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Fanfiction

Ancient Legion I - Umbra Inkognito - Ring, Rechnung, Regenzeit

von Kiosk

27. Bellatrix Lestrange/ Emilia Eliassen: Ring, Rechnung, Regenzeit


Bellatrix Lestrange: Sechsundzwanzigjährige Todesserin. Verheiratet mit Rodolphus

Clarence Rosier: Bellas Onkel (mütterlicherseits). Todesser der ersten Stunde

Elicius Eliassen: Bruder von Emilia und Halbbruder der Lestranges. Todesser

Emilia Eliassen/ Umbra Inkognito: Ältere Halbschwester der Lestranges. Im normalen Leben eine Bibliothekarin, ansonsten Todesserin und gleichzeitig Abtrünnige

Evan Rosier: Clarences einundzwanzigjähriger Sohn. Todesser

Iliad Farleigh/ Schweinchen Schimäre: Iliads Animagusform ist die eines Schweins. Mit dieser Gestalt spionierte er im Namen der Umbra Inkognito. Gefangengenommen

Leo von St. Fevus: Emilia lieferte die gestohlene Armbrust bei ihm ab. Im Hintergrund scheint er die Fäden zu ziehen

Rabastan und Rodolphus Lestrange: Halbgeschwister der Eliassens. Alle vier haben den gleichen Vater, Barritus.

Severus Snape: Hat gerade erst die Schule beendet. Nun ein Todesser

Zsa-Zsa Zabini: Tänzerin, die berühmt für ihre Schönheit ist. Ehemalige Geliebte von Clarence und die rechtmäßige Besitzerin der Armbrust

Die Armbrust: Voldemort ist fasziniert von antiken und geschichtsträchtigen Objekten. So ist es nicht verwunderlich, dass er auch eine sagenumwogende Armbrust in seinen Besitz bringen will, die einst dem schottischen Lord Willigis Wulfgard gehörte, welcher vor ca. 1000 Jahren den vier Hogwarts-Gründern sein gesamtes Land vermachte. Lange Zeit war die kostbare Antiquität im Besitz der Hexe Zsa-Zsa Zabini, einer direkten Nachfahrin Wulfgards, doch nun gelang es der Umbra Inkognito, die Waffe zu stehlen.

Bisherige Handlung: Die Bibliothekarin Emilia Eliassen führt ein geheimnisvolles Doppelleben. Endlich konnten Severus und Evan herausfinden, dass es sich bei der Frau nicht nur um eine Todesserin, sondern auch um die verräterische Umbra Inkognito handelt. Die Nachricht über Emilias Verrat scheint den Dunklen Lord nicht sonderlich zu überraschen, dennoch wird ihr Vergehen nicht folgenlos bleiben. Doch kaum wurde die Identität der Umbra Inkognito geklärt, nimmt ein weiterer Verräter zu Lord Voldemort Kontakt auf: Ein Mann namens Leo von St. Fevus, der die Kräfte der gestohlenen Armbrust gegen den Dunklen Lord selbst einsetzen will.

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Abend des 23. Juli 1978

Irgendwo in der belebten Muggelstraße Charing Cross Road lag der Pub Zum Tropfenden Kessel, ein Lokal das ganz unbehelligt vom Leben und Treiben der Muggel war und sich praktisch vor ihrem turbulenten Alltag zu drücken schien.
Die Art der Kundschaft, die den Tropfenden Kessel aufsuchte, war immer gleich: Einzig Magier schritten durch die Eingangstür um ihre Mahlzeit zu bestellen - außer natürlich an dem denkwürdigen Tag, an dem eine schrullige alte Muggeldame, ihres Zeichens Schaustellerin, irgendwie den Weg hier her gefunden und sich über die merkwürdigen Menüs (Überbackene Seeschweinleber mit geriebenem tasmanischem Faulkäse nach Art des Hauses) gewundert hatte.
Abgesehen von diesem kleinen Zwischenfall bediente der Tropfende Kessel seit fast fünfhundert Jahren Magier zu gutem Preis, und trotz der mitgenommenen Erscheinung des Lokals, war er doch über die Grenzen Großbritanniens bekannt.

Es war Juli und ungewöhnlich kühl für diese Jahreszeit; Hagelstürme und nasskalte Westwinde peitschten über London hinweg. Auch heute wurden die gedämpften Gespräche in der Gaststätte zeitweise von einem prasselnden Hagelschlag übertönt, der gegen die staubbeschlagenen alten Fenster schlug.
Nährboden für die typischen Gespräche über einen langen Urlaub im warmen Süden.
Bellatrix Lestrange konnte sich keinen Urlaub vorstellen, schon gar nicht irgendwo im Süden. Urlaubswillige hielt sie für Drückeberger und Weichlinge, sie selbst lobte zu demonstrativen Zwecken das scheußliche Wetter.
„Wenn du mich fragst, Phus“, sagte sie zu ihrem Ehemann, während sie das Lokal betraten, „dieses verdammte Sommerwetter hat den Leuten praktisch das Gehirn gegrillt. Mutters Hauself ist bei der Hitze so bekloppt geworden, dass sie ihn hat köpfen lassen. Also weiß ich gar nicht, weshalb sich die Leute nun wegen dem bisschen Regen beschweren.“

Er murmelte irgendwas hinter ihren Rücken, aber Bella hörte schon gar nicht mehr zu; sie war damit beschäftigt eine ältere Dame aus dem Weg zu drängeln, die sich gerade an ihren Stammplatz setzen wollte. Bella und Rodolphus bevorzugten seit jeher einen Tisch in der hintersten Ecke, von wo aus sie das Lokal und seine Gäste gut im Auge behalten konnten und ganz ungehemmt über dieses und jenes lästern konnten.
Während Bella sich setzte, beobachtete sie, dass ihr Mann einen Tisch ganz in ihrer Nähe in Augenschein genommen und einen mürrischen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte. Sie folgte seinem Blick und entdeckte zwei bekannte Personen, die alles andere als wohlgesonnen zu ihnen hinüberstarrten: Hinter einem wahren Berg an Papageienfilets saß eine zierliche Frau mit kinnlangem, schwarzem Haar, die ihr Besteck so angespannt in den Händen hielt, als ob sie sich gedanklich gerade mit einem hinterhältigen Mord per Gabel beschäftigte. Ihr gegenüber hockte ein großer und stattlicher Mann der Rodolphus nicht unähnlich war, denn genau wie Rodolphus besaß der Mann drahtiges, dunkles Haar und einen breiten Kiefer.

