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Fanfiction

Harry Potter und die Rückkehr der Zauberer - Kapitel 37 Der gefrorene See

von Reaver

Mit unerbittlicher Kraft schlug Harry der Sturm ins Gesicht. Die Wolken hatten das Licht des Tages vollkommen verschlungen, so dass Harry kaum die Hand vor Augen erkennen konnte. Irgendwo dort draußen waren die Todesser, auf dem Weg zu ihnen. Sie mussten auf jeden Fall von hier weg. Im Sturm würden sie sich gut verbergen können. Stolpernd machte sich die Gruppe auf den Weg die Klippe hinab. Harry warf einen Blick zurück, nur um festzustellen, dass selbst nach diesen paar Schritten der Sturm die Hütte von Joakim verschlungen hatte.
„Hier werden sie uns niemals finden können!“, rief Charlie neben Harry, der jedoch die Worte kaum verstand und eher an seinen Lippen ablesen musste. Das toben des Sturms verschlang alle anderen Geräusche.
„Aber hier draußen können wir auch nicht bleiben!“, erwiderte Harry. Seine Körperwärme war schon jetzt aufgezehrt. Die Kälte würde bald unerträglich werden.
„Wir sollten apparieren.“, schlug Charlie vor.
„NEIN!“, schrie Joakim und war mit zwei schnellen Schritten neben ihnen. „Ihr könnt doch nich in einem Sturm apparieren! Wer weiß, wo ihr dann auftaucht. Ihr müsst sehen können, oder wissen wie die Gegend aussieht! Es war gut, dass ihr nicht zu mir appariert seid in diesem Sturm. Kommt mit!“ Mit schnellen, festen Schritten ging er voran. Harry war beeindruckt, mit welcher Kraft und Eleganz sich der alte Mann bewegte. Sie liefen durch den Knöcheltiefen Neuschnee, der mit jeder Sekunde mehr wurde. Harry spürte, wie seine Füsse und Beine langsam zu Eisklumpen wurden. Sie mussten aus diesem Unwetter heraus. Erleichtert seufzte er auf, als sie den Windschatten einer Klippe erreichten. Keine Böen mehr, die aus ihm die Körperwärme heraus saugten.
„Hier sollten wir bleiben, bis der Sturm nachlässt!“, rief Joakim, der sich in einer Felsnische niederließ.
„Es ist so kalt.“, sagte Ginny bibbernd und schmiegte sich an Harry, der versuchte die Dunkelheit mit Blicken zu durchdringen. Zärtlich schlang er seine Arme um sie und gemeinsam ließen sie sich an der Felswand herunter sinken. Plötzlich mischte sich ein anderes Geräusch in das Brausen des Sturms. Der Klang von kräftigen Schwingen. Ein goldener Schimmer legte sich über den Schnee. Harry lächelte, als Fawkes aus der Dunkelheit erschien. Der Phönix legte anmutig die Schwingen an den Körper und begann in einem goldenen Feuer zu glühen. Sofort verschwand die Kälte und machte einer angenehmen Wärme Platz. Erleichtert lehnte sich Harry zurück. Sie waren in einer Kuppel, die von goldenem Feuer umgeben war und weder Wind noch Schnee drangen zu ihnen herein.
„Fawkes, du bist klasse!“, rief Harry lächeln. Der Phönix antwortete mit einem melodischen Singen, so dass es ihnen noch wärmer ums Herz wurde.
„Phönixe sind doch erstaunliche Geschöpfe.“, sprach Joakim. „Ich hatte vor langer Zeit ebenfalls das Glück einem zu begegnen. Sie sind neben Einhörnern die reinsten Lebewesen, die auf Erden wandeln. Mit jeder Faser ihres Körpers versprühen sie positive Energie und das macht sie auch so mächtig.“
„Ja, sie sind einzigartig.“, antwortete Hermine, den Blick auf den Vogel gerichtet, der sie mit ihren wachen Augen musterte. In seinen Pupillen brannte das gleiche Feuer, dass auch sie wärmte.
„Möge sein Feuer niemals erlöschen.“, sagte der alte Zauberer.
Die Sonne streichelte Harrys Gesicht, als er am nächsten Morgen erwachte. Der gestrige Sturm hatte noch lange getobt, doch ihm waren die Augen zugefallen. Er erinnerte sich wage an wirre Träume, doch sie waren ebenso verblasst, wie die Erinnerung an die gestrige Kälte. Langsam drehte er seinen Kopf, um nicht direkt von der Morgensonne geblendet zu werden. Neben ihm lag Ginny, die sich wie eine junge Katze eingerollt hatte. Vorsichtig, um sie nicht zu wecken zog Harry seinen Arm zurück, den er um ihre Hüfte gelegt hatte. Sie stöhnte nur leicht im Schlaf und zuckte mit den Mundwinkeln. Er betrachtete noch kurz ihr hübsches schlafendes Gesicht, dann erhob er sich leise. Die Landschaft hatte sich komplett verändert. Von einem auf den anderen Tag war der Winter wieder mit aller Macht zurückgekehrt. Der Schnee hatte jedes Leben wieder mit seiner erstickenden Decke versteckt und große Eisschollen trieben auf dem ruhigen Wasser. Auf einer Klippe entdeckte Harry Fawkes, der mit ausgebreiteten Schwingen den neuen Tag begrüßte. Die Sonne spielte mit seinem Gefieder, so dass es aussah, als würde er geschmolzenem Gold bestehen. Vorsichtig ging Harry zum Klippenrand und sah auf das vereiste Wasser hinab. Der Sturm hatte mit entsetzlicher Kraft gewütet, ein zerstörerischer Tanz der Elemente. Meterhoch war das Eis auf das Land hinauf getragen worden. Harry drehte sich zu seinen Freunden um, die friedlich schlafend an den Fels gekauert da lagen, dick in die Decken gehüllt, die sie mitgenommen hatten. Joakim war nirgends zu sehen. Stirnrunzelnd suchte Harry die Umgebung nach dem alten Zauberer ab. Es gab jedoch nur Schnee und Eis, das in der hellen Sonne weiß Strahlte. Eine leichte Böe strich ihm über das Gesicht und brachte den salzigen Geruch des Meeres mit. Die fernen Berge glitzerten in frischen Schnee, der ihre schroffen Hänge bedeckte. Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Harry fuhr erschrocken zusammen und machte einen Satz nach vorne. Seine Hand tastete schon nach seinem Zauberstab.
„Haben sie mich erschreckt!“, keuchte er. Sein Herz hämmerte, als wolle es aus seiner Brust heraus springen.
