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Fanfiction

Harry Potter und das Geheimnis seiner Ahnen - "Wie man den Mond sieht"

von Eosphoros

39. „Wie man den Mond sieht“

Der Telefon-Lift stand endlich still. Harry wartete ungeduldig auf das Zischen der Lifttür, um endlich mit der Suche nach Luna weiter zu kommen. Er vermisste die silberne Plakette, die er sogar bei dieser Rettungsaktion hatte tragen müssen. So gänzlich nackend kam er sich komisch vor. Es musste sich sehr viel geändert haben, seitdem er und seine Freunde das Ministerium in Unordnung gebracht hatten. Insgeheim musste Harry lächeln. Sie hatten sich gegen erwachsenen Schwarzmagier durchgesetzt und in Anbetracht deren Erfahrung äußerst geringe Verluste erlitten. Nun, da sein Pate wieder aufgetaucht war und mit großen Schritten der Genesung entgegen ging, glaubte Harry sagen zu können, dass er und seine Freunde eine reife Leistung vollbracht hatten. Allmählich machte ihn diese sogar ein wenig stolz. Erwachsenen bewiesen zu haben, dass er, ein Kind, sich nicht geirrt hatte, was Voldemort betraf, war schon eine tolle Sache.

„Einen Knut für deine Gedanken, mein Junge“, flüsterte Kingsley.

„Keine Plaketten?“, fragte Harry. Er fühlte die Wärme in seine Wangen steigen. Wenn er zugab gerade eine Anflug von gedanklicher Arroganz gehabt zu haben, würde Kingsley ihn sicher weniger mögen. So deutete er nur grinsend auf seine leere linke Brust.

„Mein Boss hat sich endlich durchgesetzt und dieses lächerliche Plaketten-System für sinnlos erklärt. Er ist ganz angetan von diesem Muggelscannern, die es auf den Flughäfen gibt. Er hat an ihnen herumgebastelt und nun …“

Die Zellentür zischte. Harry fluchte innerlich. Was machten nun die Muggelscanner mit dem Zauberer? Er war neugierig, denn seit er von der Zauberwelt wusste und in ihr lebte, hatte er nur sehr wenige Muggelerfindungen in der Hand von Zauberern gesehen. Arthur Weasleys Auto mochte das eine sein, doch ein …
„Moment, was ist denn mit dem Gesetz gegen den Missbrauch von Muggelartefakten?“

Kingsley Shacklebolt grinste verschmitzt. Sogar seine Glatze strahlte verstecktes Amüsement aus. „Die Ausnahmegenehmigung ist keine Muggelerfindung und in besonderen Fällen ist die zuständige Behörde gerne dazu bereit, sie zu erteilen. Warum glaubst du, können Besen fliegen?“

Harry war verblüfft. Ausnahmeregelungen. Natürlich. Anders war Hermine nicht an den Zeitumkehrer gekommen, anders hatte sich Dumbledore nicht durchsetzen können, einen Lehrer einzusetzen, der keine gültige Zauber-Lizenz hatte, und hätte Arthur Weasley einen Antrag gestellt, wäre dieser ihm wahrscheinlich genehmigt worden. Eine Hand wusch die andere. Es war doch in allen Gesellschaften gleich. Wieder bröckelte ein Stückchen der fantastischen Fassade der magischen Welt und hinterließ ein klaffendes Loch.

„Wir sollten uns beeilen, sonst hat Lovegood einen zu großen Vorsprung und ich möchte ungern mehr Aufmerksamkeit als nötig erregen.“

Kingsley schubste Harry aus dem Telefonlift, der in rasanter Geschwindigkeit seinen Weg zurück an die Erdoberfläche suchte. Harry war es recht. Er verband mit dem Ministerium kaum das, was man positive Erinnerungen nennen konnte.
Rein oberflächlich betrachtet hatte sich in der gigantischen Halle nichts verändert. Natürlich waren die Schäden beseitigt worden. Der Brunnen war noch immer der optische Blickfang und er verstand endlich, wie trügerisch diese suggerierte Einheit war, auf die Dumbledore ihn hingewiesen hatte. Harry trottete Kingsley und den anderen Besuchern zu einer Schranke hinterher, die den luxuriösen geräumigen Bereich des Entrees von den eigentlichen Räumlichkeiten des Ministeriums abschirmte. Nur für Besucher! prangte in großen goldenen Lettern über der blinkenden Anlage. Ein Zauberer hockte nehmen dem bombastisch wirkenden Konstrukt, das nur bedingt an eine Hochsicherheitsanlage der Flughäfen erinnerte, und versetzte diesem in regelmäßigen Abständen, einen Energieschub mit dem Zauberstab.

„Ähm, dass man dafür Strom braucht, wisst ihr aber schon, oder?“, murmelte Harry. Kingsley nickte dem Zauberer zu und hob den Kragen seiner Jacke etwas an. Was sich darunter verbarg, konnte Harry nicht erkennen. Während der Zauberer seinen Stab von der Anlage löste und Kingsley sich durch die Schranke schob, nahm Harry die Gelegenheit wahr die geringfügigen Änderungen in diesem Teil des Ministeriums zu begutachten. Links und rechts des Ganges, durch den sie ihr Weg zum Boss der Auroren führen würde, säumten Statuen den Weg. Er zählte irritiert elf. Selbst er wusste, dass eine gerade Zahl an Statuen wesentlich ästhetischer gewesen wäre, wenn sie denn einen Gang säumten, und er hatte ungefähr soviel Ahnung von Ästhetik wie ein Wildschwein von Spitzentanz.

„Kommst du?“, forderte Shacklebolt. Seufzend schob sich Harry durch die Schranke, die, wie hätte es anders sein sollen, piepte. Plötzlich erwachten die Statuen zum Leben. Er sah sich von Zauberern in den Uniformen der Elite-Auroren mit gezückten Zauberstäben umringt. Mühsam widerstand Harry dem Drang sich hinter Kingsley zu verbergen. Mit beschwichtigend erhobenen Händen trat ein Mann, Statue Nummer elf, auf ihn zu, der rein von den Narben und Kampfspuren im Gesicht Moodys Zwillingsbruder hätte sein können.

„Sie tragen einen gelisteten Zauberstab bei sich, Sir! Bitte holen Sie ihn ganz langsam heraus. Keine hastigen Bewegungen, sonst werden Sie unter den Stupor-Fluch gestellt, Sir!“

„Du meine Güte, Wellington! Das ist Harry Potter und ich denke nicht, dass er eine Gefahr für das Ministerium oder den designierten Ministerkandidaten darstellen wird. Wir haben es eilig!“

„Nun, es kann sein, dass sich Mr Potter hinter dieser Person verbirgt, es kann aber auch sein, dass sich ein Fundamentalist des Vielsafttrankes bedient hat und sich lediglich die äußere Gestalt Mr Potters widerrechtlich angeeignet hat. Es wäre ja nicht das erste Mal, nicht wahr? Mr Potters Zauberstab trägt eine Phoenixfeder und wir wissen aus zuverlässiger Quelle, dass der Feind einen Zauberstab mit einem solchen Kern besitzt!“

Harry unterdrückte ein Grinsen. „Das hat Mr Ollivander auch verwundert und Professor Dumbledore eher belustigt. Warum stellen Sie mir nicht einfach eine Frage, die nur ich beantworten kann?“

„Dazu müsste ich Mr Potter genau kennen. Woher soll ich wissen, was er weiß und andere nicht? Und woher soll ich wissen, dass der Feind nicht gerade jene Antworten kennt, von denen ich mutmaße, dass nur Mr Potter sie kennen kann?“

„Sie könnten mich danach fragen, ob mein Pate Unterwäsche trägt oder wo sich die Mysterienabteilung befindet. Schließlich ist die ja top-sectret. Sie könnten mich auch fragen, ob Anton Mister ein Verräter war oder wie Mr Scrimgeours Rasierwasser heißt. Sie könnten auch jemanden holen, der mich sehr genau kennt und diesen eine Frage stellen lassen“, flachste Harry. Ihm wurde das alles zu bunt. Kingsleys nervösen Trippeln mit dem Fuß machte die Sache nicht besser. Die Zeit zerrann ihnen unter den Fingern und diese Aufmerksamkeit war kaum nach Kingsleys Geschmack, vermutete Harry. Bevor Wellington antworten konnte, zuckte Harry zusammen.

„Mister Potter!“
Diese Stimme würde er sein Lebtag nicht vergessen. Bis in seine Träume hatte ihn diese verfolgt.
„Dass Sie es wagen hier aufzutauchen! Dass Sie sich trauen! Sie und Ihre verdammte kleine Freundin haben meine Karriere auf dem Gewissen!“
Die Stimme überschlug sich.