„Hallo Emilia“, grüßte Rodolphus die Frau mit spöttischem Unterton, bevor er sich dem Mann zuwandte. „Aha, Elicius ist auch anwesend? Fehlt nur noch Rabastan und wir können ein kleines Familienfest feiern, stimmt`s?“
Emilia und Elicius Eliassen waren die unehelichen Halbgeschwister der Lestrange-Brüder - nicht mehr als ein kleiner Ausrutscher ihres Vaters Barritus Lestrange, als er sich vor etlichen Jahren gleich mehrfach mit einer heruntergekommenen Squib aus Norwegen amüsiert hatte.
Ein steifes Lächeln huschte über Emilias blasses Gesicht. „Immer noch unter den Lebenden, Rodolphus?“, erkundigte sie sich. „Ausgezeichnet. Es freut mich noch immer ungeheuer, das Erbe unseres Vaters in deinen `guten´ Händen zu sehen. Dann schwappte ihr Blick zu Bellatrix hinüber und ihre dunklen Augen verengten sich kaum merklich. „Deine Frau hast du also auch mitgebracht, was?“

Rodolphus ließ es sich nicht nehmen, demonstrativ einen seiner muskulösen Arme um Bellas Schultern zu legen, während er gehässig sagte: „Sieh sie dir ruhig genau an, Bella, dieses neidische Pack Dreck.“ Und er deutete auf Emilia und Elicius, als wären sie zwei grässliche, ekelerregende und hochgradig gemeingefährliche Tiere, die man in einen Käfig gesperrt hatte. „Unser Vater hat ihnen im ganzen Leben nicht einmal eine Karte zum Geburtstag geschenkt und trotzdem sind sie der Meinung, Daddys Vermögen würde auch ihnen zustehen.“ Er hatte seinen verstorbenen Vater noch nie „Daddy“ genannt, aber der zynische Unterton in Rodolphus` Stimme wirkte hierbei ganz hervorragend. Zumindest Emilias Wut schien geschürt worden zu sein, denn sie machte eine kurze, ruckartige Bewegung, als ob sie ihren Halbbruder am liebsten mit ihrem Besteck erdolcht hätte. Elicius warf ihr einen warnenden Blick zu.

„Und außerdem, Emilia“, giftete Bella ihre Schwägerin an, „sind seine Hände um einiges besser als deine. Ich wüsste beim besten Willen nicht, was du mit dem Gold deines Daddys anstellen könntest. Nachdem Elicius und du euch all die Jahre an die Armut gewöhnt habt … wäre doch schade, wenn ihr plötzlich den Kopf verliert, sobald ihr mehr als ein paar Knuts in eurer Spardose findet.“ Sie und Rodolphus lachten gehässig und wieder machte Emilia diese ruckartige Bewegung, als wolle sie beide umgehend attackieren. Diesmal aber war es nicht Elicius, der sie davon abhielt, sondern Emilias linker Arm, der, wie Bella nun feststellte, bandagiert war. Sie kostete den Geschmack von Schadenfreude für einen Moment aus, denn Emilia hatte ihr Gesicht vor Schmerzen verzogen, als sie ihren nutzlosen, verletzten Arm vorschnell bewegt hatte. Erst Tom, der glatzköpfige Wirt, unterbrach Bellas Wonnegefühl, als er sich nach ihren Bestellungen erkundigte.

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„Ignorier sie einfach“, riet Elicius ihr, während er beiläufig und scheinbar seelenruhig an seinem Butterbier nippte. Emilia strich sich die Haare aus dem Gesicht, was auf ihre Umgebung vielleicht lässiger wirkte als es in Wirklichkeit war, denn eigentlich drückte diese Gewohnheitsgeste stets unterdrückte Wut aus.
„Das brauchst du mir nicht zu sagen, Elicius“, knurrte sie. Rodolphus war eine Sache -viel schwer fiel es ihr, Bellatrix Lestrange zu ignorieren. Unbewusst strich sie mit der Hand über ihren verletzten Arm, der wieder schmerzte und pochte. Schwer zu sagen, wie viele Knochen sie sich vor einigen Tagen gebrochen hatte, doch Emilia hatte den Arm praktisch sich selbst überlassen, anstatt das Hospital aufzusuchen. In ihren Augen machte es keinen Sinn mehr, sich mit überhöhten Arztrechnungen herumzuschlagen, wenn Gesundheit demnächst ohnehin irrelevant sein würde - Tote hatten keine Schmerzen mehr.

Das Stück Papageienfilet, das sie seit gut einer halben Minute auf die Gabel gespießt hatte, plumpste zurück in die Honigsauce. Sie bemerkte es nicht.
Elicius spähte kritisch über seinen Bierkrug hinweg. „Geht's dir nicht gut?“
„Alles in bester Ordnung“, murmelte Emilia mechanisch und hätte sich beinahe mit der leeren Gabel in die Zunge gestochen. Rasch sah sie sich nach dem ausgebüchsten Fleischstück um und spießte es mit solcher Wucht auf, dass das Geschirr hässlich quietschte. Ein paar Umsitzende hielten sich stöhnend die Ohren zu.
Elicius zog die Stirn kraus. „Kannst du dir das Essen überhaupt leisten? Papageienfilet - ist das nicht verdammt kostspielig?“
„Keine Ahnung, ich wollt`s schon immer mal probieren.“ Normalerweise konnte Emilia sich von ihrem schmalen Gehalt so gut wie gar nichts erlauben, aber sie war der Meinung, zumindest Todgeweihte sollten sich den einen oder anderen Luxus gönnen.

Ja, genau das war sie - eine Todgeweihte. Jede Mahlzeit, die sie einnahm, könnte ihre letzte sein, genau wie jede Nacht, die sie mit ihrem Verlobten Ulysses Rathburn verbrachte. Aber nichts davon konnte sie mehr genießen. Das Essen schmeckte fad, weil ihre Geschmacksnerven ebenso vor Angst betäubt waren wie der Rest ihres Körpers. Und mit Ulysses hatte sie in den letzten Wochen wahrscheinlich fast alles ausgetestet, was die körperliche Liebe zu bieten hatte, dennoch hatte sie nichts gespürt. All der Schweiß und all die Extase mochten zwar ihren Körper befriedigt haben, doch ihr Herz bekam dieses Hochgefühl nicht zu spüren, und ihr Verstand war viel zu abgelenkt, um sich auch nur ansatzweise fallen zu lassen.
Lord Voldemorts Schatten war auf sie gefallen, sie spürte es an ihrer Gänsehaut, an dem bangen Gefühl beginnender Panik, die im Inneren ihres Kopfes lauerte.
Emilia war längst nicht mehr so taff, wie sie gerne sein würde. So unsäglich und heiß brodelte die Angst in ihr, dass sie begann an ihrem Verstand zu zweifeln. Lord Voldemorts Präsenz und die Gewissheit, dass er nach ihr Ausschau hielt um sie für das zu töten, machten sie wahnsinnig vor Furcht.

