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Fanfiction

Es weihnachtet sehr 2007 - Sechs Türen

von Nerventod

hallo alle zusammen,
heute ist der vierte Advent und natürlich kommt auch deshalb an diesem tag ein weiterer oneshot von mir… ABER ACHTUNG! Es ist eine sehr traurige und deprimierende geschichte, die unter anderem ein ernstes thema behandelt, was uns seit einiger zeit immer häufiger in den nachrichten zu begegnen scheint… jeder, der in weihnachtsstimmung ist und es auch bleiben möchte, sollte sich die geschichte vielleicht bis nach weihnachten aufheben und sie erst dann lesen… zudem muss ich gestehen, dass diese geschichte nicht betagelesen wurde, aber da müsst ihr jetzt durch *lach*
ich danke alle, die mir einen kommi hinterlassen haben, aus ganzem herzen und wünsche euch eine FROHE WEIHNACHT
eure Nerventod



Sechs Türen

„Warum zum Teufel hast du mich hier her gebracht?“, fauchte Draco Malfoy seinen besten Freund Blaise Zabini an. Der hatte ihn, obwohl es schon eine ganze Weile nach der Ausgangssperre war, aus dem Schloss geschleift und versteckte sich nun mit ihm im Verbotenen Wald ganz in der Nähe des Sees. Es war draußen stockfinster. Nur der Schnee, der den ganzen Grund, die Bäume und das altehrwürdige Schloss bedeckten sorgte dafür, dass man noch etwas draußen erkennen konnte. Abgesehen davon war es schweinekalt. In ein paar Tagen war Weihnachten und der Blonde hatte im Moment besseres zu tun, als hier draußen zu sein und verstecken zu spielen. Ach, wem machte er hier etwas vor? Er hatte absolut gar nichts zu tun. Wem sollte er schon etwas schenken? Außer Blaise natürlich. Im Grunde genommen war er für die Ablenkung recht dankbar.

Trotzdem hasste es Draco gegen die Schulregeln zu verstoßen und das hier war ein ziemlich schlimmer Verstoß. Wenn Snape das herausfinden würde, dürfte er mit Sicherheit seine nächsten Abende damit verbringen Flubberwürmer auszunehmen, selbst wenn Weihnachten war und selbst wenn der Mann sein Patenonkel war. Erschwerend kam hinzu, dass er durch diese Aktion hier davon abgehalten wurde seinen Schönheitsschlaf zu halten, auch wenn er den natürlich eigentlich nicht nötig hatte. Schließlich war er ja ein schmuckes Kerlchen.

„Hör auf zu keifen, wie ein altes Weib“, zischte Blaise zurück. „Und außerdem solltest du jetzt besser leise sein.“

„Du verbietest mir nicht den Mund, Zabini“, schimpfte Draco.

„Doch.“

„Nein.“

„Doch.“

„Nein.“

„Doch, hoch unendlich. Und jetzt sei endlich still, sonst muss ich dich nämlich mit einem Schweigezauber belegen“, sagte Blaise und schaute angestrengt hoch zum Schloss.

„Bei dir piepst wohl?“, entrüstete sich Draco, doch er wurde einfach ganz keck von seinem besten Freund ignoriert. Manchmal fragte sich der Blonde, warum er sich das von Blaise gefallen ließ, wo doch jeder andere bereits vor fünf Minuten verflucht worden wäre, aber der Schwarzhaarige war nun mal seit er klein war sein Freund und da machte er großzügig eine Ausnahme.

Plötzlich sah er, wie sich aus dem Schloss eine Gruppe aus sechs Personen in ihre Richtung begaben. „Hör zu, Draco“, flüsterte Blaise. „Du wirst nichts sagen und mir das Reden überlassen. Und ich will jetzt keine Wiederworte hören, klar? Du kannst mich danach mit Fragen löchern, wie du willst, aber solange wir nicht wieder unter uns sind, lässt du mich reden.“

Draco funkelte seinen besten Freund wütend an, entschied sich dann aber dazu, besser nichts zu sagen. Er konnte Blaise auch nachher noch gepflegt eine vor den Latz knallen. Die anderen waren außerdem schon sehr nah und da war eine Diskussion äußerst unangebracht.

Blaise trat gefolgt von Draco aus dem Verbotenen Wald. Die Gruppe näherte sich ihnen mit schnellen Schritten und blieb vor ihm stehen. Draco war extrem überrascht, als er sah, um wen es sich bei den anderen handelte, schaffte es aber sein Gesicht neutral zu halten. Vor ihnen standen Ron Weasley, Hermine Granger, Dean Thomas, Seamus Finnigan, Ginny Weasley und jemand, den Draco nicht genau erkennen konnte.

„Hast du das Geld?“, fragte Ron und schaute Blaise musternd an.

„Natürlich“, erwiderte der geschäftsmäßig, holte einen kleinen Beutel hervor und warf ihn Weasley zu. Draco fragte sich nun ernsthaft, was sein Freund von diesen Gryffindors wollte. Ein Geschäft mit diesem Pack? Weshalb?

Ron schüttelte den Inhalt des kleinen Beutels in seine Hand und zählte die Galeonen. Nur Dracos Selbstbeherrschung war es zu verdanken, dass die anderen nicht mitbekamen, wie überrascht er war. So wie es aussah zahlte Blaise für was auch immer fünfzehn Galeonen. Was konnte Weasley schon haben, das so viel Geld wert war? Der drehte sich nach hinten und nickte kurz Finnigan und Thomas zu, ehe er sich wieder zu Blaise drehte. Im nächsten Moment kam Leben in die Gruppe und schließlich wurde die Person, die Draco bisher noch nicht erkennen konnte nach vorne gebracht.

Draco wäre beinahe der Mund aufgeklappt, als er sah, wer diese Person war. Vor ihnen stand nun niemand anderes als Harry Potter, oder zumindest der Junge, der früher einmal Harry Potter gewesen war. Der Junge hatte sich verändert. Als er vor einem Vierteljahr in der letzten großen Schlacht Voldemort endgültig den Gar ausgemacht hatte, war irgendetwas mit ihm passiert. Man hatte versucht herauszufinden, was genau bei diesem letzten Gefecht geschehen war, doch man hatte es nicht herausfinden können. Seit dieser Zeit war Harry Potter nicht mehr derselbe gewesen. Und eigentlich reichte diese Beschreibung kaum aus, um zu erklären, was mit ihm passiert war.

Der Held der Zauberwelt war nur noch eine leblose Puppe, die teilnahmslos im Unterricht oder in der Großen Halle saß, nie ein Wort sagte und immer nur leer vor sich hin starrte. Irgendetwas hatte diese Veränderung ausgelöst, doch niemand schien zu wissen, was es war. Zuerst hatte man diese Veränderung auf die schweren Verletzungen zurückgeführt, mit denen Harry aus dem Kampf gekommen war. Hinter vorgehaltener Hand erzählte man sich, dass über vier Heiler notwendig gewesen waren, um zu verhindern, dass er gestorben wäre. Man dachte, dass sich der schockähnliche Zustand, in dem sich der Held befand, mit der Zeit wieder geben würde, doch leider war dies nie passiert.

Weasleys Stimme riss Draco aus seinen Gedanken. „Los, Harry. Zeig ihnen die Narbe“, befahl er dem Schwarzhaarigen. Ohne zu zögern zog Harry sich trotz der eisigen Kälte dieser Dezembernacht seinen Umhang aus, gefolgt von seinem dicken Pullover und dem Hemd, das er darunter trug. Dracos Atem setzte aus, als er die Narbe sah, von der schon Gerüchte in der Schule zu hören waren. Über die ganze Brust bis hinunter zum Ansatz seiner Hose verlief eine Narbe, wie er noch nie eine gesehen hatte. Trotzdem er sie schon vor so langer Zeit erhalten hatte, war sie blutrot. Es sah aus, als hätte ihm jemand aufzuschlitzen versucht und Draco konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie Potter das hatte überleben können. Am auffälligsten war jedoch, dass ein etwa zwei Zentimeter großer Rand um die Narbe herum verlief, der pechschwarz war. So etwas hatte der Malfoy-Erbe noch nie gesehen.

Rons Stimme riss ihn aus den Gedanken. „Du sollst ihm die ganze Narbe zeigen! Schließlich hat Zabini dafür bezahlt“, blaffte er seinen Freund an. Ohne zu zögern knöpfte Harry nun auch seine Hose auf und schob sie seitlich, zusammen mit seiner Boxershort ein wenig nach unten. Der Schnitt endete auf dem Oberschenkel. „Das reicht. Zieh Dich wieder an!“, befahl Ron. Wieder gehorchte Harry sofort.

„Potter scheint ja gut abgerichtet zu sein“, schnarrte Blaise.

„Ja, man muss ihm nur einen Befehl geben und er tut, was man ihm sagt“, grinste Ron.

„Und dabei zeigt er kein bisschen eigenen Willen?“, fragte der schwarzhaarige Slytherin.

„Kein bisschen“, antwortete Hermine. „Los Harry, küss Malfoy!“

Draco riss die Augen auf, als Harry tatsächlich begann, auf ihn zuzugehen und nur Zentimeter von ihm entfernt stehenblieb. Wie in Trance beobachtete er, wie der Gryffindor seinen Kopf ein wenig zur Seite neigte und sich dann mit seinen Lippen den seinen näherte. Hauchzart berührten sich ihre Lippen in einem unschuldigen Kuss, ehe sich der Held der Zauberwelt wieder zurückzog.

„Na, Malfoy, hat Dir das gefallen?“, fragte Hermine mit einem breiten Grinsen auf ihrem Gesicht. „Sah auf jeden Fall so aus. Das war kostenlos. Wenn Du mehr willst, musst Du schon tief in die Tasche greifen. Immerhin hat Harry dich ja immer gehasst, da können wir ihn dir leider nicht zu einem Spottpreis vermitteln.“

Draco schaute sie überrascht an. Es war kein Geheimnis, dass er auf Jungs stand, allerdings war er entsetzt darüber, dass Granger und die anderen Harry offensichtlich verkauften und damit seinen Zustand schamlos ausnutzten. Was sollte das? Waren das nicht immer die besten Freunde von dem Schwarzhaarigen gewesen? Das war doch sicherlich nicht erst gemeint. Er wollte gerade etwas sagen, als Blaise ihn davon abhielt, indem er selbst sprach. „Wir werden es uns überlegen“, sagte er. „Für heute haben wir bekommen, was wir wollten.“

„Wie ihr wollt“, erwiderte Ron. „Komm Harry! Wir gehen wieder nach oben.“
Wieder gehorchte der Gryffindor dem Befehl seiner Freunde und die Gruppe machte sich wieder auf ins Schloss.

Draco drehte sich zu Blaise, doch der schüttelte nur mit dem Kopf. „Lass uns zurückgehen. Ich möchte nicht, dass uns hier noch jemand belauscht“, sagte er und machte sich auf in Richtung des Schlosses. Draco folgte ihm und beide gingen leise zurück in ihren Gemeinschaftsraum. Dort angekommen ging Blaise einfach weiter in das Badezimmer und legte, nachdem Draco ihm gefolgt war einen Stillezauber auf den Raum, während Draco ihn mit einem Zauber verschloss.

„Was sollte das, Blaise?“, fragte der Blonde. „Das war ja absolut widerlich.“

„Ich weiß, Draco. Aber ich musste mich selbst überzeugen, dass die Gerüchte wahr sind, die hier so kursieren“, antwortete Blaise. Auf den fragenden Blick seines Freundes, begann er zu erklären. „Wie Du weißt, habe ich meine Ohren überall. Es ist manchmal wirklich von Nutzen, wenn man sich nicht nur um die Dinge kümmert, die hier bei uns in Slytherin passieren.“

Auf die hochgezogene Augenbraue seines Freundes, verdrehte er nur leicht die Augen und erzählte weiter. „Draco, ich habe in der letzten Woche zufällig ein Gespräch zwischen zwei Huffelpuffs mitbekommen. Also gut, lass mich ehrlich sein, ich habe gelauscht. Also, auf jeden Fall ging es in diesem Gespräch um Harry und einer der beiden hat erzählt, dass er am vorherigen Tag die Dienste von Harry in Anspruch genommen habe und es wirklich fantastisch gewesen sein soll. Ich habe erst nicht gewusst, von was er spricht, aber dann hat er einige Details erzählt und so wie es aussieht, verkaufen Weasley und Granger ihren Freund für Geld, seit der nicht mehr er selbst ist.“

Draco riss die Augen auf. Er hatte vorhin geglaubt, dass Granger einen absolut unpassenden Scherz gemacht hatte, aber scheinbar lag er das falsch.

