von timlarsson
Beim Abendessen sprachen die Fünf sich möglichst unauffällig über das erlebte aus. Henrik war zu Ihnen herübergekommen und hatte neben Hermine Platz genommen, so dass einige Ihrer Mitschüler ihre ganze Konzentration darauf verwendeten, ihn damit aufzuziehen, was sie allerdings praktischerweise davon abhielt, bei ihrem Gespräch zuzuhören.
Hermine und Ginny brachten Fred, George und Henrik auf den neuesten Stand, was ihr Gespräch mit Professor McGonagall, den Tarnumhang und Professor Snape anging und Fred und George erklärten Henrik ausführlich, worum es sich bei der Karte des Rumtreibers handelte.
„Weißt Du, was ich nicht verstehe?“, fragte Ginny Hermine schließlich.
Hermine schaute sie abwartend an.
„Als Hoddle diesen Zauber aussprach, ist er einfach in die gleiche Richtung gelaufen und dann hat es geknallt und er war verschwunden“, sagte Ginny.
„Ja, und?“, fragte Hermine.
„Hätte es nicht eigentlich schon knallen müssen, als er zauberte, wenn es stimmt, was er Dir gesagt hat, dass das Ministerium jeden Zauber im verbotenen Wald aufdecken will?“
„Tja, ich weiß nicht“, überlegte Hermine. „Vielleicht war der Zauber erst vollendet als Hoddle an dieser Stelle verschwunden ist.“
„Und wenn jemand dort den Crucio-Fluch ausspricht?“, fragte Ginny, „knallt es dann auch erst, wenn sein Opfer zu Tode gefoltert ist? Dann wäre das ja wirklich ein sehr wirkungsvoller Schutz, den sich das Ministerium da ausgedacht hat.“
„Wo sie Recht hat, hat sie Recht“, sagte George und blickte Hermine an.
„Vielleicht klärt sich ja alles auf, wenn wir etwas über diesen Zauberspruch herausgefunden haben“, meinte Hermine und stand auf. „Wir treffen und gleich in der Bibliothek“, fügte sie noch hinzu und verschwand dann aus dem Speisesaal.
Hermine saß schon eine Weile in der Bibliothek und blätterte in verschiedenen Büchern, als Fred, George, Henrik und Ginny hinzukamen.
„Und, schon was gefunden?“, fragte Ginny
„Iwo“, gab Hermine zurück. „Ich hab erstmal die üblichen Zauberbücher überflogen aber ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass da ein Zauberspruch drinsteht, den ich nicht kenne.“
„In der Tat schwer vorstellbar“, frotzelte George.
„Also die verbotene Abteilung?“, fragte Ginny.
Hermine nickte stumm.
„Hast Du den Tarnumhang dabei?“, fragte Ginny weiter.
„Ja logisch“, gab Hermine zurück und zog zur Bestätigung einen Zipfel des Tarnumhanges unter dem Umhang, den sie eigentlich trug, hervor. „Aber Madame Pince schleicht hier dauernd rum und die anderen Schüler glotzen auch ewig so dumm, da kann ich mir unmöglich den Umhang überwerfen.“
„Tja, es hat halt auch seine Nachteile, wenn man berühmt ist“, meinte George.
„Hör mal auf jetzt, George“, meinte Ginny. „Dann muss eben jemand anderes unter den Umhang schlüpfen. Wie wär’s mit Euch, Jungs?“ Sie blickte Fred und George fragend an.
„Ja klar, gerne“, gaben Fred und George zurück. „Ich wollte diesen Umhang schon immer mal benutzen“, ergänzte Fred.
„Aber ihr müsst vorsichtig sein, wenn ihr ein Buch an Euch nehmt“, ermahnte Hermine sie. „Wenn Madame Pince sieht, dass Bücher aus der verbotenen Abteilung aus den Regalen schweben, haben wir sofort Professor Snape auf dem Hals!“
„Ja, wir sind schon mit ganz anderen Dingen fertig geworden, was George?“, meinte Fred.
„Genau!“, nickte George. „Aber wonach sollen wir denn eigentlich genau suchen? Schwarze Magie?“
„Ich weiß nicht“, antwortete Hermine. „Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass es sich um schwarze Magie dabei handelt.“
„Warum nicht?“, wollte Henrik wissen.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Zentauren dass auch nur Ansatzweise akzeptiert hätten. Ihre Abneigung gegen jede Zauberei ist das eine aber wenn es sich dann auch noch um schwarze Magie handelt…Ich glaube nicht, dass Sie Nordan dann geholfen hätten.“
„Aber wonach sollen wir dann suchen?“, fragte Fred.
„Versucht es doch erstmal mit seltenen Zaubersprüchen. Ich hab in der verbotenen Abteilung vor Jahren mal so ein Buch gesehen mit Zaubersprüchen, die in der Schule nicht behandelt werden.“
„Weißt Du zufällig noch, wo genau das war?“, fragte Fred.
„Nee, das ist Jahre her“, antwortete Hermine.
„Na dann gehen wir mal suchen“, meinte George und ließ dich von Hermine den Tarnumhang geben. Dann verschwand er mit Fred in einer längeren Regalreihe.
Hermine, Ginny und Henrik warteten gespannt, ob sie irgendetwas von Fred und George bemerkten, die unter dem Tarnumhang durch die Bibliothek schlichen aber ihnen fiel zu ihrer Ăśberraschung nichts auf. Hermine fixierte Madame Pince, die ab und an durch die Regalreihen schlenderte doch sie schien die Zwillinge ebenso wenig zu bemerken.
„Nicht schlecht so ein Umhang“, zischte plötzlich Georges Stimme an ihrem linken Ohr und Hermine zuckte erschrocken zusammen. „Nur komisch, wenn man seine eigenen Füße nicht sieht“, fügte er hinzu.
„Würdet ihr Euch jetzt vielleicht mal um die Bücher kümmern?“, fragte Hermine genervt.
„Geht los!“, sagte Fred.
„Und denkt dran, dass ihr die Bücher mit unter den Umhang nehmt, sonst kann man sie sehen“, flüsterte Hermine ihnen hinterher.
Plötzlich tauchte mitten im Raum eine Hand der Zwillinge mit einem nach oben ausgestreckten Daumen auf und verschwand dann wieder.
„Sie können es einfach nicht lassen“, grinste Hermine kopfschüttelnd, froh darüber, dass niemand außer ihnen es bemerkt hatte.