XXXXXXX

Bellatrix kannte sich gut genug in den Rängen des Schwarzen Ordens aus, um zu wissen, dass sowohl Emilia als auch Elicius Eliassen zu den Todessern gehörten, doch sie war sehr weit davon entfernt, sie deshalb als „Kollegen“ zu bezeichnen. Emilia, die älteste der vier Lestrange-Geschwister besaß ein ruppiges Wesen und Bellatrix fand, dass sie überraschend dreist war für eine Frau, die lediglich das Produkt einer kleinen dreckigen Affäre war. Dennoch, unter Umständen hätte Bella Emilias Dasein wohlwollender betrachtet, wäre da nicht der heftige Streit um das Erbe ihres verstorben Vaters Barritus Lestrange gewesen, den Emilia und Rodolphus über viele Jahre hinweg ausgetragen hatten. Bei all diesen Erbschaftsstreitereien hatte sich Bella selbstverständlich auf die Seite von Rodolphus gestellt, jedoch nicht nur deshalb, weil sie mit ihm verheiratet war. Auch ansonsten war sie der Meinung, dass eine so kaltschnäuzige Tochter wie Emilia keinen einzigen Knut von Barritus` Geld verdient hatte. Zeit ihres Lebens hatte Emilia nie ein großes Geheimnis daraus gemacht, wie sehr sie ihren Vater verabscheute, doch kaum war Barritus verstorben, hatte sie - als Erstgeborene - hohe Ansprüche gestellt.
Die Familienstreitigkeiten der Lestranges hatten daraufhin wie ein Flächenbrand gewütet und nachdem Bella den Namen ihres Mannes angenommen hatte, bestand sie auf ihr Recht, sich dabei einzumischen, wo es nur ging.

Todesser hin oder her - Bella hasste Emilia, und auch Elicius war ihr ein Dorn im Auge, obwohl dieser Dorn erheblich kleiner und weniger penetrant war. Allerdings waren diese beiden angeheirateten Verwandten nur zwei weitere Einträge in der langen Liste hassenswerter Personen, die Bella in ihrem Kopf führte und täglich erweiterte. Ja, sie begann sogar diesen schleimigen alten Mann zu hassen, der auf einem Barhocker saß und immer wieder anzüglich zu ihr hinüberstarrte. Sie beantworte sein lustvolles Starren mit einem so böswilligen Blick, das er sich schnell wieder seinem Bierkrug zuwandte.
„Was ist eigentlich mit deinem Onkel Clarence, Bella?“, erkundigte sich Rodolphus, während er sich über sein blutiges Nackensteak hermachte, das der Wirt ihm soeben gebracht hatte.
„Wurde bestraft.“
„Lebt er noch?“
„Ja.“ Eigentlich verspürte sie keine große Lust, sich darüber zu unterhalten. Sie war wütend über Clarences gesamtes Verhalten, das er in den letzten Tagen offenbart hatte.

Für Bella war ihr Onkel immer eine Art von Vorbild gewesen, ein Fixstern voll kalter Würde. Sie hatte nie daran gezweifelt, dass Clarence sein Leben für den Dunklen Lord geben würde und im Grunde zweifelte sie auch jetzt nicht daran. Doch sie hätte es nie für möglich gehalten, dass er sein Leben ebenso edelmütig für eine falsche Liebe aufs Spiel setzen würde. Seine Zuneigung für eine dahergelaufene Tänzerin wäre ihm beinahe zum Verhängnis geworden und diese Zuneigung hielt Bella für Hochverrat. Ihr Fixstern war erloschen; sie hatte die Erfahrung gemacht, dass sie wahre Loyalität nur in sich selbst entdecken würde und nicht anhand irgendwelcher Vorbilder.
Bellatrix war treu, nach wie vor. Und sie war stolz darauf, nicht eine Sekunde lang vom Weg abgekommen zu sein, während ihr Onkel Clarence sich in den wirren Ausläufern verdrehter Liebe verloren hatte.
Sie hatte genug von ihm.

Bella blickte automatisch auf, als sich ein Mann durch das volle Lokal drängte und sich bei jedem, den er dabei aus Versehen anrempelte oder auf den Fuß trat, mit einem Lächeln entschuldigte. Seine braunen Haare waren vom kalten Regen ganz nass und strähnig und hingen ihm wüst über die Stirn, doch im Gegensatz dazu wirkte er heiter und zufrieden, als er endlich sein Ziel erreichte und sich zu Emilia und Elicius an den Tisch setze. Bella war zwar sein Name entfallen, doch sie wusste zumindest, dass es sich bei dem Mann um Emilias Verlobten handelte, was auch die beiden identischen Silberringe an ihren linken Ringfingern bestätigten. Silberne Verlobungsringe - irgendeine flüchtige Erinnerung streifte Bellas Gedächtnis, doch ehe sie diese Erinnerung fassen konnte, verflüchtige sich der Geistesblitz schon wieder.

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Ungestüm wie immer beugte sich Ulysses zu Emilia hinüber und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen, obwohl ihr Mund von der Honigsauce noch völlig beschmiert war und sie ihren Bissen nicht hinuntergeschluckt hatte.
„Du schmeckst gut“, lächelte er und fuhr sich testweise mit der Zungenspitze über die Lippen. „Was ist das?“
„Papageienfilet“, antwortete Emilia knapp und trotz dessen sie sich derzeit ausgesprochen freudlos und elendig fühlte, fügte sie augenzwinkernd hinzu: „Habe ich dieses Kompliment nicht schon gestern Nacht zu hören bekommen, in einem anderen Zusammenhang?“
Ulysses grinste kindlich und Elicius rollte geringschätzig mit den Augen. „So genau wollte ich das gar nicht wissen, vielen Dank.“
„Hallo Elicius“, grüßte Ulysses, wobei sein Blick kurz über den Tisch in ihrer Nähe schwappte, wo das Lestrange-Ehepaar saß und keinen Hehl daraus machte, dass sie mehr oder weniger verschwörerisch lästerten. Ulysses` Gesicht verhärtete sich. „Oh nein“, murmelte er erbittert. „Euer Bruder Rodolphus ist ja auch hier“, fügte er mit leiser Stimme hinzu. Ulysses hatte eigentlich noch nie großen Wert darauf gelegt, seine Antipathie offen zur Schau zu stellen. Wahrscheinlich fürchtete er sich davor, direkt in einen hässlichen Konflikt oder Streitgesprächen hineinzuschlittern, weshalb er seine Meinung niemals laut herausposaunte.

