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Fanfiction

Harry Potter und das Geheimnis seiner Ahnen - Täter und...

von Eosphoros

26. Täter und...

Granger, hatte sie gesagt. Sirius wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er hatte noch nicht durchschaut, was Narzissa Malfoy vorhatte, doch er ahnte, dass es mit dem Tod des Mädchens enden sollte.

Er schaffte den letzten selig grinsenden Muggel in sein Zuhause zurück und grübelte weiter nach, als er ins Umfeld von Malfoy Manor apparierte. Bisher hatte er keinerlei Gewissensbisse gehabt, seit er von seiner Wanderung in der Unterwelt zurückgekehrt war. Niemand ahnte, was er dort erlebt hatte und wie es wirklich dort aussah, welche Gefühle man hatte und welcher Weg zurückgelegt werden musste, um wieder zurückkommen zu können. Sirius wusste es nicht einmal selbst genau. Doch es musste schrecklich gewesen sein. Er hatte einmal gelesen, dass jeder, der unvorbereitet mit den Toten in Kontakt trat, von ihnen als Eigentum angesehen wurde. Man gehörte dem Tod auf die eine oder andere Weise.

Sirius Black hatte sich immer für hart und eisern gehalten, für jemanden, der seine eigenen Grenzen kannte und gerne an diese herankam, um zu sehen, wann er in der Lage war, sie zu überschreiten und ob überhaupt. Doch das, was er erlebt hatte, musste weit über die Grenzen seines Durchhaltevermögens gegangen sein, gemessen an den Konsequenzen, die er nun zu tragen hatte. Wer als Lebender unter den Toten wandelte, musste damit rechnen, Opfer zu bringen.

Die erste selbstlose Tat, Sirius Black, und du gehörst uns, aber dieses Mal für immer. Überlege dir gut, was du mit der geschenkten Zeit anfängst, hatte man ihm zischend zugeflüstert. Dabei wusste er nicht einmal, wer oder was der Sprecher gewesen war.

Sirius lenkte seine Schritte langsam auf den Grund und Boden der Malfoys. Es begann zu schneien. Wie tief war er gesunken? Niemals hätte er vermutet, einst das dunkle Mal zu tragen und den Anhängern Voldemorts zu Diensten zu sein. Er schüttelte den Kopf und die Tropfen, die der Schnee in seinem Haar hinterließ, flogen in alle Richtungen.

Das imposante Anwesen der Familie Malfoy protzte mit Wärme und Licht, doch das war lediglich der äußere Schein. Im Inneren erinnerte alles eher an ein Museum als an ein Zuhause.
In einem der vielen Gästezimmer war Rea Lupin sehr komfortabel untergebracht, für eine Gefangene. Sirius hatte sie selbst dorthin verfrachtet, verschnürt wie ein Paket. Seit gut einem Monat war er der einzige gewesen, den sie gesehen hatte.

Nun gut, er würde ihr sagen müssen, was geschehen war. Es wäre notwendig, das hatte Narzissa ihm deutlich zu verstehen gegeben.

"Wieso ich!", raunte Sirius in die Nacht und es schien ihm, als würden die Schatten ihn auslachen. Sein Herz schmerzte, wie seit jenem Tag, an dem Bellatrix ihn getroffen hatte und er durch den Vorhang gefallen war. Das war das einzige Manko, das er an seinem Körper feststellte. Doch er irrte sich, wenn er glaubte, niemand würde ihm ansehen, wo er sich eine Zeitlang aufgehalten hatte.

Seine Augen hatten jenen schmerzvollen Ausdruck, der den Leuten zu Eigen war, die großes Leid erfahren hatten. Ihn umgab eine merkwürdige Aura, die eher zu spüren, als zu sehen war. Schlicht und ergreifend, er wirkte noch anziehender als vor seinem Fall durch den Vorhang. Sein Blick war durchdringend geworden, stechend nahezu; das Grau seiner Augen bildete einen noch intensiveren Kontrast zu seinem schwarzen Haar als früher. Doch von alldem bemerkte Sirius nichts.

Eine Veränderung bemerkte Sirius jedoch allzu deutlich an sich. Er hatte eine Fähigkeit entwickelt, um die andere ihn beneiden würden und die dennoch beängstigend war. Black sah Geister auch bei Tageslicht so deutlich wie in der Nacht. Er erkannte, wenn jemand sterben würde, noch bevor dies der Fall war. Er sah Kreaturen der Nacht und sie nahmen ihn wahr; sie verfolgten ihn, ohne ihm etwas anzutun. Doch er wusste genau, würde er gegen den Pakt, diesen eigenartigen Pakt, den geschlossen zu haben er sich nicht mehr erinnerte, verstoßen, würden sie sich auf ihn stürzen und in das Reich der Schatten zurückbringen. Es wäre dann auf Ewig sein Los, als Lebender unter den Toten zu wandeln. Und zwischen Verstoß und Erfüllung existierte nur ein sehr schmaler Grat.

Sirius betrat das Haus und lenkte seine Schritte zum Gästezimmer. Er klopfte, trat ein, wich einem Kissen aus und einer Vase, schloss die Tür und lehnte sich gegen das Holz. Er hob den Blick und erstarrte. Rea war von einem, nur für ihn sichtbaren flackernden, dunklen Schemen umgeben, den er bereits am Abend zuvor bei Melissa bemerkt hatte. Er schien sie zu umarmen, ihr Kinn zu liebkosen und doch, so deutlich er ihn auch sah, so wenig bemerkte sie, was vor sich ging. Sie war sensitiv für dunkle Magie, das wusste er, auch wenn sie diese Gabe unter extremer nervlicher Belastung im Stich zu lassen schien. Sie spürte dunkle Magier, noch bevor sie sie sehen konnte. Doch dieser Schemen war jenseits von Gut und Böse, er war lediglich ein Anzeichen für ihren baldigen Tod.

Sirius schluckte, weil er wusste, dass Rea am nächsten Tag sterben würde.

"Warum tust du mir das an, Sirius!", fauchte sie und ließ sich aufs Bett plumpsen. Sirius blieb regungslos an der Tür stehen.

"Ich weiß inzwischen wo wir sind. Verdammt nochmal, du kannst dich doch nicht mit dem Feind verbünden!", empörte sie sich. "Er war dein Freund!", setzte sie flüsternd hinzu. Rea war nicht wiederzuerkennen. Die sonst so überlegen wirkende Frau schien zu einem anderen Menschen geworden zu sein. Sie war nervös und offenbar am Ende ihrer mentalen Kräfte.

"Voldemort?", fragte Sirius sarkastisch und stieß sich von der Tür ab. Resigniert schloss Rea die Augen und seufzte.

"Sei nicht albern", zischte sie. "James vertraute dir! Und Harry tut es noch und nun verrätst du beide!", brachte Rea leise hervor.

