von timlarsson
„Herein, wenn's kein Magier ist!“, rief die Stimme von Nordan Hoddle aus dem Inneren der Hütte als Hermine bei ihm anklopfte.
Hermine musste grinsen, dann öffnete sie die Tür und trat ein. „Nur eine Magierin“, sagte sie zu Hoddle, der am Tisch saß und anscheinend versuchte, ein Loch in einer seiner Hosen zu stopfen.
„Aahh, Hermine“, rief er erfreut, „willkommen in meinem bescheidenen Domizil!“ Er hatte den Blick immer noch streng auf seine Hose gerichtet. „Entschuldige einen Moment, ich bin gleich soweit“, sagte er und klemmte jetzt angespannt die Zunge zwischen seine Lippen, während er mit der rechten Hand die Nadel führte.
Hermine kam zu ihm. „Entschuldigen Sie, Mr. Hoddle…“
„Wir hatten uns doch auf das DU geeinigt“, unterbrach er sie.
„Oh, ja…ist noch etwas ungewohnt für mich“, stotterte Hermine, „also dann entschuldige bitte, Nordan…Könnte man das nicht einfacher mit einem simplen Zauberspruch erledigen?“
„Mit einem Zauberspruch!“, sagte Nordan Hoddle laut, als würde er es irgendjemandem erzählen, der gar nicht im Raum war und zum ersten Mal sah er jetzt von seiner Arbeit auf. „Und was für einen, bitteschön? Ein einfacher Reparo-Zauber vielleicht? Hah! Nicht zu fassen! Ein Zauberspruch! Tss tss tss.“ Er schüttelte verständnislos den Kopf.
„Was ist an meinem Vorschlag so außergewöhnlich?“, fragte Hermine, die über Nordan Hoddles übertriebene Reaktion gleichzeitig verärgert und belustigt war.
„Nichts! Genau das ist es ja“, gab Hoddle zurück.
Hermine sah ihn fragend an.
„Das ist keine gewöhnliche Hose, Hermine – also sollte man sich auch hüten, einen gewöhnlichen Zauber anzuwenden.“ Er strich sich mit einem Finger den Schnurrbart. „Oder benutzt Du Deinen Feuerblitz auch dafür, den Boden zu fegen?“
„Äh, ich habe gar keinen Feuerblitz“, gab Hermine zurück.
„Ich meine das ja auch nur so als Bildnis!“, sagte Hoddle und blickte jetzt wieder auf die Hose.
„Was ist denn an der Hose so Besonderes?“
„Sie besteht aus Mitril. Leicht zu tragen und trotzdem dringt nichts durch sie hindurch – nicht einmal ein Zauber!“
„Und dieser Faden…“
„Ist aus dem gleichen Material“, sprach Nordan Hoddle den Satz für Hermine zu Ende. „So, das war’s.“ Er stand auf, warf die Hose in eine Kiste und Nadel und Faden in eine Schublade, dann ging er an einen Schrank und öffnete ihn. „Kaffee?“, fragte er.
„Gerne!“, gab Hermine zurück.
Nordan Hoddle nahm einen blechernen Krug vom Kaminrost und goss etwas Kaffee in zwei Becher, dann kam er mit den Bechern zum Tisch zurück. „Bitte setz Dich doch, Hermine“, sagte er und schob ihr einen Stuhl hin. „Ich habe mir schon gedacht, dass Du heute noch kommst – ach so, bevor ich’s vergesse. Herzlich willkommen bei den Jägern des letzten Widerstandes!“ Er reichte ihr die Hand.
„Danke“, sagte Hermine verwundert, „das wissen sie schon – äh, das weißt Du schon?“
„Jaja, Leighton wollte deswegen doch gestern Abend noch zu Dir und wenn er was will, dann macht er es normalerweise auch. Wir sind jetzt also sozusagen Kollegen!?“
„Ja, könnte man sagen“, sagte Hermine ein klein wenig verlegen.
„Sehr schön, ich hatte schon Befürchtungen meine Überredungskünste hätten bei Leighton nicht gefruchtet“, sagte Hoddle.
„Deine Überredungskünste?“
„Ja, ich habe ihm dazu geraten, Dich mit ins Boot zu holen. Ich hoffe Du bist nicht sauer deswegen?“
„Nein, ganz und gar nicht“, sagte Hermine, „aber ehrlich gesagt weiß ich jetzt auch nicht so viel mehr als vorher.“
„Ja, ich weiß, Hermine. Ist sicherlich unbefriedigend für Dich aber ich weiß auch nur die Dinge, die ich nach Meinung des Ministeriums wissen muss.“
„Nordan, ich hab nur Mittagspause und nicht soviel Zeit aber es gibt da zwei Dinge, die ich unbedingt von Dir wissen muss“, sagte Hermine.
„Das hab ich mir schon gedacht, Hermine, das Du nicht nur aus reinem Frohsinn hier bist aber ich fürchte, dass ich Dir nicht alles erzählen kann, was Du wissen möchtest. Zumindest noch nicht!“
„Was war das für ein Knall gestern im verbotenen Wald?“, fragte Hermine ohne sich von Nordans Worten irritieren zu lassen.
„Ein magischer Knall!“, antwortete er nach einem kurzen Moment des Überlegens.
„Ein magischer Knall? Was heißt das?“, fragte Hermine aufgeregt.
„Nun, der verbotene Wald bietet, wie Du ja sicher weißt, sehr viele Möglichkeiten sich zu verstecken oder sich unbemerkt der Schule zu nähern. Das Ministerium hat mit Hilfe der Zentauren den Wald mit einem Bann belegt. Sobald in seinem Inneren gezaubert wird, knallt dieser Zauber, selbst wenn es ein Silencio-Zauber ist.“
„Als Voldemort und Harry sich duellierten gab es auch zweimal so einen Knall“, sagte Hermine atemlos, „zumindest hat Snape es als magischen Knall bezeichnet.“
„Ja, das wird etwas Ähnliches gewesen sein“, bestätigte Hoddle, „allerdings sicherlich aus ganz anderen Gründen.“
„Und wer war es?“, fragte Hermine.
„Wer war was?“, fragte Nordan zurück und nahm einen Schluck Kaffee.
„Wer hat den Knall verursacht?“
„Oh, das war nur ein Ministeriumsmitarbeiter“, sagte Nordan, „er wollte sich nur etwas Licht machen aber es reicht eben auch schon ein plumper Lumos-Zauber und…Peng!“
„Was macht denn ein Ministeriumsmitarbeiter im Wald?“, fragte Hermine etwas ungläubig.
„Na, da frag mich nicht“, gab Hoddle möglicht unbedarft zurück, „ich habe ihn nicht gefragt.“
„Gut“, sagte Hermine, der es sehr schwer fiel, das zu glauben, „da ist aber noch etwas.“
„Lass mich raten“, unterbrach Hoddle sie, „es geht um Deinen Traum?“
„Ja!“, sagte Hermine verwundert.
„Was hast Du denn geträumt?“, fragte Hoddle.
