von Dr. S
You’re Welcome
Er hasste dieses Haus. Scorpius stellte den viel zu schweren Schrankkoffer ab und drehte den Kopf über die Schulter. Im Treppenhaus saß sie wieder: die weiße Katze. Fett und mit flauschigem, weichem Fell. Die gelben Augen groß und direkt auf Scorpius gerichtet, der der Katze dafür am liebsten in den Hintern getreten hätte. Er war nicht besonders tierlieb und dieses Exemplar nervte ihn besonders. Viel zu sehr erinnerte sie ihn an die Perserkatze seines Vaters, die ihm früher das Leben zur Hölle gemacht hatte…
Das verdammte Glöckchenhalsband bimmelte bei jeder kleinen Bewegung und trieb den jungen Malfoy an den Rand des Wahnsinns. Egal wohin er einen Schritt tat, die Katze verfolgte ihn immer mit ihren unheimlichen Augen, drehte dabei den Kopf ganz leicht, was das Glöckchen läuten ließ, bewegte sich aber sonst nicht vom Fleck.
Scorpius knurrte und ballte die Hände zu Fäusten, als das die verdammte Katze nicht mal interessierte. Kopfschüttelnd drehte er sich der Tür zu und drückte auf die Klingel mit der Aufschrift: Lupin. Es dauerte natürlich ewig, bis Ted sich hochbequemte, immerhin war es schon verdammt spät und Scorpius mehr als unangenehm, um diese Uhrzeit bei seinem Cousin und seiner Frau zu stören.
Nach dem Krieg hatten sich Scorpius‘ Großmutter und die von Teddy wieder langsam angenähert und der Kontakt der beiden Schwestern war nach einiger Zeit wieder wie man sich das eben so vorstellte. Scorpius‘ Vater hatte zwar nicht so ein enges Verhältnis zu Teddy, aber zu Großtante Andromeda und die hatte Scorpius auch sehr gern. Leider war die gerade mit ihrer Schwester auf eine Art Kreuzfahrt gegangen und sonst fiel Scorpius niemand ein, wo er hätte hingehen können.
Ziemlich verschlafen öffnete Teddy die Tür und wischte sich das schwarze Haar mit den extrem knalligen türkisfarbenen Strähnen aus der Stirn. Sich mit den Händen über die Augen reibend musterte er Scorpius und grinste dann breit, als er seinen Lieblingsmalfoy erkannte.
„Score! Was ne Überraschung.“, begrüßte er Scorpius mit noch stark belegter Stimme und drückte den Siebzehnjährigen an sich. „Is’n bisschen spät, nicht?“
„Entschuldige, Ted.“ Scorpius klopfte seinem Cousin aufs Schulterblatt, damit der ihn losließ. Ganz so auf Männer fixiert wie James war er nämlich nicht, dass er Teddy nur im Pyjama begrabschen würde. Ja, da war er eben irgendwie penibel. Menschen im Pyjama waren eben… Menschen im Pyjama. Die hatten da absolut nichts drunter und das merkte man auch deutlich.
„Macht nichts. Aber Vicky schlummert schon.“ Mit einer Kopfbewegung bedeutete Teddy Scorpius hereinzukommen und lehnte sich noch kurz mit erhobenen Augenbrauen vor um die Katze anzustarren. „Krass…“, murmelte er und schloss die Tür hinter sich. „So.“ Er deutete auf Scorpius’ Koffer und legte den Kopf schief. „Hat Dracxs dich rausgeworfen?“, wollte er wohl einen Witz machen, was Scorpius aber genauso wenig amüsierte, wie Draco Malfoy der Spitzname ‚Dracxs‘.
„Ja“, presste er hervor und schon wieder hob Teddy die Augenbrauen.
„Ay…“ Er fuhr sich durch die Haare und legte Scorpius einen Arm um die Schulter. „Komm erst einmal richtig rein. Magste was trinken?“
„Bitte.“ Scorpius folgte Teddy in die kleine Küche und setzte sich an den Kaffeetisch um dann stur aus dem Fenster zu starren. In der Londoner-Seitenstraße war nicht mehr viel los und nur ab und zu rauschte ein Auto vorbei. Sein Vater war hier noch nie gewesen. Zwar war seine Einstellung Muggelzeug gegenüber wenigstens anders als die von Scorpius‘ Großvater, aber es hatte Scorpius schon seine ganzen Überredungskünste gekostet, seinen Vater davon zu überzeugen, das er gerne Muggelkunde belegen würde.
Na ja, hier kam er wohl einfach nicht her, weil es ihm draußen zu schmutzig war. Er hatte nichts dagegen, wenn Teddy mit seiner Frau nach Malfoy Manor kommen würde. Was der wiederum auch nicht gerne tat. Dem war es da nämlich zu versnobt. Folgerichtig trafen sich Teddy und Dracxs nur bei Großtante Dromeda. Und das reichte beiden vollkommen.
„Einen O-Saft, der Herr“, sagte Teddy und stellte dem ziemlich fertig aussehenden Jungen ein Glas hin, was der jetzt aber nur anstarrte. „Und was treibt dich dann ausgerechnet zu mir?“ Teddy setzte sich dem Blonden gegenüber und stützte die Ellenbogen auf dem kleinen Tisch auf.