"Ich habe weder James noch Harry verraten, weil ich beide nicht mehr verraten kann! Du verstehst nichts, Rea! Ich war bei den Toten; ich bin in den Augen aller gestorben! Vielleicht war ich sogar wirklich tot und bin gar nicht als Lebender unter den Toten gewandelt, wenn du so willst! Und enthebt uns der Tod nicht von allen Schwüren und Bündnissen, die wir im Leben eingegangen sind?" Selbst in seinen Ohren klang es hohl und irgendwie... falsch.

"Schwachsinn! Du warst nicht tot! Akim hat gesagt, dass es bereits zuvor Menschen gab, die unter den Toten wandelten und dennoch haben sie sich an ihre..."

"Was weißt du schon davon, Rea! Und was wusste Akim? Er hatte sein Wissen aus Büchern und hat niemals mit denen gesprochen, die es erlebt haben!", unterbrach Sirius sie zischend und trat ans Fenster. Einen Moment herrschte Schweigen. Dass er sich nicht an die Zeit seiner Wandlung erinnern konnte und völlig desorientiert vor dem Vorhang gefunden worden war, verschwieg er geflissentlich. Zu viele Ungereimtheiten raubten ihm den Schlaf. Es verursachte ihm Kopfschmerzen, diese aufzuklären, darum vermied er auch, sich darüber Gedanken zu machen. Mit ruhiger kalter Stimme wechselte er folglich das Thema.

"Du hast einen sehr schönen Ausblick von hier oben. Ich hoffe du genießt den Mond, der so romantisch in dein Fenster scheint."

Er warf Rea einen Seitenblick zu. Der Schemen hatte sie nicht verlassen, und wenn Sirius sich an den Pakt hielt, würde er auch nicht verschwinden. Reas Augen wurden groß und langsam richtete sie ihren Blick auf den Mond, der rötlich in ihr Zimmer schien. "Mein Gott!", entfuhr es ihr und sie presste eine Hand vor den Mund, um nicht vor Entsetzen aufzuschreien. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, in dieser oder einer anderen Nacht aus dem Fenster zu schauen. Sie erhob sich und schritt langsam auf das Fenster zu, den Mond ließ sie nicht aus den Augen.

"Du weißt, was ein solcher Mond zu bedeuten hat, Rea?", flüsterte Sirius. Sie stand ihm so nahe, dass ihre derangierte Frisur sein Kinn kitzelte. Doch er rührte nicht einen Finger, um sie zu berühren. Rea nickte und das Kitzeln verstärkte sich. Sirius unterdrückte den Impuls, sich zu kratzen. Dann war seine Aufmerksamkeit geweckt.

Dank seines Daseins als Animagus waren seine Sinne schärfer ausgeprägt als bei anderen Menschen. So machte es ihm keine Mühe, einen der Hauselfen, offenbar einen Spitzel, vor der Tür wahrzunehmen. Black war überzeugt davon, sogar das Auge des kleinen Spions durch das Schlüsselloch erkennen zu können, wenn er es darauf anlegte. Doch dies barg die Gefahr, dass der Sklave seiner Cousine bemerken würde, dass Sirius von seiner Anwesenheit wusste.

Blacks Plan, Rea zu erzählen, was er hier trieb und wieso er gezwungen war, als Anhänger Voldemorts zu wirken, musste er aufgeben, wollte er nicht Gefahr laufen, selbst entdeckt zu werden. Doch auch wenn die Gefahr nicht bestünde, entdeckt zu werden, hätte er ausgesprochen vorsichtig sein müssen, um nicht gegen den Pakt zu verstoßen.

"Was genau ist geschehen!", fragte Rea matt und klang resigniert.

"Es ist Vollmond und bei deinem Bruder wirkt der Wolfsbanntrank schon lange nicht mehr." Er sah sie die Augen schließen und vor Schreck die Luft anhalten. Dass ihr Bruder sich einige Meter unter ihr in einem Verließ befand, hatte er ihr bereits, kurz nachdem er sie hergebracht hatte, mitgeteilt. Sie hatte das Geschrei an diesem Abend gehört und nun ergab es einen Sinn. Heftig stieß sie die Luft aus und atmete flach weiter.

"Wen?!", fragte sie kaum hörbar.

"Melissa", war die knappe emotionslose Auskunft. Er betrachtete eingehend seine Fingernägel und tat, als kümmerte ihn der Tod des zugegebenermaßen anstrengenden, bösen Mädchens nicht. Glaubte Rea ihm seine Teilnahmslosigkeit? Unbemerkt beobachtete er sie.

"Und das berührt dich nicht?", fuhr sie fort. Sirius spürte nun seinerseits ihren Blick. Sein schauspielerisches Talent war perfekt, wenn sie ihm seine Gleichgültigkeit abnahm.

"Warum sollte es mich berühren? Ich bin... Todesser" - er stolperte beinahe über dieses Wort - "das Leid anderer lässt mich... kalt!" Sirius zuckte die Schultern und musterte weiter den Mond. Obwohl die Mauern dick waren und sich das Kellergeschoss, in dem Remus sich aufhielt, weit unter der Erde befand, hörte er das Heulen seines Freundes. Es jagte ihm eine Gänsehaut über den Rücken, die er geflissentlich ignorierte.

"Was ist passiert? Sirius, sag es mir! Du weißt, ich wäre die Letzte, die dir nicht glauben würde!", forderte Rea ihn auf.

Black ahnte, dass sie ihn testete, um zu sehen, ob er tatsächlich so empfand, wie er vorgab. Er musste auf der Hut sein. Jede noch so kleine Geste, jedes verräterische Mienenspiel würde von dem kleinen Spion vor der Tür sofort weitergegeben werden.

Also musterte er Rea nur verächtlich, als er ablehnte: "Es gibt nichts zu erzählen. Selbst wenn es etwas gäbe, warum sollte ich mich dir anvertrauen? Du hast nicht einen Finger gerührt, als ich unschuldig in Askaban saß! Warum sollte es dich jetzt interessieren, was mit mir geschehen ist? Meine Cousine wird dich morgen sprechen wollen. Du solltest dein Temperament zügeln, wenn du ihr gegenüberstehst. Derzeit ist sie ausgesprochen... reizbar!"

Wie sehr er sich wünschte, sich einem Menschen anzuvertrauen. Doch es waren weder die Zeit noch der Ort, dies zu tun, da dieser Hauself nur darauf wartete, von einem möglichen Verstoß gegen die Befehle zu berichten. Ein Schwung mit dem Zauberstab seitens Bellatrix und er würde wirklich tot sein.