Etwa 10 Minuten später tauchte plötzlich ein Buch auf dem Stuhl neben Hermine auf, dann noch eins, und ein weiteres.
„Hier“, hörten sie die Stimme von Fred, „bis wir die durchhaben ist der Abend eh rum.“
Währende Hermine die Bücher zu sich hoch nahm und betrachtete, kamen Fred und George nun wieder ohne Tarnumhang aus einer Regalreihe auf sie zu.
„Hier, Dein Umhang“, sagte George, als sie den Tisch erreicht hatten.
„Danke“, sagte Hermine und verstaute ihn wieder unter ihrer Kleidung.
„Und, sind die Bücher okay?“, fragte George.
„Kann schon sein“, sagte Hermine. „Gucken wir sie halt durch!“
Und gemeinsam machten sich die fĂĽnf daran, die drei BĂĽcher, von denen jedes zwischen 400 und 700 Seiten hatte, durchzuarbeiten.
Dreieinhalb Stunden später war die Bibliothek menschenleer, nur Madame Pince schlich nach wie vor durch die Gänge.
„Schläft die eigentlich nie?“, fragte George mit einem kopfschüttelnden Blick auf die Bibliothekarin.
„Ich tu’s auf jeden Fall bald“, gähnte Ginny.
„Tja, hier drin war jedenfalls nichts“, meinte Hermine und schlug das letzte Buch zu. „Müssen wir es halt morgen noch mal versuchen.“
„Hey, morgen ist Quidditch“, maulte Fred.
„Ja und, ihr spielt doch nicht mehr?“, fragte Hermine.
„Nein, aber morgen spielt Gryffindor gegen Slytherin. Da geziemt es sich jawohl für einen ordentlichen Gryffindor, seine Mannschaft anzufeuern.“
„Naja, vielleicht habt ihr Recht“, gab Hermine klein bei. „Suchen wir also übermorgen weiter.“
Fred und George nickten zufrieden.
Am nächsten Nachmittag hatten alle Schüler es eilig, nach dem Unterricht auf Ihre Zimmer zu kommen. Es war zwar sehr kalt draußen aber die Sonne schien und alle freuten sich auf das letzte Quidditch-Spiel in diesem Jahr. Zwar meinten viele, dass die Rivalität der Häuser Gryffindor und Slytherin seit dem Krieg im letzten Sommer nicht mehr so groß war wie noch im letzten Jahr und in allen Jahren davor, doch galt dies nicht für die Brisanz, die ein Quidditch-Spiel dieser beiden Mannschaften gegeneinander hatte. Sowohl das Gryffindor- als auch das Slytherinteam mussten von ihren Mannschaftskapitänen völlig neu ausgerichtet werden. Im Vorjahr war die Saison nach dem ersten Spieltag abgebrochen worden und die meisten der alten Stammspieler waren mittlerweile nicht mehr an der Hogwarts-Schule, allen voran natürlich Ron und Harry auf Seite der Gryffindors sowie Draco Malfoy bei den Slytherins.
Dementsprechend schwer hatten sich beide Mannschaften in den ersten Spielen getan. Slytherin hatte gegen Hufflepuff denkbar knapp mit 240:230 gewonnen, wobei ein Quaffel der Hufflepuffs nur Sekundenbruchteile, nachdem der Sucher der Slytherins den Schnatz gefangen hatte, durch einen der gegnerischen Torringe geflogen war und es somit fast 240:240 gestanden hätte.
Nach wütenden Protesten der Hufflepuffs hatte Professor McGonagall sich die entsprechende Szene mit Hilfe des Zeitumkehrers sogar noch einmal angeschaut aber die Entscheidung des Schiedsgerichtes schließlich bestätigt und Slytherin zum Sieger erklärt.
Gryffindor hatte nicht soviel Glück und unterlag im ersten Spiel den allerdings in diesem Jahr auch deutlich stärker einzuschätzenden Ravenclaws klar mit 70:330. Die Gryffindor Mannschaft hatte jedoch bis dahin kaum zusammenspielen können, hatte aber nach diesem Spiel fleißig trainiert, so dass nicht erwartet wurde, dass es gegen Slytherin eine ähnliche Klatsche geben würde. Zudem hatte man gegen Ende des Spieles etwas Pech, weil sich der Sucher der Gryffindors, kurz bevor er den Schnatz gefangen hatte, einer Attacke von zwei Klatschern gegenüber sah, der er selbst zwar ausweichen konnte, die aber seinen Besen in der Luft zermalmten und dem gegnerischen Sucher so leichtes Spiel machten, während er selbst von einem Mannschaftskameraden aufgefangen wurde. Man hätte andernfalls trotz der schlechten Vorbereitung dieses Spiel sogar mit 220:180 gewinnen können aber letztlich war der Sieg für die Ravenclaws sicher verdient gewesen.
„Was ist, kommst Du etwa nicht mit?“ fragte Ginny als sie mit Gryffindor-Schal, Fahne und dickem Mantel bestückt die Treppe von den Schlafsälen zeitgleich mit Fred und George hinunter in den Gemeinschaftsraum kam. Hermine stand vor dem Fenster und blickte nachdenklich hinunter auf den Schülerstrom, der bereits zum Quidditch-Stadion unterwegs war.
„Geht ihr schon mal vor“, flüsterte Ginny ihren Brüdern zu, die sich auf den Weg machten und durch das Portraitloch verschwanden, während Ginny auf Hermine zuging.
Sie legte ihre Hand auf Hermines Schulter. „Was ist?“, fragte sie.
„Ach nichts“, gab Hermine zurück und starrte weiter hinunter auf die Schlossgründe. „Du weißt doch, ich mach mir nichts aus Quidditch. Ich glaube, ich geh’ lieber in die Bibliothek und suche schon mal nach dem Aperto Cancelio Zauber weiter“, fügte sie hinzu.
„Ich denke, das wollten wir morgen machen?“, meinte Ginny. „So wichtig ist das doch auch nicht.“
„Doch, das ist es!“, entgegnete Hermine stur.
Ginny blickte sie eine ganze Weile an aber Hermine erwiderte ihren Blick nicht.
„Es ist wegen Ron und Harry, oder?“ fragte Ginny schließlich vorsichtig.
Wieder zeigte Hermine eine ganze Weile keine Reaktion, dann nickte sie langsam.
