von käfer
Vorab: @halbblutprinzessin137: Danke für´s Kommentieren! Ich gebe mir Mühe, weiterhin interessant zu schreiben...
Severus muss öfter beim Dunklen Lord antanzen als ihm lieb ist... und er zieht nochmal um.
Von Zeit zu Zeit schaute Severus auf seinen linken Arm. Aber es tat sich nichts, das Dunkle Mal blieb so blauschwarz wie es war. Der Dunkle Lord rief ihn nicht.
Am Montagmorgen summte und raunte es im College an allen Ecken; Zeitungen wurden herumgereicht; Grüppchen standen beieinander und diskutierten. Unauffällig schlenderte Severus umher, lauschte mal hier, mal da.
„Unglaublich…., …nicht mal voll ausgebildet…, …überfallen, es waren ein Dutzend…, ….wollte sich nicht beugen…, … Hilfe gerufen…, …Zaubertrankzutatenhändler in Godric´s Hollow…., …. Lord war es, wirklich,…steht heute alles in der Zeitung…, …wollten irgendwelches verbotenes Zeug haben…, …abgelehnt, und dann…, …gefoltert, bestimmt mit dem Cruciatus-Fluch, machen die doch immer…, …Zufall, dass sie zu Hause waren…, …viel zu lange, bis die Auroren kamen…“
Und immer wieder wurden in einem Atemzug zwei Namen genannt: Lily Evans und James Potter.
Aus all den Fetzen reimte sich Severus zusammen, dass Todesser das Geschäft des Zaubertrankzutatenhändlers Thorben Trader aufgesucht hatten und irgendwas Verbotenes oder Seltenes kaufen wollten, was der Händler nicht im Vorrat hatte oder nicht herausgeben wollte. Daraufhin hatten die dunklen Gestalten wohl die Einrichtung zerstört und den Mann gefoltert. Er hatte um Hilfe gerufen. Noch vor den Auroren waren Potter und Lily dort, sie mussten gegen die Todesser gekämpft haben – und den Dunklen Lord in die Flucht geschlagen – wenn das mal stimmte! Wahrscheinlich hatte Potter sich das nur ausgedacht, um als Held dazustehen.
In der Pause organisierte sich Severus eine Zeitung und las den Artikel. Es lief ihm kalt über den Rücken. Mehrere Zeugen hatten gesehen, wie Lily Seite an Seite mit Potter den Flüchen des Dunklen Lords standgehalten hatten. „Es war der, dessen Namen man nicht nennt, da bin ich ganz sicher“, das hatten alle Augenzeugen übereinstimmend gesagt, als Rita Kimmkorn sie interviewt hatte.
Severus glaubte nicht, dass das, was in der Zeitung stand, die Wahrheit war. Die meisten Zauberer verdrückten sich doch, wenn irgendwo die schwarz gewandeten Todesser auftauchten und der Dunkle Lord selber ging nicht einfach so in die Öffentlichkeit. Und dass James Potter ein alter Aufschneider war, wusste Severus seit seinem ersten Schultag in Hogwarts…
Spät an diesem Abend, Severus war gerade dabei, sich auszuziehen und ins Bett zu gehen, brannte plötzlich das Mal auf dem linken Arm. Severus sah nach, es glühte rot. Schnell fuhr er in den dunklen Umhang, setzte die Maske auf. Gerade so dachte er noch daran, das Licht zu löschen, dann berührte er das Mal und wurde davongetragen.
Severus landete auf einer kleinen Lichtung inmitten riesiger, uralter Bäume. Der Dunkle Lord stand hochaufgerichtet und völlig unbeweglich da. Severus wunderte sich einen Augenblick lang, dass sie nur zu zweit waren, dann sank er ehrfurchtsvoll auf ein Knie und senkte den Kopf. „Mylord haben gerufen?“
„Steh auf!“
Severus gehorchte.
„Sieh mich an!“
Severus gehorchte.
„Was weißt du über das, was gestern in Godric´s Hollow passiert ist?“
Severus zögerte keine Sekunde mit der Antwort, wählte die Worte aber mit viel Bedacht. „Ich habe gelesen, was in der Zeitung darüber stand. Aber was wirklich passiert ist, weiß ich nicht, ich war nicht dabei.“
Die Augen des Dunklen Lords glĂĽhten heller.
„Glaubst du, dass dieser Potter mir wirklich widerstanden hat?“
Wieder antwortete Severus, ohne zu zögern: „Nein, Mylord. Ich glaube, Ihr habt beschlossen, Euch zurückzuziehen.“
Ein glucksendes Geräusch kam aus Voldemorts Kehle. „So ist es gut, mein Freund. Es braucht aber niemand zu wissen.“
Severus neigte zum Zeichen seines Einverständnisses den Kopf.