Sirius wandte sich zur Tür, da spürte er eine Hand auf seinem linken Arm. "Du weißt genau, dass ich nicht in England war, als das mit Askaban passiert ist. Dieses dunkle Mal, Sirius, ist nur äußerlich. Ich kenne dich besser, als du denkst. Du kannst und wirst deine Freunde nicht verraten."

So viel Enthusiasmus und Vertrauen sprachen aus ihren Augen, dass Sirius sich beinahe zwingen musste, seiner Rolle treu zu bleiben. Denn Emotionen waren absolut fehl am Platze. So warf er ihr nur einen weiteren überheblichen Blick zu und schüttelte ihre Hand ab. Ihm blieb doch keine reelle Wahl. Entweder er kämpfte das Bedürfnis nieder, sich für andere zu opfern und selbstlos zu handeln, oder er würde die ewige Verdammnis, denn einer solchen käme sein Los gleich, in Kauf nehmen. Die Ewigkeit war eine lange Zeit, wenn überhaupt Zeit eine Rolle spielte. Resigniert meinte er nur: "Behalte dir deine kindliche Naivität, Rea. Doch du irrst dich, wie so häufig. Genieße dein Leben, so lange du noch kannst, meine Liebe. Und denke an morgen, reize sie nicht unnötig."

Damit schritt er zur Tür.

"Also bin morgen ich das Opfer?", rief sie ihm hinterher. Ihre Stimme klang hart. Er spürte ihre Blicke förmlich in seinem Nacken. "Willst du mich mit deinem Besuch darauf vorbereiten, dass mein Bruder morgen mich töten wird? Dann lass dir eines gesagt sein; mein Bruder wird mich niemals anrühren! Das sollte deine... Gebieterin wissen!"

Wütend, bissig und überzeugt kamen die Sätze aus Reas Mund. Doch Sirius ging auf die eindeutige Spitze nicht ein. Im Gegenteil, er musterte sie über die Schulter hinweg und ein süffisantes Lächeln umspielte seine Lippen.

"Es hat einen Vorteil, unter den Toten gewandelt zu sein und als Wiedergänger zu gelten; ich weiß, wann wer sterben wird, meine Liebe. So Leid es mir tut, für dich scheint dieser Tag morgen zu sein. Die Anzeichen sind unverkennbar! Solltest du das dringende Bedürfnis haben, noch jemandem vor deinem Ableben schreiben zu wollen, dann sag es besser gleich. Für Feder und Papier werde ich dann sorgen!" Sirius fühlte sich wie ein mieser Schuft. Er hatte es diplomatischer angehen wollen. Doch der Schemen um Rea war zu stark ausgeprägt gewesen. Jedes weitere Einmischen von seiner Seite, hätte ihn wieder dorthin gebracht, woher er gekommen war. Das hatte man ihm deutlich zu verstehen gegeben. Wenn er ehrlich zu sich war, hatte es ihm Furcht eingeflößt. Er war feige; zu feige das Schicksal zu akzeptieren, das ihm offensichtlich vorherbestimmt war.

Sirius strebte aus dem Raum. Weiter vor konnte er sich einfach nicht wagen. Nun gut, er hatte ihr gesagt, was ihm aufgetragen worden war. Sie hatte es mehr oder weniger sogar selbst vermutet, und das war gut. Diese Art und Weise behagte ihm zwar nicht, doch noch weniger behagte ihm der Gedanke, dass sich der Schemen auf ihn gestürzt und ihn mit sich in die Dunkelheit gezogen hätte, wäre an seinem Verhalten etwas Selbstloses erkennbar gewesen. Denn darauf wäre es hinauslaufen. Die erste erkennbar geplante selbstlose Tat und er würde wieder unter den Toten wandeln und diesmal gäbe es keine Wiederkehr und kein Sterben. Das war der Pakt, an den er offenbar gebunden war.

Rea wusste, sie würde sterben, und dass Rea Lupin nun in ihm einen Verräter sehen würde, war ihm eigentlich egal. Sie würde es niemandem mehr erzählen können. Insgeheim hoffte Black sogar, dass Reas Freunde, die auch einmal die seinen gewesen waren, mittlerweile von seiner Wiederkehr wussten. Nicht umsonst hatte er sich in Alexandria einen kleinen Fehler erlaubt, der ihm schwerlich als Absicht angekreidet werden konnte. Vielleicht würde er morgen schon herausgefunden haben, was genau Narzissa plante. Wenn es helfen würde, ein großes Verbrechen zu verhindern, dann...

Zweifel nagten an ihm und die Wut über seine offensichtliche Handlungsunfähigkeit steigerte sich ins Unermessliche.

Doch im Moment hatte er keine andere Möglichkeit. Er wusste, dass Narzissa und Bellatrix noch immer außer Haus waren, so dass alles Nachschnüffeln nichts bringen würde. Er hatte bereits sämtliche Laboratorien und geheimen Kammern, von denen er wusste, überprüft und nichts außer ihm merkwürdig bekannt vorkommenden Gerüchen festgestellt. Diesen jedoch maß er keinerlei Bedeutung bei.

Sirius schüttelte den Kopf, die Gedanken schienen sich rascher hinter seiner Stirn zu formen, als vor seiner Zeit als Wiedergänger. Er zog die Tür hinter sich ins Schloss und sperrte ab. Dann schritt er den Gang entlang. Doch bevor er die Treppe hinunterlief, sprang er in eine der Nischen und hatte den Bettbezug eines Hauselfen in der Hand, inklusive seines kleinen gräulich grünen Trägers. Ohne zu überlegen, ließ er seinem Zorn freien Lauf.

"Wenn du mich noch einmal bespitzelst, dann mache ich Werwolffraß aus dir!" Er ließ das zitternde Kerlchen los, das augenblicklich verschwand. Sollte es doch petzen gehen, war sein Gedanke. Sirius nächster Weg führte zu Remus in den Kerker. Er würde sich in einen Hund verwandeln und dort neben dem Freund ausharren, bis zum Untergang des Mondes. Hund und Werwolf verstanden sich, doch nach Anbruch des Tages würde sich Sirius wieder dem wütenden, vernichtenden Blick seines Freundes ausgesetzt sehen, der ihm nun keiner mehr sein konnte.

*****

Narzissa und Bellatrix standen an dem Steinkreis, an dem Narzissa einst von Voldemort mit Lucius Malfoy verlobt worden war.(1) Es schneite. Doch der Schnee schmolz, sobald er den Boden berührte.

Im Hintergrund des Kreises war ein Zelt aufgestellt worden, dessen schäbiges Äußeres über das Innere keinerlei Aufschluss gab.