„Tut mir Leid, das wollte ich nicht.“, meinte Joakim freundlich.
„Ich habe sie gar nicht gesehen.“, sagte Harry, noch immer um Luft ringend. Schnell schob er seinen Zauberstab wieder in seine Hosentasche.
„Ich kann es vermeiden gesehen zu werden, wenn ich es will.“, antwortete er und atmete die frische Luft tief ein. „Es ist ein schöner Morgen. Der Sturm hat seine spuren hinterlassen, aber es hätte schlimmer kommen können.“
Harry grübelte. Was konnte im Moment schlimmer sein, als ein knapper Meter Neuschnee, der ihr vorankommen behinderte und jeden Schritt zu einem Abenteuer machte. „Wie hätte es schlimmer kommen können?“
„Normalerweise ist ein Sturm nicht so schnell vorbei. Hier kann sich sowas eine ganze Weile halten.“, erwiderte der Zauberer, dessen Blick wieder auf Fawkes hängen geblieben war, der nun den schönen Kopf in den Nacken legte und leise sang. Einen Moment schien eine tiefe Trauer über Joakims Züge zu huschen.
„Guten Morgen!“, begrüßte sie Charlie, der leise zu ihnen herüber gekommen war.
„Na, gut geschlafen?“, fragte Harry.
Charlie verzog das Gesicht. „Ich hab erst heute morgen gemerkt, dass ich die ganze Zeit auf einem besonders bösartigen, großen Stein lag.“ Er begann mit verzogenem Gesicht Verrenkungen zu machen. Harry sah einige Momente grinsend zu, dann wandte er sich wieder Joakim zu. Der alte Zauberer hatte sich wieder dem Meer zugewandt. Mit entspanntem Gesicht blickte er auf das ruhige, glatte Wasser hinaus. Die Sonne spiegelte sich in seinen Augen, die von innen zu glühen schienen.
„Wie weit ist es bis zu diesem Tal?“, fragte Harry leise.
„Wir müssten in einem Tag dort sein.“, erwiderte Joakim. „Du musst wissen Harry, dieses Tal und der See sind magische Orte. Wir können nicht direkt dorthin apparieren. Überhaupt wird uns unsere Magie dort nichts nutzen.“
„Wir können keine Zauber verwenden?“, rief Charlie überrascht.
„Nur, wenn du mächtig genug bist die uralte Magie zu überwinden, die diesem Ort einheim ist.“, antwortete er leicht schmunzelnd. „Aber eure Gegner werden mit den gleichen Problemen konfrontiert sein, vorausgesetzt, sie wissen überhaupt, dass das Tal existiert.“
„Hoffen wir mal nicht.“, meinte Harry, dessen Blick wieder zu Fawkes gewandert war, der sich mit einem kräftigen Schwung seiner Flügel in die Luft erhob. Elegant glitt er in die Höhe, der Morgensonne entgegen. Zusammen mit Charlie weckte Harry Hermine, Ron und Ginny, die anfangs mürrisch auf die Störung reagierten. Mit wenigen Worten erklärte Harry ihnen, was er von Joakim erfahren hatte. Hermines Wissensdurst war sofort wieder geweckt und sie löcherte die beiden mit Fragen. Ron machte sich währenddessen über einen Teil des Proviants her. Eine Stunde später, nachdem alle vom Frühstück eher schlecht als recht gesättigt waren, stellten sie sich zum apparieren auf. Der Schnee knirschte unter Harrys Stiefelsohlen, als er sich ein Stück von der Felswand entfernten, die ihnen gestern Schutz geboten hatte. Kurze Zeit später befand er sich schon am Fusse eines Berghanges und atmete tief durch. Er konnte sich einfach nicht an das Gefühl des Apparierens gewöhnen. Dieses zusammenstürzen von Himmel und Erden. Einige niedrige Sträucher, die sich mit ihren knorrigen Wurzeln in den kargen Fels krallten, standen am Fusse des Berges, der sich vor ihnen erhob. Sein Gipfel verschwand in den Wolken. Schnee rieselte langsam aber beständig auf sie herab. Harry drehte sich langsam um und blickte auf das Land unter ihnen zurück, das in dichten Nebelschwaden nur zu erahnen war. Der Nebel erzeugte gespenstische Bewegungen.
„Jetzt wisst ihr woher dieses Land seinen Namen hat: Nebelland.“, sprach Joakim, als sie die Aussicht genossen, die sich ihnen bot. „Es ist der Geburtsort vieler Geschichten und Legenden.“
„Unheimlich.“, meinte Ginny.
Zügig machten sie sich auf den Weg. Trotz der kalten Temperaturen geriet Harry unter seinem Mantel bald ins Schwitzen. Neben dem schmalen Pfad, den sie entlang gingen gähnte ein Tiefer Abgrund, in dessen dunkler Tiefe sich in Jahrtausenden ein Bach gegraben hatte, der nun zu Eis erstarrt am Grund ruhte. Schweigend wanderten sie hintereinander her, immer darauf bedacht sicheren Stand zu finden, um nicht in die Schlucht zu stürzen. Immer wieder bröckelten unter ihren Schritten kleine Steine ab, die dann in winzigen Lawinen hinunter fielen. Es hatte aufgehört zu schneien und der Himmel hatte von seinem üblichen Dunkelgrau zu einem Hellgrau gewechselt. Nebelschwaden zogen durch die Schlucht, bis sie von starken Windböen hinfort gerissen wurden. Immer öfter kam Harry durch den Wind auf dem schmalen Weg ins straucheln. Sie hatten die schützende Flanke des Berges verlassen und wurden nun unbarmherzig von den Böen getroffen, die sich ihren Weg durch das Tal bahnten. Heulend brach sich die Luft an den spitzen Zacken der schroffen Felsen. Nur kurz hielt die kleine Gruppe an, um zu verschnaufen, bis Joakim sie weiter trieb. Er schien sich in diesem urtümlichen Bergen, bis auf den Pfad unberührt von jeder menschlichen Hand, nicht wohl zu fühlen. Immer öfter schaute er sich um und horchte in den heulenden Wind hinein. Harry tat es ihm gleich, aber er vernahm nichts, außer die Geräusche seiner Umgebung. Erleichtert atmeten sie alle auf, als sich vor ihnen ein weites Tal auftat, das von hohen Bergen umschlossen war. Der Wind wurde noch stärker, aber sie waren alle viel zu beeindruckt von dem Anblick, der sich ihnen bot, um darauf zu achten. Von einzelnen Sonnenstrahlen getroffen glitzerte ein gefrorener See in der Mitte des weiten Tals. Spiegelglatt reflektierte des Eis die Umgebung. Die Wolken und Spitzen der Berge schienen im Eis zu liegen. Es war ein einmaliger, erhabener Anblick, der sich ihnen bot.