„Ich dachte, das wüsstest Du?“, fragte Hermine zurück.
„Nein! Woher denn?“
„Na, Mr. Leighton sagte mir, Du hättest es gespürt.“
„Ja, das stimmt auch“, erklärte Hoddle, „aber nur, dass Du von mir geträumt hast und nicht, was Du von mir geträumt hast. Das ist mir schon öfter so gegangen, wenn jemand von mir träumte, der nicht weit entfernt war.“
„Warst Du denn gestern im verbotenen Wald? Gestern Abend, meine ich?“, fragte Hermine.
„Nein“, gab Hoddle knapp zurück.
„Komisch“, meinte Hermine. „Es wirkte aber alles irgendwie so real.“
„Was war es denn genau, was Du geträumt hast?“, fragte Hoddle.
„Ach, nicht so wichtig“, sagte Hermine mit einer abwinkenden Handbewegung und blickte dann auf Ihre Uhr. „Ich muss auch wieder los, sonst komme ich noch zu spät zum Unterricht.“
„Das solltest Du natürlich nicht“, lächelte Hoddle und er geleitete Hermine noch zur Tür.
„Bis bald!“, sagte er und winkte Hermine noch kurz hinterher, die schnell wieder hinauf zum Schloss lief. Dann ging er wieder in die Hütte und schloss die Tür. „Pfiffiges Mädchen, diese Hermine“, sagte er zu sich selber, „da hat Leighton wirklich nicht übertrieben. Nein, das hat er ganz und gar nicht.“ Er setzte seinen Kaffebecher an und leerte den Rest in einem Zug, dann schwang er sich seinen Mantel über, setzte den Hut mit der Feder auf und verließ die Hütte.
„Sagt mal, könnt ihr Euch so was vorstellen?“, fragte Hermine Ginny, Fred und George am Abend im Gemeinschaftsraum, nachdem sie ihnen von Nordan Hoddles Begründung für den Knall aus dem verbotenen Wald erzählt hatte, von der sie eigentlich sicher war, dass sie zumindest nicht der vollen Wahrheit entsprach.
„Naja“, sagte Fred und warf sich eine von Bertie Botts Bohnen aller Geschmacksrichtungen in hohem Bogen in den Mund, „wäre auch ein Spitzenartikel für unseren Laden: Lass das Zaubern oder es knallt!“ Plötzlich verzog er angewidert das Gesicht. „Ääh, Lebertrangeschmack!“
„Sei froh“, bemerkte George lapidar und warf sich ebenfalls eine Bohne ein, „ich hatte neulich Kuhfladen!“
„Und jetzt?“, fragte Hermine mit einem Grinsen.
„Hmm?“, überlegte George und lutschte angestrengt, „Erdbeereis mit nem Schuss Schokosoße würd’ ich sagen. Nicht das Schlechteste!“
„Ich meine was wir jetzt machen?“, fragte Hermine. „Ich kaufe Hoddle das irgendwie nicht so ganz ab, dass es nur ein Zauber ist, der andere Zauber aufdecken soll. Ich habe nämlich noch nie von so etwas gehört.“
„Und wenn Hermine Granger von so etwas noch nie gehört hat, dann sind natürlich berechtigte Zweifel angebracht, dass es so ist; da würde ich Dir zustimmen“, sagte George während Fred zu einem Eimer neben dem Kamin gegangen war, in den er jetzt hinein würgte.
„Willst Du mich veralbern?“, fragte Hermine
„Nein“, gab George zurück, „ich könnte mir nur schon ganz gut vorstellen, dass es so einen Zauber gibt.“
„Ich nicht“, maulte Hermine. „Dann hätte man den doch schon mal eher einsetzen können, zum Beispiel damals in der Mysteriumsabteilung…“
„Aber mal gesetzt den Fall Du hättest Recht und Hoddle hat Dir nicht die Wahrheit gesagt: Was würdest Du denn dann machen?“, unterbrach Ginny sie.
„Na, in den Wald gehen und schauen was da los ist, was denn sonst?“, erklärte Hermine.
„Keine gute Idee, Hermine“, sagte Fred, der jetzt wieder zu ihnen kam und sich mit einem Tuch den Mund abwischte. „Du sollst Dich doch nicht in Gefahr begeben und dann ausgerechnet in den verbotenen Wald zu gehen ist wohl nicht so ratsam.“
„Boah, Fred, das ist echt eklig“, sagte Ginny angewidert, „musstest Du gleich kotzen, nur weil’s nach Lebertran schmeckte?“
„Nee, deswegen nicht“, sagte Fred und steckte das Tuch in seine Hosentasche, „aber es war noch irgendwas bissfestes, sich bewegendes mit drin. Ich tippe auf Maden oder Engerlinge!“
Ginny und Hermine blickten angeekelt zu Boden, hielten sich beide die Hand vor den Mund und versuchten angestrengt den Würgereiz zu unterdrücken.
„Na, nun macht mal halblang, Mädels“, sagte George, „sonst lass ich mich gleich mal darüber aus, was zu dem Kuhfladengeschmack noch alles dazu kam.“
„Hört auf jetzt!“, schrie Ginny sie an.
„Ich hab noch nie verstanden, was man an diesen Bohnen finden kann“, sagte Hermine, die sich bereits wieder gefangen hatte.
„Gibt es eigentlich irgendeinen bestimmten Grund dafür, dass Du Hoddle nicht glaubst?“, fragte Fred.
„Nein“, log Hermine, die die andern drei bewusst nicht in ihrem Traum einweihte denn es reichte ihr, dass anscheinend schon Mr. Leighton und Nordan Hoddle zumindest teilweise wussten, wovon sie geträumt hatte.
„Dann versteh ich nicht, warum Du da so drauf pochst“, bemerkte Fred.
„Ich poche da nicht drauf“, sagte Hermine gereizt, „ich dachte nur, man könnte ja mal nachschauen, ob im Wald alles in Ordnung ist. Ach, ich hätte Euch gar nicht davon erzählen sollen.“ Sie machte eine abwinkende Handbewegung.
„Mach bloß keinen Blödsinn, Hermine“, sagte George. „Bevor Du alleine da rein gehst, kommen wir natürlich mit aber großen Sinn hat es - glaube ich - nicht. Selbst wenn Du Recht hast mit Deiner Vermutung glaube ich kaum, dass Du dort etwas finden wirst.“
„Naja, wahrscheinlich hast Du Recht“, sagte Hermine jetzt, die sich nur zu gut an ihre vergangenen Besuche im verbotenen Wald erinnerte, bei denen sie so gut wie immer zumindest zeitweise unter Lebensgefahr gestanden hatte.
„Wenn das wirklich so eine Art Bann vom Ministerium ist, dass es bei jedem Zauber knallt, könnte es dann nicht sein, dass Vater etwas davon weiß?“, fragte Ginny.
„Ich glaub’s fast nicht“, sagte George, „das fällt bestimmt wieder unter Leightons Spezialeinheit und davon weiß ja keiner was aber wir könnten ihn ja trotzdem einfach mal fragen gehen.“
„Wen? Leighton?“, fragte Ginny.