Harry musste sich dazu zwingen, sich langsam umzudrehen. Eine rundliche Frau von Kopf bis Fuß in rosa gekleidet, rauschte auf ihn zu. Ihre Arme umklammerten eine Sammlung an Akten und die Tatsache, dass ihr ein kleiner Schwarm an Papierfliegern auf den Fersen waren und es in ihren Unterlagen verdächtig ruckelte, ließ Harry vermuten, dass diese Umbridge-Frau zum Botendienst im Ministerium degradiert worden war.

„Sie kennen Um… Miss Umbridge?“, fragte Wellington nicht gerade sehr freundlich.

Harry nickte. Unweigerlich kribbelte es in seiner rechten Hand. Er bekam es nicht mit, dass seine Linke die Rechte umklammerte. Erst Umbridges selbstgefälliges Grinsen riss ihn aus seiner Starre.

„Nun, Potter? Sind Sie wieder hier um Lügen …“

„Kennen ist der falsche Ausdruck, Sir. Sie war so frei sich unauslöschlich in meine Haut einzubrennen.“ Harry ballte die Rechte zur Faust und streckte sie dem Elite-Auroren entgegen. „Ich soll keine Lügen erzählen, nicht wahr?“
Wellington kratzte sich mit dem Zauberstab hinter dem Ohr.

„Diese Methoden sind seit Jahren unter Strafe verboten, Miss Umbridge!“, wandte er sich missbilligend an die Dame.

„Der Minister war mit allem einverstanden, was ich als notwendig erachtet habe, um diese Bastarde zur Kooperation zu zwingen!“, verteidigte sie sich mit Stolz geschwellter Brust.

Wellington verzog kein Miene. In Harry kochte es. Er hielt nicht sonderlich viel von Fudge, doch glaubte er kaum, dass sich dieser offen mit illegalen Methoden, wie körperlicher Bestrafung, einverstanden erklärt hätte. Wahrscheinlich hatte er ihr lediglich freie Hand gelassen und gemeint, sie müsste ihm nicht alles erzählen, er würde ihr voll und ganz vertrauen.
Kingsleys nervöses Fußtrippeln glich mittlerweile einem Trampeln irischer Tapdancer. Seine Ungeduld war ansteckend.

„Können Sie mir bestätigen, Miss … Umbridge, dass dies Harry Potter ist?“

Ihr Mund verzog sich zu einem breiteren Grinsen. Ihre Lippen formten ein Ja. Harry ahnte, was in dieser niederträchtigen Person vor sich ging. Sie vermutete wahrscheinlich, dass er in Schwierigkeiten sei, da er von den uniformierten Auroren mit gezückten Zauberstäben umgeben war.

„Und ob das Harry Potter ist, Wellington!“, bestätigte sie und fegte mit der Hand ein ihr penetrant gegen die Stirn stoßendes Memo zur Seite.

„Aha, wenn das so ist: Herzlich Willkommen im Ministerium für Zauberei, Mr Potter. Der Boss erwartet Sie zwar nicht, hat jedoch schon mehrfach nach Shacklebolt gefragt. Also, auf geht`s! Auf geht`s!“ Er steckte seinen Zauberstab weg und trat zur Seite. Die Auroren zogen sich in ihre verborgenen Schlupfwinkel zurück und wurden wieder zu Statuen. Harry bedauerte, keine Kamera zu haben. Den Blick der ehemaligen Professorin hätte er zu gerne in Hogwarts herumgezeigt.

„Was ich noch sagen wollte: Für Sie, Miss Umbridge, immer noch Captain Wellington, damit wir uns verstehen. Sie vernachlässigen Ihre Arbeit! Wir wollen doch nicht, dass Sie Ihre … Karriere erneut versauen!“

Rache war ein Genuss, wie Harry feststellte, auch wenn er diese nicht kalt serviert bekam, so war es eine Genugtuung zu erleben, wie andere es für ihn taten.

„Hätte sie nicht so ein außergewöhnliches Organisationstalent, hätte der Boss bestimmt dafür gesorgt, dass sie gefeuert wird. Nun untersteht ihr das Archiv. Natürlich wird ihre Arbeit kontrolliert“, erklärte Wellington, bevor er an ihm und Shacklebolt vorbeirauscht. Er strebte mit kurzen zackigen Schritten direkt auf Scrimgeours Büro zu, mit der festen Überzeugung, dass beide ihm folgen würden.

° ° ° ° ° ° °

Luna im Haus zu haben, war eine merkwürdige Fügung des Schicksals. Draco wusste nicht, was er mit ihr anfangen sollte. Er wusste nicht, was er mit einem Mädchen überhaupt anfangen sollte, das ihn so gar nicht interessierte, auf das er sogar mit Herablassung reagierte. Luna war ein Nichts. Sie war in seinen Augen weder schön, noch war sie besonders intelligent oder gar begabt. Es gab nichts, was sie auszeichnete und zu einem interessanten Menschen machte. Sie hatte nicht einmal nennenswerte Verbindungen. Nun gut, sie war offensichtlich eine wahre Seherin, doch Wahrsagerei war und blieb eine recht schwammige Angelegenheit. Kurz um: Luna war und blieb ein merkwürdiger unbedeutender Niemand. Und es schmerzte ihn, sich mit ihr abgeben zu müssen.

„Hier sind sie also getötet worden.“

Draco ignorierte ihren Einwurf und blätterte lustlos in einem Buch, das er willkürlich aus dem Regal genommen hatte. Keltische Legenden. Als Kind hatte er sich dafür erwärmen können, doch nicht so lange, wie es sich seine Mutter gewünscht hätte. Draco hatte eine Sage gelesen, hatte Schwertergeklirr und Intrigen vermisst und sein Interesse daraufhin eher auf Quidditch gerichtet. Was brachte es denn, wenn es kaum eine Prinzessin in Nöten gab und wenn es eine gab, die dann von einem ganz normalen langweiligen Sterblichen befreit wurde? Das war zu gewöhnlich für das romantisch angetauchte Gemüt eines zehnjährigen Draco Malfoy gewesen.

„Die Vibrationen sind noch da.“

Draco gähnte.

„Sie muss gelitten haben, als sie sich ihrem Bruder gegenüber gesehen hat und der Ruf des Blutes die Instinkte des Tieres nicht hat überwinden können.“

„Was faselst du da, Loony?“
Er fluchte stumm. Als seine Mutter ihn gebeten hatte, sich um das Mädchen zu kümmern, hatte er sich nichts Böses dabei gedacht. Nun musste er feststellen, dass Loony Selbstgespräche führte, in ihrer eigenen Welt lebte und keinerlei Anstalten machte, Rücksicht auf seine gepflegte noble Lethargie zu nehmen.

„Rea Lupin. Sie war in diesem Haus und hat erst miterleben müssen, wie das Mädchen starb und dann wurde sie selbst ein Opfer des Werwolfs.“

Draco ließ das Buch sinken. Die hellen Augen des Mädchens musterten ihn klar und groß. Draco fühlte sich unwohl unter diesem Blick, der so tief in sein Herz zu gehen schien, dass es fast wehtat.

„Und?“, entgegnete er harsch. Luna schlug die Augen nieder und wandte sich wieder dem Fenster zu.

„Na nichts. Ich meine ja nur. Schließlich ist es das Haus deiner Eltern und die Spuren der Toten sind eben nicht zu tilgen. Ich könnte hier nicht glücklich werden.“

Draco schnaubte verächtlich. Was machte es denn schon, wenn einige ihr Leben verloren, wenn dies dazu diente, das Wohl einiger anderer zu sichern? Das war der Lauf der Dinge. Der Stärkere überlebte und der Schwächere blieb auf der Strecke. Opfer gab es immer und … er schluckte.

„Weißt du eigentlich, dass der Unterschied zwischen einem Verbrechen und einer Heldentat in einigen Fällen nur im Standpunkt des Betrachters liegt? Was für die eine Seite ein Verbrechen ist, ist für die andere eine Heldentat. Nur in wenigen Dingen werden beide Seiten zu einem Konsens kommen.“ Luna flüsterte. Ihre Stimme hatte etwas Meditatives, etwas Einlullendes.

„Wie meinst du das?“, fragte Draco.

„Schau“, sagte sie nur und deutete auf die schwache Silhouette des Mondes. Draco erhob sich, legte das Buch zu Seite und schlenderte zu Luna. Er stützte die Hände auf dem Fensterbrett ab und starrte an den klaren Himmel. Die ersten Anzeichen der Abenddämmerung krochen über den Horizont. Der Wind hatte aufgefrischt und wehte vereinzelt Blätter durch die Luft. Hoch über der Silhouette des Waldes erschien der halbe Mond wie aus Wolken geformt, weiß und schneeig.

„Was ist der Mond für dich?“, fragte Luna unvermittelt. Ihre Nase berührte beinahe die Fensterscheibe.

