von käfer
Vorab: Wenn man nach dem Renovieren nur nicht so viel zu putzen und zu räumen hätte...
Das letzte Kapitel ist schon ein Weilchen alt, aber ich sehe Licht am Horizont und gelobe Besserung!
Vielen Dank für die lieben Kommis!
@cornelius678 und Alandra: Mal sehen, ob Ihr Recht habt mit Euren Vermutungen über Dr. Schuppski...
@Eo-Lahallia: Abwarten, was passiert! (Ich schicke die Eule noch mal los!)
@noch mal Alandra: Wuppertal ist von W. sehr weit entfernt und viel größer! (Einen Hinweis auf die Region habe ich im zweiten Kapitel gegeben.)
Jetzt wenden wir uns lieber mal wieder "ihm" zu. Die Minna kommt nämlich wieder heim...
Endlich war es soweit, Minna sollte aus der Klinik entlassen werden. Er rief ihren ältesten Bruder Max an. Der war Rentner und hatte vormittags Zeit. „Ich hab keinen Grund, Euch zu chauffieren. Hättest du mal nicht solchen Blödsinn gemacht, hättest du deine Fleppe noch und könntest selber fahren.“ Tut-tut-tut-…
Danke schön. Du willst schon wieder mal Möbel gerückt haben, Max Beier.
Nächster Versuch bei Minnas Schwester Martha. Die war Hausfrau und hatte vormittags Zeit. „Also, ich glaube nicht, dass ich da Zeit habe… nein, da bin ich mit Linda zum Schwimmen verabredet. Tut mir Leid.“ Tut-tut-tut-…
Danke schön. Dein Blumenbeet kannst du selber umgraben.
Er versuchte es noch bei Minnas Lieblingscousine, ihrer Nichte, ihren beiden Neffen und einem anderen Cousin. Keiner hatte Zeit und er merkte sich genau, wer welche Ausrede vorgebracht hatte. Schließlich rief er Gusta an. „Muss das sein?“, fragte sie, „ich müsste nämlich extra frei nehmen.“ – „Na ja, von Minnas Leuten kann oder will keiner. Dann muss ich mir eben ein Taxi bestellen.“
„Bloß nicht, da wirst du nur über´s Ohr gehauen. Da fahre ich lieber meine geliebte Schwägerin, bevor ich zulasse, dass du diesen Räubern dein gutes Geld in den Rachen wirfst.“
Minna schaute ziemlich säuerlich drein, als sie sah, dass Gusta mit ihrem Kleinstwagen vor der Klinik wartete. „Max war sein BMW zu schade für so eine Fahrt“, beantwortete er ihren unausgesprochenen Vorwurf. Minna schluckte und schwieg.
In den nächsten Tagen glich das Haus einem Taubenschlag. Als erstes stand Martha vor der Tür, mit einem leicht angewelktem Blumenstrauß.
„Kochst du mal Kaffee, Hermann!“, befahl Minna von der Couch aus. Er kochte, servierte, bediente.
Als sich Martha drei Stunden, vier Tassen Kaffee und zwei Stücken Torte später zum Gehen wandte, sagte sie wie nebenbei: „Du denkst doch an meinen Garten, Hermann, übermorgen?“
„Tut mir Leid, Martha, aber ich kann nicht kommen. Ich muss mich um Minna kümmern.“
„Tsü“, machte Martha und Minna rief von drinnen vorwurfsvoll: „Hermann!!!“
Er drehte sich um und fragte: „Wie willst du mit deinem Fuß herumlaufen, Essen kochen und Bier aus dem Keller holen? Thorsten und Eric haben sich zum Essen angemeldet, schon vergessen?“ Er wandte sich an Martha: „Vielleicht kann ja Fritz das mal machen oder du fragst Thorsten oder Eric.“
Martha presste die Lippen aufeinander und stöckelte ohne Gruß davon.
Minna schimpfte ein bisschen mit ihm. Er könne doch ihre Schwester nicht so vor den Kopf stoßen.
„Ich bin ein Mensch, kein Hauself“, brummte er und spülte das Geschirr.
Am nächsten Tag fuhr Max vor. Sein auf Hochglanz polierter Wagen parkte so vor der Haustür, dass man über das Grundstück der Schmitts laufen musste, wenn man zu Meiers wollte. Herr Schmitt schimpfte dementsprechend mit dem Postboten.
„Wenn du dein Auto nicht wegfährst, mache ich es eben selber.“ Er griff nach dem Schlüssel, den Max gut sichtbar auf den Tisch gelegt hatte. Das wirkte.
„Spinnst du, Hermann?“, fragte Minna. Er grinste nur.
Aus den „paar Minuten“, die Max bleiben wollte, wurden drei Stunden, in deren Verlauf die Pizzavorräte bedenklich schmolzen.
Am vierten Tag tauchten Minnas Kolleginnen zum Vormittagskaffee auf. Mussten die gar nicht arbeiten?
Sie mussten und gingen so wieder weg, dass sie pünktlich zur Mittagspause kamen.
So ging das weiter. Minnas gesamte Verwandtschaft und Bekanntschaft kam zum Krankenbesuch, äh, Durchfuttern. Und wenn niemand da war, scheuchte Minna ihn durchs Haus. „Hermann, hol dies, mach das, ich brauche jenes.“ Er fragte sich, ob sich die Hauselfen, die Dienergeschöpfe seiner Welt, wohl auch so mies fühlten wie er jetzt.
Als die beiden Kolleginnen innerhalb von zwei Wochen zum dritten Mal auftauchten, servierte er den Kaffee mit den Worten: „Bitte sehr, die Damen, Hausdiener Hermann steht zu Diensten“, was ihm einen bitterbösen Blick von Minna eintrug.