„Quatsch! Vater!“, gab George zurück.
„Na, ich weiß nicht“, sagte Ginny, „bis Errol wieder hier ist, ist wahrscheinlich eh Weihnachten.“
„Doch nicht per Eule, Kindchen“, sagte George, „wozu gibt’s hier nen Kamin, der am Flohnetzwerk angeschlossen ist.“
„Nenn mich nicht Kindchen!“, blaffte Ginny ihn an.
„Aber der ist in McGonagalls Büro!“, gab Hermine zu bedenken.
„Falsch, Hermine“, sagte George. „Er war in McGonagalls Büro. Jetzt ist er in Olivers Büro.“
„Stimmt ja“, sagte Hermine und schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. „Aber meint ihr, ihr dürft ihn benutzen?“
„Da kriegen wir unseren alten Quidditch-Kumpel schon rum“, sagte George, „was meinst Du Fred?“
„Logo!“, antwortete Fred, „Soll ich gehen? Dann kann ich gleich noch welche von den Furzwurzeln holen. So ne Gruppe Drittklässler aus Slytherin hat mir gestern den gesamten Vorrat aufgekauft!“
„Deswegen hat das da unten heute morgen so erbärmlich gestunken“, sagte George, „ich dachte schon einem von Slughorns Schülern wäre ein Zaubertrank misslungen.“
„Tja, ich weiß auch nicht“, sagte Fred, „die haben sie anscheinend erstmal an sich selbst ausprobiert. Ich wäre in jedem Fall vorsichtig, wenn es die nächsten Tage Mohrrüben geben sollte.“
Hermine und Ginny blickten sich kopfschüttelnd an.
„Gut, dann mach ich mich mal auf den Weg. Braucht Ihr noch irgendwas?“, fragte Fred und sah die andern drei an, die alle drei den Kopf schüttelten.
„Dann bis gleich!“, sagte Fred, stand auf und verschwand aus dem Portraitloch.
Nicht einmal eine Stunde später tauchte er wieder im Gemeinschaftsraum auf. Hermine, Ginny und George blickten ihn erwartungsvoll an. „Und?“, fragten sie fast alle drei gleichzeitig.
„Schöne Grüße erstmal an alle“, sagte Fred. „Mutter war ganz schön erschrocken, als ich plötzlich im Kamin stand. Hat mir erstmal wieder nen Vortrag gehalten von wegen unerlaubten Entfernen aus der Schule und so. Naja, ihr kennt sie ja.“
„Jaja, aber was ist nun mit dem Knall“, fragte George ungeduldig.
„Moment!“, sagte Fred maulig und zog eine kleine Schatulle aus dem Umhang hervor. „zuerst soll ich Dir noch das hier geben, Hermine.“ Er gab Hermine die kleine Schatulle. „Vater sagt, es wurde von irgendeinem Ministeriumsangestellten, den er gut kennt, bei der Spurensicherung in Godrics Hollow gefunden. Er hat es nicht zu den offiziellen Funden gelegt sondern es erst selbst verwahrt und letzte Woche dann Vater gegeben. Er meinte, Vater wüsste sicherlich was Besseres damit anzufangen als es in irgendeinem Schrank mit Beweismitteln im Ministerium verschwinden zu lassen.“
„Was ist es denn?“, fragte Hermine nervös.
„Keine Ahnung“, antwortete Fred, „Vater wollte es mir nicht sagen. Schau halt nach.“
Hermine öffnete vorsichtig den Deckel des kleinen Kästchens. Vorsichtig blickte sie hinein, griff dann mit zwei spitzen Fingern nach dem Inhalt, an denen sie schließlich eine silberne Kette hinauszog, an der ein Anhänger hing, eine gläserne Kugel etwas so groß wie eine Murmel, die allerdings ein paar Kratzer hatte. Hermine führte ihre andere Hand unter den Anhänger und hob ihn dicht vor ihre Augen. Auch Fred, George und Ginny kamen näher, um die Kugel zu betrachten.
„Was ist das?“, fragte Fred verwundert.
„Das…ist ein Stimmungslicht“, sagte Hermine leise zurück und eine Träne kullerte ihr aus dem Auge. „Ich hatte keine Ahnung, dass Ron so etwas trug.“
In der Kugel war ganz klein Hermine zu sehen, die weinte, als wäre es ihr Gesicht, was sich in dem Glas spiegelte doch es war kein Spiegelbild denn das einzige, was zu sehen war, war sie und nichts von dem Raum um sie herum war zu erkennen.
„Was ist das? Ein Stimmungslicht? Ich hab noch nie davon gehört!“, fragte George, der die kleine Kugel genau wie Fred fasziniert betrachtete und die beide – obwohl sie von der Seite darauf guckten – exakt das gleiche Bild sahen, wie Hermine.
„Es zeigt die momentane Stimmung des Menschen an, von dem das Licht genommen wurde“, flüsterte Hermine leise.
„Von dem das Licht genommen wurde?“
„Ja“, flüsterte Hermine weiter, „in diesem Falle von mir.“
„Aber…dann ist das ja hoch gefährlich“, meinte Fred.
„Gefährlich? Nein!“, entgegnete Hermine.
„Aber dann könnte doch jeder Dein Licht nehmen, Voldemort zum Beispiel. Vielleicht wusste er deshalb…“
„Nein, Fred, das kann Voldemort nicht“, unterbrach ihn Hermine. „Nur wer einen aufrichtig liebt und genauso geliebt wird, ist überhaupt in der Lage dieses Licht zu bekommen. Der Letzte, für den mir dies einfallen würde, wäre Voldemort.“
„Okay, aber trotzdem“, gab George zu bedenken, „stell Dir vor, es wäre jemand anderem in die Hände gefallen; dann könnte er jetzt immer sehen, in welcher Stimmung Du bist.“
„Ja, das stimmt“, sagte Hermine, „aber Ron hat es sicherlich nicht absichtlich hergegeben und außerdem würde es dem Feind auch nicht soviel weiterhelfen, wenn er nur weiß ob ich grad fröhlich oder traurig bin.“ Sie blickte zu Fred und George. „Hat Euer Vater sonst noch irgendwas dazu gesagt? Wo sie es genau gefunden haben zum Beispiel?“
Fred schüttelte den Kopf.
„Nein“, sagte er, „aber es muss wie gesagt irgendwo in Godrics Hollow gewesen sein und es könnte durchaus möglich sein, dass Ron es verloren hat, als ihn dieser Gesteinsbrocken…“ Er brach ab.
„Warum hat er mir nur nie etwas davon erzählt?“, wunderte sich Hermine. „Wann hat er überhaupt das Licht von mir genommen? Soweit ich weiß, ist das nicht wirklich einfach.“
„Chrrm chrrm“, machte Ginny und Hermines, Freds und George’s Köpfe schnellten zu ihr herum.
„Ich…ich hab ihm dabei geholfen“, sagte sie leise.