„Na der Mond, was sonst? Der Erdtrabant eben. Wird das jetzt eine Lektion ins Astronomie oder was?“

„Für mich ist er Namenspatron, Himmelskörper, astrologisches Element. Er ist Trost und Freude zugleich. Er ist wandelbar und dennoch gleich. Er ist …“

„Ja, ich habe es verstanden! Er ist also mehr. Weiter im Text!“

Luna blickte ihn enttäuscht an. Fast glaubte Draco, es würden sich Tränen in ihren Augen sammeln. Doch Luna schüttelte den Kopf und sprang energisch auf.

„Du bist dumm, Draco Malfoy!“, platzte es aus ihr heraus.

Verblüfft rutschte Draco mit den Händen vom Fensterbrett. Er fasste sich rasch und wollte vehement protestieren. Sein Zauberstab lag in der Bibliothek, fest verschlossen im Schreibtisch des Vaters. Sicherheit geht vor, mein Junge. Wir haben Fremde im Haus!, hatte Lucius gesagt und Draco hatte gehorcht. Er war es so gewohnt. Die Art, wie sein Vater das Wort Fremde betont hatte, ließ ihn zur Überzeugung gelangen, dass er nicht die Lovegoods gemeint hatte, sondern eher seine Tante.

„Ich warne dich, Lovegood. Noch ein Wort und …“

Luna zuckte mit den Achseln und stemmte die Hände in die Hüfte. Aufmüpfig sah sie ihn an. Draco erwartete, dass sie lospoltern würde, wie Pansy es in ähnlichen Situationen gemacht hätte. Doch weit gefehlt. Luna war anders. Sie legte den Kopf schief und meinte:
„Was passiert wohl, wenn jemand die Natur beeinflusst? Was passiert, wenn jemand störend in die Harmonie eingreift?“

„Sie geht in die Brüche?“, gab Draco flappsig zurück.

„Genau, du bist ja doch nicht so doof. Die natürliche und die magische Ordnung geraten ins Wanken. Das ist schlecht für die Helden und schlecht für die Verbrecher, nicht wahr? Also brauchen sie etwas, auf das sie sich einigen können. So etwas nennt man Kompromiss. Wenn also ein gemeinsames Ziel existiert, dann ist es doch sinnvoll, gemeinsam etwas gegen den gemeinsamen Feind zu unternehmen, nicht wahr?“

Draco grinste überlegen. Darauf wollte sie also hinaus. Sie wollte ausloten, was sie erwartete. Widerwillig musste er sich eingestehen, dass Lonny Lovegood zwar merkwürdig, jedoch nicht dämlich war. Wahrscheinlich waren ihre eigenartigen Anwandlungen nur eine Art mit ihrer enormen Begabung klar zu kommen.
„Was du nicht sagst, Miss Loony.“ Er schreckte die Hand aus und streichelte leicht über ihr Kinn. Sie wich zurück. Draco hatte ein Gespür für Angst und Luna fürchtete sich. Er liebte es die Macht, die er hatte, auszuspielen.
„Nun, wo ist denn die herrische Miss Luna?“ Er drängte sie weiter, bis sie gegen die Wand stieß.

„Wenn du mich küsst, dann werde ich brüllen!“, stammelte Luna. Ihre Lider flatterten aufgeregt. Draco lachte und beugte sich an ihr Ohr. Luna zitterte. Draco kannte das. Das Spiel hatte er mit Pansy das eine oder andere Mal gespielt und stets hatte sie so reagiert wie Luna. Und er? Er würde bei Luna sicher nicht anders als bei Pansy reagieren. Im Unterschied zu Luna spitzte diese nach dieser leeren Drohung erwartungsvoll die Lippen, was Draco stets amüsierte. Dabei hatte er weder das Bedürfnis Luna noch Pansy zu küssen. Bisher gab es niemanden, bei dem er es ausprobieren wollte. Warum auch?

„Ehe ich“, flüsterte er leise, „ein Mädchen wie dich küsse, wird Wasser den Berg hinauffließen. Aber was ich dir eigentlich sagen will: Genau das ist der Grund, warum du hier bist und nicht bereits beim Dunklen Lord. Ein Konsens oder sollte ich sagen: ein Kompromiss?“

Draco stieß sich von der Wand ab und machte es sich wieder in seinem Sessel bequem. Er nahm das Buch zur Hand und fragte nonchalant im harmlosesten Plauderton: „Sage mal, Luna, was weißt du eigentlich über die Kelten?“

° ° ° ° ° ° °

Wie lange Albus Dumbledore bereits im Kobold-Archiv saß und recherchierte, wusste er nicht zu sagen. Es mussten Stunden sein, die er mit der Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen verbrachte. Doch Albus Dumbledore war ein Mann, der die Geduld erfunden zu haben schien. Er wusste, dass es sich lohnte zu warten und es manchmal von Vorteil war, die Dinge einfach laufen zu lassen. Das mochte ihn an einigen Stellen einst Kritik eingetragen haben, doch waren diese Zeiten längst vorbei. Seine Kritiker hatten gelernt, dass ein Albus Dumbledore zur rechten Zeit zu handeln verstand und sich nicht scheute, an vorderster Front zu stehen. Er war sicher kein Politiker, doch das wollte er auch nicht sein. Er gab nicht viel auf Diplomatie. Er sah sich selbst als eine Art weniger geniale Version des großen Merlins, des alten Zauberers, der unvermittelt zur richtigen Zeit am richtigen Ort aufzutauchen verstand und selten Rücksicht auf jene nahm, die er liebte oder die ihn liebten.
Sein Schicksal würde jedoch nicht von einer ehrgeizigen Zauberin bestimmt werden, hatte sich Dumbledore geschworen. Er würde nicht gefangen in einer Höhle sein Dasein fristen und auf die Wiederkehr eines legendären Königs warten, der sich seiner zu erinnern geruhte. Die Legenden waren vielfältig und während Dumbledore sich durch die Berge der Pergamentrollen wühlte, lernte er einige Ausformungen dieser Geschichten kennen. Auch Merlins Entscheidungen waren nicht für jeden nachzuvollziehen. Kleingeister waren einfach nicht in der Lage das große Ganze zu sehen, geschweige denn, es zu begreifen. Im Verlauf seiner Recherche lernte Albus Dumbledore jene, die er verehrte, in einer Weise kennen, die er nie zu hoffen gewagt hatte. Sie waren sich gar nicht so unähnlich.

Er hätte nie erwartet, in Helga Hufflepuff eine wahre Epikerin vorzufinden. Viele ihrer Rollen bargen längst vergessene Geschichten in gebundener Rede über das Schicksal mancher Zauberer. Merlin war nur einer von ihnen. Die meisten kannte Albus nicht einmal dem Namen nach. Dumbledore musste sich zusammenreißen, nicht das eigentliche Ziel aus den Augen zu verlieren. Es würde Jahre brauchen, die Rollen zu entziffern, auszuwerten, den magischen Wissenschaften zugänglich zu machen. Die feinen Karolingischen Minuskeln würden diese Aufgabe nicht gerade erleichtern. Dumbledore lächelte leicht. Ein deutlicheres Anzeichen für einen Aufenthalt Helgas im Reich Karls des Großen hätte es nicht geben können. Indizien wie diese würden das Bild der Menschen über die Gründer verändern und Licht in die frühe Geschichte Hogwarts bringen, wenn sie denn an die Öffentlichkeit drangen.

Albus legte mit Bedauern die Rollen mit der feinen Handschrift Helgas beiseite, schob sie in das Fach, aus dem er sie entnommen hatte, und widmete sich einem anderen. Erwartungsvoll langte Albus nach der ersten Rolle. Das Pergament wirkte um einiges kostbarer, als das leicht vergilbte, auf dem Helga ihre Historien niedergeschrieben hatte. Das Kribbeln in seinen Fingerspitzen war Beweis genug.

„Hab ich dich“, flüsterte er. Behutsam legte Albus die von einer Schnur zusammengehaltene Rolle auf den Tisch. Einen Moment zögerte er, dann setzte er sich und löste das Band. Eine geraume Zeit später wünschte sich Dumbledore es nicht getan zu haben. Die Rolle verwandelte sich in einen Codex, wie er ihn in seinem langen Leben noch nicht gesehen hatte. Er war mit einem Wort prächtig. Albus kannte Bücher, die in Königsfolio geschrieben und gedruckt worden waren, allesamt kostbarer, als man es in Worte zu fassen vermochte. Er konnte nur vermuten, wie viele ungeborene Schafe für diesen Codex aus den Bäuchen ihrer Mütter hatten geschnitten werden müssen. Jungfernpergament, so rein, so weiß, so kostbar und unbezahlbar in dieser Menge, dass nur ein Krösus des 10. Jahrhundert sich ein solches Kleinod hatte anfertigen lassen können. Oder eben ein Meister der Zauberei. Nie hatte er eine deutlichere Zurschaustellung unermesslichen Reichtums gesehen. Es war abstoßend und faszinierend in einem.