"Er wird uns nicht erwarten!", zischte Bellatrix und zog den Umhang dichter unter das Kinn. Mit Amüsement hatte Narzissa registriert, dass ihre Schwester seit ihrer Flucht aus Askaban empfindlicher auf Kälte reagierte als früher; ein Phänomen, für das die Betroffene selbst keinerlei Erklärung hatte. Narzissa ihrerseits glaubte fast vor Erwartung und Spannung zu glühen. Wie sehr sie sich beide verändert hatten, vermochte Narzissa nicht zu glauben. Bellatrix war immer die Draufgängerin gewesen und sie diejenige, die abwartete. Ihre Schwester war der Liebling des Lords gewesen und sie immer nur die Ehefrau seines potentiellen Nachfolgers.

"Und wie er uns erwartet", meinte sie nach einer Weile. In ihrer Stimme schwang mehr als nur Überzeugung mit, sondern auch eine Spur fanatischen Gehorsams. "Er wird sich über die Nachrichten mehr als nur freuen. Von meinem Sohn weiß ich, dass sie in Hogwarts bereits nervös sind, sich aber nicht erklären können, wo ihre Lehrerin in Verteidigung gegen die dunklen Künste geblieben ist."

Narzissa lachte auf und verstummte augenblicklich. Ihre amüsierte Miene wurde streng und kalt.

"Sie werden büßen, für das, was sie Lucius angetan haben." Sie warf vor allem Harry Potter vor, dafür gesorgt zu haben, dass ihr Mann im Gefängnis gelandet war. Der Junge war einfach nur nervig und störend. Sie hasste ihn bis aufs Blut, doch Töten, nein, das würde sie nicht wagen. Lege niemals die Hand an die Beute des Rudelführers, hatte ihr Vater stets zu sagen gepflegt und damit diskret darauf hingewiesen, dass ihm die erste Portion vom Braten zustand. Doch für Narzissa hatte der Spruch eine andere Bedeutung. Sie würde niemals das Risiko eingehen und nur um der Rache willen den Dunklen Lord vor den Kopf stoßen. Potter gehörte ihm, doch hatte er nichts dagegen, wenn sie ihn verunsicherte, ihn schwächte, ihm seine Freunde und Vertrauten nahm. Mit Sirius Black und Remus Lupin hatte es begonnen. Dieser war ihr Laufbursche und jener würde ihr Vollstrecker sein. Und am Ende würden sie und Lucius wieder vereint sein. Denn wer würde schon auf einen einzelnen Gefangenen achten, wenn sämtliche Sicherheitskräfte auf der Jagd nach Werwölfen waren, die außerhalb des Vollmondes ihr Unwesen trieben. Und sie wusste genau, welcher Werwolf das erste Opfer dieser Hatz sein würde. Ein diabolisches Lachen entrang sich ihrer Kehle.

Im nächsten Moment verstummte Narzissa. Sie sah das Bild ihres Mannes vor sich. Eingefallene Wangen, stumpfes blondes, stark verknotetes Haar und matte hellblaue Augen, die dumpf vor sich hinstarrten, waren alles, was von dem einst so imposanten schönen Lucius Malfoy übrig geblieben war. Die stolze Haltung war verloren gegangen. Es war Narzissa gestattet worden, ihren Mann zu besuchen. Sie wusste nicht, was die neuen Wachen, Menschen, mit ihrem Mann angestellt hatten, dass er so aussah. Aber sie würde es herausfinden, sobald er wieder in ihren Armen lag, und dann würden sie gemeinsam Rachepläne schmieden im Sinne des Dunklen Lords und nach eigenem Ermessen.

Sie schritt, ohne darauf zu achten, ob ihre Schwester ihr folgte, durch den Matsch auf das Zelt zu und trat ein. Gebeugten Hauptes blieb sie am Eingang stehen und wartete darauf, dass sie angesprochen werden würde.

"Sieh an, die Frau meines... Nachfolgers!" Kalt und heiser drang die Stimme aus der hinteren Ecke des Zeltes hervor, das im Inneren tatsächlich eher einem Palast als einer Campingunterkunft glich.

Narzissa hob den Kopf. Am Ende des schmalen Ganges, von dem zu beiden Seiten mehrere Öffnungen in andere Bereiche des Zeltes führten, sah sie ihren Herrn und Meister stehen. Voldemort, der Dunkle Lord, seine Erscheinung war schlank und groß, sie hatte etwas Knabenhaftes an sich. Er trug wie immer, einen Umhang mit Kapuze, der aus schwerem schwarzen Samt gearbeitet war. Silberne Schnallen zierten die Schultern. Silberne Litzen wanden sich in komplizierten Ornamenten am Saum des Umhangs ineinander.

Narzissa spürte den Blick ihres Meisters auf sich ruhen.

"Ich habe dich erwartet, aber allein!", krächzte er. Voldemort tat einen Schritt auf seine Besucher zu. Narzissa wandte den Blick nicht ab, obwohl sie sah, dass ihrem Lord das Gehen Probleme bereitete. Seine Hand umklammerte den silbernen Knauf eines Spazierstocks, der enorme Ähnlichkeit zu dem ihres Mannes aufwies. Doch im Gegensatz zu Lucius, schien der Dunkle Lord diese Stütze zu brauchen. Bei ihrem Ehemann war der Stock lediglich Accessoire und ein praktisches Versteck für seinen Zauberstab. Schwerfällig verlagerte der Dunkle Lord sein Gewicht auf den Stock. Schließlich forderte er mit einer eleganten Handbewegung Narzissa auf, näher zu treten. Bellatrix ließ er am Eingang stehen. Er hatte ihr das Desaster im Ministerium noch nicht verziehen.

"Wieso ist sie hier?!" Er deutete mit seinem langen dürren Zeigefinger auf die gebeugte Gestalt Bellatrix'.

"Vergebt mir, mein Herr, doch hätte ich sie auf Manor gelassen, hätte es mit Sicherheit wenigstens einen Toten gegeben und der nutzt uns lebend im Augenblick mehr."

"Es ist gut, dass Black endlich dem Ruf seines Blutes folgt. Eigentlich sollte ich Lestrange dankbar sein, dass sie ihre Aufgabe so schlampig erledigt hat. So haben wir eine Marionette mehr. Der Pakt mit den Toten bindet Black im Augenblick noch an mich. Doch bald wird er erkennen, dass ein Pakt, wie er ihn schloss, mehrere Seiten hat. Du solltest dafür sorgen, dass er diese so spät als möglich entdeckt. Und nun erzähl mir vom Elixier!", forderte er mit Entzücken in der kratzigen Stimme.

Narzissa nickte und begann ihren Erfolg bis ins kleinste Detail zu schildern. Als sie endete, setzte sie noch hinzu: "Der letzte Test wird morgen Gewissheit darüber bringen, ob das Wundermittel auch vollständig wirkt. Wenn Lupin seine eigene Schwester zerfetzt, ist es erwiesen, dass er auch vor dem Schlammblut nicht Halt machen wird."