„Du hast ihm dabei geholfen?“, fragte Hermine überrascht. „Wann? Und wie?”
„Nun, wie Du ja sicher weißt, gehört einiges dazu, dieses Stimmungslicht von jemandem zu nehmen”, begann Ginny.
„Ja, und?“, drängte Hermine.
„Ron wollte unbedingt ein Stimmungslicht von Dir haben aber er traute sich nicht, mit Dir darüber zu sprechen“, erklärte Ginny. „Es ging ihm darum, dass er bei allem, was Euch damals noch bevorstand, immer sehen konnte, wie es Dir geht, solltet ihr mal getrennt sein.“
„Ja, das verstehe ich schon“, meinte Hermine. „Aber wann hat er es denn nun genommen.“
„Er war es nicht“, sagte Ginny, „oder nur zum Teil. Ich war’s!“
„Was?“, fragte Hermine, „aber wie?“
„Ron wusste nicht, wie er in einem Moment, in dem ihr Euch besonders liebt, diesen komplizierten Zauber ausführen sollte ohne dass Du es merkst“, sagte Ginny und ihre Stimme wurde dabei immer leiser. „Deswegen hab ich ihm dabei geholfen.“
„Wann war das genau?“, fragte Hermine jetzt ahnungsvoll.
„Letztes Weihnachten im Fuchsbau“, antwortete Ginny knapp.
„Das ist nicht Dein Ernst“, sagte Hermine entrüstet, „Du hast uns zugeschaut, als wir…“
„Ich hab natürlich so gut es ging weggeschaut“, sagte Ginny, „ich musste mich ja sowieso auf den Zauber konzentrieren, damit Dein Licht in dieser Kugel eingefangen wurde.“
Hermine blickte Ginny entrüstet an aber sie sagte nichts, denn sie wusste nicht was. Genau genommen war sie sich nicht mal sicher, ob sie nun wirklich sauer war oder nicht.
„Ey, glaub’ ich das denn?“, sagte George plötzlich. „Unsere Schwester ist ‘n Spanner!“
Ginny stand auf, ging zu dem Sessel, in dem Hermine saß, legte Ihre Arme um ihren Hals und sagte leise, so dass Fred und George es nicht hören konnten: „Es hat ihm sehr viel bedeutet, Hermine. Er hat es dauernd angeguckt und er war immer ganz außer sich, wenn Du ihn aus der kleinen Kugel nicht angelacht hast.“
Hermine nickte. „Aber warum konnte er mir so was nicht einfach erzählen?“, fragte sie.
„Du kennst doch Ron“, seufzte Ginny. „Gefühle zeigen war nie so wirklich seine Stärke.“
„Das stimmt“, seufzte Hermine zurück, dann hing sie sich die Kette mit dem Stimmungslicht um den Hals.
„So, und was ist nun mit dem Knall? Weiß Dein Vater irgendwas?”, fragte Hermine, nachdem Ginny wieder auf ihren Platz zurückgekehrt war.
„Gesagt hat er nein“, gab Fred zurück, „aber als ich ihn darauf ansprach, dass wir noch nie von so einem Zauber gehört haben, wirkte er ein wenig verunsichert. Er hat ein bisschen rumgestottert und dann gesagt, dass er eben nichts Genaues weiß, weil das wiederum in Leightons Bereich fiele. Wie ich vermutete, eben.“
„Also wisst ihr was?“, sagte Hermine entschlossen. „Ich werde nachschauen, was da los ist. Ihr könnt ja mitkommen oder ihr lasst es eben. Irgendwas stimmt an der Sache nicht.“
„Wann? Jetzt?“, fragte Fred entsetzt.
„Nein, am Wochenende vielleicht, da fällt's nicht so auf“, antwortete Hermine. „Kommt einer von Euch mit?“
„Klar, ich!“, antwortet plötzlich eine Stimme hinter ihr. Fred, George und Ginny starrten die Person an, während Hermine herumwirbelte. Es war Henrik Leighton.
„Du?“, fragte Ginny bevor Hermine es tun konnte.
„Ja!“, gab Henrik vergnügt zurück. „Wohin soll’s denn gehen?“
„Du weißt gar nicht…das heißt Du hast gar nicht gehört, dass…“, stotterte Ginny.
„Ich hab nur gehört: Kommst einer von euch mit?“, sagte Henrik vergnügt.
„Na, dann wäre ich das nächste mal ein bisschen vorsichtiger mit einer Antwort“, sagte Ginny.
„Wieso?“, fragte Henrik verwundert.
„Weil die Frage sich darum drehte, ob jemand am Wochenende mit in den verbotenen Wald kommt“, erklärte Ginny, obwohl ihr Hermine per Fußtritt zu verstehen geben wollte, dass sie das nicht verraten sollte.
„Oh, ach so!“, sagte Henrik verwundert und seine Gesichtfarbe wurde ein kleines bisschen rosiger. „Naja, wie dem auch sei“, sagte er dann, „mein Angebot steht. Ich komme mit.“
Hermine hatte gerade den Mund geöffnet, um zu antworten, doch Ginny kam ihr erneut zuvor.
„Gut“, sagte sie, „wie Du meinst. Dann sagen wir Dir noch Bescheid, wann es losgeht.“
„Ja, toll“, sagte Henrik. „Gute Nacht dann“, fügte er hinzu und verschwand äußerst gut gelaunt auf der Treppe zum Jungenschlafsaal.
„Was fällt Dir ein?“, fragte Hermine Ginny entrüstet.
„Wieso?“, fragte Ginny zurück.
„Einfach Henrik einzuladen“, sagte Hermine. „Vielleicht solltest Du dem Lehrerkollegium auch gleich noch ne Einladung zukommen lassen.“
„Du glaubst jawohl nicht, dass er das seinem Vater erzählt, oder?“, fragte Ginny.
„Könnte doch sein! Und selbst wenn nicht: Wir sind doch so schon zu viert und fallen auf, da muss man doch nicht noch mehr Leute mitnehmen“, rechtfertigte sich Hermine.
„Naja, Du kannst ihn ja wieder ausladen“, maulte Ginny zurück.
„Ausladen? Nee, das mach ich nicht. Da mach ich mich ja lächerlich, wenn ich mich so aufspiele. Was soll er denn von mir denken?“
Ginny lächelte Hermine an.
„Was grinst Du denn so?“, fragte Hermine gereizt.
„Ach nichts“, sagte Ginny, „ich glaube ich gehe jetzt schlafen. Wie sieht’s mit Euch aus?“
„Ich komme mit“, sagte Hermine.
„Wir noch nicht, oder Fred?“, meinte George.
„Nee. Wir könnten noch die neue Ladung Furzwurzeln holen. Die stehen noch in Olivers Büro“, sagte Fred
„Weiß er Bescheid?“, fragte George.
„Er hat nicht gefragt“, antwortete Fred, „aber er kennt uns ja – wahrscheinlich hat er deshalb nicht gefragt.“
„Dann guten Nacht, ihr zwei“, sagte Ginny und sie und Hermine gingen hinauf in den Mädchenschlafsaal.