Kaum waren die beiden Kichererbsen weg, brach ein handfester Streit aus. Minna überschüttete ihn mit Vorwürfen, keifte, schrie, schimpfte ihn schließlich gar einen Faulpelz. Das war zuviel. Hatte er bisher noch mit zusammengepressten Kiefern halbwegs ruhig dagestanden, begann er nun, vor Zorn zu kochen. Er fühlte das Blut in den Schläfen pulsieren, ballte die heißen feuchten Hände zu Fäusten und sagte mit eiskalter Stimme: „Ich habe meine Fahrstunden und meine Arzttermine für dich abgesagt. Ich bin jeden Tag zwölf Stunden und mehr auf den Beinen. Du schickst mich vom Keller auf den Boden und wieder zurück Ich bediene deine Gäste. Ich kaufe ein, putze, koche, bügle sogar.“ Er trat näher an sie heran, beugte sich vor. „Überlege dir gut, was du sagst. Du nennst mich faul, dabei liegst du den ganzen Tag da und machst nicht einmal die Gymnastik, die du machen sollst. Vergiss nicht, dass du in MEINEM Haus auf MEINER Couch liegst und dass sich das schnell ändern kann.“
Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ging zum Telefon. Er rief Dr. Schuppski und die Fahrschule an und machte die Terminabsagen rückgängig. Dann zog er Jacke und Schuhe an und marschierte zu Gusta. Die staunte nicht schlecht, dass ihr Bruder ohne Vorwarnung und überhaupt vor der Tür stand.
Gusta half ihm mit Tee mit Schuss und guten Worten wieder auf die Beine; sie verabredeten sich für den nächsten Samstag mit Gusta, ihrem Mann sowie Klaus und seiner Frau zu einer Geschwisterparty. Er war zwar nie ein geselliger Mensch gewesen, sagte aber zu, schon allein, um Minna zu ärgern.
Minna sprach an diesem Abend kein Wort mehr, aber als er am nächsten Tag die Party ankündigte, wollte sie schon wieder aufbrausen. „Stop!“, rief er. „Seit du wieder daheim bist, hattest du jeden Tag Besuch, den ich bewirten musste. Jetzt sind mal meine Geschwister dran. Basta!“
„DEINE Geschwister?“, fragte sie provozierend.
„Egal. Sie sind eingeladen.“
Minna versuchte, die Feier zu sabotieren, schützte Kopfweh vor. In weiser Voraussicht hatte er Kühlkissen im Gefrierschrank deponiert und Zitronen gekauft. Er kochte einen extrastarken Kaffee, versetzte ihn mit reichlich Zitronensaft und brachte Minna das Gebräu ins Schlafzimmer, wohin sie sich zurückgezogen hatte.
Nachdem sie innerhalb einer Viertelstunde dreimal nach Hermann gerufen hatte, ging Gusta nach oben und sprach ein paar deutliche Worte. Danach war Minna still und es wurde ein vergnüglicher, ziemlich feuchter und sehr langer Abend.
Gähnend schlurfte er in die Küche. Er zog die Jalousie hoch, draußen war alles grau in grau, es nieselte. Da würde er Minna wohl kaum zu einem Spaziergang überreden können; wahrscheinlich musste er wieder alleine gehen.
Er schob die Brötchen in den Ofen, füllte den Wasserkocher und griff auf seine linke Seite. Was suchte er dauernd dort? Den Holzstab?
Kopfschüttelnd steckte er den Stecker in die Dose und schaltete ein. Dann holte er den Eierkochapparat hervor, piekte die Eier an, steckte den Stecker in die Dose.
Er gähnte noch einmal, deckte den Tisch, stand da und überlegte, was er als nächstes tun wollte. Das letzte Schnäpschen gestern schien zuviel gewesen zu sein; seine Augen brannten, im Schädel spürte er einen dumpfen Druck.
Ein leises „Plopp“ ertönte. Er erschrak und wirbelte herum. Wer kam denn jetzt?
Niemand da. Er lief ins Wohnzimmer, schaute im Flur nach, er war allein. Minna rumorte im Bad, ansonsten war alles ruhig. Beunruhigt kehrte er in die Küche zurück. Er wusste, dass dieses „Plopp“ eigentlich ankündigte, dass jemand in der Nähe aus dem Nichts aufgetaucht war. Aber warum sah er dann niemanden? Wer war da gekommen? Warum? Wollte ihn jemand holen? Warum sollte ihn jemand holen? Wer sollte ihn holen?
Da sah er die Bescherung und atmete auf. Eins der Eier war geplatzt. Erleichtert zog er den Stecker und beseitigte die Sauerei. Allmählich begannen die furchtbaren Erinnerungen an seinen Nerven zu zerren. Wenn er wenigstens wüsste, wer er war! Wenn er wenigstens einen einzigen Namen wüsste!
Den ganzen Tag war er unruhig, nicht bei der Sache, nervös.
Er grübelte und versuchte, die Erinnerungen, die er hatte, zusammenzusetzen und ihre Bedeutung zu erkennen. Und genau daran scheiterte er: Die Bedeutung der einzelnen Puzzleteile blieb ihm verborgen.
Er erzählte Dr. Schuppski nichts von der Sache mit dem Ei und seiner Vermutung, jemand wäre eingedrungen; der Doktor dachte doch sowieso, er sei völlig verrückt.
Und nun wird es Zeit, mal nach Nullsieben zu schauen, ich glaub´, er hat einen Arbeitsbericht geschickt...
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