von käfer
Vorab: @halbblutprinzessin137: vielen Dank für das liebe Review - mich durchströmt ein warmes Gefühl, wenn es Dir beim Lesen über die Todessertreffen kalt den Rücken runterläuft!
Ich werde mir weiterhin MĂĽhe geben, interessant zu schreiben; jetzt gibt es erst mal noch mehr Arbeit fĂĽr Severus und der in der Inhaltsangebe angekĂĽndigte Neue kommt ans College...
Das neue Studienjahr begann. Professor Thunderstorm vereinbarte mit Severus einen Sonderstudienplan. Wenn er durchhielt, konnte er im nächsten Frühjahr die Abschlussprüfungen ablegen und vielleicht das Tränkemeisterdiplom erwerben. Dann würde er sich einen gutbezahlten Job suchen; Tränkemeister waren gefragte Leute.
Severus achtete mehr denn je auf sein Äußeres. Er legte keinen Wert auf besonders modische Kleidung oder den neuesten Haarschnitt, aber er sorgte dafür, dass seine Anzüge stets perfekt saßen und sauber waren. Die traditionelle, mönchskuttenähnliche Zunftkleidung würde er nur dann tragen, wenn es unumgänglich war.
Seine herausragenden Studienergebnisse trugen Severus mehr Aufmerksamkeit ein als ihm lieb war. Andererseits schaute dann und wann auch mal ein Mädchen nach ihm und sprach ihn an, und wenn es nur war, damit er ihr etwas erklärte.
Als Severus sich eines Tages in der Cafeteria einen Imbiss gönnte, stieß er mit einem Mädchen aus dem ersten Semester zusammen. Sie wurde knallrot und stotterte: „Ent- Entschuldigung. Wie dumm von mir. Jetzt hab´ ich dir den Umhang bekleckert, wie ungeschickt…“ Severus brummte: „Halb so schlimm“, und ließ mit einem Putzzauber alles wieder verschwinden. Es war nur noch ein einziger Tisch frei, so setzten sie sich zusammen hin. Verstohlen betrachtete Severus das Mädchen. Sie sah sehr jung aus, war nicht geschminkt und trug das braune Haar in braven Zöpfen. Verlegen schlug sie die Augen nieder.
Zufall oder nicht, Severus traf das Mädchen immer wieder. Nach der vierten Begegnung fragte er nach ihrem Namen, nach der sechsten lud er sie zu einer Tasse Kaffee ein. Mandy gefiel ihm in ihrer Schüchternheit. Sie studierte wie er Tränkekunde und sie wusste gut Bescheid. Außerdem – das konnte er sehr schnell feststellen – war sie reinblütig und sympathisierte mit dem Dunklen Lord.
Dann und wann gingen sie spazieren, fachsimpelten über Zaubertränke, redeten über Gott und die Welt und hielten Händchen.
Ein Neuer kam ans College. Man konnte den jungen Mann kaum übersehen; wo er auftauchte, war er von einem Schwarm Mädchen umringt. Er wirkte immer „wie aus dem Ei gepellt“: seine blonden Locken waren akkurat gelegt und glänzten golden. Das braungebrannte, ebenmäßige Gesicht und perlweiße Zähne hinterließen den Endruck von sorgloser Lebensfreude. Seine Kleidung wirkte immer wie direkt aus dem MagischenModeMagazin herausgezaubert.
Es hieß, Gilderoy Lockhart wäre aus Australien herübergekommen, um das Erbe seiner kürzlich verstorbenen Tante anzutreten.
Severus traf in einem Pädagogikseminar über den Aufbau von Tafelbildern erstmals mit Gilderoy Lockhart zusammen; sie saßen nebeneinander in der Bank. Severus schrieb emsig mit, verglich und überlegte, wie er selber an die Sache herangehen würde. Er hatte Pädagogik als zweites Hauptfach gewählt, weil er hoffte, auf diese Weise nach Hogwarts zurückkehren zu können. Horace Slughorn war schon ziemlich alt und würde früher oder später in Rente gehen, vielleicht hatte Severus ja Glück. Außerdem warteten in der Bibliothek von Hogwarts ungeheure Schätze darauf, ans Licht gebracht zu werden.
Lockhart saß mit verschränkten Armen da und träumte. Vor sich hatte er einen dicken Hefter mit Notizen liegen, die Severus der Handschrift nach eher einem weiblichen Wesen zugeordnet hätte. Professor O´Sullivan sah ab und an mit gerunzelten Brauen zu Lockhart hinüber. Der lächelte ihr dann jedes mal ganz lieb und freundlich zu.