Nachdem Hermine und Ginny sich gewaschen hatten, lagen sie in ihren Pyjamas auf dem Bett. Sie waren die ersten im Mädchenschlafsaal und so konnten sie sich ungestört unterhalten. Hermine wühlte in ihrer Tasche und holte das kleine, längliche, hölzerne Kästchen hervor. Sie stellte es auf ihr Bett und öffnete es.
„Was meinst Du, Ginny?“, fragte sie. „Ist es wirklich Harrys Zauberstab oder vielleicht doch der von Voldemort?“
Ginny kam zu ihrem Bett herüber und hockte sich neben sie. Beide betrachteten sie den Zauberstab lange.
„Kannst Du Dir vorstellen, dass ausgerechnet Voldemorts Zauberstab Dir das Leben gerettet haben soll?“, unterbrach Ginny das Schweigen.
„Nein, natürlich nicht“, gab Hermine zu, „aber wenn ich es mir recht überlege ist es doch eigentlich egal, wer welchen Zauberstab hatte. Vielleicht konnte Malfoy mich auch nicht umbringen, weil ER Harrys Zauberstab hatte!“
„Ich kann mir bloß irgendwie nicht vorstellen, dass wir hier sitzen und Voldemorts Zauberstab anstarren“, sagte Ginny und es schauderte ihr ein wenig bei diesem Gedanken.
„Es gäbe vielleicht eine Möglichkeit, es herauszufinden“, sagte Hermine.
„So?“, fragte Ginny verwundert. „Wie denn?“
„Mit dem Prior Incantato Zauber“, sagte Hermine mit leiser Stimme.
„Du hast den Stab aber von McGonagall, Hermine. Und vorher war er im Ministerium. Die haben ihn bestimmt gelöscht!“
„Aber bestimmt nicht, ohne ihm vorher selber den letzten Zauber entlockt zu haben“, sagte Hermine.
„Vermutlich. Aber was hilft es, Hermine? Harry und Voldemort haben sich duelliert. Wenn der letzte Zauber also z.B. wirklich ein Avada Kedavra war, dann kann er sicherlich aus beiden Zauberstäben gekommen sein.“
„Glaubst Du wirklich, Harry hätte diesen Zauberspruch benutzt?“, fragte Hermine.
„Nein, eigentlich nicht. Ich glaube auch nicht, dass er ihn gekonnt hätte“, gab Ginny zu.
„Wollen wir es trotzdem mal versuchen?“, fragte Hermine.
„Meinetwegen“, sagte Ginny und zuckte mit den Schultern, „aber ich mache mir keine großen Hoffnungen, dass da etwas bei rauskommt. Das Ministerium wird doch brennend daran interessiert gewesen sein, was für ein Zauber der letzte war, der mit diesem Zauberstab heraufbeschworen wurde. Sie werden das also mit Sicherheit schon ausprobiert haben.“
„Ja, aber kann man den letzten Zauber denn löschen?“, fragte Hermine.
„Weiß nicht“, meinte Ginny, „aber das Einfachste wäre es doch, anschließend einen unbedeutenden Zauber damit auszuführen, den wir dann jetzt sehen würden.“
„Das stimmt natürlich“, sagte Hermine resignierend.
„Vorausgesetzt, es wäre jemandem gelungen, mit Harrys Zauberstab zu zaubern.“
„Ich glaube schon, dass das geht. Malfoy hat schließlich auch mit Voldemorts Zauberstab den Todesfluch aussprechen können, auch wenn er nicht kräftig genug war. Aber für ein einfachen Lumos-Zauber hätte es bestimmt noch gereicht.“
„Tja, dann lassen wir es besser, oder?“, meinte Ginny.
„Ich glaube Du hast Recht! Wir könnten nie wissen, ob der letzte Zauber wirklich der von Harry oder Voldemort war oder der eines Ministeriumsangestellten. Schade!“
„Henriks Vater weiß bestimmt, was der letzte Zauber war. Vielleicht sollten wir ihn mal fragen“, sagte Ginny.
„Wen?“
„Na, Henrik. Er kann seinen Vater ja vielleicht mal ein bisschen aushorchen.“
„Hast Du ihn deshalb vorhin eingeladen?“, fragte Hermine. „Um sich sein Vertrauen zu erschleichen?“
„Quatsch mit Soße“, sagte Ginny. „Aber so verkehrt ist es sicher nicht, ihn zum Freund zu haben.“
„Wegen seinem Vater?“
„Nicht nur, aber auch!“
„Ginny, das find ich nicht gut von Dir“, sagte Hermine. „Außerdem habe ich mit Henrik schon mal über die Spezialeinheit gesprochen. Er weiß wirklich von überhaupt nichts.“
„Na dann“, sagte Ginny schulterzuckend.
Hermine zog an der Kette, die um ihren Hals hing und blickte in die kleine Kugel, die daran hing.
„Na, wie ist die Stimmung?“, fragte Ginny mit einem Lächeln.
„Ratlos!“, sagte Hermine während sie ihr Abbild in der Kugel anblickte.
„Wenn Dich das mit dem Zauberstab so beunruhigt, dann geh doch morgen einfach mal zu McGonagall und frag sie.“
„Ja, das werde ich machen“, sagte Hermine nach einem Moment des Überlegens. „Und Du kommst mit!“
„Ich?“, fragte Ginny verwundert. „Wieso?“
„Weil Harry Dein Freund war. Dich geht es genauso an wie mich!“
Ginny antwortete nicht mehr. Sie zog Hermine in ihren Arm und eine ganze Weile saßen sie so da auf Hermines Bett und beide starrten über die Schulter der Anderen in den leeren Raum hinein, bis sie schließlich auf der Treppe Fußgetrappel hörten und sich somit voneinander lösten und unter ihren Decken verschwanden.
Den gesamten nächsten Tag über fragte sich Hermine, ob es wirklich Sinn machen würde, McGonagall noch einmal wegen des Zauberstabs zu befragen und vermutlich hätte sie sich dazu entschieden, doch nicht zu ihr zu gehen, wenn ihr nicht Ginny im Nacken gesessen hätte und Hermine sich aus irgendeinem unersichtlichen Grund vor ihr keine Blöße geben wollte. Trotzdem erwartete sie nicht, dass bei dem Gespräch allzu viel herauskommen würde da Professor McGonagall ihrer Meinung nach entweder selber nichts Genaues wüsste und wenn, dann würde sie ihr es vermutlich nicht verraten oder hätte es längst getan. Hermine konnte sich noch gut daran erinnern, wenn Harry ein Gespräch mit Dumbledore hatte und ihr und Ron davon berichtete und nicht selten sauer war, weil er sich von Dumbledore nicht genügend informiert fühlte. Tatsächlich hatte Dumbledore ja später auch diesbezügliche Fehler eingestanden und Hermine hoffte inständig, dass Professor McGonagall nicht die gleichen beging.
Sie hatten Professor McGonagall nach der Verwandlungs-Stunde um einen Termin gebeten und McGonagall hatte ihnen nur einen für den späten Abend geben können, da sie zuvor noch einen Termin im Ministerium hatte, wie sie sagte. So war es schon kurz nach neun als sie auf der Wendeltreppe des Wasserspeiers standen, die sich jetzt hinauf zu McGonagalls Büro bewegte.
„Hey, lass das mal!“, sagte Ginny zu Hermine während sie auf der obersten Stufe standen und nach oben fuhren.
„Was?“, fragte Hermine verwundert.
„Mich dauernd am Umhang zu zupfen!“
„Ich hab Dich nicht am Umhang gezupft“, entgegnete Hermine empört.
„Wer soll’s denn sonst gewesen sein?“, maulte Ginny, „Peeves wird wohl nicht gerade hier rumschwirren, oder?“
„Ich war’s jedenfalls nicht!“, sagte Hermine bestimmt während die Treppe vor der hölzernen Tür zum stehen kam. Hermine klopfte an.
„Herein bitte!“, rief McGonagalls Stimme aus dem Inneren und Hermine öffnete die Tür.
„Bitte nach Dir“, sagte sie zu Ginny, die nun durch die Tür schritt.
„Aua!“, rief Hermine.
„Was ist?“, frage Ginny verwundert.
„Du bist mir auf den Fuß getreten, Du Trampel!“
„Quatsch“, gab Ginny zurück, „das hätt’ ich doch gemerkt!“
„Na, ich hab’s jedenfalls gemerkt“, maulte Hermine zurück, dann folgte sie Ginny ins Büro und schloss die Tür hinter sich.
„Bitte nehmen Sie Platz“, sagte Professor McGonagall zu ihnen, die gerade an einem der Regale stand und ein Buch studierte. Während Hermine und Ginny sich setzten, las sie noch eine Weile weiter, dann schlug sie das Buch zu, stellte es in das Regal zurück, kam zu Ihnen und setzte sich ebenfalls.
„Nun, was haben Sie beide so wichtiges mit mir zu besprechen?“, fragte sie und versuchte dabei aufmunternd zu lächeln, was ihr nicht so wirklich gelang.
„Es geht um den Zauberstab, den sie mir gaben, Professor“, sagte Hermine. „Wir haben uns gefragt, ob man sich wirklich sicher sein kann, dass es Harrys Zauberstab ist?“
Professor McGonagall überlegte einen längeren Moment, währenddessen sie unentwegt ihre Unterlippe vor und zurück schob, dann sagte sie:
„Wie ich Ihnen bereits bei unserem Gespräch vor einigen Wochen sagte, Miss Granger: Sicher bin ich mir dessen nicht aber ich würde es doch sehr vermuten. Sehen Sie, dieser Zauberstab hat Ihnen das Leben gerettet. Warum hätte Voldemorts Zauberstab das tun sollen?“
„Aber ein Zauberstab tut doch nichts von sich aus, Professor“, sagte Hermine. „Voldemorts genauso wenig wie Harrys, oder?“
„Sicher, ein Zauberstab ist immer nur so mächtig wie der Zauberer, der ihn schwingt“, sagte McGonagall, „trotzdem sollten Sie sich fragen, wie Sie an diesen Zauberstab überhaupt kamen! Für mich macht es keinen Sinn, dass Sie Voldemorts Zauberstab haben und Lucius Malfoy Harrys. Harry hat ihnen diesen Zauberstab zukommen lassen – wie immer er das auch gemacht hat, vielleicht war es nicht mal Absicht. Es würde keinen Sinn machen, wenn es Voldemorts Zauberstab wäre und er dazu noch ihr Leben rettete. Deshalb halte ich diese Möglichkeit für äußerst gering.“
„Aber Voldemort hatte doch einen Grund dafür, mein Leben zu verschonen“, sagte Hermine.
„Sie meinen die von Professor Snape geänderte Prophezeiung?“, vermutete McGonagall.
Hermine nickte.
„Als Sie diesen Zauberstab bekamen, Miss Granger, war das Duell zwischen Mr. Potter und Voldemort vermutlich schon beendet. Ich glaube nicht, dass Voldemort in diesem Moment noch an den Wahrheitsgehalt der Aussage von Professor Snape glaubte auch wenn er kaum noch Zeit gehabt haben wird, darüber nachzudenken. Aber ihm wird zweifellos klar gewesen sein, dass Ihr Tod nicht die Bedeutung für ihn gehabt hätte, die er all die Zeit vermutet hat.“
Plötzlich wirbelte Ginny herum und blickte an die Wand.
„Ist irgendetwas, Miss Weasley?”, fragte Professor McGonagall besorgt.
Ginny starrte an die Wand, als suchte sie etwas. „Nein, nichts“, sagte sie dann und drehte ihren Kopf wieder zurück.
„Professor McGonagall, der Zauberstab ist doch sicherlich im Ministerium gründlich untersucht worden, bevor Sie ihn an mich weitergaben?“, fragte Hermine.
Professor McGonagall nickte einmal kurz bestätigend.
„Dann weiß man doch auch, welcher Zauber als letztes mit ihm ausgeführt wurde“, folgerte Hermine.
„So wird es sein“, sagte McGonagall.
“Wissen Sie es auch?”, fragte Hermine.
Professor McGonagall überlegte einen Moment. „Ja“, sagte sie dann, „ich weiß es.“
„Und?“, fragten jetzt Ginny und Hermine gleichzeitig.
„Ich darf es Ihnen selbstverständlich nicht sagen“, sagte McGonagall, „sonst hätte ich es längst getan. Niemand außer Scrimgeour, Mr. Leighton und mir weiß es und dabei muss es auch bleiben!“
„Nicht einmal Professor Snape?“, fragte Ginny.
„Nicht einmal Professor Snape!“, bestätigte McGonagall. „Wieso eigentlich ausgerechnet er?“, fragte sie.
Praktisch im gleichen Moment fiel eine Porzellanvase von der Fensterbank, ziemlich genau an der Stelle, auf die Ginny zuvor gestarrt hatte. Professor McGonagall stand auf, ging zu dem Fenster und blickte suchend auf dem Boden umher. Dann zuckte sie mit den Schultern, richtete ihren Zauberstab auf die am Boden liegenden Scherben und rief „Reparo!“, woraufhin die Scherben hinauf auf die Fensterbank flogen und sich wieder zu der Vase verbanden. McGonagall kehrte auf ihren Platz zurück während Ginny und Hermine sich fragend ansahen und Ginny versuchte, Hermine irgendetwas durch geräuschlose Lippenbewegungen mitzuteilen.
„Vielleicht nur ein Wichtel“, sagte McGonagall, „mir sind heute morgen zwei ausgebüchst und ich hab sie bisher nicht wiedergefunden!“
„Sind Sie eigentlich in alle Pläne von Leighton und Scrimgeour eingeweiht?“, fragte Hermine als McGonagall wieder saß.
„Nein, nicht in alle“, sagte McGonagall. „Nicht einmal Dumbledore ist es gelungen immer alles in Erfahrung zu bringen, was im Ministerium vor sich ging, wie Sie ja sicher wissen“, fügte sie etwas leiser hinzu.
„Aber warum hat man Ihnen dann das mit dem Zauberstab erzählt?“, fragte Hermine.
Professor McGonagall blickte sie einen ganzen Moment sehr ernsthaft an, dann holte sie einmal tief Luft und sagte:
„Gut, Miss Granger. Vielleicht mache ich jetzt einen großen Fehler aber sie sollten das gleiche Wissen haben wie Ihre Feinde auch wenn das Ministerium nicht dieser Meinung ist.“
„Was meinen Sie?“, fragte Hermine irritiert.
„Hat Mr. Potter Ihnen jemals erzählt, was vor dreieinhalb Jahren geschah, als Mr. Diggory starb und er sich mit Voldemort duellierte?“, fragte McGonagall.
„Ja“, sagte Hermine und sie und Ginny nickten beide.
„Auch, was mit ihren Zauberstäben geschehen ist?“, fragte McGonagall nach.
Ginny blickte sie und Hermine fragend an, während Hermine sagte: „Priori Incantatem!“
„Exakt“, sagte McGonagall und nickte einmal kurz.
„Was heißt das?“, fragte Ginny verwirrt. „Der Zauberspruch heißt doch…..“
„Es ist kein Zauberspruch, Miss Weasley“, unterbrach sie McGonagall, „sondern ein Phänomen, das entsteht, wenn ein Zauberstab auf seinen Bruder trifft. Bis Mr. Potter und Voldemort sich damals auf dem Friedhof zum ersten Mal duellierten, war es so gut wie unbekannt, weil dieser Umstand nahezu nie eintraf.“
„Aber was bedeutet das: Priori Incantatem?“
„Es bedeutet, dass gleichartige Zauberstäbe, wie hier die von Voldemort und Mr. Potter nicht wie gewöhnlich funktionieren wenn man sie dazu zwingt, gegeneinander zu kämpfen!“, erklärte McGonagall.
„Sondern?“; fragte Ginny.
„Es kommt zur Fluchumkehr“, erklärte Hermine jetzt.
„Fluchumkehr? Was heißt das?“, fragte Ginny.
„Das heißt, dass der Zauberstab ähnlich wie beim Prior Incantado ein Abbild seines letzten Zaubers zeigt“, erklärte Hermine. „Aber eben nicht nur seines letzten Zaubers sondern aller Zauber, die mit ihm begangen wurden in umgekehrter Reihenfolge!“
„Aller?“, fragte Ginny ungläubig.
„Sofern die Zauberer kräftig genug sind, den Kräften, die auf sie während der Fluchumkehr wirken, standzuhalten“, erklärte McGonagall. „Soweit es bekannt ist, hat Mr. Potter damals bis zum sechsten Zauber standhalten können bis er schließlich den Zauber abbrach und mit etwas Glück fliehen konnte.“
„Wird das denn aber dieses mal nicht auch der Fall gewesen sein als Harry und Voldemort sich gegenüber traten, dieses Priori Incantatem?“, fragte Ginny und ihre Stimme bebte dabei.
„Das sind die Vermutungen, von dem das Ministerium zurzeit ausgehen muss und vermutlich ist es auch so, dass er und Voldemort dem Priori Incantatem diesmal länger standgehalten haben als damals auf dem Friedhof.“
„Wieso das?“, fragte Hermine.
„Weil die Beschreibungen des Duells von Mr. Potter und Voldemort, die uns von Professor Snape vorliegen zwar nicht deckungsgleich aber auch nicht so unähnlich denen sind, die Mr. Potter selbst damals nach dem Trimagischen Turnier gegenüber Professor Dumbledore abgab.“
„Das stimmt“, keuchte Hermine ahnungsvoll. „Harry erzählte damals von einer Art Lichtkuppel um ihn herum und Snape erwähnte eine Lichtsäule und dass es aussah, als wenn etwas darin nach oben stieg. Auch Harry war sich sicher, damals einen Moment geschwebt zu sein.“
„Genau so ist es“, sagte McGonagall.
„Aber das heißt ja…“, Ginny schluckte einmal kräftig, „dass Harry definitiv nicht mit dem Todesfluch umgebracht worden ist.“
„Sofern er sich verteidigt hat, nicht“, bestätigte McGonagall. „Das Priori Incantatem Phänomen ist der einzige bis jetzt bekannte wirksame Schutz gegen den Todesfluch. Allerdings stellt sich die Frage, ob Voldemort das nach den Vorkommnissen damals nicht auch wusste.“
„Aber was hätte er denn sonst tun sollen, außer mit seinem Zauberstab gegen Harry zu kämpfen?“, fragte Hermine.
„Er hätte doch einen seiner Todesser Harry töten lassen können“, meinte Ginny.
„Das widerspräche aber der Prophezeiung“, gab Hermine zu bedenken.
„Dann musste er einen anderen, fremdem Zauberstab benutzen“, sagte Ginny.
„Das hätte ihn zu entscheidend geschwächt!“, sagte McGonagall. „Das Risiko kann er nicht eingegangen sein, einen fremden Zauberstab zu benutzen, während Mr. Potter seinen eigenen benutzte.“
„Also ist es zum Priori Incantatem gekommen oder habe ich noch irgendetwas übersehen?“, fragte Ginny.
„Davon gehen wir alle im Moment aus“, bestätigte McGonagall.
„Aber niemand weiß, was dadurch letztendlich bewirkt wird?“, fragte Hermine, „was ist zum Beispiel wenn ein Zauberstab alle seine Zauber gezeigt hat.“
„Das würde im Normalfall sehr lange dauern“, sagte McGonagall, „und so lange würde wahrscheinlich niemand den Kräften standhalten – selbst Voldemort nicht. Interessanter ist die Frage, was passiert, wenn die Willenskräfte der beiden Zauberer sich ausgleichen und keiner von beiden in der Lage ist den Zauberstab des Gegners zur Fluchumkehr zu zwingen?“
„Ich habe keine Idee“, sagte Hermine.
„Niemand hat eine“, bestätigte McGonagall nickend.
„Aber was ist nun für mich so gefährlich daran?“, fragte Hermine nach einer längeren Pause, die sie und Ginny mit dem Versuch verbrachten, ihre Gedanken so gut es ging zu sortieren.
„Haben Sie wirklich keine Idee dazu, Miss Granger?“, fragte McGonagall mit einem aufmunternden Lächeln.
„Nicht so richtig“, gab Hermine zu.
„Aber ich!“, sagte Ginny plötzlich.
McGonagall blickte sie auffordernd an.
„Niemand weiß doch, was mit Harry und Voldemort geschehen ist“, erläuterte Ginny woraufhin McGonagall nickte.
„Auch die Todesser nicht“, fuhr Ginny fort. McGonagall nickte erneut.
“Und beide sind – wenn ich es richtig verstanden habe – durch den Priori Incantatem verschwunden – egal ob tot oder lebendig“, sagte Ginny weiter.
