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Fanfiction

Harry Potter und das Geheimnis seiner Ahnen - Ungewöhnliches und Schicksale

von Eosphoros

24. Ungewöhnliches und Schicksale

Die letzten Wochen waren ereignislos gewesen. Der September war vergangen und der Oktober neigte sich nun ebenfalls dem Ende entgegen. Bunt leuchtete der Verbotene Wald schon von Weitem. Doch dieser Monat brachte außer Regen und dem Farbenspiel des Herbstes nichts Aufregendes.

Ron und Hermine spielten Katze und Maus, doch stellten sich nicht nur Harry und Ginny die Frage, wer von den beiden die Katze und wer die Maus war. Manchmal waren sie ein Herz und eine Seele; Ron hing förmlich an Hermines Lippen, wenn sie etwas sagte und seien es auch nur die Übersetzungen irgendwelcher alter Runen, die sie vor sich hinleierte. Ja, Hermine entdeckte sogar ihr Herz für Quidditch und starrte Ron auf seinem Besen bewundernd hinterher. Dann jedoch stritten sie sich wiederum so heftig, dass weder Harry noch Ginny glaubten, sie würden je wieder friedlich miteinander auskommen können. Innerhalb der nächsten Stunde wurden die beiden dann jedoch sich küssend und einander fest umschlingend in einer Ecke entdeckt.

Dass sich zwischen Harry und Ginny auch etwas anbahnte, bekamen außer den Involvierten alle anderen mit. Er ließ ihr den Vortritt, drehte sich nach dem hübschen Mädchen um, wenn es an ihm vorbeiging, und wurde unaufmerksam, wenn er auch nur glaubte, Ginnys herrliche Lockenpracht irgendwo zu sehen. Dass dies zu allgemeinen Spötteleien führte, war die logische Folge. Harry lachte und spottete mit, ohne wirklich zu registrieren, dass es eigentlich um ihn und Ginny Weasley ging.

Die vier Freunde traten, was die Recherche über Harrys Ahnen in der Chronik und die Manipulation der Sphären betraf, auf der Stelle. Das alte Buch hatte sie nur zu den Stammbäumen geführt und ihnen einen Namen gegeben, von dem nur Hermine annahm, dass es sich dabei um zwei Personen handelte, die den gleichen Namen trugen. Sie hatten die Bücher der Bibliothek durchsucht, wobei sich Madam Pince als unentbehrliche Hilfe erwiesen hatte. Wie es der Zufall wollte, waren sie und Tante Artemis in einem Jahrgang in Hogwarts gewesen, nur dass Madam Pince in Ravenclaw und Artemis Lilienwood in Gryffindor ihr schulisches Zuhause gefunden hatten. Harry erfuhr, dass seine Tante und ihre Schwester, seine Großmutter, ebenso wie der Rest der Familie ein Faible dafür entwickelt hatten, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Über seinen Vater hatte er dies bereits gewusst, nur dass selbst seine Tante solche Ambitionen offenbarte, war doch eine Überraschung für ihn gewesen. Albus Dumbledore, damals noch Lehrer für Verwandlung, hatte die junge Artemis zusammen mit ihrem damaligen Freund auf dem Astronomieturm erwischt, Sterne beobachten, wie es hieß.

Harry hatte seiner Tante prompt einen Brief geschrieben und gefragt, ob er den Turm mal mit Ginny aufsuchen dürfe; die Antwort, ein klares, sehr lautes, heulerartiges "Nein", ließ nicht lange auf sich warten.

So vergingen die Wochen und den vieren stellten sich immer neue Fragen, ohne dass die alten beantwortet werden konnten. Die wichtigste Sache, die den Teenagern durch den Kopf ging, war, wo Rea Lupin steckte. Sie waren der Ansicht, dass dieses Rätsel wohl am leichtesten zu lösen wäre. Es hatte geheißen, sie würde nur eine Woche fort sein, doch das war nun einen guten Monat her. Sicher, der Unterricht in Verteidigung gegen die Dunklen Künste, den Dumbledore gab, war der beste, den sie jemals gehabt hatten, dennoch war es untypisch für Remus' Schwester, ihr Wort zu brechen. Das zumindest hatten Harry und seine Freunde an ihr bereits zu schätzen gelernt. Es musste etwas Schreckliches geschehen sein. Doch im Tagesprophet standen außer den üblichen Berichten über Todesseraktivitäten und der allgemeinen Verwunderung darüber, dass Der-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf, sich so ruhig verhielt, keine nennenswerten Vorkommnisse.

Die Freunde hatten es sich zusammen mit Luna und Neville angewöhnt, sich jeden Tag einem ausgiebigen Studium des Tagespropheten und der Hexenwoche hinzugeben. Dass Luna häufig eine neue Ausgabe des Klitteres mitbrachte, störte einzig und allein Hermine. Nicht seriös!, pflegte sie das Blatt zu nennen.
Harry hingegen würde nie vergessen, dass er es Mr Lovegood verdankte, dass im vergangenen Jahr wenigstens einige die wahre Geschichte über Voldemorts Rückkehr hatten lesen können. Lunas Vater hatte Harrys Interview mit Rita Kimmkorn veröffentlicht und somit publik gemacht, was das Ministerium so eisern hatte vertuschen wollen.

Luna wiederum hatte sich seit ihren Visionen sehr verändert. Sie war noch schreckhafter, stiller und wesentlich in sich gekehrter als früher. Sie lief mit giftgrünen Haarspangen herum, die jede für sich mindestens ein halbes Dutzend vierblättriger Kleeblätter aufwies. Sie hatte ihre Korkenkette durch ein schmales Silberband ersetzt, an der ein nahezu faustgroßes Hufeisen hing. Luna mied Leitern, schwarze Katzen, ja sogar Spinnen. Kurz, das Mädchen hatte sich zu einer zweiten Trelawney entwickelt, allerdings ging sie mit ihrer Panik vor Todesomen nicht jedem auf die Nerven.

Luna war vom Unterricht in Wahrsagen mit Professor Trelawney befreit worden und wurde stattdessen von Firenze mit dem astrologischen Verlauf der Sterne vertraut gemacht. Das Mädchen genoss diese Stunden, da es insgeheim für den attraktiven Zentauren schwärmte. Langsam begriff Luna, was sie eigentlich prophezeit hatte. Ängstlich pflegte sie den Nachthimmel zu betrachten und schrieb jede erdenkliche Veränderung sorgsam auf. Gemeinsam mit Firenze wertete sie ihre Beobachtungen aus. Sie verstand den Aufbau des magischen Sternenhimmels und wusste um die Magie bestimmter Konstellationen. Doch Luna empfand keine Begeisterung, obwohl sie sehr viel lernte, da sich das Bild der düsteren Vorahnungen immer stärker verfinsterte, soweit dies überhaupt noch möglich war. Mit jeder weiteren Stunde, die sie Firenze unterrichtete, rückte in ihrer Vorstellung das Grauen näher.

An diesem Freitagnachmittag stand nichts Außergewöhnliches an. Am nächsten Mittwoch würde die alljährliche Halloweenfeier stattfinden und dann war auch Weihnachten nicht mehr weit. Die Teenager hatten ihre Hausaufgaben bereits erledigt, was einem Wunder gleichkam, gemessen an dem Stapel der sonst zu erledigenden Schriftsachen. Ein Aufsatz hier, ein Referat da, Lernen hier, Abschreiben dort und nicht zu vergessen die regelmäßigen Besuche in der Bibliothek. Allmählich nannte Madam Pince Harry und seine Freunde bereits liebevoll "Inventar". Das war nicht gerade übertrieben, da die vier wieder einmal zusammen mit Luna und Neville an einem der hinteren Tische saßen und sowohl die aktuellen als auch alte Zeitungen durchforsteten.

"Egal wie oft du die Schlagzeilen der letzten fünf Wochen noch liest, du wirst keinen Hinweis über Reas Verbleib finden. Das hab ich dir gestern, vorgestern und die Tage davor bereits gesagt!", nervte Ron, der es für ein sinnloses Unterfangen hielt, die Zeitungen immer und immer wieder zu lesen, denn seit dem letzten Lesen konnte ja nichts Neues hinzugekommen sein.

"Lass mich doch!", erwiderte Harry und blätterte weiter. Tatsächlich war auch er es leid, dass jeder von ihnen Tag für Tag Druckerschwärze an den Fingern hatte, da sie auch Muggelzeitungen so akribisch lasen, dass Ginny einmal kichernd meinte, dass, wenn sie noch intensiver lesen würden, ihnen die Buchstaben freiwillig entgegen flögen. Und sie hatte gar nicht so Unrecht. Harry hatte wirklich ab und an das Gefühl, sie würden ihm entgegen springen.

Er unterdrückte ein Gähnen und musste unwillkürlich grinsen, denn sowohl Ginny als auch Hermine hatten einen ähnlich verkniffenen Gesichtsausdruck aufgesetzt. Nur nicht die Langeweile anmerken lassen, schien die Devise. Wie auf Kommando rauschte Madam Pince um die Ecke und flüsterte fröhlich - so fröhlich es eben mit gedämpfter Stimme ging: "Hach, da seid ihr ja wieder. Heute ist ein weiterer Stapel Zeitungen gekommen. Ich weiß wahrhaftig nicht, wozu ihr sie braucht. Na ja, das soll meine Sorge nicht sein. Aber legt sie ja wieder ordentlich zusammen auf einen Stapel wohlgemerkt. Sie müssen spätestens am Montagmorgen wieder in der Muggelbibliothek sein, aus der ich sie habe, verstanden?"

Die Teenager nickten und warteten, bis die zierliche Madam sich auf einen Erstklässler stürzte, der sich gerade mit einem Buch auf dem Fensterbrett niederlassen und genussvoll in einen Apfel beißen wollte. Die Gryffindors waren froh, nicht in der Haut des armen Jungen zu stecken, denn wenn es um Essen in Gegenwart ihrer innig geliebten Bücher ging, verstand Madam Pince keinen Spaß.

"Endlich Nachschub!", stöhnte Ginny und klappte die erste Zeitung auf. Nach den ersten zwei Artikeln meinte sie verdutzt: "Wonach suchen wir eigentlich?"

Fünf Köpfe zuckten nach oben. Es war Neville, der mit irritiertem Blick fragte: "Das ist jetzt nicht dein Ernst, Ginny? Oder? Wir suchen nach ungewöhnlichen Meldungen, die uns sagen können, was mit Rea ist."

Ginny musterte Neville und suchte danach Harrys Augen. "Ungewöhnliches? Wieso Ungewöhnliches? Das hätten wir doch schon lange gefunden. Was, wenn uns etwas Gewöhnliches entgangen ist, was eigentlich ungewöhnlich ist?"

Ron hob eine Augenbraue und schüttelte den Kopf. "Ginny, du spinnst. Es geht um ne Hexe, das ist ungewöhnlich." Er grinste und stieß Harry an. Doch der blickte konzentriert zu Hermine. In den Köpfen der beiden arbeitete es in rasanter Geschwindigkeit.

"Was, wenn wir nach..." "... dem Falschen gesucht haben!", sprudelten beide los und mussten lachen. Ginny nickte und setzte fort: "Und wer sagt, dass Rea direkt erwähnt werden muss? Ich glaube kaum, dass irgendwo stehen wird 'Rea Silvia Lupin, derzeit Professorin für VgddK und Agentin der Mystery-Abteilung verschleppt, vermisst' oder keine Ahnung was!"

Rons Stirn krauste sich. Er legte stumm die Zeitung zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust. "Wenn ihr erwartet, dass ich sämtliche Zeitungen der letzten fünf Wochen noch einmal lese, dann habt ihr euch geschnitten." Er schmollte. Hermine machte eine lässige Handbewegung und ignorierte ihren Freund.

Luna hatte bisher geschwiegen und im Klitterer geblättert. "Wisst ihr", meinte sie nach einer Weile, "dass im Ministerium ein Posten nicht mehr besetzt ist?"

"Was hat das denn mit unserer Suche zu tun?", fauchte Hermine und schnappte sich endlich die aktuelle Ausgabe des Tagespropheten. "Na schön, hier steht, 'Ranghoher Mitarbeiter des Ministeriums nach über fünf Wochen noch nicht wieder aufgetaucht'. Warum meinst du, ist das von Bedeutung?"

Luna riss die Augen auf, lehnte sich über den Tisch und nickte ahnungsvoll. Beinahe berührte ihre Nase die von Hermine, die irritiert zurückwich. "Weil", begann das Mädchen mit gedämpfter Stimme, "es sich dabei um Anton Mister handelt, den Leiter der Mystery-Abteilung, Reas unmittelbarer Chef."

"Was?", rief Harry. Ein promptes erzürntes Räuspern drang von einem der hinteren Regale. "Was?", wiederholte Harry ganz leise.

Luna nickte erneut und krabbelte wieder zurück auf ihren Platz. "Mein Vater hat es herausgefunden, aber sie haben ihm gedroht, dass ihm Arbeitsverbot drohen würde, würde er es veröffentlichen. Mir hat er es aber erzählt. Schließlich weiß er ja, dass wir in der Abteilung waren. Es macht mir Angst, dass Mister verschwunden ist."
Schon schwieg Luna wieder, holte das Sterntagebuch heraus und begann, darin herumzukritzeln.

Es wurde still am Tisch der sechs Freunde. Harry rieb sich gedankenverloren die Narbe und dachte nach. Es war alles so merkwürdig. Erst verschwand Remus, dann Rea und nun auch noch Reas Chef. "Es passt nicht zusammen!" Leise Verzweiflung schwang in seinen Worten mit. Die Lösung war greifbar nahe, doch er hatte das Gefühl einen Schnatz zu jagen, ohne diesen jemals zu fangen.

"Doch!", meinte Hermine nach einer Weile. Sie hatte den Artikel zu Ende gelesen und schluckte hart. "Luna hat Recht. Mister ist genau an dem Tag verschwunden, an dem Rea uns verlassen hat. Das kann kein Zufall sein."

Ginny nickte. Sie ließ Harry nicht aus den Augen, der immer und immer wieder mit den Fingerkuppen über seine Narbe fuhr. "Das kann alles nicht wahr sein!", fluchte er, sprang auf und verließ ohne ein Wort zu sagen die Bibliothek. Ginny entschuldigte sich und hastete hinterher.

Verdattert blieb der Rest sitzen. "Lasst uns lieber weitermachen, damit wir zum Ziel kommen. Harry ist in guten Händen", ergriff Hermine die Initiative.

Mit einem Male lachte Neville und zeigte den anderen ein Bild aus einer Muggelzeitung. "So möchte ich auch mal sterben, mit einem Lächeln auf dem Gesicht, so als wäre ich im Schlaf gestorben, in wundervollen Träumen." Luna verdrehte die Augen und riss ihrem Nachbarn die Zeitung aus der Hand. "Darüber lacht man nicht, Neville, das ist unpassend." Dann betrachtete Luna das Bild, und noch ehe sie etwas dagegen tun konnte, grinste auch sie.

"Leute bitte", seufzte Hermine. Sie nahm dem Mädchen das Tageblatt aus der Hand und warf selbst einen Blick darauf. Sie spürte, wie Ron sich gegen ihren Arm lehnte, um besser schauen zu können. Es kribbelte in ihrem Magen, doch sie versuchte sich zu konzentrieren. Als auch Rons Gesicht sich zu einem Lächeln verzog, spürte sie es eher, als dass sie es sah.

"Der Mann ist nicht im Schlaf gestorben!", stellte sie nach einer Weile trocken fest. "Er ist Opfer eines Zaubers geworden. Ein Trank in Kombination mit einem Fluch, denke ich. Vielleicht hat er sich auch selbst getötet, während er unter dem Imperiusfluch gestanden hat."

Drei Augenpaare musterten sie, als hätten sie sie noch nie gesehen. "Ist doch wahr!", verteidigte sich die Sechsklässlerin. "Schaut ihn euch doch an. Selbst wenn er friedlich eingeschlafen wäre, würde er nicht so befriedigt grinsen. Außerdem steht unter dem Bild, dass er im Wasser gefunden wurde, doch offenbar nicht ertrunken ist."

"In den frühen Morgenstunden des... Septembers machten Fischer im Hafen von Alexandria eine grausige Entdeckung. ...", las Ron.

"Alexandria? Vor fünf Wochen?", schnappte Hermine entsetzt. Mit einem Ruck, der ihren Stuhl umfallen ließ, schnellte sie hoch. Sie deutete mit dem Zeigefinger auf das Bild und meinte begeistert: "Da haben wir doch unseren ungewöhnlichen Fall und den Zusammenhang zu Rea. Sie war von fünf Wochen dort und genau zum gleichen Zeitpunkt ist dort ein Mensch unter ungewöhnlichen Umständen gestorben." Sie grapschte sich die Zeitung und suchte nach dem Namen. "Karim Ben Mustafa Ibn Halef Akim, ein erfolgloser Antiquitätenhändler aus Alexandria. Ha, es wäre doch ein Leichtes, herauszufinden, ob der Mann ein Zauberer war oder nicht."

Flink, so dass niemand genau mitbekam, wie Hermine es machte, lag eine perfekte Kopie des Bildes und des Zeitungsartikels auf dem Tisch. "Du glaubst doch nicht etwa, dass Rea...?"

"Sei nicht albern, Neville. Rea bringt niemanden auf diese Art und Weise um", unterbrach Hermine den Freund und ließ die Kopie des Artikels ungesehen in ihrem Ärmel verschwinden. Rasch packte sie die Muggelzeitungen zusammen, stapelte diese und brachte sie, ohne darauf zu achten, ob die anderen ihr folgten, zu Madam Pince, bedankte sich und verließ die Bibliothek.

"Ich hasse es, wenn sie das macht!", schimpfte Ron und eilte ihr hinterher. Dass sein verklärter Gesichtsausdruck den anderen zeigte, dass er diesen Zug an Hermine ganz und gar nicht hasste, verriet ihm niemand.

Als Neville und Ron den Gemeinschaftsraum betraten - vollkommen außer Atem - fanden sie Hermine bereits konzentriert an einem der Tische sitzend vor, die Feder in der Hand und die Nase in diversen Büchern. Ihre ganze Haltung drücke sehr deutlich aus, dass es schwere Konsequenzen haben würde, sie zu stören. So machte sich Ron auf die Suche nach Harry und kehrte kurz vor dem Abendessen unverrichteter Dinge zurück.

°
°

Am Abend desselben Tages stand Narzissa Malfoy in ihrem pelzverbrämten Cape auf dem Balkon ihres Hauses und genoss den herrlichen Ausblick über das Malfoy'sche Anwesen. Beinahe hätte ihr das Ministerium das Gründstück, ja den gesamten Besitz abgenommen, wenn sie nicht versichert hätte, nichts von den Machenschaften ihres Mannes gewusst zu haben. Die Vertreter des Ministeriums hatten ihr geglaubt, denn sie war ja nur die Frau an Lucius' Seite gewesen und noch nie in Erscheinung getreten. Sie spielte die Unschuld so perfekt, dass nicht ein einziger Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit aufkam.

Aus Furcht vor Unbefugten, hatte Lucius einen Teil des freizügigen Parks verwildern lassen und eine Art Fallen-Parcour erschaffen. Es war nicht einfach nach Malfoy Mansion zu gelangen, es sei denn, man war angemeldet oder benutzte den Hauptweg, wie ein Schild am Eingang zum Gelände auch empfahl.

Der kalte Wind, der den November ankündigte, wehte Narzissa ins Gesicht, so dass sich ihre Wangen rot färbten. Der Nieselregen peitschte gegen ihren Körper, doch Narzissa wandte den Blick nicht vom Gelände ab. Sie spürte die Kälte nicht. Ihr ganzer Leib stand unter Hochspannung. Die gespannte Erwartung drang jedoch nicht nach außen. Ein unbeteiligter Beobachter hätte sie für die gefühllose Unnahbare gehalten, als die sie erscheinen wollte.

"Willst du es wirklich heute testen, Zissa?" Die Stimme klang rau.

"Selbstverständlich, Bella, ich bin bereits dabei, wie du gleich merken wirst. Es ist an der Zeit. Er ist der Ansicht, dass die beste Zeit bald gekommen sei, um zu tun, was getan werden muss. Unsere Familie darf sich keinen weiteren Fehlschlag leisten, sonst wird Seine Rache furchtbar sein. Ich will sehen, ob wir das Monster wirklich lenken können. Heute ist Vollmond, ein richtiger Vollmond. Es wird folglich keine große Anstrengung nötig sein. Schließlich müssen wir unsere Kräfte sparen, bis die Konstellation die richtige ist und das wird bald der Fall sein."

"Es wird schief gehen!", spöttelte Bellatrix. Wütend fuhr Narzissa herum und musterte ihre Schwester zornig. Lässig an die Mauer gelehnt, ließ sich Bellatrix nicht aus der Fassung bringen. Ihr stumpfes langes Haar flatterte wirr herum. Obwohl sie wesentlich erholter aussah, war ihr der lange Aufenthalt in Askaban noch anzumerken. Sie hatte zwar wieder Fleisch auf den Knochen, die Augenringe waren nahezu verschwunden, doch der bittere Zug um ihre Lippen wollte nicht verschwinden. Selbst ihr Zynismus war bissiger denn je.

"Du zweifelst? Nun, es wird mir ein Vergnügen sein, dich eines Besseren zu belehren. Das Kind riecht nach dem Schlammblut. Ein Scheitern ist unmöglich!" Ein zufriedenes Lächeln stahl sich auf ihr maskenhaftes Gesicht. Sie kostete diesen Moment in vollen Zügen aus. Sie würde ihrer Schwester und allen, die in ihr immer nur die Frau an Lucius Malfoys Seite gesehen haben, beweisen, was sie konnte und wozu sie fähig war. Und am Ende würde sie mit ihrem Mann wieder vereint sein.

"Sieh!", befahl die blonde Frau und deutete auf die Mitte des Areals. "Die arme Melissa wird dort enden, wo wir sie gefunden haben!" Nicht das Anzeichen eines Bedauern war den wohl formulierten Wörtern zu entnehmen. Das blonde Mädchen, welches bis vor Stunden noch die bevorzugte Adeptin ihrer Meisterin gewesen war, lief von Panik getrieben durch den Park. Die vielen Fallen ließen es zurückschrecken. Hin und wieder glaubte es, ausruhen zu können, doch ein schreckliches Jaulen, das immer näher kam, ließ das Kind aufspringen und weiter hetzen.

Das angstvolle Schreien Melissas, ihr Flehen um Hilfe, ihre Flüche gegen die Meisterin, der sie doch vertraut hatte, ihr Betteln um Gnade drang bis an die Ohren der beiden Frauen heran. Verzweifelt schoss das Mädchen Funken mit dem Zauberstab, der ihr gütigst überlassen worden war, in die Luft, zu mehr war er nicht nütze. Alles war vergebens. Melissa presste sich unter einer der Hecken durch und versuchte einen Baum zu erklimmen. Doch vergebens. Die Finger waren zu kalt, der niedrigste Ast zu hoch. Ein weiches Galoppieren, ein Spritzen von Pfützenwasser ließen das Kind innehalten. Es drehte sich um und sein Verhängnis war besiegelt.

"Das Kind jammert!", stellte Bellatrix unnötigerweise fest. Narzissa nickte nur und deutete erneut auf die Szenerie im Garten. Ein großer kräftiger Werwolf stakste direkt auf das Mädchen zu. Noch vom Balkon aus konnte Narzissa befriedigt erkennen, wie er, Remus Lupin der Werwolf, seine Zähne fletschte und sich auf das wehrlose Kind stürzte. Nur für den Bruchteil einer Sekunde glaubte die harte Frau, dass ihre Augen dem Blick Melissas begegneten, bevor dieser brach. Wohlweislich hatte Narzissa einige Muggel aus dem benachbarten Dorf unter den Imperiusfluch gestellt und sie gleichmäßig auf dem Gelände verteilt, wie sie verächtlich sachlich, der Schwester erklärt hatte.

"Du siehst, er hat die anderen vollkommen ignoriert und nur Melissa anvisiert. Sie war ihm zum Opfer bestimmt und Grangers Duft hat ihn gar nicht anders handeln lassen. Zu dumm, dass ich mich von einer sehr gelehrigen Schülerin trennen musste, aber den Verlust kann ich verschmerzen, so lange der Erfolg garantiert ist. Außerdem war ich es leid, immer wieder auf die frappierende Ähnlichkeit zwischen ihr und Draco angesprochen zu werden", philosophierte Narzissa. Die beiden Frauen waren zufrieden und beobachteten fasziniert, wie der Werwolf blutverschmiert und bar jeder Orientierung auf der Suche nach seinem längst getöteten Opfer den Weg entlang hastete, den Melissa gegangen war. Der Geruch trieb ihn zur Weißglut, ja in den Wahnsinn. Das Mädchen gab es längst nicht mehr, doch sein Geruch hing noch immer in der Luft.

Narzissa lächelte kalt. "Ich sagte doch, es würde funktionieren. Mit der kleinen Granger wird es ähnlich verlaufen. Sobald die Zeit reif ist." Dann trat die kühle Blonde an die Balkonbrüstung und winkte eine dunkle Gestalt heran, die unsichtbar in der Nähe des Balkons gestanden hatte. "Fang ihn ein und schaff die Muggel wieder fort, lösch ihre Erinnerungen und dann kümmere dich um unsere Gäste!"
Ob die Gestalt nickte oder nicht, bekam die kalte Frau nicht mehr mit. Sie war längst zufrieden mit sich und dem Test in ihr Schlafgemach zurückgekehrt. Wenige Augenblicke später sah man sie und Bellatrix tief verschleiert das Haus verlassen und verschwinden.

°
°

Diese Arbeit war widerlich. Mit Abscheu und stummer Wut ließ Sirius die Spuren des Testes verschwinden. Es war ihm ein Leichtes gewesen, den unter dem scheinbaren Einfluss von Drogen stehenden Remus einzufangen und in sein Verlies zurückzubringen. Was hatte ihn nur dazu gebracht, sich so gierig auf das unschuldige Mädchen zu stürzen. Nach und nach löschte Sirius bei den Muggeln, die als alternative Opfer gedacht gewesen waren, die Erinnerungen an diesen schrecklichen Abend und ersetzte sie durch neue, schöne, das war er ihnen schuldig sagte er sich. Doch die Frage, was in Remus gefahren war, ließ Sirius nicht los. War auch er eine Marionette des Dunklen geworden? Sirius haderte mit sich, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte.

Das Schwierigste stand ihm noch bevor, er musste sich ihr stellen und erzählen, was geschehen war.

°
°

Harry, Ginny, Luna und Professor Dumbledore waren nicht beim Abendessen gewesen. Harry und Ginny waren auch nicht in den Schlafsaal zurückgekommen, von beiden fehlte jede Spur und Ron und Hermine begannen sich Sorgen zu machen.

Die beiden saßen trotz der fortgeschrittenen Stunde noch immer im Gemeinschaftsraum. Ron hatte sich so vor den Kamin platziert, dass er das Portraitloch genau im Blickfeld hatte. Hermine kauerte mit einer beschriebenen Pergamentrolle auf der Lehne. Ihre kalten Füße steckten unter Rons Oberschenkel, damit sie warm wurden.

Krampfhaft versuchte sie Ron von den gemeinsamen Befürchtungen abzulenken. "Das griechische Epos ist in seiner Einzigartigkeit unerreicht. Vielfach ist es nachgeahmt worden, doch nur selten kamen seine Nachfolgewerke an die Erhabenheit der griechischen Epik heran. Vor allem Homer ist mit seinen beiden erhaltenen monumentalen Werken als Vorbild zu nennen. Sowohl Ilias als auch Odyssee zählen zu den auch heute noch gern gelesenen Klassikern der Antike. Im Epos der Griechen wird der Beginn der fantastischen Lit...."

"Hermine, bitte nicht jetzt", murmelte Ron und nahm dem Mädchen seinen Aufsatz aus der Hand.
"Aber warum denn nicht jetzt? Ich dachte, dich würde das interessieren. Das ist ein Entwurf zu meinem ersten Artikel für die Muggel-Literatur-Fachseite in der Hexenwoche und du unterbrichst mich?" Hermine klang leicht enttäuscht und wollte von der Sessellehne herunterkrabbeln, doch Ron hielt sie fest.

"Natürlich interessiert es mich", log Ron, was Hermine auch wusste, doch diesmal vergab sie ihm. "Ich bin mit den Gedanken eher bei Ginny und Harry. Ob mit Harry alles in Ordnung ist? Hast du es gesehen? Er hat wieder an seiner Narbe gekratzt. Es war schon merkwürdig, dass auch Dumbledore und Luna beim Essen fehlten."

Hermine zog Rons Kopf an ihre Brust, streichelte ihm übers Haar und flüsterte: "Ich bin sicher, dass er okay ist. Außerdem ist Ginny bei ihm. Sie wird sich schon um ihn kümmern."

Rons Arme schlangen sich um die Taille des Mädchens. Er schloss die Augen und genoss einfach nur ihre Nähe. "Seine Träume machen mir Angst!", gestand er flüsternd. Hermine nickte und erwiderte ebenso leise: "Seine Träume spiegeln aber nur die Vergangenheit wider, diese brauchen wir nicht fürchten, weil sie bereits geschehen ist. Ich bin sicher, dass Harry sie nicht ohne Grund hat. Vielleicht sind sie der Schlüssel zu den Antworten, die wir suchen. Ich mache mir eher Sorgen um Rea." Hermine holte tief Luft und gestand: "Außerdem sind es Lunas Visionen, die mich am meisten beunruhigen."

Ron sah auf und schaute überrascht seiner Freundin ins Gesicht. Machte sie sich etwa über ihn lustig? Gerade sie, die nicht an Visionen glaubte, nahm sich Lunas so zu Herzen? In Hermines Augen waren weder Spott noch Humor zu erkennen, nur ein Hauch von Furcht und versteckte Traurigkeit. "Warum? Beginnst du etwa an Prophezeiungen zu glauben?", hakte er nach.

Hermine seufzte, strich sich das Haar aus dem Gesicht und erklärte: "Nein, sie gehören für mich noch immer zu einem schwammigen Zweig der Magie. Aber was ist, wenn sie eintreten, dann steht uns Schreckliches bevor und ich habe Angst, dass es diesmal zu groß für uns ist. Ron, wir sind noch nicht einmal 17 Jahre alt. Auch wenn wir es in den Jahren zuvor geschafft haben, relativ unbeschadet aus unseren Abenteuern herauszukommen, ist das noch lange keine Garantie dafür, dass es diesmal auch so sein wird." - Ron hustete verhalten, da es doch einiges mehr als ein paar unerhebliche Verletzungen gewesen waren - "Mir sagt ein unbestimmtes Gefühl, dass wir uns diesmal übernehmen könnten. Ron, wenn es wirklich um verbotene alte Magie geht, dann lassen wir uns auf ein gefährliches Spiel ein. Es gab immer einen großen Zauberer, der diese Magie beherrschte. Er war dazu ausersehen, die Geschicke des Landes zu lenken. Was glaubst du, woher der Glaube der Ägypter kommt, ihr Pharao sei ein Sohn der Götter. Hast du dir schon mal überlegt..."

"Hermine, bitte! Du betreibst Schwarzseherei!"

"Ron, du kannst doch deine Augen nicht vor den Tatsachen verschließen!", fauchte Hermine und rappelte sich auf. Sie sprang vom Sessel und flüchtete in den Schlafsaal der Mädchen.
Ron schüttelte den Kopf, hinterherlaufen, wie er es wollte, konnte er nicht, ohne die integrierte Anti-Jungen-Sirene auszulösen. Egal was er tat, er würde Hermine nie verstehen. Seine realistische Hermine bezeichnete Mutmaßungen mit einem Mal als Tatsachen. Was würde als nächstes geschehen? Er seufzte, gähnte und machte sich auf den Weg in sein Bett.

Da schwang das Portraitloch auf und Ginny kam hereingestürmt und eilte direkt auf den Bruder zu.

"Bist du ganz allein hier?", fragte sie verwundert darüber, dass keine anderen Schüler, nicht einmal die aus dem Abschlussjahrgang, noch wach waren. "Egal! Wir müssen sofort los! Wo ist Hermine? Rasch, hol Harrys Umhang, du weißt schon welchen, niemand darf uns sehen." Ron deutete verdattert in Richtung Schlafsaal der Mädchen und war auch schon auf den Beinen. Bitte, wenn Harry rief, folgte ihm jeder.

Kaum, dass er wieder im Gemeinschaftsraum war, kamen auch schon die Mädchen in dicken Pullovern herunter. Genervt scheuchte seine Schwester ihn wieder hinauf, sich einen Pullover zu holen und rief, er möge auch Harry einen mitbringen.

Es wurde sehr eng unter dem Tarnumhang, doch hatten sie mittlerweile einiges an Geschick entwickelt, sich zu dritt unter den Stoff zu quetschen, ohne entdeckt zu werden. So schlichen sie sich aus dem Schloss. Als sie bereits weit auf dem Gelände in Nähe des Sees waren, riss Ginny den Umhang fort, knautschte ihn zusammen und reichte ihn im Laufen Ron.

"Harry steht im See. Er ist ganz steif und reagiert nicht. Luna ist auch am See. Sie kam vor gut drei Stunden weinend an. Dumbledore ist auch dort. Madam Pomfey kümmert sich um sie. Aber bei Harry wissen weder sie noch Dumbledore weiter. Er hat mich geschickt euch zu holen. Ich habe keine Ahnung, was er vorhat", keuchte Ginny beim Laufen.

"Harry?", fragte Ron schnaufend. Dass Ginny trotz der Hast noch ein verärgertes Dumbledore zischen konnte, war Hermine, die längst nicht so fit wie die beiden war, ein Rätsel.

Endlich waren sie am See. Hermine schrie entsetzt auf. Der Anblick ließ sie erschauern. Unwillkürlich griff sie nach Rons Hand, der ebenso geschockt stehen geblieben war wie sie. Dick und rund stand der Mond über dem Hogwartssee. Er war blutrot. Die Mare seiner Oberfläche formten ein Gesicht, das ihnen höhnisch entgegengrinste. Harry stand mit ehrfürchtig erhobenen Armen steif im See und starrte auf den Mond, zumindest hatte es den Anschein, er würde auf diesen starren. Ginny war zu Harry und dem Direktor geeilt. "Hat er etwas gesagt oder sich bewegt?"

Hermine schluckte hart, als sie die Sorgen in Ginnys Stimme hörte. Was der Direktor antwortete, bekam sie nicht mit, da Luna in diesem Moment anfing zu kreischen: "Blutrot! Blutrot! Wir werden alle sterben, ich weiß es, ich hab es gesehen!" Das Mädchen war hysterisch. Madam Pomfrey versuchte ihr Möglichstes, um Luna zu beruhigen, doch alles schien vergebens.

Hermine erwachte aus ihrer Erstarrung, ließ Rons Hand los, der gar nicht reagierte, und schritt auf das kreischende Mädchen zu. Sie holte aus und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. Im gleichen Augenblick war es ruhig, dann begann Luna unkontrolliert zu zittern und wollte zu Boden sinken. Doch Hermine legte den Arm um sie, drückte sie an sich und flüsterte beruhigend auf das Mädchen ein, während Madam Pomfrey fassungslos daneben stand. Langsam gingen beide in die Knie.

"Luna, hör mir zu! Nichts wird geschehen! Mach dir keine Sorgen! Alles, was du gesehen hast, zeigt doch nur eine Möglichkeit. Wir müssen uns doch nicht danach richten. Wenn wir uns darauf einlassen, wird es geschehen. Keine Angst, Luna, wir sind für dich da. Niemand wird sterben, das verspreche ich dir."

Allmählich beruhigte sich die Weinende und ihr Heulen wurde zu einem durch heftigen Schluckauf unterbrochenen Schluchzen. Endlich hatte sich Luna soweit beruhigt, dass sie sich willig den Armen der Krankenschwester übergeben ließ, die neben die Mädchen in die Knie gegangen war.

"Über die Ohrfeige reden wir noch, Miss Granger!", drohte die Krankenschwester leise, doch schwang auch eine Spur Erleichterung in ihrer Stimme mit. Endlich wandte sich Hermine zu Harry, der noch immer regungslos im kalten Wasser stand und wie gebannt die Arme dem Mond entgegenreckte. Ron hielt sich zitternd am Ufer auf, während Ginny und Albus Dumbledore direkt neben dem Teenager standen.

"Hat er sich geregt?", fragte Hermine und drängte sich unter Rons Arm. Ein Kopfschütteln war die Antwort.

°
°

Komm zu mir! Komm zu mir! Harry griff sich an die Stirn und konnte sich kaum auf das konzentrieren, was um ihn herum besprochen wurde. Beruhigend massierte er seine Narbe, die wieder zu schmerzen begann. So langsam hatte er die Nase voll. Was beim Barte des Merlin war denn nur los mit ihm. "Das darf nicht wahr sein!", entfuhr es ihm. Dass er aufsprang und ohne ein weiteres Wort seine Freunde sitzen ließ, war ihm nicht bewusst.

Ebenso unbewusst lenkte er seine Schritte zum Hogwartssee. Er merkte nicht, dass er in den See hineinlief, bis er bis an die Knöchel im dunklen Wasser stand. Er sah nicht, wie der Mond hinter einer Wolke auftauchte und in tiefes beängstigendes Rot getaucht war. Harry registrierte nichts, nicht einmal, dass Ginny, die ihm gefolgt war, ihm die Arme um den Körper legte und versuchte, ihn zurück an Land zu zwingen.

Komm zu mir, Potter, komm zu mir! Es klang wie ein Echo der Vergangenheit in seinem Kopf. Er war sich nicht einmal sicher, ob wirklich er gemeint war und nicht jemand anderes.
Seine Augen suchten den Horizont ab, der immer näher zu kommen schien, je weiter die Dämmerung fortschritt.

Was siehst du, Potter? Einen roten Mond? Sag mir, wofür er steht? Es begann zu regnen, doch ignorierte Harry die Naturgewalt. Als er zu zittern begann, tat er es unbewusst. Sein Geist war in weite Ferne entrückt. Er sah sich in der Weite des schottischen Hochlands stehen. Sein linker Arm lag um die Schultern einer grazilen Frau. Als er ihr sein Gesicht zuwandte, sah er in strahlend grüne Augen, die sein Spiegelbild zeigten. Er war James Potter und sein Arm lag um Lilys Schultern. Sein Blick wanderte tiefer. Leicht wölbte sich unter dem kostbaren Plaid das Bäuchlein der Schwangeren.

"Der Frühling ist im Hochland am schönsten", hörte er sich sagen. Doch kein Ton kam über seine Lippen. Harry war wieder in einem Wachtraum gefangen. Ein Teil seines Verstandes arbeitete und ließ sich auf den Traum nicht ein. Er wusste, dass Voldemort käme, und war auf alles vorbereitet, auch wenn er nichts an dem, was geschehen war, würde ändern können. Seine Augen suchten die nähere Umgebung ab. Weit konnte er über die Ebene schauen, die hier und da große Steinhaufen zeigte, und erblickte in der Talmulde ein ganzes Rudel wilder Wölfe.

Schon spürte er, wie sein Geist sich aus der Gestalt des Vaters trennte, als dieser Lily am Arm packte und zu rennen begann. Unbeteiligt beobachtete Harry, wie seine Eltern sich vor dem Rudel in Sicherheit bringen wollten.

Plötzlich stoppten James und Lily, die sich keuchend den Bauch hielt und hastig atmete. Die Wölfe kreisten sie ein, ein Schatten löste sich aus einem der Steinhaufen. Wie auf Befehl ließen sich die Wölfe nieder und begannen zu winseln.

"Ich biete euch nur noch diese eine Möglichkeit. Wenn ihr wisst, was gut für euch ist, dann werdet ihr diesmal mein Angebot annehmen!", drohte der Schatten, der niemand anderes als Voldemort war.

Harry sah unbeteiligt zu. Er fühlte weder Hass noch Zorn, er schaute einfach nur. Er war Beobachter, nichts weiter. Fernes Kreischen brachte ihn beinahe aus dem Konzept, seine Füße waren wie abgestorben.

"Sie lernen es einfach nicht!", fauchte James und schob Lily schützend hinter sich.

"James, die Wölfe!", flüsterte sie. James drängte sie enger an sich und hoffte, dass seine Nähe ihr Mut machen würde. Lily zückte den Zauberstab und richtete ihn gegen die Bestien.

"Tapfer, tapfer, wirklich sehr tapfer, dass muss man dir und deinem Schlammblut lassen. An ihr bin ich gar nicht interessiert, einzig und allein an dir."

Harry bemerkte den irritierten Blick seines Vaters und wunderte sich ebenfalls. Seine Mutter war eine der besten Hexen gewesen und Voldemort war nicht an ihr interessiert gewesen? Er trat im Geiste näher. In den Zügen Voldemorts konnte er den einst so schönen jungen Tom Riddle erkennen, doch auch das abstoßende Wesen, das ihm auf dem Friedhof und in der Mystery-Abteilung hämisch ins Gesicht gelacht hatte.

"Es ist etwas Persönliches, Potter, es hat einzig und allein mit dir zu tun. Du und ich, wir sind dazu geboren, gemeinsam zu handeln. Weißt du nichts von deiner Vergangenheit und nichts über dein Schicksal? Wir sind zwei Facetten ein und derselben Medaille, James. Schließ dich mir an und du wirst erkennen, wozu du in der Lage bist. Dein Ahne hat es abgelehnt, seine Rolle zu spielen und musste dafür büßen. Mache nicht den gleichen Fehler, James!"

Dann geschah etwas Eigenartiges. Wärme bemächtigte sich seiner Lippen. Harry wankte. Er war einen Augenblick unkonzentriert, das Traumbild verschwamm und er sank in die Knie.

"Wie... wiessssso ist es ssssso nassssss und kahalalt!", keuchte Harry und musste sich beim Sprechen zusammenreißen, um zwischen dem Zähneklappern die Wörter formulieren zu können. Eigentlich sollte es ihn verwundern, dass sowohl Ginny als auch Dumbledore neben ihm kauerten, doch hatte er ihre Gegenwart irgendwie gespürt.

"Ppppprofessor", stotterte Harry und ließ sich von Ginny in den Pullover helfen. Sie selbst hatte blaue Lippen und bibberte vor Kälte. "Was hat es mit meinen Ahnen auf sich. Ich will es wissen, jetzt!"

Dumbledore erhob sich, warf mit gerunzelter Stirn einen Blick auf den roten Vollmond und murmelte: "Ja, es wird Zeit, dass du erfährst, was ich über deine Ahnen weiß!" Er bat Harry, Ron, Hermine und Ginny ihm zu folgen. Er war sich sicher, dass es sinnlos war, Harry alleine zu sprechen, da die anderen drei es ohnehin erfahren würden. Also lud er sie gleich ein. Er scheuchte Madam Pomfrey mit Luna in den Krankenflügel und versprach, den Teenagern heiße Schokolade zu servieren, womit die Krankenschwester vollauf zufrieden zu sein schien.



~ tbc ~


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