Ministerium geäußert werden“, warf Hermine bitter ein.
„Aber trotzdem hat das Ministerium in diesem Falle Recht, Hermine“, bemerkte Remus Lupin. „Solange ihr Tod nicht bewiesen ist, sollten wir ihn auch nicht als gegeben hinnehmen.“
„Die andere Seite scheint das aber nicht genauso zu sehen“, meinte Hermine.
„Die andere Seite?“, erkundigte sich Scrimgeour danach, wen oder was genau Hermine damit meinte.
„Lucius Malfoy“, erklärte Hermine und überlegte einen Moment. Dann sagte sie: „Das heißt, dass Sie alle hier um mich herum tatsächlich glauben, Voldemort könnte noch leben?“
„Genauso wie Harry Potter“, antwortete Mr.Leighton schnell.
„Und diese Erscheinungen, die im Tagespropheten standen?“ fragte George Weasley dazwischen.
„Könnten Lebenszeichen gewesen sein“, meinte Leighton.
„Oder auch das Gegenteil“, brummte Hermine.
Die umstehenden blickten sie fragen an.
„Nach dem, was Harry mir von der Erscheinung seiner Eltern berichtete als er sich zum ersten mal hier mit Voldemort duellierte, scheint mir die Art des Auftauchens doch sehr ähnlich. Und James und Lilly Potter sind ja wohl definitiv tot!“
„Aber das war eine ganz andere Geschichte“, warf McGonagall schnell ein. „Bei Mr. Potter wurde die Erscheinung durch ein Priori Incantatem ausgelöst. Ich dachte, wir hätten das schon geklärt?“
„Tut mir Leid, Professor, aber es fällt mir weiterhin schwer zu glauben, Harry könnte noch am Leben sein und wenn er es nur um den Preis wäre, dass Voldemort auch noch existiert, weiß ich auch gar nicht, ob ich mir das wünschen soll.“
„Egal“, sagte McGonagall mit einer schnellen Handbewegung aber nichtsdestotrotz mit einem bedauernden Blick Richtung Hermine. „Um das zu besprechen sind wir nicht hier – zumindest nicht direkt.“ Sie streckte die Hand aus. „Haben Sie Mr. Potters Zauberstab dabei, wie ich es Ihnen sagte?“
Hermine nickte und zog unter ihrem Umhang Harry Zauberstab hervor. Die Anstrengungen der letzten Tage waren dem Stab nicht anzusehen. Er sah aus wie immer und nicht, als hätte er Hermine gleich mehrfach das Leben gerettet.
Professor McGonagall nahm Hermine den Zauberstab ab und hielt ihn hoch, so dass alle umstehenden ihn betrachten konnten.
„Sie alle wissen, was in der vorletzten Nacht auf Hogwarts geschah?“, fragte McGonagall in die Runde.
Allgemeines zustimmendes Brummen.
„Und Sie alle wissen inzwischen auch, was sich zwischen Lucius Malfoy und Miss Granger zugetragen hat?“
Allgemeines Kopfnicken.
„Hat vielleicht irgendjemand eine Frage dazu?“
Die Umstehenden blickten sich teils fragend an, dann sprach Kingsley Shacklebolt:
„Der Zauberstab? Wieso ist er unversehrt?“
McGonagall nickt zufrieden. „Könnte man die Frage auch anders stellen?“
„Wieso war er nach Malfoys erstem Mordversuch an Hermine geborsten?“, fiel Fred ein.
McGonagall nickte noch zufriedener. „Diese Frage habe ich mir auch gestellt“, sprach sie, „und ich habe deshalb gestern Abend mit Professor Snape und Miss Granger ein etwas ungewöhnliches Experiment gewagt, wofür ich mich noch im nachhinein tausendmal bei Miss Granger entschuldigen muss“, - sie blickte kurz zu Hermine - , „aber Sie hätten sicherlich nicht mitgemacht, hätte ich sie vorher darum gebeten?“
Hermine schĂĽttelte energisch den Kopf.
„Und was war das nun für ein Experiment?“, fragte Scrimgeour ungeduldig, was Fred und George nur ein ulkiges Grunzen entlockte, da sie, im Gegensatz zum Zaubereiminister, ja bereits wussten, worum es sich handelte.