„Wie schlafenden Riesen, ward den Bergen die ewige Wache über das Tal inne, damit niemals gestört wird der Schlaf des Herren.“, sprach Joakim mit eindringlicher Stimme. Seine Worte wurden vom Wind hinfort getragen und hallten in der engen Schlucht nach, die sie gerade verlassen hatten.
„Von wem stammt dieser Satz?“, fragte Hermine, die Augen nach wie vor auf den eisigen See geheftet.
„Aus der Kalevala. Ilmarinen trat wie wir aus der Schlucht und war ergriffen von dem Anblick, der sich ihm bot.“, antwortete der Zauberer.
„Es ist wunderschön.“, meinte Ginny.
„Ja, und irgendwo dort unten ist Vanilor.“, meinte Harry, dessen Augen fieberhaft nach einer Höhle oder ähnlichem suchten. Ein Gletscher schob sich aus den Bergen langsam in den See und seine eisigen Klippen ragten steil empor. „Vielleicht ist er in einer Höhle unter dem Gletscher.“
„Wenn ja, wird es für uns sehr gefährlich.“, sagte Hermine mit besorgtem Gesicht. „Oftmals sind die Höhlen instabil und brechen ein, wenn sie über die Maßen belastet werden.“
Harry nickte nachdenklich und machte sich dann an den Abstieg in das Tal. Was von oben wie eine glatte weiße Schneedecke ausgesehen hatte, war in Wirklichkeit ein von Spalten und Eis überzogener Steilhang. Langsam nur schafften sie es in vielen Kehren den Hang hinab zu steigen. Ihre Stiefel fanden auf dem vereisten Untergrund keinen halt, so dass sie sich oft nur in letzter Sekunde vor einem tödlichen Sturz retten konnten. Harrys Handschuhe waren zerfetzt, als er keuchend hinter Ginny auf der Eisfläche des Sees ankam. Von seiner Handfläche tropfte Blut aus einem Kleinen Schnitt auf das blaue Eis. Die Tropfen erstarrten nach einigen Sekunden zu rotem Eis, dass wie ein Rubin das Licht reflektierte. Fasziniert sah Harry kurz zu, bevor er die Hand zur Faust schloss und damit den Schnitt schloss. Ginny drehte sich im Kreis, um die hohen Berge, deren Gipfel bis in die Wolken reichten, betrachten zu können. Ihr Gesicht war blass von der Anstrengung, aber ihre Züge zeigten eine Entschlossenheit, die Harry bewunderte. Hinter ihm kam Hermine an, die sich mit dem Rücken an einen großen Felsen lehnte. Seufzend nahm sie ihre Thermosflasche zur Hand und trank von dem Tee, von dem Harry wusste, dass er inzwischen abgekühlt war.
„Wie geht’s?“, fragte er, als Hermine die Augen schloss.
„Bin nur etwas erschöpft.“, bemerkte sie leise. Ihr Atem ging stoßweise und flach. Harry ließ sich neben ihr nieder.
„Hermine, wir müssen uns ausruhen. Der Abstieg war schwerer, als wir alle dachten. Schlaf am besten etwas.“
„Nein Harry, wir müssen weiter. Es ist nur vernünftig, wenn...“, begann sie, wurde aber von ihm unterbrochen.
„Du sagst mir etwas über vernünftig sein? Hermine, es bringt nichts, wenn wir am Ende unserer Kräfte sind.“, meinte Harry bestimmt.
„Er hat recht.“, keuchte Joakim, der unbemerkt zu ihnen gekommen war. Auch er sah aus, als wäre er gerade einen Marathon gelaufen. Hermine nickte, wobei Harry vermutete, dass nun ihre Müdigkeit gesiegt hatte. Hinter einem hohen Felsen suchten sie Schutz vor dem Wind, der auch hier kräftig blies. Der Himmel wurde wieder dunkler und die Sonne neigte sich den Bergen zu, von deren Hängen der Schnee geweht wurde. In langen weißen Fahnen wurde er vom Wind davon gerissen.
„Ein Unwetter zieht auf. Aber wenn wir Glück haben, wird es an uns vorüber ziehen.“, sagte Joakim, der mit unterschlagenen Beinen auf einem Stein hockte. Harry nickte nur und ließ den Kopf nach hinten sinken, bis er den rauhen Fels im Nacken spürte. Ron hatte sich in seinen Mantel grollt und schnarchte leise neben ihm. Hermine hatte ihren Kopf an seine Schulter gebettet und schlief ebenfalls. Ihr Gesicht war blass, aber ein Lächeln umspielte ihre Züge.
„Was wird uns wohl der morgige Tag bringen.“, fragte Ginny leise, die neben Harry, dicht an ihn gekuschelt, saß.
„Ich weiß es nicht.“, antwortete Harry ehrlich. Er wollte nicht einschlafen, aber sein Körper forderte seinen Tribut. Gegen seinen Willen sanken ihm die Augenlider herab. Er glitt hinüber in einen leichten Schlaf, aus dem er abrupt gerissen wurde, als ihn jemand an der Schulter rüttelte.
„Aufwachen! Wir müssen weiter!“, zischte Joakim. Harry schlug langsam die Augen auf. Es war deutlich dunkler geworden, aber die weiße Umgebung sorgte für zusätzliches Licht. Ginny schlief noch neben ihm. Vorsichtig weckte Harry sie und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. Der Wind hatte etwas abgenommen, aber es hatte wieder zu schneien begonnen. Große Flocken rieselten vom Himmel, der eine stumpfgraue Färbung angenommen hatte. Ächzend erhob sich Harry und streckte die müden Glieder. Seine Muskeln fühlten sich verspannt an und schmerzten. Es begann immer heftiger zu schneien, als die kleine Gruppe den Schutz der Felsen verließ. Ein Schleier aus Schneeflocken nahm ihnen die, ohnehin begrenzte, Sicht. Auf dem Eis des großen Sees schlitternd marschierten sie zum Gletscher hinüber. Das blaue Eis des riesigen Gletschers türmte sich gut einen Kilometer vor ihnen den Berg empor. Nur langsam kamen sie voran. Nun verschwanden auch die verschwommenen Konturen der Berge hinter einer stillen Mauer aus rieselndem Schnee. Harry kam sich vor, als wäre er gefangen in einer Welt, die nur aus Weiß zu bestehen schien. Der Schnee dämpfte alle Geräusche, so dass es gespenstisch leise wurde. Kein Heulen des Windes, das sie so lange begleitet hatte, nicht einmal die Geräusche ihrer eigenen Schritte waren zu hören. Neben ihm glitt Hermine plötzlich aus. Blitzschnell streckte Harry seine Hand aus und bekam sie unter dem Arm zu fassen. Fast wäre er selber ebenfalls ausgeglitten, doch fanden seine Füsse im letzten Moment unsicheren Halt. Vorsichtig richtete er seine Freundin wieder auf.
