von Dr. S
Fear No More
Die untergehende Sonne tauchte den Himmel in ein zartes Orange. Mond und Sterne waren schon sichtbar und hatten Scorpius‘ gesamte Aufmerksamkeit, während Albus Potter seiner Lieblingsbeschäftigung nach ging: Tränke brauen. Scorpius‘ Lieblingsfach war es nicht unbedingt, aber er war gut in Zaubertränke und es gab bei Weitem langweiligere Fächer. Trotzdem würde er es nie riskieren in seinem Zimmer zu brauen und damit den Geruch noch Stunden später ertragen zu müssen. Aber wenn Albus das so gefiel, bitte.
„Dein Bruder braucht aber lange…“, murmelte Scorpius, der sich schon vor einer Weile auf die Fensterbank gesetzt hatte und das mit einem eingeschlafenen Bein bezahlte.
„Hm, jaah… Er trödelt eben gerne mal“, gab Albus zurück und gluckste, als sein Trank ein lautes Puffen von sich gab. „Du willst mir immer noch nicht verraten, was du genau von ihm willst?“
Scorpius schüttelte den Blondschopf. „So fies bin ich auch nicht, dass ich das herum tratsche, wenn er es sagen wollte“, sagte er und verwirrte Albus damit so sehr, dass der Hufflepuff kaum merkte, wie ihm die dicke Brille von der Nase rutschte. Gerade soeben konnte er sie davon abhalten in den Trank zu fallen, was Albus dann nur gestört hätte, wenn es sein Experiment – übrigens schon das Fünfte am heutigen Tage – zerstören würde.
„Warum hast du eigentlich immer noch keine Freundin?“, fragte Scorpius. Passenderweise platzte gerade eine große Blase in Albus‘ Trank und ließ Scorpius‘ Jahrgangskollegen perplex blinzeln, während seine Brillengläser beschlugen. Albus nahm sich schnell die Brille ab und putzte sie, wobei er die grünen Augen zu schmalen Schlitzen verengte und Scorpius auszumachen versuchte.
„Freundin?“ Albus setzte sich die Brille wieder auf. „Hab ich noch gar nicht drüber nachgedacht. Das letzte Jahr war so… voll…“, sagte er und deutete voller Stolz auf die Mitgliedsplakette, die er von der „Most Extraordinary Society of Potioneers“ im letzten Jahr erhalten hatte. Für einen Siebzehnjährigen sicher eine große Leistung, auch wenn Scorpius das für unnötigen Schwachsinn hielt. Aber jemanden wie Albus, der eh seine ganze Zeit mit irgendwelchen verschiedenfarbigen Blubberblasen und dem Kleinhacken von Wurzeln zu brachte, sagte es sicher mehr als zu, sich ab und zu mit einem Haufen alter Männer zu treffen und über Tränke zu diskutieren.
„Du hast ja auch keine…“, fügte Albus hinzu.
Scorpius zog den rechten Mundwinkel herunter. „Oder Freund. Ich mach da keinen Unterschied.“
Albus hob den Kopf und legte ihn dann leicht schief. „Oh, na ja… Erstmal brauchst du eins von beidem, oder?“, gluckste er.
Seufzend schüttelte Scorpius den Kopf. Also, das war ja jetzt einfach gewesen und davor hatte James so schrecklich Angst? Zumindest sein Bruder schien damit klarkommen zu können. Gut, aber Albus Potter war manchmal auch ziemlich merkwürdig.
„Nein, warte.“ Albus ließ von seiner Gänseblümchenwurzel ab und musterte Scorpius. „Hast du Interesse an meinem Bruder? Ihr verbringt doch so viel Zeit miteinander, oder?“
„Könnte man so sagen“, seufzte Scorpius und verschränkte die Arme vor der Brust.