Ulysses war ein ziemlich durchschnittlicher, achtundzwanzigjähriger Zauberer, der sich nicht für Politik oder für die Vorgänge in diesem Land interessierte. Er hielt sich aus allem raus, was in seinen Ohren irgendwie gefährlich klang und dazu gehörte eben auch, in der Öffentlichkeit Stellung zu beziehen. Man konnte es daher beinahe schon als Ironie des Schicksals bezeichnen, dass ausgerechnet er mit einer Frau wie Emilia verlobt war, die sich vor ungefähr einem Jahrzehnt Lord Voldemort angeschlossen hatte. Und auch sein zukünftiger Schwager Elicius - von Rodolphus und Rabastan Lestrange ganz zu schweigen - war seit langer Zeit ein Todesser. Doch Ulysses war ahnungslos, er wusste nicht, dass die beiden wichtigsten Menschen in seinem Leben - die Frau die er liebte und der Mann, der sein bester Freund war - ein verbrecherisches Doppelleben führten. Nicht dass Emilia je vorgehabt hätte, ihm die Wahrheit zu verraten. Vielmehr gab sie sich akribische Mühe, alles zu tarnen, was sie verraten könnte. Sie heilte ihre Verletzungen, die sie sich im Kampf zuzog, selbst, oder würgte den Schmerz einfach hinunter; und sie tarnte ihr Dunkles Mal mit einem Zauber, sobald sie Ulysses auch nur in der Nähe vermutete. Er war genauso ahnungslos wie durchschnittlich.

Nun, bald würde Ulysses zwangsläufig erfahren, was Emilia all die Jahre über getrieben hatte. Ihre Geheimnisse würden sich wie von selbst lüften und aufklären, sobald Lord Voldemort sie ermordet hatte. Vor Emilias innerem Auge flackerten furchtbar deutliche und furchtbar grässliche Bilder ihres eigenen toten Körpers, der zerschunden und entstellt in einem Stück Wald irgendwo in Großbritannien vor sich hin rottete, bis irgendjemand - vielleicht ein spielendes Muggelkind - über ihre Überreste stolpern würde.
Verrotten - das Wort löste Brechreiz aus; sie konnte den Klang nicht mehr ertragen. Doch die linkische Stimme in ihrem Kopf flüsterte es ihr immer und immer wieder zu. Eine Stimme, die fast wie ihre eigene klang, bloß kälter und lebloser. Wie die Umbra Inkognito.
Das Besteck glitt Emilia aus den Händen und landete scheppernd auf ihrem Teller und inmitten der dickflüssigen Honigsauce. Plötzlich befand sie sich wieder im Hier und Jetzt, herausgeschleudert aus ihren finsteren Gedanken und hinein in die eisige Realität eines verregneten Sommertages. Ihr war mit einem Mal so kalt, als hätte der Tod selbst sie gestreift und dabei näher betrachtet. Ja, hatte er ihr zugeraunt und klang dabei exakt wie Lord Voldemort, dich hole ich mir schon sehr bald, Emilia.

„Was ist los?“, fragte Ulysses, ließ die Speisekarte sinken und musterte sie besorgt. „Du hast ja einen ganz starren Blick, wirst du krank?“
„Ähm…“ Emilia lächelte fahrig. „Nein, ich bin nicht krank. Weißt du, eigentlich … ich habe ganz vergessen zu erwähnen, dass ich heute meinen Job gekündigt habe.“
„Was?!“, riefen Ulysses und Elicius wie aus einem Munde.
Sie zuckte mit den Schultern. „Ja. Wieso nicht? Die Bibliothek hat mich eh total gelangweilt und unterbezahlt.“
„Aber ohne dein Gehalt können wir unmöglich über die Runden kommen!“, erbitterte sich Ulysses. „Du brauchst einen neuen Job!“
Emilia senkte den Blick und formte in ihrem Kopf eine Notlüge, doch ihre Zunge war nicht im Stande, auch nur ein Wort dieser Lüge auszusprechen. Es wäre so einfach gewesen, Ulysses zu versichern, sie würde sich in den nächsten Tagen um eine neue Arbeit bemühen. Emilia war eine gute Lügnerin, bereits im Vorschulalter hatte sie mehr gelogen und betrogen, als manch anderer in seinem gesamten Leben. Doch aus irgendeinem Grund versagte nun ihre Stimme, sie öffnete den Mund, doch alles was sie hervorbrachte war tiefes Schweigen.

„Emilia, bitte“, drängte Ulysses und zwickte ihr spielerisch in die Schulter. „Sonst müssen wir uns demnächst vom Abfall unserer Nachbarn ernähren.“
Sie versuchte es mit einem Nicken, doch ihre Nackenmuskulatur war viel zu steif und betäubt und das lag nicht daran, dass sie bis vor kurzem noch eine Halskrause getragen hatte. Es war ihr schlicht und ergreifend nicht mehr möglich, Ulysses anzulügen. Sein freundlicher und jungenhafter Blick versetzte ihrem Herzen einen qualvollen Schlag nach dem anderen. Eine solch übermächtige Panik hatte sie erfasst, dass sie kurz davor war aufzuspringen und weg zu rennen, obwohl sie wusste, dass es kein Entkommen mehr gab. Lord Voldemort hatte sie mit dem Dunklen Mal gekennzeichnet, er würde sie überall finden, egal wo sie sich verkroch.
Ich will nicht sterben! Emilia stützte den Kopf schwer auf die Hände und unterdrückte ein Aufschluchzen. Oh bitte, ich will nicht sterben!

Sie zuckte heftig zusammen, als ihr Bruder Elicius plötzlich seinen Krug Butterbier auf den Tisch knallte. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie, dass er sich von seinem Stuhl erhob und einen Moment später hatte er sie auch schon am mageren Arm gepackt und zog sie auf die Füße. „Wir sollten uns mal kurz unter vier Augen unterhalten“, sagte Elicius leise und klang dabei seltsam dumpf.
Ulysses blickte verwirrt zu ihnen auf, Elicius schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln. „Dauert nur einen Augenblick. Wenn Rodolphus dir irgendwie querkommt, ignorier ihn einfach.“
Während Elicius Emilia durch das volle Lokal dirigierte, hielt sie den Kopf wohlwissentlich gesenkt. Draußen regnete es in Strömen, doch hin und wieder flackerte fahles Licht durch die schwere Wolkendecke. Emilia wusste es zu schätzen, denn die dicken Regentropfen spülten ihr die Tränen aus dem Gesicht, ehe ihr Bruder darauf aufmerksam wurde, dass sie weinte.