„Ich wollte testen ob es Zufall war, dass Harrys Zauberstab Miss Grangers Leben bereits zweimal rettete und vor allem ob er dies nur bei Attacken von Lucius Malfoy tat.“
„Vor allem?“, fragte Marces Leighton. „Aber was soll das für eine besondere Bedeutung haben?“
„Es ist natürlich nur ein Indiz“, erläuterte McGonagall, „jedoch ist das Ergebnis fürwahr beruhigend.“
Die Umstehenden warfen ihr fragende Blicke zu.
„Nun, ich ließ Professor Snape mehrere unverzeihliche Flüche gegen Miss Granger zaubern, ohne dass sie sich hätte wehren können“, erklärte McGonagall
Teils fassungslose Gesichter blickten McGonagall und Snape an.
„Und alle wurden abgewehrt“, fuhr McGonagall schnell fort. „Nicht von Miss Granger selbst sondern von Mr. Potters Zauberstab. Selbst dann noch, als sie ihn nicht mal mehr in der Hand hielt sondern er neben ihr lag, wurde der Zauber abgelenkt und schlug in Mr. Potters Zauberstab ein.“
Die umstehenden Personen starrten mit offenem Mund, nur Fred und George feixten unbeeindruckt herum.
„Also“, folgerte Remus Lupin, „scheint Harrys Stab Hermine irgendwie zu beschützen, auch wenn es nicht Malfoy ist, der auf sie zaubert.“
„Richtig!“, sagte McGonagall und nickte heftig.
„Aber wo ist da jetzt die besondere Bedeutung, ob es nur bei Malfoy funktioniert oder auch bei anderen Personen?“, fragte Kingsley Shacklebolt.
„Wie gesagte, es ist nur ein Indiz“, erklärte McGonagall, „aber wenn ich davon ausgehe – was ich zunächst tat – das Mr. Potters Zauberstab nur auf Zauber von Lucius Malfoy reagiert, was würden Sie denn denken?“
Betretenes Schweigen im ganzen Rund. Dann regte sich plötzlich Mr. Leighton.
„Moment mal, Moment mal“, sprach er und überlegte dabei weiter. „Ist es nicht so, dass Professor Snape hier beobachtet hat, wie Lucius Malfoy einen fremden Zauberstab an sich nahm und das es aller Wahrscheinlichkeit nach entweder der von Mr. Potter oder der von Voldemort war?“
Snape nickte ohne Worte.
„Gehen wir mal davon aus, dass es Voldemorts war“, fügte McGonagall erklärend hinzu.
„Dann“, dachte jetzt Nordan Hoddle weiter, „da er ja, wie wir alle wissen, ein wenig zum Größenwahn neigt, wird er vermutlich auch mit Voldemorts Zauberstab zaubern und nicht mit seinem eigenen.“
McGonagall nickte zufrieden.
„Trotzdem erschließt sich mir die besondere Wichtigkeit noch nicht“, sagte Shacklebolt, „zumal das alles nicht unbedingt etwas total Neues ist wenn ich das mal so sagen darf.“
„Dürfen Sie. Aber es ist eigentlich ganz einfach“, sagte McGonagall regelrecht beschwingt, da es ihr offenbar gefiel, dass die Runde sich die Lösung nach und nach selbst erarbeitete. „Es war nach all den Jahren allgemein bekannt, dass zwischen den Zauberstäben Potters und Voldemorts ein unsichtbares Band bestand, natürlich nur deshalb weil eben Potter und Voldemort sie benutzten mal abgesehen von der selben Phönixfeder, die in ihnen verarbeitet war.“
„Und?“, fragte Mr. Leighton.
„Meine Vermutung war die, dass Voldemort und Potter – ob unabsichtlich oder nicht – nicht nur den Besitz, sondern auch die Kraft ihrer Zauberstäbe irgendwie auf ihre Nachfolger übertragen haben. Mr. Potter auf Miss Granger und Voldemort auf Lucius Malfoy. Das hätte für mich auch das Wirken der Zauberstäbe bei den bisherigen Begegnungen Malfoys und Miss Grangers erklärt.