Bis zur nächsten Stunde am Donnerstag sollten alle zu einem frei gewählten Lehrplan-Thema einen Vortrag mit entsprechendem Tafelbild ausarbeiten. Severus seufzte. Er hatte von Thunderstorm ein Dutzend unbekannter Tränke zum Analysieren erhalten und war noch nicht sehr weit gekommen.
„Wenn´s weiter nichts ist“, sagte Gilderoy neben ihm laut und klappte seine Mappe zu. „Lena Dalton“ stand auf dem Deckel. Der Name sagte Severus etwas. Die junge Lehrerin Lena Dalton war vor über einem Jahr unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen, nachdem sie eine eigene Hexenschule gegründet hatte. Man munkelte damals, dass der Dunkle Lord dahintersteckte, aber Severus glaubte das nicht. Lena Dalton entstammte einer Nebenlinie der Malfoys, sie war reinblütig und wollte nur reinblütige Schülerinnen aufnehmen. In Severus´ Eingeweiden kribbelte es. Wie war der Australier Lockhart an die Studienunterlagen von Lena Dalton gekommen?
Indes – Severus machte sich nie die Mühe, das herauszufinden, er hatte wichtigeres zu tun.
Da Severus gerade mit der Analyse unbekannter Substanzen beschäftigt war, beschloss er, seinen Vortrag darüber zu halten. Er stellte sich vor, er müsste Lily alles erklären und entwarf für sie allein eine Übersicht.
Es war schon sehr spät am Mittwochabend, vielleicht auch sehr früh am Donnerstagmorgen, als Severus seine Notizen in die Tasche steckte.
Auf dem Weg zum Pädagogik-Seminar gesellte sich Lockhart zu ihm. Er duftete nach Friseursalon, eine blumig-süßliche Note schwang mit. Solche weibischen Düfte mochte Severus bei Männern nicht. Aber er musste ja nicht mit Lockhart zusammensein. Gilderoy schien etwas von ihm zu wollen, er beschleunigte seinen Schritt im gleichen Maße wie Severus, holte ihn an der Tür ein. „Na. Severus, hast du deinen Vortrag ausgearbeitet?“
„Natürlich“, antwortete Severus ein bisschen beleidigt. „Du etwa nicht?“
„Doch, doch“, versicherte Lockhart und ließ sich wieder zurückfallen. Severus fragte sich nur, wozu Lockhart den Zauberstab in der Hand gehabt hatte.
Professor O´Sullivan begrüßte die Seminargruppe und begann sofort mit den Vorträgen. „Als erstes hören wir…“ Ihr Blick schweifte in die Runde. „Als erstes hören wir Severus Snape. Bitte kommen Sie nach vorn.“
Severus öffnete seine Mappe und erstarrte. Die beiden Blätter mit den Vorbereitungen waren weg! Er war sich aber vollkommen sicher, dass er sie vorn hineingelegt hatte. Hinten war auch nichts. Er nahm den Zutatenkunde-Hefter heraus – nichts als ordentlich abgeheftete Notizen. Sollte er etwa den Geschichtshefter erwischt haben? Aber den hatte er doch gestern gar nicht draußen gehabt, oder?
Nervös kramte Severus in seiner Tasche. Professor O´Sullivan fragte schon: „Nun, Mr. Snape, was ist?“, und sammelte nebenbei die Vorbereitungen der übrigen Studenten ein.
„Nichts, es ist nur…“ Weiter hinten kicherte jemand. Klar, die gönnten ihm alle einen Reinfall. Den Gefallen würde er ihnen nicht tun. Er wusste noch, was er aufgeschrieben hatte, fühlte sich mit Zettel nur sicherer.
„Gar keine Notizen?“, fragte Professor O´Sullivan lauernd.
„Nein“, antwortete Severus fest und konzentrierte sich. Er stellte sich vor, dass einzig und allein Lily im Auditorium saß und er ihr allein alles erklären musste. Systematisch baute er sein Tafelbild auf, erklärte die Grundlagen der Tränkeanalyse, zeichnete zwischen den Arbeitsgängen Pfeile ein und ließ einzelne Wörter in grün, rot oder blau an der Tafel erscheinen.