„Danke.“, meinte sie lächelnd. Harry nickte freundlich zurück, hielt dann aber inne. In das kaum hörbare Rieseln des Schnees hatte sich etwas anderes gemischt. Lauschend legte er den Kopf schräg. Kurz hatte er gemeint eine Stimme zu hören, die etwas gesagt hatte, doch nun war es wieder so still wie zuvor. Achselzuckend machte sich Harry wieder auf den Weg. Hermine sah ihn kurz fragen an, aber marschierte dann ebenfalls weiter. Der Schnee, der sich auf dem blanken Eis sammelte erleichterte ihnen das Gehen. Ermutigt griffen sie weiter aus und auch ihre Laune stieg wieder. Das kräftezehrende Balance halten war nun endlich Zuende. Lächelnd rückte Harry seinen Rucksack zurecht und gab Ginny einen Kuss, die schweigend neben ihm ging. Grinsend gab sie ihm einen Klaps auf den Po und wollte gerade etwas sagen, als hinter ihnen plötzlich etwas polterte. Wie vom Donner gerührt hielten sie inne. Joakim drehte sich blitzartig um. Seine dunklen Augen versuchten fieberhaft etwas in der Schneewand zu erkennen. Auch Harry starrte ins Weiß, ohne jedoch etwas zu erkennen.
„Wir sind nicht mehr alleine.“, flüsterte Joakim. In der Stille klang seine tiefe Stimme unnatürlich laut. Mit versteinerten Gesichtern sahen sie den alten Zauberer an, dessen Züge höchste Konzentration verrieten. „Schnell! Wir müssen weiter.“
Wortlos setzten sie ihren Weg fort. Nicht mehr lächelnd, sondern mit ausdruckslosen Gesichtern. Jeder ihrer Schritte war größer als der vorige. Konzentriert, um nicht auszugleiten, die Arme leicht abgespreizt eilten sie auf dem Eis entlang. Harry fragte sich, wie groß der See wohl war. Vom Pass aus hatte er wie ein kleiner Tümpel gewirkt, doch nun kam er ihm eher vor wie ein kalter, erstarrter Ozean. Mit jedem weiteren Schritt sehnte er sich danach die Konturen des Gletschers mögen sich aus dem Schnee schälen. Wenn er noch vor ihnen war, dann unsichtbar hinter der weißen Wand. In einer Reihe nebeneinander marschierte die kleine Gruppe weiter. Plötzlich legte Charlie ihm die Hand auf die Schulter. Harry hob den Blick, den er starr auf den Boden gerichtet hatte und folgte dem ausgestreckten Arm seines Freundes. Im ersten Moment erkannte er nichts, doch dann bemerkte er einige dunkle Schemen, die sich hinter ihnen aus dem Schnee schälten. Erschrocken strengte Harry seine Augen an, konnte aber nichts weiteres erkennen.
„Schneller Freunde! Sie sind hinter uns!“, zischte er. Sofort fuhren seine Begleiter herum, um im nächsten Moment schneller auszugreifen. Charlie war der erste, der in einen schnellen Trab verfiel. Sofort schlossen sie zu ihm auf. Nebeneinander liefen sie über das Eis und hinter ihnen die dunklen Schemen, die sich langsam aber unaufhaltsam näherten. Immer öfter wandten sie den Blick nach hinten, zu den Unbekannten, die hinter ihnen durch den Schnee eilten. Bald konnte Harry erkennen, dass es sechs in schwarze Mäntel gehüllte Gestalten waren. Er beschleunigte seinen Trab, obwohl er wusste, dass er es nicht lange würde durchhalten können. Seine einzige Hoffnung war es den Gletscher rechtzeitig zu erreichen. Keuchend stürmten sie durch den Schnee, der ihnen wenigstens etwas Kühlung verschaffte. Trotzdem waren Harrys Haare bald schweißnaß.
„Wir schaffen es nicht.“, keuchte Joakim nach einiger Zeit, die sie wortlos nebeneinander her gerannt waren. Ihnen war es immerhin gelungen ihren Vorsprung zu halten, doch waren sie nun am Ende ihrer Kräfte.
„Hier funktioniert doch keine Magie oder?“, fragte Harry abgehakt zwischen mehreren Atemzügen.
„Nein, sonst hätten sie und schon längst gehabt.“, erwiderte der Zauberer ebenfalls, der immer schwerer atmete.
„Wir sollten uns aufteilen. Immer zu Zweit.“, schlug Hermine vor, die eher stolperte, als lief.
„Nein! Das ist zu gefährlich!“, zischte Harry erschrocken.
„Einen Versuch ist es wert. Entweder, sie verfolgen zusammen nur ein Team, oder sie müssen sich auch aufteilen.“, erklärte Joakim schnell. Harry haderte mit sich selbst, nickte dann aber. „Dann los! Lauf durcheinander, falls sie herausgefunden haben, wer wir sind!“ Nach einem kurzen Moment des Chaos, in dem sie wild die Richtungen wechselten, rannte Harry neben Ron in den Schnee hinein. Hinter ihm verschlang der Schnee seine Freunde und machte sie zu körperlosen Schatten. Das diffuse Zwielicht machte es Harry schwer sich zu orientieren, aber er hoffte, dass sie jetzt schräg dem Ufer entgegen liefen. Nach kurzer Zeit wollte er wieder die Richtung korrigieren und den Gletscher ansteuern. Er betete, dass er sich nicht auf dem Eis verirrte. Neben ihm keuchte Ron und drohte zurück zu fallen. Harry verringerte die Geschwindigkeit, damit sein Freund wieder mithalten konnte. Sechs Gestalten schälten sich hinter den Beiden aus dem Schnee. Harry schloss kurz die Augen. Seine Kiefer pressten sich so stark aufeinander, dass er meinte seine Zähne knirschen zu hören. Sie wussten, wer er war. Sie waren nur hinter ihm her.
„Verflucht!“, keuchte Ron, der einen Blick über seine Schulter geworfen hatte.