„Aber nun ist es doch mal nicht so, wie Sie uns gerade erklärt haben“, wandte Fred ein und kratzte sich am Kopf.
„Eben“, sagte McGonagall. „Was würden Sie denn daraus schließen, Mr. Weasley?“
„Wenn die beiden Zauberstäbe eben nicht nur untereinander besondere Wirkung entfachen sondern auch gegenüber anderen Zauberern bzw. Zauberstäben, dann kann von einer zufälligen Übertragung ihrer Zauberkräfte auf die Nachfolger doch keine Rede sein.“ Fred drehte die Augen nachdenklich zum Himmel bis er nach einer Weile wieder die anderen anblickte. „Ist das jetzt logisch, was ich da gesagt habe?“, fragte er.
„Wenn ja, gibt es also gar nicht so etwas wie Nachfolger. Das heißt, Voldemort und Harry haben zumindest keine Kräfte übertragen, oder?“, fragte George Weasley.
„Exakt. Zumindest nicht bewusst“, bestätigte McGonagall.
„Also leben Voldemort und Potter vielleicht noch“, erahnte Remus Lupin.
„Dafür ist es natürlich kein Beweis aber zumindest ein Indiz“, bestätigte McGonagall.
„Großer Gott!“, entfuhr es Rufus Scrimgeour.
Der Äußerung des Zaubereiministers folgte eine längere Stille. Das selbst der sonst so selbstherrliche und stets unbeeindruckbar wirkende Scrimgeour sprachlos war, beeindruckte auch den Rest der Gemeinschaft und gab McGonagalls Theorie eine besondere Bedeutung.
Es war schlieĂźlich Kingsley Shacklebolt, der als erster die Fassung wieder fand.
„Aber meine Frage von vorhin wurde noch nicht beantwortet“, sagte er mit weiterhin nachdenklich zum Boden gesenkten Blick während er sein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger hielt.
Die andern sahen auf und blickten ihn fragend an bis schlieĂźlich auch Kingsley Shacklebolt aufblickte.
„Warum war der Zauberstab nach Malfoys erstem Angriff geborsten und jetzt nicht?“, erneuerte er seine Frage.
McGonagall lächelte und es wirkte fast ein wenig erleichtert.
„Dafür mag es mehrere Erklärungen geben. Vielleicht war das Bersten des Zauberstabs nur ein unglücklicher Umstand. Vielleicht war Malfoy, der direkt über ihr stand einfach zu nah dran. Vielleicht war aber auch die Kraft des Zauberstabs noch nicht so stark wie sie jetzt ist.“
„Vielleicht ist die Kraft des Stabes auch erst durch Malfoys Attacke gewachsen, so wie Harrys Kraft damals durch Voldemorts Attacke wuchs“, warf Remus Lupin ein.
„Vielleicht“, bestätigte McGonagall nickend. „Allerdings würde das wiederum eher dafür sprechen, dass Voldemort und Harry doch tot sind. Aber ich halte ohnehin eine einfachere Möglichkeit für die Wahrscheinlichste, nämlich, dass Mr. Potters Zauberstab den Attacken, die mit Voldemorts Zauberstab ausgeführt werden nicht vollständig gewachsen ist - es sei denn, man benutzt ihn richtig.“
Hermine dämmerte es.
„Harry hat es mir gesagt, vor Hogwarts, als ich im Schnee lag. Er hat mir gezeigt, wie ich ihn benutzen soll“, sagte sie mit zittriger Stimme.
„Und wie?“, fragte Scrimgeour der von McGonagalls Idee anscheinend nicht allzu viel hielt.
„Ich sollte ihn mir einfach vor die Brust halten, defensiv, und nicht auf den Gegner ausgerichtet“, erklärte Hermine.
„Also ich weiß nicht“, sagte Scrimgeour zweifelnd. „Diese Geschichte mit der Harry Potter Erscheinung finde ich nach wie vor ziemlich suspekt und außerdem, wieso ist der Zauberstab dann nicht geborsten als Professor Snape auf sie gezaubert hat – oder haben sie ihn da auch so gehalten wie Mr. Potter es ihnen gezeigt hat?“
Hermine trieb es die Zornesröte ins Gesicht, da sie das Gefühl hatte, Scrimgeour wollte sie als leicht unzurechnungsfähig hinstellen, dabei war sie sich trotz der üblen Umstände selten bei etwas so sicher gewesen wie bei der Tatsache, dass Harry – oder zumindest etwas das aussah wie Harry – da gewesen war.
