von -Hermine-
„Ok, zwei Optionen für dich: Entweder, du lässt sie auf der Stelle los, oder hier bricht gleich was aus, woran du noch Tage lang denken wirst!“ Samantha Scott stand lässig im Türrahmen, die Arme ineinander verschränkt, den Blick auf ihren zwei Jahre jüngeren Bruder gerichtet. Chris hatte sich einen Narren an ihrer Eule Breeze gefressen, die gerade mal so groß war, dass sie in eine grossräumige Hosentasche passt.
Nicht das sie das ausprobiert hätte. Aber möglich wäre es wohl schon.
Ihr Bruder hatte die Finger um den winzigen Körper der Eule umschlungen und sie immer auf und ab bewegt. Der Blick der Eule war unkontrolliert, ja schon fast beängstigend.
„Ach komm schon, Sam! Bewegung tut ihr gut…hast du eigentlich schon gemerkt, dass sie immer kopfüber an ihrer Stange hängt?“
„Das liegt daran, dass sie schläft…mein Gott. Und jetzt gib schon her!“, sagte sie und kam auf ihn zu, die Hand ausgestreckt. Ihr Bruder stand widerwillig auf, drückte Breeze in die Hand seiner Schwester und machte sich an’s gehen. Sam legte die durcheinander geschüttelte Eule in ihren Käfig und setzte sich auf ihr Bett. Ihr Zimmer war blau eingerichtet. Als sie umgezogen waren, durfte sie selber bestimmen, wie sie ihr kleines Reich gestalten möchte. Sie hatte ein riesiges Himmelbett inmitten des Raumes, zwei große Fenster, bedeckt mit dunkelblauen Vorhängen. Die Wände zierten viele Plakate und Poster von verschiedenen Sportarten der Muggel. Sam hatte großen Gefallen daran gefunden. Skateboard fahren liebte sie, ihre Mutter war natürlich nicht sonderlich begeistert daran, dass sich ihre Tochter nicht eher für Besen interessierte. Breeze hatte ihren Käfig neben ihrem Schreibtisch, der überhäuft mit Papieren, Briefen und Büchern war. Ja, sie war nicht sonderlich dafür bekannt, ihre Sachen beieinander zu halten, aber wenn sie was suchte, fand sie das Benötigte innert Sekunden. Auch wenn das im Angesicht ihrer Eltern sehr erstaunlich wirkte, da doch wirklich fast alles drunter und drüber war.
Ach ja, ihre Eltern. Chris und Amanda Scott, die wohl auffälligsten Leute in ihrer Strasse. Ihre Mutter war eine Hexe, ihr Vater ein Muggel. Nicht, dass das andere wussten, jedoch ließ sich ihr Klamottenstyl als…auffällig bezeichnen, wenn man es mild ausdrücken wollte. Ihre Mutter legte wert auf ihre Umhänge, ihren Hut, und wenn man nicht aufpasste, kam der Besen auch noch mit. Die Nachbarn wunderten sich über ihr Auftreten, da doch ihr Mann, der normalste und gutmütigste Mensch, sich wie jeder andere kleidete. Doch die zwei liebten sich, und das war auch gut so.
Chris, der Eulenbesessene-Bruder, war ein Quälgeist, der jedoch seine Grenzen gegenüber seiner Schwester kannte. Er hatte die Haare von seinem Vater geerbt. Nun gut, von Haaren konnte man da nicht sprechen. Eher ein wildes Durcheinander, dass schlecht zu bändigen war. Mit seinen 13 Jahren war er schon ziemlich groß.
Und sie, Samantha, jedoch liebend gerne Sam genannt, war die Ältere. (Was sie natürlich auszunutzen pflegte). Vom Typ her war sie eher phlegmatisch, sie ließ sich nicht so schnell stressen, abgesehen von der Tatsache dass ihr Bruder ihre Eule die längste Zeit in ein Schleudertrauma zurückversetzte. Was das Äusserliche anging, kam sie nach ihrer Mutter. Die Haare waren schwarz, lockig und in allen Richtungen abstehend. Ihr Kleidungsstyl war locker, am meisten trug sie Jeans, ein T-Shirt, wenn’s passte eine Mütze.
Wer kam schon so auf den Gedanken, es hier mit einer Hexe zu tun zu haben?
Doch was die Hexerei anbelangte, war sie eher zurückhaltend. Abgesehen davon, dass sie noch zu wenige Kenntnisse hatte.