„Ich habe mir gedacht, dass du das wissen willst“, fuhr Blaise fort. „Du wirst es sicher leugnen wollen, aber ich bin mir sicher, dass du nicht ganz uninteressiert an Harry warst, nach den Blicken zu urteilen, mit dem du ihn seit dem letzten Schuljahr zuwirfst, wenn du glaubst, dass keiner es sieht.“

„Sag mal, spinnst Du? Ich habe doch kein Interesse an diesem Narbengesicht“, entrüstete sich Draco.

„Hast du wohl“, konterte sein bester Freund.

„Nein, hab ich nicht“, keifte der Blonde.

„Draco“, sagte Blaise warnend. „Ich bin dein bester Freund. Lüg mich nicht an. Ich denke, dass ich in diesem Punkt absolut richtig liege. Ich habe die ganze Zeit nichts gesagt, aber ich möchte nicht von dir angelogen werden. Also überleg es dir gut, was du jetzt sagen wirst. Wenn du jetzt nämlich sagst, dass ich mich geirrt habe, dann werde ich dir glauben und wir lassen es auf sich beruhen. Wenn dir aber etwas an Harry liegt, dann werde ich mit allen Mitteln versuchen, ihm und dir zu helfen. Also?“

„Wenn du irgendjemandem davon erzählst, dann Gnade dir Gott“, knurrte Draco. Das war zwar keine direkte Antwort auf seine Frage, doch Blaise verstand und grinse seinen Freund triumphierend an.

„Von mir wird keiner etwas erfahren“, antwortete er, ehe er wieder ernster wurde. „Wir müssen herausfinden, warum Harry jetzt so ist, wie er ist. Dann können wir ihm vielleicht auch helfen.“

„Hast Du so eine Narbe schon einmal gesehen?“, fragte Draco nachdenklich. „Sie sah furchtbar aus.“

Blaise schüttelte seinen Kopf leicht. „Ich fürchte, dass wir darüber nichts in der Bibliothek finden werden. Es muss etwas sehr seltenes sein, wenn nicht einmal die Heiler etwas gefunden haben, um ihm zu helfen“, sagte er.

„Vielleicht könnten wir etwas darüber in der Bibliothek meines Vaters finden“, sagte Draco schließlich gedankenverloren. „Vater hat viele seltene verbotene Bücher dort gesammelt. Sie gehören nun mir.“

Blaise schaute in die traurigen Augen seines besten Freundes. Es war ein Anblick, den wohl noch niemand außer ihm zu Gesicht bekommen hatte. Draco hatte sich verändert. Seine Eltern waren bei der letzten entscheidenden Schlacht gefallen. Seitdem kümmerte sich sein Patenonkel um ihn, auch wenn er schon siebzehn war. Severus Snape, gefürchteter Tränkelehrer von Hogwarts, hatte auch ihn die ganze Zeit getäuscht. Draco war sich sicher gewesen, dass sein Pate ein treuer Todesser war, doch nun hatte sich herausgestellt, dass er all die Jahre bereits auf der anderen Seite gekämpft hatte. Severus hatte sich einen Abend die Zeit genommen und ihm erzählt, dass er auf Dumbledores Seite gestanden hatte und hatte ihm auch seine Grüne dafür genannt.

War Dracos Weltbild nach dem Tod seiner Eltern bereits ins Wanken geraten, so hatte es sein Pate an diesem Abend geschafft, es komplett zum Einstürzen zu bringen. So hatte er viel Zeit damit verbracht, nachzudenken und er war sich nun sicher, nicht dem Vorbild seiner Eltern folgen zu wollen. Er wollte es schaffen, dass der Name Malfoy wieder reingewaschen wurde. Trotzdem vermisste er seine Eltern.

Harry hatte sie alle durch seinen Sieg über den Dunklen Lord davor bewahrt, ebenfalls Todesser zu werden und Draco und Blaise waren sich einig, dass sie das wieder gut machen wollten. Zwar waren Blaises Eltern selbst keine Todesser, doch beide Jungen wussten, dass der Schwarzhaarige seinem blonden Freund gefolgt wäre, hätte sich dieser Voldemort anschließen müssen.

„Diese Woche haben wir ein Hogsmeade-Wochenende, damit wir noch die restlichen Weihnachtseinkäufe erledigen können. Wir könnten dann unbemerkt nach Malfoy Manor apparieren“, schlug Blaise vorsichtig vor. Er wusste, dass Draco der Gedanke nicht behagte, dorthin zurückzukehren, aber letztendlich war es dessen Vorschlag gewesen, in der dortigen Bibliothek zu suchen. Draco nickte, sagte aber nichts.

~o~o~o~o~o~o~o~o~o~o~

Am Samstag war es dann soweit. Beide machten sich auf den Weg nach Hogsmeade und bogen unterwegs unbeobachtet in den Verbotenen Wald. Niemand sollte wissen, dass sie nicht vorhatten in das Zaubererdorf zu gehen. Draco nickte Blaise zu und kurz darauf verschwanden beide mit einem leisen ?plopp`, nur um kurz darauf vor Dracos Elternhaus wieder zu erscheinen. Das Alte Anwesen lag ruhig da. Nichts wies darauf hin, dass die Besitzer nicht mehr hier waren. Das Haus hatte nichts von seiner Pracht verloren und doch musste Draco einen dicken Kloß im Hals herunterschlucken, ehe er ruhig darauf zuging. Blaise ging an seiner Seite und sagte keinen Ton.

Eine der Hauselfen öffnete ihnen die Tür. Draco schaute sich nicht um. Er wollte nicht die ganzen Erinnerungen aufkommen lassen, die er mit diesem Haus verband. Er konnte die Kälte spüren, die in diesem Haus schon immer geherrscht hatte. Narzissa und Lucius hatten immer von ihm erwartet, dass er sich seinem Stand gemäß benahm. Sie waren streng, wenn er ihre Ansprüche nicht erfüllte, aber genauso konnte er sich daran erinnern, wie seine Mutter ihn stolz und warm angelächelt und sein Vater ihm anerkennend zugenickt hatte, wenn er die Erwartungen erfüllt hatte. Und trotzdem hatte es immer eine gewisse, kalte Distanz zwischen ihnen gegeben und jetzt, da seine Eltern nicht mehr da waren, spürte er sie noch mehr.

Draco schüttelte die Gedanken ab, als er mit Blaise in das zweite Stockwerk ging und dort die riesige Bibliothek mit ihm betrat. Er führte den Schwarzhaarigen zu dem Bereich, in dem sie die Bücher fanden, die vielleicht hilfreich sein würden. Wortlos griffen beide sich wahllos ein paar Bücher und setzten sich an den nahe gelegenen Tisch. Bevor Draco das erste Buch aufschlagen konnte, legte sich Blaises Hand auf seine. Verwundert blickte der Blonde auf. Blaise nickte ihm aufmunternd zu und drückte leicht seine Hand und Draco war dankbar für die Unterstützung, die er ihm mit dieser simplen Geste zusicherte. Er nickte kurz, ehe Blaise seine Hand zurückzog und beide mit ihrer Suche begannen.

Die Hauselfen waren froh, endlich wieder jemanden verwöhnen zu können und brachten ihnen das Mittagessen, sowie später Kaffee und Kuchen in die Bibliothek. Die beiden Jungen hörten dafür nur kurz mit ihrer Arbeit auf, ehe sie erneut zu lesen begannen. Mittlerweile war es schon spät und sie mussten sich bald wieder auf den Weg zurück machen. An die hundert Bücher hatte jeder von ihnen durchsucht, doch bisher hatten sie keinen Erfolg gehabt. Es war zum verzweifeln. Plötzlich stockte Blaise der Atem, was Draco überrascht und gleichzeitig hoffnungsvoll aufblicken ließ. „Was hast du gefunden?“, fragte er.

Blaise räusperte sich kurz und begann dann vorzulesen: „Der Peoir-Monita-Fluch ist eine Fluch, der bereits im alten Ägypten benutzt wurde. Zu Beginn der Neuzeit wurde dieser starke schwarzmagische Fluch bereits verboten und geriet nach und nach in Vergessenheit. Nur noch eine Handvoll Menschen weiß von der Existenz dieses zerstörerischen Fluches. Ähnlich wie durch einen Dementor, werden durch ihn die schlimmsten Erinnerungen hervorgerufen. Da er alle Erinnerungen gleichzeitig heraufbeschwört, ist dies, wenn es einfach zu viele Erinnerungen gibt, zerstörerisch. Der Geist des angegriffenen schafft es nicht, alles auf einmal zu verarbeiten. Viele der Opfer verloren dadurch den Verstand, die meisten jedoch nahmen sich selbst das Leben.

„Beweis für diesen Fluch ist einzig und allein eine tiefe Narbe, die sich quer über den Oberkörper zieht. Ihre Länge hängt von der Menge der Erinnerungen ab. Die Farbe der Narbe ist einzigartig und wird nur durch diesen Fluch verursacht. Sie ist blutrot und ist von einem bis zu drei Zentimeter großen, schwarzen Rand umgeben.

„Erstaunlich ist, dass es allein Kindern möglich zu sein scheint, der zerstörerischen Wirkung zu entgehen. Die wenigen Male, die der Fluch Kinder getroffen hat, haben Sie sich einfach in ihre eigene Welt zurückgezogen. Es existiert ein Ritual, mit dem es möglich ist, sie aus dieser wieder heraus zu holen, jedoch ist dies nur in der Hälfte aller Fälle von Erfolg gekrönt gewesen. Das Ritual kann nur von jemandem durchgeführt werden, der selbst stark genug ist und genügend Selbstkontrolle hat…“

„Das ist es“, sagte Blaise ehrfürchtig. „Das muss der Fluch sein, von dem Harry getroffen wurde. Scheinbar hat er sich auch in seine eigene Welt zurückgezogen.“

„Du meinst also, wir können versuchen, ihn durch dieses Ritual wieder zurück zu holen?“, fragte Draco mit hochgezogener Augenbraue.

„Nein, ich denke, dass DU ihn damit zurückholen kannst. Seien wir mal ehrlich, ich glaube nicht, dass ihn annähernd soviel Selbstkontrolle habe, wie du“, erwiderte Blaise ernst. „Ich meine, du hast doch die Narbe gesehen. Die war verdammt lang. Ich möchte nicht wissen, was das für Erinnerungen waren.“

„Hast du dir mal überlegt, wie oft er auf den Dunklen Lord getroffen ist?“, fragte Draco.

„Denkst du, dass das alles ist, was er an schlechten Erinnerungen hat?“, stellte Blaise die Gegenfrage.

„Wir reden hier immer noch von Harry Potter. Was soll es denn bitteschön sonst sein?“, schnarrte Draco.

Blaise nickte gedankenverloren. „Wir nehmen das Buch mit“, beschloss er. „Wir sollten schon längst wieder auf dem Weg zurück sein.“

Sie ließen die Bücher liegen, wo sie waren. Sollten sich die Hauselfen drum kümmern, dafür waren sie schließlich da. Eilig verließen die beiden Slytherins das Manor und waren kurz darauf wieder im Verbotenen Wald, von dem aus sie sich der schnatternden Menge anschlossen, die von ihrem Besuch in Hogsmeade wieder zurück nach Hogwarts gingen.

~o~o~o~o~o~o~o~o~o~o~

Die folgenden zwei Tage verbrachten Draco und Blaise damit, sich genau über das Ritual zu informieren und alles vorzubereiten. Heimlich brauten sie den benötigten Trank, nachdem Draco seinen Paten davon überzeugt hatte, dass er Blaise noch einmal zeigen wolle, wie der Zaubertrank, den sie in der letzten Unterrichtsstunde gebraut hatten, richtig gemacht wurde. Es war ein Leichtes gewesen, an die meisten der Zutaten heranzukommen, wogegen andere weitaus schwerer zu beschaffen waren.

Die Frage, die sich nun noch stellte war, wie sie an Harry herankommen sollten. Der Goldjunge war ständig von seinen, und Draco konnte sie nicht anders nennen, Zuhältern umgeben. Es war schwer für ihn, nicht einfach zu versuchen, ihn von ihnen weg zu ziehen, wenn er sie gemeinsam durch die Schule gehen sah. Es war unverständlich für ihn, dass sie ihm so etwas antaten. Sie waren doch jahrelang seine Freunde gewesen. Und warum tat niemand etwas dagegen? Dumbledore wusste doch sonst immer alles, was in dieser Schule los war. Wieso unterband er nicht, was die Gryffindors da taten?

Draco hatte keine Lust, Weasley auch noch dafür Geld zu geben, dass er Harry helfen konnte, zumal er nicht wusste, wie lange er brauchen würde, um ihn wieder zurück zu bringen. Aber ihn einfach zu entführen kam auch nicht in Frage. Die Gryffindors würden doch sofort zu Dumbledore rennen. Draco überwand sich und sprach an einem Mittwochvormittag nach Zaubertränke mit Weasley und Granger. Für dreihundert Galeonen sollte Harry am kommenden Samstag ganz ihm gehören. Nur schwer schaffte er es, den beiden nichts in Gesicht zu brüllen, wie widerwärtig er sie fand, als die beiden ihn mit einem triumphierenden Lächeln musterten. Es war ihm egal, was sie von ihm dachten, Hauptsache er und Blaise konnten ihren Plan durchziehen.

So kam es, dass er am Samstagmorgen auf einem der vielen Gänge im dritten Stock auf die Gryffindors wartete. Dabei hatte er das Geld, das er zahlen sollte. Blaise hatte ihm angeboten, dass sie beide jeweils die Hälfte zahlen würden, doch Draco hatte das rigoros abgelehnt. Er wollte allein für Potter zahlen, schon allein deshalb, dass Blaises Eltern nicht auf die Idee kamen, nachzufragen, für was ihr Sohn soviel Geld gebraucht hatte. Außerdem besaß er mehr als genug. Er wartete eine Viertelstunde, bis Granger, Weasley und Harry auftauchten. Er sparte es sich, sie anzufauchen, dass sie zu spät waren. Das Ziel, mit Harry allein zu sein, war viel wichtiger. Eine weitere Viertelstunde später, Weasley hatte erst das Geld abzählen müssen, befahl der Rotschopf Harry ihm zu folgen und kurz darauf kamen sie vor den Raum der Wünsche an, vor dem Blaise bereits auf sie wartete.

Innerlich klopfte sich Draco auf die Schulter, dass er auf die Idee gekommen war, diesen Raum zu verwenden. Sie brauchten schließlich eine ganze Weile und hier würden sie ungestört sein. Blaise hatte den Raum bereits erscheinen lassen und Harry folgte Draco, ohne zu zögern, hinein. Der Raum glich einem alten Kerker. Ein kahler Steinfußboden und kahle Steinwände, an denen Fackeln hingen, ließen den Raum kalt und unwirklich aussehen. Es war ein typischer Ritualraum. Die beiden Slytherins setzten sich in einen Kreis, der auf den Boden gemalt worden war und befahlen Harry, sich ebenfalls zu setzen. Beide waren sehr angespannt, denn langsam fühlten sie sich unsicher, was sie tun sollten. Wenn irgendetwas schief gehen sollte, sollte Blaise Snape hier her bringen. Ansonsten belief sich die Aufgabe des Schwarzhaarigen darauf, den Zauber zu sprechen, der für das Ritual notwendig wäre.

Draco war zu angespannt, um etwas sagen zu können und nickte lediglich in die Richtung seines besten Freundes, ehe er eine Phiole des Trankes an Harry reichte, der deren Inhalt ohne zu zögern trank, und dann selbst eine Phiole zu seinem Mund führte. Ihm war leicht schwindlig, als er Harrys Hände mit seinen ergriff und wie aus der Ferne hörte, wie Blaise begann, die Beschwörungsformel zu sprechen. Draco schloss seine Augen und konzentrierte sich, nicht wissend, was auf ihn zukommen würde.

~o~o~o~o~o~o~o~o~o~o~

Durch lautes Geschrei um ihn herum riss er die Augen auf. Er brauchte einen Moment, um sich seiner Umgebung bewusst zu werden. Er war auf den Schlossgründen vor Hogwarts. Es war Nacht und um ihn herum tobte eine Schlacht. Draco befand sich mitten im Endkampf. Überall um ihn herum kämpften Auroren und die Lehrer Hogwarts gegen die Todesser. In Panik wollte Draco seinen Zauberstab ziehen, doch er musste entsetzt feststellen, dass er keinen besaß. Direkt vor ihm duellierte sich Remus Lupin mit einem Todesser. Gerade sprang der zur Seite, um einen Fluch auszuweichen. Alles was Draco tun konnte, war entsetzt auf den grünen Lichtstrahl zu sehen, der direkt auf ihn zukam… und einfach durch ihn hindurch ging. Draco brauchte einen Moment, um sich darüber klar zu werden, was hier passierte. Es war nur eine Erinnerung, nichts hier konnte ihm etwas anhaben.

Sofort erinnerte er sich daran, weshalb er hier war. Er musste Harry finden. Er schaute sich um und entdeckte ihn keine zwanzig Meter entfernt. Er kämpfte gegen einen Todesser und Draco erkannte anhand der langen, blonden Haare, die unter der Todesserkutte hervor lugten, dass es sein Vater war, gegen den Harry das kämpfte. Der Gryffindor war gut, ohne Zweifel. Er blockte die meisten Zaubersprüche ab, oder wich ihnen geschickt aus, während er gleichzeitig unablässig Flüche in die Richtung des anderen Mannes schickte. Draco sah, wie sich jemand von hinten Harry näherte. Er schrie, dass er aufpassen solle, doch niemand konnte ihn hören. Harry wurde von einem Crucio getroffen und sank zu Boden.

Entsetzt riss Draco die Augen auf, als er ebenfalls starke Schmerzen verspürte, die ihn zu Boden rissen. Es war, als ob sich Feuer in ihm ausbreiten würde und Draco schrie, wie noch nie in seinem Leben. Oh Gott, er spürte alles, was auch Harry spürte. Das hatte er nicht vorausgesehen. Panisch sah er zu, wie sein Vater auf den am Boden liegenden Harry zutrat und dann den Fluch löste. Harry wollte sich aufrappeln, doch schon im nächsten Moment traf ihn ein der Stiefel seines Gegenübers direkt ins Gesicht. Erneut schrien nun beide Jungen auf. Draco konnte sehen, wie Blut aus der Nase des Schwarzhaarigen lief. Draco fasste vorsichtig an seine eigene Nase, doch dort war kein Blut. Noch ein Tritt ins Gesicht, gefolgt von einem weiteren in den Magen. Dann wurde Harry an den Haaren nach oben gerissen. Lucius nahm seinen Zauberstab und zerbrach ihn mit einem höhnischen Grinsen.

Draco war wie betäubt. Er spürte die Schmerzen, die Harry hatte, spürte dessen Verzweiflung und dennoch die Entschlossenheit, nicht aufgeben zu wollen. Er beeilte sich, um den beiden nachzugehen. Lucius zerrte ihn in den Verbotenen Wald, immer weiter. Harry konnte nur schwer atmen, doch er nahm seine ganze Kraft zusammen, um nicht zu stürzen. Auf einer Lichtung ließ Lucius den Schwarzhaarigen los. Ein weiterer Crucio folgte und nur mühsam konnte Draco aufrecht stehen bleiben, um zu verfolgen, was weiter passierte. Lucius folterte Harry eine gute halbe Stunde und danach war der mehr tot als lebendig. Etliche Knochen waren gebrochen und der ganze Körper des Gryffindor war blutüberströmt.

Draco konnte den deutlichen Wunsch des Schwarzhaarigen spüren, zu sterben und einfach alles hinter sich zu lassen, doch da war auch noch die Entschlossenheit, nicht klein bei geben zu wollen. Draco bewunderte ihn dafür. Die Schmerzen, die er spürte waren kaum zu ertragen und dann betrat Voldemort die Lichtung. Er grinste, als er den Gryffindor dort schwer atmend auf der Lichtung liegen sah. Lucius zog Harry auf die Beine. Er schwankte gefährlich, blieb aber aufrecht stehen.

„Harry Potter“, zischte Voldemort. „So wie es aussieht, hast du dein Glück verloren. Sieh dich nur an, wie schwach du bist. Ich kann immer noch nicht glauben, dass dieser Narr Dumbledore glaubt, dass du mich besiegen kannst. Wo ist er, nun da es zu Ende geht?“

Harry sagte nichts. Er konzentrierte sich mit alle Macht darauf nicht umzufallen. Es war schwer. Draco spürte, wie langsam die Kräfte schwanden und er musste sich mit aller Macht auf sich selbst konzentrieren, um nicht ebenso einfach umzukippen. Und plötzlich geschah alles sehr schnell. Snape tauchte praktisch aus dem nichts auf und im nächsten Moment lag Lucius tot am Boden. Voldemort wirbelte herum und versuchte Snape mit einem Avada zu töten, doch der war zu schnell und wich aus. Flüche flogen hin und her und schließlich wurde Snape von einem Fluch zu Boden geschickt. Harry unterdessen hatte sich Lucius` Zauberstab geschnappt und richtete ihn auf Voldemort, der sich nun wieder zu ihm drehte. „Du wirst nicht über mich triumphieren“, schrie der Lord in Harrys Richtung und im nächsten Moment raste ein Fluch auf Harry zu. Der konnte nicht ausweichen und schrie auf, als der violette Lichtstrahl ihn traf.

Erschrocken keuchte Draco auf. Es fühlte sich so an, als würde sein Oberkörper mit einem glühenden Messer aufgeschlitzt. Harrys Schrei klang in seinen Ohren und vermischte sich mit seinem eigenen Schrei. Doch plötzlich geschah es. Harry konzentrierte sich noch einmal. Draco merkte, wie der Schmerz aus seinem Bewusstsein gedrängt wurde. Voldemort hatte seinen Zauberstab sinken lassen und starrte nun ungläubig auf den siebzehnjährigen Jungen vor ihm, der keinen Moment zögerte und den tödlichen Fluch sprach. Gemeinsam mit Voldemort brach er zusammen und als die Schmerzen mit aller Macht zurückkamen, verschwand die Szene vor seinen Augen und ein grelles Licht blendete Draco. Die Schmerzen waren verschwunden, doch Draco hielt seine Augen fest geschlossen. Erst als das Licht verschwand, öffnete er erneut die Augen.

Draco fand sich in einem riesigen Raum wieder. Er brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Der Raum war dunkel. An der einen Seite befand sich ein riesiges Bett, die anderen Wände waren voller Türen. Doch dafür hatte er im Moment keine Augen. Sein Blick wurde gefangen von der Person, die auf dem Bett saß. Am Kopfende des Bettes saß Harry. Die Beine hatte er an seinen Körper gezogen, während seine smaragdgrünen Augen den Eindringling musterten. „Malfoy“, wisperte er. „Was tust du hier? Verschwinde.“

„Du hast mir gar nichts zu sagen, Harry“, widersprach Draco bestimmt und setzte sich zu ihm auf das Bett. „Ich bin hier, um dich zurück zu holen. Du hast dich lange genug hier versteckt. Es ist Zeit, wieder in die Wirklichkeit zurück zu kommen.“

„Ich kann nicht“, flüsterte Harry. „Ich kann nicht mehr zurück. Ich will nicht mehr zurück.“

„Willst du wirklich für immer hier bleiben, auf diesem Bett sitzen und Löcher in die Luft starren? Das kann doch nicht dein Ernst sein“, sagte Draco.

„Warum nicht? Man braucht mich nicht mehr. Ich habe meine Aufgabe erfüllt“, erwiderte der Schwarzhaarige leise. „Ich will nicht in diese Welt zurück.“

„Ist es denn hier wirklich besser?“, sagte Draco und deutete auf die trostlose Umgebung. „Willst du wirklich dein ganzes restliches Leben hier verbringen?“

„Alles ist besser, als zurück in mein altes Leben zu gehen“, wisperte Harry mit gesenktem Blick.

„Wie kannst du das nur sagen? Du weißt doch gar nicht, was das Leben jetzt für dich bereit hält. Ich meine, der Dunkle Lord ist besiegt und alle Möglichkeiten stehen dir offen, wenn du in diesem Jahr deinen Abschluss gemacht hast. Du kannst alles werden, was du willst, denn jeder würde dich mit Kusshand nehmen. Oder du kannst um die Welt reisen und dir alles anschauen, was du schon immer sehen wolltest. Was also könnte dich davon abhalten, wieder in die Realität zu kommen?“, fragte der Blonde.

„Meine Vergangenheit“, antwortete Harry schlicht.

„Was kann so schlimm daran sein, dass du nicht mehr hier weg willst?“, runzelte Draco die Stirn.

„Siehst du die Türen Draco?“, fragte Harry leise. Draco schaute auf die unzähligen Türen an den Wänden und nickte nachdenklich. „Sie stehen für die schlimmen Erinnerungen aus meinem Leben“, fuhr Harry fort. „Jede einzelne dieser Türen birgt eine Erinnerung und wenn ich wieder zurückkehre, muss ich mich jeden Tag aufs Neue diesen Erinnerungen stellen. Hier ist es friedlich. Sie lassen mich in Ruhe. Ich kann das nicht mehr. Ich habe viel zu lange damit gelebt. Bitte geh wieder und lass mich allein.“

„Nein. Ich hätte nicht geglaubt das zu sagen, aber du bist ein Feigling, Potter. Egal was diese Erinnerungen enthalten, es rechtfertigt nicht, dass du so einfach dein Leben wegwirfst. Und das nur weil du Angst hast, dich ihnen zu stellen“, schnarrte Draco.

„Du hast doch keine Ahnung!“, fuhr Harry ihn aufgebracht an. „Du weißt nichts aus meinem Leben, also erlaube dir nicht über etwas zu urteilen, von dem du nichts verstehst.“

„Nichts kann so schlimm sein, dass man nicht mehr am Leben teilnehmen will“, entgegnete Draco kalt.

„Gut, dann lass uns eine Abmachung treffen. Du gehst in sechs dieser Türen und nachdem du dir angeschaut hast, was dahinter verborgen ist, reden wir noch einmal darüber“, sagte der Gryffindor fest. Draco war überrascht über diesen Vorschlag aber auch ein wenig ängstlich. Was wenn diese Erinnerungen genauso waren, wie die, die er vorhin erlebt hatte? Trotzdem stand er entschlossen auf. Was konnte ihn schon groß erwarten.

„Abgemacht“, sagte er. „Aber wenn ich danach der Meinung bin, dass du zurückgehen musst, wirst du es tun.“

Harry zögerte kurz. „Abgemacht“, sagte er schließlich.

Draco drehte sich um und richtete seinen Blick entschlossen auf die Türen. Eine sah aus wie die andere und es gab keinen Hinweis darauf, was sich wohl hinter den jeweiligen Türen verbarg. Es hatte also keinen Sinn lange zu überlegen, welche Tür er öffnen wollte. Er ging einfach auf die nächstbeste zu und atmete noch einmal tief durch, ehe er die Klinke herunterdrückte und eintrat.

Draco fand sich in einer Küche wieder. Sie war sehr bieder eingerichtet und glänzte, als sei noch nie etwas in ihr gekocht worden und doch saßen an einem Tisch drei Personen, die aßen. Ein Mann, so fett, dass er man bei ihm keinen Hals erkennen konnte. Seine kleinen Augen beobachteten, wie seine dürre, pferdegesichtige Frau das Essen für ein Kind zerkleinerte, das wohl, wenn es groß war, seinen Vater in der Statur gleichstehen würde. War das Harry? Nein, das konnte sich Draco nicht vorstellen. Der Harry, den er kennengelernt hatte, war klein und schmächtig, viel zu dünn. Aber das hier war doch eine von Harrys Erinnerungen. Wo war er also?

Draco ließ diese widerwärtige kleine Familie, Familie sein und schaute sich in der Küche um. Hier war keine Spur von Harry. Doch plötzlich hörte er ein kleines Geräusch, so leise und doch vernahm er es. Es kam aus dem hinteren Teil der Küche und Draco ging in diese Richtung, um zu sehen, ob dort Harry war. Eine reihe von Schränken, die eine großzügige Arbeitsfläche boten, trennte den Ess- von dem Kochbereich. Draco ging dorthin und sah, dass in dem großen Spülbecken unter dem Fenster Abwaschwasser war. Er ging weiter und um die Arbeitsfläche herum, als er endlich entdeckte, wonach er gesucht hatte.

Dort auf dem Fußboden kauerte ein kleiner Junge. Draco erkannte sofort an den strubbligen Haaren, wen er da vor sich hatte. Er konnte das Gesicht nicht erkennen, da Harry nur auf den Boden starrte. Die Kleidung des kleinen Jungen war ihm viel zu groß, zerschlissen, löchrig und dreckig. Er bot ein jämmerliches Bild. Draco fragte sich, was das hier sollte. Warum trug Harry solche Kleidung und warum saß er nicht mit dort am Tisch und aß mit den anderen?

Genau in diesem Moment konnte er hören, wie der Magen des Kleinen knurrte. Panisch drückte Harry seine Hände auf seinen Bauch, als könne dies verhindern, dass das noch einmal passieren würde. Er sah verzweifelt aus und schien darauf zu warten, dass jeden Moment etwas Schlimmes passierte. Draco konnte jetzt deutlich den Hunger und die Angst spüren, die von dem Schwarzhaarigen ausgingen, doch er konnte einfach nicht verstehen, warum diese smaragdgrünen Augen so ängstlich aussahen. Der kleine Harry war höchstens fünf und noch nie hatte Draco ein Kind gesehen, dass so geschaut hatte.

„Räum den Tisch ab, Junge!“, befahl plötzlich der Mann und Harry verlor keine Zeit. Er rappelte sich hoch und eilte zu dem Tisch und nahm die zwei leeren Teller, um sie gleich darauf in die Spüle zu stecken.

„Komm her!“, befahl der fette Mann erneut.

Wieder gehorchte Harry. Der Mann stand von seinem Platz auf und deutete Harry sich zu setzen, der der Aufforderung sofort nachkam. Ein Teller mit den Resten des Essens wurde vor den kleinen Schwarzhaarigen gestellt. „Du hast drei Minuten“, blaffte der Mann, während seine Frau mit dem anderen Jungen die Küche verließ. Harry schnappte sich schnell Messer und Gabel, doch in dem Moment, in dem er beginnen wollte zu essen, nahm ihm der Mann ihm den Teller weg. „Die Zeit ist um“, sagte er mit einem gehässigen Grinsen und ging mit dem Teller zum Mülleimer, um das Essen dort hinein zu werfen.

Harry war entsetzt und sein Magen krampfte sich beinahe schmerzhaft zusammen. Er brauchte doch so dringend etwas zu essen. Tränen sammelten sich in seinen Augen und seine kleinen Hände verkrampften sich um das Besteck, das er immer noch festhielt. Der Mann kam zurück und das nächste was Harry spürte, war ein heftiger Schmerz, als der Mann ihm eine Ohrfeige gab. „Du hattest genug Zeit“, zischte er. „Mach jetzt den Abwasch fertig und bring dann den Müll raus.“

Harry stand ohne zu zögern auf und rannte beinahe zu dem Spülbecken, um seine Arbeit zu erledigen. Draco konnte den unbändigen Hunger spüren und eine tiefe Wut auf diesen hässlichen, abartigen Mann. Er schaute dabei zu, wie der Kleine unter Tränen den Abwasch erledigte und dann die Mülltüte aus dem Eimer nahm.

Draco folgte ihm, als Harry damit nach draußen lief. Auf halbem Wege zur Mülltonne hielt er plötzlich an und schaute sich ängstlich um, ehe er sich hinter einen Busch versteckte. Draco konnte nicht sehen was er machte, doch er hörte das Rascheln der Mülltüte und verspürte plötzlich eine innere Befriedigung. Er war schockiert. Harry aß das Essen, was bereits zwischen dem anderen Müll gelegen hatte. Wie verzweifelt und hungrig musste ein Kind sein, um so etwas zu tun?

Harry brauchte nicht lange und bald kam er wieder aus dem Gebüsch hervor und brachte den Müll in die Mülltonne, ehe er zurück ins Haus eilte. Dort erwartete ihn schon der Mann, der sich ihm schnell näherte und ihm am Kragen seines viel zu großen Pullovers packte. „Hauch mich an!“, donnerte er. Harry zitterte am ganzen Leib, tat aber, was ihm befohlen wurde. Was folgte, waren Schläge, die den Kleinen zum Schreien brachten. Er flehte darum, dass der Mann aufhörte, doch es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis der Mann von ihm abließ und ihn in den Schrank unter der Treppe sperrte. „Das wird dir hoffentlich eine Lehre sein“, zischte er, ehe alles um Draco schwarz wurde. Das einzige, was er jetzt noch sah, war die Tür, durch die er gekommen war. Der Hunger, der Schmerz und die Angst waren nun verschwunden und nur ganz langsam schaffte er es zu der Tür zu gehen und sie zu öffnen.

Draco schloss die Tür hinter sich und blickte dann zu Harry, der ihn nicht anschaute, sondern seinen Blick gesenkt hielt. „Waren… waren das deine Verwandten? Dieser große, fette Mann, die dürre Frau und der fette Junge“, fragte er mit leicht zitternder Stimme.

Harry nickte nur und schaute nun direkt in Dracos Augen. Der konnte Scham und Traurigkeit in diesen smaragdgrünen Seen erkennen und musste hart schlucken. Doch wenn er wollte, dass Harry wieder in das Leben zurückkehrte, musste er sich zusammenreißen. Das war nur eine Tür gewesen, fünf weitere erwarteten ihn.

Draco straffte sich und ging eine Reihe von Türen ab, ehe er vor einer stehen blieb. Noch einmal sah er zu Harry, doch der sah ihn nicht an. Seine Hand lag auf dem Türknauf und er fragte sich, was für eine Erinnerung er nun zu Gesicht bekommen würde. Er musste wieder an diesen kleinen, mageren Harry denken, den er gerade gesehen hatte. Waren alle Erinnerungen so? Er schüttelte den Kopf um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. Wer wusste schon, was er zu sehen bekommen würde. Er atmete noch einmal tief durch und öffnete dann die Tür, um in die neue Erinnerung zu treten.

Das erste was er erneut spürte war der Hunger und eine tiefe Traurigkeit, unter die sich aber auch eine wilde Entschlossenheit mischte. Draco sah sich nach Harry um. Er befand sich auf einem großen Schulplatz. Kinder tobten und schrien wild durcheinander. Jungen spielten Fußball, Mädchen mit Seilen und überall waren kleine Gruppen zu sehen, die miteinander lachten und spielten. Draco brauchte eine Weile um Harry auszumachen. Er stand allein in der Nähe des Eingangs zum Gebäude. Draco schätzte ihn von seinem Aussehen her auf ungefähr fünf, doch er musste schon sieben sein, wenn er hier auf die Schule ging.

Harry gab ein wirklich trauriges Bild ab. Seine Kleidung war noch immer viel zu groß, aber wenigstens nicht löchrig oder schmutzig. Die Sachen ließen den kleinen Jungen noch kleiner aussehen. Draco ging zu ihm hinüber und betrachtete ihn genauer. Die klaren grünen Augen beobachteten die anderen Kinder und Draco konnte so etwas wie Sehnsucht in ihnen erkennen. Harry wollte auch bei den anderen Kindern sein und mit ihnen spielen, doch keiner hier mochte ihn, eindeutig ein Verdienst seiner Kleidung und seines Cousins. Es verwunderte Draco, als Harrys Blick plötzlich entschlossen wurde und der Kleine sich in das Schulgebäude schlich.

Neugierig folgte ihm Draco in eines der nahegelegenen Klassenzimmer. Harry sah sich vorsichtig um, ehe er hinein schlüpfte und leise die Tür hinter sich schloss. Dann handelte er so schnell er konnte. In Windeseile hatte er sich einer der Schultaschen genährt und Draco konnte sehen, wie er sich ein Brot daraus nahm und es gierig verschlang. Unglücklicherweise war sein Hunger damit noch lange nicht besiegt und so schlich er weiter, um sich auch aus einer anderen Schultasche etwas zu nehmen.

„Harry, was tust du da?“, konnte er plötzlich die Stimme einer Frau vernehmen. Zitternt fuhr der kleine Schwarzhaarige herum und sofort traten ihm Tränen in die Augen. Eine Welle der Panik durchfuhr Draco, die eindeutig von Harry ausging. „Ich bin sehr enttäuscht von dir, Harry James Potter“, sagte die Frau. „Du bist das also gewesen, der seit Wochen das Essen der anderen stiehlt. Stehlen ist falsch. Du kommst jetzt besser mit mir mit.“

Mit gesenktem Haupt folgte ihr Harry. Vor dem Raum standen die anderen Kinder und schauten ihn wütend an. Draco spürte Harrys Unbehagen und trotzdem auch den Stolz, dass er es geschafft hatte, sich etwas zu Essen zu organisieren. Doch schon fast im selben Moment bekam er unglaubliche Angst. Die Lehrerin würde ihn zum Direktor bringen und der würde mit Sicherheit seinen Onkel und seine Tante benachrichtigen. Selbst wenn dem nicht so wäre, würde dies mit Sicherheit Dudley erledigen.

Harry musste auf einem Stuhl vor dem Büro des Direktors warten, als seine Lehrerin in dessen Büro ging, um mit ihm zu sprechen. Wenig später wurde er hinein gebeten und musste mit anhören, wie der Direktor mit seiner Tante sprach, um ihr zu berichten, was vorgefallen war, ehe er wieder in seine Klasse durfte.

Als der Schultag zu Ende war beeilte sich Harry nach Hause zu kommen. Er hatte exakt zwanzig Minuten, sonst würde sein Zuspätkommen ernsthafte Folgen haben. Trotzdem kam der kleine Junge nicht umhin, auf einer kleinen Brücke stehen zu bleiben, über die er nun schon seit Schuljahresbeginn jeden Tag lief. Draco konnte den Drang spüren, einfach alles zu beenden. Es war ein zusätzlicher Schock für ihn, dass Harry tatsächlich daran dachte, einfach hinunter zu springen, um so allem zu entkommen. Doch wie jeden Tag wandte sich der Junge ab und sprintete den Rest des Weges nach Hause.

Das erste was ihn dort erwartete war eine kräftige Ohrfeige seine Tante, gefolgt von unzähligen Beschimpfungen. Dann zog sie den Jungen einfach an seinem linken Ohr hinter sich her die Treppe rauf. Harry musste sich mühen, ihr hinterher zu kommen, damit sie ihm nicht einfach hier und auf der Stelle das Ohr abriss. Die grünen Augen weiteten sich in Panik, als sie auf das kleine Bad zugingen, dass sich hier oben befand. Er wusste, was kommen würde und auch, dass es nicht half zu flehen und zu betteln, dass er nicht dort hinein musste, also blieb er still.

Die Wanne war voller Wasser und schon im nächsten Moment kletterte Harry ohne sich auszuziehen hinein. Draco konnte spüren, dass das Wasser eiskalt war. Anscheinend war Harry der Frau zu langsam, denn sie packte ihn unwirsch und drückte ihn ganz unter Wasser, ehe sie ihn wieder los ließ. Harry zitterte vor Angst und Kälte und sah seiner Tante nach, wie sie wortlos das Badezimmer verließ. Harry schien Stunden in dem Wasser verbringen zu müssen. Erst als seine Lippen bereits ganz blau und seine Hände und Füße sich ganz taub anfühlten, kam die Frau wieder. Sie ließ das Wasser aus der Wanne und reichte Harry wortlos ein paar trockene Sachen, die jedoch viel zu dünn waren, um den Jungen wieder aufzuwärmen. Ohne sich abzutrocknen zog sich Harry um und ging dann auf den Befehl seiner Tante hinunter in die Küche, um den Abwasch zu erledigen. Das Essen hatte bereits ohne ihn stattgefunden und wieder knurrte sein Magen heftig, als er sich daran machte, die ihm aufgetragene Aufgabe zu erledigen. Wieder wurde alles schwarz um Draco und er verließ nach kurzem zögern wieder den Raum durch die Tür, durch die er gekommen war.

Draco schloss die Tür hinter sich und schaute zu Harry, der ihn aufmerksam beobachtete. Die Szene, die er gerade eben gesehen hatte, spielte sich noch einmal in seinem Kopf wieder.

„Sind alle deine Erinnerungen an deine Verwandten so?“, fragte er vorsichtig. Am Gesichtsausdruck des Schwarzhaarigen konnte er die Antwort bereits ablesen. Traurigkeit und Scham konnte Draco in Harrys Augen erkennen und das alles bestätigte sich noch, als dieser langsam nickte und seinen Blick abwendete.

„Ich hatte gedacht, dass wenigstens deine Tante dich anders behandeln würde, wenn dein Onkel nicht im Hause ist“, sagte Draco.

Kurz lachte Harry freudlos auf. „Meine Tante hat meine Mutter gehasst, weil sie zaubern konnte. Sie empfand das als abnormal und als ich zu ihnen gekommen bin, hat sie gewusst, dass ich ebenso ein Zauberer bin, genauso abnormal. Sie hat mich gehasst und hätte nicht einmal auf mich gespuckt, wenn ich in Flammen gestanden hätte. Ich hatte immer viel mehr Angst vor ihr, als vor meinem Onkel. Der hat mich nur geschlagen, wenn es ihm gerade eingefallen ist, aber meine Tante hat subtilere Spiele mit mir gespielt. Sie hat selten körperliche Gewalt gebraucht, um mich zu bestrafen.“

Draco schluckte hörbar. Er hatte gerade also eines der Spiele gesehen, die Harrys Tante mit ihm zu spielen pflegte. Das war furchtbar und er wollte sich gar nicht vorstellen, was er noch zu sehen bekommen würde. Und doch würde er nicht aufgeben. Harry würde nur dann wieder zurückkommen, wenn er sich diese sechs Erinnerungen ansehen würde. Zwei hatte er schon geschafft, blieben noch vier. Er warf noch einen Blick auf Harry und ging dann entschlossen ein paar Schritte und öffnete ohne zu zögern die nächste Tür.

Er befand sich in einem kleinen Raum, winzig klein, so dass er kaum aufrecht darin stehen konnte. Scheinbar war er in dem kleinen Schrank unter der Treppe, den er aus der ersten Erinnerung kannte. Draco setzte sich auf die schäbige Matratze auf dem Boden. Im nächsten Moment öffnete sie die Tür und Harry kam herein. Vom Alter her würde Draco ihn auf etwa sechs Jahre schätzen. Er war ziemlich dünn und wirkte dadurch sehr zerbrechlich. Der Hunger war, wie auch die letzten Male, vorhanden und zerrte langsam an Dracos Nerven.

Harry setzte sich einfach neben ihn, ans Ende der Matratze und wartete leise. Erst nach etwa zehn Minuten bewegte er sich wieder. Draco schaute neugierig zu, wie der kleine Junge aus der hintersten Ecke des Schrankes, versteckt hinter einer Kiste einen kleinen Teddybär hinaus holte. Er war hellbraun und sah schon ziemlich abgenutzt aus. Sein rechter Arm war halb abgerissen und die Füllung quoll ein wenig aus dem Riss hervor. Auf der Unterseite seines Linken Beines prangte ein großes D, was vermuten ließ, dass er ursprünglich nicht Harry gehört hatte.

„Hallo Wilbur“, begrüßte ihn Harry flüsternd und streichelte dem Teddy über den Kopf. Harry liebte sein einziges Spielzeug abgöttisch und drückte den Teddy fest an seine Brust, ehe er ihn sorgsam neben sich legte.

„Schau mal, was ich mitgebracht habe“, flüsterte er stolz und zeigte Wilbur eine Nadel. „Ich habe die hier aus Tante Petunias Schublade geholt. Ich mache heute deinen Arm wieder ganz, dann tut es nicht mehr weh. Ich habe letztens Tante Petunia dabei zugesehen, wie sie Dudleys Hose genäht hat. Das sah nicht so schwer aus, aber ich weiß natürlich nicht, ob ich es so gut hinbekomme, wie sie.“

Harry hielt die Nadel hoch und fädelte den Faden ein, ehe er beides beiseite legte. Er nahm Wilbur wieder in die Hand und legte ihn vorsichtig, wie als wolle er ihm nicht wehtun, auf seinen Schoß. Sorgfältig stopfte er die Füllung wieder in den Teddy, ehe er die Nadel nahm und begann, ihn zu nähen. Draco konnte erkennen, wie viel Mühe sich Harry dabei gab. Er biss sich auf die Unterlippe und gab sein Bestes, um den Teddy wieder ganz zu machen und nach kurzer Zeit war es geschafft.

Harry strahlte über das ganze Gesicht und drückte Wilbur erneut fest an sich, ehe er ihn vor sich setzte und begann ihm von seinen Tag zu erzählen. Er erzählte, dass er heute draußen im Garten gewesen wäre und seiner Tante bei der Pflege der Beete geholfen hatte und wie Dudley derweil mit seinen Freunden gespielt hatte. Er war ganz stolz darauf gewesen, dass er alles richtig gemacht hatte und erzählte, wie schön die ganzen Blumen ausgesehen hatten. Nicht nur Wilbur, sondern auch Draco lauschte seiner Erzählung. Harry war einfach goldig und Draco hätte ihn jetzt am liebsten in den Arm genommen, um ihn ganz fest an sich zu drücken.

Müde gähnte Harry, nachdem er zuende erzählt hatte. Er nahm Wilbur wieder ganz vorsichtig in den Arm und legte sich hin und schon nach ein paar Minuten war sein Atem gleichmäßig und zeigte, dass er eingeschlafen war. Draco beobachtete den kleinen Jungen. Es war ein friedliches Bild, was er hier vor sich sah, doch diese Ruhe wurde schon bald gestört, als jemand die Tür aufriss. Dudley stand mit seinen Freunden vor der offenen Tür. Harry war aufgeschreckt und schaute die Jungen erschrocken an.

„Mum sagt, du sollst uns was zu trinken machen“, blaffte der dicke Junge und Harry gehorchte. Wilbur blieb auf dem Bett zurück, als der kleine Schwarzhaarige aufstand, um in die Küche zu gehen. Draco folgte ihm und beobachtete, wie Harry artig allen etwas zu trinken machte, ehe er wieder zu seinem Schrank zurückging. Geschockt schaute er auf sein Bett, nachdem er die Tür aufgemacht hatte. Wilbur lag nicht dort, wo er ihn zurückgelassen hatte. Er ging in den Schrank und suchte überall, doch der kleine braune Teddy war nirgends zu finden.

„Suchst du den hier?“, fragte die hämische Stimme seines Cousins von der Tür aus. Harry wirbelte herum und sah, dass Dudley seinen Wilbur in der Hand hatte.

„Dudley, bitte gib ihn mir wieder. Du hast ihn doch weggeworfen. Du wolltest ihn nicht mehr“, flehte Harry. Er war wirklich verzweifelt. Monatelang hatte er ihn nun schon in seinem Schrank versteckt und ihn nur dann herausgeholt, wenn er sicher war, dass ihn niemand stören würde. Wilbur war sein einziger Freud und Harry wollte ihn zurückhaben.

„Nein“, war alles, was Dudley erwiderte, ehe er die Tür des Schrankes zuschlug und das Klacken eines Schlosses zu hören war.

Harry traute sich nicht, auch nur einen weiteren Ton von sich zu geben. Tante Petunia war im Haus und er würde nur bestraft werden, wenn er Krach machen würde. Erste Tränen begannen seine Wangen hinunter zu laufen. Sein einziger Freund war fort und schon bald lag Harry auf seinem Bett und weinte bitterlich. Draco Herz verkrampfte sich bei diesem Anblick. Er spürte die Verzweiflung und die Trauer, dass Wilbur weg war und fühlte sich so hilflos, dass er diesem kleinen Jungen nicht helfen konnte.

Es dauerte eine ganze Weile, ehe Harry sich wieder beruhig hatte. Die Tränen waren versiegt, doch die Traurigkeit und Unruhe, dass er nicht wusste, was Dudley mit seinem Teddy machen würde, blieb. Unruhig saß er jetzt auf seiner Matratze. Er wollte hier raus und nach Wilbur sehen. Es war ihm in diesem Moment egal, ob Wilbur jetzt vielleicht friedlich in Dudleys Zimmer lag, Harry wollte nur wissen, dass es ihm gut ging. Ihm durfte einfach nichts passiert sein. Zwei Stunden später brachte ihm seine Tante eine Scheibe Brot mit Käse, die Harry gierig verschlang, ehe er kurz darauf in die Küche gerufen wurde, um den Abwasch zu erledigen.

Als er eine halbe Stunde später damit fertig war, sollte er noch den Müll hinausbringen. Harry öffnete den Mülleimer, um die Mülltüte hinauszunehmen und erstarrte. Ganz oben lag Wilbur, doch er war beinahe nicht mehr als er zu erkennen. Arme und Beine waren abgerissen und lagen einzeln herum. Die Füllung war herausgerissen worden und dem Gesicht seines besten Freundes fehlten die Knopfaugen. An eine Reparatur war nicht zu denken und wieder traten Harry Tränen in die Augen. Dudley hatte Wilbur kaputt gemacht, weil er nicht vorsichtig genug gewesen war. Er hatte Monate aufgepasst, damit so etwas nicht passieren konnte und nun hatte er seinen einzigen Freund verloren, seinen Freund, mit dem er immer reden konnte.

„Auf was wartest du noch, Junge? Bring endlich den Müll raus!“, blaffte Vernon und wieder wurde alles schwarz um Draco, als die Erinnerung hier aufhörte.

Draco merkte er als er aus der Tür trat, dass er auch weinte. Es war ihm egal, dass er zum ersten Mal seit Jahren vor jemanden anderem weinte. Nicht einmal bei dem Begräbnis seiner Eltern hatte man ihn weinen sehen. Die Gefühle, die er aber noch jetzt in seinem Inneren spüren konnte, waren einfach zu viel. Merlin, wie sollte er Harry denn erklären, dass es sich lohnte zurückzukommen und sich den Erinnerungen zu stellen, wenn er schon nach der Dritten heulte wie ein kleines Kind.

Er hatte nicht bemerkt, dass Harry zu ihm gekommen war und zuckte heftig zusammen, als sich plötzlich zwei starke Arme um ihn schlossen und ihn einfach festhielten. Und Draco ließ es zu, dass er gehalten wurde, ließ den Trost zu, den sie ihm anboten. Er fühlte sich schäbig, immerhin wollte er Harry zeigen, dass es sich lohnte sich nicht mehr hier zu verstecken.

„Du musst nicht weitermachen, Draco“, wisperte Harr ihm ins Ohr. „Geh einfach und lass mich allein. Es ist schön, was du versucht hast. Es ist schön, dass sich wenigstens einer um mich sorgt.“

Draco löste sich aus der Umarmung. „Das kommt gar nicht in Frage. Ich will nicht, dass du hier bleibst. Ich werde die Vereinbarung einhalten“, sagte er entschlossen und wischte sich die Tränen weg. „Gestattest du mir eine Frage?“

„Zu etwas, was du gesehen hast?“, fragte Harry. Draco nickte. „Frag!“, forderte ihn Harry auf.

„Das was hinter diesen Türen ist, erinnerst du dich im Moment gar nicht daran?“, fragte der Blonde vorsichtig.

„Nicht richtig“, antwortete Harry ehrlich. „Ich weiß nicht genau, wie ich das erklären soll, aber die Erinnerungen sind hinter diesen Türen und ich weiß zwar irgendwie, was geschehen ist, aber es ist alles sehr verschwommen. Es ist sehr viel leichter das alles zu ertragen.“

Draco nickte nachdenklich. „Was ist mit Wilbur passiert?“, platzte es plötzlich aus ihm heraus. „Hast du ihn weggeworfen oder wieder repariert?“

Harrys Gesichtsausdruck verdunkelte sich, als er kurz zu überlegen schien, über was Draco gerade eben gesprochen hatte. Ein dumpfer Knall ertönte und plötzlich war die Tür, aus der der Blonde kurz zuvor gekommen war, verschwunden. Die Erinnerung war nun nicht mehr hinter ihr eingesperrt, sondern wieder in Harry. Er lächelte ein wenig. „Wilbur geht es gut. Er liegt ganz unten in meinem Koffer, sicher verpackt in einer kleinen Kiste. Ich habe bestimmt sechs Wochen gebraucht, bis ich ihn wieder ordentlich zusammengenäht hatte, auch wenn es noch bis Hogwarts gedauert hat, dass er wieder Augen bekommen hat.“

„Ich hoffe, du kannst ihn mir bald einmal zeigen“, sagte Draco, worauf sich Harrys Miene wieder verschloss und er sich herumdrehte, um wieder zu seinem Bett zu gehen. Draco schaute ihm verblüfft hinterher. Es war ganz klar, dass Harry auf keinen Fall zurückwollte und Dracos Zweifel wuchsen nur, dass er es tatsächlich schaffen sollte, den Schwarzhaarigen dazu zu bringen, diesen Ort hier zu verlassen. Aber bevor er sich mit diesem Problem auseinandersetzen konnte, musste er erst einmal die restlichen Erinnerungen anschauen. Draco hoffte wirklich, dass er das schaffen konnte, doch diese Hoffnung war immer geringer geworden, mit jeder Tür, die er geöffnet hatte.

Draco versuchte diese Gedanken aus dem Kopf zu verbannen. Er musste seinen Kopf frei haben, wenn er sich die nächste Erinnerung ansah. Auch wenn er es nicht zugeben wollte, so hatte ihn das, was er bereits gesehen hatte, stark zugesetzt und es fiel ihm schwer, Harrys Gefühle von seinen zu trennen.

Harry war mittlerweile wieder bei seinem Bett angekommen und hatte sich hingesetzt. Mit seinen grünen Augen beobachtete er Draco. Der wollte sich jetzt keine Blöße mehr geben und ging entschlossen auf eine weitere Tür zu, die er ohne zu zögern aufstieß.

Das erste was er feststellte war, dass er sich in Hogwarts befand, um genau zu sein, im Klassenzimmer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Nicht weit von Draco entfernt stand Harry. So wie es aussah, war es eine Erinnerung aus ihrem vierten Jahr, das Jahr, in dem das Trimagische Turnier stattgefunden hatte. Draco konnte spüren, dass Harry nervös und aufgeregt war, aber auch voller Vorfreude. Er schien hier auf jemanden zu warten und kaum hatte Draco daran gedacht, öffnete sich die Tür.

Harry, der bisher aus dem Fenster gestarrt hatte, drehte sich um und lächelte Cedric an, der sorgsam die Tür hinter sich schloss und einen Zauber auf die Tür legte, damit sie ungestört waren.

„Harry“, begrüßte ihn der ältere Junge freudig und ging auf den Schwarzhaarigen zu, um ihn zur Begrüßung sanft zu küssen.

„Cedric“, hauchte Harry, als sie sich gelöst hatten und schaute den anderen Jungen verträumt an, ehe sich ihre Lippen zu einem erneuten Kuss, diesmal viel leidenschaftlicher, trafen.

Draco konnte spüren, wie in Harrys Magen tausend Schnatze herumflogen, als Cedric ihn zärtlich während des Kusses streichelte. Die beiden schienen sehr vertraut miteinander und schienen schon länger zusammen zu sein. Harrys Hand glitt langsam an Cedrics Körper herab und legte sich auf dessen erwachenden Schaft und begann ihn, durch den Stoff hindurch zu massieren. Cedric stöhnte in den Kuss hinein und drängte seine Hüfte gegen die massierende Hand des Jüngeren.

Doch dann trat der Ältere einen Schritt zurück. „Harry, wir müssen in fünf Minuten los, das ist jetzt also keine gute Idee“, sagte er schwer atmend.

Harry nickte. „Ja, ich weiß. Es wäre denkbar ungünstig, wenn du so zur dritten Aufgabe erscheinen würdest“, grinste er schelmisch.

„Ja, lach du nur“, meinte Cedric beleidigt, ehe er sich konzentrierte und versuchte, sich wieder zu beruhigen. Nach einigen Momenten schien es geschafft und er blickte Harry an.

„Du siehst beunruhig aus“, sagte er leise. „Hast du Angst?“

„Ja, ich habe irgendein ungutes Gefühl. Ich würde mich wohler fühlen, wenn wir beide einfach hier bleiben und dieses Turnier vergessen würden“, erwiderte Harry ehrlich.

„Es wird schon gut gehen, Harry. Du bist mir im Duellieren ebenbürtig, trotz der drei Jahre Unterschied, also mach dir keine Sorgen. Heute Abend ist alles vorbei. Was hältst du davon, wenn wir uns dann im Raum der Wünsche treffen. Der Sieger darf sich von dem anderen etwas wünschen“, schlug Cedric mit einem lasziven Grinsen vor.

„Einverstanden. Ich weiß auch schon ganz genau, was ich mir von dir wünschen werde“, lächelte Harry.

„Wie gut, dass das vollkommen egal ist, weil ich nämlich gewinnen werde“, erwiderte der Ältere. „Aber nun komm, wir sollten gehen.“

Harry nickte und umarmte seinen Freund noch einmal, ehe sie sich auf den Weg machten. Draco folgte ihnen, doch Harrys ungutes Gefühl, ließ auch ihn sehr unruhig werden. Er wusste, was passieren würde und das war eine Sache, die er sich nicht ansehen wollte. Die dritte Aufgabe des Trimagischen Turniers stand unmittelbar bevor und Draco wusste von seinem Vater, was genau geschehen war, nachdem Harry und Cedric den Pokal gemeinsam berührt hatten. Er musste also nicht sehen, was geschehen war und er wollte es auch nicht sehen.

Entschlossen schritt Draco wieder zu der Tür, um die Erinnerung zu verlassen, doch sie ließ sich nicht öffnen. Verzweifelt rüttelte er an der Tür, doch sie blieb fest verschlossen. Er konnte sich das nicht ansehen. Er wollte sich gar nicht vorstellen, was Harry bei Cedrics Tod gefühlt hatte. Niemand hatte gewusst, dass er mit dem gutaussehenden Jungen zusammen gewesen war und es musste schrecklich gewesen sein, zuzusehen, wie Cedric ermordet worden war. Nein, er wollte sich das garantiert nicht ansehen. Draco hämmerte jetzt gegen die Tür. Vielleicht könnte Harry sie von außen öffnen, doch nichts geschah.

Verzweifelt lehnte er sich gegen die Tür, ehe er an ihr hinab sank und auf dem Boden sitzen Blieb. Seine Stirn hatte er gegen die Tür gelehnt und er versuchte ruhig zu atmen und irgendwie Harrys Emotionen zu verdrängen. Er hatte keine Chance, er spürte die Nervosität, die Anspannung und eine leichte Panik, als Harry sich durch den Irrgarten kämpfte. Er spürte die Angst, als Harry gemeinsam mit Cedric gegen die riesige Spinne kämpfte, die Schmerzen, die Harry durch das Ungetüm zugefügt wurde, als er mit seinem Bein gegen eine ihrer Greifscheren stieß und wie der Schmerz noch größer wurde, als er sich aus dem Griff der Spinne befreien konnte und aus vier Meter Höhe auf sein ohnehin schon verletztes Bein fiel. Er spürte die Erleichterung, als beide Jungen es endlich geschafft hatten, die Spinne zu besiegen und hörte ihnen zu, wie sie darum stritten, wer von ihnen nun den Pokal nehmen und damit das Turnier gewinnen sollte und er hörte die verhängnisvollen Worte, als Harry vorschlug, dass sie beide den Pokal gleichzeitig nehmen sollten.

Draco spürte, wie Harry daraufhin mit einem Portschlüssel davon gerissen wurde, wie er auf den Friedhof ankam, wie seine Panik sich steigerte, als er erkannte, vor wessen Grab sie gelandet waren, wie er verzweifelt versuchte, Cedric zu sagen, dass er verschwinden solle, seine Verzweiflung, als Cedric ihn nicht allein lassen wollte und schließlich den stechenden Schmerz in seiner Narbe, der die Anwesenheit des Dunklen Lords ankündigte. Draco hörte die Worte, die Cedrics Leben ein Ende setzten und ein nie gekannter Schmerz erfüllte seine Brust. Harrys Gefühle waren so gewaltig, dass sie Draco die Luft zum atmen nahmen. Verzweifelt versuchte er Luft in seine Lungen zu bekommen, doch es funktionierte nicht. Alles begann sich um Draco zu drehen, doch seine eigene Panik darüber konnte er durch Harrys überwältigende Gefühle nicht spüren.

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Blaise rannte durch die Gänge Hogwarts in Richtung Kerker. Er war besorgt, sehr besorgt sogar. Seit beginn der Verschmelzung zwischen Draco und Harry hatte er seinen Freund beobachtet und sie neusten Entwicklungen machten ihm die größten Sorgen. Zu beginn des Zaubers, den er und Draco angewandt hatten, um dem Schwarzhaarigen zu helfen, hatte er fasziniert die weiteren Ereignisse beobachtet. Um Draco herum war eine Silberne Aura erschienen, während die um den Gryffindor herum golden zu sein schien. Immer wieder hatte Blaise beobachten können, wie die silberne Aura ein Stück weit von der goldenen verschluckt wurde, doch jedesmal hatte Draco sie wieder zurückdrängen können.

Es war, als würde Draco einen Kampf führen, nicht von der goldenen Aura von Harry verschluckt zu werden, doch vor zwanzig Minuten hatte sich das dramatisch verändert. Besorgt hatte er zusehen müssen, wie das silberne Leuchten um Draco von dem Gold immer mehr verdrängt wurde. Draco hatte angefangen schwer zu atmen und es schien, als würde er den Kampf verlieren. Als der Blonde dann immer blasser wurde, hatte Blaise endgültig gewusst, dass etwas nicht stimmte und war aufgesprungen. Draco hatte ihm gesagt, was er im Notfall tun sollte und so rannte der Schwarzhaarige nun so schnell er konnte zu dem Paten des Blonden.

Schlitternd kam er vor dem Büro des Tränkemeisters zu stehen und klopfte verzweifelt an die Tür. Kurz darauf wurde diese aufgerissen und Blaise starrte in die wütenden Augen seines Hauslehrers. Snape schien zu sehen, dass etwas nicht stimmte, denn der wütende Ausdruck verschwand bei dem Anblick des panischen Jungen. Er musste sich schwer konzentrieren, um aus dem, was Blaise daraufhin herunter ratterte, schlau zu werden. Blaise erzählte kurz und knapp von dem Fluch, wie sie etwas darüber herausgefunden hatten und das Draco sich in den Geist des Gryffindors begeben hatte und nun Probleme zu haben schien. Snape verlor keine Zeit und rannte mit dem Jungen durch die Gänge zurück zum Raum der Wünsche.

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Um Draco herum war alles schwarz. Er zitterte am ganzen Körper und bekam noch immer kaum Luft. Nur noch vernebelt hatte er den Rest der Erinnerung mitbekommen, doch der Schmerz, denn er durch den Cruciatus des Dunklen Lords gespürt hatte, war nichts im Verglich zu dem Schmerz und der Trauer, die er von Harry über den Tod von Cedric gespürt hatte und noch immer war dieser Schmerz da und nahm ihm die Luft zum atmen.

Eine kleine Stimme in seinem Kopf rief ihm zu, dass es nicht seine Gefühle waren, doch Draco verstand nicht, was sie sagte. Er bekam immer weniger Luft, ihm war schwindelig, vor seinen Augen begannen bunte Punkte zu tanzen und er spürte einen stechenden Schmerz in seiner Brust, der immer schlimmer zu werden schien.

Draco erschrak, als sich plötzlich zwei starke Arme um ihn legten und ihn in eine feste Umarmung zogen. Er hörte, wie jemand mit ihm sprach, doch er konnte es einfach nicht verstehen. Die Arme ließen ihn nicht los und langsam spürte Draco, wie wieder Luft in seine Lungen strömte. Der Schwindel verschwand langsam und allmählich konnte er die Worte, die unablässig in sein Ohr geflüstert wurden, verstehen, konnte verstehen, wie sein Pate mit ihm sprach und versuchte, ihn zurückzuholen und alles was Draco tun konnte war, sich in die Umarmung fallen zu lassen und zum wiederholten Mal an diesem Tag, hemmungslos zu weinen begann.

Es dauerte eine Ewigkeit, bis Draco sich wieder beruhig hatte. Er schämte sich dafür, so die Kontrolle verloren zu haben und verstand einfach nicht, wie es dazu kommen konnte.

„Es sind nicht deine Gefühle, die du hier spürst. Du kannst sie nicht hinterfragen oder verleugnen, dass es sie gibt, so wie du es mit deinen Gefühlen tust“, beantwortete ihm Snape die unausgesprochene Frage.

„Was tust du hier?“, fragte Draco, noch immer in der Umarmung seines Paten. Er fühlte sich im Moment so geborgen und wollte dieses Gefühl um keinen Preis verlieren. Er war froh, als die starken Arme ihn nicht losließen, sondern ihn weiterhin beschützend festhielten.

„Blaise hat mich geholt, weil er sich Sorgen gemacht hat und die waren auch nicht unbegründet. Ich muss dich gar nicht fragen, wieso du so eine Dummheit begehen konntest und es auch noch alleine versuchen wolltest. Für das, was du hier vorhast, ist eine hohe Kontrolle notwendig, die nur gut ausgebildete Okklumentiker ausführen sollten. Du hättest zu mir kommen sollen und es nicht allein versuchen sollen“, erklärte der Tränkemeister.

„Hättest du mir denn geholfen?“, fragte Draco mit hochgezogener Augenbraue.

„Das werden wir wohl nie erfahren“, antwortete Snape und löste sich langsam von seinem Patensohn. „Du solltest jetzt mit mir zurückkommen.“

Draco schaute Snape entsetzt an. „Nein, ich kann hier jetzt nicht weg. Ich habe Harry noch nicht überzeugt, dass er zurückkommen muss.“

„Was meinst du mit nicht überzeugt. Sieh dich doch einmal hier um, hier ist nichts. Du kannst für Harry nichts mehr tun“, sagte Snape ernst.

„Hier ist nichts, weil wir in einem der Räume sind“, erklärte Draco. Auf den fragenden Blick seines Patenonkels erklärte er weiter. „Harry ist hinter dieser Tür dort. Ich weiß nicht, ob Blaise es dir erklärt hat, aber wir haben herausgefunden, was der Zauber des Dunklen Lords bewirkt hat. Alle schlimmen Erinnerungen sind auf ihn eingestürzt und deshalb hat er sich hierher zurückgezogen. Ich habe mit ihm eine Vereinbarung getroffen. Ich sehe mir sechs seiner Erinnerungen an und dann wird er sich ihnen vielleicht stellen und wieder er selbst werden.“

„Wie viele Erinnerungen hast du dir bereits angesehen?“, fragte Snape ruhig.

„Das war die vierte“, gab Draco kleinlaut zu. „Ich wusste nicht, wie schlimm es ist. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was ich bis jetzt schon zu sehen bekommen habe.“

„Ich denke, ich habe eine ungefähre Ahnung davon“, entgegnete der Tränkemeister. „Ich habe einen kleinen Einblick gekommen, als ich ihn in seinem fünften Jahr in Okklumentik unterrichtet habe.“

Beide schwiegen eine Weile, ehe Snape erneut zu sprechen anfing. „Das alles nimmt dich viel zu sehr mit und vielleicht solltest du darüber nachdenken, Harry in Ruhe zu lassen. Er hat sich entschieden hier zu bleiben und vielleicht ist es das Beste, wenn du ihn in Ruhe lässt.“

„Wie kannst du so etwas sagen?“, entrüstete sich der blonde Slytherin. „Du kannst doch nicht ernsthaft der Meinung sein, dass es für Harry besser ist, nicht wieder ins Leben zurückzukehren und stattdessen eine leblose Hülle zu bleiben. Was wäre, wenn ich an Harrys Stelle wäre. Würdest du nicht versuchen mir zu helfen?“

„Natürlich würde ich das. Aber das ist etwas vollkommen anderes. Du bist mein Patensohn. Ihr habt euch seit beginn der Schulzeit bekämpft und seid in keinem Verhältnis, dass das Riskieren deiner Gesundheit hier rechtfertigt“, entgegnete Snape ruhig.

„Vielleicht will ich ja genau dieses Verhältnis ändern. Du bist im Moment mit meinem Geist verschmolzen, ich muss dir also nichts vormachen. Ich würde gerne Harrys Freund sein, sogar mehr als das, aber am wichtigsten ist, dass Harry ein glückliches Leben führen kann und dass kann er nicht, wenn er sich hier versteckt.“

„Ich weiß nicht, ob du das wirklich schaffen kannst. Denkst du wirklich du kannst dir noch zwei weitere solcher Erinnerungen ansehen?“, fragte Severus besorgt.

„Ich muss es tun“, antwortete Draco resigniert, aber auch entschlossen. „Kannst du bei Blaise bleiben, falls ich dich noch einmal brauche?“

„Dir ist das wirklich wichtig, oder?“, seufzte Severus, Draco nickte. „Ich werde da sein, wenn du mich brauchst.“

„Danke“, lächelte Draco, ehe er endlich wieder aufstand. Snape nickte ihm noch einmal zu, und ehe Draco die Klinke herunterdrückte, um den Raum zu verlassen, war sein Pate auch schon verschwunden.

Harry schaute ihn mit leeren Augen an, als er wieder aus dem Raum getreten war. Draco versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie aufgewühlt er war, doch seine roten, verquollenen Augen sprachen sicher für sich. Vorsichtig versuchte der Blonde ein Lächeln, das ihm jedoch misslang. Er konnte einfach nicht länger in diese traurigen Augen schauen, so wandte er sich ab und schritt die Türen entlang, bis er vor einer weiteren stehen blieb.

Er zögerte nur einen kurzen Moment, doch nachdem er sich ins Gedächtnis gerufen hatte, dass Severus da draußen war und ihm helfen würde, wäre es notwendig, drückte er entschlossen die Klinke zur nächsten Tür hinunter.

Erneut befand er sich eindeutig in Hogwarts. Einige Meter von ihm entfernt ging Harry gerade auf das Portrait der Fetten Dame zu. Nach seinem Aussehen zu urteilen war das ihr sechstes Schuljahr gewesen und da Harry leicht humpelte, muss es wohl direkt nach dem Quidditchspiel vor den Weihnachtsferien gewesen sein, bei dem er aus zwanzig Meter Höhe abgestürzt war. Draco hatte nie gewusst, warum es passiert war, aber irgendwann mitten im Spiel war der Schwarzhaarige einfach so vom Besen gefallen und hatte sich schwere Verletzungen zugezogen.

Schnell folgte Draco ihm, als das Portrait sich öffnete und ihn in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors einließ. Harry ignorierte die fragenden Blicke der Anwesenden und ging geradewegs durch ihn hindurch, ehe er die Treppen zu seinem Schlafsaal hinaufging. Draco blieb ihm dicht auf den Fersen und folgte ihm zu seinem Schlafsaal. Nachdem Harry die Tür dorthin geöffnet hatte, blieb er wie erstarrt stehen und Draco musste sich ein wenig recken, um zu sehen, was dieses Verhalten verursacht hatte.

An einem der Betten standen Weasley und Granger. Das Bett war ein wenig beiseite gerückt worden und enthüllten darunter ein kleines Loch im Fußboden, wo die beiden wohl ein paar lose Bretter hochgehoben hatten. Ein merkwürdiger Geruch stieg Draco in die Nase und er schaute wieder zu Harry, der sehr blass geworden war. Der Blonde bemerkte, dass die Hände des Schwarzhaarigen leicht zitterten, etwas, was in Harrys sechsten und auch siebten Schuljahr normal gewesen war.

„Was tut ihr da?“, fragte Harry schließlich und schaute seine beiden Freunde entsetzt an.

Beide fuhren überrascht herum, doch während Rons Gesichtsausdruck bald zu schuldbewusst wechselte, war der Ausdruck auf Grangers Gesicht eindeutig als angeekelt zu beschreiben.

Harry betrat den Raum und zog die Tür hinter sich zu. „Harry, das ist widerlich“, schimpfte sie und deutete auf das Loch im Fußboden. „Ich bin hier hoch gekommen, um Ron zu besuchen und rieche diesen ekligen Gestank. Du kannst sicher verstehen, dass ich dem auf den Grund gehen musste. Das ist wirklich abstoßend.“

Harry ging auf die beiden zu und lugte in das Loch im Boden. Auch Draco sah neugierig hinein und musste nun ebenfalls die Nase rümpfen. Unter den losen Brettern schien Harry Essen versteckt zu haben, das während seines Aufenthaltes auf der Krankenstation angefangen haben musste, zu schimmeln und nun tatsächlich furchtbar stank. Draco konnte sich denken, dass Harry dank seiner Kindheit immer die Gewissheit haben musste, dass etwas zu Essen für ihn zur Verfügung stand. Dass er nicht da war, um es rechtzeitig zu essen oder wegzuwerfen, war ein unglücklicher Umstand und Draco tat es leid, als er spürte, wie Harry sich deswegen schämte, während gleichzeitig noch immer Verzweiflung von ihm ausging.

„Hast du nichts dazu zu sagen?“, keifte das Mädchen nun weiter.

„Es geht dich nichts an, was ich unter meinem Bett aufbewahre“, antwortete Harry abwehrend und Draco verstand, dass die beiden wohl so wie er selbst nicht zu wissen schienen, wie Harrys Kindheit bei seinen Verwandten gewesen war.

„Das geht uns also nichts an?“, fragte das Mädchen verblüfft nach.

„Hey, Alter, wenn unter deinem Bett Essen vergammelt, möchte ich schon wissen, warum das so ist. Schließlich stinkt es nun schon seit Tagen hier so schlimm“, sagte nun Weasley.

Draco konnte deutlich spüren, wie Harry sich in die Ecke gedrängt fühlte und er fieberhaft nach einer Erklärung suchte. Er kam nicht dazu, eine Ausrede zu erfinden, da Hermine sich gefangen zu haben schien und nun weiter redete.