„Ich hatte ja gar keine Gelegenheit dazu“, gab sie patzig zurück.
„Was Miss Granger sagt, stimmt“, sprang ihr McGonagall schnell zur Seite. „Sie konnte sich unter der Ganzkörperklammer natürlich nicht bewegen.“
„Dann kann ich ihre eigene Theorie nur umso weniger nachverfolgen“, meinte Scrimgeour zweifelnd.
„Der entscheidende Unterschied ist“, sagte McGonagall, „dass es nicht Voldemorts Zauberstab war, der Miss Granger angriff, sondern der persönliche von Professor Snape hier. Ich bin mir sicher, dass nur Voldemorts Zauberstab die Kraft hat, Mr. Potters oder besser Miss Grangers Zauberstab zum Bersten zu bringen.“
„Entschuldigen Sie, Professor McGonagall aber das scheint mir alles etwas zu schön um wahr zu sein“, meckerte Scrimgeour. „Das würde ja de facto bedeuten, dass Miss Granger unverwundbar wäre, solange sie sich nur Mr. Potters Zauberstab vor die Brust hält.“
„Ich glaube kaum, dass es so einfach wäre“, antwortete McGonagall. „Aber vermutlich braucht es schon etwas mehr als nur Malfoy um Miss Granger umzubringen. Aber mit Hilfe anderer Todesser würde es sicherlich gelingen und so wie es aussieht rettet der Zauberstab sie auch nicht vor unendlich vielen Flüchen selbst wenn Malfoy ihr alleine gegenüberstände.“
„Wissen Sie was, Professor?“, fragte Scrimgeour nach einer längeren Pause nachdenklich. „Dieser Zauberstab muss unbedingt ein weiteres Male im Ministerium auf das Genaueste untersucht werden. Er ist eine Gefahr für uns alle.“
Hermine blickte den Minister entsetzt an. Gerade hatte sie erfahren, dass es so etwas wie eine kleine Lebensversicherung fĂĽr sie gab, da wollte ihr das Ministerium diese auch schon wieder wegnehmen.
„Eine Gefahr für uns alle?“; fragte Fred als erster. „Wieso denn bitteschön das?“
„Ich kann mir denken, was der Minister befürchtet“, sagte Nordan Hoddle nachdenklich. „Was ist, wenn der Zauberstab der Gegenseite in die Hände fällt?“
„Aber wie sollte er denn?“, fragte Fred entrüstet. „Er ist nirgendwo besser aufgehoben als bei Hermine“. Er drehte seinen Kopf zur Rufus Scrimgeour. „Schon gar nicht im Ministerium, wo ab und zu auch mal ganze Prophezeiungen verschwinden“, fügte er hinzu.
Der Zaubereiminister wollte gerade wĂĽtend etwas entgegnen doch Professor McGonagall kam ihm zuvor.
„Nun, ich glaube über diese Angelegenheit brauchen wir uns aus zweierlei Gründen keine Sorgen machen“, sagte sie mit betont ruhiger Stimme. „Erstens wird Voldemorts Zauberstab eine ähnliche Wirkung haben“ – Entsetzen trat auf Hermines Gesicht – „nur wird Malfoy vielleicht nie davon erfahren, da er seinen Stab niemals defensiv einsetzten wird.“ Sie blickte zu Hermine, deren Gesichtszüge sich wieder entspannten.
„Und zweitens“, fuhr McGonagall fort, „wird Mr. Potters Zauberstab diese besonderen Fähigkeiten in keiner anderen Hand als in der von Miss Granger zeigen.“
Alle Umstehenden sahen McGonagall zweifelnd an.
„Woher wollen Sie das jetzt wieder wissen?“, fragte schließlich Marces Leighton.
„Probieren wir es aus“, sagte McGonagall leichtfertig und die Blicke um sie herum wurden noch zweifelnder.