XXXXXXX

Bellatrix hatte sich mehr mit dem funkelnden Verlobungsring an Emilias Hand beschäftigt, als mit ihrer Mahlzeit, trotz des appetitlichen Duftes nach gerösteten Kartoffeln. Warum nur fügte sich in ihrem Kopf selbstständig ein Puzzleteil nach dem anderen zusammen? Und warum passte in diesem Puzzle alles so nahtlos und eindeutig zusammen?
Die Umbra Inkognito hatte einen Ring getragen. Einen Silberring, genauso schlicht und funkelnd wie der an Emilia Eliassens Finger. Selbst die Haut der Umbra Inkognito war ähnlich blass und dünn gewesen, wie Emilias, die Haare ebenso schwarz und die Statur genauso schmächtig.
Und hatte die Umbra Inkognito nicht auch behauptet, sie würde Bella persönlich kennen? Sie hatte Lord Voldemort „den Dunklen Lord“ genannt, genau wie man es von einer Todesserin erwarten würde.
Alles passte perfekt zusammen, sogar Emilias bandagierter Arm und ihr leichtes Humpeln, als sie schließlich aufstand und von ihrem Bruder Elicius weggeführt wurde.

Bellatrix wurde aus ihren Überlegungen gerissen, als Rodolphus anfing mit der Gabel die Röstkartoffeln von ihrem Teller zu picken. Gewohnheitsmäßig schlug sie seine Hand weg, bevor sie sich wieder der Grübelei widmete.
Ausgerechnet die Schwester ihres Ehemannes - ihre Schwägerin! - sollte sich als die Umbra Inkognito entpuppen? Vielleicht litt Bella auch bloß an Hirngespinsten, vielleicht interpretierte sie zu viel in all diese Parallelen hinein? Viele Frauen trugen silberne Verlobungsringe, waren schwarzhaarig, blass und auch Emilias Körpergröße entsprach dem absoluten Durchschnitt. Sie kannte Emilia Eliassen auch nicht gut genug um zu behaupten, sie könnte sich als Verräterin des Dunklen Lords entpuppen. Ausgerechnet Emilia, von der Bella wusste, dass sie stets effiziente und kaltherzige Arbeit ohne viel Schnickschnack und Schnörkelei geleistet hatte. Gradlinig und auf den Punkt gebracht, das entsprach Emilias Art. Jemand wie sie konnte keine Abtrünnige sein…
…aber hatte die Umbra Inkognito nicht auf genau die gleiche Art und Weise gehandelt und dieselbe effiziente Unbeirrbarkeit an den Tag gelegt?
Bella musste zugeben, dass sie ebenso ratlos wie misstrauisch war. Wobei Misstrauen ohnehin ihr ständiger Begleiter war, der ihr bei allem was sie tat mit Argusaugen über die Schulter blickte und die Welt für sie analysierte.
Aber sie brauchte mehr als Misstrauen.
Sie brauchte einen Beweis.

XXXXXXX

Regenwasser floss in wahren Sturzbächen vom Dach des Tropfenden Kessels und Emilias Kleidung war binnen Sekunden voll gesogen. Die Regenrinne des Lokals war mit altem Laub verstopft und lief über wie eine überfüllte Badewanne, die Tropfen klatschten ihr und Elicius auf den Kopf.
„Was willst du?“, schnarrte sie und stellte erleichtert fest, dass ihre Stimme genauso kalt und hart klang, wie sie sollte.
„Ich will nur mit dir reden“, sagte Elicius und legte kameradschaftlich eine seiner Hände auf ihre schmale Schulter, was sie aber auch daran hindern würde, einfach umzudrehen und wegzumarschieren. „Was ist los, Emilia?“
Der Blick seiner braunen Augen war ebenso bohrend wie bange.
Sie antwortete nicht.
„Du hast Ärger oder?“, fragte Elicius leise und sah sich kurz um, ob sie alleine waren. „Ärger mit ihm? Dem Dunklen Lord?“
„Er ist mir auf den Fersen.“ Zum Glück brach ihre Stimme nicht, obwohl sich ein unangenehmer Druck in ihrem Hals aufbaute, weil der verzweifeltste Teil ihrer selbst sich wünschte, laut aufzuheulen.
Elicius starrte sie an, als hätte er sich verhört. „Bist du sicher…?“
Sie nickte mechanisch. „Ja … ja, verdammt!“
„Aber … wieso?“

Elicius war ein Verräter, genau wie sie selbst. Vielleicht war er sogar der Grund, warum sie sich überhaupt dazu entschlossen hatte, sich von Lord Voldemort abzuwenden. Emilia war eine Opportunistin, sie hätte auch in den Rängen der Todesserschaft bleiben und überleben können, auf Kosten ihrer Seele zwar, aber Überleben war Überleben. Nie hatte sie aus Vergnügen gemordet, doch schon in ihrer Jugend hatte sie begriffen, dass sie morden konnte. Die Fähigkeit über Leichen zu gehen, war ihrer Meinung nach eine Fähigkeit wie jede andere auch. Manche Menschen musizierten ausgezeichnet, andere zeichneten von Natur aus gut - Emilias Talent war ihre kühle Gerissenheit, die Tatsache, dass sie die Mittel heiligte, die den Zweck erfüllten. Mord war ein Werkzeug, das sie einsetzen konnte, wenn sie es brauchte. Doch es bereitete ihr keine Freude. Vielleicht war sie aber auch schon zu abgestumpft um Freude daran zu empfinden. Insgeheim konnte sie die Menschen nur beneiden, die gerne töteten. Sicherlich fühlten sie sich in dem Moment, wenn sie das Dasein eines Anderen auslöschten, lebendiger, als die kühle Emilia in ihrem gesamten Leben.