„Meinst Du denn es ist eine Lösung, wenn…“ begann Ginny.
„Ich hab mich nie besonders für Quidditch interessiert, Ginny“, unterbrach Hermine sie. „Ich bin immer nur wegen Ron und Harry hingegangen, also was soll ich da jetzt noch?“
„Einfach mal ein bisschen Spaß haben“, meinte Ginny.
„Spaß?“, fragte Hermine. „Woran denn? Dass ich dauernd daran denken müsste, wie Harry und Ron damals gemeinsam durch das Stadion geflogen sind? Nein danke, das brauche ich wirklich nicht.“
„Meinst Du etwa, mir ginge es besser?“, fragte Ginny. „Das betrifft mich jawohl genauso!“
„Ja, aber im Gegensatz zu mir magst Du Quidditch“, gab Hermine zurück und jetzt wandte sie zum ersten Mal den Blick von den Schülerhorden ab, die sie aus dem Fenster beobachtete, und blickte Ginny an.
„Ich weiß, ich hätte Dich das schon eher fragen sollen, aber was mich wundert ist: Wieso spielst Du eigentlich selber nicht mehr?“, fragte Hermine.
„Es…es gibt da ein Problem, seit dem Krieg letzten Sommer“, meinte Ginny.
„Ein Problem? Was für ein Problem?“
„Ich kann nicht mehr richtig fliegen, seit mich letzten Sommer ein Schockzauber getroffen hat“, erklärte Ginny. „Also für normales Fliegen reicht es schon noch aber schnelle Richtungswechsel und so was, wie beim Quidditch, gehen eben nicht mehr. Daraufhin hat man mich aus der Mannschaft genommen. Ist sicher besser so!“
„Warum hast Du denn da nie was von erzählt?“, fragte Hermine fast ungläubig.
„Naja, so schlimm ist es ja nicht“, meinte Ginny. „Und da ich ja wusste, dass Du Dich für Quidditch eh nicht interessierst…“
„Tut mir Leid“, sagte Hermine.
„Ach, das muss es nicht“, antwortete Ginny. „Es gibt wirklich Schlimmeres.“
„Ja, das stimmt“, sagte Hermine nachdenklich und blickte wieder hinab aus dem Fenster.
„Also was ist, kommst Du mit?“, fragte Ginny noch einmal.
„Nein Ginny, ich geh lieber in die Bibliothek“, antwortete Hermine. „Nimm's mir bitte nicht übel.“
„Keine Angst“, sagte Ginny. „Dann bis später und viel Erfolg!“
„Ja, wünsch ich Euch auch!“, rief Hermine ihr hinterher, während Ginny bereits im Portraitloch verschwand.
Etwa 10 Minuten blickte Hermine noch aus dem Fenster auf die SchĂĽler hinab. In der Ferne konnte man bereits einzelne Quidditch-Spieler hoch ĂĽber dem Stadion bei FlugĂĽbungen beobachten. Der SchĂĽlerstrom zu Hermines FĂĽĂźen wurde langsam immer dĂĽnner und schlieĂźlich liefen nur noch vereinzelte SchĂĽler schnell Richtung Stadion. Hermine wusste nicht genau warum, aber irgendwie war ihr nicht danach, jemandem ĂĽber den Weg zu laufen also wartete sie weitere fĂĽnf Minuten und begab sich erst dann hinab in die Bibliothek.
Als Hermine die Bibliothek betrat, hatte sie die wage Hoffnung, dass Madame Pince vielleicht nicht da wäre. Sie hatte sie zwar noch nie beim Quidditch gesehen aber vielleicht war sie ihr bloß nie aufgefallen. Andererseits konnte sie sich nicht erinnern, jemals in der Bibliothek gewesen zu sein, ohne dass Madame Pince nicht auch hier gewesen wäre. Aber ihre Hoffnung, vielleicht ganz alleine in der Bibliothek zu sein, war schneller zunichte, als sie gedacht hätte, denn als sie durch die Tür trat, sah sie an einem der Tische in der Mitte jemanden sitzen. Er hatte seinen Kopf nach unten gesenkt, fast unter den Armen vergraben, als würde er angestrengt etwas schreiben oder sehr kleine Buchstaben lesen müssen.
Hermine ging unbedarft auf einen Tisch zu, der möglichst nah an der verbotenen Abteilung stand doch als sie an dem Schüler vorbeikam, stockte sie. Den blonden Haarschopf kannte sie doch!
„Henrik?“ fragte sie vorsichtig.
Henrik wirbelte herum. „Hermine!“ rief er. „Wa…was machst Du denn hier. Ich dachte, Du bist beim Quidditch.“
„Ich mach mir nichts aus Quidditch“, sagte Hermine und setzte sich zu ihm an den Tisch. „Aber was tust Du hier?“
„Tja, ehrlich gesagt“, sagte Henrik als wäre er erleichtert, „ich mag auch kein Quidditch.“
„DU magst kein Quidditch?“, fragte Hermine verwundert. „Aber Du bist doch ein Junge!“
„Ja, und?“, fragte Henrik.
„Na, ich dachte alle Jungen – das heißt alle Zaubererjungen – mögen Quidditch.“
„Na, ich eben nicht!“
„Warum hast Du das nie erwähnt?“
„Na, eben darum!“
„Warum?“
„Weil man sich als Junge dann dauernd rechtfertigen muss.“
Hermine lächelte Henrik aus vollem Herzen an und plötzlich fühlte sie sich mit ihm irgendwie verbunden, warum auch immer. Sie nahm seine Hand. „Glaub mir, vor mir brauchst Du Dich nicht dafür zu rechtfertigen“, sagte sie freundlich und strahlte ihn an.
Henrik lief puterrot an und blickte kurz auf Hermines Hand, die die seine hielt. „D…danke“, stotterte er. „Das ist lieb von Dir!“
FĂĽr einen kurzen Moment war auch Hermine ziemlich verlegen doch sie fing sich erstaunlich schnell.
„Und was machst Du hier? Hausaufgaben?“, fragte sie, ließ dabei Henriks Hand los, rückte aber dafür mit ihrem Stuhl näher an ihn heran.
„Nein, ehrlich gesagt hab ich gedacht ich schaue noch mal nach diesem Aperto Cancelio Zauber“, antwortete Henrik.
„Hast aber nichts gefunden, gell?“, meinte Hermine.