„Soll dieser Potter ruhig glauben, er hätte mir Widerstand geleistet.“
Plötzlich machte der Dunkle Lord einen Schritt auf Severus zu. Drohend zischte er: „Du bist doch nicht etwa mit Potter befreundet?“
„Nein, Mylord. Ich hasse Potter, seit ich ihn zum ersten Mal gesehen habe. Er war ein Gryffindor-Schüler, ist arrogant wie kein zweiter und gibt sich mit Schlammblütern ab, dieser Abschaum!“ Severus zischte nicht weniger als sein Meister.
Schweigend standen sich die beiden gegenüber. Severus erinnerte sich daran, wie er James Potter zum ersten Mal so gegenübergestanden hatte. Das war, als…
Halt! Das durfte er nicht zulassen! Severus hatte etliche Stunden in der Bibliothek verbracht und über Okklumentik nachgelesen. Dabei war er auch über das Wort „Legilimentik“ gestolpert und wusste nun, was der Dunkle Lord mit ihm machte.
Er wandte die Augen von seinem Gegenüber ab und fixierte den Ast eines Baumes seitlich hinter Voldemort. Der machte einen kleinen Schritt zur Seite und stellte den Augenkontakt wieder her. Severus sah sich über die Felder hinauflaufen zum Spielplatz. Nein! Er presste die Zähne zusammen, schloss die Lider etwas und kämpfte gegen den Gedankenfänger in seinem Kopf an.
Eine geschlagene Stunde lang stand Severus so vor dem Dunklen Lord und bemĂĽhte sich, seine Gedanken unter Kontrolle zu halten.
Dann fragte der Dunkle Lord nach den beiden Tränken, die er in Auftrag gegeben hatte. Diesmal ließ Severus zu, dass der Meister sich die Antwort direkt aus seinem Kopf holte und mit dem verglich, was er gesagt hatte.
Lord Voldemort war zufrieden und schickte Severus weg.
In den nächsten Wochen hatte Severus wieder sehr viel zu tun. Legilimentik und Okklumentik faszinierten ihn, er stöberte stundenlang in der Bibliothek herum, las, notierte – und probierte alles an seinen ahnungslosen Mitstudenten aus. Dass keiner etwas merkte, wunderte Severus mehr als alles andere.
Sorgfältig pflegte er seine Tränke im Kirkwood Castle und erledigte alle seine Studienaufgaben aufs Genaueste; auch die freiwilligen Arbeiten machte er, solange sie nur im entferntesten etwas mit Zaubertränken zu tun hatten. Ohne es zu merken, war Severus mit seinen Studien so weit voraus, dass er sich Ende Mai mit einem Trank beschäftigte, der erst im fünften Semester drankommen sollte.
Die Studenten erhielten die Aufgabe, einen Heil- oder Stärkungstrank herzustellen und einen einstündigen Vortrag mit praktischen Demonstrationen zu halten. Mit Stärkungstränken gab Severus sich längst nicht mehr ab. Er hatte einen Trank hergestellt, der Magen-Darm-Infektionen innerhalb einer Minute heilte. Professor Thunderstorm staunte und bestellte Severus zu einem vertraulichen Gespräch. Im Ergebnis dessen legte Severus am Semesterende die Prüfungen für das zweite und vierte Semester ab – ohne einen einzigen Punkt abgezogen zu bekommen.
Dass er bei seinen Kommilitonen als Streber verschrien war, braucht wohl nicht extra erwähnt zu werden. Ihm war es nur recht, dass keiner etwas mit ihm zu tun haben wollte – so konnte er ungestört auch einigen Studien nachgehen, die Thunderstorm sicher nicht mit Wohlwollen betrachtet hätte.
Der Dunkle Lord rief Severus in regelmäßigen Abständen und fast immer spät abends oder in der Nacht. Das störte Severus immer weniger, je länger er Legilimentik und Okklumentik trainierte. Er lernte, Körper und Geist zu beherrschen und brauchte nur noch wenige Stunden Ruhe.
In der Anfangszeit war er aber doch manchmal sehr müde und Professor Thunderstorm lud ihn ab und an zu ernsten Gesprächen. Severus stockte der Atem, als er eines Tages mitbekam, dass der Tränkeprofessor mit Legilimentik nach der wahren Ursache für die Müdigkeit suchte. Am Abend vorher hatte er im Auftrag des Dunklen Lords ein verbotenes Gift gemischt und außerdem über dem Gegenmittel für Veritaserum gebrütet. Hilfe!
Severus zwang seinem Hirn das Bild eines Lehrbuchkapitels über Heilkräuter auf, zeigte ein danebenliegendes Blatt mit Notizen. Er befahl seinem Herz, das vor Angst rasen wollte, im gewohnten Rhythmus zu bleiben.
Es gelang. Äußerlich gelassen stand der Student da und wartete darauf, was der Professor sagen würde. Thunderstorm schickte ihn schließlich mit einem Lächeln und der Ermahnung, auf seine Gesundheit zu achten, nach Hause.
Weit mehr als von Thunderstorm wurde Severus von seiner Wirtin genervt. Wann immer er kam oder ging, war sie da. Wenn sie schon nicht sichtbar um die Ecke lugte, spürte er doch ihre Präsenz; mehr als nur einmal bemerkte Severus, dass sie bei seinem Kommen oder Gehen auf die Uhr sah.
