von Godess_Artemis
Immer an deiner Seite
„Musst du wirklich schon gehen?“, wisperte eine leise Stimme von oberhalb bittend.
„Ich kann nicht noch länger bleiben.“, antwortete eine ebenfalls männliche Stimme, fast noch leiser. „Man wird mich schon vermissen.“
„Kannst du nicht doch noch fünf Minuten bleiben?“, bettelte die erste Stimme, zarte Küsse auf das gesamte Gesicht seines Gegenübers tupfend.
Ergeben seufzend ergab sich derjenige dem Ansturm: „Hm, die fünf Minuten waren schon vor zwei Stunden um, mein Freund.“
Langsam lösten sie ihre verklärten Blicke voneinander, ebenso ihre locker in ihre Shirts verkrallten Hände und sahen sich leicht wehmütig ob des Abschieds an.
„Vor Sonnenaufgang bin ich doch locker wieder da, aber jetzt muss ich wieder rüber. Nur kurz.“, vertröstete die eine Stimme etwas atemlos die zweite anwesende Person.
„Hm, gut. Bis morgen dann.“, murmelte die zurückbleibende Person leicht melancholisch und lies den Anderen seines Weges ziehen, nicht ohne ihm einen letzten leidenschaftlichen Kuss geschenkt zu haben.
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„Gellert, komm mal zu Tisch. Wir müssen, glaube ich, miteinander reden.“, meinte seine Großtante mit schleppender Stimme und deutete auf einen Stuhl direkt gegenüber ihrem Sitzplatz.
Misstrauisch blieb der Blondschopf inmitten des Esszimmers stehen.
„Wieso? Ich wüsste keinen Grund. Ich habe nichts angestellt seit ich bei dir wohne und auch sonst…“, versuchte er sich zu verteidigen.
„Nein, nein, mein Lieber. Es geht um dich und Albus.“, antwortete ihm die rüstige alte Dame zögerlich, die plötzliche Blässe, die ihrem Zögling ins Gesicht schoss kaum ignorieren könnend.
„W-w-was?“, krächzte Gellert mit staubtrockner Kehle. Wie es schien, konnte er den Worten seiner Tante nicht wirklich folgen.
„Keine Sorge, mein Guter. Ich werfe dir nichts vor. Ich finde es im Gegenteil wunderbar, dass du dich so ausgesprochen gut mit Albus verstehst.“, beschwichtigte ihn Bathilda geschwind.
„N-nein. Du irrst dich. Ich bin nicht mit Albus - wir sind nicht - wir sind bloß gute Freunde.“, rechtfertigte sich ihr Neffe steif, die Augen voller Panik weit aufgerissen, sodass man das Weis in ihnen im Feuerschein der Kerze, die auf dem Küchentisch stand, rot aufglühen sah.
„Sieh dir das mal kurz an, mein Lieber. Sieht das für dich aus wie zwei gewöhnliche Freunde?“, mit fragendem Gesichtsausdruck reichte sie ihm eine Fotokopie, auf der zwei Jungen abgebildet waren.
Gellert nahm ihr das Foto mit spitzen Fingern aus der Hand, argwöhnisch den Blick daraufheftend. Vorsichtig trat er näher an den Tisch heran um das wenige Licht, welches die Kerze spendete auszunutzen um das Paar aus Schwarz-Weiß zu beleuchten. Die zwei Jungen blickten zu ihm auf, überschwänglich lachend, die Arme umeinandergeschlungen und mit sich und der Welt zufrieden wirkend. Sachte zog Gellert die weichen Konturen von Albus' lachendem Gesicht nach, schwerverliebt grinsend.
„Das ist das Foto, das ich zwei Wochen nach Kendras Tod von euch beiden gemacht habe.“, riss Bathildas dunkle Stimme ihren Neffen aus der Trance.
„Für mich sieht das aus wie zwei ganz normale Freunde.“, meinte der Blondschopf stockend.
„Glaubst du wirklich? Sieh dir doch mal sein Gesicht an! Er kannte dich erst wenige Tage und doch sieht er dich an wie man keinen Fremden anzusehen wagen würde. Hast du dir seine Augen genau angesehen? Ich kenne ihn jetzt seit fast acht Jahren, doch diesen Blick habe ich ihn nie auf eine andere Person richten sehen. So glücklich hat er noch nie gestrahlt und es war nur wenige Tage nach dem Begräbnis! Ein jeder Andere hätte in Tränen gelegen, weil die eigene Mutter gestorben war. Doch er…ein einziger Tag mit dir genügte ihm seine Trauer und seinen Kummer zu vergessen.“, redete sie widerspenstig auf ihn ein.
Prüfend warf der Blondschopf einen weiteren Blick zurück auf die Fotografie. Tatsächlich sah Albus schwerst verliebt aus, wie er vorsichtig den Arm um die Schultern des Jüngeren gelegt hatte und verstohlene Seitenblicke zu seinem Schwarm warf.
Verschämt errötend blickte ihr Großneffe auf und spähte verängstigt über den Fotorand. Seine Tante konnte es ihm nicht verübeln, sicherlich hatten ihre feinen Verwandten ihm übel mitgespielt als sie hinter seine sexuelle Orientierung gekommen waren. Immerhin war das der Grund warum sie keinen nennenswerten Kontakt mehr zu ihnen hatte, von gelegentlichen Briefen abgesehen.