Henrik schüttelte den Kopf. „Das findet man wahrscheinlich wirklich nur in der verbotenen Abteilung, wenn überhaupt.“
Hermine blickte sich um. „Ist Madame Pince denn hier?“, fragte sie.
„Ja, die schwirrt hier irgendwo rum aber ich sehe sie nicht oft“, gab Henrik zurück. „Aber außer mit war ja auch bis eben niemand hier.“
„Na, dann kann ich wenigstens unbeobachtet unter den Tarnumhang schlüpfen“, meinte Hermine, zog den Umhang hervor und warf in sich ohne langes Zögern über.
„Bis gleich“, flüsterte sie Henrik zu, dann machte sie sich unsichtbar auf den Weg in die verbotene Abteilung.
Vorsichtig schaute Hermine an den langen Regalreihen entlang. Sie machte nur die nötigsten Schritte und die ganz leise, denn Madame Pince war nur einige Meter von ihr entfernt und sortierte anscheinend einige Bücher neu.
Hermine wusste nicht so richtig, wonach sie suchen sollte. Unter den seltenen Zaubersprüchen hatten sie Tags zuvor nichts gefunden also nahm sie sich jetzt vorsichtig ein Buch, in dem sehr alte Zaubersprüche behandelt wurden sowie eines, das von zwar größtenteils erlaubten aber nicht mehr verwendeten Zaubersprüchen handelte. Sie suchte noch nach einem geeigneten dritten Buch, denn eins hätte sie gerade noch tragen können, da hörte sie die Tür zur Bibliothek auf- und wieder zugehen.
Auf Zehenspitzen schlich Hermine unter ihrem Tarnumhang zur Ende der Regalreihe und blickte um die Ecke herum zur Tür, da zuckte sie zusammen. Wer da hereingekommen war, war kein geringerer als Professor Snape! Was machte er hier? Schließlich lief draußen ein Quidditch-Spiel seiner Slytherins. Er war also sicher nicht nur auf ein Pläuschchen mit Madame Pince hier. Außerdem wusste er als einziger Lehrer, dass Hermine den Tarnumhang besaß. Vielleicht hatte er oder ein Slytherinschüler sie belauscht und er wusste, dass sie hier war oder vermutete es zumindest!?
Severus Snape ging in seiner üblichen Hochnäsigkeit durch den Raum auf den Tisch zu, an dem Henrik saß, der ihn bis auf einen kurzen Blick nicht weiter beachtet hatte. Direkt vor seinem Tisch blieb er stehen und Henrik sah in jetzt überrascht an.
Hermine schlich ihnen vorsichtig ein wenig näher – immer noch mit den Büchern unter dem Arm – um besser verstehen zu können, was Snape von Henrik wollte.
„Mr. Leighton“, sagte Snape in gespielt freundlichem Ton zu Henrik, „wieso sind Sie nicht draußen im Quidditch-Stadion, wie all ihre Mitschüler?“
„Keine Lust“, erwiderte Henrik knapp.
„Keine Lust?“, wiederholte Snape. „Nun, das ist für einen jungen Mann etwas… ungewöhnlich, finden sie nicht?“
„Mag sein“, gab Henrik zurück, „aber ich wüsste nicht, dass ich mich dafür rechtfertigen muss.“
Snapes aufgesetzt freundliche Grimasse verwandelte sich von einem Moment auf den anderen wieder in sein übliches, gefühlloses Starren und er blitzte Henrik bösartig an. „Mäßigen Sie Ihre Ausdrucksweise, Mr. Leighton. Andere Lehrkräfte mag es beeindrucken wessen Sohn sie sind, mich dagegen lässt das völlig kalt.“
„Kein Problem“, entgegnete Henrik lapidar woraufhin Snape ihn noch wütender ansah.
„Und nun…würden Sie mir bitte verraten mit wem Sie hier sind?“, fragte er.
„Mit niemandem!“, antwortete Henrik zu Hermines Erleichterung nach kurzem Überlegen.
„Soso, mit Niemandem“, sagte Snape, dann griff er plötzlich nach dem Buch, das Henrik las. „Was lesen sie da?“, fragte er barsch ohne wirklich eine Antwort abzuwarten. Er blickte auf den Umschlag des Buches: „Längst vergessene Zaubersprüche?“, las er den Titel vor. „Was wollen sie damit?“
„Lesen?“ fragte Henrik ironisch.
„Nach was Sie suchen, will ich wissen!“, brüllte Snape ihn an und knallte das Buch wieder auf den Tisch.
„Ich wüsste nicht was sie das angeht“, sagte Henrik, „schließlich ist das Buch nicht aus der verbotenen Abteilung.“
Snape sah in nachdenklich an. „Soso, nicht aus der verbotenen Abteilung“, sagte er und ohne ein weiteres Wort ging er plötzlich schnellen Schrittes in genau diese Richtung.
Henrik zuckte zusammen, weil er Hermine irgendwo dort vermutete. Im gleichen Moment blieb Snape stehen.
„Wieso erschrecken Sie, Mr.Leighton?“, fragte er ohne sich umzudrehen. „Ist dort vielleicht jemand, der nicht dort sein sollte?“
Henrik antwortete nicht.
Hermine stand einige Meter von Snape entfernt und beobachtete beide. Snape ging ohne weitere Worte in die verbotene Abteilung, während Hermine diese bereits verlassen hatte und sich in einer der normalen Regalreihen verbarg.
Snape blickte über die Regale der verbotenen Abteilung und sein Blick blieb augenblicklich in der Reihe hängen, in der zwei Bücher fehlten. Schnellen Schrittes ging er auf die Reihe zu, dabei griff er unentwegt unter schnellen Schritten nach rechts und nach links, als wolle er etwas Unsichtbares einfangen.
„Legen Sie Ihren Umhang ab, Miss Granger“, sagte er mit leiser, zittriger Stimme, „ich weiß, dass Sie hier sind.“
Hermine schlich derweil ein paar Meter zurĂĽck und beobachtet Snape aus sicherer Entfernung.
Snape ging durch die Regalreihe langsam auf die Wand an deren Ende zu und wedelte fortwährend mit seinen Armen durch den Raum als würde er eine Herde Vieh in die Enge treiben wollen.
„Geben Sie auf Miss Granger“, zischte er. „Sie entkommen mir nicht.“
Snape war so mit der Jagd nach Hermine beschäftigt, dass er gar nicht bemerkte, dass Madame Pince ihn mittlerweile gehört hatte und ihn nun mit runzliger Stirn beobachtete.