Als er einmal vergessen hatte, ihr die Miete pünktlich zu bringen, sah sie ihn mit gerunzelten Brauen an und sagte: „Sie studieren viel zu viel. Sie sollten sich eine Pause gönnen. Außerdem müssten Sie in Ihrem Zimmer öfter Staub wischen…“
Severus hätte Miss Mary am liebsten erwürgt. Wenn er einen Beweis dafür gebraucht hätte, dass sie in den Zimmern herumschnüffelte, hätte er ihn jetzt gehabt. Ein einziges Mal hatte er nicht wie gewohnt jeden zweiten Tag den Staublappen durchs Zimmer fliegen lassen…
Als er beim Herumstöbern in Kirkwood Castle einen intakten Brunnen mit kristallklarem Wasser entdeckte, stand sein Entschluss fest: er zog ganz in die Ruine um.
Bevor Severus es sich jedoch in dort gemütlich machte, studierte er die Broschüre „Magisches Bauen leicht gemacht“ und das „Lehrbuch der Schutzzauber“.
Schon nach zwei Wochen merkte Severus, dass das Leben in der Abgeschiedenheit des Moores um vieles billiger und einfacher war. Er musste nicht länger fürchten, von Muggeln mit dem Zauberstab erwischt zu werden. Keiner stellte dumme Fragen, wenn er spätabends wegging. Und am Monatsende hatte er noch Geld übrig, obwohl er sich um Lebensmittel und alles, was er sonst noch brauchte, selber kümmern musste. So war er im Sommer nicht gezwungen, in der Gärtnerei zu arbeiten, sondern konnte sich seinen Studien widmen.
An dem Tag, an dem Lily Evans und James Potter ihre Verlobung bekanntgegeben hatten, war Severus bei der nächtlichen Fragestunde beim Dunklen Lord unkonzentriert. Voldemort gelang es, in seine Erinnerungen einzudringen. Glücklicherweise bemerkte Severus es noch rechtzeitig und konnte ein Bild von seinem einladend kuscheligen Bett davorschieben. Er war der Meinung, dass seine privatesten Gedanken niemanden etwas angingen.
„Du bist nicht bei der Sache!“, schnarrte der Dunkle Lord ungehalten.
„Verzeiht, Mylord, ich bin müde.“ Severus hielt es für geraten, auf die Knie zu sinken.
„So, müde bist du!“
Ein scharfer Schmerz fuhr durch Severus´ Eingeweide.
„Meine Diener haben nicht müde zu sein, wenn sie bei mir sind. Merk dir das!“
Erneuter Schmerz, Severus´ Füße schienen zu glühen.
„Hetzt dieser Professor Spellman die Studenten dazu auf, Muggelstämmigen zu helfen?“
Zwischen den Fragen spürte Severus ein „Legilimens“ und machte „dicht“.
„Nein, Mylord.“
„Was tut er dann?“ – „Ich weiß es nicht genau, Mylord. Man sagt, er versuche, einen Zeitrückdreher zu bauen.“
Severus´ Arme wurden schwer wie Blei und eisig kalt.
„Wie weit ist er?“ – „Ich weiß es nicht Mylord. Niemand weiß es, nicht einmal die Professoren.“
„Unbefriedigend, höchst unbefriedigend.“
Immer und immer wieder fuhren glühende Nadeln durch Severus´ Körper, immer und immer wieder versuchte der Dunkle Lord, in seinen Geist einzudringen. Severus gestattete sich keine Schwäche mehr, dafür war die Lektion zu schmerzhaft.
Erst in der Morgendämmerung durfte er endlich gehen. Severus holte einen Eimer eiskaltes Brunnenwasser und kippte ihn über seinem Kopf aus. Dann schluckte er eine Tagesdosis Wachhalteelixier, zog frische Wäsche an und apparierte nach Cambridge.
Kaum war Severus am Nachmittag zurückgekehrt, begann sein Dunkles Mal zu brennen. Er berührte es und fand sich in einer von einer einzigen Fackel erhellten Höhle wieder.
„Müde?“, fragte Lord Voldemort lauernd.
„Nein, Mylord“, antwortete Severus, obwohl er die Augen kaum offen halten konnte.
Drei Stunden lang musste Severus auf der Stelle stehen und dem Dunklen Lord Fragen ĂĽber das Magical Arts College, seine Professoren, Kommilitonen und Studien beantworten, manche Frage stellte der Meister dreimal.
Severus nahm sich danach nicht die Zeit, mehr auszuziehen als Umhang und Schuhe. Er schlief bis vier Uhr früh, dann setzte er sich hin und schrieb den Aufsatz über ´Verschiedene Analysemethoden für verschiedene Tränke´ und apparierte wieder zum College.
Nach diesen Strapazen taten Severus die Knochen noch tagelang weh. Damit ihm so etwas nicht wieder passierte, absolvierte er ein intensives Konzentrationstraining und ĂĽbte sich in der Schulung des Unterbewusstseins.
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