„Ausprobieren? Aber…“
„Ja bitte, Mr. Leighton?“ McGonagall schien sehr genau zu wissen, was sie tat.
„Das würde bedeuten das…“
„Jemand außer Miss Granger Mr. Potters Zauberstab nimmt und jemand anders einen unverzeihlichen Fluch auf ihn zaubert.“
Versteinerte Blicke starrten Professor McGonagall an.
„Und Sie meinen, dass sollten zwei Leute aus dieser Runde hier sein?“, fragte Leighton ungläubig.
„Sicher“, sagte McGonagall leichthin. „Wozu warten?“
„Und an wen hatten Sie dabei gedacht?“, fragte Leighton ungläubig.
„Nun, wem würden Sie in diesem Falle Mr. Potters Zauberstab geben, wenn Sie zu entscheiden hätten?“, fragte McGonagall.
Marces Leighton blickte unsicher in die Runde. Sein Blick huscht vom einem zum nächsten und während er nachdachte ärgerte er sich gleichzeitig darüber, dass er sich von McGonagall so unter Druck setzen ließ.
„Nun“, sagte er, während er weiter die anderen abwechselnd betrachtete, „ich würde jemanden nehmen, von dem ich annehmen würde, dass er von allen Anwesenden hier der Gegenseite am wenigsten abgeneigt ist.“
„Also?“, fragte McGonagall ohne Regung.
Leightons Kopf schnellte herum, hinüber zu dem Lehrer mit dem fettigen, schwarzen Haar. „Professor Snape!“, sagte er entschlossen.
Snape erschrak fĂĽr einen Moment bevor er wieder jede Regung hinter seiner blassen Maske versteckte.
„Gut, so sei es“, sagte McGonagall und blickte Hermine an. „Miss Granger, geben Sie Professor Snape bitte den Zauberstab.“
Hermine zögerte eine ganze Weile doch nach einem weiteren aufmunternden Blick von McGonagall ging sie schließlich zu Snape hinüber und gab ihm Harrys Zauberstab, der ihn entgegennahm ohne sie anzublicken.
„Jetzt reicht es mir aber“, rief Scrimgeour energisch dazwischen und ging auf Snape zu, um ihm den Stab zu entreißen doch Remus Lupin und Nordan Hoddle traten zu ihrer eigenen Überraschung dazwischen und hielten ihn zurück.
„Es kann hier doch nicht jeder wie er lustig ist unverzeihliche Flüche abfeuern“, beschwerte Scrimgeour sich heftig, „das ist gegen das Gesetz!“
„Das stimmt“, sagte McGonagall ruhig. „Und für die Sache gestern Abend in meinem Büro entschuldige ich mich aber Sie hätten ja eh nie davon erfahren, hätte ich es Ihnen nicht eben erzählt, nicht wahr?“
Von Scrimgeour war nur ein Grunzen zu vernehmen.
„Außerdem war es ja auch nicht ich, sondern Professor Snape hier, der die unverzeihlichen Flüche abgab.“
Snape blickte McGonagall irritiert an.
„Ich denke wir sollten die Sache schnell aus der Welt bringen“, sprach McGonagall weiter, „und da sich sicherlich keiner von uns hier strafbar machen will, wäre es vielleicht die beste Lösung Sie selbst würden für die Ausführung des Zaubers sorgen.“
„Das übersteigt selbst meine Kompetenzen, Professor McGonagall“, sagte Scrimgeour erschrocken. „Auch für den Zaubereiminister gelten die gleichen Gesetze wie für alle anderen Zauberer.“
„Ja, aber ich bin mir sicher, dass niemand außer den Anwesenden jemals etwas darüber erfahren wird und selbst wenn jemand von uns hier etwas verraten würde, stände immer noch das Wort eines Einzelnen gegen das des Zaubereiministers. So wie ich das sehe, sind Sie der Einzige, der für diese Aufgabe in Frage kommt.“
Alle Augen ruhten auf Rufus Scrimgeour doch Hermine glaubte nicht wirklich daran, dass er tun würde, wonach McGonagall verlangte. Einerseits nicht, weil er sonst als Befehlsempfänger von McGonagall dastand, andererseits wirkte es irgendwie so, als hätte er ein Problem damit, ausgerechnet auf Snape zu zaubern. Umso überraschter war Hermine als sie plötzlich ein „Also gut, bringen wir es hinter uns“ aus Scrimgeours Mund entnahm.