Albus grinste breit und wackelte mit den Augenbrauen, während er einen leichten Rotschimmer nicht unterdrücken konnte. „Hast du schon mit ihm geredet? Ich mein, Hoffnungen könntest du dir schon machen. James hatte auch noch keine Freundin. Oder er hat’s mir einfach nicht erzählt“, sagte er schulterzuckend. „Mit mir redet er nie über Mädchen. Könnte daran liegen, dass er sie nicht mag oder dass man mit mir nicht über sowas reden kann. Lily tut’s ja auch nicht…“ Er seufzte. „Oh, aber wenn du Hilfe brauchst…“
Scorpius winkte ab. „Verzichte“, sagte er schnell. Jetzt hatte er schon zu viel gesagt. Bei Albus musste man da aufpassen. Der breitete nur zu gerne sein gesamtes Seelenleben aus, wenn man ihm einen winzigkleinen Grund dafür gab. „Ich würde nur gerne mit ihm reden. Wenn er sich einfach mal nach Hause bequemen würde.“
„Machst du damit nicht was kaputt? Ich mein, wenn James nicht auf Männer steht und ihr doch so gute Freunde seid, dann…“ Albus zuckte erneut mit den Schultern.
„Lass das mal meine Sorge sein“, sagte Scorpius und bereute schon, dass er überhaupt etwas gesagt hatte. Jetzt musste er sich da auch noch drüber unterhalten! Mit Albus Severus Potter!
„Also…“ Albus wurde von einem Klopfen unterbrochen und wandte sich der Tür zu. „Herein?“
„Al, es…“ Harry Potter steckte den Kopf durch den Türspalt und schaute statt seinem Sohn Scorpius an. „Schau mal einer an…“
„Hi, Dad!“, begrüßte Albus seinen Vater, der wohl gerade aus dem Ministerium wiedergekommen war. „Ähm… Besuch!“ Enthusiastisch deutete er auf Scorpius und grinste dabei.
„Mr. Potter.“ Scorpius hob eine Hand und rutschte von der Fensterbank.
„Falsches Zimmer?“, fragte Harry, trat ein um seinem Sohn kurz auf die Schulter zu klopfen und sich anzuschauen, was Albus da fabrizierte. „Das von James ist nebenan.“
Scorpius‘ Mine hellte sich auf. James hatte es seinem Vater gesagt? Na, das war doch schon mal was…
„Scorpius… Ich darf doch Scorpius sagen?“ Harry streckte die Hand aus und wartete geduldig bis Dracos Sohn einschlug.
„Wenn Sie es sich merken können.“ Und keine blöden Witze über den Namen rissen…
„Unglaublich wie ähnlich du deinem Vater siehst…“ Harry legte den Kopf schief und scannte Scorpius‘ Gesicht genauestens. „Verdammt! Ich kann nicht mal den Spruch mit den Augen bringen…“
Scorpius war versucht zurückzuweichen, aber er wollte ja nicht unhöflich erscheinen. „Au-Augen?“
Harry seufzte und drückte Scorpius‘ Hand noch einmal, bevor er losließ. „Du siehst genau aus wie dein Vater, Harry… Nur deine Augen, die hast du von deiner Mutter…“, zitierte er. „Du wirst nicht glauben, wie oft ich das gehört habe. Fast so oft wie: Wenn mein Vater davon erfährt, dann…“ Er fixierte Scorpius und zog die Augenbrauen zusammen. „Damit kommst du aber nicht an, oder?“
„Mit… meinem Vater?“, wollte Scorpius wissen.
Harry schmunzelte. „Mit dem kannst du ruhig ankommen. Ich könnte ihn wieder mit seinem Zauberstab ärgern. Das Ding hab ich immer noch. Eignet sich perfekt dafür, ihn irgendwo hinzulocken, so sehr hängt er wohl daran… Wahrscheinlich sieht er ihn im Spiegel Nerhegeb. Wie dem auch sei. James müsste sicher bald nach Hause kommen. Du bleibst zum Abendessen, oder?“, fragte Harry grinsend und Scorpius nickte. So schlimm, wie sein Vater immer gesagt hatte, war der ja gar nicht, etwas merkwürdig vielleicht. Und jetzt konnte Scorpius James noch weniger verstehen. „Dann lass ich euch mal wieder allein.“ Harry zwinkerte Scorpius kurz zu und rauschte wieder aus dem Zimmer seines Sohnes.
