von Dr. S
„Du stehst auf meinem Fuß, Harry!“
„Tschuldige…“
„Wo ist meine Ratte?“
„Bei Malfoy!“
„Seid doch mal still, ich hör gar nichts…“
Belustigt beobachtete Draco wie sich das Heldentrio auf seine neueste Aufgabe stürzte: an der Küchentür lauschen, was Lupin veranlasst hatte, hier so plötzlich aufzutauchen. Draco schob es auf den, wie sein Vater immer behauptete, Fluch. Jedes Jahr ein neuer Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Browny auf seiner Schulter quietschte aufgeregt. Dämliche Ratte…
Dieses Mäuschen-Spiel brachten die drei schon eine gute Stunde. Draco streichelte Weasleys Ratte und beobachtete vom Treppenabsatz das Theater, welches Black und der lüsterne Ex-Professor bestimmt schon längst mitbekommen haben. Allerdings ließ Black sich davon nichts anmerken, als er aus der Küche kam und prompt Potter und Ronald umwarf, den Hamster geradeso eben auffangen konnte.
„Hoppla! So…“ Blacks Grinsen dem Hamster gegenüber ließ Draco mit den Augen rollen und er versuchte sich auf das Gehaspel der beiden Jungs zu konzentrieren, die versuchten sich zu rechtfertigen. „Remus ist ein bisschen fertig mit den Nerven. Fragt ihn morgen ruhig, aber jetzt ab ins Bett mit euch.“
„Aber…“
„Ich weiß, es ist interessant, ich weiß, ihr wollt es jetzt wissen, aber nehmt etwas Rücksicht auf Remus. Außerdem ist es spät“, wiederholte Black sich indirekt nur.
„Professor Lupin bleibt hier?“, fragte Potter mit großen Augen, biss sich gespannt auf die Unterlippe.
Black nickte. „Ich setz meinen Freund doch nicht vor die Tür.“ Damit schob er alle drei die Treppe hoch. Draco rückte zur Seite, erschauderte, als Blacks Bein seine Schulter streifte und richtete sich ächzend auf. Browny krabbelte auf seine Schulter, als er sich streckte, blieb auch dort sitzen, als er kurzerhand in die Küche marschierte, wo der ehemalige Professor am Tisch saß und den Kopf hängen ließ. Es dauerte eine geraume Weile, bis er bemerkt wurde und prompt setzte Lupin sein lüsternes Lächeln auf.
„Draco, du hier?“
„Sie hier?“ Mit gehobenen Augenbrauen musterte Draco den kränklichen Mann. Wahrscheinlich war aufgeflogen, dass der ständig seine Schüler angebaggert hatte.
„Mhm…“ Lupin drehte seine Teetasse zwischen den Fingern. Mehr als mitleiderregend sah er schon aus, aber Draco interessierte das jetzt nicht wirklich. Der würde noch genug Beileid zugesprochen bekommen.
„Narzissa hat mich gezwungen meinen Cousin zu besuchen“, meinte Draco. „Vater findet genauso wenig Gefallen daran, dass ich hier bin, wie ich.“
Lupin seufzte. „Lass das nicht Sirius hören. Er hat dich sehr gern.“
Draco unterdrückte ein Schütteln. Der widerliche Bastard von Black konnte sich seine Zuneigung sonst wohin stecken, aber nicht in die Nähe von Draco.
„Du kannst ihn immer noch nicht leiden?“ Anscheinend wollte Lupin ein bisschen Ablenkung von seinem Job-Trauma.
„Er redet zu viel“, antwortete Draco, lehnte sich gegen den Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust. Schüttete Lupin da gerade Alkohol in seinen Tee? Mist, der würde in ein paar Minuten völlig besoffen sein und sich des Nachts zu Draco ins Bett schleichen… Plötzlich war Draco froh, dass er bei Potter im Zimmer schlafen musste.
„Gleich und gleich gesellt sich gern, soweit ich weiß“, gab Lupin lächelnd zurück.
„Was soll das heißen? Ich rede nicht viel…“, behauptete Draco. „Mit Black erst Recht nicht…“
„Vielleicht solltest du da noch einmal drüber nachdenken. Sirius ist ein guter Freund. Du musst nur die Augen aufmachen, dann merkst du schon, dass er dich ganz anders als zum Beispiel Harry behandelt“, sagte Lupin weiter lächelnd. „Ich denke nicht, dass er bei dir viel auf dein Alter gibt… Ob das gut ist, ist eine ganz andere Sache.“
Dracos rechter Mundwinkel hob sich ganz leicht an. Mmh, das musste er ausnutzen.