„Sieh mal her, Gellert. Ich möchte dir mein wohl bestgehütetest Geheimnis anvertrauen. Du brauchst dir keine Sorgen machen, dein Geheimnis ist bei mir sicher.“, versuchte sie ihn zu beschwichtigen, während sie aufstand und aus der Kommode zur Linken der Durchgangstür ein verschlossenes Kästchen hervorholte und es vor Gellert auf den Tisch stellte.
„Ich kann mir gut vorstellen, dass dich deine Eltern nicht wegen deines Schulverweises verstossen haben, sondern weil sie deine ?Vorlieben' was das männliche Geschlecht betrifft herausgefunden haben, nicht wahr?“, wollte die alte Dame wissen, während sie zugleich den Deckel des Kästchens aufschnappen lies.
„Hier, lies dir diesen Brief durch und du wirst verstehen.“, ermunterte ihn seine Tante und reichte ihm den vergilbten Brief, der aussah als würde er zu Staub zerfallen sobald man ihn berührte.
Schweigend nahm er den Brief entgegen und begann hastig die ersten Zeilen zu überfliegen.
Liebste Eloise,
es tut mir in der Seele weh dir meine Abschiedsgrüße nur auf schriftliche Weise zukommen zu lassen. Doch ich weis mir nicht anders zu helfen, ich hätte es auf gar keinen Fall ausgehalten an unserem letzten gemeinsamen Tag vor dir zu stehen und mich von dir Angesicht zu Angesicht zu verabschieden, im Hinterkopf die Gedanken nie wieder in deiner Nähe sein zu dürfen oder deine aufmunternden Worte zu hören wenn etwas mal nicht so ganz nach meinen Vorstellungen geklappt hat. Aber es war auch größtenteils meine eigene Feigheit, die mich daran hinderte mir Klarheit über deine Gefühle für mich zu verschaffen…
Den Rest des Briefes übersprang Gellert einfach, er hatte genug gelesen um zu wissen warum ihm seine Tante solche uneingeschränkte Unterstützung zusagte.
In Liebe,
Bathilda
Zitternd lies er den Briefbogen sinken, dabei fiel ein kleines Foto zu Boden auf dem zwei Mädchen zu sehen waren die fröhlich im Schnee umhertollten und sich gegenseitig mit Schneebällen bewarfen. Eine rührende Szene wenn man ihre Hintergrundgeschichte kannte.
„Verstehst du jetzt? Ich kann doch nicht zulassen, dass du denselben Fehler begehst den ich damals gemacht habe.“, sanft legte sie ihm eine schmale Hand auf die Schulter und tätschelte ihn mit der anderen unbeholfen die Wange. „Ich hätte meiner Freundin, damals im Gegensatz zu dir heute, meine Liebe gestehen sollen. Wir hatten solange nebeneinander hergelebt, dass ich meiner Gefühle für sie nie ganz sicher war. Ich kannte sie schon seit ich klein war, weil sie in der Nachbarschaft wohnte und schließlich sogar ins selbe Haus in Hogwarts mit mir kam. Doch je näher der Abschied rückte desto mehr begann ich zu begreifen wie viel sie mir bedeutete und selbst dann konnte ich ihr es nicht sagen, da sie einen Freund hatte und meine Gefühle nie zu erwidern schien. Also schrieb ich ihr diesen Brief um mir alles von der Seele zu reden, leider habe ich ihn nie abgeschickt und mittlerweile bin ich alt und vergesslich geworden und leider ist meine Freundin weit weg gezogen und hat den Kontakt abgebrochen.“
„Weißt du was aus ihr geworden ist?“, fragte ihr Neffe mit belegter Stimme.
„Nein, aber ich weis was aus euch werden könnte, wenn ihr nur fest zusammenhaltet.“, meinte seine Tante bestimmt und fügte noch bekräftigend hinzu, „Wir beide werden immer an deiner Seite sein, Liebling. Weil du für Albus und mich das Wichtigste in unserem Leben bist und wir beide wollen, dass du endlich dein Glück findest. Und wenn es an der Seite eines anderen Mannes sein sollte, dann seis drum. Niemand hat deswegen über dich zu urteilen und dir deine Gefühle abzusprechen.“
Mit einem sanften Lächeln nahm sie den Brief und das Foto entgegen und tat beides zurück in das Kästchen welches sie mit einem leisen Schnappen gut verschloss. Solange bis es wieder gebraucht wurde.
„Danke, Tante Batty. Das werde ich Albus auch sagen. Vielen Dank für alles was du für mich und ihn getan hast. Das ist mehr als ich erwarten durfte. Ich hatte solche Angst wie du reagieren würdest falls du die Wahrheit herausfinden solltest.“, mit bebenden Schultern wandte sich der Blondschopf ab.
„Gellert? Gellert sieh mich an! Du brauchst deine Tränen doch nicht vor mir zu verstecken! Lass sie einfach zu, danach wirst du dich besser fühlen. Immer nur schön raus damit, seinen Kummer ewig in sich hineinzufressen macht auf Dauer nur depressiv.“, murmelte sie halblaut während sie beruhigend über den Rücken des 16Jährigen fuhr, der sein tränenverschmiertes Gesicht gegen ihre Schulter drückte um ja keinen Laut von sich zu geben oder ihr einen Blick auf sein Gesicht zu erlauben.
„Alles wird gut mein Engel. Wir sind solange an deiner Seite bis du uns nicht mehr bei dir haben willst.“, wiederholte sie immer und immer wieder um ihren kleinen Jungen zu besänftigen.
~o~o~Ende~o~o~
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