Voldemort nickte zufrieden. Er gestattete sich ein wölfisches Lächeln, das in einem starken Husten endete. Unbemerkt war ein Mann mit silberner Hand zum Meister getreten und reichte ihm ein Glas Rotwein, das der Dunkle Lord gierig leerte. Dabei verrutschte die Kapuze und Narzissa senkte rasch die Lider, um den schädelartigen Kopf ihres Meisters nicht sehen zu müssen. Seine Augen hatten eine rötliche Farbe, die wie ein äußeres Zeichen für seine Schlechtigkeit stand. Doch beängstigender als diese Augen empfand Narzissa die nur noch aus zwei Schlitzen bestehende Nase.

"Dich widert mein Anblick an?", spöttelte der Dunkle Lord. Seine magere Hand legte sich mit ungeheurer Kraft um das Kinn seiner Besucherin. "Sieh mich an, Narzissa!", forderte er schmeichlerisch.

Narzissa hob den Blick und kämpfte das Gefühl von Ekel, das sich ihrer bemächtigen wollte, nieder.

"Der Zweck heiligt die Mittel, wie die Muggel so treffend formulieren! Das Opfer war es wert. Ich habe wieder einen Körper und er wird auch wieder schön werden, wenn ich diesen Bengel erst bezwungen habe. Und dazu brauche ich deinen Mann! Dass sein Plan im Ministerium nicht funktionierte, ist zwar bedauerlich, doch dafür hat er genug gebüßt. Dank seines unorthodoxen... Ablenkungsmanövers - so will ich es mal nennen - haben wir allerdings schneller, als ich es erhoffte, von Mister bekommen, was wir brauchten." Sein Blick blieb an einem der Vorhänge hängen, der eine der Abteilungen im Zelt abtrennte. "Teste das Elixier also morgen Nacht, wenn der Vollmond noch wirkt, erneut! An All Hallow's Eve wird es soweit sein. In einer Woche werde ich die Sphären beherrschen und der Wolf wird seine Aufgabe erfüllen. Was die anderen treiben ist mir egal. Dein Mann kommt frei und Potters Untergang ist besiegelt!"

Voldemort ließ das Kinn der Frau abrupt los und gab ihr zu verstehen, dass er ihrer nicht länger bedurfte. Narzissa fuhr sich mit den Fingerkuppen über ihr malträtiertes Gesicht.

"Ich erwarte Nachricht, wenn der Test vorbei ist. Dann wird es ein Leichtes sein, den Wolf in die Nähe der Schule zu bringen. Er wird nur sie haben wollen!" Er sprach wie zu sich selbst, als würde er noch einmal über den Plan nachsinnen.

*****

Nachdem die beiden Frauen gegangen waren, betrat der Dunkle Lord einen der abgeteilten Bereiche. Er war finster und die Dunkelheit schien hier enormes Gewicht zu haben. Für Voldemort stellte es kein Problem dar, durch die Finsternis bis zur hinteren Ecke zu sehen. Dort kauerte eine kleine verhutzelte Gestalt, die niemand anderes als die Alte Norna war.

"Nun? Was siehst du?", rief er ihr heiser entgegen.

"Der Junge ist stärker, als Ihr dachtet, mein Herr“, gackerte sie. ”Er hat gemerkt, dass Ihr ihn manipulieren wollt. Sein Verstand verschließt sich immer mehr gegen Eure Angriffe. Er beherrscht seinen Geist mittlerweile fast vollständig."

Voldemort brummte etwas Unverständliches und machte sich über die dicken Rollen aus der Bibliothek von Alexandria her, in denen alles über die Manipulation der Sphären stand. Für wenige Minuten hatte er den Ton des Vollmonds bereits mehrmals aufrechterhalten können, doch dann hatten seine Sinne versagt und er war gezwungen gewesen, den Kontakt abzubrechen. Nunmehr wusste er, dass eine bestimmte Mars-Saturn-Konstellation sich unterstützend würde auswirken können. Diese stand nun unmittelbar bevor.

Doch was er noch brauchte, war die Kraft eines Wesens der Zwischenwelt. Wie ein glücklicher Zufall war ihm Sirius Black, der Wiedergekehrte, in die Hände gefallen. Wer anderes als ein Wiedergänger könnte das Wesen der Zwischenwelt sein, von dem in den Dokumenten die Rede war. Welch fabelhafter Zufall. Vollkommen desorientiert und mit nur wenig Wissen über das, was er erlebt hatte, hatte Anton Mister ihn zum Steinkreis gebracht. Jenem Anton Mister verdankte Voldemort bereits die Informationen und die notwendigen Materialien, wie diese kuriose Apparatur, die der Leiter der Mystery-Abteilung in den Archiven seiner Abteilung ausfindig gemacht hatte. Er hatte Narzissa auch mit den notwendigen orientalischen Kräutern versorgt, die für das Elixier benötigt wurden. Teilweise waren es Pflanzen gewesen, die es offiziell nicht mehr gab und die Mister von, weiß der Merlin woher, besorgt hatte.

Voldemort gestattete sich ein süffisantes Lächeln, als er sich erneut über eine weitere Rolle beugte, die nicht aus dem Bestand der Bibliothek stammte, sondern aus der Feder seines großen Vorbildes. Mit Freude und Genugtuung hatte er von dem ungeschickten Versuch Slytherins und Gryffindors gelesen, die Sphären so zu manipulieren, dass den Menschen eine Sonnenfinsternis vorgegaukelt werden würde. Er hatte auch von dem Desaster gelesen, das einem Zauberer und zwei neugierigen Hexen das Leben gekostet hatte.

"Ich werde es besser machen! Und mich wird niemand daran hindern", flüsterte Voldemort in die Dunkelheit und versuchte das verwirrte Keckern der Alten hinter sich zu ignorieren.

*****

Interessiert lauschte Norna auf Voldemort. Obwohl sie blind war, konnte sie anhand der Geräusche, die er machte, genau sagen, wo er sich befand und was er tat. Sie war erst seit etwas mehr als einem Jahr wieder bei ihm und das nicht freiwillig. Wie er sie hatte finden können, war ihr ein Rätsel. Dabei hatte sie sich so gut verborgen und alles perfekt durchdacht. Sogar Irland, ihre alte Heimat, die ihr schon einmal zum Verhängnis geworden war, hatte sie gemieden und ein Wanderleben geführt. In dieser Zeit war sie auch weit in den Osten des Kontinents gekommen und hatte die eine oder andere neckische Zauberei dazugelernt. Dennoch war ihr dieses Wanderleben nicht sehr gut bekommen, und obwohl sie gerade erst siebzig Jahre zählte, für eine Zauberin ein eher durchschnittliches Alter, wirkte sie wesentlich älter und sehr gebrechlich.