Elicius, ihr jüngerer Bruder, hingegen verstand etwas von Moral, und wenn er etwas kannte, dann waren es Gewissensbisse. Vielleicht - nein, wahrscheinlich hatte sie sich für den Verrat entschieden, um ihn zu entlasten. Weil sie es besser konnte.
Doch warum auch immer sie den Dunklen Lord hinterging, sie hielt an diesem Weg fest und war bereit dafür zu sterben.
Und diese Bereitschaft würde schon sehr bald eingefordert werden. Ihr bevorstehender Tod war nur eine Frage der Zeit, in ihrem Fall vielleicht bloß eine Frage von Stunden. Seit Jahren hatte Emilia sich mental auf diesen Moment eingestellt, hatte sich damit abgefunden durch Lord Voldemort ermordet zu werden und hatte ihr Leben in soweit abgeschlossen. All ihre gesammelte Stärke reichte nur für diesen Augenblick, genug um die Folter, das Elend und die Befragungen zu überstehen. Ein geistiger Wall, gebaut aus reinem Willen und reinem Trotz, der erst dann in sich zusammenfallen durfte, wenn sich das grüne Licht des Avada Kedavra mitten in ihr Herz fressen und das Leben aus ihrem Körper stoßen würde.

Einzig das Warten auf dieses Ende war schwer, denn die Angst machte Emilia langsam mürbe. Vielleicht, dachte sie sich während sie beobachtete, wie einige alte Blätter aus der überfüllten Regenrinne gespült wurden, vielleicht wäre es besser, es hinter sich zu bringen. Ich hänge doch praktisch schon mit dem Kopf in der Schlinge und das Warten auf den Tod ist vielleicht schlimmer, als der Tod selbst.
„Du willst wissen wieso ich mir so sicher bin, dass er hinter mir her ist, Elicius?“ Sie senkte den Blick und suchte Augenkontakt mit ihrem Bruder, der sie zwischen nassen Haarsträhnen hindurch drängend entgegenstarrte. „Die Wahrheit ist, dass ich es getan habe. Du erinnerst dich an die Geschichte von der verfluchten Armbrust? Der Dunkle Lord wollte die Armbrust und er schickte zwei seiner Todesser - Bellatrix und ihren Onkel -, um sie mit Gewalt an sich zu reißen. Wir sind uns in die Quere gekommen … aber ich hatte am Ende Erfolg. Ich habe dem Dunklen Lord die Armbrust quasi vor seinen roten Augen weggeschnappt.“
Elicius war ganz bleich geworden. „Das hast du nicht…“, stammelte er ungläubig. „Du hast doch nicht tatsächlich -“

„Doch, habe ich“, schnitt ihm Emilia mit Nachdruck das Wort ab. „Kannst du dir vorstellen, wie zornig der Dunkle Lord sein wird? Weißt du, wie dreist ich mich benommen habe?“ Gegen ihren Willen musste Emilia lächeln, ein trotziges und elendiges Lächeln zwar, doch triefend vor Galgenhumor. „Der Dunkle Lord wird mich in Stücke reißen, wenn er mich findet. Und das ist nur noch eine Frage der Zeit: Bellatrix starrt mich an, als ahne sie irgendetwas. Und außerdem…“ Sie brach ab und gönnte sich einen tiefen Atemzug, ehe sie weitersprach. „Außerdem habe ich ein Päckchen hinterlassen. Für ihn. Für den Dunklen Lord. Es geht morgen früh mit der Eulenpost raus. Die Posteule wird ihn finden, ganz bestimmt. Es gibt kein zurück und für mich nichts mehr zu tun.“
Elicius drückte sie mit einem Mal gegen die kalte Steinwand und starrte sie aus flackernden Augen heraus an, als hätte er sie nie zuvor gesehen. „BIST DU WAHNSINNIG GEWORDEN?!“
Seine Worte ließen Emilia kurz zusammenzucken; Elicius schreiend und aufgebracht zu sehen war ein völlig ungewohntes Bild, obwohl sie ihn schon sein ganzes Leben lang kannte. Für einen kurzen Moment lang hatte sie den Eindruck, er würde ihr einen Schlag ins Gesicht verpassen, doch Elicius hielt sich zurück, obwohl sein rechter Arm zitterte. Stattdessen sagte er: „Wieso? Willst du sterben? Bedeutet dir dein Leben nichts mehr, oder warum wirfst du es einfach weg?“

„Mir liegt sehr viel an meinem Leben“, antwortete sie genauso trotzig wie ehrlich. „Aber er hätte mich eh erwischt. Es war nur noch eine Frage der Zeit. Und abgesehen davon bin ich darauf vorbereitet. Ich gebe mein Leben nicht umsonst. Er hat es mir befohlen.“
„Er? Du meinst … Leo von St. Fevus?“
Emilia nickte mechanisch. „Leo gab mir den Auftrag die Armbrust zu holen, also tat ich es. Er sagte mir, dass ich das Päckchen verschicken soll, damit er mit Lord Voldemort Kontakt aufnehmen kann und -“.
„Das heißt, er hat dich praktisch in den Tod geschickt“, stellte Elicius mit hartgesprochenen Worten fest.
„Manchmal braucht es Bauernopfer.“
Diesmal holte er wirklich aus und verpasste ihr einen peitschenden Schlag auf die Wange. Emilia zuckte nicht mit der Wimper, stattdessen drehte sie ihren Kopf in einer gelangweilten Geste zur Seite und schnaubte spöttisch. Das Regenwasser, das auf sie hinuntertropfte, kühlte die pochende Wange angenehm. „Du kannst ohnehin nichts mehr daran ändern. Ich will nicht sterben, aber ich sterbe lieber morgen, als weitere Tage mit dieser Ang-“ schnell bremste sie ihre Worte aus. Ihr Bruder sollte es nicht hören, sollte nicht wissen, wie sehr sie sich fürchtete. „Vergiss es“, sagte sie bestimmt. „Wir wussten alle, dass dieser Tag kommen würde. Ich habe die Armbrust zu Leo gebracht und das war es definitiv wert.“

„Du widerst mich an, Emilia. Diesmal bist du zu weit gegangen!“ Er bückte sich ein Stück weit zu ihr hinunter, sodass sie auf Augenhöhe waren und Emilia kurz davor war, den Blick zu senken, weil sie es nicht ertragen konnte, auf welch enttäuschte Art und Weise er sie anfixierte. Nicht nur das, sein bohrender Blick brachte ihr Schuldbewusstsein zum Aufheulen, denn plötzlich wurde ihr klar, dass sie nicht nur ihr Leben opferte. Sie trat ihren Bruder und ihren Verlobten mit Füßen.
Elicius presste sie nun so stark gegen die Steinwand, dass ihre Schlüsselbeine zu schmerzen begannen. „Emilia“, zischte er mahnend. „Hör auf große Töne zu spucken. Du weißt genauso gut wie ich, was der Dunkle Lord dir alles antun wird, wenn er dich in die Finger bekommt. Du wirst dir wünschen nie geboren worden zu sein.“
Kläglich schluckte Emilia und versuchte die lähmende Angst in ihrem Inneren irgendwie zu unterdrücken. Ein sehr kindlicher Teil ihrer selbst verlange nach etwas Trost, eine brüderliche Umarmung zum Beispiel - als Abschied. Doch sie schaffte es selbst jetzt nicht, ihre kalte Maskerade völlig fallen zu lassen. Stattdessen sagte sie: „Komm morgen nicht vorbei. Ich werde Ulysses sagen, er soll dich nach der Arbeit besuchen. Bleibt weg und bitte - bitte komm den anderen Todessern nicht in die Quere. Warte einfach ab…“ Bis ich tot bin.