Plötzlich zog Snape seinen Zauberstab, richtete ihn auf die Wand, auf die er zuging und rief „Accio Tarnumhang!“
Nichts geschah.
„Kann ich Ihnen vielleicht irgendwie helfen, Professor?“, fragte jetzt eine sichtlich irritierte Madame Pince.
Snape wirbelte herum.
„Oh…ääh…nein“, stotterte Snape und Hermine meinte für einen kurzen Moment selbst in seinem aschfahlen Gesicht einen Anflug von Farbe zu erkennen.
„Nun, dann würde ich es begrüßen, wenn Sie in der Bibliothek nicht zaubern würden, Professor“, sagte Madame Pince mit ermahnender Stimme und wollte sich gerade abwenden doch Snape hielt sie zurück.
„Warten Sie!“, rief er und zeigte auf die zwei leeren Stellen im Regal. „Was sind das für zwei Bücher, die dort fehlen?“
Madame Pince blickte verwundert auf das Regal, eilte dann zu ihrem Schreibtisch und kam mit einer Liste wieder zurĂĽck.
„Hmm, das ist eigenartig“, sagte sie. „Die Bücher „Mittelalterliche Zaubersprüche“ und „Ausgemusterte Zauber aller Art“ fehlen.“
„Was heißt das: Sie fehlen?“, fragte Snape schroff.
„Nun, niemand hat sie ausgeliehen, also müssten sie eigentlich da sein“, sagte Madame Pince. „Aber vielleicht sind sie auch nur falsch zurückgestellt worden.“
„Können Sie denn nicht feststellen, wann sie zum letzten Mal ausgeliehen worden sind?“, fragte Snape genervt.
„Doch, doch“, erwiderte Madame Pince und blickte auf ihre Liste doch sie gab keine Antwort.
„Nun?“, erkundigte sich Snape.
„Tja, das ist schon komisch“, sagte Madame Pince. „Wenn meine Liste stimmt, was außer Frage steht, dann sind beide Bücher das letzte Mal am 10. Mai 1932 ausgeliehen worden.“
Snape sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Schon etwas länger her, nicht wahr?“
Madame Pince nickte stumm.
„Vermutlich hätten Sie es doch in über 70 Jahren bemerkt, wenn…“
„Selbstverständlich!“, wurde Snape von Madame Pince unterbrochen. „Es muss einen anderen Grund dafür geben.“
„Granger!“, zischte Snape.
„Was?“, fragte Madame Pince.
„Ach nichts!”, gab Snape mit einer abwehrenden Handbewegung zurück, dann ließ er Madame Pince einfach stehen und stapfte zurück Richtung Ausgang.
„Bestellen Sie Miss Granger einen schönen Gruß“, sagte er laut zu Henrik als er auf Höhe seines Tisches war, „und sagen Sie ihr, dass ihr das, was sie sucht, in keiner Weise weiterhelfen wird!“
Er ging zwei Schritte weiter und stockte dann noch einmal und wandte sich zu Henrik um. „Und bestellen Sie ihr, dass ich Sie in meinem Büro zu sehen wünsche. Morgen Abend um sieben!“
Schnellen Schrittes stapfte er weiter auf die Tür zu, während Henrik und Madame Pince ihm verwundert nachsahen.
„Ach übrigens, Professor!“, rief Madame Pince ihm hinterher, als er den Ausgang der Bibliothek fast erreicht hatte.
Snape wirbelte noch einmal herum.
„Es gibt gar keine Tarnumhänge!“, rief Madame Pince durch den ganzen Raum, was Henrik augenblicklich zu einem Grunzen verleitete und er deshalb seinen Blick schnell von Snape ab- und seinem Buch zuwandte.
Snape schaute Madame Pince entgeistert an, öffnete kurz den Mund, schloss ihn dann aber wieder ohne etwas zu sagen und verließ mit einem lauten Türknallen die Bibliothek.
„Lass uns gehen“, flüsterte kurze Zeit später Hermines Stimme an Henriks Ohr.
„Mit den Büchern?“, flüsterte Henrik zurück.
„Ich kann sie ja schlecht hier lesen, jetzt, wo Madame Pince sie sucht, oder?“, zischte Hermine.
Henrik nickte. Er stand auf, stellte seine Bücher zurück an ihren Platz und ging dann Richtung Ausgang. Madame Pince beobachtete ihn, während er ging. Er öffnete die Tür, ging hindurch und hielt sie hinter sich ein wenig auf. An einem kurzen Rauschen ihres Umhangs hörte er, dass Hermine mit durch die Tür geschlüpft war. Dann ging er schnell Richtung Gryffindor-Gemeinschaftsraum, während weder er noch die unsichtbare Hermine neben ihm irgendetwas sprachen. Das Schloss war fast menschenleer, so dass das Quidditch-Spiel sicherlich noch andauern musste.
Als sie den Gemeinschaftraum erreicht hatten und die fette Dame hinter ihnen zugeschwungen war, warf Hermine den Tarnumhang ab.
„Mann, das war knapp“, stöhnte sie. „Woher wusste Snape nur, dass ich in der Bibliothek war?“ Sie fiel in einen der Sessel.
„Bestimmt weil Du nicht beim Quidditch warst“, vermutete Henrik und lies sich in den Sessel neben ihr fallen.
„Mag sein“, sagte Hermine grübelnd, dann legte sie die zwei Bücher auf den Tisch, die sie mitgebracht hatte. „Welches willst Du Dir vornehmen?“, fragte sie Henrik lächelnd.
„Was hast Du denn im Angebot?“, fragte er zurück.
„Mittelalterliche Zaubersprüche und Ausgemusterte Zauber aller Art“, las Hermine die Titel von den Einbänden vor.
„Na, dann lass ich das Mittelalter lieber Dir“, sagte Henrik und lies sich von Hermine das Buch „Ausgemusterte Zauber aller Art“ geben.
Lange blätterten sie suchend in den Büchern, als plötzlich aus der Ferne ein leises Johlen durch das geschlossene Fenster drang.
Beide blickten sie auf und schauten zum Fenster.
„Ich nehme an, dass Quidditch-Spiel ist endlich zu Ende“, meinte Hermine.