Sie hatte wirres graues Haar, eine Zahnlücke, die sie hin und wieder mit einem Goldzahn füllte, wenn es die Gelegenheit erfordert, und eine dicke Warze auf der rechten Seite des Kinns. Sie hatte diese Warze, seit sie denken konnte, und seit der Pubertät wuchs dort ein einzelnes Haar heraus, was kein sehr schöner Anblick war. Sie hatte es schon so häufig entfernen lassen und es selbst mit Tränken, Elixieren und diversen Zaubersprüchen versucht, doch immer war dieses eine Haar wiedergekehrt, so dass sie es nunmehr als zu sich zugehörig akzeptierte.

Norna war eine Seherin, eine schwarze Seherin, wie sie stets voller Stolz betonte. Allerdings bedeutete dies nicht nur, dass ihr die Anerkennung durch das Ministerium fehlte, sondern auch, dass keine ihrer Prophezeiungen in dem angeblich nicht existierenden Raum der streng geheimen Mystery-Abteilung des Ministeriums in Glaskugeln aufbewahrt werden würde, wie die von Seherinnen mit Lizenz. Sie wusste zwar, dass ihre Voraussagen, wie die aller Wahrsagerinnen - egal ob mit oder ohne Genehmigung - in Glaskugeln erschienen, sobald sie getätigt worden waren, doch wusste sie auch, dass man ihre Kugeln zerstörte und nicht archivierte. Sie galt nach den Bestimmungen des Ministeriums als illegal und als seit mittlerweile siebzehn Jahren verschollen. So konnte sich das Ministerium irren.

Seit siebzehn Jahren. Norna seufzte und machte es sich etwas bequemer auf dem engen Vorsprung am Kamin, der nur für sie errichtet worden war. Sie ignorierte Voldemort, der über seinen Rollen und Dokumenten brütete, und hing ihren eigenen Gedanken nach; Gedanken, die sich um ihre Vergangenheit drehten.

Sie hatte mit Genugtuung vernommen, wie viele der von ihr geprägten Worte sich erfüllten. Mit der Zeit war ihr diese scheinbare Unfehlbarkeit zu Kopf gestiegen und hatte in ihr den Wunsch ausgelöst, selbst manipulativ dafür zu sorgen, dass jede ihrer Prophetien sich erfüllen würde. Sie versuchte, bewusst in die Zukunft einzugreifen und stellte sich nicht einmal die Frage, ob die Visionen ihre Manipulationen bereits einkalkuliert hatten oder nicht. Mit Kleinigkeiten hatte es begonnen und mit einem großen Desaster, als dessen eigentliches Opfer sie sich selbst sah, geendet.

In ihrer Kristallkugel hatte Norna Schatten gesehen, die sie so auslegte, dass ein damals noch ungeborener Junge Voldemorts Untergang werden würde. Sie hatte dieses Zeichen, ohne es zu hinterfragen, akzeptiert und als ein Wink des Schicksals verstanden, sich aus dem Einflussgebiet des Dunklen Lords zu befreien. Schließlich hatte sie die Geschichte gelehrt, dass es niemals allein den Rädelsführer traf, sondern auch und vor allem den engen Kreis, den dieser um sich geschart hatte.


"Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen", flötete Norna und erntete einen verständnislosen Blick Voldemorts, der sich in seiner Arbeit unterbrochen fühlte. Bedächtig wiegte die Alte den Kopf hin und her und erweckte den Anschein, in meditativer Trance zu sein.

Norna hatte sich zu dem engen Kreis Voldemorts gezählt und befürchtet, da sie ohnehin einem illegalen Geschäft nachgegangen war, dass die Auroren ihr gegenüber keinerlei Gnade würden gezeigt haben. Sie gab es ja gerne zu, sie war ein Wendehals und würde es auch immer bleiben. Es war ihrer Ansicht nach nie verkehrt, sein Mäntelchen in den Wind zu hängen. Also hatte sie versucht, sich aus dem engsten Umfeld Seiner Lordschaft zu lösen. Sie hatte absichtlich Fehler in ihre Prognosen und Prophezeiungen gebaut und allen vorgegaukelt, keine Visionen mehr zu haben, und weder in Kristallkugel noch Teeblättern etwas sehen zu können. Sie war kläglich gescheitert. Es war Voldemorts engster Vertrauter gewesen, der sie verdächtigt hatte, falsches Spiel mit Voldemort zu treiben; ihm hatte sie es auch zu verdanken, dass sie einen Großteil ihrer Freiheiten einzubüßen hatte. Niemand versuchte ungestraft, dem Dunklen Lord die Gefolgschaft aufzukündigen. Norna hatte ihre Vermessenheit mit einer erschreckend intensiven Demonstration des Crucio-Fluches büßen müssen. Seit der Zeit hakte es auch hin und wieder bei ihr aus.

Doch die Bilder, die die Kristallkugel ihr schickte, hatten sich ihr seit dieser kleinen Folter klarer denn je gezeigt. Voldemort würde durch einen Jungen, der am Ende des siebten Monats das Licht der Welt erblicken würde, einen empfindliche Tiefschlag hinnehmen müssen. Doch um wen es sich bei diesem Jungen handeln könnte, hatte sich der Seherin nicht erschlossen. Nur eines hatte festgestanden. Im folgenden Jahr würde der Junge geboren werden, der die Zaubererwelt vom Dunklen Lord befreien würde.

In Nornas leicht geschädigtem Verstand war nach und nach ein Plan gereift. Dieser würde ihre Neigung, die eigenen Visionen in eine Richtung zu lenken, die ihr genehm war, mehr als befriedigen. Lange hatten sich die Tarotkarten, die Kristallkugel und sogar die Teeblätter geweigert, den Namen des Jungen, dem diese Aufgabe zufallen sollte, preiszugeben. Norna war sich sogar sicher gewesen, dass weder sie noch eine andere Seherin je den Namen allein durch eine Vision erfahren können würde, doch gerade das hatte ihr den notwendigen Spielraum verschafft. Und genau in diesem Moment hatte sich der Zufall als für sie und ihre Pläne ausgesprochen günstig erwiesen und die Karten ihr das Kommen einer jungen, schwangeren Frau zu All Hallow`s Eve angekündigt, die ihr unbewusst, bei der Verwirklichung ihres Planes behilflich sein würde. Da die Karten niemals logen, hatte sie ihnen geglaubt und sich an die Herstellung eines Trankes gemacht. Er war nicht schädlich, nur würde er dafür sorgen, dass eine Schwangere ihr Kind auf den Tag genau neun Monate nach Einnahme zur Welt brachte.

Auch jetzt keckerte Norna bei der Erinnerung an die Art wie sie den Plan zum Laufen gebracht hatte und an die Überraschung, wen das Schicksal ihr ins Haus getrieben hatte.