„Häh?“, machte Albus, als die Tür ins Schloss fiel.
„Hättest du was dagegen, wenn dein Bruder sich ganz offiziell als mein Freund outen würde?“, fragte Scorpius grinsend. Das konnte er sich jetzt einfach nicht verkneifen.
Albus zuckte mit einer Schulter. „Ich mag dich, warum also nicht?“ Er zögerte einen Moment und schien sich irgendwie unwohl zu fühlen. „Also, ich mag dich nicht so“, sagte er und wedelte mit einer Hand herum. „Was jetzt nicht heißen soll, dass niemand dich so mögen kann und anscheinend… ist… das ja auch… gar nicht…“
„Ganz ruhig, Albus. Erst denken, dann reden“, schmunzelte Scorpius. „Ich wollte nur mal fragen. Immerhin…“
Er wurde unterbrochen, als die Tür dieses Mal ohne Anfrage aufgestoßen wurde.
„Scorpio!“ Schwer atmend hielt James sich am Türrahmen fest und atmete tief durch. „Oh, Merlin sei Dank, du bist okay…“ Ohne auf seinen Bruder zu achten, trat er schnell ins Zimmer und schloss Scorpius in seine Arme. „Ich hab mir solche Sorgen gemacht… Geht’s dir gut? Wo hast du geschlafen?“, fragte er schnell hintereinander und strich dabei ununterbrochen über Scorpius‘ Blondschopf.
„Bei Ted und Victoire“, sagte Scorpius schmunzelnd und legte James eine Hand auf den Rücken. „Du hast deinem Vater von mir erzählt?“
James schluckte und lehnte sich leicht zurück um Scorpius eindringlich zu mustern, nur um sicherzugehen, das auch alles in Ordnung war. „Na ja… Es war mehr ein… Zufall und richtig darüber gesprochen haben wir auch noch nicht“, gab er zu und sofort wanderte Scorpius‘ Augenbraue nach oben.
„Zufall?“, hakte er nach.
„Ähm, hallo, James!“, machte Albus auf sich aufmerksam. Augenblicklich ließ James seinen Freund los und starrte seinen Bruder an, als hätte er ihn noch nie gesehen. „Ist das hier grad ein Happy End und ich hab die Hälfte verpasst?“
James rollte mit den braun-grünen Augen und winkte ab. „Ist ja auch egal. Dad weiß es jetzt, mit meinen Großeltern hab ich auch mehr oder weniger erfolgreich gesprochen und Mum stecken wir das gleich, außer Dad hat’s ihr schon gesagt“, ignorierte er Albus einfach und widmete sich voll und ganz Scorpius der ihm jetzt zufrieden den Rücken tätschelte.
„Und? War das jetzt so schlimm?“, wollte der Slytherin wissen.
„Hm…“, seufzte James. „Ich glaub, meine Großmutter ignoriert es einfach und bei Großvater musst du dich um einen guten Eindruck bemühen, damit er vergisst, dass du Malfoy heißt.“
„Ich bemühe mich sicher nicht um einen guten Eindruck. Entweder kommt das von allein, oder eben nicht“, schmollte Scorpius. „Deine Mutter mag mich wohl genauso wenig, wie dein Onkel…“
James wandte sich Albus zu. „Du meckerst aber nicht an meinem Freund rum, oder?“, wollte er wissen und nickte zufrieden, als Albus vehement den Kopf schüttelte. „Ich denk mal, der Rest wird sich da schon dran gewöhnen. Wenn nicht, dann… werd ich erst wieder so ein Drama veranstalten und…“
„Darauf warten, dass ich zurück gekrochen komme“, seufzte Scorpius und schüttelte grinsend den Kopf.