„Wurde ja auch Zeit“, nickte Henrik und schaute auf seine Uhr. „Über 5 Stunden. Müssen schlechte Sucher sein.“
Hermine stockte einen Moment, weil sie erneut an Harry und Ron denken musste, dann blätterte sie weiter in ihrem Buch.
Es dauerte nicht lange, da hörte man von draußen erneut Jubel durch die zum Schloss zurückkehrenden Schüler durch die Fenster dringen. Doch Hermine und Henrik beachteten die Geräusche nicht weiter, bis sie schließlich überdeutlich die Schüler die Treppe zum Gryffindorturm in unveränderter Lautstärke hochkommen hörten.
Hermine und Henrik blickten sich kurz an.
„Gewonnen, schätze ich mal“, sagte Henrik knapp.
„Hört sich so an“, gab Hermine zurück und trotz ihres angeblichen Desinteresses am Quidditch huschte ein kurzes Lächeln über ihr Gesicht.
Schon schwang das Portrait der fetten Dame auf und die Gryffindor-Schar stĂĽrmte in ihren rot-goldenen Schals und Fahnen laut johlend in den Gemeinschaftsraum, alle noch mit Schneeflocken in den Haaren.
„Ist Gryffindor auch schwächlich noch – für Slytherin da reicht es doch!“ riefen die Schüler und dann:
„Schießt ihr mehr Tore auf dem Platz – fangen wir den gold’nen Schnatz!“
Die Schüler verteilten sich im ganzen Raum bis schließlich auch Fred, George und Ginny durch das Portraitloch stiegen und sich wenig später in die Sessel neben Hermine und Henrik fielen ließen, natürlich nicht, ohne bei den Schlachtgesängen der anderen Gryffindors mitzusingen.
„Und wir war’s?“, rief Hermine, da ein normales Sprechen durch die Gesänge übertönt worden wäre.
„Gewonnen!“, rief Ginny überglücklich zurück. „150:140!“
„Bitte, wie?“, fragte Hermine ungläubig zurück.
„150:140!“, wiederholte Fred
„Und dafür spielen die fünf Stunden?“
„Ausgeklügelte Defensivtaktik“, sagte plötzlich jemand von hinten, der auf sie zukam. Hermine blickte sich um.
„Oliver!“, sagte sie, „Du kannst das Quidditch also auch noch nicht so ganz aufgeben, was?“
„Na hör mal“, gab Oliver Wood zurück, „wenn Gryffindor gegen Slytherin spielt, muss man doch dabei sein. Wo warst Du eigentlich?“
„Oh, ich…ääh…ich hatte zu tun“, stotterte Hermine zurück.
„Mal ganz im Vertrauen“, sagte Oliver jetzt etwas leiser in die Runde, „ich hab dem neuen Kapitän vor dem Spiel ein paar taktische Tipps gegeben.“
„Und wie sahen die aus?“, fragte George belustigt.
„Na, das habt ihr doch gesehen!“, meinte Oliver.
„Was wir gesehen haben, war eine katastrophale Leistung“, sagte Fred belustigt, „zumindest bis der Schnatz aufgetaucht ist.“
„Das war doch gerade die Taktik!“, sagte Oliver.
„Würde uns vielleicht mal jemand aufklären?“, fragte Hermine.
„Also Gryffindor war schlecht, wirklich richtig schlecht“, erklärte Ginny und Fred, George und Oliver nickten dazu.
„Das Spiel dauerte schon drei Stunden, da stand es gerade mal 40:0 für Slytherin“, fuhr Ginny fort. „Unsere Mannschaft hatte nicht mal ansatzweise so was wie ne Torchance, auch danach nicht, aber die Slytherins hatten auch nicht viele, weil unsere Spieler nur die eigenen Torringe verteidigt haben.“
„Und dann?“, fragte Hermine nun doch recht interessiert.
„Dann stand es irgendwann 140:0 für Slytherin. Der Schnatz war vorher schon ein paar mal aufgetaucht aber die beiden Sucher sind nicht besonders stark und haben sich immer gegenseitig fast vom Besen gehauen aber irgendwie wurde der Sucher der Slytherins immer schwächer als wenn er die Kälte nicht abkönne und als der Schnatz dann wieder auftauchte war er einfach zu langsam und unser Sucher hat ihn gefangen – 150:140!“ Ginny grinste, Fred, George und Oliver ebenso.
„Aber was war denn mit dem Sucher der Slytherins?“, fragte Hermine und blickte Oliver an.
„Hehe“, lachte Oliver hämisch, „ich hab zufällig mitbekommen, wie sich letzte Woche ein paar Slytherins unterhielten und dabei erzählten, dass einer ihrer Mitschüler den Wärmezauber einfach nicht hinbekommt. Ratet mal wer?“
„Der Sucher!“, folgerte Hermine.
„Genau“, sagte Oliver genießerisch. „Ich wusste, dass wir ein offen geführtes Spiel wahrscheinlich verlieren würden, deshalb hab ich mich mit dem Kapitän unserer Mannschaft besprochen, dass wir einfach mauern und warten bis der Sucher der Slytherins schwächelt und siehe an: Es hat geklappt!“
„Aber ziemlich knapp!“ meinte Ginny.
„Ja, wer kann den ahnen, dass unser Sucher derartig schlecht ist“, gab Oliver zurück. „Wenn Harry noch da wäre, wäre das Spiel nach einer halben Stunde schon zu Ende gewesen.“
Ginny und Hermine schauten betreten zu Boden.
„Oh, Entschuldigung“, sagte Oliver sofort. „Ich wollte nicht…“
„Schon gut“, sagte Ginny. „Ist ja schön, wenn man ihn so in Erinnerung behält.“
Hermine nickte.
Während Fred, George und Ginny sich wieder unter die feiernden Gryffindors mischten, verabschiedete Oliver sich in sein Büro und Hermine und Henrik nahmen sich wieder ihre Bücher vor, um weiter nach dem Aperto Cancelio Zauber zu suchen. Zwar war es nicht ganz ungefährlich zwischen all den Mitschülern mit Büchern aus der verbotenen Abteilung der Bibliothek zu sitzen doch waren alle derart mit dem Quidditch-Spiel beschäftigt, dass sie kaum Notiz von ihnen nahmen, geschweige denn von den Büchern, die sie lasen.
Es dauerte so auch eine ganze Weile, bis die siegestrunkenen Gryffindors nach und nach mĂĽde wurden und zu Bett gingen.