Die Memoiren einer Hufflepuff waren nichts dagegen, die Bekenntnisse eines Gryffindores, die in dem Fach mit dem Löwenkopf auf ihre Erforschung warteten, waren nichts im Vergleich zu diesem Codex. Die wenigen Schriftzeugnisse, die Rowena hinterlassen hatte, schienen kaum interessant und die leeren Fächer, die das Symbol der Schlange trugen, kamen Dumbledore in diesem Augenblick weniger faszinierend, weniger bezeichnend, ja weniger bedenklich vor. Denn vor ihm lagen die Erinnerungen des Magisters Lilius de Silva ungekürzt, ungeschönt - wie er hoffte -, von ihm verfasst.

Albus lehnte sich zurück. Seine Hände zitterten, als er den Buchdeckel aufschlug, und begann zu lesen begann. Zeit schien in diesem Augenblick ohne Bedeutung zu sein.


° ° ° ° ° ° °


Remus Lupin starrte auf die blasse, silbrig schimmernde Silhouette des Mondes. Es geschah häufig, dass der Mond auch bei Tage zu sehen war. Generell ignorierte er ihn. Es genügte, in drei Nächten im Monat diesem Himmelsgebilde seinen Tribut zu zollen. Die zweite Nacht war die schlimmste. Sie hatte den astronomisch vollen Mond, doch als Werwolf nahm er es anders wahr.

„Als ich noch ein normales Kind war, habe ich davon geträumt, auf dem Mond zu wandern“, begann er. So leise Tante Artemis auch zu gehen verstand, Remus hatte sie kommen hören.
„Mein Vater ist daran schuld. Er war vor der Geburt meiner Schwester viel unterwegs und brachte von seinen Reisen viele Bücher mit. Meine Mutter las sie mir und meinem Bruder immer vor, wenn mein Vater nicht daheim war. So hatten wir das Gefühl, er wäre in der Nähe. Am liebsten hatte ich Geschichten über den Mond. Er übte damals eine gefährliche Faszination auf mich aus. Ich glaubte eines Tages, wenn ich in seinem Licht spazieren ginge, würde ich mich als würdig erweisen, ihn besuchen zu dürfen. Es war die erste der drei Vollmondnächte. Ich war sechs Jahre alt und kam mir sehr erwachsen und weise vor. Ich hatte sogar einen Rucksack gepackt und an meine Zahnbürste gedacht. Bei Nacht und Sternenschein habe ich mein Elternhaus verlassen und mich auf den Weg gemacht, den Mond zu entdecken.“
Er seufzte, verschränkte die Arme und starrte weiter auf das bleiche Gebilde am Himmel.
„Ich musste an einem Wald vorbei und dann geschah es. Ein Werwolf fiel mich an: Fenrir Greyback, wie ich später erfuhr. Damit hatte der Mond seine Faszination verloren. Ich sah ihn als Fluch. Meine Eltern mussten sämtliche Bücher, die ich zuvor so geliebt hatte, aus meinem Blickfeld entfernen. Ich konnte den Gedanken an ihn nicht mehr ertragen.“
Remus wandte sich Tante Artemis zu.
„Ich sehne mich danach“, setzte er vorwurfsvoll hinzu, „dieses Ding nur einmal ohne Hintergedanken ansehen zu können. Doch es ist egal, ob er abnimmt oder zunimmt, ich denke jedes Mal daran, was für Schmerzen er mir in seinem vollen Zustand zufügt.“

Es war ihm egal, dass sie nichts dafür konnte, dass ihm das Schicksal in so jungen Jahren so übel mitgespielt hatte.

„Aber über eines war ich immer froh, niemals hatte ich einem anderen Menschen wirkliches Leid zugefügt. Dir verdanke ich es, dass ich nun auch noch den Respekt vor mir verloren habe“, flüsterte er.
Ihre sich rasch entfernenden Schritte waren nur eine geringe Genugtuung. Die Schuld blieb. Egal was er sagte, egal, was er tat.

° ° ° ° ° ° °


„Potter!“, polterte Scrimgeour. „Ha! Haben Sie Ihren Abschluss also schneller gemacht, als ich hoffte!“
Harrys Hand wurde gepackt und fest gedrückt. Der Leiter der Aurorenabteilung zog ihn in sein Büro und drückte ihn grinsend in den nächstbesten Sessel.
„Da hat vor einigen Stunden ihr Direx drin gesessen. Patenter Mann, dieser Dumbledore. Kein Politiker, leider, wäre eine bessere Wahl als meine Wenigkeit. Wäre wohl auf Dauer ein Problem, aber was soll`s. Manchmal kommt es ohnehin nicht auf Diplomatie an!“
Er lachte schallend und wischte sich die Augen.

„Sir, wir ...“, begann Kingsley. Harry musste ein Lächeln unterdrücken. Kingsley Shacklebolt, der riesige Kerl, den so leicht nichts einzuschüchtern vermochte, hatte Haltung angenommen und stand nun stocksteif neben Harrys Sessel.

„Ja, ja, ich weiß. Ortungszauber auf die Lovegoods. Habe den Bericht schon vor mir liegen. Eines muss man dieser dämlichen Umbridge lassen, seit sie die Poststelle unter sich hat, flutscht alles. Hätte diesen Posten von Anfang an übernehmen sollen. Nicht erst dieses Wischiwaschi-Zeug mit der Schulbehörde.“

Harry kaschierte seinen drohenden Lachanfall mit einem Räuspern. Obwohl er bei dem Ausdruck Wischiwaschi stets unangenehm an Onkel Vernons Schwester erinnert wurde, die einzige Person, die er jemals dieses Wort hatte verwenden hören, erheiterte ihn Scrimgeours Redeweise.

„Also, wo haben wir die Lovegoods denn.“
Scrimgeour kramte auf seinem Schreibtisch herum, schaufelte Muggelumschläge zur Seite, schob sich bewegende Bilder über sich nicht bewegende und zog triumphierend eine kleine Pergamentnotiz hervor.
„Dafür musste ein Schaf sterben, doch irgendeinen Nutzen muss die irische Schafhaltung für die Zauberergemeinde ja haben, nicht wahr?“

Harry schwieg lieber. Er hatte keinen blassen Schimmer, wie der Aufenthaltsort der Lovegoods mit Schafen in Irland zusammenhing.

„Ähm“, räusperte er sich.

„Also, die Familie Lovegood befindet sich …“
Scrimgeour hielt inne, richtete sich gerade in seinem Sessel auf und starrte auf die Notiz. Er schüttelte den Kopf und eine seiner Augenbrauen schob sich unaufhaltsam in Richtung Haaransatz.
Harry wurde mulmig zumute. Wenn ein Mann wie Scrimgeour, den Harry zugegebenermaßen kaum kannte, auf eine simple Notiz so reagierte, musste etwas sehr Überraschendes darauf zu finden sein.

„Na, sieh mal einer an. Kingsley? Sie werden es kaum glauben, Ihre Zielobjekte befinden sich allem Anschein nach auf dem Landsitz des alten Lucius.“

Harry sprang auf. „Wir müssen Luna befreien! Malfoy wird sie Voldemort ausliefern und dann den Mond manipulieren, dann werden die Werwölfe kommen und ein Blutbad anrichten und Luna wird das nicht überleben!“ Er stürmte zur Tür und rannte in Kingsley. Unnachgiebig hielt Shacklebolt Harry im Büro.

„Ruhig Blut, Potter. Sie sollten lernen, geduldig zu sein. Denken Sie erst nach, bevor Sie handeln. Wenn der Lord das Mädchen haben will und der alte Lucius hinter der Entführung steckt, warum befindet sich das Mädchen dann nicht in Stonehenge?“

Harry stutzte. Stonehenge?
„Wieso Stonehenge?“, fragte er und ließ sich von Kingsley wieder zum Schreibtisch schieben.

„Eigentlich widerstrebt es mir, einen Teenager ins Vertrauen zu ziehen. Nichts für ungut, mein Junge, Sie sind ein prächtiger Kerl und ein aussichtsreicher Kandidat, allerdings sind Sie auch erst sechzehn und damit noch nicht volljährig. Wenn ich jedoch bedenke, dass Sie derjenige sind, der Ihm getrotzt hat, spricht einiges dafür, Sie einzuweihen.“

Harry nickte langsam. Sein Argwohn war geweckt.
„Wie meinen Sie das? Wollen Sie mich jetzt als Köder einsetzen, um Voldemort zu fangen?“

Scrimgeours linker Nasenflügel zuckte bei dem Namen, doch kaschierte er diese Regung mit einem Heben der Achseln.
„Nun, ich glaube kaum, dass man Sie als Köder erst anbieten muss. Sie sind es seit Seiner Rückkehr und eigentlich schon, seit Sie überlebt haben. Doch vermute ich, dass Ihre Gegenwart, Seine Aufmerksamkeit erregen und Ihn unvorsichtig machen wird.“

Harry nahm Platz. Er musterte den Mann vor sich und stellte sich die Frage, ob und inwieweit er ihm vertrauen konnte. Fudge hatte sich mit Harry an der Seite gezeigt, um dessen Popularität auszunutzen und sich zu profilieren, hatte ihn aber nach dieser reißerischen Berichterstattung durch diese Kimmkorn fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Was hatte Scrimgeour vor? Hegte er ähnliche Gelüste oder ging es ihm wirklich nur darum, einem Verbrecher das Handwerk zu legen? Wie weit würde er gehen, um sein Ziel zu erreichen? Würde er ihn, Harry, opfern?

„Wieso Stonehenge?“, wiederholte er seine Frage eindringlich. Über die Sache mit dem Köder würde er sich später Gedanken machen.

Scrimgeour schien zu akzeptieren, dass die Frage nach seinen Motiven erst einmal nicht von Belang war. Er zog einen der Muggelumschläge aus dem Aktenberg hervor und reichte ihn Harry.
„Schauen Sie sich die Bilder an, aber seien Sie vorsichtig. Dieses verdammte Muggelpapier kann ziemlich hinterhältig sein.“ Er hielt ihm, wie zum Beweis, einen übertrieben bandagierten Finger entgegen.
Harry hätte geschmunzelt, wenn er nicht im Gedanken schon beim Inhalt des Umschlags gewesen wäre.

„Die Muggelbehörden haben Anton Misters Leiche in der Nähe der Kultstätte gefunden. Der Nebel wurde magisch herbeigeführt. Mister ist durch den Todesfluch gestorben. Wir kennen nur einen Zauberer, der inflationär mit diesem Zauber um sich schmeißt. Mister wurde ins St.-Mungus, zu den Alchimisten gebracht. Die werden am ehesten herausfinden, wie sich alles zugetragen hat. Die Frage, die sich uns stellt, warum hat also der alte Lucius das Mädchen nicht nach Stonehenge gebracht, sondern zu sich nach Hause?“

Harry betrachtete die Bilder und lauschte wie nebenbei den Ausführungen des Chef-Auroren.

„Wollen Sie nichts unternehmen, Sir?“ Harry überging die Frage. Sie konnte nur rhetorisch gemeint sein.

„Sie kennen doch die Malfoys. In die Nähe des Landsitzes zu kommen, ist kein Problem, doch diesen zu betreten und dann auch noch heil von diesem 'runterzukommen, ist schon eine andere Sache. Verdammt kreativ, die Malfoys. Eine mittelalterliche Feste einzunehmen wäre vermutlich leichter. Scheiß paranoider Haufen!“

Paranoider Haufen!, echote es in Harrys Kopf. Unsicher tastete er nach den geschrumpften Büchern in seiner Tasche. Es würde alles einen Sinn ergeben, wenn die Malfoys wirklich so paranoid waren, oder jedoch mit Umsicht an die Dinge herangehen. Zwischen nicht krankhafter Paranoia und Umsicht zu unterscheiden war eine Frage des Standpunktes.
So sehr er Draco Malfoy auch verabscheute, Draco hatte sich stets als gerissen erwiesen und geschickt genug, aus seiner Lage das Beste zu machen, zumindest nach und nach. Er hatte geplant, während Harry es gewohnt war, spontan zu handeln.

„Vermutlich“, begann Harry zögerlich, „sieht Malfoy, dass von Voldemorts Vorhaben eine Gefahr ausgeht, die auch ihn betreffen wird?“

„Ha!“, rief Scrimgeour und schlug mit der bandagierten Hand auf den Tisch. „Natürlich! Ähm, wenn Sie mir jetzt noch erklären, worin diese angebliche Gefahr Ihrer Ansicht nach besteht, dann wäre ich um einiges geneigter Ihnen zuzustimmen.“

„Moment, wollen Sie mir damit sagen, dass sie keinen blassen Schimmer haben, was los ist?“

Scrimgeour lächelte gerissen, lehnte sich in seinen Sessel zurück und legte die Füße auf den Tisch.
„Sie müssen noch eine ganze Menge lernen, mein Junge. Ich möchte lediglich wissen, was Sie wissen oder glauben zu wissen. Ob ich Ihnen dann sage, was wir wissen und vermuten, wird von Ihren Informationen abhängen. Ich bin Chef eines ganzen Haufens von Auroren. Einige sind wie Soldaten, andere sind Taktiker, wiederum andere Analytiker. Einige sind gut in Überwachung und andere hervorragend darin, Informationen zu beschaffen. Es wäre doch etwas leichtsinnig von mir, einem Kind Zugang zu allem zu geben. Berichten Sie, Potter, ich bitte darum.“

Harry wollte schon empört antworten, als Kingsley laut aufstöhnte und sich den Rücken rieb. Im Türspalt erschien eine kleine runde Figur in Rose, die mit angeeckelter Miene eine Eule vor sich hertrug.

„Sie wissen doch genau, dass Eulen in dieser Behörde nichts zu suchen haben! Mister Scrimgeour!“

„Ach was, wirklich?“ Die buschigen Augenbrauen, ja sogar die Löwenmähne des Chefauroren zuckten amüsiert. „Warum tragen Sie denn eine mit sich herum, Miss Umbridge? Hat sich die Eule etwa geweigert ihre Nachricht am Eingang abzugeben?“

Harry musterte diese Frau. Er hasste sie abgrundtief. So viel stand fest. Dieser Gedanke wäre beängstigend, wenn diese Emotion nicht so natürlich wäre.

„Dieses … Tier verstößt gegen die Regeln!“

„Dann sollten Sie mir diesen Scheiß-Vogel endlich aushändigen und ihn nicht länger erwürgen, Umbridge. Ich bin sicher, dass genügend Arbeit auf Sie wartet.“

Harry wurde allmählich nervös. Sie Zeit lief und sie lief nicht zu ihren Gunsten. Er wackelte hektisch mit den Füßen.

„Meine Güte, Potter! Sitzen Sie still!“, fauchte Umbridge. Sie gab der Tür einen kräftigen Stoß mit dem Fuß. Kingsley wich rechtzeitig aus, um den Türdrücker nicht wieder ins Kreuz zu bekommen. Die Eule wackelte panisch mit den Füßen und gab merkwürdig erstickte Laute von sich, während die Augenbrauen Scrimgeours eine heftige Zuneigung zueinander entwickelten.

Als die Eule endlich auf dem Schreibtisch des Aurorenchefs saß, sprang Harry auf und schob sich zwischen Umbridge und den Schreibtisch. Er kannte die Neugierde dieser Frau zu gut und hatten ihren spähenden Blick richtig gedeutet.

„Ich glaube nicht, dass Sie das etwas angeht“, erklärte er ruhig, hob die Hand und deutete auf die Tür.

„Ich glaube nicht, dass mir Dein Ton gefällt, Junge!“, fauchte sie. Sie streckte die Hand nach den Unterlagen aus. Doch noch bevor einer ihrer Finger auch nur einen Schnipsel berühren konnte, schrie sie auf. Harry lachte.

„Miss Umbridge. Sie sollten den Spruch doch bereits kennen: Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz.“

Wutentbrannte stapfte sie hinaus. „Diesen Vogel werde ich lebend rupfen!“, zeterte sie.

Als Kingsley die Tür schloss, sackte Harry in dem Sessel zusammen. Es war anstrengend mit dieser Frau in einem Raum zu sein. Seine Hand kribbelte. Derweil ließ sich die Eule die Botschaft abnehmen. Harry nutzte den Moment und wandte sich Kingsley zu.

„Ich dachte, dass man im Ministerium nicht mehr über Eulen kommuniziert?“
„Das ist eine Gringottseule. Normalerweise werden die Botschaften in der Poststelle der Ministeriums entgegengenommen und per Flieger oder Boten weitergeleitet. Diese Nachricht muss besonders sein, sonst hätte die Eule sich nicht geweigert, ihre Botschaft abzugeben.“

„Von Dumbledore!“, murmelte Scrimgeour, erhob sich, strich seine Robe glatt und wühlte auf dem Schreibtisch herum.

„Harry, ich muss Sie bitten, alles weitere nun uns zu überlassen. Wir …“

„Nein!“, fauchte Harry und sprang auf. Er zog die Chronik aus seiner Hosentasche, ließ das Buch über ägyptische Magie folgen und deutete mit dem Kinn darauf.
„Ich glaube, ich weiß, was Dumbledore herausgefunden hat. Ich kann Ihnen sagen, was los ist. Voldemort versucht sich an ägyptischer Magie, an einer Zeremonie, die etwas mit dem Aufgang des Sirius zu tun hat und mit dem Einsetzen der Nilflut. Es hat etwas mit dem Beweis zu tun, dass der rechte Herrscher an der Macht ist. Voldemort versucht seine Stellung zu sichern. Das Zeremoniell ist schon mal schief gelaufen. Das steht alles in dem Buch und ich … Er braucht einen geeigneten Ort, vier Artefakte, die auf den Region abgestimmt sind, ein Medium, das eine mächtige wahre Seherin sein muss, und schon geht es los. Er wird den Werwölfen suggerieren, dass Vollmond ist, wird die Harmonie durcheinander … “

Scrimgeour schlug mit der Faust auf den Tisch.

„Es reicht! Du weißt nur einen Teil, mein Junge! Du hast keine Ahnung von den Motiven dieses Mannes. Er braucht eine Armee! Und er will diese Armee immer dann griffbereit haben, wenn es ihm passt. Es geht ihm nur darum, seinen Terror wieder auszuüben. Seine Todesser fallen flach. Die meisten sind gestorben, in Askaban verrückt geworden oder haben sich in den Jahren seiner Abwesenheit mit dieser Gesellschaft arrangiert. Der eine oder andere entwickelt sogar - welch Schreck - eigene Ideen. Diesem Scheiß-Kerl von Voldemort geht es nicht um die Sicherung seiner Stellung oder den Beweis, dass er der wahre Herrscher ist. Es geht ihm um Macht. Er wollte immer Macht. Doch es gibt einen Fehler in seinem Plan! Einen einzigen! Der falsche Ort, mein Junge. Er kann noch so mächtige Media haben, es wird immer mit dem Tod enden und am Ende stirbt Voldemort.“

Harry horchte auf. Für einen Moment war dies ein verlockender Gedanke, doch dann … er spürte wie seine Wangen heiß wurden und senkte den Blick. Die Opferzahl wäre zu groß.

„Nein … das könnte …“

„Ein verlockender Gedanke, nicht wahr?“
Scrimgeour stützte seine Hände auf die Schreibtischplatte und schüttelte seufzend den Kopf.
„Ich weiß genau, was in dir vorgeht, mein Junge. Doch wir wären nicht besser als dieser Kerl, wenn wir darauf warten würde, dass er durch seine eigene Magie stirbt. Bevor es so weit wäre, könnte Schlimmeres passieren. Die Natur wird sich rächen. Sie rächt sich immer, wenn man ihr in die Quere kommt. Wir würde die Vernichtung der magischen Orte wissentlich dulden, wenn wir ihm freie Hand ließen. Das letzte Chaos ist nur ein kleiner Vorgeschmack dessen, was uns bevorstehen wird.“

Scrimgeour trat ans magische Fenster. Die Aussicht auf das Houses of Parliament war nur fiktiv. Sie waren etliche Etagen unter der Erde.

„Es gilt das Schicksal vieler gegen das Schicksal weniger abzuwägen. Würden wir darauf hoffen, dass Voldemort sich selbst durch seine Hybris vernichtet, nähmen wir billigend in Kauf, dass bis dahin Hunderte von Menschen sterben. Wenn wir bei Stonehenge eingreifen, riskieren wir die Entdeckung unserer Welt. Es wird nicht zu vertuschen sein, wenn ich eine ganze Abteilung an Auroren nach Stonehenge schicke, einem Touristenmagnet.“

Scrimgeour schlug mit der Faust gegen die Scheibe und stöhnte. „Die Lösung ist so nahe!“

Harry schwieg. Er wusste, dass er sich zu viel herausnahm, als er nach Dumbledores Nachricht griff.

„Habe Aufzeichnungen des Magisters gefunden. Berichtet von der Manipulation der Sphären, an die sich Slytherin und Gryffindor versucht haben. Scheiterten. Magister gibt an, dass sie den falschen Ort nahmen, um den Zauber so wirken zu lassen, wie er soll. Steine sind kein Leben! Stonehenge ist falsch: Woodhenge wäre richtig! Müssen Katastrophe verhindern. Begebe mich an den Ort des Geschehens!“

„Harry?“
Harry ließ die Notiz fallen. Direkt vor seiner Nase war die Löwenmähne Scrimgeours aufgetaucht.
„Normalerweise würde ich dich jetzt einem Vergissmich ausliefern, aber das wäre wohl etwas zu hart.“

Betreten hob Harry die Notiz auf und reichte sie Scrimgeour.
„Was ist Woodhenge?“, wagte er zu fragen. Nie hatte er von einem solchen Ort gehört. Doch wenn Dumbledore schrieb, dass dies der rechte Platz wäre, musste es ihn geben.

„Nun, das ist die Frage, nicht wahr? Ich habe keine Ahnung!“

Harry blinzelte und glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Wohin war denn Dumbledore unterwegs und wie konnten sie ihm helfen, wenn niemand wusste, was dieses Woodhenge war?

° ° ° ° ° ° °

Sirius war es egal, dass er angeblich Ruhe brauchte. Er nutzte die Gunst der Stunde. Lange genug war er im Krankenflügel eingesperrt, um die Routine, die Poppy zu eigen war, in und auswendig zu kennen. Er langweilte sich. Seit Hermine entlassen war, war er allein im Saal. Ron war in einem anderen Raum untergebracht, den Poppy durch eine Glasscheibe überwachen konnte. Sirius kannte ihn. James hatte dort vor Jahren einen ziemlichen bösen Beinbruch auskurieren müssen. Sirius kicherte leise. Den hatte sich der Gute nur zugezogen, weil er nicht hatte hören wollen.

„Natürlich kann ich Motorrad fahren!“

Rums hatte es gemacht und James hatte sich einen offenen Bruch zugezogen. Pech, dachte Sirius noch im Nachhinein. Wer nicht hören konnte, musste fühlen. Das wusste er schließlich aus Erfahrung. Auf wackeligen Beinen tapste er zum Kleiderschrank. Er hatte Poppy genau beobachtet, als sie seine Sachen, natürlich gereinigt und gebügelt, dort verstaut hatte. Langsam zog er sich an und versuchte so flach als möglich zu atmen. Es tat weh, doch war erträglich.

„Sie sind ein freier Mann, Sirius Black!“ Das hörte sich wie der letzte Satz eines bösen Märchens an, fand er. „Sie sind frei, theoretisch, und wenn es nach mir ginge, wird es eine deftige Entschädigung für das erlittene Unrecht geben. Wir werden Sie nicht mehr verfolgen. Aber noch sollten Sie verdammt vorsichtig sein.“

Sirius verzog das Gesicht und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Er zog sich seine Schuhe über und schnaufte.

Vorsichtig?, dachte er bei sich. Er war noch nie in seinem Leben vorsichtig gewesen. Nicht einmal, als er bei Nacht und Nebel ein Bordell in der Nokturngasse gestürmt war, hatte er viel auf Vorsicht gegeben. Das war nun wirklich nicht sein Ding. Jahre lang war er untätig gewesen und nun hatte er endlich die Möglichkeit, mehr zu tun und da sollte er vorsichtig sein?

Langsam erhob er sich. Er fühlte keinen Schmerz. Poppy war gut in dem, was sie tat. Er strich sich sein Haar aus Gesicht, schlich zur Tür, öffnete sie nur einen Spalt breit und lugte hindurch.

„Oh, nein, Mr Weasley! Wenn Sie auch nur einen Fuß aus diesem Bett tun, dann werde ich Sie festbinden!“

Sirius grinste.

„Das wäre aber illegal! Ich bin minderjährig!“

Er unterdrückte gerade so ein Prusten. So viel Schlagfertigkeit hätte er dem besten Freund seines Patensohnes gar nicht zugetraut. Sirius nutzte die Gunst und wartete das Ende des Gespräches nicht ab. Er verließ auf leisen Sohlen den Krankenflügel. Er kannte das Schloss gut genug, um die wirklich gefährlichen Stellen zu meiden. Es herrschte kaum Betrieb. Die meisten Schüler mussten in ihren Gemeinschaftsräumen sein oder in der Bibliothek oder der großen Halle. Zeit fürs Abendbrot war noch nicht. Sirius gelangte an das Schlossportal und verbarg sich in einer Nische. Beinahe wäre er Snape in die Arme gelaufen, was er tunlichst vermeiden wollte. Sie würden nie Freunde werden und solange seine theoretische Unschuld nicht in eine praktische übergegangen war, würde es Snape eine Freude sein, ihn anzuschwärzen.

„Severus, wollen Sie wirklich alles riskieren und Ihren Posten verlassen?“

Sirius drückte sich weiter in die Nische hinein. Er wünschte sich, mit dem Schatten zu verschmelzen. Instinktiv wusste er, dass ihm dies beinahe perfekt gelang. Minerva McGonagall tauchte in seinem Blickfeld auf. Und wenn Sirius richtig sah, dann verbarg sich - recht unzulänglich - ein kleines blondes Mädchen hinter dem Punkteglas von Gryffindor.

„Ich bin alt genug, das selbst zu entscheiden. Ich weiß, wo dieser Werwolf steckt und ich werde ihn mir zu Brust nehmen. Und dieses verräterische Frauenzimmer ebenso!“

Sirius` Nacken kribbelte, doch er widerstand dem Wunsch, sich zu kratzen.

„Sie wissen doch gar nicht, ob es sich so zugetragen hat, wie Sie es vermuten!“ McGonagall klang ärgerlich.

„Und wenn schon. Die Dame ist die einzige Möglichkeit, wie Potter innerhalb kürzester Zeit Legilimentik gelernt hat. Illegale Methoden, Minerva. Der Junge hätte ein geistiges Wrack werden können und niemand scheint sich darüber Gedanken zu machen, dass es nur eine Person gibt, die die Möglichkeit dazu hatte …“

„Nun, das mag ja alles logisch klingen, doch gibt Ihnen das noch lange nicht das Recht, sich während des Schuljahrs ohne Erlaubnis vom Gelände zu entfernen“, echauffierte sie sich.

„Was? Ich bin kein Schüler!“, fauchte Snape. Sirius musste lächeln. Severus Snape versuchte Minerva McGonagall mit seinen einschüchtern Lehrerblick in die Knie zu zwingen, doch sie wedelte nur mit der Hand.

„Ihr Blick schreckt mich nicht. Ich bin selbst Lehrerin und wenn ich Sie daran erinnern darf, ich habe mehr als doppelt so viele Lehrjahre auf dem Buckel. Und nun fassen Sie sich und warten, bis Albus wieder im Haus ist. Wer glauben Sie, wird Ihren Unterricht übernehmen, wenn Sie bis morgen nicht da sind?“

Sirius hatte genug gehört. Er wagte sich einen Schritt aus dem Schatten und verharrte. Er fühlte sich beobachtet und suchte die Quelle. Das blonde Mädchen starrte ihm direkt ins Gesicht. Es wirkte nicht erschrocken, sondern eher fasziniert. Er nickte ihm zu und ein breites Lächeln erschien auf dem Gesicht der Kleinen.

„Wann werden wir im Zaubertränkeunterricht eigentlich mit Alraunen arbeiten, Professor?“
Die helle Stimme ließ die beiden zeternden Professoren auseinander fahren.

„Thena! Was hast du hier zu suchen!“

„Fünf Punkte Abzug von Gryffindor wegen Ausspionierens von Lehrern, Miss McGonagall.“

Verblüfft drückte sich Sirius in den Schatten. Das war also Minervas Enkelin. Seine Mundwinkel zuckten amüsiert.

„Ja, ich weiß, das war nicht nett. Aber wann machen wir denn nun etwas mit Alraunen? Madam Sprout hat neulich gesagt, dass sie erst im zweiten Schuljahr auf dem Plan stehen, machen wir denn im Schuljahr etwas mit Alraunen, Professor?“

Sirius dankte der Kleinen im Stillen. Sie fesselte die Aufmerksamkeit der beiden und das auf erstaunlich geschickte Art, sodass die dem Schlossportal den Rücken zuwandten. Er huschte aus dem Schatten, warf einen Blick zurück, lächelte der Kleinen zu. Einen kurzen Augenblick kreuzten sich ihre Blicke. Sirius schmunzelte amüsiert, als sie ihm zuzwinkerte und dann wieder aufmerksam den Ausführungen der beiden Professoren lauschte.

Bei nächst bester Gelegenheit nahm Sirius seine Animagusgestalt ein und rannte zu Hagrids Hütte. Er brauchte sein Motorrad. Nur so konnte er rechtzeitig, vor Severus Snape auf dem Landsitz der Lilienwoods sein. Die wenigen Hinweise hatten gereicht, um Sirius wissen zu lassen, wo sich Remus aufhielt und wer hinter den Legilimentik-Künsten seines Patensohnes steckte. Er würde mit dieser Tante ein Hühnchen rupfen.




° ° ° ° ° ° °

Lucius schenkte sich einen weiteren Cognac ein und starrte ins Feuer. Er fror nach wie vor, doch das war nicht der Grund, weshalb er seit gut zwei Stunden den Kamin nicht aus den Augen ließ. Er stand vor einer wichtigen Entscheidung, die sein Leben und das seiner Familie auf immer würde verändern können. So weitermachen wie bisher konnten sie nicht. Seine Frau hatte große Schuld auf sich geladen, auch wenn der Zweck die Mittel heiligte, hatte sie zwei Hexen getötet und einen Werwolf auf eine weitere Hexe konditioniert. Mord. Lucius hatte keine Skrupel, jemanden vom Leben zum Tod zu befördern. Er hatte seinen eigenen Schwiegervater den Schergen seiner Lordschaft ausgeliefert und den Onkel seiner Frau hatte er eigenhändig zur Strecke gebracht. Er wusste, wie es sich anfühlte, zu töten. Es gehörte nicht zu seinen Lieblingsaufgaben, im Gegenteil. Er verabscheute das Gefühl des Todesfluchs, das ihm sein Zauberstab vermittelte. Er manipulierte gerne und eröffnete anderen lieber die Möglichkeit, bis zur letzten Konsequenz zu gehen. Am liebsten hatte er es, wenn sein Opfer keine andere Wahl mehr hatte, als das zu tun, was er von ihm wollte.

Lucius lächelte bitter. Seine Frau hatte sich nur indirekt die Hände schmutzig gemacht. Nur indirekt. Sie hatte sich ein Werkzeug geschaffen und dieses töten lassen, was recht raffiniert war. Doch gab es zu viele Zeugen. Es klopfte.

„Ja?“ Nur widerwillig wandte er seine Aufmerksamkeit vom Feuer ab.

Narzissa erschien und schloss hastig die Tür hinter sich. Sie wirkte aufgeregt, beinahe panisch.
„Sie müssen aus dem Haus, Lucius. Bellatrix will gerade mit Seiner Lordschaft Kontakt aufnehmen. Es scheint, als würde sie ungeduldig werden. Sie wundert sich, warum wir die Kleine noch bei uns haben und nicht Seiner Lordschaft brachten. Und …“

Er brachte seine Frau mit einem strengen Blick zum Schweigen.

„Wir müssen abwägen, was zu tun ist, meine Liebe.“ Er wählte seine Worte mit Bedacht, zog seinen Zauberstab und versiegelte die Tür.
„Lauscher können wir nicht brauchen“, erklärte er. Er schritt auf Narzissa zu, nahm sie bei der Hand und führte sie zu einem der Sessel, die vor dem Kamin standen. Er ließ sie Platz nehmen, setzte sich ihr gegenüber und ergriff erneut ihre Hände.

„Ich bin dir dankbar, dass du mich aus Askaban herausgeholt hast. Ich bin dir verbunden, für das, was du für diesen Plan in Kauf genommen hast. Aber wir haben ein größeres Problem.“

Er erzählte ihr von den Werke Salazar Slytherins, die er nach und nach zusammengetragen hatte. Er berichtete, wie er im Jahr nach dem ersten Verschwinden Seiner Lordschaft sogar in ein Museum eingebrochen war, um in den Besitz des Zaubertrankbuchs des Meisters zu gelangen. Er ließ nichts aus und schloss mit einem kleinen Vortrag über einen kurzen Abschnitt, den Slytherin nicht vollständig hatte tilgen können.

„Der Meister berichtet von einem magischen Unterfangen, das die Harmonie empfindlich stören wird. Er hätte es einer seiner Reisen mitgebracht. Damals seien er und Gryffindor noch gute Freunde gewesen und hätten vieles gemeinsam unternommen. Noch vor Gründung der Schule haben sie diese Magie ausprobiert und sind kläglich gescheitert. Die Medien, die sie hatten, waren vom Blut ihres Hexenmeisters gewesen. Beide Mädchen sind verbrannt, als die Natur mit Blitz und Donner Rache nahm, um die Harmonie zurückzufordern.“

„Du wusstest das alles?“

Lucius nickte bedächtig und lächelte überheblich.

„Ich besitze die Bücher nicht nur, meine Liebe, ich studiere sie sogar!“

„Ja aber …“

„Warum ich nichts dagegen getan habe?“ Sie nickte.
„Nun, ich saß in Askaban und Seine Lordschaft hat nicht geruht, mich in Seine Pläne einzuweihen.“
Narzissa machte ein verdrießliches Gesicht.
„Doch darum geht es jetzt nicht. Wir stehen vor einer dringenden Entscheidung. Entweder folgen wir Seiner Lordschaft weiter und riskieren alles zu verlieren, wir würden unseren Jungen an den Bettelstab bringen, oder wir wechseln die Fronten.“

Einen Moment herrschte Schweigen. Narzissas Miene veränderte sich Zug um Zug. Lucius widerstand dem Wunsch, sie im Raum allein zu lassen, wie er es fast immer tat, wenn sie einen ihrer Tobsuchtsanfälle bekam.

„Du willst mich opfern?“, fauchte sie plötzlich und sprang auf. Entsetzen sprach aus ihrer Miene. „Nach allem, was ich getan habe, willst du mich zur Schlachtbank führen? Ohne mich!“ Sie stürzte zur Tür.

Lucius brauchte nicht lange. Er war rasch hinter ihr, packte seine Frau bei den Schultern, drehte sie zu sich herum und drückte sie gegen die Tür. Seine Hand legte sich um ihr Kinn. Er hatte gedacht, dass sie diese Szenen hinter sich hätten.

„Hör mir genau zu, denn ich sage es nur einmal! Du wirst nicht geopfert, denn dein einziger Grund, zu solchen Mitteln zu greifen, war meine Befreiung, weil ich der einzige bin, der diesen Lord aufhalten kann - deiner Ansicht nach. Ich weiß, wo er steckt und ich weiß, wohin ich die Seherin schaffen kann, ohne das dieser Lord oder einer seiner Schergen etwas mitbekommt. Du hast lediglich aus Verzweiflung gehandelt, nicht wahr - Liebling?“

Narzissas Hände krallten sich um seinen Arm. „Du tust mir weh!“, zischte sie.

„Das ist unwichtig. Weißt du, was passiert, wenn Seine Lordschaft in die magische Ordnung eingreift, nur um etwas für sich zu gewinnen, das Schein und Trug ist? Er wird nicht viel und nicht lange Freude daran haben. Außer Kontrolle geratene Werwölfe sind das eine. Doch es wird mehr Konsequenzen nach sich ziehen. Du hast es in Askaban gesehen. Du warst kurz danach in Stonehenge. Werwölfe lassen sich nicht kontrollieren! Sie hätten deine süße Schwester beinahe zerfetzt, als der Lord sie rief. Der Überfall auf das Schlammblut, um den Goldjungen zu isolieren, ging schon nach hinten los. Das Schoßtier ist entwichen und ich weiß genau, wohin es gelaufen ist. Genau wie du. Wir müssen Schadensbegrenzung betreiben, meine Liebe, damit wir nicht alles verlieren.“

„Aber ...“ Sie keuchte. Doch Lucius lockerte den Griff nicht. Er musste ihr verständlich machen, was alles auf dem Spiel stand.

„Da gibt es kein Aber!“, flüsterte er streng. „Seine Lordschaft wird wieder versagen, glaub mir. Mit Hogwarts und Askaban … das war nur der Anfang. Das Gleiche wird allen magischen Orten drohen und am Ende wird die Natur sie zur Gänze vernichten. Was meinst du, warum ich wollte, dass Draco aus Hogwarts verschwindet? Wegen der Seherin? Die hätten wir auch ohne ihn ausfindig gemacht.“

Er ließ Narzissa los und schritt zum Kamin. Als sei nichts geschehen, nahm er seinen Cognac und schwenkte die dunkle Flüssigkeit in aller Seelenruhe, bevor er eine Schluck nahm. Seine Frau räusperte sich.

„Wohin willst du das Mädchen schaffen?“

„Das geht dich nichts an. Je weniger du weißt, desto weniger kannst du verraten.“ Er wartete auf einen empörten Einwurf, aber nichts kam. Verwundert blickte er sich um. Seine Frau stand mit stoischer Miene direkt vor der Tür. Ihre Hände ruhten an den Seitennähten ihres hellen Kleides.
Rosa, dachte Lucius. Er kannte die Vorliebe seiner Frau für diese unmögliche Farbe. Er hatte gehofft, es ihr irgendwann abzugewöhnen, doch vergeblich. Er konnte sich noch gut an die Szene erinnern, die sie ihm am Tag der Hochzeit gemacht hatte. Sie hatte das herrliche Ensemble, das ein wahrer Meister der Mode ihr buchstäblich gezaubert hatte, verschönert, indem sie die es umgefärbt hatte. Er selbst war ausgerastet und hatte das Kleid zerfetzt. Geheiratet hatten sie dennoch. Nun, das lag lange zurück. Mittlerweile störte er sich nicht mehr so sehr daran, dass sie ab und an wie ein bonbonfarbener Stoffballen aussah.

„Du traust mir nicht“, flüsterte sie. „Du hast es nie getan. Du hältst mich noch immer für naiv und dämlich.“

Lucius verdrehte die Augen und seufzte. „Das hat mit Vertrauen nichts zu tun. Wenn seine Lordschaft uns auf die Schliche kommt, dann kann ich Askaban vorschützen und geistige Umnachtung“ - er zuckte mit den Schultern - „dann habe ich allein gehandelt. Er wird sich an mich rächen und dich und Draco vielleicht verschonen.“

Narzissa lachte hysterisch. „Du? Du warst nie in deinem Leben selbstlos.“

„Schweig!“, donnerte er.

„Warum sollte ich?“, keifte sie. „Du willst mich am Ende den Behörden ausliefern! Darauf läuft es doch hinaus. Eines sage ich dir, da mache ich nicht mit. Wir werden beide büßen! Hörst du? Beide!“

Lucius schnaubte und musterte sie mit leicht hoch gezogener Augenbraue.
„Es war nicht zu überhören. Du solltest deine Schwester im Auge behalten. Es gefällt mir nicht, dass sie in meinem Haus so herumschleicht. Beschäftige sie und vielleicht lenkst du diesen Lovegood gleich mit ab. Damit ich seine Tochter wegschaffen kann, bevor Seine Lordschaft das Interesse an meiner Sammlung verliert. Selbst wenn sie Kontakt mit ihm aufgenommen hat, was ich bezweifle … Sicherheit geht vor!“

Er stürzte den Cognac hinunter und dachte an sein größtes Kleinod, das sich nach wie vor in den Händen dieses Bastards befand. Das Zaubertrankbuch. Er würde Narzissa nie verzeihen, dass sie es ihm gegeben hatte. Lucius lächelte bitter. Es fiel nicht länger schwer, diese Karikatur eines Menschen im Gedanken zu beschimpfen, solange Er nicht in seiner Nähe war.

„Vertrau mir einfach“, murmelte er. „Vertrau mir und am Ende wird alles gut. Wenn die Guten gewinnen, werden sie Erbarmen haben. Das haben sie doch immer. Und am Ende wundern sie sich, dass sich alles wiederholt.“ Er zuckte die Achseln, stellte das leere Glas auf den Sims und rauschte an seiner perplexen Frau vorbei.


° ° ° ° ° ° °

Es war nicht seine Art, einen Ort fluchtartig zu verlassen, und es war auch nicht seine Art, kryptische Botschaften zu versenden. Dass Albus Dumbledore mit seinen Gewohnheiten brach, lag einzig und allein daran, dass er in Eile war. Nur widerstrebend hatte er das Archiv der Kobolde in Gringotts verlassen. Der Schlüssel, dieser wunderbare Schlüssel zu den geheimen Aufzeichnungen der Gründer ruhte in seiner Tasche. Es war ein angenehmes Gefühl, wenn seine Tasche gegen den Oberschenkel schlug und die Bücherbüchse leise klapperte. Er würde wiederkommen und dort fortsetzen, wo er hatte aufhören müssen. Es war ungewöhnlich gewesen, eine der Gringottseulen für sehr vertrauensvolle Aufgaben mieten zu müssen. Diese Kobolde verstanden es, aus jeder Angelegenheit ein profitables Geschäft zu machen. Diese simple Nachricht hatte ihn vier Galleonen und acht Sickel gekostet. Es machte ihm nichts aus, doch selbst er, der sich um Geld nie hatte Sorgen machen müssen, erkannte Wucher, wenn er ihm begegnete.

Albus eilte durch die gut besuchte Winkelgasse. Die Dämmerung kroch unaufhaltsam heraus. Die Gaslaternen, bei deren Aufbau Albus als Kind noch zugesehen hatte, wurden bereits entzündet und tauchten die belebte Straße in ein fahles kränkliches Licht. Er konnte dem November nichts abgewinnen. Wenn es einen Monat gab, den er verabscheute, dann war es dieser. Albus warf einen Blick gen Himmel. Der Mond war mehr als deutlich zu sehen. Ein unangenehmes Kribbeln machte sich in seiner Zauberstabhand bemerkbar. Das war kein gutes Zeichen. Eine dunkle Ahnung beschlich ihn.

Er verließ die Winkelgasse durch den Topfenden Kessel und suchte den nächsten Apparationsstandort auf. Er wollte keine unnötige Aufmerksamkeit und ein hektisch wirkender Dumbledore war alles andere als ein gewöhnlicher Anblick. Er brauchte Ruhe. Er wog noch während des Laufens das Für und Wider ab. Er wusste, dass er den Schlüssel kaum an den Ort würde mitnehmen können, an den er sich begeben wollte. Ein Abstecher nach Hogwarts würde zu lange dauern. Er zögerte und entschied sich, den Schlüssel doch bei sich zu behalten. Wer sollte schon mit diesem Ding etwas anfangen können? Schließlich musste der Hüter Direktor von Hogwarts sein.

Albus betrat das verfallen wirkende Haus, betrat einen leeren Raum und verschwand mit lautem Knall.






~ tbc ~


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Als ich das erste Harry-Potter-Buch las, habe ich mir meinen Bademantel angezogen und so getan, als ob ich Harry wäre. Ich rannte im ganzen Haus herum uuund... kann nicht fassen, dass ich das gerade erzählt habe.
Matthew Lewis