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Fanfiction

Harry Potter und das Geheimnis seiner Ahnen - Geständnisse und alte Rechnungen

von Eosphoros

35. Geständnisse und alte Rechnungen



Peter Pettigrew befand sich im Westturm zwar in sicherem Gewahrsam, doch traute Harry dem Frieden nicht. Zu häufig hatte er erlebt, dass sich gegen Ende doch noch alles anders als erwartet entwickelte. Er eilte, dicht gefolgt von Albus Dumbledore und Kingsley Shacklebolt, durch Hogwarts Flure.

,Der Westturm. Welch Ironie des Schicksals', dachte er. Vor wenigen Jahren hatten Hermine und er aus eben jenem Westturm Sirius Black befreit und so davor bewahrt, von den Dementoren geküsst zu werden. Barty Crouch junior hatte weniger Glück gehabt. Ihn hatte das Schicksal ereilt. Auch Pettigrew würde niemand retten, so hoffte Harry, und die Dementoren spukten nicht länger in Askaban herum. Sie würden nicht verhindern, dass Pettigrew auspackte, wie sie es bei Crouch junior geschafft hatten. Es gab einige Momente, in denen Harry glaubte, die Dementoren hätten bereits damals unter der Fuchtel Voldemorts gestanden. Auf wessen Seite sie nun standen, war offensichtlich. Doch wo sie sich aufhielten, wusste niemand.

Der Westturm. Gryffindor befand sich im Ostturm; im Nordturm hauste Trelawney; der Südturm war nur als Astronomieturm bekannt. Doch es lag nicht in Harrys Macht, die Begegnung mit Pettigrew rasch hinter sich zu bringen

Filch trippelte auf sie zu, Mrs. Norris dicht auf seinen Fersen, und brachte die drei zum Halten.

„Der kommissarische Minister ist da und wünscht Sie zu sprechen, Herr Direktor!“, keuchte er.

Harry sackte in sich zusammen und warf Dumbledore einen flehentlichen Blick zu.

„Es tut mir leid, Harry, Cornelius Fudge wird nicht warten können“, erklärte Dumbledore und setzte schmunzelnd hinzu: „Cornelius Fudge kann niemals warten. Das Beste wird sein, du und Kingsley begleitet mich. Ich bin mir sicher, es wird unseren lieben kommissarischen Minister interessieren, wer sich in unserem Westturm befindet und was sich heute hier zugetragen hat.“

Harry atmete laut aus. Er zeigte sich nicht ein bisschen verwundert über Dumbledores offenen Sarkasmus. Er schwankte zwischen sich sofort in den Westturm begeben, um Pettigrew zur Rede zu stellen, und der Neugierde, was der kommissarische Minister in Hogwarts machte.

„Ja aber, was ist, wenn er flieht? Oder was ist, wenn die Dementoren sich in der Nähe herumtreiben und Pettigrew als ihr rechtmäßiges Opfer ansehen? Was ist wenn…“

Der Direktor brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen und zwinkerte ihm zu. „So viel Wenn und Aber? Du kannst versichert sein, dass ich alles in meiner Macht stehende getan habe, um Peter Pettigrew vor möglichen Fluchtversuchen und Anschlägen zu schützen. Ich denke, dass wir ihn getrost noch eine Weile schmoren lassen können.“

Harry blieb nichts anderes übrig zu tun, als sich zu fügen, und eilte nun seinerseits dem Direktor hinterher. Kingsley bildete leise murmelnd die Nachhut.

„Ich fass es nicht, dass du drei so starke Stupor-Flüche auf Pettigrew abgeschossen hast“, drang es endlich an Harrys Ohr. Kingsleys Begeisterung war ihm peinlich und so schwieg er. Er wusste selbst nicht, wie er es endlich geschafft hatte, nur allein mit seinen Gedanken Magie zustande zu bringen. Die Zahl und die Kraft der Flüche beeindruckte ihn weniger, als die Tatsache, es durch Denken geschafft zu haben.

„Drei.“

„Nun ist gut, Kingsley, wir wissen Bescheid. Mr Potter hat glänzende Arbeit geleistet und das Schlimmste verhindert. Schwarzwälder Kirschtorte!“ Der Wasserspeier glitt zur Seite und Dumbledore stieg die Stufen zu seinem Büro hinauf. Harry und Kingsley folgten ihm. Vor dem Schreibtisch, in einem der Besuchersessel, wartete Cornelius Fudge und machte alles andere als einen entspannten Eindruck auf Harry.

Fudge war zwar offiziell kein Zaubereiminister mehr, inoffiziell füllte er den Posten jedoch nach wie vor aus. Ein geeigneter Nachfolger war bereits gefunden worden war. Hermine hatte schon vor Wochen gemutmaßt, dass dies nicht das eigentliche Problem war; Kandidaten gab es genug. Doch musste sich einer dieser Kandidaten auch dazu bereit erklären. Da lag das Dilemma. Dumbledore selbst hatte den Posten wiederholt abgelehnt - Gerüchte machten in Hogwarts rasch ihre Runde - und Scrimgeour hatte noch nicht zugesagt, was jedermann noch unsicherer machte. Harry sagte der Name Scrimgeour nichts, doch hatte sich Hermine so begeistert von dieser Option gezeigt, dass er der geeignete Mann sein musste. Harry begriff nicht, was den von Dumbledore protegierten und von Hermine bewunderten Kandidaten zögern ließ. Nun gut, es waren schwere, ja unsichere Zeiten. Doch gerade in Zeiten wie diesen bedeutete Handlungsunfähigkeit einer Regierung eine noch größere Schwäche als in weniger turbulenten Zeiten. Harry zog die Nase kraus. Politische Überlegungen! Er verbrachte eindeutig zu viel Zeit mit Hermine und Ginny. Jedes Mädchen für sich genommen, stellte keine solche gedankliche Belastung da, aber beide zusammen…Die andere Erklärung, dass er allmählich die Reife erlangte, sich auch politische Gedanken zu machen, ignorierte er geflissentlich. Politik galt ihm nach wie vor als langweilig.

Angesichts des Ansturms von unerwarteten Personen schwieg Cornelius Fudge.

„Ah, Cornelius. Sie kennen ja Harry und Mr Shacklebolt.“

Dumbledore schritt um seinen Schreibtisch herum, blieb stehen und wartete, bis Harry und Kingsley sich gesetzt hatten. Erst dann nahm er Platz und wandte er sich erneut an den sich sichtlich unwohl fühlenden Cornelius Fudge.

„Nun? Was kann ich für Sie tun, Cornelius? Ich muss Sie bitten, sich kurz zu fassen. Wie Sie bemerkt haben, herrscht in Hogwarts nicht gerade das, was man gelassene Heiterkeit oder eitel Freude nennt.“

„Ich verstehe nicht, warum der Junge hier ist, Albus. Wie Sie wissen, ist es nicht mein Wunsch, mich mit Ihnen zu beraten.“

Harry lächelte unschuldig.

„Sie wissen genau, dass ich nur hier bin, weil Sie ohne Grund aus meinem Büro verschwunden sind.“

„Oh, ich hatte meiner Gründe“, entgegnete Dumbledore freundlich. „Ich habe immer meine Gründe. Lakritzschnapper?“, bot der Direktor an. Harry und Kingsley griffen zu und nagten auf der Süßigkeit herum, jeden Moment damit rechnend, dass die Schnapper zuschnappen würden.

Harry ließ sich von Dumbledores Freundlichkeit nicht täuschen. Er wusste genau, dass es im Innern des Direktors vor Wut brodelte. Er hatte die Fingerspitzen aneinander gelegt und blinzelte über seine halbmondförmige Brille. Harry war fasziniert. Hier saßen zwei Männer, die es gewohnt waren Macht auszuüben. Der eine, Dumbledore, fühlte sie nicht als Belastung, wie es Harry schien. Er ging souverän mit seinem Posten um und gierte nicht nach mehr. Er wusste offenbar, dass er dort, wo er war, auch hingehörte und vor allem gebraucht wurde. Dieser Mann würde einen hervorragenden Minister abgeben. Er war weitsichtig, diplomatisch und dennoch wusste Harry, sobald er dies auch nur in Erwägung gezogen hatte, dass Dumbledore trotz seiner Vorzüge nicht der geeignete Mann war. Er war zu unabhängig und zu sehr daran gewöhnt, seine eigenen Pläne zu verfolgen. Manchmal, so kam es Harry vor, dass Dumbledore zu sehr an die Güte der Menschen glaubte, um Niedertracht oder Hinterhältigkeit auch nur in Erwägung zu ziehen. Harry war über seine Einsicht verblüfft. Natürlich, der Posten des Ministers würde Dumbledore in seiner Handlungsfreiheit einschränken und sein Glaube an das Gute im Menschen würde ihn in die eine oder andere Situation bringen, in der Misstrauen die bessere Wahl gewesen wäre. Harry sah sich mit einem prüfenden Blick aus hellblauen Augen konfrontiert. Er errötete und wandte seine Aufmerksamkeit Fudge zu. Hektik war es, was dieser Mann ausstrahlte.

Cornelius Fudge war für Harry ein Blender. Gleich nach der ersten Begegnung glaubte er, ihn durchschaut zu haben. Fudge gierte nach Macht und tat alles, um in der Öffentlichkeit gut darzustehen. Wie weit er dabei ging und zu gehen bereit war, hatte sein manipulativer Eingriff in die Medien und in Hogwarts gezeigt. Harry konnte und wollte Fudge nicht verzeihen, dass dieser ihn als Lügner und Märchenerzähler hatte darstellen lassen. Die Wahrheit zu verdrehen oder gänzlich zu leugnen, hatte niemals etwas Sinnvolles zur Folge, dachte Harry. Wieder runzelte er die Stirn. Auch das hatte er schon einmal gehört. Ginny und Hermine hatten offensichtlich doch mehr Einfluss auf ihn, als er hatte wahrhaben wollen.

Das Gespräch war weiter geführt worden. Harry hatte diesem wegen seiner Überlegungen nicht mehr folgen können und nun Mühe wieder den Anschluss zu finden.

„Ich bitte Sie, wir wissen, dass sich Du-weißt-schon-wer zur Zeit nicht auf den Britischen Inseln aufhält, also wird er wohl kaum in Hogwarts eingebrochen sein und Mr Potter bedroht haben. Dieses kleine Werwolfproblem haben die Auroren im Griff. Wenn Sie den Tagespropheten lesen würden, wüssten Sie das. Lupin wird auch gefasst sein. Ich bitte Sie, und Lucius Malfoy wird sich auch wieder anfinden. Ich werde später mit Severus sprechen, der sich mit Lucius' Sohn befassen wird und dann werden wir schon erfahren, wo sich…“

„Malfoy ist aus Askaban geflohen?“, mischte sich Harry ein. Gleichzeitig fragte Kingsley lauernd: „Wer sagt Ihnen, dass Voldemort sich nicht auf den Britischen Inseln aufhält?“

„Aber natürlich“, überlegte Harry weiter. Er überging Kingsleys Frage und Fudges empörtes Schnauben. Er wartete eine Antwort seines Direktors gar nicht erst ab. Dass Voldemort sich in England aufhielt, war für ihn so klar wie für die Dursley die Annahme, dass Dudley perfekt sei. „Die Auroren waren damit beschäftigt, die Werwölfe zu bekämpfen. Es kann nur eine kleine Abteilung wird in Askaban gewesen sein. Einer ist doch immer bestechlich“ - Cornelius räusperte sich vernehmlich - „Malfoy und seine Frau werden die Gunst der Stunde genutzt haben. Wahrscheinlich war das der eigentliche Grund, warum sie… Nein, das ist Blödsinn. Warum sollte Narzissa Malfoy solch einen Aufwand betreiben und Remus auf Hermine abrichten, nur um ihren Mann zu befreien. Wahrscheinlich war das nur ein angenehmer Nebeneffekt. Ein kleiner Zusatzplan, der sich hinter einem größeren Ziel verbarg.“ Harry grübelte leise vor sich hin. Alles ergab mit einem Mal einen Sinn für ihn.

„Mr Shacklebolt, ich habe meine Quellen. Und Mr Potter, ich bitte Sie, das ist doch lächerlich. Mrs Malfoy hat die Scheidung eingereicht und wird kaum mit den üblen Machenschaften ihres Mannes zu tun haben. Sie muss schließlich an ihren Jungen denken“, entgegnete Fudge.

Harry starrte den kommissarischen Minister an, überrascht, dass dieser seinen halblaut geäußerten Überlegungen überhaupt gefolgt war, und sprang aus dem Stuhl auf. „Sie haben doch keine Ahnung, Mr Fudge! Malfoys Mutter wird sich niemals von ihrem Mann scheiden lassen. Haben Sie sich die Malfoys mal angesehen? Haben Sie vergessen aus was für einer Familie Mrs Malfoy stammt? Warum sollte sie ihren Mann verlassen wollen? Das ist doch alles nur ein Vorwand, um Ihnen und allen anderen Sand in die Augen zu streuen. Eher würde sie sich die Hand abbeißen, als einen Skandal zu riskieren. Für Leute wie sie ist eine Scheidung und der Verlust eines Vermögen ein größerer Skandal als einen Verwandten in Askaban zu haben. Mrs Malfoy wird sich ihrem Mann gegenüber niemals illoyal verhalten. Genauso wenig wie Sirius Black meinen Eltern gegenüber illoyal war.“ Harry schnaufte.

„Ihre Quellen, Herr Ex-Minister, sind - mit Verlaub - nichts wert. Lassen Sie mich raten, Ihre Informationen stammen von Anton Mister!“, antwortete Kingsley halb synchron zu Harry.

„Harry, das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt über Sirius zu reden“, mahnte Dumbledore.

Harry fühlte seine Kieferknochen förmlich knacken, so sehr biss er die Zähne zusammen. Er setzte sich wieder und rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. Er wollte endlich Peter Pettigrew zur Rede stellen und so beweisen, dass er Recht hatte.

„Albus, ich weiß wirklich nicht, warum Sie sich das von einem Teenager gefallen lassen. Sicher, es ist hart für Kinder zu erfahren, dass der eigene Pate ein Verräter war und sich gegen die Eltern verschworen hat und sich den Behörden durch einen Sprung durch den Schleier entzogen hat. Er ist tot und damit hat sich das. Vielleicht wird es sich irgendwann klären, ob Black zu recht oder unrecht in Askaban saß. Doch zur Zeit haben wir andere Probleme. Und diese Gerüchte um Blacks Rückkehr als Wiedergänger werden Sie doch wohl nicht ernst nehmen.“

Harrys Finger krallten sich in die Sessellehnen, doch er riss sich zusammen und sagte nichts.

„War es nun Anton Mister oder nicht?“, löcherte Kingsley weiter. Harry hatte in Dumbledores Büro noch nie so ein Durcheinander von Stimmen wahrgenommen. Dennoch fand er es nicht schwierig ihnen zu folgen.

„Gerüchten, Cornelius, liegt immer ein Fünkchen Wahrheit zugrunde. An dem Gerücht von Lord Voldemorts Rückkehr war schließlich auch mehr Wahres, als Sie zuerst angenommen haben. Nicht wahr? Warum sollte es sich also mit der Rückkehr Sirius' anders verhalten?“

„Albus, also wirklich. Durch den Schleier ist noch nie jemand wieder zurück gekommen. Wir wissen doch noch nicht einmal…“

„Ich werde einfach ignoriert!“, echauffierte sich Shacklebolt. In einer weniger aufreibenden Situation hätte Harry gelacht und sich über Kingsley amüsiert.

„Sie sind erbärmlich, Mr Fudge!“, murmelte Harry. „Sie erinnern mich verdammt an meinen Onkel Vernon. Sie ignorieren alles, was nicht in Ihre Vorstellung von Ordnung und vom System passt. Aber auch, wenn Sie es leugnen, wird es darum nicht weniger wahr, wenige möglich oder weniger richtig. Sie wissen doch genau, dass es sich bei dem Schleier um ein Portal in die Unterwelt handelt. Sie wissen doch genau, dass es mehrere dieser Portale gegeben hat und dass es in der Geschichte immer wieder zu Reisen in die Unterwelt gekommen ist. Was ist mit Aeneas, was mit Odysseus, was mit Orpheus, was mit Dante, warum soll Sirius das nicht auch erlebt haben!“, ratterte Harry alles an Informationen herunter, was sie herausgefunden hatten.

„Mythen! Und die fiktive Geschichte eines Florentiner Poeten. Also Mr Potter, etwas mehr Fakten wären an dieser Stelle angebracht.“

Harry ließ sich im Sessel zurückfallen und grinste Dumbledore zu. Der Direktor zwinkerte zurück und übernahm die Führung des Gespräches.

„Fakten, Cornelius, sind in der Tat angebracht. Wir wissen zum Beispiel, dass sich an diesem Abend ein Attentäter in Hogwarts eingeschlichen hat, der es auf einen Mann und auf Miss Granger abgesehen hatte. Zum Glück kamen Mr Potter und Mr Weasley rechtzeitig, um den Anschlag auf Miss Granger zu verhindern. Leider ist Mr Weasley dabei verletzt worden. Sie verstehen, dass ich mich in solchen Fällen lieber in Hogwarts aufhalte, als mich mit Ihnen im Ministerium über den Verbleib und die Loyalität Anton Misters zu unterhalten.“

Harry fühlte einen Anflug von Befriedigung, als er Cornelius Fudge Gesichtsfarbe schwinden sah.

„Meine Güte, wie geht es Mr Weasley? Erst Miss Weasley, dann der Bruder. Ist Miss Granger in Ordnung?“

„Arthurs Sohn wird wieder gesund. Miss Granger ist nichts geschehen und das männliche Opfer schläft seiner Genesung entgegen.“

„Weiß man, wer das Attentat verübt hat?“, fragte Fudge und rutschte auf seinem Sessel hin und her. Albus nickte, blickte Harry an und zog eine Augenbraue hoch. Harry verstand, dies war sein Part.

„Peter Pettigrew“, gab er leise von sich und hoffte sehr, den Hass auf diesen Mann aus seiner Stimme verdrängen zu können.

„Das ist unmöglich. Sie müssen sich geirrt haben!“, rief Fudge und sprang auf. Er tigerte zum Fenster, verharrte dort kurz und schritt hastig in die Mitte des Raumes. „Pettigrew ist tot. Er ist am 1. November 1981 ums Leben gekommen. Sie tischen mir doch nur wieder die Geschichte auf, die Sie mir vor einigen Jahren unterjubeln wollten. Pettigrew am Leben und als Animagus untergetaucht. Schwachsinn!“

„Das ändert nichts daran, dass sie damals wahr war und es heute noch ist“, erklärte Dumbledore.

„Dass Sie Ihrem Lieblingsschüler alles glauben, wusste ich. Doch hatte ich erwartet, Albus, dass Sie wenigstens noch einen Funken an Vernunft besitzen und erkennen, wann etwas Wunschdenken ist und wann nicht“, rief Fudge.

„Oh natürlich“, mischte sich Kingsley ein und gab seine schmollende Haltung auf, „dann sollten Sie aber auch einsehen, dass es Wunschdenken ist, dass sich Voldemort nicht auf Britischen Inseln aufhält. Wer glauben Sie, hätte wohl die Macht, die Sphären zu manipulieren und sei es nur für eine kurze Zeit?“

Fudge sank in den Sessel zurück und starrte Kingsley an. „Aber man versicherte mir, dass Du-weißt-schon-wer… also ist Anton Mister doch zu Verräter geworden.“ Harry verspürte einen kurzen Anflug von Mitleid, als Cornelius Fudge in sich zusammensackte und Hände über den Kopf zusammenschlug.

„Mr Fudge“, begann er leise und setzte sacht fort, „Sie dürfen die Augen nicht vor den Tatsachen verschließen. Der Mann, der neben Hermine Granger auf der Krankenstation Opfer eines Anschlags durch Peter Pettigrew geworden ist, ist eindeutig Sirius Black.“

Nun war es raus. Harry hörte förmlich, wie seine Worte im Kopf des kommissarischen Ministers arbeiteten. Fudge war nie ein Mann gewesen, der sich durch eine gesunde Gesichtsfarbe auszeichnete, doch nun glich er beinahe vollkommen einem Quark.

„Cornelius, Sie sollten sämtliche Informationen, die Ihnen unter dem Siegel der Vertraulichkeit und mittels Berichterstattung durch den Leiter der Mysteriumsabteilung Anton Mister zugetragen worden sind, als falsch einstufen. Er hat seit Jahren für Voldemort gearbeitet oder formulieren wir es präziser, vor dem ersten Verschwinden Voldemorts und seit seiner Rückkehr. Sie sollten dies als Tatsache auffassen und nicht als Gerücht. Mr Shacklebolt, Mr Potter und ich haben eine Verabredung mit Mr Pettigrew. Sie dürfen uns gerne dabei Gesellschaft leisten und sich von der Identität des Mannes überzeugen oder hier auf unsere Rückkehr warten“, schlug Dumbledore vor.

Der Direkter hatte sich erhoben und war zur Tür geschritten. Er hatte eine seiner schmalen Hände bereits auf dem Drücker liegen, als Harry und Kingsley sich ihm anschlossen. Harry war aufgeregt, anders konnte er das Gefühl in seinem Magen nicht beschreiben. Er wusste noch nicht, wie er reagieren würden, wenn er Pettigrew wieder gegenüberstand. Vor zweieinhalb Jahren hatte er sich beherrschen können und sogar verhindert, dass Sirius und Remus ihn töteten, doch dieses Mal war alles anders.
Fudge zierte sich noch. Harry konnte förmlich sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. Das war immer das Problem des ehemaligen Ministers gewesen: mangelnde Entscheidungsfähigkeit. Nicht dass er niemals Entscheidungen getroffen hatte, doch ihm fehlte die Fähigkeit in den richtigen Momenten zur richtigen Entscheidung zu gelagen.

„Ich werde mir diesen ominösen Pettigrew ansehen“, erklärte der kommissarische Minister. Harry war froh, einen weiteren Zeugen für Pettigrews bevorstehendes Geständnis zu haben.


° ° ° ° ° ° °


Verfallen wirkte das Haus nicht gerade, doch unbewohnt. Lucius apparierte in den nahegelegenen Park und wartete, bis ein zweites Plop die Ankunft Seiner Lordschaft signalisierte. Dann erst überquerte er die Straße und betrat das Gelände. Vor Jahren, nach dem Tod seiner Mutter, hatte er Malfoy House an der Curzon Street als Wohnsitz aufgegeben und war mit seiner jungen Familie gänzlich nach Malfoy Mansion umgezogen. Er glitt über die menschenleere Straße, dicht gefolgt von Seiner Lordschaft. Stumm befreite Lucius die Eingangstür von einem Fluch und bat Voldemort einzutreten. Die Halle war verlassen. Fingerdick bedeckte Staub den Boden. Ehemals weiße, nun vergilbte Tücher verhüllten das spärliche Mobiliar. Ehemals schwarze nun durch den Staub einiger Jahre grau gewordene Schleier hingen über den Spiegeln. So hatten er, Narzissa und Draco vor Jahren dieses Haus verlassen.

„Ah“, seufzte Seine Lordschaft, „ich spüre nach wie vor die Präsenz Ludmillas in diesem Gemäuer. Sie war eine beeindruckende Frau.“

Lucius schwieg. Natürlich hatte Seine Lordschaft Recht. Doch hasste Lucius jegliche Art von Sentimentalität, also ließ er die Bemerkung Voldemorts im Raum stehen.

Zielstrebig eilte Lucius durch die Halle und versuchte seinen Verstand gegen die Gespenster der Vergangenheit abzuschirmen. Jedes Mobiliar, jeder Raum, ja jede Bodenfliese besaß einen dieser Geister, die wie aus dem Nichts auftauchten, um in einem unerwarteten Moment längst vergessene Erinnerungen wieder lebendig werden zu lassen. Er riskierte einen Blick auf die zur Galerie hinaufführenden Treppe. Fast schien es ihm, als tauchte auf deren obersten Stufe der lavendelfarbene Rocksaum seiner Mutter auf, um beinahe schwebend zur nächsten Stufe hinunterzugleiten. Er zwinkerte und der Schatten der Vergangenheit war fort.

Mit verbissenem Gesichtsausdruck führte Lucius Seine Lordschaft in den Keller und dort weihte er diesen in das Geheimnis des Hauses ein. Als sie in dem verborgenen Laboratorium standen, das einst Lucius' Vater eingerichtet und das diesem zum Verhängnis geworden war, zeigte sich Seine Lordschaft sichtlich beeindruckt. Er schritt humpelnd die Regale entlang, nahm das eine oder andere Fläschchen in die Hand und langte schließlich nach einer Phiole, auf deren Etikett ,Drachenpocken' stand.

„Ah, ich habe mich stets gewundert, wie dein Vater an diese Krankheit geraten war. Er hat experimentiert und etwas ist schief gegangen.“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.

Lucius nickte und blieb an der Tür stehen. Seine Lordschaft nahm ein Regal mit Büchern in Augenschein und ein weiteres mit Artefakten. Nach einer Weile meinte er: „Du hast eine beachtliche Sammlung, Lucius. Ich frage mich, ob du nicht das Ziel selbiger aus den Augen verloren hast… mein Freund.“

Voldemorts schmeichlerischer Ton ließ Lucius hellhörig werden. Die unterschwellige Drohung war nicht zu ignorieren. Seine Gedanken rasten auf der Suche nach einer für Seine Lordschaft akzeptablen Reaktion.

„Ich bin lediglich ihr Hüter, mein Lord“, erwiderte er fest. Voldemorts Gesichtszüge entspannten sich.

„In der Tat. Deine Zungenfertigkeit ist dein größtes Kapitel, mein Freund. Nun sage mir, wie du mir nützen kannst.“

Seine Lordschaft schritt um den staubigen Labortisch herum, musterte die einzelnen Phiolen und richtete sein Augenmerk dann auf die der Tür gegenüberliegenden Wand. Lucius konnte förmlich in Gedanken dem Blick Seiner Lordschaft folgen, wie einen Buchtitel nach dem anderen in Augenschein nahm.

„Du solltest dich schämen, Lucius. Gut Zweidrittel dieser Sammlung steht auf dem Index des Ministeriums und befasst sich tatsächlich mit dunkler Magie.“

Lucius unterdrückte ein Schmunzeln. Natürlich waren die meisten seiner Bücher in Malfoy House verboten, was ihn jedoch nicht daran hinderte, sie aufzubewahren und seine Sammlung ständig zu erweitern.

„Weshalb ich diese Schätze auch hier aufbewahre und nicht in Malfoy Mansion, mein Lord.“

„Du hast sogar Exemplare aus der berühmten Corvo-Sammlung. Ich bin, in der Tat, beeindruckt.“

Lucius verging das Schmunzeln. Die Anspielung auf die Sammlung des Corvo hatte sie wieder an den Ausgangspunkt gebracht. Salazars Zauberbuch war einst Bestandteil dieser Sammlung gewesen, bevor es in England einem Muggel-Antiquitätenhändler in die Hände gefallen war und für eine enorme Summe in den Besitz eines amerikanischen Bibliophilen übergegangen war. Als dieser amerikanische Bibliophile gestorben war, war dessen gesamte Sammlung an das Getty-Museum gegangen. Lucius war zusammen mit Crabbe in eine Nacht-und-Nebel-Aktion nach Los Angeles appariert und hatte das Buch aus dem Museum entwendet. Dass dies alles knapp ein Jahr nach Potter sogenanntem Sieg über Seine Lordschaft passiert war, änderte nichts an der Tatsache, dass eben Seine Lordschaft der eigentliche Besitzer des Buches hätte sein sollen. Schließlich war es ein Stück aus dem Besitz Salazar Slytherins.

Lucius holte es aus einer verborgenen Tasche seines Umhangs heraus und brachte es mit einigen wenigen Worten wieder in seine normale Größe.

„Mein Lord, hier steht, dass das Medium ein starker Wanderer zwischen den Welten zu sein hat.“

„Um das Medium kümmern wir uns später. Wir werden des flüchtigen kleinen Blacks schon wieder habhaft werden.“

Lucius hob irritiert eine Augenbraue. Sicher, Black war ein Wiedergänger. Selbst wenn er nicht wirklich gestorben war, wie er vermutete, hatte er das Reich der Toten betreten und war auf dem gleichen Wege wiedergekehrt, wie andere Unterweltwanderer vor ihm. Doch ihn als Wanderer zwischen den Welten zu sehen, war ein zu viel der Ehre. Sicher, sie brauchten ihn, doch nicht dafür.

„Mein Lord, wir benötigen keinen Wiedergänger als Medium. Wir benötigen einen starken Seher.“ Er betonte Wiedergänger und Seher so deutlich, dass jedem der Unterschied zwischen beiden auffallen musste.

Es war wie ein inner Vorbeimarsch, den verwunderten Blick des Dunklen Lord auf sich gerichtet zu sehen. Lucius hütete sich, seine momentane Überlegenheit zu deutlich zur Schau zu tragen.

„Einen Seher?!“ Voldemort humpelte auf ihn zu, rascher als Lucius es für einen angeschlagen Mann erwartet hätte. Er beugte sich gleichfalls über das Buch und suchte mit gespreizten Fingern, jede Zeile nachfahrend, die betreffende Passage.

„Wanderer zwischen den Welten, mein Lord, ist Black schon lange nicht mehr. Er...“

„Halte mich nicht für dumm, Lucius. Du würdest es bereuen. Ich weiß, was Black ist und ich weiß auch, dass er lediglich das billiges Äquivalent eines wahren Wanderers darstellen würde. Wahrscheinlich würde er als Mittler lediglich zu Staub zerfallen, noch bevor meine Macht auf die Sphären eine Auswirkung haben würde.“

Lucius lächelte und verneigte sich knapp. Seine Lordschaft verstand es vortrefflich die eigene Fehlbarkeit in eine logisch geschlussfolgerte Tatsache zu verpacken und diese so darzustellen, dass ein weniger aufmerksamer Gesellschafter als Lucius Malfoy, die Vernunft dieser Erkenntnis erstaunen ja sogar bewundern würde. Lucius Malfoy jedoch wusste genau, er hatte es zu oft erlebt, dass Vernunft mit dieser zur Schau gestellten Weisheit nichts zu tun hatte. Sie war das Produkt einer unabänderlichen Tatsache und entsprang eher Voldemorts Furcht vor einem weiteren Versagen.

„Wer schwebt dir vor?“

Lucius verneigte sich und verharrte in seiner unterwürfigen Haltung. „Mein Lord, verzeiht, aber wie soll ich wissen, wer die geeignete Person, wer das geeignete Medium sein könnte? Ich war bis vor wenigen Stunden Gefangerer in Askaban und bin nicht auf dem neuesten Stand, mein Herr.“

Voldemort lachte krächzend. Seine raue Stimme ließ Lucius innerlich erschaudern, glich sie der seinen doch zu sehr. Voldemorts entstellte Stimme rührte von seinem misslungenen Zauber her, während Lucius' ein Mitbringsel aus dem feuchten Askaban war.

„Du bist raffiniert, mein Freund. Deine Gattin ist natürlich bestens informiert. Nun, so sei es. Sie wird herkommen müssen und ihre verrückte Schwester wohl mitbringen.“

Lucius schmunzelte. „Nein, mein Lord, ich spekulierte nicht auf meine Frau, sondern auf meinen Sohn. Meine Frau ist sehr nützlich, wie sie wiederholt bewiesen hat, doch in Fragen wie diesen vertraue ich meinem Sohn. Er ist jung, gut informiert und weiß wie alle Kinder in seinem Alter, was in bestimmten Szenen gerade neu und modern ist.“

Lucius wartete die Wirkung seiner Worte ab und ließ seinen Blick auf den Fußboden gerichtet. „Dein Sohn, sagst du. Ich verstehe, du willst ihn aus dem Einflussbereich Dumbledores bringen und vor unangenehmen Fragen schützen. Nun gut, wir werden ihn herkommen lassen. Ich verlse mich darauf, dass er tatsächlich so genau Bescheid weiß, wie du behauptest. Veranlasse das Nötige, Lucius, während ich mich den Studien widme.“

Lucius verneigte sich ein wenig tiefer und verließ katzbuckelnd das nun nicht mehr ganz so geheime Laboratorium. Als er den Keller seines Hauses hinter sich gelassen hatte, begab er sich in seine Bibliothek. Er zog mit einem Schwung die vergilbten Tücher von seinem Schreibtisch und seinem Sessel und ließ sich auf eben diesem nieder. Er seufzte. Als er das letzte Mal an diesem Tisch gesessen hatte, hatte Draco zu seinen Füßen gespielt und Narzissa im Erker gesessen und gestickt. An diesem Tag hatte er vom Tod seiner Mutter erfahren und beschlossen, das Londoner Haus als Sitz aufzugeben. Nur einen Monat später war Voldemort gefallen.

Lucius wischte die Spinnweben der Vergangenheit aus seinen Gedanken. Es war keine Zeit, sentimental zu werden. Er musste seinen Sohn sehen, wollte seinen Sohn sehen, er hatte Sehnsucht und zudem allen Grund zu der Annahme, dass seine Flucht aus Askaban seinen Jungen zum Ziel er Auroren machen werde. Er zog ein Stückchen Pergament aus seinem Umhang und faltete es auseinander. Narzissa hatte in ihrer feinen spitzen Handschrift einige Zeilen verfasst, die einen Mann wie Albus Dumbledore von der Notwendigkeit überzeugen würden, dass sie der Nähe ihres Sohnes bedurfte. Sie hatte genau in jener Mischung aus Angst, Furcht und Hysterie geschrieben, zu der jede Mutter im Stande war, wenn sie ihr Kind in Gefahr wähnte. Voraussetzung war natürlich, dass Dumbledore noch nicht hinter Narzissas doppeltes Spiel gekommen war.

Lucius lächelte und rollte das Pergament zusammen. Dann erhob er sich, schritt zum Kamin, entfachte das Feuer und flüsterte einen Namen.

„Bist du in Sicherheit?“, fragte eine sorgenvolle Stimme aus dem Feuer.

„Ja, mein Herz. Bin ich. Du musst etwas für mich tun! Ich versichere dir, es wird der letzte Gefallen sein, um den ich dich bitte.“

„Das sagst du jedes Mal, Lucius“, erwiderte die Stimme dieses Mal energisch. Der sorgenvolle Unterton war verschwunden.

„Nun, kannst du es mir verdenken? Schließlich habe ich dich aus einer ausweglosen Situation befreit, dir meinen Schutz gewährt und dafür gesorgt, dass für dich gefährliche Personen aus dem Weg geschafft wurden. Verdenkst du es mir, dass ich mir deshalb den einen oder anderen kleinen Gefallen von dir erbitte?“

„Komm zum Punkt, Lucius. Ich will nicht, dass jemand erfährt, dass ich Kontakt mit einem Ausbrecher hatte und habe.“

„Seit wann scheust du die Gefahr? Seit wann hast du Angst vor ein wenig Nervenkitzel.“

„Vielleicht, seit die Natur verrückt spielt und man sich nicht einmal mehr auf das magische Weltbild und dessen Ordnung verlassen kann? Meine Katze ist hysterisch, weil sie in der vergangenen Nacht ein Werwolf angeknurrt hat. Und das, obwohl kein Vollmond war.“

„Ich gebe dir mein Wort, dass ich damit nichts zu tun hatte.“

Die Stimme schwieg. „Carrie?“

„Ich überlege gerade, wie ich deine Wahl der Verbform zu interpretieren habe. Heißt das, dass du nichts damit zu tun hast oder hattest und mir damit indirekt sagen willst, dass du durch eine Flucht nun doch involviert bist?“

Lucius lachte. Er vermied direkten Kontakt zu dieser Frau, obwohl es Momente gab, in denen er sie so sehr vermisste, dass es wehtat. Ein Treffen zwischen ihnen beiden würde jedoch verheerende Ausmaße annehmen. Es gab nur zwei Optionen: entweder sie würden übereinander herfallen und sich hemmungslos lieben und sich dann gegenseitig umbringen oder sie würden den ersten Schritt überspringen und gleich den zweiten vollziehen.

„Carrie? Wirst du mir helfen?“, überging Lucius die ohnehin rhetorisch gemeinte Frage.

„Was soll ich tun?“

„Oh, nichts Anrüchiges oder Gefahrvolles, mein Herz. Ich möchte nur, dass du mir eine Eule zur Verfügung stellst, die einen kleinen Brief an meinen Sohn nach Hogwarts bringen soll. Nichts Gefährliches oder Verbotenes.“

Die Stimme seufzte. „Ist das wirklich alles?“

„Du zweifelst?“

„Selbstverständlich, schließlich kenne ich dich gut genug. Lass mich raten: Du befürchtest, dass dein Junge durch deine Flucht zum Ziel der Auroren werden könnte. Du vermutest und wahrscheinlich nicht zu unrecht, dass man Draco, nach Bekanntwerden deiner Flucht - reife Leistung übrigens - beschatten wird und er sie zu dir führen könnte. Natürlich unbeabsichtigt.“

„Liebes, du errätst zu viel. Warum habe ich dich damals eigentlich am Leben gelassen?“

Die Stimme kicherte und klang vergnügt, als sie erwiderte: „Weil du mich dann heute nicht um Hilfe bitten könntest?“

„Exakt, mein Herz. Ich sage doch, du errätst zu viel. Du bist einfach zu clever. Wirst du mir also helfen?“

„Ich habe kein Wahl.“

„In der Tat.“

„Ich schicke dir Kadmos in zwei Minuten.“

„Du bist also in London?“

„Ich bitte dich, Lucius, was soll diese unnötige Frage? Oder versuchst du dich in Smalltalk? Sei vorsichtig, bitte. Ich hasse dich, wie du weißt, doch das heißt nicht, dass mich dein Tod nicht berühren würde. Leb wohl! Achso, sollte Kadmos etwas zustoßen, werde ich dich vierteilen!“

„Du bist wie immer sehr charmant, mein Herz.“

Das Kaminfeuer erlosch und Lucius blieb grinsend davor stehen. Er starrte auf die Uhr und hing seinen Gedanken nach. Auf sie war immer Verlass. Sie würde ihn nicht verraten, aber auch nicht mehr tun, als das, was er von ihr verlangte. Exakt zwei Minuten später klopfte ein unscheinbares Käuzchen an das Fenster seiner Bibliothek. Er ließ Kadmos herein und suchte nach einer kurzen Nachricht. Obwohl Lucius wusste, dass sie niemals das Risiko eingehen würde, so Kontakt mit ihm aufzunehmen, war der Wunsch immer da, sich doch geirrt zu haben. Kadmos schnappte nach seinem Finger und Lucius grinste. Der Vogel passte zu ihr. Er gab die Suche auf und befestigte das Schreiben seiner Frau.

„Nun denn, Kadmos! Hogwarts, Slytherin, Draco Malfoy, aber bitte direkt, nicht die Eulerei. Es ist dringend. Dann kehre nicht hierher zurück, sondern zu deinem... Frauchen.“

Das Käuzchen kratzte sich kurz den Kopf, plusterte sich auf, schlüttelte sich und verschwand. Lucius schloss das Fenster. Nun hieß es warten. Er begab sich zurück zu Seiner Lordschaft und erstellte mit diesem eine Liste der für das Ritual notwendigen Artefakte. Dieses Mal würden es keltische sein, keltische, die zu den Britischen Inseln passten.


° ° ° ° ° ° °


Hermine zitterte noch immer wie Espenlaub. Sie hätte eigentlich schlafen müssen, doch hatte sie geschickt die Pillen, die Madam Pomfrey ihr gegeben hatte, unter die Zunge geschoben, getan als würde sie sie schlucken und diese dann heimlich verschwinden lassen. Sie hatte zu viel zum Nachdenken, um die kurze Zeit der völligen Ruhe mit Schlafen zu vergeuden. Zu viel war geschehen, zu viel hätte sich beinahe auf einen Schlag geändert.

,Denk nach, Hermine', ermahnte sie sich. Sie wusste, wer ein Attentat auf sie geplant hatte und sie wusste auch, was es für einen Zweck hatte, sie zu töten. Es war nicht gerade ermutigend, lediglich ein Spielball zu sein, doch das war im Moment nebensächlich.

„Dobby?“, sagte sie in den dunklen Raum und schon ploppte es neben ihr. Der Hauself tauchte direkt neben ihrem Nachtischchen auf und wirkte mehr als besorgt.

„Harry Potters Hermine Granger hat Dobby gerufen?“

„Ja, Dobby. Es tut mir leid, dich zu stören, sicher hast du viel zu tun. Aber ich habe eine Bitte an dich.“

„Hermine Granger braucht nur zu sagen, was sie wünscht und Dobby wird es tun.“ Der kleine stylische Elf verschränkte die Arme vor der Brust und nickte eifrig, sodass der Teewärmer auf seinem Kopf bedrohlich schwankte.

„Auch, wenn es bedeutet, dass du mir etwas bringen sollst, das eigentlich Harry gehört?“, fragte sie weiter. Sie hatte den Entschluss gefasst, selbst die Chronik der Familie Lilienwood zu lesen. Schließlich verbrachte sie nicht ohne Grund jede freie Minute in der Bibliothek. Ihre Leidenschaft waren nun einmal Bücher, Codices und alles, was irgendwann einmal gedruckt, geschrieben oder andererweitig durch Schrift für die Nachwelt festgehalten worden war. Ihr würde vielleicht auffallen, was Harry und Ron überlesen hatten.

„Hermine Granger will, dass ich Harry Potter etwas stehle?“, echauffierte sich der Elf und sah sich in einem Anflug von Panik um.

„Nein, nein, das nicht, Dobby. Ich weiß ja, dass Harry es mir geben würde, doch es ist schon so spät und Harry wird sicher schon schlafen. Es kann aber nicht bis morgen warten. Ach, Dobby, du weißt doch, dass heute jemand versucht hat, mich und Sirius umzubringen. Willst du nicht auch den Grund dafür wissen, warum das geschehen ist?“

Dobby setzte sich auf das Bett und kratzte sich an den Ohren. Es stand förmlich in sein Gesicht geschrieben, wie sein Verstand arbeitete.

„Harry Potter schläft nicht, Hermine Granger. Er sitzt mit Professor Dumbledore und diesem bösen Cornelius Fudge im Büro.“

Hermine richtete sich schlagartig auf.
„Was?“, entfuhr es ihr lauter als beabsichtigt. Sirius' räusperte sich im Schlaf, drehte seinen Kopf auf die andere Seite und schlief weiter. Hermine stutzte, hatte es wirklich den Anschein, dass ein schwebendes fluffiges Wölkchen über Sirius' Kopf aufgetaucht war? Sie schloss die Augen und öffnete sie wieder. Da war kein Wölkchen, offenbar war es ihr doch nicht gelungen, die Einnahme sämtlicher Medikamente zu verhindern.

„Was auch immer das war“, gab Dobby von sich, zog sich an seinen Ohren und kniff die Augen zusammen. „Was will Hermine Granger von Harry Potter?“

Hermine blickte den Hauselfen irritiert an, dann blickte sie wieder auf Sirius und wieder auf den Elfen. Sie schüttelte den Kopf und räusperte sich.
„Dobby“, begann sie, „Harry besitzt ein kleines Buch, das durch einen Zauber auf die Größe eines der dicken Bibliotheksbände, in denen du alte Zaubersprüche und vor allem Geschichte findest, heranwächst. Es strahlt eine ungeheure Magie aus. Harry hat das Buch entweder in seinem Schrankkoffer oder...“ - Hermine sank in sich zusammen - „... oder er trägt es bei sich, in der Hosentasche. Es ist vergeblich, Dobby. Wenn Harry beim Direktor im Büro ist, dann wird er es bei sich tragen.“

Dobby hüpfte auf das Bett und kam ganz nahe an Hermine heran. Beinahe berührten sich ihre Nasen. „Hermine Granger kann sich auf Dobby verlassen. Dobby bittet Harry Potter einfach darum.“ Hermine schmunzelte und zog dabei die Mundwinkel nach unten. Den bitteren Zug nahm sie gar nicht wahr, doch dem sensiblen Hauselfen entging er offensichtlich nicht, denn er setzte beruhigend hinzu: „Dobby wird schon etwas einfallen, Hermine Granger.“

Es machte plopp und der Hauself war verschwunden. Missmutig starrte Hermine auf die leere Stelle auf ihrer Bettdecke, die noch immer die Eindrücke eines Hauselfen zeigte. Sie sank gegen das Bettgestell zurück und zog die Knie an. Nachdenken half ihr stets in schwierigen Situationen und diese Situation verdiente eindeutig das Prädikat schwierig. Sie glaubte nicht an einen Zufall, glaubte aber auch nicht an einen wohl durchdachten Plan. Sie kam sich wie das Versuchskaninchen in einer ersten Reihe von Laborexperimenten vor, von denen lediglich der theoretische Ablauf bekannt war und deren praktische Umsetzung so gänzlich anders als vermutet verliefen.

Sie starrte aus dem Fenster. Die Nacht war sternenklar und der Mond im Begriff voller zu werden. Halbmond war gerade erst vorbei. Alles war so surreal. Hermine dachte an Remus und hoffte, nein, wusste instinktiv, dass ihm momentan keine Gefahr drohte. Noch war er in Sicherheit. Die Frage war, wie lange sie es auch von sich und ihren Freunden behaupten konnte.

Ron, formte sie im Geiste. „Ron“, flüsterte sie in die Stille. Ron wäre beinahe gestorben. Sirius wäre beinahe gestorben. Sie krallte die Hände in die Bettdecke und unterdrückte einen wütenden Schrei, der nicht nur Madam Pomfrey herbeigerufen, sondern auch Sirius aus seinem Schlaf gerissen hätte. Da war es wieder das Wölkchen. „Was auch immer es sein mag“, flüsterte sie und vermutete beinahe eine tiefere Bedeutung in der Aussage des Hauselfen. Es ploppte erneut und Dobby landete neben Hermines Bett. Er zwinkerte ihr zu, zumindest versuchte er es. Er kniff beide Augen gleichzeitig zusammen und verzog dabei den Mund zu einer Grimasse. Hermine musste ihre ganze Willenskraft aufbringen, nicht zu lachen.

„Harry Potter freut sich, dass es Hermine Granger besser geht. Aber er bittet Hermine Granger Ruhe zu finden und zu schlafen. Er hat Dobby gesagt, dass Hermine Granger das Buch nur dann bekommt, wenn sie nicht die ganze Nacht darin liest.“

Hermine lächelte gerührt. Er machte sich immer Sorgen um sie, so war Harry einfach. Er war ein Freund, ein guter treuer Freund.

„Danke, Dobby.“

Sie nahm vom Hauselfen die Lilienwood'sche Familienchronik in Miniaturformat und wartete mit dem Zauberspruch, bis Dobby wieder verschwunden war. Sie griff nach ihrem Zauberstab und murmelte die Worte. Seit Pettigrew versucht hatte, sie und Sirius zu töten, hatte Madam Pomfrey den Patienten gestattet ihre Zauberstäbe zu behalten. Das Buch schwoll an und Hermine nahm sich alle Zeit der Welt, es genauestens zu untersuchen. Sie ging Seite für Seite durch und versuchte jegliche Details in sich aufzunehmen. Ihr entging auch das Kribbeln nicht, das einige der Initialen in ihren Fingerkuppen auslöste. Sie wandte Zauber an, um die Spuren zu verfolgen, die Harry und Ron auf dem Buch hinterlassen hatten. So entdeckte sie innerhalb kurzer Zeit, was die beiden gefunden hatten, bevor sie Opfer eines Anschlags geworden war.

„Nein, Harry, du bist nicht das Medium. Du bist kein Wanderer zwischen den Welten“, murmelte sie in die Dunkelheit. Sie warf einen Blick auf Sirius, der sich unruhig hin und herwarf. Wahrscheinlich kehrte im Schlafen wieder ein Teil seiner Erinnerungen zurück. „Aber auch du bist es nicht, Sirius. Du bist zwar ein Wiedergänger, aber kein Wanderer. Sie brauchen ein starkes Medium, eines mit einer enormen Aura. Sie brauchen einen Seher oder eine Seherin, eventuell sogar ein Orakel“, flüsterte Hermine. Sie schüttelte den Kopf und konnte es nicht fassen, dass sie, die sie von Wahrsagen und Esoterik - sie benutzte nach wie vor das Muggelwort für diese logisch nicht zu erklärenden Vorgänge - nichts hielt, wie selbstverständlich nun über eine Lösung nachdachte.

Sie ging in Gedanken alle Seherinnen durch, von denen sie im sperrlichen Unterricht bei Trelawny gehört hatte.


° ° ° ° ° ° °


Harry folgte Dumbledore und Fudge auf den Schritt. Er sehnte sich danach, aus Pettigrews Mund die Wahrheit, endlich die Wahrheit zu hören. Es kribbelte in seinem Nacken und seine Unruhe wuchs. Was wäre, wenn Pettigrew trotz der Schuld, die dieser ihm gegenüber besaß, sich weigerte? Würden sie ihn zum Sprechen bringen? Harry schauderte und begann zu zweifeln. Er warf einen Seitenblick auf Shacklebolt, der in seinen Taschen nach etwas suchte und schließlich eine durchsichtige Kugel in der Größe eines Erinner-Michs zum Vorschein brachte.

„Eine Verhörkugel, Harry. Wenn sie aktiviert ist, zeichnet sie alles auf, was im Umkreis von fünf Metern gesprochen wird.“

„Ah, wie ein Diktiergerät?“

„Wenn das etwas Ähnliches macht, dann stimmt der Vergleich schon“, entgegnete Kingsley ausweichend.

Mit einem Mal ploppte es direkt vor Harry und er stolperte über Dobby. „Harry Potter muss Dobby verzeihen, denn Hermine Granger schickt ihn, etwas für sie von Harry Potter zu stehlen.“

„Was?“, entfuhr es Harry. Dumbledore und Fudge waren stehen geblieben und blickten, der eine amüsiert schmunzelnd, der andere genervt verärgert, auf ihn hinab.

Dobby beugte sich herab und kroch beinahe in Harry hinein, als er flüsterte: „Hermine Granger bittet um das kleine Buch, das durch Zauber groß wird, Harry Potter.“ Harry zuckte zusammen und warf einen verstohlenen Blick auf Albus Dumbledore. Wie zu erwarten war, hatte er jedes der Worte Dobbys gehört und betrachtete die beiden nun mit einer Mischung aus Vergnügtheit, Wachsamkeit und unverhohlene Neugierde. Ein Buch, das durch Magie wuchs, war nun einmal eine Seltenheit, das wusste sogar Harry.

„Später Dobby. Hermine sollte sich ausruhen und schlafen. Ich werde ihr das Buch morgen in die Krankenstation bringen.“

Dobby sprang aufgeregt auf und ab und schaffte es, dass Harry auf dem Hosenboden landete und er ihm auf den Schoß springen konnte. Dobby krallte seine langen Finger in Harrys Hemd und kroch noch näher an ihn heran. Harry wich zurück. Dobby folgte dieser Bewegung.

„Bitte, Harry Potter, bitte, Dobby muss das Buch für Hermine Granger haben und es ihr bringen, sonst hat Dobby ein Versprechen gebrochen.“

In den großen lebhaften Augen schimmerten wie auf Befehl Tränen. Harry schluckte trocken. Einen Peter Pettigrew zur Rede stellen zu wollen und einem liebenswert penetranten Hauselfen zu widerstehen, waren zweierlei Dinge. Dobby schniefte sehr geräuschvoll und brach in heftiges Schluchzen aus. Er machte Anstalten, die gesamte Schule aus dem Schlaf zu reißen. Harry schnappte sich den jammernden Hauselfen und presste ihm eine Hand auf den Mund.

„Schon gut, Dobby!“, fauchte er und setzte den zappelnden Elfen auf den Fußboden. „Wirst du leise sein?“

Dobby nickte.

Harry ließ ihn los und langte in seine Hosentasche. Als er das kleine Büchlein herauszog und Dobby geben wollte, protestierte Fudge.

„Mr Potter, Sie können ein solches Erbstück doch nicht einem Hauselfen anvertrauen?“

Harry schwieg und wartete, bis Dobby das Büchlein an sich genommen und verschwunden war.

„Offensichtlich kann ich es doch, Mr Fudge. Wollten wir nicht zu Pettigrew?“


° ° ° ° ° ° °

Es gab kein Bild, das jämmerlicher war, als das eines Verräters, der sich in den Händen jener befand, die er einst verraten hatte. Jämmerlich, ein besseres Wort wollte Harry nicht einfallen, um die derzeitige Verfassung Pettigrews zu beschreiben. Peter, der Verräter, er saß genau in jenem Raum, in dem vor Jahren Sirius untergebracht worden war. Pettigrew würde niemand zur Hilfe kommen. Er würde der gerechten Strafe nicht entgehen. Es würden auch keine Dementoren erscheinen und sich unüberlegt, allein durch Instinkt und Hunger geleitet, auf ihn stürzen und küssen. Pettigrew würde aussagen, er würde aussagen müssen. Er würde gestehen und das vor zwei unbeteiligten Zeugen. Cornelius Fudges und Kingsley Shacklebolts Aussagen würden vor dem Zauberergamot gewichtig genug sein, um Sirius Blacks Unschuld nicht nur formal, sondern auch tatsächlich zu bestätigen. Shacklebolts Verhör-Kugel würde diese Zeugenaussagen untermauern.
Ängstlich, zitternd, bebend, erbärmlich, alles traf nicht wirklich auf Peter Pettigrew zu. Jämmerlich war das einzige, war wirklich passen wollte.

Harry zögerte einen Moment, bevor er Kingsley endgültig in den Raum folgte. Dumbledore hielt sich am Fenster auf und hatte Pettigrew im Blickfeld. Harry wusste, dass dieser nur eine unkontrollierte Bewegung zu machen brauchte, um Dumbledore aus seiner Passivität zu lösen. Fudge hatte sich den einzigen freien Stuhl geschnappt und sich würdevoll auf diesem niedergelassen. Die Beine hatte er lässig übereinander geschlagen. Seine Haltung sollte Verständnis ausdrücken und den Deliquenten zum Reden bringen. Harry stöhnte innerlich auf. Als ob sich Peter Pettigrew, auch wenn er eine Ratte war, durch solche leicht zu durchschauenden Gesten zum Reden bringen ließe. Harry zuckte zusammen, als Kingsley hinter ihm die Tür schloss und sich, die Ärme vor der Brust verschränkt, vor dieser postierte. Jeder Fluchtweg war abgeschlossen. Dumbledore hatte das Fenster und Kingsley die Tür abgesichert.

„Sind Sie tatsächlich Peter Pettigrew?“, fragte Fudge, nachdem er Kingsley ein Zeichen gegeben hatte, die Verhör-Kugel zu aktivieren. Cornelius' Stimme strotzte vor Güte und Vertrauen. Harry musste ein Grinsen unterdrücken. Peter Pettigrew, der Zeit seines Lebens nie der mutigste Mann gewesen war, hob den Kopf und musterte den ehemaligen Minister verwundert.

„Kann denn“, begann er mit zittriger Stimme, „ein Toter hier vor Ihnen sitzen und mit Ihnen reden? Peter Pettigrew ist tot. Meine Ähnlichkeit mir ihm wurde mir schon so häufig zum Verhängnis. Ich bin ein unbescholtener Bürger.“

„Der zwei Schüler und einen Gast der Schule angegriffen hat?“, warf Kingsley ein und erntete von Fudge einen bösen Seitenblick.

„Mr Shacklebolt, das ist eine schwere Anschuldigung, die Sie da erheben.“

Harry ballte die Fäuste und trat einen Schritt vor.
„Achja? Jemanden mit Anschuldigungen überhäufen, darin müssten Sie doch geübt sein! Dieser Mann ist Peter Pettigrew und er hat Hermine Granger angegriffen, Ronald Weasley schwer verletzt und Sirius Black beinahe getötet!“, brüllte Harry.

„Sirius Black ist tot, Mr Potter. Das sollten Sie doch am besten wissen, da Sie dabei waren, als er durch den Vorhang fiel. Bedauerlicherweise kehrt niemand von dort zurück. Sie brauchen wirklich Hilfe, Harry, wenn Sie…“

Weiter kam Fudge nicht. Harry hatte seinen Zauberstab gezogen und ihn auf die Brust des ehemaligen Ministers gerichtet.

„Harry, ich glaube nicht, dass Dramatik jetzt am rechten Platz wäre“, mischte sich Albus Dumbledore ein. „Cornelius, ich habe Ihnen bereits vor Jahren gesagt, dass Sie Harry nicht unterschätzen sollten. Sie wissen genauso gut wie ich, dass nicht jeder im Vorhang verloren geht. Mr Potter hat Ihnen das in meinem Büro bereits deutlich vor Augen geführt. Mr Potter, Miss Granger, Mr Weasley, Mr Longbottom, Miss Lovegood und Miss Weasley haben längst entdeckt, was vielen so lange verborgen geblieben ist. Der Vorhang ist ein Portal.“

„Schweigen Sie, Albus. Das sind lediglich Gerüchte!“, brüllte Fudge, sprang auf und begann zwischen Harry und Peter Pettigrew auf und ab zu wandern.

„Natürlich!“, mischte sich Harry ein. „So ein Gerücht wie die Rückkehr Voldemorts im vergangenen Jahr? So ein Gerücht wie die Kammer des Schreckens? Gerüchte wie die Möglichkeit, die magischen Sphären zu manipulieren? War der Stein der Weisen etwa auch nur ein Gerücht?“

Fudge wirbelte herum und wollte Harry anbrüllen, doch Pettigrew stieß im Augenblick, als Harry die magischen Sphären erwähnte, einen eigenartigen Laut aus.

„Pettigrew weiß genau, wovon ich rede. Nicht wahr, Wurmschwanz?“

„Ich weiß von nichts“, stotterte er und schrumpfte auf seinem Stuhl noch weiter in sich zusammen.

„Albus, wovon redet der Junge?“

Harry schwieg. Seine Augen waren fest auf Peter Pettigrew gerichtet, der ihn seinerseits fixierte. „Du fragst dich“, begann Harry leise und legte all seine Erfahrungen - zumindest, die die er sich bei Agatha Christi und Arthur Conan Doyle angelesen hatte oder von Matlock abgeschaut, wenn er denn Mal hatte fernsehen dürfen - an den Tag, um Pettigrew zum Reden zu bringen. „Du fragst dich, was ich alles weiß, Peter. Du fragst dich, ob ich so etwas wie Manipulation der Sphären nur aufgeschnappt habe oder tatsächlich eine Vorstellung davon habe, worum es dabei geht. Du fragst dich, ob ich weiß, wer Remus Lupin und die anderen dazugebracht hat, sich auch bei Halbmond in ihre Werwolfgestalt zu verwandeln. Du fragst dich, ob ich, da ich das alles zu wissen scheine, nicht auch in Erfahrung gebracht habe, wer dafür gesorgt hat, dass Sirius glaubte, einen Pakt mit den Toten geschlossen zu haben und du fragst dich auch, ob ich weiß, dass Voldemort dahintersteckt. Ist es nicht so?“

Harry blickte lauernd auf Pettigrews blasses Gesicht. Anfangs hatte der Verräter eine überhebliche Mimik zur Schau getragen, doch je mehr Harry sagte, desto verkniffener wurde Pettigrews Miene und desto fahler seine Haut. Schweißtropfen bildeten sich sichtbar für Harry auf Peters Stirn und unter der Nase. Mit einem Schlag wurde ihm bewusst, dass dieser erwachsene Mann Angst vor ihm hatte.

„Du weißt gar nichts, Junge. Du…“, stotterte er, „wiederholst doch nur, was andere dir vorgesagt haben. Ich bin ein unbescholtener Bürger. Ich habe nichts getan!“

Harry lachte bitter und warf Dumbledore einen fragenden Blick zu. Dieser nickte und so meinte er betont nebensächlich: „Natürlich du bist ein unbescholtener Bürger, der sich jahrelang im Verborgenen aufgehalten hat, weil er den angeblichen Verräter meiner Eltern gestellt hatte. Aber sicher, Peter. Egal, wie du es drehst und wendest, du schuldest mir dein Leben, Peter.“

Pettigrew zuckte zusammen und kroch noch weiter in sich hinein. Harry fühlte sich erbärmlich bei dem Gedanken, einen Gefallen einzufordern und das auch noch von einem Mann wie Pettigrew.

„Ich…“

„Peter, du kennst die Regeln der Zaubererwelt. Du weißt, dass du deine Schuld begleichen musst, sonst wird sie auf dich zurückfallen, wenn du es am wenigsten erwartest. So war es immer und so wird es immer sein. Harry hat dir das Leben geschenkt, also stehst du in seiner Schuld“, mischte sich Albus Dumbledore vom Fenster aus ein. Harry nickte.

„Dein Leben lag in meiner Hand“, setzte Harry hinzu. Er seufzte und zuckte wie unter einer schweren Last die Schultern. „Du hast meine Eltern verraten, das steht ohne Zweifel fest.“ Harry ignorierte Fudges protestierendes Räuspern und fuhr fort: „Remus und Sirius hatten allen Grund, dich zur Rechenschaft zu ziehen. Es wäre mein Recht gewesen, dich von ihnen töten zu lassen. Aber ich habe es verhindert. Du hättest sterben können, wenn ich nicht…“

„Hör auf!“, schrie Pettigrew. „Hör auf!“, wiederholte er winselnd. „Gut, was willst du wissen?“

Harry konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Er blickte sich um und erntete ein beifälliges Nicken von Kingsley und einen verblüfften Blick von Fudge, dem nichts anderes übrigblieb, als seine Diktierfeder und eine Rolle Pergament zu zücken. Beides schwebte in Harrys Brusthöhe.

„Damit alles mit rechten Dingen zugeht“, erklärte Fugde. Harry vermutete, dass gerade die Kurzsichtigkeit des ehemaligen Ministers daran Schuld gewesen war, dass er seinen Posten verloren hatte. Nun, die Vermutung lag nahe, bemühte er sich, seine Fehler so weit es ging auszumerzen und sich zumindest keine Vorwürfe in Sachen Protokoll anhören zu müssen. Harry schluckte die Frage, warum Kingsleys Verhör-Kugel nicht ausreichend sei, hinunter. Auf Ansage Dumbledores notierte die Feder die Anwesenden.

„Hast du meine Eltern verraten?“, begann Harry leise.

„Ja!“, gab Pettigrew zerknirscht zu.

„Bist du ein Animagus?“

„Ja!“

„Welche Animagi-Gestalt nimmst du an?“

„Eine Ratte!“

„Also hatte der Junge doch recht!“, entfuhr es Fudge. Die Feder notierte eifrig mit.

„Hast du bei den Weasleys als deren Hausratte gelebt?“

„Ja!“

„Wie ist deine Tarnung aufgeflogen?“

„Sirius Black hat mich entdeckt. Vor drei Jahren machte er Jagd auf mich. Er zwang mich, mein Versteck zu verlassen und hat mich dann hier in Hogwarts gestellt. Aber ich konnte fliehen.“

„Hat Sirius Black meine Eltern verraten?“

„Nein. Black hat mir die Rolle des Geheimniswahrers überlassen, weil er der Ansicht war, niemand würde vermuten, dass Potter nicht seinen besten Freund mit dieser Aufgabe betrauen würde. Er kam zu mir“, erklärte Peter grinsend. „Er hat mir die Potters so auf dem Silbertablett serviert.“

Fudge schnaubte und die Feder notierte: „Schnauben aus der Richtung des Zeugen Cornelius Fudge.“

Harry schluckte.

„Wer hat dir befohlen, Sirius Black umzubringen?“

„Niemand“, antwortete Pettigrew mit einem Grinsen.

„Dann war Hermine Granger dein Ziel?“

„Ja!“ Das Grinsen verflog.

„Warum sollte Hermine Granger sterben?“

„Um dich zu isolieren. Keine Freunde, keine Hilfe, keinen Beistand, keinen Rückhalt. Du wärest Risiken eingangen, weil du nichts zu verlieren hättest und dabei wärst du unvorsichtig geworden und…“

Pettigrew schwieg. Harry überlegte einen Moment. Hätte James Bond nachgehakt? Er entschied sich dagegen und fuhr fort, als hätte er Peters Schweigen akzeptiert.

„Wo hielt sich Sirius Black auf, nachdem er wieder durch den Vorhang zurückgekehrt war?“

„Ich weiß es nicht!“

„Wo hielt er sich auf?“

„Ich weiß es nicht!“

„Bitte, Peter, muss ich dich an deine Schuld erinnern?“

„Ich habe doch kooperiert!“

„Wie viel ist dir dein Leben denn wert?“

Peter schwieg.

„Wo hielt sich Sirius Black auf?“

„Auf Malfoy Mansion.“

Harry tat überrascht, er trat einen Schritt zurück und meinte verwundert: „Du willst doch wohl damit nicht sagen wollen, dass die Malfoys damit etwas zutun haben?“

Peter grinste. „Ach, das wusstest du nicht? Gerade Narzissa Malfoy, die niemand für fähig und intelligent genug hält, um große Dinge, raffinierte Dinge zu planen, hat sich das alles ausgedacht. Nur um ihren Mann aus Askaban zu holen. Pläne versteckt in Plänen. Der große Plan, um dich zu isolieren. Der kleine Plan, um ihren Mann aus Askaban zu holen. Eine raffinierte Frau, die es sogar schaffte, das Vertrauen des Meisters zu behalten, obwohl sie ihm indirekt in den Rücken fiel und…“ Peter stoppte und riss die Augen entsetzt auf. Harry lächelte und nickte.

„In der Tat eine reife Leistung. Finden Sie nicht auch, Mr Fudge, dass Mr Pettigrew alles bestätigt hat, was wir Ihnen bereits erzählt haben?“, triumphierte Harry. Doch ein Seitenblick auf Peter ließ seine gute Laune im Nu verfliegen.

„Du weißt nicht alles, Harry. Du glaubst dich auf der Seite der Sieger. Doch das bist du nicht. Verrat lauert überall, selbst in den besten Familien. Überlege doch mal, wie es sein kann, dass Remus auf Hermine abgerichtet werden konnte? Was meinst du benötigt man, um einen Werwolf zu dressieren und gefügig zu machen?“

Harrys Aufmerksamkeit war geweckt. Er schwieg, doch fixierte er die Augen Pettigrews und hoffte ihn so zum Sprechen zu bringen. Unruhig rutschte Peter auf seinem Stuhl hin und her. Es war ihm anzusehen, dass ihm Harrys Blick ebenso unangenehm war, wie zuvor die Fragen. Es war ihm anzusehen, dass er er befürchtete, zu viel offenbart haben.

„Ich weiß nichts mehr!“, beteuerte er schrill. „Verschwinde aus meinem Kopf!“

Harry erschrak und wich zurück. Für einen kurzen Moment hatte er einen Blick in die Gedanken Peters werfen können. Unbewusst war er weiter vorgedrungen. Es war ihm ein Rätsel, seit wann er in die Gedanken eines Menschen eindringen konnte. Es war doch verboten. Doch Harry war dies im Augenblick egal.

„Es gibt immer Verrat“, murmelte er und wischte sich über die Augen. „Mrs Malfoy hat von jemandem persönliche Dinge erhalten. Haut und Haar von Remus Lupin. Beides hat dazubeigetragen, ihn zu manipulieren. Als es so weit war, dass Mrs Malfoy ihn kontrollierte, fehlte nur noch eine Zutat, etwas Persönliches von Hermine. Sie ist in Hogwarts aufgetaucht und hat es eingerichtet, dass…“ Harry sprach nicht weiter.

Dumbledore fuhr ebenso leise fort: „Das kleine Mädchen, das Narzissa begleitete, hatte engeren Kontakt zu Miss Granger, Cornelius. So muss sie an Haare oder Ähnliches gekommen sein. Sie haben daraus Miss Grangers Duft konserviert und so Remus abgerichtet.“

Harry nickte und fixierte die Steinwand hinter Peter Pettigrew. Er hatte den Namen des Verräters in Peters Gedanken deutlich gesehen. Seine eigene Tante, die ihn so herzlich in der Familie Willkommen geheißen hatte.

„Tante Artemis wird sich sicher über einen Besuch freuen!“, murmelte Harry und verließ den Westturm. Es war ihm egal, was mit Peter Pettigrew weiter geschehen würde. Er musste allein sein, um nachzudenken. Wieder einmal hatte sich das Ende gewandelt. Wieder einmal stand er vor den Scherben seines Vertrauens. Tante Artemis, er hatte sie bereits in sein Herz geschlossen und nun? Es tat ihm weh, sie als Verräterin zu sehen. Eine kleine feine Stimme in seinem Inneren warnte ihn davor, zu voreilig zu sein. Gab es etwa gute Gründe, warum jemand zum Verräter wurde? Und waren diese Gründe wirklich gut genug, um einen Vertrauensbruch zu verzeihen? Tief in Gedanken versunken schlich Harry den Gryffindorturm hinauf, murmelte der verschlafenen fetten Dame das Passwort zu und zog sich in den Schlafsaal zurück.


~ tbc ~


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Ich war völlig panisch. Meine Eltern tanzen beide sehr gut, haben mir das aber anscheinend nicht vererbt. Alle Kids hatten etwa drei Wochen Zeit, um die Tänze einzuüben, aber weil ich so viele andere Szenen drehen musste, blieben mir nur ganze vier Tage. Sobald ich die Schritte halbwegs kapiert hatte, kam ich völlig aus dem Takt. Zum Glück soll Harry gar kein toller Tänzer sein.
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