"Wenn du etwas zu sagen hast, Alte, dann sag es endlich. Wenn nicht, dann schweige gefälligst und störe mich nicht in meinen Studien!", befahl seine Lordschaft ihr ruhig, doch in seiner Stimme schwang Ungeduld mit.

"Ja, mein Herr, mein Lord", erwiderte Norna und schlug sich die Hände auf den Mund. Es dauerte nicht lange und sie hatte wieder in ihren Gedanken einen Zeitsprung in die Vergangenheit gemacht.


In der Nacht von All Hallow's Eve - genau zwei Jahre vor Voldemorts Fall - hatte es an die Hinterzimmertür der Schwarzen Henne, wo sie damals praktizierte, geklopft. An jenem Abend stand sie dem interessantesten Paar gegenüber, das sie jemals um Auskunft gebeten hatte. Sofort war ihr klar gewesen, dass der Mann ein Werwolf und die Frau nicht die seine gewesen sein konnte. Norna wusste, dass eine Beziehung zwischen Werwolf und Frau nicht nur selten, sondern nahezu unmöglich war.

Zudem hatte sie auch die Präsenz eines dritten Lebens wahrgenommen. Zu häufig waren Frauen zu ihr gekommen, um sich von kleinen Unfällen zu befreien. So hatte Norna allmählich ihr Gespür für ungeborenes Leben entwickelt. Sie hatte es eher gespürt, als gewusst, dass die junge Frau im dritten Monat schwanger war. Sie war ihr durch die Karten angekündigt worden.

Dann hatte Norna den Namen der Besucherin gehört und konnte sich noch nach so langer Zeit daran erinnern, wie sehr sie innerlich hatte jubilieren müssen, einer Potter gegenüberzustehen. Lily Potter würde ihrem Plan die Krone aufsetzen. Sie hatte gewusst, dass Voldemort niemals der Versuchung würde widerstehen können, einen Potter in die Finger zu bekommen.

Ihr böser Sinn für Humor war in jenem Augenblick der Erkenntnis, die Frau des Mannes vor sich zu haben, den Voldemort so gerne auf seiner Seite haben wollte, geweckt worden. Die Zeit der Vorbereitung war vorbei. Rasch hatte sie den Wolf hinausgeschickt, um mit der Besucherin unter vier Augen reden zu können. Ganz die perfekte Gastgeberin hatte sie Tee zubereitet und einen Moment der Unaufmerksamkeit Lilys genutzt, um ihrem Tee diese ganz besondere Zutat zu verabreichen.


Norna kicherte und weckte erneut für einen Augenblick die Aufmerksamkeit des Dunklen Lords. Sie begann zu brabbeln, wie sie es immer tat, und schon war sie nicht länger von Interesse für ihn. Doch sein Seufzen entging ihr nicht.


Lilys Schwangerschaft hatte ihrem Vorhaben, diesem Spaß - wie sie es nannte - die nötige Würze verliehen. Noch bevor die Prophezeiung von der weißen Seherin ausgesprochen worden war, hatte Norna bereits die Anzeichen für Voldemorts Untergang gesehen und richtig gedeutet. Ihr kranker Verstand redete ihr ein, das Recht zu haben, Schicksal zu spielen. Sie hatte ihre Aufgabe darin gesehen, sich nicht nur mit Voldemort einen Schabernack zu erlauben, sondern auch die schwere Wahl zu treffen, welches Kind für diese heroische Tat in Frage kommen könnte. Welches wäre besser geeignet gewesen als ein Spross der Familie Potter? Die Familie, mit der Voldemort offenbar in Fehde lag aus einem Grund, den niemand mehr nachvollziehen konnte.

Wenn sie jetzt daran zurückdachte, bereute sie es nicht, die junge Frau benutzt zu haben. Sie konnte sich noch genau daran erinnern, dass die werdende Mutter wegen eines Albtraumes zu ihr gekommen war. Leicht hatte sie ihr die Angst nehmen können. Sicher, der Junge würde leben, hatte sie der Schwangeren gesagt. Sie hätte nicht einmal eine Seherin sein müssen, um der Frau ihre Befürchtung zu bestätigen, dass sie und ihr Mann nicht erleben würden, wie der Junge erwachsen würde. Die Chancen standen einfach zu schlecht. Wer sich gegen den Dunklen Lord auflehnte, musste damit rechnen, irgendwann zu sterben oder anderweitig Schaden zu nehmen. Und natürlich hatte sie Recht behalten. Die Potters waren tot, der Balg lebte und hatte bewiesen, dass es selbst ein Heilmittel für den Avada Kedavra gab.


Norna kicherte noch lauter und begann einen dumpfen Singsang.

"Strapaziere meine Nerven nicht, Weib!", zischte Voldemort, doch er sah nicht von seinen Rollen und Anleitungen auf.

"Ein Kind wart geboren, ein Kind wunderbar, mit herrlich grünen Augen und rabenschwarzem Haar", sang sie und trieb ihren Herrn und Meister damit offensichtlich beinahe in den Wahnsinn.

"Fidelius, Fidelia, und plötzlich war'n sie wieder da. Mit Rattenklein und Rattenhirn, ging es unter das Gestirn!", brabbelte Norna und wusste selbst nicht mehr, was sie sagte. Ihr Verstand war umnebelt.

"Er wird sie töten, zerfleischen, vernichten. Er wird keine Gnade kennen. Er wird unerbittlich sein und das wird das letzte Mal sein, dass er es tut!"

Aufmerksam lauschte Voldemort und nickte. Norna hatte offenbar eine Vision gehabt, ohne es selbst zu bemerken. Rasch deutete der Dunkle Lord sie als gutes Omen, dass der letzte Test des Duft-Elixiers erfolgreich sein würde.

Norna begann lauthals konfuses Zeug zu singen. Sie krächzte in allen Tonlagen und spottete über Mond und Sterne, die sich dem Willen des Meisters niemals freiwillig unterwerfen würden. Voldemort schlug die Hand auf den Tisch und sprang auf. Er packte die Alte beim Kragen und zerrte sie mühsam humpelnd aus seinem Refugium. Mitten im Gang ließ er sie liegen und verschwand wieder zu seinen Rollen.

"Auch meine Geduld hat ihre Grenzen, Weib!", brüllte er hinter dem Vorhang, danach war es wieder ruhig.

Norna rappelte sich grinsend auf, ihr Verstand war wieder bei ihr. Sie hasste diese Phasen, in denen sie nicht genau wusste, ob sie Visionen hatte oder einfach nur dummes Zeug vor sich hinbrabbelte. Es gab auch Phasen, in denen sie bei klarem Verstand Visionen empfing, wie vor der Zeit ihrer geistigen Umnachtung, wie sie es nannte.