„Oh, hey James!“ Harry war noch einmal hochgekommen und begrüßte kurz seinen Sohn, bevor er Scorpius anschaute. „Dein Vater ist hier und würde gerne mit dir sprechen. Heute ist hier aber was los…“
Scorpius‘ Grinsen war genauso schnell weg, wie es aufgetaucht war und er wurde schrecklich blass. Was machte sein Vater denn hier? Er warf einen hilfesuchenden Blick zu James, der nicht gerade begeistert aussah, aber nickte, bevor Scorpius überhaupt gefragt hatte, ob sein Freund ihn mit runter begleiten würde.
Draco Malfoy hatte sich mehr oder weniger freiwillig im Wohnzimmer auf der weißen Couch niedergelassen und betrachtete Ginny Potter im Sessel gegenüber genauso missbilligend wie ihre Umgebung. Als sein Sohn endlich eintrat richtete Draco sich abrupt auf und reckte das Kinn um den Slytherin von oben anzusehen. Einen Schritt hinter Scorpius musste natürlich der grässliche Gryffindor stehen und die Hand seines Freundes fest in seiner halten.
„Vater“, grüßte Scorpius und achtete dabei gar nicht auf Mrs. Potter, die wohl kurz davor war, sich ungläubig die Augen zu reiben, als sie ihren Sohn an der Hand von Malfoys Sohn sah.
Draco nickte knapp. „Können wir dann gehen, Scorpius?“, stellte er wie immer eine rein rhetorische Frage und trat dabei einen Schritt auf seinen Sohn zu.
„Ach, bleibt doch noch zum Essen“, schlug Harry vor, als er mit Albus die Treppe runterkam. Draco fühlte sich sichtlich unwohl und verzog die Mundwinkel. „Ginny-Schatz, du hast doch genug für zwei Gäste, oder?“, fragte Harry breiter grinsend, als erlaubt sein sollte.
„Ich denke nicht, dass das von Nöten sein wird“, presste Draco hervor, wandte sich James zu und schien kurz davor, sich zu übergeben. So merkte er auch gar nicht, wie Harry ihn plötzlich an der Schulter fasste und in sein Wohnzimmer zurückschob um ihn wieder aufs Sofa zu drücken.
„Ähm, was ist hier eigentlich los?“, wollte Ginny wissen, warf Draco einen nicht minder pikierten Blick zu und bedeutete ihrem Ehemann dann zu sprechen.
„Du hast James‘ Freund doch rein gelassen…“, wunderte Harry sich darüber, dass Ginny noch gar nichts bemerkt hatte und setzte sich etwas weiter weg von Draco aufs Sofa.
„Wen?“ Ginny legte den Kopf schief, jetzt ohne Lockenwickler im roten Haar, das in hübschen Wellen auf die… breiteren Schultern fiel. Scorpius drehte den Kopf langsam zu James, der gar nicht auf seine Eltern achtete, sondern ganz verträumt mit dem weißblonden Haar seines Freundes spielte. Etwas empört wischte Scorpius die Hand aus seinem Nacken und bedeutete James gefälligst zu zuhören.
„Na, Malfoy“, sagte Harry und glaubte Ginnys Mund noch nie so weit offen gesehen zu haben.
Ihre braunen Augen fixierten Draco. „Ist der nicht verheiratet?“, quetschte sie hervor und Draco merkte erst jetzt, dass sie dachte…
„Hast du sie noch alle, Weaslette? Als ob ich minderjährige Potters verführen würde!“, regte er sich auf, leicht rosa um die Nase. Harry gluckste darüber nur, bedeutete Albus, der etwas verloren im Flur stand hereinzukommen und rutschte näher an Draco, damit sein Sohn sich setzen konnte. Dracos Augen weiteten sich noch ein Stückchen mehr, als er so von den Potters eingezwängt wurde.