„An deiner Stelle würde ich ihn aber gar nicht erst auf die Idee bringen darüber nachzudenken.“
Mist, verdammter…
„Möchtest du eine heiße Schokolade?“
Draco schüttelte verwirrt den Kopf. Wann hatte Professor… Ex-Professor Lupin ihm einen Kakao gemacht? „Jaah…“ Draco setzte sich gegenüber hin und musterte die Tasse. „Was ist das?“, fragte er, als er daran geschnuppert hatte.
„Oh, ein Geheimrezept meiner Großmutter“, sagte Lupin lächelnd. „Ich bin mir sicher, dass ich alles richtig gemacht habe. Schlimmer als mein letzter Schrumpftrank kann es nicht geworden sein.“
Draco zog misstrauisch die Augenbrauen zusammen. Sehr motivierende Äußerung, aber der Kerl schaute ihn so erwartungsvoll aus den matten, blauen Augen an, da bekam jetzt sogar Draco etwas Mitleid. Also trank er schnell einen Schluck und ehrlich gesagt, schmeckte es gar nicht so schlecht. Irgendwoher kannte er den Geschmack auch. Draco leckte sich über die Lippen.
„Sind das deine Briefe?“, fragte Lupin und deutete auf die Pinnwand Blacks. Draco nickte. „Du schreibst nicht gerne, oder nur nicht an Sirius?“
„Ist das wichtig?“
„Hm…“ Lupin zuckte leicht mit den Schultern. Draco trank noch einen Schluck. „Harrys Zeugnis hängt dort am Kühlschrank… Sirius scheint richtig stolz zu sein.“
„Mhm…“ Aber ob man darauf stolz sein konnte?
„Wie machen das deine Eltern?“, wollte Lupin – war das Lächeln festgetackert? – wissen.
Draco genehmigte sich noch einen großen Schluck. „Zeugnisse kommen zu den Schuldokumenten. Ablage 24. Da hab ich ein eigenes Fach.“
„Oh…“, machte Lupin.
„Vater war sehr stolz auf mein Zeugnis, aber er kann es nicht so richtig zeigen. Er meint, es war eine gute Idee Wahrsagen und Magische Geschöpfe gegen Arithmantik und Alte Runen zu tauschen. Die Hausaufgaben sind in etwa doppelt so lang, aber im Grunde ist es nur Schreibarbeit. Man darf sich nicht darauf fixieren, dass es so kompliziert ist. Einfach machen, nicht denken.“ Draco schlürfte den letzten Rest seines Kakaos. „‘S ist nur noch so ’n Bisschen, dann hab ich Granger eingeholt. Sie is‘ gar nich‘ so gut. Alles, was sie tut, is‘ auswendig lernen. Ich mein, Sie seh’n doch wie sie ihre Ferien verbringt. Die Zähne haut sie immer in die armen Bücher. Vater würde mir dafür eins mit seinem Stock überzieh’n. Das erhöht übrigens das Denkvermögen. Daran sieht man, wie oft er das schon bei mir gemacht hat.“ Draco entfuhr ein Hicksen. „Tschuldigung…“
Lupin schloss in einer verständnisvollen Geste die Augen. „Ist –“
„Moony… Hast du Draco betrunken gemacht?“ Black betrat gerade wieder die Küche und griff sich Dracos Tasse wo er dran schnupperte. „Moony!“ Geschockt starrte er seinen alten Freund an, der jetzt an seinem Getränk roch.
„Oh…“ Lupin schluckte unauffällig. „Die hab ich wohl verwechselt… Entschuldige, ich bin noch etwas durch den Wind.“
„Verständlich…“ Black seufzte und ließ sich neben Draco fallen. „Und jetzt? Was macht man mit betrunkenen Jugendlichen?“
„Sie nicht in die Nähe von Tischen lassen“, sagte Lupin. Anscheinend ein Insider, denn Black fing zu lachen an. „Entschuldige, Tatze. Bringt Narzissa dich jetzt um?“
„Lucius. Wenn er zufällig hereinschneien würde…“ Black fasste Draco am Kinn und musterte das gerötete Gesicht. Zur Abwechslung stand dieses Mal nicht pure Aversion in den grauen Augen geschrieben, aber durch den matten Glanz konnte man auch sonst keine Emotion erkennen. „Geht wohl noch. Ich bring ihn ins Bett und tue mir morgen das Gemecker über seine Kopfschmerzen an.“
„Tut mir wirklich Leid, Sirius.“
„Waah!“ Draco quiekte auf, als Black ihn kurzerhand über seine Schulter schwang und so ins Bett brachte.
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