Ihre Worte schienen ihn hart zu treffen, und er biss sich einen Moment lang auf die spröde Unterlippe, bevor er sie schlussendlich losließ. „Das werde ich dir nie vergeben, Emilia“, sagte er tonlos und ermattet.
„Okay…“
Dann wandte er sich ab, drehte ihr den Rücken zu und verließ den Hinterhof in Richtung Winkelgasse. Vielleicht hatte er noch nicht akzeptiert, dass in diesem Streitgespräch zwischen ihnen wahrscheinlich die allerletzten Worte gefallen waren, die er je von ihr hören würde. Sicherlich war er zu geschockt und das Gehörte wog zu schwer, um es so schnell zu verdauen. Verdauen würde er es, genau wie er ihr vergeben würde - nur nicht heute oder morgen. Elicius war ein guter Bruder und Emilia eine miserable Schwester, die selbst in diesem Augenblick nicht über ihren kalten Schatten springen konnte.
Emilia ging zurück in das Lokal und hinterließ nasse Fußspuren auf dem Boden. Ulysses sah sich nach ihr um, als sie sich dem Tisch nährte, und tippte vielsagend auf seine Armbanduhr. „Ich habe heute Nachtschicht. In vierzig Minuten muss ich los, also beeil dich mal.“ Ulysses arbeitete in Russland als Pfleger für magische Tiere, obwohl er jedem der es hören wollte erzählte, dass er Tiere nicht ausstehen konnte.

Dann fiel Ulysses auf, dass Elicius ihr nicht gefolgt war. „Wo ist dein Bruder?“, erkundigte er sich verwirrt.
„Winkelgasse. Musste noch irgendwas einkaufen“, log sie.
Ulysses hatte die restliche Mahlzeit auf ihrem Teller komplett verdrückt. Emilia warf dem leeren Teller einen ebenso leeren Blick zu.
„Oh, tut mir Leid“, murmelte Ulysses, der ihren Blick offensichtlich als Enttäuschung interpretiert hatte. „Ich wusste nicht, dass du noch etwas essen wolltest.“
„Nein, ich war eh satt. Vergiss es.“ Emilias Worte gingen schleppender als je zuvor. Die Angst hatte sie wieder fest im Griff und schien ihr Herz förmlich zerquetschen zu wollen. Morgen würde Lord Voldemort das Päckchen erhalten, also blieb ihr noch eine einsame Nacht. Plötzlich war sie sich sicher, dass ihr die Nacht mit Sicherheit den Verstand rauben würde. Ganz alleine in einer dunklen Wohnung sitzen, bis auf nackte Panik, die einen nicht mehr losließ, und der Gewissheit im Nacken, dass man die letzten Stunden des Lebens praktisch an einer Hand abzählen konnte.
Nein, das wollte sie nicht. Das konnte sie nicht. Die Panik würde sie zerfressen und sie am Ende womöglich in den Selbstmord treiben.

Ihr Blick fiel auf Bella und Rodolphus, die sich inzwischen eine große Flasche Rotwein bestellt hatten und beschwipst vor sich hin kicherten. Es fiel Emilia schwer, sich Bellatrix Lestrange als Ehefrau vorzustellen, schließlich hatten sie sich erst vor wenigen Tagen einen erbitterten und hässlichen Kampf im Madame Impérial geliefert. Dort hatte sie Bella als wahres Teufelsweib erlebt. Allerdings wurde ihr plötzlich bewusst, dass vielleicht auch Bella sie - oder eher die Umbra Inkognito -ebenso als eine Art von Monster beschreiben würde. Umso surrealer und ironischer erschien Emilia deshalb ihre heutige Begegnung im Tropfenden Kessel, wo sie selbst und Bellatrix völlig unbehelligt voneinander den Abend verbrachten. Unbehelligt und in Bellas Fall auch unwissend.
Wenn sie um die Identität der Umbra Inkognito wüsste, würde sie Emilia bei der nächstbesten Gelegenheit umbringen. Das würde Emilia zumindest die Wartezeit auf den grausigen Tod verkürzen, der ihr bevorstand.

Irgendwie gefiel ihr dieser Gedanke. Die Wartezeit verkürzen, genau das wollte sie.
Emilia wandte sich von ihrem Platz ab und schritt in Richtung Theke, während sie begann, ihren Verlobungsring zu lockern. Schnell und heimlich griff sie nach dem Umschlag, der die Rechnung enthielt und für Tisch Nummer acht bestimmt war.
Als sie zu Ulysses zurückkehrte, musterte er sie kritisch. „Stimmt etwas nicht?“, erkundigte er sich und runzelte die Stirn.
„Ich habe bloß unsere Rechnung bezahlt. Bist du fertig? Können wir gehen?“
Trödelnd suchte er seine Sachen zusammen, Emilia schnappte ihm Mütze und seinen Schak unter den Fingern weg und bedeutete ihm mit einer Kopfbewegung, ihr schnell aus dem Lokal zu folgen.
„Wir haben noch eine halbe Stunde bevor du zur Arbeit musst“, verkündete sie, als sie vor die Tür traten und der Regen ihre klammgewordenen Haare sofort wieder durchnässte. Sie befanden sich nun in der Charing Cross Road und ein paar Muggel huschten an ihnen vorbei, die Regenschirme mit beiden Händen umklammert, denn der Wind riss an ihnen.

