von Saoirse
„Ich muss gehen“, sagte sie, nachdem sie eine Stunde in seinen Armen gelegen hatte, „So ein dämlicher Lehrer will, dass ich noch einen Aufsatz über Vampire für Verteidigung gegen die dunklen Künste schreibe.“ In der siebten Klasse wurde zum größten Teil nur noch wiederholt und zur Auffrischung hatte Lupin seiner Klasse einen Aufsatz über Vampire aufgegeben.
„Wie kann der nur so eine bescheuerte Aufgabe stellen?“ fragte Remus lächelnd.
„Außerdem habe ich Angst, dass Lizzy mir Fragen stellt. Justin wird nicht ewig für eine Ausrede herhalten.“ Tonks stand langsam auf. Sie hatten sich wieder in Remus’ kleines Schlafzimmer hinter dem Kamin zurückgezogen.
Remus’ Gesicht verhärtete sich mit einem Mal. „Wie meinst du das?“
„Justin weiß, dass ich mich in Sie… dich verliebt habe“, antwortete sie.
„Wie viel weiß er?“ fragte Remus.
„Nur, dass ich in dich verliebt bin. Mehr habe ich ihm gar nicht erzählt… Und, dass ich zwei Mal bei dir geschlafen habe und deine Sachen getragen habe… ach ja, und von der kurzen Umarmung habe ich ihm auch erzählt“, sagte Tonks, „Er wird es niemanden verraten.“
Remus' Gesicht verfinsterte sich noch weiter. „Du hast ihm aber nichts von meinem Geheimnis erzählt, oder?“ fragte er.
„Natürlich nicht. Er wird aber niemanden davon erzählen, was du die letzten Tage alles für mich getan hast. Er ist mein Freund“, sagte Tonks.
„Dora, er muss es noch nicht einmal wollen. Es kann auch sein, dass es ihm einmal so rausrutscht, wenn er zum Beispiel mit Elisabeth oder einem seiner anderen Freunde redet. Er muss es gar nicht absichtlich machen“, sagte Remus und beobachtete, wie sich Tonks wieder anzog.
„Ich verspreche dir, dass er nichts und niemandem etwas sagen wird. Ich kenne ihn“, sagte sie, „Wenn du ihm nicht vertraust, vertraust du mir auch nicht.“ Plötzlich bemerkte sie, dass sich dieser Satz so anhörte, als ob sie mit Justin zusammen wäre.
„Tonks“, sie merkte, dass Remus sie wieder beim Nachnamen nannte, „Ich vertraue dir, aber Justin war auch in dich verliebt und es könnte doch sein, dass er…“
„…dass er zur Schulleitung rennt und sagt, was zwischen uns ist?“ fragte sie leicht aufbrausend. Remus nickte.
„Remus, du kennst ihn nicht“, sagte Tonks ernst, „Er würde das nie tun.“
„Tonks, ich will keinen Streit mit dir. Ich weiß nur, dass man sich in Freunde täuschen kann. Vor zwölf Jahren hat Sirius…“
„… ja, Sirius. Kennst du kein anderes Thema? Nur weil er dich angeblich angelogen hat und deine Freunde an Du- weißt- schon- wen verraten hat, muss mir das doch mit Justin nicht genauso ergehen. Ich glaube, du willst niemanden mehr vertrauen. Du bist so verbittert, dass du anderen Menschen nur noch misstraust“, erst jetzt, wo es draußen war, merkte Tonks, was sie ihrem Lehrer gerade an den Kopf geworfen hatte.
„Du gehst jetzt wirklich besser, Tonks“, sagte Lupin ernst. Sie hatte ihn unheimlich stark verletzt. Tonks konnte es zwar nicht mit Sicherheit sagen, aber sie glaubte, Tränen in Remus’ Augen zu sehen.
„E… es tut mir Leid. Ich wollte das nicht…“
„Doch Tonks, du wolltest das sagen“, sagte Remus.
„Nein, das stimmt nicht. Ich liebe dich“, sagte sie verzweifelt. Sie bemerkte, dass sie selbst mittlerweile den Tränen nahe war. „Remus, ich liebe dich“, sagte sie, „Aber jetzt siehst du, dass ich recht habe. Du kannst anderen Menschen wirklich nicht vertrauen.“
Remus schluckte. Er wusste nicht mehr, ob er sie nun verletzt hatte, oder sie ihn.
„Dora…“, sagte er leise.
„Justin weiß nicht, dass wir zusammen sind. Und er wird wahrscheinlich auch nie alles erfahren, Remus. Aber du scheinst das ja nicht zu verstehen…“ Wortlos ging sie durch seine Tür, drehte sich noch einmal kurz um und verließ dann schnell sein Büro. Ein paar Sekunden später fiel auch die Tür zu seinem Klassenzimmer ins Schloss.
Remus überlegte noch, ob er ihr folgen sollte. Aber er wusste nicht, was er ihr noch sagen sollte. Sie hatte ja zum Teil Recht. Er vertraute wirklich so gut, wie niemandem. Aber das lag auch daran, dass er sich in Sirius getäuscht hatte, der vor 20 Jahren zu einem seiner größten Vertrauten gezählt hatte. Sie konnte aber auch nicht verstehen, dass er ein Verbrechen begangen hatte. Für sie war Sirius unschuldig. Noch nicht einmal die Tatsache, dass alle Beweise- Peter Pettigrews Finger und die toten Potters, deren Geheimniswahrer er gewesen war- gegen Sirius sprachen, schien Tonks zu stören. Sie glaubte noch immer an die Unschuld ihres Großcousins. Irgendwie beneidenswert, dachte Remus. Er hätte genauso gerne an das Gute im Menschen geglaubt, wie Tonks es tat. Aber die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass es das Gute im Menschen überhaupt nicht gab… und das würde Tonks wahrscheinlich auch irgendwann lernen müssen.
Auch er hatte etwas Böses in sich. Sein Dasein als Werwolf.
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