Ginny blinzelte fast hörbar, schaute jetzt von Albus zu Draco, wollte den Mund aufmachen, aber Harry winkte vorsichtig ab, bevor er mit dem Kinn auf den Türrahmen deutete, wo James wiederum auf Scorpius zeigte, der sich noch einmal an einem höflichen Lächeln versuchte. Eine Hand presste Ginny sich auf den Mund, das Gesicht auf einmal sehr rot. „Ach, so! Der Malfoy!“
„Das reicht“, presste Draco hervor, versuchte aufzustehen, aber das Sofa war etwas zu klein für drei Personen, dementsprechend aussichtslos war dieses Unterfangen, solange Harry nicht vorhatte etwas Platz zu machen. „Da ist doch viel zu viel Weasley in deinem Sohn! Der ist doch bescheuerter als Goyles Tochter!“
Wütend wurde Ginny noch röter, als sie die Luft anhielt und James gab ein empörtes „Ey!“ von sich, hätte sich wahrscheinlich auf Scorpius‘ Vater gestürzt, wenn der nicht gerade auf der Couch saß, die seiner Mutter so wichtig war.
„Ähm, soll ich die dann heiraten?“, meldete Scorpius sich zu Wort.
Ruckartig drehte Draco den Kopf und verzog die Mundwinkel. „Merlin, nein! Ich mag Goyle nicht mehr“, ließ er eingeschnappt verlauten.
„Dann wäre mein Sohn doch perfekt“, murmelte Harry aus dem Mundwinkel.
Wieder drehte Draco den Kopf, jetzt zu Harry. „Dich mag ich auch nicht!“
„Ich mag dich“, sagte Harry unschuldig.
„Tust du nicht.“ Eingeschnappt verschränkte Draco die Arme vor der Brust.
„Gut, aber ich mag’s dich…“
„Potter! Halt die Klappe und gib mir meinen Sohn wieder“, fauchte Draco. „Wenn mein Vater das erfährt!“ Seine Stimme klang genauso quietschig wie damals in der vierten Klasse, als Barty Crouch alias Mad-Eye Moody ihn in ein Frettchen verwandelt hatte. Am Ende hatte er sogar dasselbe gesagt…
„Bitte?“, mischte Scorpius sich nochmal ein. James hatte er an einem Arm gefasst, damit der nicht auf Draco losging.
„Ach, du weißt doch gar nicht wovon du redest, Scorpius“, maulte Draco. „Komm wieder nach Hause und… heirate deine Cousine.“ Jetzt würgte Harry. „Das ist ganz normal, Harry. Hör auf wie ein Muggel zu denken.“
„Hör auf so peinlich zu sein“, gab Harry sofort zurück. „Das wäre ja widerwärtig, wenn James seine Cousine heiraten würde.“
„Auswahl hat er da ja genug.“ Draco verzog die Mundwinkel und schüttelte leicht den Kopf. Mit den Nerven schien er einfach am Ende zu sein.
„Äh… Wenn, dann Cousin, ja?“, warf James ein, bekam einen Schlag zwischen die Rippen von Scorpius und durfte aus den Augenwinkeln beobachten, wie Ginny geschockt den Kopf gegen die Sessellehne lehnte.
Draco atmete tief durch, versuchte noch einmal unauffällig aufzustehen und scheiterte kläglich. „Scorpius, komm doch einfach wieder nach Hause. Wenn deine Mutter merkt, dass das nur Kissen in deinem Bett sind, dann…“
„Du hast meine Abwesenheit mit Kissen getarnt?“, fragte Scorpius geschockt. James fand, dass das gar nicht so eine schlechte Idee war, aber das würde er sicher nicht zugeben, obwohl… damit könnte er sich ja einschleimen…
„Einfallsreich war er noch nie“, seufzte Harry, klopfte Draco aufs Knie und bekam einen angewiderten Blick zusehen. „Was? Stimmt doch.“ Harry wandte sich an Scorpius. „Ich kann dir da Sachen erzählen… Hat 1500 Galleonen für so eine Halskette…“
„Genug!“, fuhr Draco dazwischen. „Scorpius, wir gehen. Sofort. Und dann… kriegst du Hausarrest.“
„Jetzt kommen Sie aber mal wieder runter!“, blaffte James, was Scorpius leicht zusammen schrumpfen ließ. „Sie können ihm doch keinen Hausarrest geben, wenn er gar nicht zu Hause wohnt!“
„Wo er recht hat, hat er recht…“, murmelte Harry. „Selbst wenn, wofür denn bitte?“
„Für Pottermanie?“, antwortete Draco. Harry gluckste, James verzog ärgerlich die Mundwinkel und Albus musterte Draco weiter verschüchtert aus den Augenwinkeln.