„Ja!“, knurrte Harry. Ron mobilisierte seine letzten Kräfte. So schnell sie konnten, hetzten sie über den gefrorenen See. Hinter ihnen hörte Harry das dumpfe auftreten der Stiefeltritte, erschreckend schnell hintereinander. Harrys Beine fühlten sich an, als wären sie aus Blei. Jeder Schritt, den er tat wurde kleiner und langsamer. Dennoch war er entschlossen, bis zum Schluss zu laufen. Plötzlich fiel Ron neben ihm auf die Knie. Er schlitterte ein Stück und blieb dann auf dem Bauch liegen. Sein Oberkörper hob und senkte sich rasend, während sein Atmen keuchend und unregelmäßig ging.
„Ron!“, rief Harry erschrocken und versuchte seinen Freund wieder auf die Beine zu hieven. Es gelang ihm nicht.
„Lauf – Harry!“, keuchte Ron, dem ein Faden Speichel das Kinn hinab lief.
„Nein! Nicht ohne dich, steh auf!“ Harry zerrte an seinem Arm. Langsam gelang es ihm seinem Freund wieder auf zu helfen. Nebeneinander standen sie einen Moment, dann drehte sich Harry um und wollte weiter laufen, doch Ron blieb stehen. Beinahe konnte Harry schon ihre Verfolger deutlich erkennen. Ihre wehenden Mäntel flatterten hinter ihnen her. Erschreckend schnell näherten sie sich.
„Ron!“, rief Harry erneut.
„Harry! Lauf, bring dich in Sicherheit!“, zischte Ron und wandte sein Gesicht den Männern zu, die durch den Schnee auf sie zu stürmten.
„Nein! Ich lasse dich nicht im Stich! Nun komm!“, kreischte Harry. Seine Stimmbänder, beinahe taub durch die kalte Luft, die er geatmet hatte, überschlugen sich. Mit zwei schnellen Schritten war er neben Ron, dessen Beine vor Anstrengung zitterten. Fast konnte Harry das triumphierende Grinsen auf den Gesichtern ihrer Verfolger sehen, die wussten, dass sie ihnen nicht mehr entkommen konnten. Harry schloss die Augen, zwang sich ruhiger zu atmen und legte die Fingerspitzen aneinander. In sich suchte er nach Ruhe und Gelassenheit. Harry wusste, dass er diesen Kampf nicht gewinnen konnte. Plötzlich wich der Schnee einer grünen Landschaft und er stand am Rande eines weiten Sees, der in der Morgensonne glitzerte. Weiches Gras kitzelte seine bloßen Füsse. Tau überzog wie Tausende leuchtende Perlen die Landschaft. Eine seichte Sommerbrise spielte mit seinem Haar. Der Wind brachte den Duft von Blumen mit. Tief atmete Harry ein. Eine innere Ruhe durchströmte ihn. Der Himmel zog sich zu und aus grauen Wolken rieselte unablässig Schnee herab. Das Wasser erstarrte. Harry öffnete wieder die Augen. Keine zehn Meter trennten ihn und Ron mehr von ihren Verfolgern. Aus den bleichen Masken starrten ihnen die Todesser höhnisch entgegen. Harry straffte die Schultern und tastete nach seinem Zauberstab, bis ihm auffiel, wie sinnlos dies war. Schwer atmend hielten die sechs Männer vor ihnen an und bildeten einen Halbkreis um Harry und Ron herum. Ihre schwarzen Roben waren schwer vor Nässe. Harry war sich sicher, dass auch sie nicht mehr lange das Tempo durchgehalten hätten, doch dies war nun egal.
„Ich habe dir gesagt, dass es nicht so leicht ist, Potter!“, schnarrte eine eisige Stimme, die Harry nur zu gut kannte.
„Ich weiß.“, antwortete Harry und wandte sich Snape zu, der leicht vorn über gebeugt zu seiner Rechten stand.
„Gib uns den Kelch und ich lasse vielleicht deinen Freund am Leben!“, forderte er. Die Erschöpfung hatte seiner Stimme die Schärfe genommen, die sonst immer in ihr mitschwang.
„Wie hat es sich angefühlt, Severus, Dumbledore zu ermorden?“, entgegnete Harry leise, sah seinem Gegenüber aber direkt in die Augen. Ron trat nervös von einem Bein auf das andere. Man konnte ihm ansehen, dass er jetzt überall lieber gewesen wäre, als hier.
„Du vorlauter kleiner Bengel!“, zischte Snape. Obwohl sein Gesicht von einer Maske bedeckt war, konnte man sehen, wie seine Kiefermuskeln hervorsprangen. „Deine maßlose Arroganz ist hier absolut fehl am Platz! Hältst dich wohl für besonders schlau, was?“ Aus Snapes Stimme troff der Hass und er machte einen Schritt auf Harry zu, heilt jedoch inne, als der Todesser neben ihm den Arm ausstreckte und ihn zurück hielt.
„Potter, wie schön,“ Lucius betonte das Wort so, dass es die gegenteilige Bedeutung annahm. „dass wir uns hier wieder treffen. Du hast uns wirklich viel Sorgen bereitet. Du warst ein wirklich böser Junge, aber was tun wir mit bösen Jungen? Wir bestrafen sie!“ Mit einem schnellen Schritt war der blonde Zauberer vor Harry. Unglaublich schnell schlug er ihm hart ins Gesicht. Für einen Moment sah Harry nur Sterne und ging keuchend in die Knie. Mit zusammengebissenen Zähnen versuchte er nicht das Bewusstsein zu verlieren und wieder auf die Füsse zu kommen. Ron wollte sich auf Lucius stürzen, der hämisch grinsend über Harry stand, wurde aber von einem anderen Todesser festgehalten. Ein kleiner goldener Punkt weckte Harrys Aufmerksamkeit, der sich genau über dem Kopf von Dracos Vater befand.
„Du hast ein vergessen Lucius.“, brachte Harry mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Seine Schläfe schmerzte höllisch und sein Schädel war von einem dumpfen Wummern erfüllt. „Ihr besitzt hier keine Macht!“ Für einen Moment blickte ihn Lucius verwirrt an, dann lachte er auf, hörte aber sofort wieder auf, als sich ein goldenes Licht über die Versammelten legte. Hell, wie ein lodernder Stern schoss Fawkes heran. Einer der Todesser deutete mit dem Finger auf den Phönix, der auf die Versammelten zu schoss. Tatsächlich zogen einige ihre Zauberstäbe, bis ihnen klar wurde, dass es sinnlos war.