Scorpius schnaubte und trank jetzt demonstrativ seinen Saft zu drei Vierteln aus, bevor er aus dem Fenster starrte. „James ist der feigeste Gryffindor, den ich je gekannt habe“, grummelte er.
„Ah…“ Teddy seufzte und rieb sich noch einmal den Schlaf aus den Augen. „Na ja, so viele Gryffindors kennst du ja nicht, also…“
„Was soll’s da Schlimmeres geben?“, schnaubte Scorpius. „Verräterisches Arschloch, das ist er. Die ganze Zeit nervt er mich damit, dass ich es Vater erzählen soll und dann mach ich das, aber er traut sich plötzlich nicht mehr! Was soll denn der Mist?“
„Hast ihn vielleicht ein kleines bisschen überrumpelt. Du kennst ihn doch“, meinte Teddy beschwichtigend. Das war schon eine gute Weile her, dass James ihm erzählt hatte, dass er ein gewisses Interesse an Scorpius Malfoy hatte. Teddy hatte das absolut nicht gestört, im Gegensatz zu einem deprimierten James, weil seine Annäherungsversuche nie so gelaufen waren, wie er sich das vorgestellt hatte.
„Oh, ja!“ Der Sarkasmus tropfte aus Scorpius‘ Stimme, wie Honig von einem Messer. „James Potter ist überhaupt nicht spontan! Wie konnte ich das nur vergessen…“ Scorpius rollte mit den grauen Augen und verzog die Mundwinkel. „Er hat’s vorgeschlagen. Er hat gesagt, wir machen das gleichzeitig, dann und dann.“
„Und Dracxs hat dich einfach rausgeworfen?“, wollte Teddy nicht weiter auf die James-Sache eingehen. Das war wohl zu emotional und er wollte nichts Falsches sagen, das später zu Missverständnissen führen könnte.
„Er meinte, ich könnte gerne meine Sachen nehmen und gehen, bevor er sie von den Hauselfen aus dem Fenster werfen lässt“, murmelte Scorpius und senkte den Blick. In etwa war das der genaue Wortlaut und in seinem Kopf saß sein Vater immer noch mit dem Rücken zu ihm am Schreibtisch und hatte nicht einmal den Kopf gehoben, als er das gesagt hatte. Als ob sein einziger Sohn ihm plötzlich nichts mehr bedeuten würde…
So in etwa stellte Teddy sich das auch vor. Draco Malfoy brauchte wohl einfach eine Weile, um richtig zu verstehen, dass sein Sohn ausgerechnet Gefühle für Potters Sohn hatte, und musste sich dann seine Gedanken machen, ohne dass Scorpius um ihn herum scharwenzelte. Im Grunde war Draco ja kein schlechter Mensch, aber den Hang zu falschen Entscheidungen hatte er wirklich. Das Gute war, dass er das irgendwann selbst merkte und dann sicher das Richtige tun würde.
„Dann bleibst du erst einmal hier“, sagte Ted und rappelte sich gähnend auf. „Wenn’s dir nichts ausmacht im zukünftigen Kinderzimmer zu schlafen…“
Scorpius schüttelte den Blondschopf und trank seinen Saft noch aus, bevor er aufstand. „Danke.“
„Keine Ursache“, antwortete Teddy und ging voraus in das kleine Zimmer, das sie neulich erst für ihr erstes Kind eingerichtet hatten. Gleich gegenüber der Küche und von der Straße weg. Wäre ja sonst zu laut.
Scorpius folgte seinem Cousin und sammelte unterwegs seinen Koffer ein. „Wie geht’s Victoire denn?“, wollte er wissen, während Ted ihm ein nicht sehr gemütlich aussehendes Feldbett bereitstellte.
„Och, sie wird schon dicker“, gluckste Teddy. „Aber sag ihr nicht, dass ich das gesagt hab. Das könnte sie weinen lassen. Ich glaube, das liegt an den Hormonen. Oder ist das ein bisschen schnell? Na ja, keine Ahnung, aber alles in Ordnung.“ Teddy nickte Scorpius zu und klopfte ihm im Vorbeigehen auf die Schulter. „Schlaf gut. Morgen sieht’s schon anders aus.“
„Ja, hell wahrscheinlich“, gab Scorpius zurück und ließ sich auf das Bett fallen. Die Tür wurde mit einem letzten „Gute Nacht“ geschlossen und Scorpius ließ im Dunkeln den Kopf hängen. Er hatte sich das ganz anders vorgestellt. Wenn er jetzt schon nicht bei James sein konnte, dann wenigstens auf der Couch der Potters.
Scorpius konnte einfach nicht glauben, das Harry Potter seinem Sohn das Gefühl geben konnte, er könne ihm nichts anvertrauen. Oder lag das an James‘ Mutter? Das konnte er sich eher vorstellen. Die Weasleys waren einfach eine bessere Zielscheibe für seinen Hass, als James. Den wollte er irgendwie immer noch nicht hassen, auch wenn er verdammt wütend war und das den Gryffindor auch spüren lassen würde, falls der sich hier mal blicken ließ.
Was er hoffentlich tun würde…
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