„Beschränkt sich das jetzt allgemein auf Potters oder nur den männlichen Teil?“, wollte Scorpius wissen und dafür bekam er jetzt einen unsicheren Blick von James geschenkt, den er mit einem Augenrollen abtat.
„Gibt es hier ein Mädchen?“ Draco hob eine Augenbraue, wurde von Harry gegen den Oberarm geboxt und starrte ihn geschockt an. „Was sollte das denn?“
„Du kannst meine Tochter doch nicht wirklich nie bemerkt haben“, hauchte Harry empört.
Draco zuckte mit den Schultern. „Wann reden wir über deine Familie?“
„Wir reden ständig über deine Familie“, meinte Harry schulterzuckend.
„Weil meine interessant ist“, gab Draco zurück.
„Ey, meine ist besser als diese Sitcoms. Aber du hast Probleme auf dem Laufenden zu bleiben…“ Harry fuhr sich durch die Haare. „Mir graust es davor beim nächsten Familientreffen wieder irgendeinen vergessen zu haben.“ Merkwürdigerweise traf es öfter mal Percy…
„Und genau da will ich nicht hin.“ Draco kniff die Augen einen Moment zusammen und die Vorstellung, dass er auf einer Gartenbank hinterm Fuchsbau saß und Würstchen mit Kartoffelsalat in sich hineinstopfen musste, weil Scorpius James Potter anstarrte, als wäre er sowas Ähnliches wie verliebt, verursachte eine mehr als unangenehme Gänsehaut bei ihm. Das Schütteln konnte er nur schwer unterdrücken.
„Apropos…“ Ginny massierte sich die Schläfe und stand ächzend auf. „Ich denke, ich mache erst einmal Essen, denke dabei über… das hier nach und… Oh, Lily sittet Lorcan und Lysander. Wahrscheinlich kommt sie… später. Ich… mache Essen.“
„Mach das, Ginny-Schatz.“ Harry winkte seiner Frau, die James und Scorpius spaltete, als sie sich zwischen ihnen hindurch schob, sich mit einer Hand Luft zu fächerte und in der Küche verschwand. Augenblicklich rückte James wieder näher an Scorpius, griff dessen Hand und lächelte ihn verträumt an, worauf Scorpius leicht errötete.
„Mach das, Ginny-Schatz“, äffte Draco Harry nach, bekam dafür ein Augenrollen zusehen und versuchte noch einmal aufzustehen. „Wir gehen, Scorpius.“
„Ich denke, ihr bleibt zum Essen“, meinte Harry und grinste.
James zog Scorpius ins Wohnzimmer, setzte sich in den jetzt freien Sessel und ließ Scorpius auf seinem Schoß sitzen, was Draco zur Seite schauen ließ, wo er genau in ein Paar extrem großer, grüner Kulleraugen blickte. Albus schaute puterrot wieder weg und Draco fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht.
„Okay, okay…“ Er fixierte James, der stur zurückstarrte. „Potter.“
„Ja?“, kam es von James eher griesgrämig und von Harry sehr enthusiastisch.