„Der Kelch! Lucius, der Kelch!“, brüllte Snape, der selbst dazu ansetzte auf Harry loszustürmen. Wie aus einer Trance gerissen drehte sich der blonde Zauberer zu Harry um, der ihn jedoch mit aller Kraft von sich stieß. Auf dem Eis verlor dieser den halt, strauchelte und riss Snape, der sich in dem Moment neben ihm befand mit zu Boden. Wütend schrien beide auf, deuteten auf Harry, doch wie ein goldener Blitz schoss Fawkes heran. Das goldene Licht wurde für einen Moment so hell, dass alle geblendet die Augen schlossen. Eissplitter stoben in die Luft, als der Phönix wie eine gigantische Faust auf den See prallte. Ein ohrenbetäubendes Bersten war zu hören. Eis langer Riss bildete sich zwischen Harrys Beinen. Verzweifelt warf er sich zur Seite, als die Eisscholle unter ihm nach oben geworfen wurde. Mit einem erneuten Bersten brach Fawkes mitten unter den Todessern wieder nach oben. Das Eis wurde zu allen Seiten hinweg geschleudert, und scharfe Splitter durchschnitten die kalte Luft. Zwei der Todesser verloren den Halt und stürzten in das eisige Grab, in das sich der See verwandelt hatte. Mit rudernden Armen versuchten sie sich an den Schollen wieder empor zu ziehen, doch fanden ihre suchenden Finder keinen halt. Harry klammerte sich an den Rändern seiner schwimmenden Insel fest und blickte sich um. Snape und Malfoy hatten sich auf das noch feste Eis gerettet, waren aber von ihm durch das Wasser von ihm getrennt, in dem zwei ihrer Kameraden hilflos versuchten sich auf eine Scholle zu ziehen. Gerade wollte sich Harry zu Ron umdrehen, als mit einem gewaltigen Krachen der Rest der Eisschicht des Sees einbrach. Als hätte ein Riese mit einem Hammer auf die spiegelglatte Fläche geschlagen, zerbarst das Eis. Wasser, nun dampfend, wurde in riesigen Fontänen an die Luft geschleudert. Fawkes erschien wieder, inmitten einer dieser Fontänen, strahlend wie eine kleine Sonne. Hitze strömte von dem Phönix aus, die das Eis unter Harrys Fingern zum schmelzen brachte. Verzweifelt stieß er sich ab und landete auf der größeren, noch stabilen, Eisscholle, auf der Ron und der Todesser miteinander rangen. Gerade hob der Mann seine Faust, um sie in Rons Gesicht krachen zu lassen, als ihn Harry von hinten packte. Verblüfft sah der Todesser sich um. Mit grimmiger Mine rappelte Ron sich auf. Verzweifelt wehrte sich der Mann gegen Harrys Griff. Sein Ellenbogen traf ihn schmerzhaft in die Rippen. Ron trat dem Todesser die Beine weg, so dass er hilflos nach vorne kippte, die Arme durch Harrys griff nach hinten verdreht.
„Mistkerl!“, rief Ron und versetzte ihm einen tritt in die Rippen, der ihn keuchen ließ.
„Lass gut sein.“, meinte Harry und zerrte zusammen mit seinem Freund, ihren Widersacher zur Kante der Scholle. Verzweifelt wehrte sich der Mann, als er erkannte, was sie vorhatten.
„Nein! Nein!“, brüllte er, als Ron ihn mit den Beinen voran über die Kante beförderte.
„Verschwinde!“, entgegnete dieser und mit einem letzten Schwung verschwand der schwarze Mantel des Todessers im eiskalten See. Prustend kam er wieder an die Oberfläche und klammerte sich an eine kleine Eisscholle.
„Weg hier, solange wir noch können.“, sagte Harry. Noch immer dampfte der See zwischen ihnen und Fawkes flog wie ein goldenes Schild zwischen ihnen und den Todessern hin und her. Unter ihm begann das Wasser zu kochen. Dichte Nebelschwaden steigen in die Luft und nahmen ihnen die Sicht. Ihre Feinde waren nur als Schatten zu erkennen, die versuchten irgendwie zu ihnen herüber zu kommen. Harry bemerkte, dass das Eis auf dem sie standen durch die Hitze schlüpfrich zu werden begann. Ein Riss bildete sich neben seinem linken Bein, der rasch großer wurde. Bald begann Wasser durch den Spalt zu sickern.
„RON SPRING!“, schrie Harry, als ein ganzer Teil der Scholle abbrach. Mit einem gewagten Sprung setzte Harry zu einer anderen Scholle über. Unter seinem Gewicht begann sie zu kippen, bis sie fast senkrecht in der Luft stand. Schnell verlagerte Harry sein Gewicht und warf sich auf den Bauch. Die scharfe Kante des Eises schnitt in seine Handfläche. Mit verzerrtem Gesicht zog er sich hoch und blieb kurz benommen liegen. Einen Moment konnte Harry nicht sagen, ob es die Erschöpfung oder die Nebenschwaden waren, die seinen Blick trübte. Seine Beine versagten ihm im ersten Augenblick den Dienst, doch dann richtete er sich vorsichtig auf. Zum Glück war die Eisscholle neben einem noch intakten Teil der Eisschicht getrieben. Hinter ihm war die Welt nicht nur hinter dem unverändert heftig fallenden Schnee verschwunden, sondern auch hinter einer Wand aus Nebel, in der nur ein winziger goldener Punkt glühte.