McGonagall ging zu Snape hinĂĽber und lieĂź sich von ihm seinen eigenen Zauberstab geben.
Die anderen, einschlieĂźlich Hermine, traten ohne es zu merken langsam mehrere Schritte zurĂĽck. Nur Scrimgeour blieb stehen und zĂĽckte seinen Zauberstab. Er blickte zu McGonagall, die kurz nickte.
Professor Snape hob Harrys Zauberstab vor seine linke Brustseite, so wie Hermine es bei Malfoys Attacke gemacht hatte.
Scrimgeour hob langsam den rechten Arm mit dem Zauberstab und richtete ihn auf Snape. Seine gelben Augen verengten sich zu messerscharfen Schlitzen und aus dem Handgelenk hob er kurz seinen Zauberstab und ließ ihn wieder nach unten schnellen. „Crucio!“
Snape ging augenblicklich zu Boden, Scrimgeours Zauberstab folgte seiner Bewegung. Snape krümmte sich für einen kurzen Moment unter unerträglichen Schmerzen, während sich Harrys Zauberstab weiterhin in seiner rechten Hand befand und wild mit umhergewirbelt wurde. Im gleichen Moment ließ Scrimgeour von ihm ab und eilte zu ihm hin.
Der Folterfluch war kurz genug gewesen, so dass er Snape schnell wieder auf die Beine helfen konnte.
Professor McGonagall eilte ebenfalls dazu, sagte ein kurzes aber von Herzen kommendes „Danke!“ und hielt ihre rechte Hand auf, in die Snape den Zauberstab zurücklegte. Dann schritt sie zu Hermine hinüber und gab ihr den Stab zurück. „Damit dürfte klar sein, dass Mr. Potters Zauberstab seine besonderen Fähigkeiten nur in der Hand von Miss Granger entfacht – das war es, was ich heute Abend klären wollte.“
„Und was bedeutet das jetzt genau?“, fragte George.
„Das kann man nicht wissen“, antwortete Remus Lupin nachdenklich, „aber auf mich wirkt es irgendwie so, als sollte Hermine den Zauberstab nur aufbewahren. Sie achtet auf ihn und er auf sie.“
„Aufbewahren?“, fragte George.
„Bis sein richtiger Besitzer wiederkommt“, sagte Lupin
„Gut, dann sollten wir diese Versammlung auflösen“, warf Scrimgeour schnell ein, bevor wieder eine längere Diskussion entstand, „dann schaffen wir es gerade noch zu unserem Termin.“ Er blickte zu McGonagall. „Wir sprechen morgen noch einmal über die Angelegenheit?“
„Gerne“, sagte McGonagall und einen Moment später waren Scrimgeour und Leighton mit einem „Plopp!“ verschwunden.
„Ich muss auch zurück in die Downing Street“, sagte Kingsley Shacklebolt unvermittelt. „Wir treffen und wie verabredet?“
McGonagall nickte ihm zu.
„Arbeitest Du immer noch im Vorzimmer des Premierministers der Muggel?“, fragte Hermine erstaunt.
„Allerdings“, gab Shacklebolt zurück und war auch schon mit einem weiteren „Plopp!“ verschwunden.
„Professor!“, sagte Snape nur und disapparierte ebenfalls.
Remus Lupin, Professor McGonagall, Nordan Hoddle, Fred, George und Hermine dagegen benutzen wie auf dem Hinweg das Flohnetzwerk und einige Minuten später fanden sie sich gemeinsam im Büro von Oliver Wood wieder.
„Professor?“, fragte Hermine, nachdem McGonagall als Letzte aus dem Kamin herausgetreten war und Oliver Wood einen guten Abend gewünscht hatte. „Gibt es irgendeinen Zauber, der…der…so etwas bewirkt?“
McGonagall blickte Hermine nachdenklich an, legte ihr beide Hände auf die Schultern und sagte: „Ja, Miss Granger. Es scheint irgendwie so, nicht wahr? Doch ist er mir leider nicht bekannt. Wie auch wohl keinem anderen Zauberer.“
„Sie redet schon in den gleichen komischen Rätseln wie Dumbledore“, flüsterte Fred, der die Köpfe mit George zusammengesteckt hatte.