Schließlich waren es nur noch Fred, George und Ginny, die über waren und jetzt wieder zu Henrik und Hermine an den Tisch kamen, um sich ebenfalls in die Schlafsäle zu verabschieden.
„Hört mal, ihr zwei“, sagte Ginny, „wollt ihr nicht auch mal langsam ins Bett gehen? Ich meine, ihr sucht den ganzen Abend schon in diesen Büchern rum, da werdet ihr jetzt wahrscheinlich auch nichts mehr finden.“
Fred und George nickten zur Bestätigung, während Hermine ein bisschen resigniert zu ihnen aufblickte.
„Aber irgendwo muss doch etwas darüber stehen“, sagte sie, „und ich will es möglichst schnell rausfinden.“
„Aber es muss ja wohl nicht mehr heute sein, oder?“, fragte Ginny. „Ab morgen helfen wir Euch auch wieder, was Jungs?“
„Klar“, sagte Fred.
„Ehrensache“, sagte George. “Obwohl ich mir in der Tat was Interessanteres vorstellen könnte.”
„Das wird aber nicht nötig sein“, murmelte Henrik dazwischen, der seine Augen nach wie vor auf die Seiten seines Buches gerichtet hatte.
„Wie bitte?“, fragte Ginny und Hermine, Fred und George sahen ihn ebenso fragend an.
„Es wird nicht nötig sein, dass ihr uns helft“, sagte Henrik jetzt etwas lauter, allerdings ohne aufzublicken.
„Warum?“ fragte Hermine verwundert. „Ich finde schon wir könnten Hilfe gebrauchen.“
„Aber nicht hierbei“, sagte Henrik.
„Und warum bitteschön nicht?“ fragte Hermine patzig, die nicht verstand, was Henrik ihr sagen wollte, während Fred und George ihn bereits abschätzend ansahen, ahnend, was er wohl damit gemeint haben könnte.
Henrik blickte jetzt zum ersten Mal auf, hob das Buch hoch, das auf seinen Oberschenkeln gelegen hatte und knallte es geöffnet auf den Tisch. „Weil wir gefunden haben, was wir suchen!“ sagte er triumphierend.
Hermine riss das Buch an sich, drehte es herum und las, so schnell sie konnte. Ginny, Fred und George sprangen hinter ihren Sessel und schauten ihr gebannt über die Schultern. Hermines Augen flogen förmlich über die Buchseite doch plötzlich verharrten ihre Pupillen und fixierten einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand.
„Das ist es!“, sagte sie. „Das ist die Antwort!“ Sie sprach nicht weiter, weshalb Fred, George und Ginny sie fragend ansahen.
„Du kannst das nicht etwa lesen, oder?“, fragte Fred schließlich und er blickte dabei hauptsächlich Hermine aber auch Henrik an.
„Hätte irgendjemand von Euch Alte Runen belegt, könntet ihr es auch lesen“, antwortete Hermine.
„Alte Runen?“, fragte George entsetzt. „Das wäre so ziemlich das Letzte, was ein normaler Schüler freiwillig wählen würde. Dagegen ist Trelawney ja reinstes Hardcore-Entertainment!“
Sein Blick wanderte zu Henrik. „Sag nicht, Du hast das Fach auch gehabt?“
Henrik nickte stumm und während Fred und George ihre Köpfe schüttelten, lächelte Hermine ihm wohlwollend zu.
„Und was steht da nun?“, fragte Ginny schließlich.
Hermine blickte wieder auf das Buch und las, jetzt jedoch weniger hektisch.
„Hier steht“, begann sie, „dass einer der Zauber, der mehr Unheil über die Zaubererwelt gebracht hat als jeder der verbotenen Flüche, der eigentlich gänzlich unscheinbare Aperto Cancelio Zauber war.“
Fred, George und Ginny sahen sich fragend an.
„Der Aperto Cancelio Zauber gehört nicht zur dunklen Seite der Magie“, fuhr Hermine fort, „jedoch wurde er oft von dieser Seite benutzt.“
„Ja, aber was bewirkt er denn?“, fragte Ginny ungeduldig.
„Er öffnet ein Tor!“, sagte Hermine nachdenklich. „Ein unsichtbares Tor, von einem Ort zu einem anderen.“
„Und wozu soll das gut sein?“, fragte George woraufhin die andern ihn fragend ansahen.
„Ich meine, wenn ich irgendwo hin will, kann ich doch apparieren“, erklärte George, „oder ich nehme nen Portschlüssel. Wozu brauch ich da ein Tor?“
„Weil es den Aperto Cancelio Zauber schon wesentlich länger gibt als das Apparieren erfunden ist. Und darüber hinaus bringt ein mit Aperto Cancelio geöffnetes Tor Dich auch heute noch dorthin, wohin Du nicht apparieren kannst“, erklärte Hermine, während ihre Augen weiter über das Buch huschten, „zum Beispiel wenn ein Ort mit einem Bannzauber belegt ist.“
„Hogwarts!“, sagte Ginny entsetzt.
„Wäre möglich!“, bestätigte Hermine.
„Moment mal, Moment mal, Moment mal“, unterbrach Fred sie. „Wie heißt das Buch doch gleich, das Du da hast?“
Hermine klappte das Buch halb zu und blickte auf den Deckel. „Ausgemusterte Zauber aller Art“, sagte sie.
„Warum sollte man denn bitte einen solchen Zauber ausmustern?“, fragte Fred. „Ein Tor, durch das man jedem Bannzauber ausweichen kann. Das hätte man sich doch auch zu Nutze machen können.“
„Wie denn?“, fragte Ginny.
„Na, es werden jawohl nicht nur auf Hogwarts Bannzauber liegen. Was ist zum Beispiel mit Voldemort?“
„Es ist mir nicht bekannt, dass Voldemort jemals etwas mit einem Bannzauber belegt hat, Fred“, sagte Hermine. „Außerdem dürfte doch klar sein, dass die Gefahr, die von so etwas ausgeht immer größer ist, als der Nutzen!“
„Ja schon“, gab Fred zu, „aber was hilft es, einen Zauber auszumustern, wenn er dann doch noch angewendet wird? Ich meine, was bringt es denn, wenn man in die Schulbibliothek gehen kann und sich einfach mal so nen ausgemusterten Zauber aus einem Buch sucht, der einem sämtliche Barrieren aus dem Weg räumt irgendwo hinzukommen?“
„Hier steht, dass der Aperto Cancelio Zauber nur sehr, sehr schwer zu erlernen ist und den, der ihn ausspricht auf längere Zeit sehr stark schwächt oder sogar umbringt“, erklärte Hermine.