Die Alte Norna war mittlerweile wirklich nicht mehr als eine alte blinde Frau. Nachdem sie Lily den Trank untergejubelt hatte, erfuhr sie, dass Voldemort zur gleichen Zeit in der Winkelgasse versucht hatte, James Potter unter den Imperiusfluch zu stellen und auf seine Seite zu ziehen, was gründlich misslang. Sie hatte es mit der Angst zu tun bekommen, Voldemort in der Nähe zu wissen, wo sie ihm wissentlich Dinge vorenthalten und ihn nunmehr - zumindest indirekt - hintergangen hatte. Sie hatte damals genau gewusst, dass Voldemort von ihr erwartet hatte, Lily festzuhalten und sie ihm auszuliefern. Sie wäre ein perfektes Druckmittel für den Dunklen Lord gewesen, um James auf seine Seite zu ziehen. Ob Potter es getan hätte oder nicht, stand nicht länger zur Debatte. Potter war tot und Voldemort hatte es aufgegeben, den letzten Rest der Familie auf seine Seite zu ziehen. Er wollte ihn lieber tot sehen.

Die Arme weit von sich gestreckt, bewegte sich Norna vorwärts. Ihre Füße schlurften über den Boden, um ja jede Erhebung mitzubekommen, über die sie eventuell würde stolpern können. Drei Schritte - wie sie wusste - und sie würde sich nach links wenden müssen, um in den für sie vorgesehenen Bereich zu gelangen.

Sie war geflohen und hatte sich in ihre alte Heimat, Irland, abgesetzt, wo sie bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Prophezeiung der weißen Seherin getätigt worden war, in Ruhe und Abgeschiedenheit lebte.

Sie erinnerte sich noch genau an den Tag, an dem Remus Lupin in Irland an ihr Versteck klopfte, um sie zu warnen, dass Voldemort hinter ihr her sei. Bis heute konnte sie sich nicht erklären, wie er hatte erfahren können, wo sie sich verbarg. Es war ihr ebenso schleierhaft, wieso sich ein Gegner der Dunklen Seite um sie sorgte.

Sie hatte sich fünfzehn Minuten Zeit genommen, ihre Habseligkeiten zusammenzupacken, und war aus der kleinen Hütte gestürmt, ihnen direkt in die Arme. In einem Halbkreis hatten sieben Zauberer mit gezückten Zauberstäben gestanden, sechs von ihnen waren in weite schwarze Umhänge gehüllt. Die Kapuzen hatten sie weiter über die Gesichter gezogen, sodass Norna lediglich Kinn und Mund jedes einzelnen erkennen konnte. Der Mann ohne Umhang und Kapuze war Remus Lupin gewesen. Mit süffisantem Grinsen hatte er sich leicht verbeugt und danach einen Gesichtsausdruck gezeigt, der nicht zu ihm passen wollte.

Rasch war ihre Aufmerksamkeit vom Anführer der Gruppe, einem schlanken Mann von hohem Wuchs, gefesselt worden. Ohne sein Gesicht gesehen zu haben, hatte sie gewusst, dass es sich um Lucius Malfoy handelte. Dann hatte er seine Kapuze zurückgeschlagen und war auf sie zugegangen. Kurzzeitig war eine Vision von Lucius Malfoy in Askaban aufgetaucht, das silbrig blonde Haar stumpf, fettig und zerzaust, das schöne arrogante Gesicht eingefallen und grau.

Sie wusste nicht mehr, was er damals gesagt hatte. Nur dass ein Blitz aus seinem Zauberstab das letzte war, das sie auf dieser Welt mit ihren Augen gesehen hatte.


Sie verfluchte Remus Lupin. Wie war es möglich gewesen, dass dieser Mann sie so sehr getäuscht hatte. Sie hätte sehen und wissen müssen, dass er ein Spion Voldemorts war.

Norna tastete sich vorwärts, dann blieb sie plötzlich stehen. Ein Geräusch lenkte sie ab. Die Schritte kamen ihr bekannt vor. Wurmschwanz, der zweite Spion in Voldemorts Diensten folgte ihre offenbar.

Die Alte wollte ihren Weg fortsetzen und stolperte mit einem Mal innerlich über ihre Gedanken. Zwei Spione? Das konnte nicht sein. Als sie für Lupin vor kurzem den Lockvogel gespielt hatte, war er erschüttert gewesen, sie blind zu sehen. Sie hatte sein Entsetzen förmlich sehen können, als sie ihm vorwarf, er trüge die Schuld an ihrer Erblindung.

"Er war es nicht gewesen", murmelte sie. Ihr Gesicht zuckte in die Richtung, in der sie Wurmschwanz vermutete. Eine gewisse Nuance in der Luft, nur ein Hauch intensiveren Schweißgeruchs, ließ sie erkennen, dass der Handlanger der Dunklen Lords zum einen näher kam und zum anderen Angst hatte.

"Es wird dein Ende sein!", wisperte sie in seine Richtung und imitierte ihre eigene Orakelstimme. Weit riss sie die Augen auf und fixierte das milchige Weiß auf Peter. Sie wusste, dass sie ihm direkt in die Augen starrte und er bewegungslos vor Schreck war.

"Wa...was, wieso?", stammelte er.

"Vielsafttrank!", zischte Norna so leise, dass er sie nicht verstand. Langsam und vorsichtig doch durchaus mit Stolz drehte sie ihm den Rücken zu und setzte ihren Weg fort.

Es war damals nicht Remus Lupin gewesen, der sie in die Falle gelockt hatte. Ein Wolf gab sich nicht die Blöße und erledigte die Arbeit einer Ratte. Nur Pettigrew hätte die Möglichkeit gehabt an Haare oder andere persönliche Dinge zu kommen, die der Vielsafttrank als letzte Ingredienz benötigte, um einen in die gewünschte Gestalt zu verwandeln.

Norna schalt sich im Stillen für ihre Blindheit; einfach nur blind zu sein, war bereits schlimm genug, doch auch in zweifacher Hinsicht nicht sehen zu können, ließ den Wunsch nach erneuter Rache in ihr aufkeimen.

Am Ende wird er sterben, sagte sie sich. Kaum, dass sie diesen Gedanken formuliert hatte, wusste sie, dass es wahr werden würde.


~ tbc ~

AN:
(1) Wer Hintergrundinformationen dazu möchte, lese bitte Verlobung zu Beltaine. In dieser Sidestory geht es um die Verlobung von Narzissa Black und Lucius Malfoy. Beide haben sich vorher nicht gekannt, sondern wurden auf Wunsch des Dunklen Lords verheiratet. Der einfach zwei wichtige reinblütige Familien miteinander verbunden wissen wollte.


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Beziehungskomödien aufzubauen und die entsprechenden Dialoge zu schreiben kann Joanne K. Rowling so gut wie Woody Allen. Im vierten und fünften Band ist das schön zu beobachten, wenn es die ersten Eifersüchteleien zwischen den Freunden gibt.
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