„Liegt bestimmt an diesen alten Schulleiterportraits“, flüsterte George zurück. „Wenn die Dich den ganzen Tag zutexten, gewöhnte Dir das wahrscheinlich irgendwann automatisch an.“
„Was heißt das, niemand kennt ihn?“, fragte Hermine verwirrt. „Wenn es ein Zauber ist, muss er doch irgendwo verzeichnet sein – in irgendeinem Buch…“
„Wenn Sie eine kleine Schwäche haben, Miss Granger, dann ist es zweifellos die, dem geschriebenen Wort zuviel Bedeutung beizumessen. Wie Harry Potter Ihnen in Verbindung mit seinem Zauberstab diese Kräfte verleihen konnte steht in keinem Buch. Genauso wie in keinem Buch steht, was mit Harry und Voldemort geschehen ist. Es gibt Dinge, die lassen sich nicht erlesen – höchstens erleben.“
„Aber man wird doch versuchen herauszufinden, wie das alles geschehen konnte?“
„Sicher“, antwortete McGonagall. „Aber glauben Sie, es wird viel dabei herauskommen?“
„Ich weiß nicht“, sagte Hermine zögernd mit immer leiser werdender Stimme. „vielleicht wenn Harry wiederkommt, kann er es uns irgendwann erzählen.“
McGonagall zog ihre Augenbrauen hoch.
„Schön, dass Sie zumindest wieder in Betracht ziehen, er könnte wiederkommen. Aber wenn ich eine Meinung abgeben soll, dann glaube ich nicht, dass es ein Zauber ist, der bewusst von Harry ausgeführt wurde. Was immer geschehen ist, ich glaube Harry und Voldemort selbst wissen auch nicht, was es ist und wie es passierte.“
„Diese Schulleiterportraits müssen das letzte halbe Jahr in Hochform gewesen sein“, zischte Fred zu George herüber.
„Gut, dann ist es Zeit ins Bett zu gehen, denke ich“, sagte McGonagall. „Zumindest für die Schüler!“
„Eine Frage noch bitte, Professor“, bat Hermine.
„Aber wirklich nur eine!“
Hermine nickte.
„Also?“
„Warum waren Fred und George mit in Godrics Hollow?“
Aus McGonagalls Gesicht war eine Mischung aus Erschrockenheit und Respekt abzulesen und fĂĽr einen Moment suchte sie nach einer Antwort oder ĂĽberlegte, wie sie sie formulieren sollte.
„Keine schlechte Frage, was Fred?“, sagte George und blickte ebenfalls gespannt McGonagall an.
„Absolut Auserwähltenwürdig“, ulkte Fred.
Obwohl Hermine eigentlich ärgerlich wirken wollte, huschte ein kurzes Grinsen über ihr Gesicht.
„Wenn Sie schon gleich ungefragt dazwischenreden müssen, können Sie es ja vielleicht auch gleich selbst erklären“, sagte McGonagall unvermittelt mit einem ärgerlichen Blick auf die Zwillinge.
„Ja, gerne“, sagte George und trat ein paar Schritte zu Hermine vor. Er gab ihr förmlich die Hand. „Wenn ich mich vorstellen dürfte“, sagte er und deutete eine Verbeugung an, „George Weasley – ein Jäger des Letzten Widerstandes“
„Ein…?“ Hermine war der Mund trocken geworden.
Schon war Fred herbeigesprungen. Er machte die gleiche Geste wie sein Bruder und sagte: „Fred Weasley – auch ein Jäger des Letzten Widerstandes.“
Hermine stand mit offenem Mund da und starrte die Zwillinge an. Dann ging ihr Blick zu McGonagall, die zwar nickte, aber aufgrund des ĂĽbertriebenen Auftritts der Zwillinge eher peinlich umherschaute.
„Jäger des Letzten Widerstandes? IHR?“, fragte Hermine als sie die Sprache wiedergefunden hatte.