„Darauf konzentrieren sich zumindest die momentanen Vermutungen“, bestätigte McGonagall.
„Das ist aber für mich noch nicht Neues“, bemerkte Hermine.
„Harry und Voldemort sind fort, Hermine“, sagte Ginny und drehte den Kopf zu ihrer Freundin, „aber ihre Zauberstäbe sind noch da. Das heißt, sie könnten sich wieder über den Weg laufen!“
„Und das heißt, es gäbe ein neues Priori Incantatem“, flüsterte Hermine unheilvoll und ihr Magen drehte sich bei dem Gedanken um.
„Wenn die Zauberstäbe gegeneinander kämpfen!“, ergänzte McGonagall.
„Aber trotzdem sehe ich die Gefahr noch nicht“, stotterte Hermine.
„Die Gefahr ist offensichtlich, Miss Granger“, sagte McGonagall. „Lucius Malfoy wird sich genau wie alle anderen Todesser erhoffen, dass er dann, wenn er sich mit Voldemorts Zauberstab mit Ihnen duelliert, seinem Herrn folgen wird. Das er rausfinden wird, was mit Voldemort geschehen ist, dass er ihm vielleicht sogar zur Hilfe eilen und Voldemort schließlich ein weiteres Mal zurückkehren kann.“
Stille herrschte im Raum, selbst aus den alten Schulleiterportraits kam kein einziges Geräusch, während Hermine angestrengt nachdachte.
„Aber das würde ja ebenso bedeuten, dass derjenige, der Harrys Zauberstab hat, ihm folgen würde“, sagte sie mit zittriger Stimme.
„So ist es!“, bestätigte McGonagall.
„Aber wohin würde das sein?“, fragte Hermine, „in den Tod?“
„Vielleicht auch in den Tod“, gab McGonagall zurück, „aber vielleicht auch nicht. Das wird nur der- oder diejenige erfahren, die Malfoy tatsächlich gegenübertritt.“
„Aber dann wäre es doch sinnvoller, einem ausgebildeten Auror oder zumindest einem mächtigen Zauberer den Zauberstab zu geben, damit er dieser Aufgabe auch gewachsen ist“, sagte Hermine.
„Niemand anderes als Sie könnte diesen Zauberstab tragen, Miss Granger“, sagte McGonagall. „Sie wurden dazu auserwählt, entweder vom Stab selber oder von Mr. Potter, genauso wie Malfoy ausgewählt wurde und nur Sie werden in der Lage sein, einem Priori Incantatem so lange stand zu halten wie Voldemort und Potter selbst um ihnen schließlich zu folgen.“
„Aber ich will ihnen gar nicht folgen!“, schrie Hermine. „Ich habe genug von Voldemort und seinen Todessern!“
„Aber Sie hätten auch die Chance, Harry zu retten“, sagte McGonagall und zum ersten Mal sprach sie ihm Bezug auf Harry nicht von „Mr. Potter“.
„Aber gleichzeitig gäbe ich Malfoy damit die Chance Voldemort zur Hilfe zu eilen“, wandte Hermine ein.
„Das ist richtig, Miss Granger, und ich habe noch bis vor kurzem genauso gedacht wie Sie aber dann ist mir Eines klar geworden: Was wohl könnte Sie dazu bewegen, doch diesen Schritt zu tun? Ihr Leben zu riskieren, um Harry zur Hilfe zu eilen selbst dann, wenn Sie mit dem Tod rechnen müssen?“
Lange herrschte Stille und Hermine und auch Ginny standen Tränen in den Augen, dann schließlich sagte Hermine:
„Ich muss ihm helfen. Das bin ich ihm einfach schuldig.“
„Genau so ist es, Miss Granger“, sagte McGonagall. „Genau die Macht, die der dunkle Lord nicht kennt wird Sie dazu treiben, ihm und Harry zu folgen: Die Liebe! Die Freundschaft! Und mit Ihnen wird auch Malfoy zu seinem Herrn gelangen – durch eben diese Macht, denn letztendlich haben Sie es in der Hand, einen Priori Incantatem heraufzubeschwören oder eben nicht. Und das bedeutet auch Malfoy könnte letztendlich nicht ohne die Macht der Liebe zu Voldemort gelangen!“
„Aber wer sagt mir, dass Harry und Voldemort wirklich noch leben?“, fragte Hermine mit bebender Stimme.
„Niemand!“, antwortete McGonagall. „Wir alle können nur vermuten und dass, was ich Ihnen gerade beschrieben habe ist nur eine Möglichkeit, wie es sein könnte.“
„Nur eines verstehe ich nicht“, wandte Ginny ein. „Die beiden Zauberstäbe sind sich doch schon ein weiteres Mal begegnet, als Malfoy versuchte, Hermine zu töten. Wieso gab es dabei kein Priori Incantatem?“
„Weil Miss Granger ihren Zauberstab nicht gezwungen hat, gegen Malfoys zu kämpfen“, erklärte McGonagall. „Nur wenn dies geschieht kommt es zum Priori Incantatem. Doch Miss Granger war nicht einmal mehr in der Lage sich selbst zu verteidigen.“
Ginny nickte als Zeichen, dass sie McGonagalls Erklärung verstanden hatte.
„Wenn ich das also richtig verstanden habe, werde ich Malfoy irgendwann gegenübertreten müssen?“, fragte Hermine ermattet und ihre Stimme wirkte mittlerweile sehr müde.
„Ihm oder wer auch immer Voldemorts Zauberstab trägt“, bestätigte McGonagall.
„Aber warum soll ich dann nicht nach Malfoy suchen?“, fragte Hermine.
„Weil es zu früh für sie wäre, Miss Granger“, sagte McGonagall. „Sie sind noch eine sehr junge Frau und Ihre Macht wächst mit jedem Tag ein kleines bisschen und das mag Ihnen eines Tages die entscheidende Hilfe sein.“
„Danke, dass sie mir die Wahrheit gesagt haben“, sagte Hermine nach einer weiteren kleinen Pause.
„Oh, ich würde auch lieber angenehmere Gespräche mit Ihnen führen, Miss Granger, und wenn ich irgendeine Möglichkeit sehen würde, Ihnen diese Bürde abzunehmen, würde ich es tun aber…“
„Ist schon gut, Professor“, unterbrach sie Hermine. „Ich werde auch das noch schaffen, nach allem was schon geschehen ist. Ich wünschte nur, es wäre wenigstens noch Ron an meiner Seite.“
„Vertrauen Sie denen, die Sie mögen und noch mehr denen, die Sie lieben, Miss Granger, dann wird Mr. Weasley nicht umsonst gestorben sein“, sagte McGonagall und stand von ihrem Stuhl auf. „Und nun schlafen Sie gut und machen Sie sich nicht zu viele Gedanken. Noch ist es nicht an der Zeit für große Duelle!“
„Danke, Professor“, sagte Hermine und sie und Ginny schüttelten ihr die Hand und verließen ihr Büro durch die hölzerne Tür.
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