Draco ignorierte Harry einfach. „Du… spielst also Quidditch?“
Langsam nickte James. „Jäger bei den Caerphilly Catapults.“ Er drückte die Wange gegen Scorpius‘ Oberarm. „Die sind hier gleich in der Nähe.“
„Mhm…“ Damit schien Dracos Interesse auch schon wieder ziemlich verflogen zu sein oder ihm fiel einfach nichts ein.
„Jaah…“, sagte James gedehnt.
„Verdient man da gut?“, fragte Draco nach einer Weile.
James zuckte mit den Schultern. „Noch hat die Saison nicht angefangen, aber wenn ich aufgestellt werde, dann bestimmt mehr. Bonusse gibt es natürlich auch.“
„Boni“, wisperte Scorpius ihm zu.
„Boni gibt es natürlich auch“, korrigierte James sich und tat so, als hätte er das andere nie gesagt und würde diese Variante nicht für total bescheuert halten. Boni, was sollte das denn sein?
„Sehr unsicher“, murmelte Draco.
„Nicht, wenn man gut ist“, gab James zurück.
„Scorpius, du denkst, es ist richtig, was du tust?“, seufzte Draco schließlich und schaute seinen Sohn direkt an. Der nickte sofort und Draco seufzte erneut. „Nächsten Sonntag um vier. Da erwarten wir dich zum Tee und dir wird die große Ehre zu Teil Scorpius‘ Mutter und Großeltern kennen zu lernen, James.“ Draco grinste jetzt fies.
James verzog die Mundwinkel und hätte es sehr passend gefunden, wenn Scorpius‘ Vater in ein diabolisches Lachen mit Gewitter im Hintergrund verfallen wäre, während sein eigener Vater seine Schadenfreude wohl ebenfalls kaum unterdrücken konnte.
„Es ist mir eine Freude, Sir…“, presste James hervor und lächelte schief. Das genervte Stöhnen dämpfte er, indem er das Gesicht an Scorpius‘ Rücken drückte, was er aber nicht lange tun konnte, weil Scorpius ihn glücklich lächelnd umarmte.
Draco verzog die Mundwinkel und hielt sich eine Hand vor die Augen. Wie Scorpius die Wange an James‘ Schulter presste, die Beine viel zu eng ineinander verschlungen und Potters Hände viel zu weit unten, das wollte wohl kein Vater sehen. Weshalb Harry dem Ruf seiner Frau auch sofort folgte und in die Küche verschwand. Albus nutzte das um etwas aufzurücken und Draco wieder aus den grünen Kulleraugen anzuschauen, aber keinen Mucks zu sagen. Draco hob die Augenbrauen und wagte für den Bruchteil einer Sekunde noch einen Blick zu seinem Sohn. Was machten sie hier eigentlich noch? Er würde hier sicher nicht zum Essen bleiben!
„Ist es wahr, dass Sie einen Wolfsbanntrank brauen können?“, fragte Albus plötzlich.
Draco nickte. „Als ich jung war, da hatten wir Werwölfe im Haus. Wenn ich den nicht gekonnt hätte, wäre das fatal gewesen.“ Die grünen Augen wurden noch größer und die Brille rutschte fast automatisch von Albus‘ Nase. „Severus Snape hat ihn mir beigebracht.“
„Nach dem bin ich benannt!“, freute Albus sich.
„Was… ich immer noch nicht verstehe…“, murmelte Draco.
„Ich mag meinen Namen. Er ist etwas Besonderes“, meinte Albus und grinste.
Draco mochte den Namen nicht. Vor allem nicht gepaart mit diesen grünen Augen. Das erinnerte ihn zu sehr an den einen Abend auf dem Astronomieturm, wo Albus von Severus… und das alles wegen ihm. Dracos Blick fiel zurück auf seinen Sohn, sicher gehalten in den Armen von James Potter und er befand, dass das nicht der Weltuntergang war. Vielleicht würde er den Jungen sogar mögen, sollte er Scorpius nicht irgendwann das Genick brechen. Die Chancen dafür standen leider sehr schlecht…
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