„Hey, was soll das denn heißen – IHR?“, maulte Fred.
„Möchte ich auch mal wissen“, sagte George. „Wer denn sonst, wenn nicht wir?“
Hermine blickte sich um. „Naja, die!“, sagte sie und zeigte auf Nordan Hoddle, Remus Lupin und Oliver Wood.
Fred und George tauschten mit Remus Lupin nur einen Blick aus, woraufhin auch Hermine Lupin ansah.
„Wir auch“, sagte er mit einem Lächeln. Er blickte sich unter leichten Halsverrenkungen betont im Zimmer um. „Alles Jäger hier“, sagte er vergnügt.
„Was?“, fragte Hermine. „Du auch, Oliver?“
Oliver Wood nickte. „Tut mir Leid, dass ich es Dir nicht sagen konnte.“
„Kein Problem“, sagte Hermine leise. „Wer denn noch alles?“, fragte sie dann McGonagall.
„Darf ich ihnen nicht sagen“, sagte McGonagall schnell. „Eigentlich hätte ich Ihnen nicht mal das hier sagen dürfen. Da hab ich diesem Leighton und dem Minister morgen einiges zu erklären. Aber ich werde ihnen einfach sagen, dass sie absolut keine Ruhe gegeben haben und ich keine Wahl mehr hatte.“
Hermine blickte Professor McGonagall konsterniert an.
„Das kann ich absolut bestätigen!“, sagte Fred während George dazu nickte.
„Ich auch“, warf Remus Lupin ein.
„Das gleich gilt für mich“, fügte Nordan Hoddle hinzu.
„Hermine hat sie aber auch so was von bedrängt, Professor“, meinte Oliver Wood unter heftigem Kopfnicken.
„Hab ich mir das also doch nicht eingebildet“, sagte McGonagall unter einem verschmitzten Lächeln und wandte sich zur Tür um sie zu öffnen.
„Guten Nacht, allerseits“, sagte sie und hielt die Tür auf.
„Moment!“, rief Hermine dazwischen. „Was ist mit Professor Snape? Ist er auch…?“
„Kein Kommentar“, sagte McGonagall. „Und versuchen sie gar nicht erst, Fred und George zu löchern, sie wissen es auch nicht.“
„Aber warum…?“
„Gute Nacht!“, wiederholte McGonagall und Hermine erkannte, das es keinen Sinn mehr hatte. Sie verabschiedete sich von Oliver, Nordan und Remus und verschwand dann mit Fred und George zusammen Richtung Gryffindorturm.
Auch wenn sie sich noch so wunderte: Die Geheimhaltung der Mitglieder der Widerstandsjäger schien glänzend zu funktionieren. Hermine wurmte es, das sie nicht mal mit Ginny darüber sprechen durfte, es sei denn sie war auch eine Jägerin. Aber da sie es ja nicht wusste, hatte sie auch keine Möglichkeit, es heraus zu bekommen. Noch bevor sie an dem Abend nach Godrics Hollow zum Mädchenschlafsaal hinaufgegangen war, war eine Eule des Ministeriums durchs Fenster geflogen gekommen und hatte ihr genaue schriftliche Instruktionen übermittelt, dass sie unter keinen Umständen mit jemandem darüber sprechen dürfte, ansonsten werde sie ohne weitere Anhörung von der Schule verwiesen. Überhaupt durfte sie über die Jäger des Letzten Widerstandes nur im Schulleiterbüro oder im ministerialen Kontaktbüro für Hogwartsschüler sprechen und das auch nur dann, wenn die Schulleiterin selbst anwesend war.
Fred und George hatte ihr mit ein paar Zeichen und Grimassen zu verstehen gegeben, dass sie ein ähnliches Schreiben auch erhalten hatten, was erklärte, dass sie sich bisher nichts hatten anmerken lassen. Vermutlich hatte man ihnen bloß nicht mit einem Schulverweis sondern mit einem lebenslangen Scherzartikel-Herstellverbot gedroht.
Als Hermine das Schreiben ausgelesen hatte, ging das Pergament in Rauch auf und es blieb nichts, nicht einmal Asche, zurĂĽck.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel