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Harry Potter und das zweite Zeitalter - Kapitel 15 Die längste Reise

von Reaver

Dort stand er, auf der Kuppe des Hügels unter nächtlichen Wolken, die den Mond verschleierten. Seine Gestalt, umhüllt von einem schwarzen Mantel, ragte er aus dem Schnee empor wie ein einzelner finsterer Dorn aus dem Stängel einer Rose. Harry stand langsam auf, während Ginny ihm ängstliche Blicke zuwarf.
„Ich werden zu ihm gehen.“, sprach er merkwürdig tonlos und schritt zur Tür hinüber.
„Was, aber er...“, begehrte seine Frau auf und hielt ihm am Arm fest. „Nicht alleine, das ist viel zu gefährlich, er... Harry!“
„Kein verstecken mehr, Schatz.“, sprach Harry ruhig. „Er ist nicht zum kämpfen gekommen.“
„Woher willst du das wissen?“, fragte Ginny mit Tränen in den Augen. „Ich will nicht alleine bleiben, nicht jetzt, nicht nach allem, was uns bevorsteht.“
„Begleite mich in deinen Gedanken, in deinem Herzen, dann werde ich niemals alleine sein.“, antwortete ihr Mann lächelnd. Sie gab ihn frei. Das Metall der Türklinke fühlte sich eiskalt unter seinen Fingern an, als wäre die Kälte der Nacht mit ihrem Frost in das ganze Haus hinein gesickert. Ginny reichte ihm seinen Zauberstab, obwohl er sicher war ihn nicht brauchen zu müssen, nicht heute. Er nahm ihn an. Das Holz glänzte und war warm, ein Stück seiner Selbst, an dem es ihm immer gelingen würde sich festzuhalten. Fast schien es ihm, als spüre er die Anwesenheit des Phönix im inneren des Stabes.
„Ich liebe dich.“, sprach Harry, bevor er schnell den Flur entlang ging und die Treppe hinab. Sein Mantel schwebte ihm auf halbem Weg entgegen. Eilig schlüpfte er in den warmen Stoff, bevor sich die Haustüre öffnete und die kalte, nach Schnee und Eis riechende Luft, ihm entgegen strömte. Der Hügel schimmerte bläulich in seinem Kleid aus prächtigem Weiß, das ihn einhüllte. Ganz oben stand Dean, Harry den Rücken zugewandt in der schwarzen Robe. Nur wenige Sterne lugten nun durch die heraufziehenden Wolken zu den beiden herunter. Er spürte Ginnys Blicke, die wohl am Fenster stand, ganz starr vor Angst. Sie hatte sicher in seinen Augen gelesen , dass der Ruf nur ihm galt. Es war heute nicht sein Schicksal zu sterben.
Harry erreichte die Kuppe des Hügels und stellte sich stumm neben Dean, dessen Züge von einer schwarzen Kapuze verborgen wurden. Sein Blick glitt über die nächtliche Landschaft, die sich vor ihnen ausbreitete. Die Täler in Schatten gehüllt wurden nur hin und wieder durch einen Strahl Mondlicht erhellt.
„Nun weist du es, oder?“, fragte Dean schließlich.
„Ja.“, antwortete Harry knapp.
„Nun denn, kein Mumenschanzz mehr.“, erwiderte der in Schwarz gewandte Zauberer. Mit einer schlichten Bewegung führte er seine Hände an den Saum der Kapuze und zog sie herunter. Seine Haut schimmerte bronzefarben und die wachen Augen fanden Harrys Blick. Es war Dean, kein Monster oder halb verblichener Mensch wie Voldemort. Ein wohl gestützter Bart unterstrich die markanten Züge seines Gesichts. Es lag dennoch eine Kraft in seinem Blick, die ihn erschauern ließ. Es war, als fließe die Dunkelheit selbst durch seine Augen.
„Gehen wir ein Stück?“, fragte Dean mit seiner beinahe sanften, dunklen Stimme.
Sein Gegenüber nickte nur. Schweigend führte sie ihr Weg den Hügel hinab, vorbei an verschneiten Bäumen, die wie bizarre Gebilde aus Eis in den Himmel ragten.
„Du fragst mich ja gar nicht nach dem Grund, warum ich diesen Weg gewählt habe, oder versuchst mich verzweifelt dazu zu bewegen ihn zu verlassen.“, bemerkte Dean nach einiger Zeit.
„Hätte es denn einen Sinn?“, entgegnete Harry und blieb stehen.
„Nein.“, meinte der Schwarzmagier lächelnd und wandte sich seinem alten Schulkameraden zu. „Ich hege keinen Zwist mit dir Harry.“ Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. „Ich bewundere deinen Mut, deine Entschlossenheit, aber ich habe die Zukunft mit eigenen Augen gesehen. Mein Weg ist unabänderlich.“
„Aber warum dann all der Schrecken und deine Taten, das sinnlose Blutvergießen.“, fragte Harry ruhig, aber in seinem inneren kochte es.
Dean ignorierte seine Frage. „Ich sah es in der Blutquelle, im Spiegelbild meiner Selbst. Die Welt wird untergehen, aber sie wird neu geboren werden, als etwas anderes. Niemand kann sagen wie sie dann aussehen wird, aber es wird für uns immer einen Platz geben.“
„Und Voldemort?“
„Ach Voldemort.“, sprach Dean den Namen verächtlich aus. „Ich brauche ihn, er wird ein vortreffliches Werkzeug sein, da er anders ist, als alle lebenden Wesen. Ein Schatten, aber dennoch mit Kraft gesegnet, sowie den verzweifelten Wünschen unzähliger Narren.“
„Du weist nicht, was du da tust. Die Magie wird sterben, wenn er durch die Pforte geschritten ist, wenn du sie erneut aufstößt!“, rief Harry entsetzt.
„Merlin spricht aus dir.“, entgegnete der in Schwarz gehüllte Zauberer. „Was sagt dir das, was du siehst?“ Er machte eine ausholende Bewegung mit dem Arm. Menschen bevölkern die Erde, entstellen ihr Antlitz, da die Magie verloren gegangen ist, vergessen in Wirren und Krieg. Niemand hört mehr auf ihre Stimme, sondern töten sie Stück für Stück, in einem endlos langen Todeskampf. Das Chaos wird stärker, mit jeder Minute, die verstreicht, aber sollen wir unsere Welt wirklich dieser Bestie überlassen, oder bringen wir ihr etwas neues, das niemand bis jetzt zu sehen vermag?“
„Vertraust du uns denn gar nicht?“, wollte Harry wissen. „Es gibt viel schützenswertes, aber das würde auch verschwinden.“
„Unser Schicksal ist vorherbestimmt. Jedes aufbegehren wird nur Leid und Tod bringen, aber so wie ich es sah, wird es geschehen. Harry, du hast Familie zwing sie nicht in die Tränen eines Krieges hinein, dessen Ausgang schon feststeht.“ Nach Deans Worten folgte Schweigen, während beide Gegner in die Nacht hinaus blickten. Ein Auto fuhr langsam die vereiste Straße entlang und die Scheinwerfer fuhren glitzernd über die Fahrbahn. Die schneebedeckten Bäume lebten kurz unter dem Licht auf zu unheimlicher Bewegung auf, bevor die Schatten sich wieder zwischen ihren Zweigen einnisteten.
„Siehst du es?“, fragte Dean, als die Wolken aufrissen. „Es ist wunderschön, nicht wahr?“
„Ja.“, antwortete Harry, den Blick auf das Himmelsrad gerichtet.
„Die Erde war es, die als erste die kommende Veränderung spürte.“, sprach der Schwarzmagier
„Glaubst du nicht, dass sie sich dagegen auflehnen wird?“
„Das wird sie, solange die Magie nicht vollständig erloschen ist, aber sie wird sich selbst in einem endlosen Krieg vernichten. Wie es auch sei, der Ausgang steht bereits fest.“
„Ich glaube kaum, dass ich tatenlos zusehen kann, wie du eine Welt in den Abgrund reißt, die ich mit meinem Blut und dem meiner Freunde verteidigt habe. Es war ein Kampf, der sieben Jahre aufs neue gegen uns brandete, aber niemals über uns hinweg schwappte. Es gab sogar eine Zeit, da du selber mit mir an einer Seite gekämpft hast.“, sprach Harry leise, während er auf dem Gesicht seines alten Schulfreundes nach einer Regung suchte.
„Es ist so lange her.“, hauchte Dean. „Ich weiß noch die Da.“ Er lachte kurz auf. „Ja, das waren irgendwie gute Jahre, aber sie haben uns beide geformt. Aus ihnen sind wir als Kämpfer hervorgegangen, wir dienen sogar den selben Idealen, nur mit einem unterschiedlichen Verständnis.“
„Nein, das glaube ich nicht.“, meinte Harry kopfschüttelnd. „Du versuchst nur deinen Weg zu rechtfertigen.“
„Vielleicht hast du Recht, oder ich wollte meinem Gegner in Frieden Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen. Du wirst gegen mich kämpfen, oder?“, fragte Dean und ein Lächeln umspielte seine Züge. „es ist eigenartig dich dies hier zu fragen.“
„Ja.“, antwortete Harry knapp.
Sein alter Schulfreund nickte. „Ich respektiere deinen Entschluss, aber du hast ihn nicht nur für dich gefällt, ich hoffe dir ist das klar. Deine Freunde und Familie wird dir folgen, sogar in den Tod, wenn du es von ihnen verlangst.“
Harry spürte einen Klos im Hals, bei den Worten seines alten Freundes, der nun zu etwas wie seinem Feind geworden war. „Ich würde für jeden von ihnen mein Leben geben, um das ihre zu retten.“
„Nicht alles hat mir die Zukunft offenbart. Vielleicht sterbe ich vor der Zeit, aber jemand anderes würde an meine Stelle treten. Eines kann ich dir aber versichern, Harry. Weder du noch ich werden durch die Hand des anderen ihr Leben geben.“
Die Blicke der beiden Männer bohrte sich ineinander. Harry konnte keine Lüge in den Augen seines Gegenübers erkennen.
„Für dass, was du uns angetan hast sollte ich dich eigentlich hassen, aber nun, da ich weiß, wer unter der Kapuze steckt kann ich es nicht mehr.“, gestand er schließlich.
„Trotzdem werden wird uns als Feinde wiedersehen.“, sprach Dean und selbst in seiner Stimme schwang etwas wie Trauer mit.
„Ja.“
„Ich wünschte Merlin hätte euch niemals von dem Pfad des Schicksals erzählt. Es wäre vielleicht für uns alle einfacher gewesen.“
„Es wäre einfach gewesen zu verurteilen und zu hassen, aber diese Gefühle wenden sich am Ende nur gegen einen selbst.“, erwiderte Harry.
„Es ist flüchtige Kraft, die du aus ihnen schöpfen kannst, aber sie ist ebenso verlockend, wie trügerisch. Wachsamkeit ist angebracht, wenn man sich dieser Verführung hingibt.“, sinnierte Dean.
„Ich denke ich sollte wieder ins Bett gehen. Ginny ist bestimmt halb krank vor Sorge.“, meinte Harry mit etwas schlechtem Gewissen.
„Gewiss. Es war schön dich mal wieder zusehen. Das Schicksal hat unsere Wege vorherbestimmt, genau wie diese Begegnung. Lebe wohl Harry.“, verabschiedete sich Dean. Harry gab keine Antwort, sondern ergriff nur die ihm dargebotene Hand. Nach einem kurzen Händedruck beeilte er sich wieder den Hügel hinaufzukommen. Inzwischen war er aber sicher keinen Schlaf mehr finden zu können. Sein alter Schulfreund blickte ihm nach, aber mit verschlossenem nachdenklichen Gesicht. Das war es also, wofür er sich entschieden hatte. Sie würden kämpfen, auf Leben und Tod. Seine Wahl würde auch die seiner Freunde sein, seiner Familie. Führte er sie in einen aussichtslosen Kampf? Selbst wenn würde das Warten auf ein Ende, das unausweichlich kommen würde wohl ähnlich Grausam sein. Für ihre Kinder würde es am schwierigsten werden. Dean war verschwunden, als er von der Kuppe des Hügels in das nächtliche Tal hinab blickte. Erst jetzt spürte Harry wie kalt es war. Der Wind zerrte an seinem Mantel und zehrte die spärliche Wärme auf, die noch in ihm steckte.
Ginny würde es wohl nicht verstehen, wenn er James, Albus und Lily fortschicken würde. Weit weg, weit genug, damit sie fern von Gewalt und Krieg leben konnten, bis der letzte Tag die Entscheidung bringen würde. Was aber war mit allen anderen, die ihm aus altem Pflichtgefühl folgten? Hatte er genug Kraft sie zu retten, oder es wenigstens zu versuchen? Harry hoffte es, aber der Gedanke kam ihm vor wie ein bitterer Selbstbetrug um das eigene Gewissen zu erleichtern.
Wie von selbst hatten ihn seine Schritte zur Türe vom Fuchsbau gelenkt. Mattes, warmes, flackerndes Kerzenlicht sickerte unter dem Spalt durch und vermischte sich mit dem glitzernden Schimmer der Gestirne. Ginny öffnete von innen, noch bevor er die hand nach dem Knauf ausgestreckt hatte.
Unendliche Erleichterung spiegelte sich in ihren angespannten Zügen. „Du...“, stotterte sie.
„Es ist alles in Ordnung.“, sprach er leise und nahm sie in die Arme. Ihr Körper zitterte leicht, kam aber bei seiner Berührung zur Ruhe.
„Ich hatte solche Angst um dich.“, flüsterte Ginny, den Kopf an seine Schulter gelegt. „Was wollte er von dir?“
„Schwer zu sagen.“, meinte Harry, während er seiner Frau über den Rücken streichelte. „Er sagte viel von Schicksal, Bestimmung und dem, was unausweichlich auf uns zu kommt. Dean sprach davon, dass alles vorherbestimmt sei, so wie es ihm die Blutquelle in Avalon prophezeite.“
„Glaubst du ihm?“
„Ich weiß seit gestern nicht mehr, was ich glauben soll. Selbst wenn wir es nicht tun gibt es viele, die es für wahr halten und das macht sie gefährlich.“, sprach Harry, während er sich langsam von Ginny löste um den Mantel wieder an seinen Platz zu hängen. Sie fuhr sich mit den Händen über das Gesicht, als wolle sie damit die Angst der letzten Stunde vertreiben, die ihr noch immer in den Knochen saß.
„Du hast doch jetzt sich schon was vor...“, wollte sie lauernd wissen.
„Ich werde auch in die Blutquelle sehen. Vielleicht zeigt sie mir auch die Zukunft, so wie Dean.“, antwortete Harry, in dessen Kopf langsam eine Idee Gestalt annahm, obwohl ihm nicht gut bei dem Gedanken war. Vielleicht würde ihn das Wissen verändern, so wie es Dean zu seinem Feind gemacht hatte. Aber es gab so viele Fragen, die nach einer Antwort verlangten.
„Glaubst du nicht, dass es ein bisschen riskant ist?“, bemerkte Hermine, die gähnend in ihrem Nachthemd die Treppe hinab stieg. „Nebenbei, was macht ihr beiden hier unten?“
„Ich komme gerade von einem kleinen Gespräch mit Dean.“, antwortete Harry leise, als befürchte er die Wände hätten Ohren bekommen.
Hermine schien sofort hellwach und ihre Hand erstarrte auf dem von ungezählten Fingern polierten Holz des Geländers. „Harry, wie leichtsinnig bist du denn?“, meinte Hermine augenrollend. „Meinst du nicht, dass es die perfekte Möglichkeit für ihn gewesen wäre dich zu töten?“
„Ich habe irgendwie gespürt, dass mir keine Gefahr droht.“, entgegnete Harry. Eisblumen schimmerten an den Fenstern im Licht von Hermines Zauberstab, als sie ihn aufflammen ließ. Tiefe Schatten krochen kurz über ihr Gesicht, bevor sie sich wieder in die Dunkelheit jenseits der Treppe zurückzogen.
„Bei Merlin, denk gefälligst nach, bevor du etwas tust!“, fuhr sie ihn an. „Vor allem jetzt! Du wirst gebraucht, also versuche nicht jede Möglichkeit auszunutzen dein Leben wegzuwerfen. Denk auch mal an Ginny und deine Kinder!“
„Ich tue nichts anderes!“, erwiderte Harry hitzig. „Sie sind der einzige Grund, warum ich mich nach jedem Rückschlag wieder aufgerappelt habe, nach jedem Schritt, den wir zurückgewichen sind wieder vorwärts stürmte und der Grund, warum ich überhaupt noch stehe. Glaubst du ich genieße es immer wieder durch den alten Fluch aus in eine ungewisse Zukunft gezerrt zu werden und um mich herum meine Freunde sterben zu sehen, während ich lebe?“ Er atmete tief durch, während ihn Hermine aus zusammengekniffenen Augen anstarrte. Ginny streckte zögerlich eine Hand nach ihm aus, aber Harry wich ihr aus und verschwand in der finsteren Küche.
In ihm tobte es wieder. Der Sturm, inzwischen wie ein alter Freund war in seine Gedanken zurückgekehrt. Er betrachtete sich selber ihm dunklen Spiegelbild. Vor ihm stand Fremder, eine Figur, die er nicht war und nie sein wollte. Nun kam es ihm vor, als sahen seine Augen ihn so wie alle anderen es taten, außer seine engsten Freunde. Ein Anführer in einem letzten Kampf, ein mächtiger Zauberer, der die Fackel der Hoffnung immer hoch halten würde.
Harry schüttelte den Kopf und sein Spiegelbild tat es ihm nach. Jetzt war er wieder der, der er wirklich war. Ein besorgter Familienvater, einfach ein Mensch, der Angst hatte, Zweifel. Genauso jemand, der aber immer den Mut gefunden hatte das zu tun, was nötig gewesen war, vielleicht weil kein anderer in dem Moment da war, der es vollbringen konnte.
Seine ganze Jugend war auf einer Prophezeiung begründet gewesen, die noch vor seiner Geburt ausgesprochen worden war. Sein Schicksal war es seit dem Tag an gewesen gegen Voldemort zu kämpfen, sich in der dunkelsten Stunde zu erheben, um ihn zu stürzen. Eigentlich war keiner seiner Schritte jemals sein eigener gewesen. Egal was er getan hätte jeder Weg wäre in diesem einen Moment vor zwanzig Jahren gemündet, in dem Voldemort sich selber gerichtet hatte.
War es heute wieder so?
Zu dem Spiegelbild im Fenster gesellte sich ein zweites, das ihn verärgert anblickte.
„Hörst du dich eigentlich reden?“, fragte Hermine schroff.
„Sicher nicht.“, antwortete Harry. „Ich frage mich nur, ob ich das tun kann, was viele von mir erwarten.“
Hermine seufzte und setzte sich an den Tisch. Ihre Gestalt verschmolz fast gänzlich mit den Schatten, die über die Wand krochen. Ihr Zauberstab lag verloschen auf der Tischplatte.
„Seit deine Eltern für dich in den Tod gingen, um dein Leben zu retten bist du für die Menschen ein Held. Wir brauchen Helden zu denen wir aufblicken können und die wenigsten werden gefragt, ob sie es wollen. Dein Schicksal ist Segen und Fluch zugleich, aber ich weiß, dass du die Kraft hast es anzunehmen.“, meinte sie und obwohl Harry sie nicht sehen konnte wusste er, dass sie lächelte.
„Wir müssen James, Albus und Lily in Sicherheit bringen.“, sprach er nun das aus, was ihm auf der Seele brannte. „Es ist vielleicht das beste, wenn Hugo und Rose mit ihnen kommen.“
Nur Schweigen antwortete ihm, das unerträglicher war als jede Antwort, die Hermine geben konnte.
„Ja ich weiß“, erklang ihre Stimme schließlich leise in der Dunkelheit. „Es ist schrecklich, dass wir jene, die wir schützen wollen aufgeben müssen, weil wir sie lieben.“
„Es ist der Krieg, der uns langsam aber sicher zu seinen Werkzeuge macht.“, meinte Harry bitter. Die eigenen Worte bissen in sein Herz wie ein langsames, schleichendes Gift, dessen Wirkung erst Jahre später eintreten würde. „Wir sollten Molly und Arthur bitten sich um sie zu kümmern. Sie haben zwei Kriege erlebt und niemand kann von ihnen verlangen noch einmal in den Kampf zu ziehen.“
„Das ist eine gute Idee.“, sagte Hermine, aber ihre Stimme war fast erstickt. Nichts war von ihrer sonstigen Entschlossenheit und Kraft geblieben. Erst jetzt wurde ihm klar, dass sie weinte. Es erschreckte ihn mehr, als er sich im ersten Moment selbst eingestehen wollte.
Langsam löste Harry sich von seinem Platz am, Fenster und dem kalten Hauch, der selbst durch die geschlossene Scheibe drang. Ein letztes Mal hinterließ sein Atem einen kleinen, rasch schwindenden Kreis von Feuchtigkeit auf dem Glas.
Er setzte sich auf den Stuhl neben Hermine und ergriff ihre Hand. Sie war warm, kräftig, aber ein schwaches Zittern durchlief sie, bis hinein in die Finger.
„Ich rede von Stärke, aber selbst...“, begann sie, aber ihre Stimme erstarb bei den Worten.
„Hey, Tränen sind kein Zeugnis von Schwäche.“, sprach Harry ruhig. „Nicht Jede ist von Übel. Ein Abschied ist niemals leicht, aber besonders schwer, wenn einem keine Wahl bleibt, da es nur eine richtige gibt.“ Er selbst spürte ein heißes Brennen in seinen Augen, als er an seine Kinder dachte und ihre Gesichter vor seinem inneren Auge fröhlich auftauchten. Ihre Augen blitzten vor Übermut, als würden sie wissen, dass ihr Vater sie egal vor welchem Übel beschützen würde.
„Es geschieht alles so plötzlich.“, erklang wieder Hermines Stimme. „Ich habe nichts besseres zu tun, als fast einen Streit vom Zaum zu brechen, obwohl... Ich habe selber noch nicht realisiert was dort auf uns zukommen mag.“
„Ist schon in Ordnung.“, erwiderte Harry sanft. „Jeder geht auf eine andere Art und Weise damit um. Wir müssen alle für uns selbst entscheiden was wir tun wollen.“
„Danke.“, flüsterte sie und drückte seine Hand. „Jetzt hau ab. Für Ginny ist es auch nicht leicht. Ich sagte, dass ich mit dir reden würde, aber du hast eher mir wieder Mut gemacht.“
„Wir uns gegenseitig.“ Harry stand auf. Das Geräusch des alten Stuhls auf dem Fußboden klang unnatürlich laut. Die einzelne Kerze im Flur war fast heruntergebrannt und ihr Wachs lief auf die niedrige Kommode herunter. Flackernd reagierte die Flamme auf den Luftzug, als er an ihr vorbei ging. Die Treppenstufen knarrten, als seine Schritte ihn wieder in den ersten Stock trugen. Er hätte kein Licht gebraucht. Selbst in tiefster Finsternis würden seine Füsse den Weg mit traumwandlerischer Sicherheit finden. Der Fuchsbau war ein Ort, den er neben seinem und Ginnys Heim als nächstes ein Zuhause nennen würde. So viel verband ihn mit diesen Mauern, die so vertraut waren.
Vorsichtig stieß Harry die Tür zu ihrem Zimmer mit den Fingerspitzen an. Sie schwang auf. Ginny hatte das Schloss nicht einrasten lassen. Ein wenig Mondlicht fiel in den Raum hinein, silbrig, wie ein magischer Schimmer, der alles fahl umriss, aber nichts enthüllte. Auf Zehenspitzen schlich er zum Bett hinüber. Ginnys Augen glänzten im fahlen Licht. Sie war noch wach.
Harry öffnete den Mund, um etwas zu sagen, gerade als er zu ihr unter die warme Decke schlüpfen wollte, aber sie legte ihm einen Finger auf die Lippen. Ihre Arme umschlangen ihn und drückten sie schmiegte sich dicht an ihn. Diese Geste sagte mehr als Worte es je würden ausdrücken können. Seine Arme erwiderten die Umarmung und Harry fühlte sich irgendwie geborgen, als würde keine Kraft der Welt sie nun mehr trennen können.

Er wanderte wieder durch die Gänge von Hogwarts. Kalte Luft zog durch die leeren Korridore, zusammen mit dem vertrauten, lieb gewonnen Geruch des alten Mauerwerks. Scherben knirschten unter seinen Stiefeln. Die antiken Buntglasfenster lagen geborsten auf den Bodenplatten. Die Mauern waren rissig, als hätte ein gewaltiger Hammer sie zerschmettert.
Ein Abgrund tat sich vor ihm auf, ein gähnendes Loch in die Tiefe. Die Reste der magischen Treppen ragten wie anklagend erhobene Finger in den Schacht hinein. Eisig schneidender Wind brauste durch das zerstörte Gewölbe der Decke. Einzelne Sterne blinzelten zu ihm hinunter.
„Sie nicht hin!“, rief eine leise Stimme, tief in seinen Gedanken.
Harry fuhr herum, konnte aber niemanden erkennen. Erst als er sich wieder dem Abgrund zuwandte fiel sein suchender Blick auf die in sanftem Schimmer glühende Gestalt, die auf der anderen Seite stand.
„Neville?“, fragte er, aber der Geist antwortete nicht. Traurig schwebte er mal hierhin, mal dorthin, aber niemals würde seine Suche enden. Aus einem zertrümmerten Torbogen trat Seamus heraus. Sein Blick glitt zu Harry herüber, aber es lag nur ein dunkler Brunnen unendlicher Schwärze in seinen Augen, gebrochene, tote Augen. Sie alle waren gekommen: Colin, Cho, Angelina und Professor Sinistra. Jeder, der in diesen Hallen sein Leben ausgehaucht hatte, sinnlos, aber tapfer gekämpft hatte. Ein Auror, den Harry nicht kannte brach aus einem Trümmerberg heraus, der einstmals ein Turm gewesen war.
„Sie nicht hin, du darfst nicht immer hinsehen!“, erklang wieder die Stimme. Sie klang jung, aber merkwürdig verloren und ausdruckslos, als hätte sie in ihrem Leben schon zuviel Leid ausdrücken müssen.
Harrys Augen suchten nach einem jungen Mann, aber sein Blick fand nur die Toten. Sie zogen einen Kreis um ihn, enger und enger, als wollten sie ihn mit sich hinab in ihr Reich reißen. Jeder von ihnen schien in sein Herz zu flüstern.
„Es tut mir Leid!“, wollte er hinausschreien, aber es kam kaum mehr als ein Flüstern über seine Lippen. Es gab keine Vergebung für ihn. Sein Wille hatte sie in die Schlecht geführt, aber nicht zurückgebracht. Weder Sinn noch Rettung hatte ihr Sterben gebracht, dafür mehr Leid, das die Überlebenden zu ertragen hatten.
Konnte Harry es ihnen verdenken, dass sie ihn anklagten und ihn verfolgten. Ihr Wesen war an diesem zerstörten Ort gefangen, der einst die große Hoffnung der Zaubererwelt gewesen war, ein Symbol des Widerstandes. Nun war das Siegel seines Mythos unwiderruflich gebrochen.
„Du darfst nicht in die Vergangenheit sehen!“, rief ihn die Stimme an. „Wenn du dein Herz mit zuviel Leid füllst wirst du dich irgendwann selbst darin verirren.“
Wirbelnd fuhr er um seine eigene Achse, auf der Suche nach dem Ursprung der unheimlichen Stimme.
„Hier, du darfst sie nicht ansehen, sonst werden deine Augen mich nie erblicken.“
Harry schloss kurz die Lider. Als er sie wieder hob erkannte er eine Gestalt in Jeans und T-Shirt, die locker einen Hogwartsumhang über die Schulter geworfen hatte. Er mochte höchstens sechzehn sein, wenn nicht jünger, aber die Augen des Jungen waren viel älter. Es kam Harry vor, als blicke er in einen Brunnen der Schmerzen. Die Geister der Toten hatten ihn nun völlig umringt, streckten bereits die unheimlich schimmernden Arme aus.
„Lass los Harry, lass ab von deinem Traum.“, sprach der Junge. „Komm ich zeige dir meinen Traum.“
Harry starrte ihn an, wie er die Hand ausstreckte. Für einen Moment wallte Panik in ihm auf, als ihm klar wurde, dass er viel zu weit weg war, aber dann spürte er, dass er sie nur zu ergreifen brauchte.
Ein schwarzer Raum tat sich ihm auf, unendlich, gefüllt mit dunklem, tiefen Wasser. Nur für einen Augenblick sah Harry diese Welt, bevor ihn der Fremde fortführte. Sie gelangten an einen weiten Strand, über dem sich hohe Klippen erhoben. Die Felsen glitzerten in der sprühenden Gischt der Wellen. Der warme Wind schmeckte salzig, streichelte aber sanft über seine Haut. Nur wenige Meter vor ihm stand der Junge, keinen Zentimeter entfernt von dem Rand der Klippe. Zu ihrer Linken, fast versteckt hinter einigen, von Wind und Wetter gepeitschten Büschen, lag ein kleines Haus, von dessen Fensterrahmen schon die Farbe abbröckelte, trotzdem verspürte er etwas liebevolles, das von der Hütte ausging.
„Wo sind wir hier?“, fragte Harry schließlich.
„In meinem Traum, einem Ort meiner Vergangenheit und meiner Zukunft.“, antwortete der Junge und drehte sich zu Harry, der einen langen Hals machte, um zu erahnen wie hoch die Klippen waren.
„Traum?“, wiederholte er unschlüssig.
„Ja, ich kann durch die Träume der Menschen wandern, sie anschauen, aber nur zu wenigen kann ich sprechen. Ich bin meist zum zusehen verdammt, während sich viele quälen, idem sie Nacht für Nacht den größten Schrecken durchleben. Sie können meine Stimme nicht hören. Du konntest es auch lange Zeit nicht, Harry.“, sprach der Fremde, der die Arme ausgebreitet hatte, um den Wind durch seine Kleidung fahren zu lassen.
Erst jetzt betrachtete ihn Harry genau. Der Wind spielte mit seinem langen dunkelbraune Haar, das ihm ins Gesicht fiel und zum Teil die verträumten Züge verdeckte. Er war wirklich noch sehr jung, aber dennoch schienen sich Jahrhunderte in seinen Augen widerzuspiegeln, die aufblitzten, als sich die Blicke der beiden trafen. Ein Ausdruck beständiger Traurigkeit zog sich um die fein geschnittenen Lippen. Etwas geheimnisvolles umwogte ihn wie ein seidenes Gewand.
„Wer bist du?“, fragte Harry sein Gegenüber.
„Ich bin Tristan Perreck.“, antwortete der junge Mann mit einem angedeuteten Lächeln, das die Trauer in seinen Zügen aber nicht überdecken konnte. „Mir wurde die Gabe des Traumwanderers zuteil.“
„Was bedeutet das?“, hakte Harry nach. „Außer, dass wir jetzt miteinander sprechen können?“
„Ich kann Träume betreten, oder Menschen einladen den meinen zusammen zu träumen, aber es gibt auch Momente, da ich in das Meer des Schlafes ganz und gar eintauche. Dann sehe ich in den Bildern das Vergangene, die Gegenwart und das Kommende.“
„Du schläfst also auch in diesem Augenblick?“
„Oh ja...“, bestätigte Tristan, der sich wieder dem Meer zuwandte. „Ich schlafe schon seit fast sieben Jahren.“


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Es gibt wunderbare Sequenzen – von der Spannung beim Trimagischen Turnier bis zum Humor und Herzschmerz beim Weihnachtsball, aber das treibende Element ist der traumhafte Thriller, in dem es ein echter Bösewicht auf Harry abgesehen hat – und nur Harry allein in der Lage ist, ihm die Stirn zu bieten.
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