„Danke Fawkes!“, murmelte Harry, bevor er mit einem großen Schritt die Scholle verließ. Ron sprang gerade zu ihm herüber und fiel keuchend auf die Knie. Gemeinsam liefen sie mit letzter Kraft in den Schnee hinein, weg von den Todessern und dem See, der dampfte wie eine Thermalquelle. Unter ihren Stiefeln knackte das Eis, als wolle es brechen, hielt ihrem Gewicht aber stand. Hinter ihnen hörten sie noch lange die Schreie der Todesser. Erst als diese verklungen waren fielen Harry und Ron nebeneinander in den Schnee. Harrys Beine brannten vor Anstrengung und seine Brust schmerzte, als würde sie jeden Moment auseinander reißen. Die Welt begann sich vor seinen Augen zu drehen. Stöhnend schloss er die Augen. Die Dunkelheit war wohltuend und erholsam. Bald konnte er die Grenze zwischen wach sein und schlafen nicht mehr auseinander halten. Merkwürdige Bilder zogen vor seinem Auge vorbei. Paläste aus Eis wechselten mit Hügeln, die von frischem jungen Gras überzogen waren, das sich sanft in der Morgenbrise wiegte. Wie lange Harry so dort gelegen hatte, wusste er nicht. Die Kälte holte ihn in die Realität zurück. Es war dunkel geworden, aber es hatte aufgehört zu schneien. Vereinzelt konnte blinzelten Sterne durch Löcher in den Wolken zu ihnen herab. Ron lag wie tot neben ihm, nur seine Brust hob und senkte sich in einem regelmäßigen Rhythmus. Stöhnend zog Harry die steifen Beine an den Körper und streckte seine schmerzenden Arme. Die Bewegung tat weh und er spürte, wie das Leben in seine Glieder zurückkehrte. Mit seinem Körper war auch sein Geist wieder beweglich geworden. Als Harry sich umsah, erkannte er, dass vor ihnen der Gletscher, ein tiefschwarzer Schatten, vor noch dunkleren Bergen, lag. Tief in Schatten gehüllt, ragte er steil in den Himmel. Der Anblick brachte ihn endgültig wieder zurück in das Hier und Jetzt. Sie waren so weit gekommen. Nun würden sie es Zuende bringen. Langsam, um seinem Kreislauf Gelegenheit zu geben sich an die Belastung zu gewöhnen, erhob er sich. Vorsichtig schüttelte Harry den schlafenden Ron, der aber schnell, wenn auch widerwillig erwachte. Selbst in der diffusen Dunkelheit konnte er erkennen, wie bleich sein Freund war.
„Hey, wie geht es dir?“, fragte Harry nachdem Ron sich auf die Knie erhoben hatte.
„Ich bin voll fertig.“, gestand dieser mürrisch, stand aber wackelig auf. „Aber ich will hier nicht bleiben!“ Entschlossen ging er auf den dunklen Gletscher zu. Harry lächelte und schloss zu seinem Freund auf. Der Weg war weiter, als Harry gedacht hatte, aber kontinuierlich rückte ihr Ziel näher. Er fragte sich, was sie nun dort finden würden, falls dort überhaupt etwas war. Sie waren aufgrund einer alten Legende zu diesem Ort gelangt. Harry betete dafür, dass diese Geschichte einen wahren Kern besaß und dieser wahre Kern unter dem Eis begraben auf sie warten würden. Ein Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken. Schritte. Sofort war er neben Ron und zog ihn hinunter auf den Boden. Vielleicht gelang es ihnen am Boden mit den Schatten zu verschmelzen und praktisch unsichtbar zu werden. Dicht an das Eis gepresst lagen die beiden nebeneinander.
„Harry?“, zischte jemand in einiger Entfernung. Sofort hob Harry den Kopf. War es Ginny, die seinen Namen genannt hatte? Vorsichtig versuchte er die Dunkelheit mit seinen Augen zu durchdringen. Gut hundert Meter vor sich erkannte er zwei Gestalten, die über das Eis huschten. Die Schatten waren schlank, keine langen schwarzen Mäntel, die um sie herum flatterten. Freudig stand Harry auf und zog Ron mit sich hoch. Schnell eilte er seinen Freunden entgegen, die stehen geblieben waren und ihnen entgegen sahen.
„Hey!“, flüsterte er lächelnd.
„Oh Harry!“, sagte Ginny erleichtert und fiel ihm um den Hals. Er musste einen Ausfallschritt machen, um nicht umgerissen zu werden. „Ich hatte mir solche Sorgen gemacht.“
„Es ist doch nichts passiert. Fawkes kam uns zur Hilfe.“, erklärte Harry und küsste sie sanft. „Wo sind die anderen?“
„Euch suchen. Wir haben einen Treffpunkt am Gletscher ausgemacht, an dem wir uns bald wieder einfinden sollten.“, antwortete Hermine, die ihre Uhr ins Sternenlicht hielt, um sie lesen zu können.
„Dann los!“, meinte Harry.
Gegen Mitternacht erreichten sie den Gletscher. In Schatten gehüllt und nur an der Oberfläche bläulich leuchtend, an den Stellen, an denen das Eis das Sternenlicht reflektierte, lag er vor ihnen. Tiefe Spalten und Risse taten sich immer wieder unvermindert vor ihnen auf. Mehr als einmal mussten sie wieder umkehren und einen anderen Weg suchen. Gerade, als Harry meinte nicht mehr weiter zu können, erreichten sie den Treffpunkt. In einer kleinen Spalte warteten bereits Joakim und Charlie. Sofort standen sie auf und begrüßten Harry und Ron, die aber zu müde und erschöpft waren, um wirklich zu antworten. Ohne weitere Worte ließ Harry seinen Rucksack von den Schultern gleiten und rollte sich in einer Ecke in eine Decke ein. Noch bevor er sich ganz hingelegt hatte war er bereits eingeschlafen.
Das Licht des neuen Tages enthüllte eine Landschaft, die Harry noch nie zuvor gesehen hatte. Zerklüftet und bläulich schimmernd lag der Gletscher vor ihm. Der Schnee des letzten Tages hatte ihn in ein neues, weißes Kleid gehüllt, dass im Licht schimmerte. Harry folgte mit dem Blick dem Gletscher bis zu seinem Ursprung in den Bergen. Er war gigantisch. In Jahrtausenden hatte er den Fels unter sich zermalmt und sich einen Weg hinab ins Tal gegraben. Tief atmete Harry die kalte, klare Luft ein und schloss wieder zu seinen Freunden auf. Sie waren spät aufgestanden, da jeder von ihnen die Ruhe nach dem kräftezehrenden gestrigen Tag gebraucht hatte. Nach einem deftigen Frühstück hatte sich die kleine Gruppe dann auf den Weg gemacht. Harry hatte einen Blick zurück zum See geworfen, In dessen Eisdecke sich ein Riss in seiner gesamten Breite befand. Sogar am Morgen dampften noch einige Stellten. Er konnte nur erahnen, welche uralten Kräfte Fawkes gestern entfesselt hatte. Das Eis war nicht nur geborsten, sondern wahrhaftig gesprengt worden, als wäre etwas Gigantisches aus den Tiefen des Sees an dessen Oberfläche gebrochen.
„Vorsicht!“, rief Ron, als Hermine, die ihm voran ging, ihren Fuss auf eine Stelle setzte, die sofort zu knirschen begann. Schnell zog sie ihren Stiefel wieder zurück. Keine Sekunde zu früh. Ein leichtes Zittern lief durch den Gletscher, dann brach das Eis vor ihnen ein. Eine breite Spalte öffnete sich. Sie sah aus wie ein riesiges Maul, mit scharfen Eissplittern bewehrt. Frischer Schnee bahnte sich in kleinen Lawinen den Weg hinab in die bläuliche, schattige Kluft.