Ihre Mutter schwärmte von Beginn an den Ferien immer wieder von Hogwarts, wo sie doch schon selber war. Sam hatte einen Brief bekommen, worin stand, dass sie an der Schule für Hexerei und Zauberei aufgenommen wurde. Sie hatte den Brief nur flüchtig überflogen, wunderte sich doch umso mehr, wie sich ihre Mutter darüber freute. Somit hatte sie das Schreiben noch mal zur Hand genommen und die einzelnen Wörter genaustes in sich aufgenommen. Na gut.
Ihr Vater nahm die Sache eher ruhiger. Sam hatte seine Art in sich wieder gefunden, was sie doch schätzte, im Gegensatz zu der Art ihrer Mutter. Unglaublich dieser Freudendrang.
Sam grinste, als sie sah wie die beiden Gegensätze schlechthin am Morgentisch saßen. Ihr Vater mit der täglichen Zeitung in der Hand, ihre Mutter fröhlich vor sich hin summend, sich zwischen zwei Käsesorten entscheidend. Das Kennen lernen in der Käseabteilung hatte beide wohl sehr geprägt, da auch ab und zu die Hand ihres Vaters hinter der Zeitung hervor kam, um sich ein Stück Käse in den Mund zu stecken. Ja, sie haben sich doch tatsächlich im Supermarkt in der Käseabteilung kennen gelernt. Spätere Treffe in der Fleischabteilung folgten.
„Morgen!“, gähnte Sam und setzte sich an einen freien Platz an dem großen Holztisch. Mit einer Hand langte sie nach der Kellogs-Schachtel, mit der anderen Hand zog sie gähnend ihr Pyjama wieder hoch, das aus einem übergrossen T-Shirt, welches ihr immer über die Schultern rutschte, und kurzen Hosen bestand.
„Und Samantha, hast du schon alles gepackt?“, fragte ihre Mutter lächelnd. Sam sah zu ihrer Mutter und fragte sich gleichzeitig, wie man um diese Zeit schon so wach sein konnte. Sie war ein biologisches Wunder, immerhin war es doch erst…halb Acht.
Sam hatte heute, wenn es nach ihrer Mutter ginge, ihren großen Tag. Sie allerdings, entdeckte darin nur einen kleinen Umzug in eine neue Schule.
„Ja…hab das Meiste schon in den Koffer gepackt.“ Sie löffelte ihr Müsli, während ihre Mutter aufseufzte. „Beeil dich lieber ein bisschen, sonst verpasst du noch den Zug!“
„Nur keine Panik, Schatz!“, sagte ihr Vater, als er die Zeitung wieder zusammengefaltet auf den Tisch legte, „Sam weiß wie man mit knapper Zeit umgeht. Immerhin macht sie jeden Morgen das gleiche Prozedere durch!“ Sam grinste, trank den Rest der Milch aus und stand auf.
„Bin oben!“, sagte sie und nahm mit ein paar Sprüngen die Treppe in Angriff. Der Koffer lag offen auf ihrem Bett, Breeze hängte kopfüber an der Stange in ihrem Käfig. Sam ging zu dem kleinen Kauz hinüber und hängte den Kopf vornüber. „Hey, Breeze. Was haltest du davon wenn wir nachher die Fliege machen?“ Die schwarzen Locken fielen ihr in’s Gesicht und Breeze blinzelte. Sie schuhute leise und Sam setzte den Kopf grinsend wieder gerade hin.
„Na gut…dann packen wir mal fertig.“ Auf ihrem Schreibtisch befand sich ihr Zauberstab. Sie nahm ihn in die Hand, machte ein paar Schwenker damit, bis alles was sie sonst noch brauchte in ihrem Koffer landete. Ihre Mutter hatte ihr den Zauber mal beigebracht, als das Chaos in ihrem Zimmer androhte die Macht zu übernehmen. Doch Sam fühlte sich wohl darin. Somit ließ sie es dabei.
Breeze hatte sich inzwischen gerade auf die Stange gesetzt und beobachtete das Treiben mit großen Augen. Sam ging um ihr Bett herum, packte ihr Brett an der Kante und legte es oben auf den Koffer. Sie stand kurz vor ihrem Kleiderschrank, fackelte nicht lange, zog eine Jeans heraus, ein rotes T-Shirt, welches zum braunen Ledergürtel reichte, den sie sich umband. Die Haare beachtete sie nicht groß, sondern setzte ein weiß-rotes Cap auf. Breeze befand sich immer noch friedlich in ihrem Käfig, den sie jetzt an den Türrahmen stellte. Sie klappte den Koffer zu, hievte ihn vom Bett und sah sich noch mal im Zimmer um. Wie viele Zeit hatte sie hier drin verbracht. Sie seufzte kurz auf und drehte sich dann um.
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