„Weißt du was, Harry? Ich habe es satt“, sagte sie und stütze dabei ihre Hände in die Hüften. „Ständig tust du Dinge, für die du uns keine Erklärung geben willst und bis jetzt habe ich ja auch darüber hinweg gesehen, aber ich bin nicht mehr bereit dazu. Wir sind deine Freunde, Harry, und wir haben schon mehr als einmal unsere Leben riskiert, um dir zu helfen, aber wir bekommen dafür nichts zurück. Seit Wochen gehst du uns aus dem Weg und du erzählst uns nichts von dem geheimen Training, das Dumbledore angeordnet hat, damit du Voldemort gegenübertreten kannst, obwohl es auch für uns besser wäre, zu wissen, was du lernst, denn durch unser Freundschaft zu dir sind wir in ständiger Gefahr. Du bist egoistisch, Harry. Wenn du von uns erwartest, dass wir an deiner Seite kämpfen, haben wir ein Recht darauf, all diese Sachen zu erfahren.“

„Ist das der eigentliche Grund für diese Inquisition? Die Tatsache, dass ich euch nicht an dem Training teilhaben lasse? Es gibt nichts, was ich euch darüber oder über irgendetwas anderes zu erzählen habe“, verteidigte sich Harry, dem die Worte seiner Freundin sehr wehgetan hatten.

„Ach nein?“, antwortete Granger und verschränkte nun ihre Arme vor ihrer Brust. „Dann Harry, ist diese Freundschaft für mich beendet. Du willst uns nichts erzählen? Dann werde auch allein mit allem fertig.“

Harry sah dabei zu, wie die Braunhaarige daraufhin aus dem Raum stürmte. Dracos sah zu, wie Harry zu Ron schaute und spürte, wie dessen Herz brach, als der Rotschopf ihn nur kurz emotionslos anschaute und ihr dann folgte. Er spürte, wie Harry ihnen nachrennen und alles erklären wollte, wie er sich dann aber dagegen entschied. Er verstand, dass Harry es wahrscheinlich als besser empfand, wenn sie nicht mehr befreundet waren, um sie zu beschützen und er wollte nichts anderes tun, als den Schwarzhaarigen in die Arme zu nehmen, als der sich Sekunden nachdem er das Essen hatte verschwinden lassen, in das Bett warf und lautlos schluchzte.

Draco wirkte nachdenklich, als er wieder aus der Tür hinaustrat und zu Harry schaute. Das war also der Grund gewesen, warum das Trio auseinandergebrochen war? Es hatte eine Menge Spekulationen darüber gegeben und Draco war mehr als einmal aufgefallen, wie einsam Harry seit dieser Zeit gewesen war. Granger und Weasley waren seine einzigen wirklichen Freunde gewesen und Draco hatte damals beobachten können wie sie ihn zunächst ignoriert und ihn später auch immer wieder mit Worten verletzt hatten. Harrys ruhige und zurückhaltende Art hatten dafür gesorgt, dass auch der Rest seines Hauses ignoriert hatte, während einige andere sich seinen ehemaligen Freunden angeschlossen hatten.

Es fiel Draco nicht leicht das zuzugeben, doch er war froh darüber, dass diese Erinnerung nicht so heftig gewesen war. Sicher war sie ohne Zweifel schlimm gewesen, immerhin hatte Harry seine Freunde verloren, doch sie war eindeutig leichter zu ertragen, als die anderen, die er bisher gesehen hatte. Blieb nur noch eine weitere Erinnerung, die er sich ansehen musste. Ohne zu überlegen, oder noch einen Blick auf Harry zu werfen, ging Draco einfach auf die nächste Tür zu und trat ohne zu zögern ein.

Wieder befand er sich im Schlafsaal der Gryffindors. Es war Nacht und alle schliefen. Draco schaute zu Harrys Bett und erkannte, dass der Schwarzhaarige ebenfalls schlief. Zu seiner großen Überraschung stellte der Blonde fest, dass Harry seinen Zauberstab in der Hand hielt. Er wunderte sich darüber, kam jedoch nicht dazu weiter darüber nachzudenken, da er bemerkte, wie zwei Gestalten das Zimmer betraten. Er konnte hören, wie ein Zauber gesprochen wurde, der wohl verhindern sollte, dass die anderen im Schlafsaal aufwachen würden. Er sah, wie sich beide Männer kurz zunickten, ehe der eine von ihnen plötzlich einen Fluch auf Harry losschickte. Der Schwarzhaarige schreckte hoch und schrie schmerzerfüllt auf, als auch schon der nächste Fluch auf ihn abgefeuert wurde. Drei weitere Flüche folgten, ehe es Harry gelang, den nächsten abzublocken.

„Das war schlecht, Potter“, hörte Draco einen der Männer sagen. „Du hast dich einfach so überrumpeln lassen. Waren etwa die ganzen Trainingseinheiten unnütz?“

Draco stutzte. War das vielleicht das Training, von dem Granger und Weasley vorhin gesprochen hatten? Was sollte das überhaupt? Wie sollte Harry denn wissen, dass sie angreifen, wenn er gerade geschlafen hatte?

„Mitkommen“, knurrte der Mann wieder und Harry folgte ihnen gehorsam. Leicht verzog er durch die Schmerzen, die sie verursacht hatten, sein Gesicht, doch ansonsten ließ er sich nichts anmerken. Draco jedoch konnte spüren, dass er Angst hatte und der Blonde fragte sich, was jetzt kommen würde. Im Gemeinschaftsraum angekommen sah Draco zu, wie erneut ein paar Zauber gesprochen wurden, die wohl dafür sorgen sollten, dass niemand sie unterbrach. Draco riss die Augen auf und krümmte sich vor Schmerzen zusammen, als plötzlich einer der Männer einen Cruciatus-Fluch auf Harry sprach. Nur verschwommen bekam er mit, wie der andere Mann ihn aufforderte, sich zu wehren und einen Zauber zu sprechen, doch Harry war nicht dazu in der Lage, irgendetwas zu tun.

„Du bist erbärmlich, Potter“, sagte einer der Männer, nachdem der Fluch aufgehoben wurde. „Wie willst du den Kampf gegen du-weißt-schon-wen bestehen, wenn ein einfacher Cruciatus dich so aus der Bahn werfen kann? Dumbledore hat uns schon gesagt, dass wir mit dir viel Arbeit haben werden, aber keine Sorge, wir werden dich schon so weit bekommen, dass die Schmerzen dir nichts mehr ausmachen werden.“

Geschockt riss Draco die Augen auf. Das konnte doch unmöglich Dumbledores Werk sein. Er sah ungläubig zu, wie erneut einer der Männer seinen Zauberstab auf Harry richtete und den Unverzeihlichen Fluch auf den Schwarzhaarigen sprach, worauf die Welt um ihn herum erneut in Schmerz versank. Es dauerte eine Ewigkeit, bis die beiden von Harry abließen und ihn einfach so wieder ins Bett schickten. Also wenn das wirklich das Training war, von dem Granger vorhin gesprochen hatte, konnte Draco verstehen, warum er nicht wollte, dass seine Freunde davon wussten oder daran teilnahmen.

Draco zitterte am ganzen Leib, als er wieder aus der Tür trat. Alles tat ihm weh und wenn er ehrlich war, war er froh, dass er mit dieser letzten Erinnerung seinen Teil der Abmachung eingehalten hatte. Er blieb einfach ein paar weitere Minuten dort stehen und versuchte seine Gedanken zu ordnen, ehe er schwerfällig zu dem Bett ging, von dem aus Harry ihn mit traurigen Augen musterte.

Mühsam setzte sich der Blonde auf das Bett und schaute so ruhig wie möglich in die grünen Smaragde vor ihm. Noch ein paar Mal atmete er tief durch, ehe er endlich etwas sagte.

„Ich will dich nicht anlügen, Harry“, begann er. „Dass was du dein Leben lang durchmachen musstest, war schrecklich und ich muss zugeben, dass ich verstehen kann, dass du dich diesen Erinnerungen nicht stellen willst.“

„Du lässt mich also in Ruhe und gehst wieder?“, fragte Harry und trotzdem er hoffnungsvoll klang, konnte Draco auch eine Spur von Traurigkeit in den Worten hören.

„Auf keinen Fall, Harry“, widersprach Draco entschlossen. „Die Abmachung gilt. Ich möchte, dass du wieder zurück kommst. Ich will, dass du dich der Vergangenheit stellst und wieder anfängst zu leben. Ich will für dich da sein und dir all das geben, auf was du bisher verzichten musstest. Und ich werde dich vor allem und jeden beschützen, koste es was es wolle.“

„Warum?“, flüsterte Harry leise und senkte seinen Blick.

Draco konnte nicht darauf antworten. War es denn wirklich genug, was er dem Schwarzhaarigen bieten konnte? Ja, er hatte tiefe, sehr tiefe Gefühle für ihn, aber würde das wirklich reichen? Zweifel kamen in ihm auf. Hinter jeder dieser unzähligen Türen wartete eine Erinnerung auf Harry, die ihn dann wieder verfolgen würde. Wollte er ihn wirklich dazu zwingen, sich ihnen zu stellen, wenn er doch kaum die sechs, die er selbst gesehen hatte, verkraften konnte?

„Du hast all die Jahre mit diesen Erinnerungen gelebt und dich nicht von ihnen besiegen lassen. Du hast uns trotz allem von dem Dunklen Lord befreit und nun möchte ich dasselbe für dich tun und dir helfen, deine Dämonen zu besiegen. Ich weiß, dass es nicht leicht wird, aber ich wäre für dich da. Ich liebe dich, Harry. Ich weiß nicht, ob das genug ist, dich zu überzeugen zurückzukommen, aber du solltest wissen, dass ich es ernst meine.“

„Dann habe ich mir all die verstohlenen Blicke von dir doch nicht nur eingebildet?“, fragte Harry nun mit einem schmalen Lächeln auf seinen Lippen.

„Das hast du bemerkt?“, fragte Draco und errötete leicht.

„Das musste ich ja, schließlich habe ich ja dasselbe getan“, antwortete der Schwarzhaarige verlegen.

„Wirklich?“, fragte Draco mit belegter Stimme, während er gleichzeitig versuchte, seine Freude darüber im Zaum zu halten. Als Harry jedoch zaghaft nickte, konnte der Blonde nicht anders und hob eine Hand, um damit sanft über dessen Gesicht zu streicheln. Er bemerkte, wie der Schwarzhaarige sich der Hand leicht entgegen drückte und lächelte nun sanft.

„Bitte Harry, komm mit mir zurück“, flehte er beinahe. „Lass das alles hinter dir und komm zurück zu mir. Lass mich dein Freund sein und dir all das geben, was du dir immer gewünscht hast.“

„Aber ich habe Angst“, gab Harry zu und Draco konnte nun wieder deutlich die Verzweiflung hören.

„Ich weiß. Aber ich werde für dich da sein. Blaise wird für dich da sein und ob du es nun glaubst oder nicht, sogar Severus wird für dich da sein. Komm zurück und ich werde dir beweisen, dass ich es ernst meine. Wir werden ganz langsam anfangen und ich werde dich zu nichts drängen, hörst du? In ein paar Tagen ist Weihnachten und ich wünsche mir nichts sehnlicher auf der Welt, als es mit dir verbringen zu können. Und wenn du es willst, können wir jedes Weinachten zusammen verbringen, unser ganzes Leben.“

Draco schwieg und schaute gebannt zu Harry, der mit sich zu ringen schien, ehe er entschlossen aufstand und Draco die Hand hin hielt. Der Blonde ergriff sie fest und stand dann ebenfalls auf. Sie schwiegen, als sie gemeinsam zu der Tür gingen, die Draco den Zugang zu Harry ermöglich hatte. Beide wussten, dass die Rückkehr für Harry sehr schwer werden würde und so standen sie eine ganze Weile vor der Tür und schwiegen.

„Wirst du da sein, wenn ich auf der anderen Seite aufwache?“, fragte Harry unsicher.

„Wenn du es zulässt, werde ich immer für dich da sein“, erwiderte Draco und drückte die Hand des Schwarzhaarigen fest. Harry lächelte daraufhin und atmete noch einmal tief durch, ehe er die Klinke zu der Tür, die ihn wieder in die Wirklichkeit zurückbringen würde, hinunter drückte und gemeinsam mit dem Blonden durch sie hindurch schritt.


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Es hat mich beruhigt, zu sehen, dass eigentlich niemand die Szenen beim ersten Take schafft.
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