„Nordan Hoddle sah mir aber neulich nicht sehr geschwächt aus“, gab Fred zurück.
„Da hat er Recht“, bestätigte ihn Ginny.
„Weil er nicht den ursprünglichen Zauber gesprochen hat sondern nur die Wiederholung“, meinte Hermine und blickte wieder auf das Buch.
„Was heißt das jetzt wieder?“, fragte George
„Nordan muss mit dem Zauber durch ein Tor gegangen sein, was schon da war, ansonsten hätte er geschwächter sein müssen. Geschwächt ist nämlich nur derjenige, der das Tor heraufbeschwört und je weiter die beiden Ausgänge des Tores voneinander entfernt sind, desto mehr Kraft kostet es.“
„Also hat jemand anderes das Tor heraufbeschworen und Hoddle ist nur durchgegangen“, folgerte Fred.
„Vermutlich!“, stimmte Hermine zu.
„Aber wer kennt denn so einen Zauber? Und warum kennt Hoddle ihn?“, fragte Ginny.
„Keine Ahnung“, meinte Hermine, „aber ich schätze mal, DASS er ihn kennt, ist der Grund dafür, dass ER Hagrids Vertretung ist.“
„Aber wo ist denn wohl der andere Ausgang des Tores?“, fragte Ginny nachdenklich.
„Ich denke, das ist ziemlich eindeutig“, sagte Henrik plötzlich. „In Hogwarts!“
„In Hogwarts?“, fragte Ginny erschrocken. „Aber das hätte man doch schon gesehen.“ Sie blickte ängstlich zu Hermine. „Oder etwa nicht?“
„Wenn jemand so ein Tor heraufbeschwört“, sagte Henrik, „kann der Grund doch nur sein, irgendwo hinzugelangen, wo er sonst nicht unauffällig hingelangen kann.“
Die andern vier nickten.
„Und wenn es zudem noch sehr viel Kraft kostet, größere Entfernungen damit zu überbrücken, dann ist es doch naheliegend, dass jemand durch das Tor im verbotenen Wald versucht, nach Hogwarts zu gelangen.“
„Das klingt allerdings plausibel“, bestätigte George.
„Trotzdem verstehe ich nicht, warum man den Zauber gleich ausmustern musste?“, fragte Fred.
„Ich glaube dafür hab ich eine Erklärung“, sagte Hermine, die jetzt umgeblättert hatte und weiter las.
Ginny, Fred, George und Henrik sahen sie gespannt an.
„Wisst ihr was über die Schlacht von Troja?“, fragte Hermine.
„Troja?“, fragten alle vier wie aus einen Mund.
„Das ist doch mindestens 3000 Jahre her“, grübelte Fred.
„Eher mehr“, sagte Hermine. „Aber damals ist zum ersten Mal Unrecht mit dem Aperto Cancelio Zauber geschehen. Die Griechen haben sich mit dessen Hilfe trotz aller Bannzauber, die die Trojaner um ihre Stadt gelegt hatten, heimlich in das Stadtinnere schmuggeln können, um schließlich aufgrund dieser List den Krieg zu gewinnen.“
„Moment mal“, unterbrach George. „Wenn ich mich recht erinnere, gab es doch da dieses trojanische Pferd…“
„Eine weiter List der griechischen Zauberer. Damit man ihnen nicht auf die Schliche kam, erfand man die Sage mit dem hölzernen Pferd in dessen Inneren die Soldaten gesessen haben sollen. Das Pferd hat es auch gegeben aber erst nach dem Krieg. Damals waren die Zauberer noch auf die Zusammenarbeit mit den Muggels angewiesen und so musste man sich irgendeine plausible Erklärung einfallen lassen“, erklärte Hermine.
„Na, besonders plausibel fand ich das auch nie“, grinste Fred.
„Wie man’s nimmt“, grinste Hermine zurück. „Schließlich wird den Muggelkindern heute noch die Story mit dem Holzpferd erzählt!“
„Aber wenn im Grunde niemand davon erfahren hat, dann war das doch kein Grund den Zauber auszumustern“, meinte Ginny. „Ich meine, den Griechen hat er doch geholfen.“
„Ja, das hat er, Ginny“, sagte Hermine, „doch ist er ein weiteres Mal eingesetzt worden, mit weitaus schrecklicheren Folgen.“
Wieder blickten Ginny, Fred und George nur fragend zu Hermine.
„Vor etwa 1400 Jahren soll ein mächtiger Zauberer über Europa und das persische Reich geherrscht haben“, erklärte Hermine. „Er soll derartige Kräfte gehabt haben, dass es ihm gelang ein Tor über mehrere Hunderte Kilometer von Asien bis nach Mitteleuropa heraufzubeschwören.“
„Und wozu hat er es genutzt?“, fragte Fred interessiert.
„Er konnte es nicht mehr nutzen“, sagte Hermine, „denn durch den Aperto Cancelio Zauber war er derartig geschwächt, dass er kurz darauf einem Angriff befeindeter Zauberer zum Opfer fiel.“
„So was wie der Phönixorden?“, fragte Ginny.
„So in etwa“, bestätigte Hermine nickend. „Aber einige seiner Gefolgsleute konnten noch durch das Tor von Asien nach Europe gelangen und sie brachten an seiner Stelle Tod und Verderben über Muggel und Zauberer gleichermaßen.“
„Aber wie?“, fragte Ginny.
“Die Pest!” sagte Hermine unheilvoll.
„Die Pest?“, fragte Ginny.
„Ja“, nickte Hermine. “Ein Drittel aller Muggel und Zauberer starben damals. Selbst die Heiler waren gegen diesen Virus machtlos. Nachdem man erfuhr, wie die Gefolgsleute des damaligen dunklen Herrschers nach Europa gelangt waren, setzte man den Zauber auf die verbotene Liste!“
„Wer war denn dieser dunkle Herrscher von damals“, fragte Ginny. „Ich meine, er muss doch einen Namen gehabt haben.“
„Ja, er hatte einen Namen“, sagte Hermine, „einen ziemlich schlichten.“
„Und welchen?“, fragten Ginny, Fred, George und Henrik gleichzeitig.
„Er nannte sich Satanus!“, sagte Hermine.
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