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Harry Potter und das Geheimnis seiner Ahnen - Mission: Luna

von Eosphoros

London war keine Stadt, in der man die Kälte des Herbstes wirklich spürte. Untertunnelt, wie sie war, und mit der Masse an Menschen, die sie beherbergte, strahlte die Stadt einfach eine Wärme aus, die nicht immer angenehm genannt werden konnte. Selbst im tiefsten Winter glich die Stadt einer Wärmeplatte, sodass Schnee, wenn er denn fiel, kaum liegen blieb. Es war erst Anfang November: ein Monat, der durchaus auch in London einer der ungemütlicheren war. In dieser keineswegs heimeligen Atmosphäre lehnte ein hochgewachsener schlanker Teenager in einem windgeschützten Häusereingang an einer Wand und starrte mit seinen hellen, eisig grauen Augen auf ein großes Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Für einen unaufmerksamen Beobachter erweckte sein Verhalten keinerlei Misstrauen. Doch für jenen, der sich die Mühe machte, dem fixierenden Blick des jungen Mannes zu folgen, barg es einiges an Absonderlichkeit. Was konnte an einem leer stehenden, mit Brettern verschlagenen alten Kaufhaus so interessant sein, dass es die Aufmerksamkeit eines Teenagers dermaßen erweckte? Mancher mochte sagen, dann lungerte dieser Typ einfach nur herum. Aber ein Draco Malfoy lungerte niemals irgendwo herum. Er war zu vornehm und zu gut erzogen, um an Ecken zu stehen und einfach nur ?herumzulungern'. Es gab immer eine oder auch mehrere Ursachen für sein Verhalten. Zurzeit lehnte ausschließlich aus zweierlei Gründen lässig an Wänden, Mauern oder Türen: erstens weil er gerade Lust dazu hatte und zweitens weil es ihn cool wirken ließ. Niemals gab es andere Ursachen für sein nach außen hin sinnlos erscheinendes In-der-Gegend-Herumstehen. Zumindest würde er andere Gründe niemals zugeben … auch nicht unter peinlicher Befragung.

Derzeitig stand er in der feuchten Novemberluft in seinen besten Übergangsumhang aus weicher Merinowolle gehüllt und beobachtete das Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite. Es war langweilig, den magisch geschützten Eingang des St.-Mungo-Hospitals im Auge zu behalten. Er tat es, weil es von ihm erwartet wurde. Spaß musste es ihm nicht machen. Er war ein guter Sohn und tat stets, was sein Vater von ihm verlangte. Selbst wenn die Befehle Seiner Lordschaft anders lauten würden, würde Draco immer in Lucius Malfoy die höhere Instanz sehen. Schließlich entschied sein Vater über das nicht geringe Taschengeld und eröffnete ihm Möglichkeiten, die Seine Lordschaft ihm nicht würde bieten können. Dass sich die Ansichten und Pläne seines Vaters fast immer mit denen des dunklen Lords deckten, war natürlich günstig. Draco war allerdings nicht dumm und hatte rasch erkannt, wie leicht sich auch Seine Lordschaft manipulieren ließ. Jeder Mensch war manipulierbar, es kam nur auf den richtigen Lockstoff an, auf die richtige Art und Weise. Zurzeit studierte Seine Lordschaft in Malfoy House die Malfoy'sche Slytherin-Sammlung. So konnten er und sein Vater frei agieren.

Draco zupfte seinen Schal zurecht und zwinkerte einer vorbeieilenden Passantin zu, die ihn interessiert gemustert hatte. Dass sie eine Muggel war, war nebensächlich. Er musste ja nicht mit ihr reden oder mit ihr ins Bett steigen. Lediglich ihr offenkundiges Interesse an seiner Person, seinem wohl attraktiven Äußeren, empfahl sie ihm. Es war schmeichelhaft. Sie wurde rot, lächelte und stöckelte rasch weiter. Dracos Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf den Hospitaleingang. Eine Reihe an Leuten kamen und gingen. Darunter erkannte er Nevilles Großmutter und verzog verächtlich die Mundwinkel. Seit er wusste, dass sie einen Geierhut trug, erkannte er sie überall. Sie blieb nicht lange, sondern tauchte nach zehn Minuten wieder auf. Warum sollte sie ihren Sohn und die Schwiegertochter auch länger besuchen? Sie würden es ohnehin innerhalb weniger Augenblicke wieder vergessen haben, mit ihren zerrütteten Gehirnen.

„Longbottoms Großmutter“, murmelte Draco in seinen Schal.

„Zu unsicher“ , erwiderte der Schal. „Seit wann kennst du übrigens solchen Abschaum?“

„Seit Lupins Irrwichtabwehr im dritten Jahr“, erwiderte er gelangweilt.

Draco verlagerte sein Gewicht auf den anderen Fuß und schlang die Arme ineinander. Es begann leicht zu nieseln und der Wind frischte auf. Er zog den Schal höher.

„Ich hör dich schnaufen, Sohn! Schieb' dieses Ding etwas tiefer!“

Draco lächelte leicht und tat, was sein Vater wünschte. Er hätte niemals gedacht, dass ein Mann wie Lucius Malfoy sich einer Erfindung der Weasley-Zwillinge bedienen würde. Diese WaTaOs waren, das musste er neidlos anerkennen, genial. Natürlich hatte er sie nicht gekauft, sondern ?konfisziert'.

Das Auftauchen eines blonden Lockenkopfes ließ ihn sich tiefer in den Hauseingang drücken.

„Mist! Die Kimmkorn!“, flüsterte Draco, als er die Klatschkolumnistin des Tagespropheten erkannte. Er ließ die Frau mit der riesigen Brille nicht aus den Augen. „Was macht die denn hier?“

„Ungeeignet! Wir warten auf Lovegood persönlich, auch wenn der Lord das für zu riskant hält!“

Auf die Idee war Draco bereits gekommen. Er nickte. Eine unnötige Geste, die sein Vater nicht sehen konnte. Plötzlich blieb die Klatschkolumnistin stehen und musterte die Umgebung. Draco zog sich weiter in den Schutz des Hauseingangs zurück. Wenn die Kimmkorn ihn entdeckte, wäre alles verloren. Er hatte ihr zwar Informationen zugespielt, damals, während des Trimagischen Turniers, doch das hieß nicht, dass sie nun Freunde wären. Draco wusste genau, dass die Kimmkorn für eine gute Story ihre Großmutter verkaufen würde. Er verachtete sie. Schließlich hatte sie mit den Gryffindors im vergangenen Schuljahr gemeinsame Sache gemacht, besser gesagt, diese Versager unterstützt. Seine Mutter hatte nach dem Erscheinen des Potter-Interviews im „Klitterer“ auf einer Dinnerparty ganz diskret ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck gebracht, wie Rita Kimmkorn an diese schlüpfrigen Details und prekären Informationen komme und wo sie sich während der letzten Monate aufgehalten habe. Wenig später hatte das Zaubereiministerium ?herausgefunden', dass die Kimmkorn eine nicht registrierte Animaga war. Sie hatte eine empfindliche Geldbuße zahlen müssen und einen Monat Arbeitsverbot erhalten. Doch nun schien ihre Feder wieder spitz und ihr Verstand begierig nach neuen Sensationen zu sein. Draco wusste genau, dass sie sich einem Habicht gleich auf ihn stürzen würde, sähe sie ihn. Sicher hatte es sich schon herumgesprochen, dass sein Vater aus Askaban geflohen war.
Er fixierte die Frau gegenüber und als sie im Eingang des Hospitals verschwand, stieß er den Atem aus. Er zitterte. Es war ein merkwürdiges Gefühl, das von innen kam. Er hatte Angst. Das war eine schockierende Erfahrung für ihn, hatte er doch geglaubt über diese Charakterschwäche hinaus zu sein. Er schluckte und trat wieder an die Ecke des Hauseingangs.

„Die Furcht wird vergehen, Sohn. Jetzt reiß dich zusammen! Mein Informant sagt, dass Lovegood sich immer den frühen Nachmittag für seine Besuche aussucht. Also wird er nicht mehr lange auf sich warten lassen.“

Draco schluckte und versuchte sich die Worte des Vaters zu Herzen zu nehmen. Er hatte sich lange gewünscht, an den Aktionen des internen Kreises beteiligt sein zu dürfen, doch nun, da es so weit war, fürchtete er sich davor. Was wäre, wenn man sie erwischte? Was würde mit ihm geschehen? Nun gut, er war noch minderjährig, was hieß, dass sie ihn nicht nach Askaban schicken würden. Vielleicht würden sie ihn in eine andere Familie stecken oder er würde nicht mehr zaubern dürfen und würde in die Muggelwelt verbannt. Draco bekam Sodbrennen bei dem Gedanken an die Muggelwelt.

„Dann lieber Askaban!“, flüsterte er.

„Was sagst du da? Draco? Hast du etwas gesagt?“, löcherte der Schal.

„Nichts, Vater, gar nichts. Ich habe nur Sodbrennen.“



° ° ° ° ° ° °


Harry starrte auf den störrischen Wasserspeier und fluchte. Er schlug mit der Faust gegen dessen Brust und erntete ein Knurren, das ihn erschreckte. Lebte dieses Wesen etwa? Er tippte dem marmornen Monster energisch gegen die Wange und wieder kam dieses Knurren.

„Hermine? Der Wasserspeier knurrt!“

Er drehte sich um und sah in ihr gerötetes Gesicht. Wieder kam dieses Knurren und Hermine wurde noch röter. Ihre Hand lag auf ihrem Bauch und sie versuchte das Lachen zurückzuhalten.

„Ich habe Hunger“, antwortete sie endlich. „Ich war zu verwirrt über die Begegnung mit Scrimgeour und Mr Weasley, dass ich keinen Hunger mehr hatte und nicht zum Mittag gegangen bin.“

Harry lachte, doch wurde er schnell wieder ernst. „So wie ich. Ich musste über einiges nachdenken. Abgesehen davon … mir war der Appetit vergangen, nachdem ich sah, wie sie Pettigrew abführten.“ Harry lehnte sich gegen die Wand und sank an ihr hinunter auf den Boden. „Ich frage mich, wo Dumbledore wieder steckt. Es war merkwürdig, dass er nicht da war, als die Auroren Pettigrew abgeholt haben. Er lässt sich so etwas doch sonst nicht entgehen, um zu verhindern, dass …“ Er unterbrach sich, schloss die Augen und schlug seinen Kopf leicht gegen die Wand. „Was sollen wir jetzt machen? Dumbledore ist der einzige, der uns glauben wird, dass Luna in Gefahr ist!“

Dumbledore war, wenn Harry es sich genau überlegte, immer der einzige gewesen, der ihm vorbehaltlos geglaubt hatte. Egal wie verrückt die Ideen waren, mit denen sie ihm kamen, Dumbledore hatte zugehört und verstanden. Das vergangene Jahr strich er diskret aus seinen Erinnerungen. Seine Hand juckte. Kalte Finger legten sich um seine und drückten sie sanft.

„Keine Panik, Harry. Wir werden einfach Kingsley suchen und McGonagall informieren. Kingsley wird dir glauben, schon allein, weil er ohnehin von Natur aus misstrauisch ist und weil du Harry bist. So einfach ist das. Die beiden werden schon wissen, was zu tun ist. Aber eines kannst du mir glauben, ich werde nicht noch einmal mit dir auf einem Thestral nach London fliegen.“

Harry lächelte. Natürlich nicht. Hermine hasste fliegen und tat es nur, wenn es nicht anders ging. Als ihre Mägen synchron knurrten, brachen beide in schallendes Gelächter aus.

„Mr Potter, Miss Granger, was machen Sie hier?“ Professor McGonagall nahm allmählich die Angewohnheit Albus Dumbledores an, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort aufzutauchen. Nur die Art und Weise, wie sie Fragen stellte, würde nie an die des Direktors heranreichen. Ihre glichen beinahe Vorwürfen. „Erst fehlen Sie und Miss Patil beim Mittag. Dann nutzen Sie nicht den zusätzlichen freien Nachmittag zum Lernen, wie der Rest der Schülerschaft, und sitzen stattdessen untätig im Flur herum und lachen wie die Wahnsinnigen!“

Harry und Hermine sprangen auf und eilten auf ihre Hauslehrerin zu. „Professor, wir müssen mit dem Direktor sprechen, dringend!“, polterte Hermine los. Harry fand, dass sie blass aussah und als ihre rechte Hand leicht über ihre linken Rippen glitt, wusste er, dass sie noch immer Schmerzen hatte.

Professor McGonagall verschränkte die Arme vor der Brust und musterte sie mit jener Mischung aus Belustigung und Langerweile, die Harry zu gut von ihr kannte.
„Ist wieder einmal der Stein der Weisen in Gefahr? Oder haben Sie eine zweite Kammer des Schreckens gefunden? Oder, lass Sie mich raten, ein Mitglied des Lehrerpersonals steht unter dem Imperius und mordet wild umher, ohne dass wir es mitbekommen.“

„Das ist nicht lustig!“, brüllte Harry und schlug entsetzt die Hände vor den Mund. Er hatte seine Professorin angebrüllt und würde bestimmt mit Strafarbeit belohnt werden und Luna würde das Opfer sein.

„Mr Potter! Ich muss doch sehr bitten! Sie vergreifen sich … Was ist denn Thena?“

Harry entdeckte das kleine Mädchen erst jetzt hinter McGonagall. Es war faszinierend, wie sich der Tonfall der Lehrerin in den Tonfall der Großmutter verändern konnte. Harry knabberte an der Unterlippe. Kein Wunder, dass sie so merkwürdig war, sie wollte um keinen Fall ihre Enkelin beunruhigen.

„Harry meint es bestimmt ernst, Granny. Meinetwegen musst du nicht so tun, als wäre nichts geschehen. Ich bin nicht dumm. Ich weiß, dass Harry Potter nur dann so komisch tut, wenn etwas im Busch ist. Das hab ich schon nach zwei Wochen gemerkt. Eigentlich ist er immer komisch, also ist immer etwas im Busch.“

Minerva McGonagall beugte sich zu ihrer Enkelin hinab und legte ihr die Hände auf die Schultern. „Das beste wird sein, wir verschieben unseren Tee.“

Es war erstaunlich. Thena nickte, gab ihrer Großmutter einen Kuss, zuckte in Hermines und seine Richtung mit den Schultern, streckte ihnen sogar die Zunge aus und verschwand hüpfend in Richtung Gryffindorturm. Als das Mädchen ihren Blicken entschwunden war, richtete sich die Hauslehrerin auf. Ihre strenge Miene war beängstigend und die Autorität, die ihre Haltung mit einem Mal ausstrahlte, erschreckend.

„Ich hoffe für Sie, dass Sie gute Gründe haben, mir diesen Nachmittag mit meiner Enkelin zu verderben. Folgen Sie mir in mein Büro. Stets haben Sie beide und Mr Weasley etwas entdeckt. Sie sind hier, um zu lernen, und nicht, um sich in Schwierigkeiten zu bringen. Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind? Sie sind Kinder! Überlassen Sie diese Dinge endlich den Erwachsenen!“

So und ähnlich redete ihre Hauslehrerin auf sie ein, während sie den Weg zu ihren Büro zurücklegten. Es war kein langer Weg, doch McGonagalls Strafpredigt ließ ihn zur Marathondistanz anwachsen. Schließlich öffnete die Lehrerin eine Tür, ließ ihnen den Vortritt und hieß sie Platz nehmen. Bevor Harry etwas sagen konnte, knurrte sein Magen. Mit einem Seufzen orderte McGonagall einige belegte Brote für ihn und Hermine. Es war nicht sehr schwer zwischen Essen und McGonagalls musterndem Blick zu erzählen, was sie vom Direktor wollten. Lediglich die spöttisch hochgezogenen Augenbrauen, als sie auf die ägyptischen Gottheiten eingingen, brachten vor allem Harry aus dem Konzept.

„Sehen Sie“, meinte er am Ende des Berichtes. Er schluckte den letzten Bissen hinunter und fuhr fort: „Ich weiß, dass Sie nicht viel vom Wahrsagen halten, doch alles, was Luna in ihrer kryptischen Botschaft mitgeschickt hat, ist sinnvoll. Es ist schon einmal passiert. Das wissen wir aus meiner Familienchronik, Professor.“

„Aus Ihrer Familienchronik“, echote die Professorin. Ihre Miene nahm endlich einen entspannten Ausdruck an. „Wissen Sie, die Wahrsagerei ist in der Tat recht schwammig. Die meisten Prophezeiungen können auf alles Mögliche angewendet werden und erst im Nachhinein erscheinen die Dinge klar und deutlich, wenn auch nicht eindeutig. Ich verstehe zwar das Vertrauen, dass Sie in Miss Lovegood haben; ich erkenne auch das Potential des Mädchens an. Doch Sie müssen auch bedenken, wie verschroben Miss Lovegood manchmal ist. Haben Sie schon einmal Nargel gesehen? Ich nicht. Und dennoch behauptet Miss Lovegood, sie seien unter uns. Was überzeugt Sie davon, dass sie mit ihrer kryptischen Nachricht richtig liegt und diese nur so und nicht anders interpretiert werden kann?“

Hermine warf Harry einen Blick zu. Er verstand. Er zog aus seiner Hosentasche die Chronik seiner Familie und ließ das Buch über ägyptische Magie folgen. Beide Werke ließ er zu ihrer vollen Größe anschwellen und brachte die Chronik dazu, ihm die geheime Stelle zu offenbaren, die über den Wanderer zwischen den Welten Auskunft gab und wo offenbarte wurde, wie diese Form der Magie auf andere Regionen zu übertragen sei. An dieser Stelle übernahm Hermine. Harry war gespannt, wie lange McGonagall sich die Lektionen anhören würde, ohne ihnen Impertinenz vor- und aus dem Büro hinauszuwerfen.

„Lilius of Wood schreibt über die Möglichkeit die Sphären zu manipulieren“, erklärte Hermine. „Aber er sagt auch, es funktioniere nur mit dem Mond, nicht mit der Sphäre des Saturns oder des Mars', einfach nur mit dem Mond. Luna hat in ihrer Botschaft geschrieben, dass Isis Sirius mit Füßen tritt. Es muss also zu einem bestimmten Zeitpunkt passieren. Harry und ich haben herausgefunden, dass es zum Eintritt der Nilflut geschehen muss. Diese wird durch den Aufgang des Hundesterns bestimmt. Das heißt, wenn er zum ersten Mal am Sternenhimmel erscheint.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Eigentlich muss es immer funktionieren, wenn der Sirius einen bestimmten Stand zum Mond hat. Ich vermute, beide müssen im astrologischen Sinne senkrecht übereinander stehen. Dann brauchen sie hier in unserer Gegend nur noch einen starken Zauberer oder eine starke Hexe, am besten einen Druiden, und ein geeignetes Medium, das die Gabe des zweiten Gesichts hat. Dann müssen magische Artefakte vorhanden sein, die zur Region passen. Sie brauchen vier. Für jede Himmelsrichtung eines.
Wir wissen, dass Rea Lupin den Hinweisen nachgegangen ist. Warum? Keine Ahnung. Wir nehmen an, dass Luna, nicht nur weil sie eine Seherin ist, sondern auch weil sie eben Luna ist, die geeignete Person sein muss. Sie wird das Medium sein, das Voldemort braucht, um den Mond zu beeinflussen. Sie heißt nach der Mondgöttin und allein der Name genügt doch in der alten Magie bereits, um Macht über einen Menschen zu erhalten. Das ist so einfach wie genial. Selbst die Muggelliteratur weiß davon. Ich spreche seinen Namen aus und schon habe ich Macht über den Träger, mal ganz banal gesprochen. Auch wenn mehr dazu gehören dürfte. Luna ist im Augenblick die einzige Seherin, die genügend Potential hat und es noch nicht nutzen kann.“

Harry atmete heftig und ließ seine Professorin nicht aus den Augen. Aus dem Spott war reges Interesse geworden und aus dem anfänglichen Wunsch, Hermines Ausführungen keinen Glauben zu schenken, war Verstehen geworden. All das spiegelte sich in ihrer Miene wider. Aber noch mehr glaubte Harry zu erkennen. Das eine oder andere Mal hatte Professor McGonagall die Nasenflügel in einer Art gebläht, als wüsste sie eine Antwort oder als wollte sie gegen Hermines Ton protestieren.

„Miss Lovegood hat wirklich gezeigt, dass sie enormes Potential hat“, räumte die Professorin ein. „Das ist niemandem verborgen geblieben. Aber sie ist noch keine anerkannte Seherin. Sie taucht in noch keinem Verzeichnis auf und es war auch nirgends davon die Rede, dass sie … Nein, wie sollte Voldemort auf sie verfallen? Niemand weiß, dass sie …“
McGonagall verstummte. Ihre Augen weiteten sich und sie sank entsetzt in ihren Sessel zurück.
„Mr Malfoy ist von seiner Mutter nach Hause beordert worden. Sein Vater ist aus Askaban geflohen und sie befürchtet angeblich, dass er sich seines Sohnes bemächtigen könnte“, murmelte sie und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn.
„Ich glaube, wir haben zu voreilig gehandelt. Mr Malfoy weiß um Miss Lovegoods Fähigkeit. Es ist möglich, dass Lucius Malfoy sich wieder seinem alten Meister zuwendet, auch wenn er damit rechnen muss, die Konsequenzen seines Versagens zu tragen“, setzte sie leise hinzu. Doch Harry verstand genug, um sich den Rest zusammenzureimen. Es gab selten Augenblicke, in denen Lehrer Fehler oder Nachlässigkeiten einräumten, dies war ein sehr ungünstiger Moment, wie er fand. Er hörte angespannt zu und langte nach Hermines Hand.
„Andererseits, besitzt Lucius Malfoy vielleicht die geeigneten Druckmittel, um sich seinem Meister als unentbehrlich zu erweisen.“
Entschlossen sprang McGonagall auf und ballte die Fäuste.
„Ich werde nicht zulassen, dass das Kind diesen Monstren in die Hände fällt.“ Sie eilte zum Kamin, warf eine Prise des glitzernden Kommunikationspuders in die Flamme und rief nach Shacklebolt.
„Kingsley müsste bereits wieder in Hogwarts sein. Soweit ich weiß, wurde Pettigrew ohne Zwischenfälle ins Aurorenverlies gebracht.“
Eine Weile starrte McGonagall ihn und Hermine an. Dann seufzte sie und lächelte.
„Sie bringen es wirklich noch fertig, dass ich vorzeitig altere. Seit Sie auf der Schule sind, wird es nie langweilig. Erst schmuggeln Sie Drachen, dann besiegen Sie Trolle, retten den Stein der Weisen und machen was-weiß-ich-nicht-alles und nun das.“ Sie ließ sich in den Sessel hinter dem Schreibtisch fallen und orderte eine Tasse Tee.
„Warum hätte es mit Ihnen auch anders sein sollen, als mit Ihrem Vater, Potter? Sie glauben nicht, wie froh ich bin, damals noch keine Verantwortung für das Haus Gryffindor gehabt zu haben.“

„Tut es Ihnen leid?“, fragte Harry und zischte leise. Hermine hatte ihm die Fingernägel in den Handrücken gedrückt.

„Nein, ich bin nur überrascht, dass Sie so viel Weitblick besitzen. Es ist überraschend, nein, eher schockierend und bemerkenswert in einem. Sie haben Recht, Professor Lupin war auf der richtigen Spur. Sie war, bevor Albus sie nach Hogwarts holte, in einer Mission unterwegs, die mysteriöse magische Vorgänge im Brasilianischen Dschungel betraf. Alte verbotene Magie. Als sich eine ähnliche Form von Magie auch in England bemerkbar machte, beorderte Anton Mister …“

„… aber der war doch ein Verräter!“, unterbrach Harry.

„… beorderte Anton Mister sie zurück nach England. Der Grund, sie sollte herausfinden, was die Ursache für diese magische Entladung war und warum nicht nur ihr Bruder über ein sonderbares Verhalten seiner wölfischen Seite klagte. Hinzukamen merkwürdige Himmelserscheinungen, die die Zentauren als böses Omen deuteten, von denen die Astronomen und Astrologen jedoch der Ansicht waren, dass es sich nur um Bruchstücke eines Kometen handelte, der recht nahe an der Erde vorbeigeflogen sei. So summierte sich einiges und, wenn ich mir dieses Buch so betrachte und bedenke, dass Reas letzter bekannter Aufenthalt Alexandria war“, McGonagall seufzte, „bin ich der Ansicht, dass Ihre Interpretation der Dinge recht nahe liegend ist. Was nicht heißt, dass ich vollkommen davon überzeugt bin.“

Harry warf einen verstohlenen Blick auf Hermine. Ihre Wangen waren leicht rosig, sie wirkt sogar ein wenig verlegen. Angesichts dieses Lobs war das natürlich kein Wunder.

Es klopfte. Harry und Hermine wechselten einen Blick. Sie empfand anscheinend das Gleiche wie er: Erleichterung und Stolz, vor allem aber Erleichterung über die Störung. Nichts konnte so unangenehm sein, von einem Menschen, den man respektierte und bewunderte, über den Klee gelobt zu werden.

„Sagtest du nicht, ich könne mich … Harry, Hermine. Oje, es ist also wieder etwas im Busch. Ich hätte wissen müssen, dass etwas nicht stimmt, da mich gerade Thena besucht hat und mich auf eine Tasse Kakao einladen wollte.“

Harry unterdrückte ein Grinsen, als McGonagall errötete und sich ordnend über den Chinon fuhr.

„Wir kennen wahrscheinlich Voldemorts nächstes Ziel. Miss Granger und Mr Potter haben recht plausibel dargelegt, was Voldemort vorhaben könnte. Er wird versuchen, sich Miss Lovegoods zu bemächtigen. Wahrscheinlich noch heute.“

Mehr musste McGonagall nicht sagen. Harry fand es beeindruckend, wie rasch sich auf Kingsley Shacklebolts Zügen Verstehen und Entschlossenheit ausbreiteten. Fragend blickte er zu ihm auf und hoffte, der Auror würde seine stumme Bitte, mitkommen zu dürfen, verstehen. Harry fühlte sich Luna gegenüber verantwortlich. Schließlich hatte ihre kryptische Botschaft dafür gesorgt, dass er nun wusste, was Voldemort plante. Worauf dessen Plan abzielte, wusste Harry allerdings noch nicht.

„Keine schlechte Idee, finde ich“, murmelte Kingsley. Harry sah sich intensiv glitzernden dunklen Augen gegenüber, die ein unbehagliches Gefühl in ihm auslösten.

Knappe fünfzehn Minuten später - zwölf Minuten waren notwendig gewesen, um McGonagall davon zu überzeugen, dass er Shacklebolt begleiten durfte und Hermine davon, dass sie es nicht konnte, zwei um sich umziehen und Bücher, Zauberstab, Tarnumhang in einer Tasche zu verstauen und eine um zu Madame Rosmerta zu fliegen - stand Harry neben Kingsley im Kaminzimmer im Drei Besen und war nervös. Er war immer nervös, wenn er mit Flohpulver reisen sollte. Allerdings blieb ihm keine Wahl. Noch konnte und durfte er nicht apparieren. Selbst wenn … Kingsley war ohnehin der Ansicht gewesen, dass eine Reise von Kamin zu Kamin unauffälliger sein würde.

„Auf geht's. Wir treffen Lovegood in der Lobby. Halte dich hinter mir“, orderte Kingsley. Harry nickte und wartete, bis der Auror im Flohpulvernebel verschwunden war.

Mit Todesverachtung nahm er selbst eine Handvoll, trat auf den verrußten Rost, ließ das Pulver fallen und sprach im gleichen Atemzug laut und deutlich: „St.-Mungo-Hospital!“


° ° ° ° ° ° °

Draco sah ihn erst, als er schon fast durch die Eingangstür ins Innere des Krankenhauses geschlüpft war. Rasch zog er seinen Zauberstab und richtete ihn auf den Mann.

„Imperius!“, flüsterte er. Er betonte die Silben genauso, wie sein Vater es ihn gelehrt hatte. Er vollführte die typische Bewegung mit der Energie und Eleganz, die der Zauber brauchte, um wirksam zu sein.
„Dreh dich langsam um, als hättest du etwas gesehen, das du näher betrachten willst! Komm herüber! Sei nicht schneller, als üblich! Achte auf die Straße!“, befahl Draco leise und führte den Mann mit seinem Zauberstab. Als sei nichts geschehen, folgte dieser dem Befehl. Nur wer seinem Opfer in die Augen blickte, würde erkennen, dass es abwesend wirkte, beinahe schlaftrunken.

„Kommt er, Sohn?“ Die Stimme im Schal klang ungeduldig. Draco wusste, dass sein Vater in seinem Unterschlupf gerade auf und abging. Er hörte das knarrende Geräusch der Dielen und das unregelmäßige Atmen seines Vaters deutlich genug. „Warum sagst du nichts? Hast du etwa versagt?“

Draco gestattete sich ein Lächeln. Noch würde er das Schweigen nicht brechen. Komm weiter, Xenophilius Lovegood, komm weiter!, orderte Draco stumm. Er bemühte sich den Namen deutlich gedanklich vor sich zu sehen und keinen Fehler zu machen. Die kleinste Ungenauigkeit würde sein Opfer zögern lassen und dann wäre alles umsonst gewesen.

„Du hast versagt.“ Sein Vater klang resigniert. „Dann machen wir es eben auf die alte Art und Weise. Sie ist zwar weniger elegant, aber wirksam.“

Draco ignorierte seinen Vater. Es war schwieriger, als er gedacht hatte, seinen Willen auf einen anderen Menschen zu übertragen. Er schwitzte. Doch wagte er nicht, sich die Stirn zu wischen. Xenophilius Lovegood überquerte die Straße. Draco fühlte jede Bewegung seines Opfers. Er spürte beinahe den Wind zweifach auf seinem Gesicht. So sehr versenkte ihn der Imperius in den Verstand Lovegoods. Draco glaubte sich eins mit seinem Opfer. Darauf hatte ihn niemand vorbereitet oder er machte etwas falsch. Er starrte sein Opfer an und … er sah durch seine Augen! Draco sah sich selbst, verschleiert, wie eine nebulöse Erscheinung vor sich. Seine Augen tränten, sein Kopf begann zu schmerzen. Endlich erreichte Xenophilius Lovegood das Ende der Straße. Nur noch wenige Meter trennten sie voneinander. Dann tauchte er direkt vor Draco im Häusereingang auf. Sanft nahm er sein Opfer an die Hand.

„Ich habe ihn, Vater“, meldete er ruhig. Das Seufzen seines Erzeugers klang erleichtert. Dann tauchte aus der Wand eine von Leder umgebene Hand auf, die Xenophilius Lovegood ins Innere des Hauses zog. Draco stellte sich direkt vor die Stelle, durch die Lovegood verschwunden war, musterte die Straße und wollte bereits durch die verborgene Öffnung huschen, als Aufruhr am Eingang des Hospitals seine Aufmerksamkeit erregte.

Wenig elegant wurde Miss Rita Kimmkorn von einem glatzköpfigen, dunkelhäutigen Auror durch den Eingang geschoben. Mit erhobenem Zeigefinger, als würde er ein Kind ausschimpfen, redete Shacklebolt auf die Reporterin ein.

„Vater?“, flüsterte Draco ins WaTaO. „Shacklebolt ist hier.“
Keine Antwort.
„Vater?“
Draco zupfte an seinem Schal, zog am WaTaO und pustete in dessen bleiche Muschel.
„Vater?“, brüllte er beinahe und presste sich an die Wand. Wenn ihn jemand gehört hatte, wäre seine Tarnung aufgeflogen. Er lugte um die Ecke und richtig: Shacklebolt hatte seine Aufmerksamkeit auf Dracos Versteck gelenkt. Der Hüne hatte Kimmkorn am Kragen und seine Augen stur auf Dracos Mauervorsprung gerichtet. Nach einer Weile wandte er sich der zeternden Kimmkorn zu und schleppte sie vom Eingang des Krankenhauses fort. Draco atmete hektisch ein und aus. Das war eindeutig nichts für ihn. Nein, das war einfach nicht seine Berufung. Sein Herz klopfte bis zum Hals und trotz der Kälte hatte er das Gefühl in seinem eigenen Schweiß zu ertrinken. Sein Rücken musste den Niagarafällen gleichen. Er hasste diese Aufregung. Es war etwas anderes, mit Crabbe und Goyle im Schlepptau Erstklässler zu verunsichern, doch sich selbst in Visier der Gefahr zu bringen, war nicht sein Ding. Nun, im Verborgenen die Fäden zu ziehen, war sicherlich wesentlich einfacher.

Ein Arm kam aus der Wand und packte Draco am Kragen. Der Kopf seines Vaters erschien in der Mauer. Seine wütenden Miene, sein stumpfes helles Haar, die tiefliegenden Augen, kurz die Spuren der Gefangenschaft machten Draco Angst.
„Reiß dich zusammen!“, fauchte sein Vater. „Wieso brauchst du so lange?!“ Schon wurde er durch die Mauer gezogen und fand sich in einem dämmrigen Flur wieder. Ein abwesend grinsender Xenophilius Lovegood sah an ihm vorbei und deutete brabbelnd auf die Mauer. Draco schluckte. Wenn ein unterbrochener Imperius-Zauber solche Nebenwirkungen hatten, wollte er nie Opfer eines solchen werden.
Draco wurde rabiat aus seinen Gedanken gerissen. Die Hand seines Vaters lag fest auf seiner Schulter und nur einen Moment huschte Sorge über dessen eingefallene Wangen.
„Shacklebolt ist hier. Er hat Kimmkorn aus dem Hospital geschleppt. Wahrscheinlich wollte sie am Bett Lovegoods eine neue Story kreieren.“

Sein Vater nickte träge. „Das soll uns nicht interessieren. Unser lieber Mr Lovegood hier, wird dafür sorgen, dass seine liebe Tochter aufs Land gebracht wird. Schließlich braucht das gute Kind Landluft und nicht den Duft der Großstadt, nicht wahr, Mr Lovegood? Dann wird sich Luna rasch von dem Schock und den Nebenwirkungen ihrer tiefen Trance erholen.“

Leben kehrte in die Augen des Mannes zurück. „Oh ja, Luna wird sich freuen, die Heimat der Vitzliputzlis zu sehen.“

Draco tauschte einen verständnislosen Blick mit seinem Vater. Was auch immer Vitzliputzlis waren, wenn sie Luna aus dem Krankenhaus brachten, dann würde man sich mit ihnen schon arrangieren. Interessiert beobachtete er seinen Vater, wie er Mr Lovegood tiefer unter den Imperius stellte. Geschickt schaffte sein Erzeuger es, den anfänglichen Schleier, der sich über die Augen seines Opfers gelegt hatte, so zu lichten, dass nur jemandem, der sich genau auf die Pupille Lovegoods konzentrierte, deren leichte unnatürliche Erweiterung auffallen musste. Es dauerte nicht lange und Lucius schien mit seiner Arbeit zufrieden zu sein. Draco konnte nicht verstehen, was sein Vater ihm noch mit auf dem Weg gab. Sanft, als würde er ein Kind an der Hand führen, schob er den verzauberten Xenophilius hinaus in die Kälte und stieß ihn selbst mit den Worten hinterher, weiter den Eingang des Hospitals im Auge zu behalten.
Draco wollte aufbegehren. Er fror erbärmlich. Doch der ans Fanatische grenzende Blick seines Vaters erstickten jeden Protest im Keim. Es würde ewig dauern, bis sein Vorbild wieder normal sein würde. Askaban hinterließ nun einmal Spuren. Solange sein Vater nicht den Grat an Verrücktheit erreichte, den seine Tante besaß, würde er damit leben können.


° ° ° ° ° ° °

Luna sah besser aus als erwartet. Sie hatte rosige Wangen und ein leichtes Lächeln auf dem Gesicht. Sie wirkte abwesend und erschöpft, aber sie war bei Bewusstsein. Harry saß an ihrem Bett und hielt ihre Hand. Das mutwillige Funkeln in ihren Auge wollte ihm allerdings nicht gefallen. Er kannte dieses Funkeln bereits von Hermine und auch von Ginny. Wenn seine Freundin etwas ausheckte, dann glitzerten ihre Augen auf ähnlich Art und Weise. Natürlich konnte es bei Luna auch vom Fieber oder den Arzneien herrühren, die die Medi-Zauberer ihr wahrscheinlich nach wie vor einflößten.

„Harry, stellt dir vor, ein Mitarbeiter der Mysteriumsabteilung des Ministeriums war heute bei mir. Sie haben Tests gemacht und herausgefunden, dass ich eine Seherin bin. Natürlich wusste ich, dass ich eine bin. Ich habe alle Karten auf Anhieb erkannt. Den grinsenden Iltis im Kilt und den Drachen mit Zylinder. Ich habe sogar aus den drei Bechern, die sie mir gezeigt haben, den herausgefunden, in dem Schierlingskraut war. Ist das nicht fantastisch? Ich frage mich, ob sie mich den Becher hätten austrinken lassen, um mir danach die lange Nase zu zeigen.“

Luna plapperte aufgekratzt über ihre Erlebnisse und schlug vor Begeisterung die Hände ineinander. Ihr mutwilliges Funkeln hatte plötzlich einen ganz anderen Sinn. Sie war einfach nur glücklich. Harry schluckte. Natürlich war sie glücklich. Endlich wusste sie den Grund für ihre Andersartigkeit.

„Du wärst nicht hier, wenn nicht Gefahr bestünde“, meinte sie plötzlich. „Nicht wahr? Du und Mr Shacklebolt seid doch nicht nur gekommen, um Miss Kimmkorn von mir fern zu halten.“

„Das war ein netter Nebeneffekt. Mehr nicht.“

Luna schwieg und starrte aus dem Fenster. Ihr Finger standen nicht einen Moment still. Sie machte ihn beinahe nervös mit ihrem ständigen nervös wirkenden Fingerspielen. Daumenkuppe an Ringfingerkuppe, kleiner Finger an Daumen und so weiter. Stöhnend legte er eine Hand über ihre Finger. Luna schrie auf und zuckte zusammen.

„Du … du … ich wusste, dass du mir etwas verschweigst“, warf sie ihm weinerlich vor. „Ich weiß doch selbst, dass das alles aufregend ist. Aber ich … Harry?“

Harry fühlte sich unwohl. Er hatte weder den Nerv noch das Händchen sich ernsthaft mit Luna auseinanderzusetzen. Sicher, sie war nett, doch sie war merkwürdig. Früher hatte er sich über sie nur gewundert, nun machte sie ihm beinahe Angst.

„Ihr wisst, worum es geht nicht wahr?“, fragte sie zaghaft.

Harry nickte. Er wollte ihr antworten, als Kingsley zeternd ins Zimmer platzte.

„Diese Frau ist eine Plage. Wie man die einfach so in ein Hospital lassen kann, ist mir ein Rätsel. Sie ist ohnehin nur auf Stress und Tratsch aus.“

Luna hob ihre sanften, sonst so verträumt wirkenden Augen zu Kingsley empor. „Meinen Sie, dass sie wiederkommen wird?“

Harry verdrehte die Augen. Luna wirkte wie eine Jungfer in Nöten und Kingsley ließ sich auf dieses Spiel sogar ein. „Keine Bange, Miss Luna“, beteuerte er, „dieser Drache wird Sie nicht länger belästigen.“

„Könnten wir uns jetzt bitte wieder auf das Wesentliche konzentrieren?“ Harry schluckte. Er hatte wie Hermine geklungen. Es gab Schrecklicheres, als in gewissen Augenblicken wir Hermine zu klingen, dennoch war es untypisch. „Ich meine, dass uns die Zeit unter dem Hintern wegläuft.“

Luna knetete wieder ihre Finger und starrte konzentriert auf die Bettdecke.

„Luna, wir nehmen an, dass du das Medium bist, das Voldemort braucht, um den Mond zu manipulieren. Durch deinen Namen wird Voldemort leichteren Zugang zum Mond haben. Und …“

„Bei Merlin, Harry, mit einem Hammer hättest du nicht sensibler sein können! Wie kannst du das arme Mädchen so schockieren und vor vollendete Tatsachen stellen. Sie ist sicher ganz verstört und ...“

Kingsley brach ab. Sein Blick war stur auf das arme Mädchen gerichtet, das alles andere als verstört wirkte. Luna machte den Eindruck, genau zu wissen, was ihr bevorstand.

„Luna? Du weißt, dass er dich will?“

Sie zuckte lässig die Schultern und legte den Kopf schief, als sie antwortete: „Nein, aber es ist logisch, nicht wahr? Jetzt, da du es sagst, ist es sogar mehr als sinnvoll. Ich bin Luna, ich bin Seherin, ich bin das Mittel zum Zweck. Ich hatte Zeit genug, selbst über meine Worte nachzudenken. Eine wahre Seherin kann das nämlich.“ Sie nickte weise und schaute mit ihren verträumten Augen auf seine Stirn. Unbewusst strich Harry den Pony über seine Narbe und starrte das Mädchen fassungslos an.
„Das bedeutet, dass du in verdammter Gefahr bist und du tust, als hätte ich dir erzählt, dass Dumbledore mich zum Tee eingeladen hat! Als hätte ich dir etwas ganz Normales erzählt und dir nicht offenbart, dass du sterben könntest!“

„Sterben müssen wir alle“, erklärte sie mit jenem merkwürdigen Singsang in der Stimme, mit dem sie auch über Nargel sprach. „Außerdem … Du bist hier, Mr Shacklebolt ist hier, mein Vater kommt gleich, wie sollte mich jemand in die Hand bekommen? Also bitte etwas mehr Optimismus.“

Diese Logik hatte etwas für sich. Harry traute sich nicht, Luna zu sagen, dass ihr Vater nicht am Treffpunkt gewesen war. Noch bestand kein Grund zur Sorge, wie er hoffte. Er wusste nicht, ob es typisch für Xenophilius Lovegood war, zu spät zu kommen. Bei dem Interview damals war er pünktlich gewesen. Vielleicht war diese Pünktlichkeit von damals nicht sein normales Verhalten. Unangenehmes Schweigen entstand. Harry fühlte sich nicht bemüßigt, etwas zu sagen. Luna würde die Ernsthaftigkeit der Lage ohnehin nicht verstehen.
Sie blickte Kingsley unverhohlen an, als brühte sie etwas aus, und meinte nach einer Weile: „Warum haben Sie die Verfolgung von Professor Lupin eigentlich abgebrochen? Hatten Sie Angst, dass Professor Snape ihn umbringen würde, weil er sich rächen will?“

Harry glaubte falsch gehört zu haben. Er blickte überrascht zu Kingsley, dessen Miene gewöhnlich nichts von seinem Innenleben offenbarte. Lediglich die steile Falten zwischen seinen Augenbrauen zeigte, dass es in seinem Kopf arbeitete. Dann senkte er die Lider und seine Zügen entspannten sich.
„Warum sollte ich zulassen, dass ein Unschuldiger sich schuldig macht, weil er annimmt, dass ein Unschuldiger schuldig sei? Verminderte Zurechnungsfähigkeit und magisch herbeigeführte Konditionierung … nun, das sind mildernde Umstände, nicht wahr? Außerdem weiß ich genau, wo sich Lupin aufhält und dort ist er in Sicherheit und er kann nicht entkommen.“

Harrys fragender Blick stieß bei Kingsley auf Granit. Es interessierte ihn selbst brennend, wo sich Remus aufhielt, doch war der Zeitpunkt dieses in Erfahrung zu bringen, alles andere als günstig.

„Luna, Sie sollten Ihre Gabe mit mehr Bedacht einsetzen. Plaudern Sie nicht aus, was Sie sehen und wissen. Sie könnten auf den Bauch fallen und sich selbst mehr schaden als anderen. Ich weiß, dass es unklug ist, eine Seherin anzulügen, doch diese Einsicht können Sie nicht von allen erwarten.“

Das Mädchen knetete wieder nervös die Hände und senkte beschämt die Augen. „Es wird nur so viel … ich weiß noch nicht, wie ich das alles steuern kann. So viele Bilder stürmen auf mich ein und ich weiß nicht, welche der Vergangenheit angehören, welche gerade passieren und welche erst kommen werden. Das ist alles so verwirrend. Der Vertreter vom Ministerium sagte, dass das bei wahren Seherinnen normal sei und ich mit der Zeit meinen eigenen Weg finde, damit umzugehen. Manchmal ist es wie ein Rätselbild, auf das man lange schauen muss, damit die vielen Punkte überhaupt ein sinnvolles Bild ergeben. Dann ist es wieder so klar und dennoch verschwommen. Wie dieses Bild von dem Hasen, der eigentlich eine Ente ist. Ich muss mich entscheiden und wenn ich mich entschieden habe, dann taucht doch wieder das andere Bild auf und wirkt so unendlich viel logischer, nahe liegender, dass ich meine Entscheidung wieder verwerfe“, gestand sie leise. „Wenn ich es ausspreche, dann weiß ich jedoch, was wahr und was falsch, was wahrscheinlich und was unwahrscheinlich ist.

Harry verstand von alldem nur die Hälfte. Er kannte die Rätselbilder. Er war eine Niete darin zu erkennen, worum es sich handelte. Er nahm an, dass seine Sehschwäche verhinderte, dass er die versteckten Bilder erkannte. Was Luna mit dem Hasen und der Ente sagen wollte, wusste Harry nicht. Mitleid machte sich in ihm breit. Es musste kompliziert sein, einen verschleierten Blick in die Zukunft werfen zu können.

Wieder entstand peinliches Schweigen. Als es an der Tür klopfte, wirkte dieses leise Geräusch wie ein Donner, der die Ruhe vor dem Sturm durchbrach.

„Vater!“, rief Luna und streckte die Arme dem blonden Mann entgegen, dessen Ähnlichkeit mit Luna keinerlei Zweifel an seiner Identität zuließ.

„Mr Lovegood!“ Kingsley ergriff die Rechte des Mannes. „Wir haben uns schon Sorgen gemacht, als Sie nicht am Treffpunkt waren. Wir glaubte, Ihnen wäre auf dem Weg zum Hospital etwas passiert.“

„Ich bitte Sie, Mr Shacklebolt, was soll mir denn schon passieren.“ Die melodiöse Stimme des Mannes nahm Harry beinahe gefangen. Er hatte vergessen, welch faszinierenden Eindruck Mr Lovegood bei ihrem ersten Treffen auf ihn gemacht hatte. Rein äußerlich wirkte er wie ein nicht ganz perfekter Doppelgänger Gilderoy Lockharts, dennoch konnten die Unterschiede nicht größer sein. Während Lockharts Selbstverliebtheit und Überheblichkeit einfach nur einen bitteren Beigeschmack hinterließen und generell Sodbrennen auslösten, wirkten Xenophilius Lovegoods seine verträumte Erscheinung und sein dennoch selbstsicheres Auftreten beinahe ätherisch. Eine widersprüchliche Mischung, die Luna mit den Jahren ebenfalls haben würde. Harry runzelte irritiert die Stirn. Etwas stimmte mit Xenophilius Lovegood nicht. Er trat näher, grüßte ihn und musterte ihn mit einer Akribie, die beinahe an Beleidigung grenzte. Lovegood ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Lediglich seine Nasenflügel zuckten leicht.

„Wissen Sie, Shacklebolt, ich habe mir Gedanken über diese Gefahr gemacht, in der meine Tochter schwebt. Ich denke, es wird das Beste sein, wenn ich sie aus er Stadt bringe. Ich habe da ein Häuschen auf dem Land, wo Luna sich rasch erholen wird. Es gehört einem Mitarbeiter meiner Zeitung und liegt so abseits von den Zentren der Magie, dass niemand dort nach ihr suchen würde.“

Harry bekam beinahe Kopfschmerzen, so stark schob sich seine Stirn in Falten. Unbewusst fuhr er mit den Fingerkuppen über seine Narbe. In seinem Nacken kribbelte es verräterisch. Er kannte dieses Gefühl aus Büchern. Wenn Gefahr in der Luft lag, spürten einige Helden es stets im Nacken. Er bekam Gänsehaut. Unwillkürlich trat er einen Schritt zurück und warf Luna einen - wie er hoffte - verheißungsvollen Blick zu. Doch das Mädchen hatte nur Augen für seinen Vater. Luna und er schienen eine Einheit zu bilden, die scheinbar nichts zu entzweien vermochte. Harry seufzte innerlich. Ob es zwischen ihm und seinen Eltern ebenso gewesen wäre?

„Die Vitzliputzlis werden schon für rasche Erholung sorgen, nicht wahr, mein Schatz?“

„Vitzliputzlis?“, wunderte sich Kingsley laut und schüttelte den Kopf. „Glauben Sie, dass kleine mexikanische Schmetterlingselfen auf den Britischen Inseln überleben würden?“

Harry war verblüfft, dass es so etwas wie Vitzliputzlis tatsächlich gab. Doch Lovegood hörte Kingsley nicht. Er starrte Luna an und Harry wich einen weiteren Schritt zurück. Das Kribbeln im Nacken nahm zu. Er war sich sicher, es nie zuvor gespürt zu haben und dennoch kam es ihm bekannt vor.

„Egal was Sie sagen Kingsley. Ich werde meine Tochter mitnehmen und dafür sorgen, dass ihr nichts geschieht. Glauben Sie, ich würde wollen, dass sie das gleiche Schicksal ereilt wie meine Frau? Ich lasse nicht zu, dass sie sich in Gefahr begibt oder sie jemand in Gefahr bringt.“

Harry sah sich mit einem scharfen Blick konfrontiert, der ihm eine Gänsehaut über den Rücken jagte.

„Xenophilius, Sie sollten das wirklich uns Auroren überlassen. Wir werden für die Sicherheit des Mädchens sorgen.“

„Ich bitte Sie, Sie können ja nicht einmal garantieren, dass Ihre Gefangenen in Askaban bleiben“, gab er bissig von sich.

Seit wann konnte ein Lovegood bissig sein? Harrys Argwohn wuchs.

„Wenn Sie es sich anders überlegen, dann melden Sie sich, Lovegood. Aber eines sage ich Ihnen, wenn Ihrer Tochter etwas geschieht, wenn Voldemort sie entführt, wie wir befürchten, dann tragen Sie die alleinige Verantwortung.“

Doch Xenophilius schien ihn nicht mehr zu hören. Er hatte sich auf die Bettkante gesetzt und Lunas Hand genommen. Sanft streichelte er ihr mit der anderen die Wange. „Ich werde dafür sorgen, dass du an einen besseren Ort kommst“, murmelte er.

Harry folgte Kingsley aus dem Zimmer. Als sich die Tür hinter ihnen schloss und sie einige Schritte über den Gang zur Lobby zurückgelegt hatten, blieb Kingsley stehen. Harrys Kribbeln im Nacken hatte nachgelassen. Endlich gab er dem Bedürfnis nach, sich dort zu kratzen.

„Ah, du also auch!“ Kingsley seufzte. „Ich fress' 'nen Quaffel, wenn das da drinnen wirklich Xenophilius Lovegood war.“

„Vielsafttrank?“, fragte Harry und schüttelte sofort den Kopf. „Zu wenig Zeit!“, beantwortete er seine Frage selbst.

„Daran hab ich anfangs auch gedacht. Irgendetwas ist da faul. Ich würde spontan auf Imperius tippen, wenn die Augen verschleiert gewesen wären. Aber es bleibt nichts anderes übrig.“ Kingsley kratzte sich die Glatze.

Harry stutzte. Natürlich, das war es. „Der Imperius!“, rief er und biss sich auf die Lippen, als sich zwei Dutzend Hexen und Zauberer nach ihm umdrehten. „Der Imperius“, wiederholte er leise. „Als Moody, ich meine, Crouch junior, uns die drei Unverzeihlichen gezeigt hat, hat er bei einigen von uns den Imperius demonstriert. Unter anderem bei mir. Ich weiß nicht wie, aber ich bin ein wenig …“

„Resistent?“, warf Kingsley schmunzelnd ein. Harry nickte.

„Jedenfalls hatte ich ein Kribbeln im Nacken. Und eben wieder. Wenn auch wesentlich schwächer.“

„Erste Lektion für einen angehenden Auroren: Traue deinem Nacken, er wird dir das Leben retten.“

„Zweite Lektion: Immer wachsam?“, witzelte Harry. Kingsley zog eine Augenbraue hoch und nickte ernst. Gemeinsam starrten sie auf die Tür zu Lunas Krankenzimmer und warteten. Nach einigen endlos scheinenden Minuten tauchten die Lovegoods auf. Luna schwankte leicht beim Gehen und lächelte über einen Äußerung, die ihr Vater gemacht hatte. Eine Medi-Hexe eilte wild gestikulierend zu den beiden und hielt sie auf.
Natürlich, Harry konnte es sich lebhaft vorstellen, wie das Gespräch verlief. Krankenschwestern, Ärzte und allgemein medizinisches Personal hatten etwas dagegen, wenn ihnen die Patienten frühzeitig 'entführt' wurden.

„Behalte die beiden im Auge!“

Kingsley verschwand und Harry tat, was dieser wollte. Er hielt seinen Blick stur auf die beiden gerichtet und als sie die Medi-Hexe wohl von der Richtigkeit ihrer Handlung überzeugt hatten und sich weiter in Richtung Ausgang bewegten, folgte Harry ihnen. Verstohlen wischte er seinen Pony in die Stirn. Wenn ihn jemand erkannte, wäre es fatal, redete er sich ein. Mr Lovegood und Luna verließen das Hospital und verharrten am Eingang. Xenophilius schien etwas oder jemanden zu suchen. Während sich seine Hände mit dem Schal Lunas befassten und den Kragen ihres Mantels richteten, wandte sich sein Kopf hektisch in alle Richtungen. Endlich schien er gefunden zu haben, was er suchte. Er schlug eine Richtung ein und zog Luna mit sich.

Harry schwankte zwischen Folgen und Warten. Er konnte ihnen unmöglich nachgehen, ohne Kingsley Bescheid zu sagen. Andererseits sollte er sie im Auge behalten. Kurz entschlossen nahm Harry seinen Zauberstab und sorgte für ein nicht so leicht zu überbrückendes Hindernis. Lunas Schnürsenkel rissen und ihre Mütze flog von einer Windbö erfasst davon. Lovegood würde nur zwei Möglichkeiten haben. Magie anwenden und die Dinge ins Lot bringen oder ohne Rücksicht auf seine Tochter weitergehen. Lovegood schien unsicher in seiner Entscheidung. Er besah sich Lunas Schuhe, zuckte die Schultern und zog sie weiter.

Eine schwere Hand legte sich auf seine Schulter und hielt ihn davon ab, den beiden zu folgen. „Gut gemacht, Harry“, lobte Shacklebolt. „Den Rest erledigt ein Ortungszauber.“

Er zog seinen Zauberstab, richtete ihn verstohlen auf den Rücken Lunas und nur der plötzliche Hauch von Wärme zeigte Harry, dass Kingsley wirklich zauberte. Luna stolperte gegen ihren Vater und blickte sich verwundert um. Rasch zog Kingsley ihn ins Hospital zurück. Lächelnd zwinkerte er ihm zu.

„In der Zentrale werden wir sehen, wohin Lovegood das Mädchen bringt.“

„Das heißt, ich darf mit in die Zentrale?“

Kingsley nickte und erklärte: „Es wäre zu zeitaufwändig, dich erst wieder nach Hogwarts zu schaffen. Außerdem sollte Scrimgeour erfahren, was du und Hermine euch da zusammengereimt habt.“

Harry strahlte innerlich. Äußerlich ließ er sich nicht anmerken, dass er am liebsten Luftsprünge vor Freude gemacht hätte.


° ° ° ° ° ° °


Draco langweilte sich und das nicht ohne Grund. Er fand es lächerlich weiterhin dieses Hospital im Auge zu behalten. Es passierte doch ohnehin nichts weiter, nun da sein Vater diesen Lovegood unter dem Imperius hatte. Was sollte bitte schief gehen, wenn sein Vater einen solchen Spruch tätigte? Er war schließlich Meister darin, andere seinem Willen zu unterwerfen. Wie lange stand er jetzt eigentlich schon in der Kälte? Stunden mussten es sein.

Draco rieb sich die Oberarme warm. Er hatte mal gelesen, dass man sich eigentlich den Bauch reiben sollte, wenn einem kalt sei. Doch in der Öffentlichkeit? Das hatte schon etwas Perverses. Er rümpfte verächtlich die Nase.

„Was meinst du, wie lange er brauchen wird?“, fragte er in den Schal.

„Nun, es dauert so lange wie es eben dauert. Übe dich in Geduld, mein Sohn. Das wirst du als erstes lernen müssen. Geduld ist die Tugend der Erfolgreichen.“

Draco schnaubte. „Das Gleiche oder zumindest etwas Ähnliches hat Rea Lupin auch gesagt. Sie hat das wohl in allen Häusern abgezogen.“

Sein Vater lachte. Er lachte sogar lauthals. „Typisch. Aber sie hat recht. Geduld ist wirklich das A und O. So mancher gute Plan ist gescheitert, weil seine Schmiede zu ungeduldig waren. Das falsche Timing kann tödlich sein. Eigentlich ein Jammer, dass so ein gescheiter Kopf den Plänen deiner Mutter zum Opfer gefallen ist.“

Draco gähnte und verlagerte sein Gewicht auf das andere Bein.

„Ich hätte nie gedacht, dass sie so raffiniert und skrupellos ist“, murmelte Draco voller Bewunderung.

„Deine Mutter birgt manches Geheimnis. Das habe ich nach und nach lernen müssen. Wenn du wüsstest, dass sie …“

„Er kommt raus!“, unterbrach Draco widerwillig. Es interessierte ihn sehr, was seine Mutter alles getan hatte. Er bezweifelte, seinen Vater wieder so redselig zu erleben. Doch diese Sache hier war wichtiger. „Er hat das Mädchen. Alles scheint gut gelaufen zu sein.“

„Na wunderbar. Sobald du sicher sein kannst, dass niemand dich gesehen hat, kommst du zum …“

„Was macht der denn hier!“, rief Draco und zog sich hinter den Mauervorsprung zurück.

„Wer!“ Sein Vater klang schneidend.

„Potter ist hier! Der muss Kingsley an den Hacken geklebt haben.“

„Was tut er?“

Draco schwieg. Er verfolgte jede Bewegung Harrys. Dieser schien unsicher zu sein, wie er sich zu verhalten habe. Er wirkte, als müsse er einem dringenden Bedürfnis folgen.

„Er zaubert“, murmelte Draco. Ihm war nicht entgangen, dass Potter so unauffällig wie möglich nach seinem Zauberstab griff und irgendetwas murmelte. Dracos Blick glitt zu den Lovegoods. Beide blieben stehen. Luna besah sich ihre Schuhe und plötzlich riss ihr eine Windbö die Mütze vom Kopf. Draco konnte nicht sehen, was mit den Schuhen nicht stimmte.

„Was tun sie? Bei Salazar, muss man dir alles aus der Nase ziehen!“

So viel zur Geduld, dachte Draco mit einem Anflug von Zynismus. „Potter muss die Schuhe manipuliert haben. Gerissene Senkel oder so etwas. Kingsley ist wieder da, er wirkt zufrieden.“

„Wenn sie ihren Weg fortsetzen, sag mir, ob sie den beiden folgen.“

Draco konnte sehen, wie Luna stolperte und sich umdrehte. Er folgte ihrem Blick und konnte gerade noch erkennen, wie Shacklebolt und Harry im Hospitaleingang verschwanden. Irgendwas hatten beide getan, was ihm entgangen war.

„Die Lovegoods gehen weiter. Ich weiß ja nicht, ob es von Bedeutung ist, aber die Kleine ist gestolpert. Shacklebolt und Potter sind wieder im Hospital. Glaubst du, dass sie etwas gemerkt haben?“ Draco schloss die Augen. Indirekt hatte er seinem Vater gerade unterstellt, einen Fehler gemacht zu haben. Das würde Ärger geben.

„Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. So lange ich nicht meinen eigenen Zauberstab habe, sind perfekte Leistungen nahezu unmöglich.“

Verwundert über das Eingeständnis seines Vaters, wartete Draco, bis die Lovegoods seinen Blicken entschwunden waren. Als kurz darauf das fürs Disapparieren typische Knallen ertönte, gab er seinen Posten auf, verschwand im Innern des Hauses und folgte seinem Vater durch den Kamin zum Treffpunkt in Malfoy Mansion. Akribisch nahm er die drei Zwischenstationen, die sein Vater ihm empfohlen hatte.

Als er in Malfoy Mansion aus dem Kamin stolperte, seinen Umhang abklopfte, diesen dem Hauselfen überreichte und wie verabredet in den Salon trat, saß Xenophilius Lovegood zusammen mit seinem Vater gemütlich beim Tee, während eine verängstigte Luna sich im Erker des Salons herumdrückte, um der überschwänglichen Aufmerksamkeit seine Mutter zu entkommen.

„Ah, da bist du ja, mein Sohn. Xenophilius war so reizend mit seiner charmanten Tochter auf eine Tasse Tee vorbeizukommen. Er ist der Ansicht, seiner Tochter bekäme die Landluft besser als der Mief der Stadt“, begrüßte ihn sein Vater.

„Oh, Draco, du ahnst nicht, wie charmant Miss Lovegood zu plaudern versteht. Sie kennt doch tatsächlich Nargel. Ich habe nicht den blassesten Hauch einer Ahnung, woher sie weiß, dass im Fichtendickicht am Rande des Parks diese kleinen Wesen hausen.“ Seine Mutter lachte hell bei dieser Äußerung. Er warf Luna einen Blick zu und erkannte, wie gefesselt und verängstigt sie in einem war. Übelnehmen konnte er es ihr nicht.

Draco befürchtete im falschen Haus ausgestiegen zu sein. Der Treffpunkt stimmte, die Anwesenden sahen aus, wie sie aussehen sollten, doch sie verhielten sich wie Idioten. Er nickte seiner Mutter zu, neigte den Kopf zu seinem Vater und dessen Gast und verließ fluchtartig den Salon. Als er die Empfangshalle zur Hälfte durchschritten hatte, ließ ihn die Stimme seines Vaters halten.

„Einen Moment, bitte, Sohn!“

Draco drehte sich um und wartete. Mit langsamen Schritten, das eine Bein kaum merklich nachziehend, kam Lucius auf ihn zu. Er legte ihm den Arm um die Schultern und drängte ihn, seinen Weg zur Treppe fortzusetzen, die hinauf in sein Zimmer führte. Die anfänglich väterliche Geste wurde zu einem festen Ring, der ihm kaum Luft zum Atmen ließ. Eindringlich sah ihn sein Vater an. Draco befürchtete, einen ähnlichen Wahnsinn zu erkennen, wie seine Tante ihn ausstrahlte, doch täuschte er sich. Der Blick seines Vaters war klar und hart wie er ihn aus der Zeit vor Askaban kannte.

„Du wirst dich wundern“, begann er leise und eindringlich, „die beiden hier frei herumlaufen zu sehen. Nicht wahr? Ich befürchte, wir müssen unsere Pläne ändern. Zwar besteht Seine Lordschaft darauf, dass die kleine charmante Miss Lovegood zu ihm gebracht wird, doch ist es sinnvoll, es nicht zu überstürzen.“

„Was willst du damit sagen? Willst du uns Gefahr bringen?“, zischte Draco und biss sich auf die Lippen. Der Druck des Armes um seine Schultern nahm zu, die einzige Reaktion auf seine vorlaute Äußerung.

Lucius redete eindringlich auf ihn ein. „Wenn Potter und dieser Möchtegern-Auror im St.-Mungo waren, dann haben sie eine Ahnung von dem, was Seine Lordschaft vorhat. Der Trick, meine Junge, ist es sich mehrere Optionen offen zu halten. Was meinst du, warum das gute Kind gestolpert ist?“

Draco schüttelte den Kopf.

„Kingsley ist nicht dumm, er wird die liebe Miss Lovegood mit einem Ortungszauber gekennzeichnet haben und er wird clever genug gewesen sein, sich diesen von Scrimgeour genehmigen zu lassen. Wenn sie das liebe Mädchen nun in Malfoy House finden, wo sich auch Seine Lordschaft aufhält, wird ...“

Draco begriff allmählich und nickte langsam. So ergab es einen Sinn. „... sie werden sofort schlussfolgern, dass wir und Seine Lordschaft zusammen arbeiten. Wenn sie sie hier finden, dann …“

„... haben wir immer noch die Chance zu behaupten, von den finsteren Plänen gewusst und beide hier in Sicherheit gebracht zu haben. Ich sehe, du denkst mit.“

Draco lächelte. So funktionierte das bei den Malfoys immer. Sich zur richtigen Zeit aus der Schusslinie zu bringen, war das Credo der Familie. Das hatte ihr erlaubt, aus dem Status der Bedeutungslosigkeit hinaufzusteigen und Vermögen anzuhäufen, während andere in den finsteren Tiefen des Vergessens, in den bodenlosen Löchern der Bedeutungslosigkeit versanken.

„Was ist mit Tante Bella?“

„In St.-Mungos gibt es spezielle Abteilungen für Opfer von Dementorenattacken. Die langen Jahre in Askaban sind nicht spurlos an der armen Bellatrix vorbeigegangen. Ich fürchte, ihr Verstand ist so weit vernebelt, dass sie zwischen Recht und Unrecht nicht mehr unterscheiden vermag. Die Auroren werden ebenso denken.“

Draco schluckte. Seine Tante war ihm unheimlich. Wie auf einen mentalen Befehl richtete er seinen Blick ins oberste Stockwerk. Als wüsste sie, dass er und sein Vater über sie sprachen, stand sie am Geländer und schaute hinunter zu ihnen. Draco zwang sich, ihren fokussierenden Blick freundlich zu erwidern. Sein Vater schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter und raunte: „Sei achtsam mit dem, was du sagst und wem gegenüber du es erwähnst. Zieh dich um, wir werden in Malfoy House erwartet. Halboffiziell, denk daran. Und wehe du blamierst mich!“

„Vater?“

„Was?“

„Was wird aus dir, wenn sie Malfoy Mansion aufsuchen? Was wird aus Mutter?“

Draco hatte wirklich ein mulmiges Gefühl. Er machte sich Sorgen. Lucius lächelte ihn an und seitdem sein Vater aus Askaban zurückgekehrt war, bemerkte Draco einen Hauch der Wärme, die er von seinem Vater im Privatem immer erfahren hatte. Liebe ist nichts für die Öffentlichkeit. Dort zählen Ansehen, Würde und Respekt. Liebe ist etwas Privates, hatte seine Mutter ihm erklärt, nachdem er einmal gefragt hatte, warum sie und sein Vater in der Öffentlichkeit so steif und formell miteinander umgingen.

„Deine Mutter wird glaubhaft versichern, aus Angst gehandelt zu haben und ich … nun … wir werden sehen.“ Lucius kehrte ihm den Rücken zu und ließ ihn stehen.

Draco verstand, dass es keinen Plan B gab und sein Vater am Ende würde improvisieren müssen. Er setzte seinen Weg fort. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn, es war eine Mischung aus Aufregung und schlechtem Gewissen. Warum vertraute ihm sein Vater so wichtige Informationen an? Was wäre, wenn er einfach ausplaudern würde, dass seine Eltern ein doppeltes Spiel trieben? Was wäre, wenn er seiner Tante das alles erzählen würde und seinen Vater so Seiner Lordschaft ausliefern würde? Was wäre wenn er diese Chance nutzte, um im Ansehen Seiner Lordschaft aufzusteigen? Er wäre … tot. Dieser Gedanke packte Draco und ließ ihn zittern, obwohl die Temperatur im Haus an Hochsommer erinnerte. Seine Mutter fror sehr leicht und hasste es, in den eigenen vier Wänden in dicken Winterkleidern herumzurennen. Wenn andere vor Hitze zu ersticken drohten, dann war es ihr egal. Die Hauptsache war, dass sie nicht fror. Dass er nun mehr zitterte, konnte nur an der Gesamtsituation liegen. Draco schluckte. Er würde seine Eltern niemals verraten, eher würde er sich die Zunge abbeißen. Er hatte gelernt, loyal zu sein und würde einen Dreck tun, Blut gegen Wasser zu tauschen. Er würde sie niemals verraten.

„Niemals!“, murmelte er, betrat sein Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich. Er verriegelte sie, schlich ins Badezimmer und ließ sich Wasser ein.
Blut ist dicker als Wasser. Es geht ums Überleben, wie mir scheint!, dachte er, als er aus seiner Kleidung stieg und sich ins heiße Wasser gleiten ließ. Etwas anderes hatte ihm sein Vater nicht gesagt. „Pläne versteckt in Plänen“, murmelte er. „Nun gut, Vater, wenn du darauf aus bist, der Familie die denkbar beste Ausgangsposition zu liefern, dann bin ich dabei!“, seufzte er und tauchte unter.


° ° ° ° ° ° °

Diese Mission konnte getrost als gescheitert abgehakt werden, fand Harry, als er Kingsley Shacklebolt durch die Londoner Innenstadt in Richtung Ministerium für Zauberei folgte. Er schaffte es kaum, den langen Schritten des Auroren zu folgen, doch das war egal. Er wusste, dass Kingsley es eilig hatte, also beeilte er sich ebenfalls und hetzte hinter ihn her. Warum Shacklebolt einen zufriedenen Eindruck machte und leise vor sich hin pfiff, vermochte Harry nicht zu sagen. Endlich nahmen sie die letzte Kurve und stoppten vor dem Besuchereingang. Die rote Telefonzelle kannte er noch zur Genüge. Er rümpfte die Nase und zögerte, als Kingsley ihm den Vortritt lassen wollte.

„Komm schon, Harry. Hier wartet weder der Zaubergamot auf dich, noch wirst du kämpfen müssen. Auf geht's.“

Brummend schritt Harry an Kingsley vorbei, beobachtete, wie er den Hörer von der Gabel nahm, die Nummer wählte und sie anmeldete. Harry seufzte. Dieses Mal würde er in keine Falle laufen, dieses Mal würde er keinen Menschen verlieren. Auch wenn Sirius lebte, ließen sich die unangenehmen Gedanken nicht abschütteln. Zu viel war im letzten Frühjahr geschehen.

„Auf geht's“, echote er. Die Zelle setzte sich in Bewegung und ehe es sich Harry versah, landete er wieder in dieser enormen Halle, jedoch war der Empfang ein anderer.




~ tbc ~


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