Emilia hatte keine Zeit zu verlieren. Eine halbe Stunde war alles, was ihr von dieser Liebe blieb. Sie wandte sich zu Ulysses um, packte ihn am Kiefer und überfiel ihn mit einem so leidenschaftlichen Kuss, dass ein paar jugendliche Muggel, die gerade aus dem Plattenladen nebenan traten, verstohlen zu kichern begannen.
Ulysses war merklich verdattert und schien Emilia zuerst auf Abstand halten zu wollen, doch dann ergab er sich doch dem plötzlichen Überfall. Als sie von ihm abließ, glänzten seine grauen Augen gleichzeitig vor Vergnügen und vor Verliebtsein.
„Eine halbe Stunde, Ulysses“, raunte sie ihm verheißungsvoll zu. „Ich will, dass wir nach Hause disapparieren.“
Sie kannte ihn gut genug um zu wissen, dass er so ein Angebot niemals hätte abschlagen können. Er war zu verrückt nach ihr und zu süchtig nach der körperlichen Liebe. Und sie hatte Recht: Ulysses lächelte sie anzüglich an und ließ seine Hände ihre Taille abwärts bis zu ihrer Hüfte fahren. „Okay, ich bin dabei“, sagte er und küsste sie.

XXXXXXX

Bellatrix und Rodolphus hatten so viel Rotwein getrunken, bis sie blau waren, und Bella grölte über einen Aurorenwitz, von dem sie nicht wusste, dass Rodolphus ihn an diesen Tag schon mehrmals erzählt hatte.
Beim Lachen musste sie sich schwer auf den Tisch aufstützen, um nicht von der Sitzbank zu rutschen. „Den musch isch mir merken, Phus!“, kicherte sie, obwohl ihr Gedächtnis momentan ungefähr genauso wässrig war wie der Wein. „Warte - äh - wie ging`n der noch mal?“
Rodolphus hob den Zeigefinger und fuchtelte damit herum als wäre er ein großer Redenschwinger. „Pasch auf. Fängt so an: Da lauf`n zwei Auroren - nee…“
„Warn`s nicht drei Stück?“, half Bella ihm nach.
Rodolphus, dessen Blick schon ganz stierend und abgekämpft war, kratzte sich den Dreitagebart. „Hab`s vergessen.“ Wieder grölte er, so laut, dass sich die strafenden Blicke der übrigen Gäste auf ihn richteten.
Bella hielt sich den Bauch, der ihr vor lauter Lachen schon ganz wehtat. Ihr Weinglas rutschte ihr aus der Hand und zerschlug klirrend auf dem Boden. Rodolphus grölte noch ein bisschen lauter.

Einem spontanen Einfall folgend, wuchtete Bella sich auf die Füße, torkelte zu ihrem Mann und ließ sich auf seinem Schoß nieder. Sie drückte mit der Hand seinen Kopf in den Nacken und fuhr mit der Zungenspitze seine bebende Halsschlagader entlang. Wie zur Bestätigung tastete seine Hand wiederum unter ihren Mantel und Rock, bis er etwas fand, mit dem er sich näher beschäftigen konnte.
„Was willst du, Phus?“, fragte sie lauernd. „Willscht eingeritten werd`n?“ Dabei begann sie, ihre Hüften auf und ab zu bewegen, während die Finger seiner Hand dafür sorgten, dass sich ihr Puls und Atem beschleunigte.
„Ja, genau“, stöhnte er. „Schön weiterreit`n.“
Ein lautes Räuspern gebot sowohl Bellas als auch Rodolphus alkoholbedingtem Realitätsverlust Einhalt. Als Bella sich umdrehte, sah sie sich ein paar Dutzend Gästen gegenüber, die alle wie vom Donner gerührt auf ihren Plätzen saßen und zu ihnen hinüberstarrten. Einem Mann war sein Monokel in die Suppe geplumpst, und eine alte Hexe in goldroter Robe sah aus, als sei ihr Herz schon vor gut zwei Minuten stehen geblieben.

„Oh“, murmelte Bella bloß. „Ganz vergessn…“ Dann blinzelte sie zu Tom dem Wirt hoch, der sich vor ihren Tisch aufgebaut hatte und nun erstaunliche Ähnlichkeit mit einem knollennasigen und cholerischen Drachen hatte. „Würden Sie bitte das Lokal verlassen?“, fragte er mit bemühter Freundlichkeit, was allerdings sehr kläglich klang. Er knallte ihnen den Umschlag mit der Rechnung auf den Tisch und rauschte davon, nicht ohne ihnen noch einen letzten bitterbösen Blick über die Schulter zuzuwerfen.
Bella und Rodolphus grinsten sich verstohlen an, bevor sie nach der Rechnung griff, den Umschlag öffnete und -
Klonk
Ein silberner Ring glitt aus dem Umschlag, schlug auf den Tisch auf und blieb funkelnd liegen.
„Hast n` Schatz gefunden, Bella?“, grinste Rodolphus.
Neben der Rechnung befand sich noch ein kleiner Pergamentfetzen in dem Umschlag. Bella zog ihn hervor und las:

Kommt dir der Ring bekannt vor, Lestrange?
Erinnert er dich an jemanden?
Emilia

Schlagartig war Bellatrix wieder nüchtern, als hätte der aufsteigende Hass all den Alkohol in ihrem Blut vollständig verbrannt. Mit bebenden Fingern knüllte sie die Nachricht zusammen. „Emilia“, knurrte sie. „Emilia ist die Umbra Inkognito.“

Fortsetzung folgt…

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@ Miss Voldemort: Der Getötete Ritter ist sowohl in DDK als auch in „Die Unteren Ränge“ vorgekommen und war bis dato immer der Ort mit dem größten Ekelfaktor ;)
Severus wollte Evan einfach nicht vor den wildgewordenen Schminkutensilien warnen, als sie Iliads Berghütte betreten haben. Wahrscheinlich wollte er sich lieber auf Evans Kosten amüsieren, anstatt zu rufen: „OMG, in Deckung, eine Puderquaste!“ Und so kam halt eins zum anderen.
Bella lebt in dem Weinkeller, zusammen mit ihrem Mann. Es gibt so viele FFs, wo sie in irgendeinen Wahnsinns-Anwesen leben, dass ich einfach etwas anderes schreiben wollte. Aber der Weinkeller ist sehr groß und sicherlich auch komfortabel, so dass die beiden alles andere tun, als wie arme Schlucker zu leben.
Hoffe, du freust dich darüber, dass Bella in diesem Kapitel wieder die Hauptrolle spielt ;)

@ Seline Snape: Cool, dass du die Sache mit dem Griechischen Feuer sogar erraten hast. Gerade bei dieser Rätselfrage hatte ich mir am meisten Sorgen gemacht, weil ich dachte, da kommt kein Schwein drauf (mal abgesehen von Severus natürlich ^^)


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Zitat
Während der vier Stunden, die ich in dem verspäteten Zug verbrachte, sprudelten mir alle diese Ideen nur so im Kopf herum.
Joanne K. Rowling