„Danke.“, meinte Hermine, die mit langem Hals in die Tiefe starrte.
„Wie sollen wir bei diesen ganzen Höhlen die finden, die wir suchen?“, fragte Charlie frustriert.
„Keine Ahnung.“, erwiderte Harry. „Gibt es in der Geschichte keinen Anhaltspunkt, an dem wir anfangen könnten zu suchen?“, fragte er an Joakim gewandt, der mit zusammengekniffenen Augen seinen Blick über den Gletscher gleiten ließ.
„Doch, doch. Sicherlich.“, meinte dieser und blickte zu den Bergen empor, deren Schneebedeckte Kronen in frischem Weiß leuchteten. „Im Schatten des Kadaroks lag der dunkle Hort, heißt es in der Legende. Kadarok ist dieser Berg. In euer Sprache bedeutet er Zinnenfels. Seht euch seinen Gipfel an! Er sieht aus, als wäre er mit Zinnen bestückt.“
Harry hob, wie seine Freunde auch, den Blick. Der Berg, auf den Joakim deutete war der höchste von denen, die dieses Tal umstanden. Wie der Zacken auf dem Rücken einer Bestie sah er aus. Fast dreieckig und sein Gipfel sah in der Tat aus, als wäre er mit Zinnen bewehrt. Die ihnen zugewandte Seite war vom Gletscher blank poliert. Sein mächtiger Schatten verdunkelte einen guten Teil der Eislandschaft um sie herum.
„Wir suchen also schon am richtigen Ort.“, murmelte Harry, der noch gefangen vom Anblick des Berges war. Er sah bedrohlich aus. Sein schwarzer Fels schluckte das Sonnenlicht und nur vereinzelt hatte sich Schnee an seinen Hängen gesammelt.
„Aber was ist, wenn die Höhle nicht längst wieder verschwunden ist. So ein Gletscher bewegt sich und verändert sich ständig. In einem Jahr sieht es hier wieder ganz anders aus!“, sagte Hermine.
Harry nickte, bis etwas seine Aufmerksam erregte. Mitten im dunklen Schatten des Kadarok schwebte ein kleiner Weißer Punkt mitten in der Luft. Verdattert betrachtete er das Phänomen, bis ihm dämmerte, was er dort sah. Ein riesiger Felsen hatte den Jahrhunderten getrotzt und stand wie ein Wellenbrecher im Eis des Gletschers. Er hatte sich immer im Schatten des Berges befunden, so dass er praktisch mit seiner Umgebung verschmolzen war. Nun aber ragte seine Spitze in das Licht das Tages und der Schnee auf seiner Kuppe reflektierte das Licht.
„Seht dort!“, rief Harry lächelnd, während er auf den Felsen deutete. „Ich denke, wir haben gefunden, was wir suchten. Angespornt durch ihren Erfolg und in gespannter Erwartung, was sie dort finden würden, eilten sie dem Berg entgegen. Große Eismassen hatten sich an seinen Flanken empor geschoben, so dass nur seine Spitze nicht von der kalten Last bedeckt war. Sie leuchtete gleißend im Licht. Ein Leuchtfeuer in den düsteren Schatten des Berges.
„Ein Versteck, das eines solchen Wesens würdig ist!“, sprach Joakim beeindruckt, als sie sich langsam näherten. Der Weg wurde immer unwegsamer. Hohe Bruchstücke versperrten ihnen den Weg und sie mussten mühsam über sie klettern. Immer wieder krachte es bedrohlich im inneren des Gletschers. Das Geräusch hallte von den Felswänden des Kadarok tausend mal verstärkt wieder. Am Nachmittag erreichten sie endlich ihr Ziel. Überrascht von der Größe des Felsens blickte Harry zu seiner Spitze empor, die wieder vom Schatten des Kadarok verschlungen worden war.
„Das ist kein guter Ort.“, murmelte Joakim, der damit das aussprach, was sie alle dachten. Etwas dunkles, geheimnisvolles verbarg sich hier, das spürte Harry. Es war wie vor einem Gewitter, wenn sich die Nackenhaare aufstellen, da die Luft mit Elektrizität überströmt ist. Vorsichtig legte er seine Hand an das Schwarze Gestein. Beinahe meinte er ihn atmen zu spüren. Ein tiefes Grollen, das die Grundfesten der Erde erschütterte. Sofort, als hätte er sich verbrannt, riß Harry seine Hand wieder zurück.
„Wir sind gewohnt auf ein gefesseltes Ungeheuer zu blicken, doch hier erblicken wir etwas, das ungeheuerlich und frei ist.“, sprach Joakim leise und betrachtete den schwarzen Felsen.
„Der Ort gefällt mir nicht.“, meinte Charlie, der den Kopf in den Nacken legte, um die Spitze betrachten zu können. Harry bemerkte, wie vorsichtig er auftrat, beinahe so, als wollte er die Ruhe dieses Ortes nicht stören.
„Wo kann denn diese Höhle sein?“, fragte Ginny, die mit ihren Augen fieberhaft die Umgebung absuchte.
„Sie ist hier.“, antwortete Harry. „Irgendwo hier.“
„In den Schatten verborgen, durch Licht geblendet. Von der Erde verschlungen, durch den Himmel befreit.“, sprach Joakim. „So steht es in der Geschichte.“
Harry hielt darin inne den Felsen nach einem verborgenen Eingang abzusuchen, von dem er sicher war ihn nicht zu finden, sondern setzte sich auf einen Eisblock. „Immer nur Rätsel. Warum können sich die Menschen nicht einmal klar ausdrücken, so dass man sie versteht?“, fragte er grinsend und legte den Kopf in den Nacken. Über ihm zogen die Wolken am Himmel dahin. Es sah aus, als würde es bald wieder zu schneien beginnen. Seufzend fuhr er sich mit den Fingern durch das schwarze Haar.
„In den Schatten verborgen.“, murmelte Hermine nachdenklich. „Das ist doch eigentlich klar: Sie befindet sich unter der Erde oder unter dem Eis, dort wo es Schatten gibt. Aber was bedeutet durch Licht geblendet?“
„Vielleicht, dass es die Schatten nur deswegen gibt, da das Licht sie erzeugt.“, schlug Harry vor.
„Ja vielleicht.“, meinte Hermine nachdenklich.
„Ich habs!“, rief Ginny freudig. Alle wandten sich ihr zu. „Schaut mal nach unten!“
Harry wandte seinen Blick nach unten.


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