Professor O´Sullivan zeigte keinerlei Regung. Sie wartete, bis der letzte Nachzügler – Gilderoy Lockhart – seine Notizen zur Bewertung beendet hatte und forderte Severus auf, die Tafel zu säubern.
In dem dreistĂĽndigen Seminar wurden die verschiedensten Themen behandelt, aber nichts von alldem war neu fĂĽr Severus. So konnte er sich voll auf die Bewertung konzentrieren.
Als letzter an diesem Tag kam Lockhart dran. Severus horchte auf, als der verkündete, über die Analyse von Tränken reden zu wollen.
Wenn man Lockhart glauben wollte, hatte er an der Outback-University kaum etwas anderes getan als Tränke analysiert.
Es kribbelte in Severus´ Nacken, als er bemerkte, dass Lockhart haargenau das Gleiche anschrieb wie er selber, nur die farbigen Hervorhebungen fehlten. Beinahe geistesabwesend notierte Severus „Meine Vorbereitung?!“ und verzichtete ansonsten auf eine Bewertung.
O´Sullivan hatte nichts bemerkt oder wollte nichts bemerken. Sie diskutierte mit den Studenten über die einzelnen Vorträge. Severus kam nicht besser weg als Lockhart; alle waren der Meinung, letzterer habe zu viel „Drum herum“ erzählt und Severus zu wenig erklärt.
Severus war ziemlich sauer, als er nach Hause kam. Der Vortragsstunde war eine unangekĂĽndigte Klausur in Zutatenkunde gefolgt und zu guter Letzt hatte Mandy eine Einladung zum Eisessen ausgeschlagen.
Mit einem Aufrufezauber wollte Severus die vergessenen Vorbereitungen suchen, aber die Blätter kamen nicht herbeigeflogen. Sollte dieser Lockhart etwa…?
Aber wann und wie? An der Tür zum Seminarraum? Lockhart hatte den Zauberstab in der Hand gehabt…
Anderntags stellte er Lockhart zur Rede. Doch der schüttelte den Kopf und sagte lachend: „Du kommst auf Ideen, Severus, also wirklich. Warum sollte ich deine Aufzeichnungen stehlen, ich bitte dich! Tränkeanalyse kann man eben auf diese Art am besten erklären.“ Er lachte erneut und setzte hinzu, ohne sein strahlend-entwaffnendes Lächeln aufzugeben: „Akzeptiere doch einfach, dass jemand genauso gut ist wie du. Oder besser.“
Ein Mädchen rief ungeduldig: „Kommst du, Gilderoy? Wir müssen los!“
Immer noch lächelnd hob Lockhart in einer bedauernden Geste die Hände, dann drehte er sich um und schritt von dannen.
Severus stand da wie ein begossener Pudel und ärgerte sich. Warum bei Merlins Gürtelschnalle hatte er die Wahrheit nicht mit Legilimentik herausgeholt?
Die Antwort auf diese Frage gab er sich gleich selber: Es würde ihm nichts nützen, wenn Lockhart es zugab. Außerdem zählte das so erworbene Wissen nicht als Beweis; und es war besser, wenn niemand von seiner besonderen Fähigkeit erfuhr. Severus hatte das unbestimmte Gefühl, dass der Dunkle Lord noch andere Spione am College hatte, viel zu gut war er über Severus´ Tun und Treiben informiert. Voldemort sollte besser nicht erfahren, was Severus da konnte…
In der großen Pause suchte Severus nach Mandy. Er fand sie auf dem Collegehof in einer Traube von Mädchen, die andächtig lauschend Gilderoy Lockhart umringten.
Severus zog sie am Ärmel aus der Gruppe und fragte: „Am Samstag spielen die ´Singenden Sägen´. Hast du Lust, mitzugehen?“
Mandy machte vor Freude einen kleinen Hopser. „Au ja, das ist meine Lieblingsgruppe!“
Severus beschaffte Karten für richtig gute Plätze und musste dafür die Hälfte seiner Ersparnisse opfern. Aber die „Singenden Sägen“ waren es wert; sie waren Ende der siebziger Jahre die angesagteste Band der britischen Magierszene. Er hoffte nur, dass der Dunkle Lord nicht ausgerechnet während des Konzertes rief. Dann müsste er Mandy seine Gefolgschaft offenbaren und das wollte er nicht.
Severus hatte GlĂĽck. Nach dem Konzert lud er Mandy noch auf ein Glas Wein ein, dann begleitete er sie nach Hause und apparierte in sein Schloss.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel