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Fanfiction

Harry Potter und das Geheimnis seiner Ahnen - Pläne versteckt in Plänen

von Eosphoros

32. Pläne versteckt in Plänen


Nordsee kurz vor Askaban

Narzissa Malfoy, geborene Black, Ehefrau der rechten Hand des Dunklen Lords und Mutter eines vielversprechenden Schwarzmagiers, stand im Begriff entweder die größte Torheit ihres Lebens zu begehen, oder die größte Heldentat. Sie stand in einem der Boote, das die Auroren am Strand zurückgelassen hatten und ließ sich auf magischen Händen an den Strand von Askaban treiben. Sie kletterte unbeholfen mit ihren langen Röcken über die Kante des Bootes und landete bis zu den Waden im Wasser. Mühsam zerrte sie das störrische Boot an den Strand und hoffte, es noch vorzufinden, wenn sie hoffentlich mit ihrem Mann zurückkehren würde.

Lucius, um ihn drehte sich ihr ganzen Handeln und Denken. Nur seinetwegen hatte sie sich auf diesen perfiden Plan eingelassen. Nur seinetwegen hatte sie eines von Lucius' am sorgfältigsten aufbewahrten Artefakten aus den Händen gegeben, das Denkarium Lily Potters. Wie ihr Mann an dieses Kleinod gekommen war, wollte sie gar nicht wissen. Seit dem geheimen Treffen zwischen ihr und der Person, die sich für das Denkarium interessierte, waren knapp neun Monate vergangen.


Flashback

Die Szenerie erinnerte Artemis an einen schlechten Muggelstreifen, von dem Lily und James ihr erzählt hatten. Die Lokalität war einfach absurd. Es war eine schlichte Kaschemme in einem billigen schmutzigen Viertel in Liverpool gewesen. Wieso sie sich ausgerechnet hier treffen sollten, war ihr ein Rätsel. Auf dem Pergament hatte in zierlicher Frauenschrift diese Adresse gestanden. Artemis hatte erst nicht herkommen wollen, es sich dann jedoch anders überlegt. Der Brief hatte auf Dinge angespielt, die Lily betrafen. Seit ihr Großneffe und seine Frau umgebracht worden waren und Harry zum berühmtesten Kind der Zaubererwelt geworden war, galten Dinge, die sich einst im Besitz der Potters befunden hatten, als begehrte Sammlerstücke. Artemis erinnerte sich noch gut daran, wie Godrics Hollow nur eine Woche nach dem Mord ausgesehen hatte. Kaum etwas war noch an Ort und Stelle gewesen. Unter anderem hatten viele persönliche Dinge Lilys gefehlt. Den Verlust eines Stückes beklagte Artemis besonders. Das Denkarium Lilys war seit jener Zeit verschwunden.

Sie sah sich in der Kaschemme um. Nur zwei Gäste und der Wirt bevölkerten den schummrigen Schankraum. Der schale Geruch von Bier und kaltem Tabakrauch lagen in der Luft. Artemis fühlte sich deplaciert. Sie hatte sich für unauffällige Muggelkleidung entschieden. Sogar an ein Kopftuch hatte sie gedacht, das ihr weißes Haar vollkommen verbarg. Von weitem würde sie wie eine alte Frau wirken, die diesem Viertel entstammte.

Remus hatte ihr hinreichend erklärt, wie sie sich zu verhalten hatte, um nicht aufzufallen. Er war, nachdem Sirius durch den Vorhang gefallen war, zu ihr geeilt und hatte ihr in beruhigenden Worten erklärt, dass es Harry gut ging und bei der abenteuerlichen Aktion im Ministerium nicht zu Schaden gekommen war. Einzig und allein Sirius' Tod hatte ihm stark zugesetzt.

Dann war dieser Brief gekommen und Artemis hatte sich dazu durchgerungen, der Schreiberin im Austausch gegen Lilys persönliche Habe das zu geben, was sie wollte.

"Haben Sie es bei sich?", wurde Artemis von einer Frau angesprochen. In der hintersten Ecke des Schankraumes im Schatten verborgen befand sich eine dritte Person, die Artemis beim Eintreten nicht gesehen hatte. Sie schluckte hart und ging auf diese zu.

"Was wollen Sie von mir?", stieß Artemis hervor und war froh, dass ihre Stimme nicht bebte.

"Ich möchte, dass Sie sich setzen, Artemis Lilienwood, und mir zuhören!", schnarrte die Frau. Ihre Stimme klang rau und belegt. Artemis nahm Platz und versuchte einen Blick unter die Kapuze zu erhaschen. Die Frau tat Artemis den Gefallen und hob den Kopf.

"Sie?", fragte Artemis und wollte aufschnellen. Doch Narzissa Malfoy beugte sich hastig über den Tisch und packte sie beim Handgelenk.

"Ja, ich! Ihr kleiner Dreckskerl von Neffe hat meinen Mann nach Askaban gebracht! Dafür schulden Sie mir zumindest die Höflichkeit einer gepflegten Unterhaltung!"

Artemis sank auf den Stuhl zurück. Sie hatte die Narzissa Malfoy stets als reservierte, kühle Frau in Erinnerung gehabt, die kaum dazu in der Lage war, Gefühle zu zeigen, und ihr selbst stets unsympathisch gewesen war. Diese blasse Frau, die ihr nun gegenüber saß, hatte keine Schwierigkeiten, sich Gefühlen hinzugeben. In den blutunterlaufenen geschwollenen Augen flackerte blanker Hass. Das blonde Haar lugte stumpf und wirr unter der schwarzen Kapuze hervor.

"Wenn Sie mich hergeholt haben, um über mich an Harry zu gelangen, dann muss ich Sie enttäuschen, ich würde eher sterben als zulassen, dass dem Kind etwas geschieht", gab Artemis hastig von sich. Sie fühlte sich unwohl, beobachtet, unsicher in dieser Umgebung mit der Tür im Rücken. Was, wenn es ein Falle war?

"Potter", Narzissa spuckte den Namen geradezu aus, "ist wohl kaum mehr ein Kind. Dieser kleine Bastard hat es zu verantworten, dass einer der... lassen wir das. Wenn ich an ihn würde herankommen wollen, hätte ich mich wohl eher an seine kleine Freundin, diese Granger, gewandt. Nein, ich will Remus Lupin haben und Sie werden ihn mir liefern! Wäre er nicht gewesen, wäre Potter niemals dazu in der Lage gewesen, gegen uns zu bestehen. Liefern Sie mir Lupin, den Verräter, und ich werde Ihnen dies hier geben!"

Narzissa holte unter dem Tisch ein kleines Kästchen hervor und stellte es demonstrativ vor sich hin. Artemis hielt die Luft an. Sie hatte protestieren wollen, doch ihre ganze Aufmerksamkeit wurde von diesem Kästchen in Anspruch genommen.

"Lilys Denkarium", hauchte sie beinahe ehrfürchtig. Sie streckte die Hand danach aus, doch Narzissa ließ es wieder verschwinden.

"Noch nicht! Sie wissen doch, für nichts gibt es auch nur nichts. Liefern Sie mir Lupin?"

Narzissas Lächeln wollte ihr nicht gefallen, doch Artemis war hin und her gerissen, zwischen dem Wunsch, in den Besitz von Lilys Erinnerungen zu gelangen und einen Mann zu schützen, den sie sehr ins Herz geschlossen hatte. Sie wünschte sich plötzlich, der Einladung nicht gefolgt zu sein. Dann hätte sie niemals vor der Wahl gestanden. Artemis schluckte. Ihre Augen fixierten nach wie vor den Punkt, wo sich das Kästchen befunden hatte.

"Es liegt an Ihnen, Artemis Lilienwood!", gab Narzissa monoton von sich.

Artemis hob den Blick und sah direkt in die blassblauen Augen Narzissas. "Was", schluckte sie, "was soll ich tun?"

Die Entscheidung war getroffen. Die Versuchung war zu groß.

"Sie brauchen gar nichts tun. Geben Sie mir einfach nur das Haar und die Hautproben des Werwolfes, wie vereinbart, und ich überlasse Ihnen das Kästchen. Mehr verlange ich nicht von Ihnen. Dann sind Sie mich los und das Kästchen ist in Ihrem Besitz."

Artemis nickte und holte zwei kleine Säckchen hervor, in denen sich zwei Phiolen aus dunklem Glas befanden. Eine beinhaltete Haare, die sie Remus bei dessen letzter Verwandlung ausgerupft hatte, und die andere Hautproben, die sie ihm entnommen hatte, als er schlief. Wozu Narzissa Malfoy beides brauchte, konnte sie sich nicht vorstellen. Insgeheim mutmaßte sie, dass sie etwas herstellen wollte, mit dem sie Remus jederzeit auffinden könnte. Als beide Säckchen unter dem Tisch verschwanden, stand Artemis kurz davor, den Handel wieder rückgängig zu machen. Narzissa erhob sich und stellte das Denkarium vor Artemis' Nase.

"Willkommen im Reich der Verräter", zischte Narzissa und verließ die Kaschemme. Artemis saß noch eine Weile schweigend da. Sie starrte auf das Kästchen, ohne es zu berühren. Sie fixierte es unschlüssig. Als der Dielenboden knarrte, erschrak sie, ließ das Kästchen in ihrer Jackentasche verschwinden und hastete aus der Kaschemme.

Sie verschwendete keinen Gedanken mehr an Remus und ihren Verrat. Sie schob sie einfach in die hinterste Ecke ihres Kopfes, sodass sie tief verborgen zwischen anderen Dingen, an welche sie sich nur ungern erinnerte, ihr Dasein fristeten. Sie hatte endlich, was sie noch benötigte. Es war nicht allein Nostalgie gewesen oder der Wunsch danach, ein Andenken an die Familie zu haben, nein, sie wollte und würde Harry dank dieses kleinen Kästchens schützen können. Zwar würde dies einen hohen Preis fordern, doch sie war in diesem Moment der festen Überzeugung, ihn gern zu zahlen.

Nordsee Gegenwart

Narzissa hatte den schmalen Pfad erklommen, der von ihrem Anlegeplatz zur Festung hinaufführte. Angst beschlich sie, Angst und Furcht zu versagen und unverrichteter Dinge ihrem Sohn Rede und Antwort stehen zu müssen. Dieses wäre die schrecklichste Situation, die sie sich vorstellen konnte. Der Dunkle Lord würde sie mit Sicherheit wegen ihres Handelns töten. Das war eine Konsequenz, mit der sie rechnete, würde sie versagen. Doch Draco beichten zu müssen, dass der Vater noch immer in Askaban saß, bräche ihr das Herz. Sie liebte beide, auch wenn es ein steiniger Weg gewesen war, die Liebe ihres Mannes zu gewinnen.

Sie hatte die Festung direkt vor sich. Ein dunkles Flirren umgab um das Gebäude und ließ es unwirklich erscheinen, wie einem schrecklichen Traum entnommen. Narzissa hatte es schon einige Male betreten, um Lucius zu besuchen, doch in dieser klaren Mondnacht hatte das Gefängnis etwas Geheimnisvolles, etwas Gefährliches an sich, das sie nicht namentlich benennen konnte. Ein heftiges Donnern riss sie aus ihren Betrachtungen. Hastig wandte sie sich dem Festland zu. Ihre Augen weiteten sich vor Schrecken. Über dem Festland braute sich ein Gewitter gigantischen Ausmaßes zusammen. Von allen Seiten stürmten dunkle Wolken wie aus dem Nichts auf einen Punkt zu, der weit im Süden zu liegen schien.

Narzissa fluchte stumm. Mit einem Gewitter hatte niemand gerechnet. Wenn sich die Wolken in das Sichtfeld des Dunklen Lords schoben, dann würde der Zauber seine Wirkung verlieren. Sie schürzte ihren Rock, wandte dem Festland den Rücken zu und eilte weiter zur Festung. Was Geld vermochte und die Zusicherung von Privilegien, würde sich jetzt erweisen. Sie steuerte auf einen Seiteneingang zu, der einen Spaltbreit geöffnet war. Als sie hindurchhuschen wollte, wurde die Tür aufgerissen und sie prallte gegen einen übel riechenden Körper. Narzissa wollte kreischen, doch eine Hand legte sich ihr auf den Mund und sie fühlte sich an den stinkenden Körper gepresst.

"Bring mich zum Boot!", befahl der Mann rau. Seine Stimme hatte kaum noch etwas Menschliches an sich.

"Lucius?", fragte sie ungläubig, nachdem er ihren Mund frei gegeben hatte.
"Rasch!", hetzte er.

Narzissa deutete auf den Strand und stützte ihren Gatten, als der humpelnd zum steilen Pfad eilte. Sie musste sich zusammenreißen, ihn nicht anzustarren. Sein fahles Gesicht und seine eingefallenen Augen ängstigten sie.

"Wo ist der Wächter?", begann sie.

"Tot! Rasch! Hasse Verräter!", keuchte er.

Narzissa musste ein Höchstmaß an Kraft aufbieten, um Lucius heil den steilen Pfad hinunter zu lotsen. Sie wollte gar nicht wissen, wie er vorgegangen war. Endlich hatten sie das Boot erreicht. Narzissa nahm sich einen Moment und starrte hinauf zu Festung. Es war gut, dass der korrupte Wächter tot war. Es würde schon schwierig genug sein, ihren Mann zu verbergen. Ein Zeuge brächte nur ein weiteres Risiko.

"Mach schon, sie werden ihn gleich entdecken! Konnte keine Magie anwenden!", krächzte Lucius. Sie half ihm ins Boot, wo er stöhnend auf dem Boden zusammensackte. Zum ersten Mal war Narzissa froh, dass sich die Dementoren zurückgezogen hatten und nicht länger in Askaban waren. Sie hätten die Flucht sofort vereitelt und ihren Mann geküsst, obwohl sie auf ein und derselben Seite standen. Narzissa stemmte sich gegen das Boot. Sie wollte vermeiden an Land zu zaubern, um nicht das Interesse der restlichen Auroren, die unweigerlich in Askaban zurückgeblieben waren, zu wecken.

Sie schwitzte und weinte vor Anstrengung. Endlich löste sich das Boot aus dem feuchten Strandsand und beraubte sie der Stütze. Narzissa fiel der Länge nach in die Fluten, rappelte sich auf und ergriff die Hand ihres Mannes, die er ihr hilfreich entgegenstreckte. Keinerlei Kraft schien in seinen Armen zu sein. Sie musste sich selbst ins Boot ziehen und hockte dann bibbernd ihm gegenüber. Die Magie des Gefährts tat ihre Wirkung. Es wendete automatisch und steuerte zielstrebig die Landmasse an. Askaban lag nun in Lucius' Rücken, die abnehmende Scheibe des Mondes beleuchtete sein Gesicht und endlich hatte Narzissa einen Moment, ihren Mann zu betrachten.

Seine blasse Haut spannte sich hauchdünn über den Schädelknochen. Sein langes Haar war stumpf und hing verfilzt und strähnig in seinem Gesicht. Graue Kleidung, bestehend aus Hemd und Hose war alles, was seinen abgemagerten Körper umhüllte. Dünne blaue Adern, die sonst sanft unter seiner Haut schimmerten, wölbten sich nun für jeden sichtbar über Hände, Hals und Schläfen. Mehr sah Narzissa von ihm nicht. Doch als er die Lider hob und ihr ins Gesicht schaute, lächelte er, ein Lächeln, das Erleichterung ausdrückte und dennoch ein Maß an Bitterkeit besaß, das Narzissa die Tränen in die Augen trieb. Seine Augen waren blutunterlaufen, tief lagen sie in ihren Höhlen und dunkle Schatten hatten sich unter ihnen gebildet.

"Er hat die Magie beschworen und ... dieser Narr", flüsterte Lucius nahezu tonlos.

"Warum...", keuchte Narzissa erschrocken auf.

Er unterbrach sie mit einem Kopfschütteln.

"Später, Narzissa, später!", schnitt er ihr das Wort ab. Sie musste sich fügen und schwieg. Sie würde ihn nach Hause bringen, nach Malfoy Mansion, einige Stunden Ruhe und dann würden sie sich dem Lord stellen. Kurzzeitig dachte Narzissa an ihren 'Schützling'. Der Hauch eines Zweifels überkam sie. Doch rasch war dieser verflogen. Sie war sich sicher, dass Lupin die kleine Granger bereits getötet hatte und die unkontrollierbare Meute der Werwölfe und ihrer tierischen Verwandten ausreichend für Angst und Schrecken sorgen würde, sodass niemand an einen einzelnen entlaufenen Sträfling dachte.

Das Gewitter brach los, als sie das Festland erreichten und das Boot zu den anderen zogen. Narzissa kreischte auf und ging in die Knie. Sie hielt die Hände über den Kopf und wartete, bis das dröhnende Geräusch des Donners nachgelassen hatte.

"Er wird versagen! Er hätte niemals ohne mich...", zischte Lucius und Genugtuung schwang in seinen Worten mit. Narzissa starrte ihn ungläubig an. Er humpelte auf sie zu und half ihr auf. "Ich will heim, ich brauche ein Bad!"

Sie nickte und zog den Zauberstab, doch sie kam nicht dazu ihn zu benutzen. Sie fühlte sich mit einem Mal gepackt und an seine Brust gezogen. Es war ihr egal, dass er nach Schweiß, nach Kerker, nach allerlei anderen unappetitlichen Dingen roch. Er drückte ihr seine Lippen auf die Stirn und flüsterte ihren Namen. So schnell wie dieser überschwängliche Ausbruch an Gefühlen gekommen war, ließ er auch wieder nach. Er strich ihr mit dem Daumen über die Wange und nickte. Zuhause würde er diese schlimme Zeit bald hinter sich gelassen haben.

° ° ° ° ° ° °

Am Morgen in Hogwarts

So hatte Harry sich das Halloweenfest nicht vorgestellt. Er hätte niemals gedacht, dass Voldemort eine solche Kraft würde entfesseln können. Niemand anderes als sein ärgster Feind konnte hinter den Geschehnissen der letzten Nacht stecken. Werwölfe und Wölfe zu vereinen, war keinem anderen zuzutrauen. Dass diese Kreaturen zusammen mit ihren tierischen Verwandten es beinahe geschafft hatten, in Hogwarts einzudringen, machte Harry arg zu schaffen. Aber auch diese unnatürlich anmutende Gewitter gab ihm zu denken. Hatte Voldemort auch damit etwas zu tun?

Er grübelte unablässig darüber nach. Alles war so eingetreten, wie Luna es vorhergesagt hatte. Auch wenn sich kein Drache über Hogwarts hergemacht hatte, hatte es doch eine Feuerwalze gegeben. Der Brand war zwar gelöscht, doch selbst die stärksten Zaubersprüche konnten den Geruch nach verkohltem Holz, geschmolzenem Metall und verbranntem Papier nicht tilgen.

Blut war vergossen worden und wenn Harry Lunas Prophezeiungen im weitesten Sinne auslegte, dann hatte sie ein Freund verlassen. Remus konnte nach dem Mord an Rea und seinem Angriff auf Hermine kaum mehr ein Freund genannt werden. Auch eine weitere Vorhersage hatte sich mit erschreckender Genauigkeit erfüllt. Der Totgesagte war zurückgekehrt.

Harry saß auf Sirius' Bett und hielt dessen Hand fest zwischen seinen, nur um sicher zu gehen, dass er nicht wieder einfach so verschwand. Sein Pate hatte die Augen fest geschlossen und atmete gleichmäßig, wenn auch flach. Seit Sirius von den Trümmern der zerborstenen Säule getroffen worden war, hatte er nicht ein einziges Mal das Bewusstsein wiedererlangt. Harry war innerlich zwiegespalten. Direkt Sirius gegenüber ruhte Ginny. Die halbe Nacht hatte er an ihrem Bett gesessen und sich an Sirius' Seite gewünscht. Nun war es umgekehrt. Er hatte das Gefühl, sie zu vernachlässigend, während er mechanisch mit dem Daumen über den Handrücken seines Paten strich. Ginny stand unter starken Beruhigungsmitteln, die sie tief und hoffentlich traumlos schlafen ließen.

Als die erste Dämmerung die Krankenstation erhellte, hatte er Zeit und Muße gehabt, sich seinen Paten zu betrachten. Wie aus dem Nichts war er aufgetaucht. Doch hatte Harry aus einigen Bemerkungen Dumbledores entnehmen können, dass Sirius sich schon länger in Hogwarts aufhielt. Diese Heimlichkeiten machten ihn wütend. Doch die Freude und Verwunderung über Sirius' Auferstehung von den Toten machten die Wut nebensächlich. Sirius hatte sich verändert. Die Narben und frisch verschorften Wunden machten Harry am meisten zu schaffen. Doch wusste er von Ron, woher diese stammten. Silbrige Fäden zogen sich durch Sirius' schwarzes langes Haar. Nicht einmal Askaban hatte es geschafft, ihn äußerlich altern zu lassen. Was hatte sein Pate nur erlebt, das ihn so verändert hatte?

Harry starrte aus dem Fenster der Krankenstation auf die aufgehende Sonne. Er dachte an Ginny und Hermine. Beide lagen nicht weit von ihm entfernt in großen weißen Betten und schliefen. Madam Pomfrey hatte Hermines Rippenbrüche wieder geflickt und sie förmlich gezwungen, auf der Krankenstation zu bleiben. Hermine hatte getobt und geschimpft und wollte Remus hinterher, um ihm - wie sie sagte - zu helfen.

Harry war zornig auf sich. Er hatte wie ein kleines Kind daneben gestanden, als seine Freunde in Gefahr waren. Er konnte Ron nicht verstehen, der zwischen Hermines und Ginnys Bett saß und auf dem Stuhl eingeschlafen war. Wie konnte Ron schlafen? Alles war so verwirrend. Nichts ergab einen Sinn: Am aller wenigsten sein eigenes Verhalten.

Harry setzte sich aufs Fensterbrett. Hinter dem Wald, in einer kleinen Vertiefung, dort wo dunkler Rauch aufstieg, lag Hogsmeade. Seine Tante traf dort Vorkehrungen, wieder nach Lilienwood Manor zurückzukehren. Sie hatte nur eine kurze Notiz an ihn nach Hogwarts geschickt, um ihm mitzuteilen, dass es ihr gut gehe und sie nach Hause zurückkehren würde. Harry verstand nicht, wieso sie ihn nicht fragte, wie es ihm ginge. Hermine hätte bestimmt eine Erklärung für dieses Verhalten. Doch seine beste Freundin schlief und Madam Pomfrey hatte ihm gedroht ihn sofort vor die Tür setzen, sollte er auch nur den Versuch unternehmen sie zu wecken.

Harry seufzte. Vielleicht dachte seine Tante ja, dass nun, da sein Pate wieder da war, er sie nicht mehr bräuchte? Sein Pate. Harry konnte es noch immer nicht fassen, dass Sirius wirklich wieder aufgetaucht war. Er riss sich vom Anblick der roten Sonnenscheibe los und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Sirius. Nein, er wollte wirklich nicht mit ihm tauschen. Ron hatte ihm in der Nacht erzählt, was mit Sirius los war, was diese Anxifrumbrae bewirkten und dass sie ihn so lange peinigen würden, wie er ihnen einen Grund gab, ihn zu peinigen. Sogar Dumbledore hatte aufmerksam zugehört und dann verstehend genickt. Er hatte etwas von Furien gemurmelt und war, nachdem er sich vergewissert hatte, dass alles in Ordnung war, gegangen.

Harry hatte seine Sinne vor den Vorgängen im Schloss abgeschottet. Er wusste nur, dass Severus Snape zusammen mit den Auroren Jagd auf Remus machte. Die Werwölfe, es waren weniger als vermutet gewesen, die ihr Unwesen getrieben hatten, hatten zusammen mit den Wölfen eine Spur der Verwüstung in Hogsmeade hinterlassen. In vielen Gegenden des Vereinigten Königreiches sah es wohl genauso aus, wie Harry einem Gespräch zwischen Dumbledore und Madam Pomfrey entnommen hatte. Sie hätten sich an magischen Plätzen zusammengerottet, hatte der Direktor gesagt. Lupin musste mittlerweile wieder Menschengestalt angenommen haben, denn nicht lange nachdem sich das Gewitter von Hogwarts verzogen hatte, war der Werwolf im Säulengang wieder zu einem Menschen geworden, der einen mehr als verwirrten Eindruck gemacht hatte. Er befand sich nun in Gewahrsam der Auroren. Kurzhand war das Rathaus von Hogsmeade zur Aurorenzentrale vor Ort gemacht worden, von wo aus sie die Suche nach Remus Lupin und Anton Mister organisierten. Über Reas ehemaligen Vorgesetzen hieß es nun offizielle, er habe das Ministerium hintergangen und pflege enge Kontakte zum Dunklen Lord.

Voldemort!, dachte Harry. Immer wieder Voldemort. Und alles nur, um ihn zu quälen. Dieses Mal hätte er beinahe Erfolg gehabt und der Aufwand, den der Dunkle Lord betrieb, war erschreckend groß gewesen. Was hätte er getan, wenn Remus erfolgreich gewesen wäre? Er wollte es gar nicht wissen. Harry gähnte. Er schrieb seine Grübeleien der Müdigkeit zu, doch fürchtete er sich vor dem Schlaf.

Von Sirius' Bett kam ein Stöhnen. Harry sprang auf und eilte zu seinem Paten. Er nahm erneut dessen Hand und drückte sie, so fest er konnte. Er wusste nicht, wie tief Sirius' Ohnmacht war und nahm an, je fester er drückte, desto eher würde sein Pate seine Nähe spüren.

° ° ° ° ° ° °

Sirius wollte sich mit der Hand über die Stirn streichen, doch sein Körper reagierte nicht. Wie war das möglich? Er wollte die Augen schließen, doch sie waren schon zu und auch wieder nicht. Warum sollte es sonst so hell um ihn herum sein?

Die Situation kam ihm bekannt vor. Er hatte schon einmal unbeweglich an einem Ort gelegen, der diesem sehr ähnlich war. Es hatte nach Medikamenten gerochen, doch hätten es auch Kräuter und Gewürze sein können. Allmählich überkam ihn Furcht; Furcht, wieder an diesem Ort zu sein. Doch eine innere Stimme schalt ihn, nicht so albern zu sein, da weder von dem einen noch von dem andern Ort tatsächlich Gefahr ausging. Keine Gefahr? Das mochte er kaum glauben. Er hatte diese Dinger am Hals, diese Anxifrumbrae, die ihn quälten. Er erinnerte sich an Höllenqualen, die er ausgestanden hatte. Das sollte nun alles nicht mehr der Wahrheit entsprechen, sondern ein Hirngespinst sein? Unmöglich!

Er hatte Poppy gehört, nachdem er hergebracht worden war, doch war er nur halb zu sich gekommen. Eine schwere Gehirnerschütterung, die sie nicht magisch beheben wollte, weil er bereits an partiell herbeigeführter Amnesie litt und jeder Zauber mehr schaden als nützen würde, hatte er sie murmeln hören. Er solle sich gesund schlafen, hatte sie gemeint und ihn gezwungen, ein ekelhaftes Gebräu aus Klatschmohn und Himbeerblättern mit jeder Menge Baldrian und anderen merkwürdigen Pflanzen zu trinken.

Dann war er wieder in diesen Dämmerzustand zurückgesunken, diese Gratwanderung zwischen Bewusstlosigkeit und gesundem Schlaf. Er träumte sich in die Vergangenheit zurück, in jenen Moment, da er durch den Vorhang gefallen war. Vielleicht war es gut, in diesem wehrlosen Zustand um die Erinnerungen zu kämpfen. Keine Barriere hielt ihn davon ab. Keine Furcht war so groß, dass sie über seinen Wunsch, alles zu erfahren, siegen konnte. Keine Furcht? Er hatte Angst, sogar große! Doch das war bedeutungslos.


Hinter dem Vorhang ist vor dem Vorhang - Flashback


Sirius wusste nur noch, dass Bellatrix einen Stupor auf ihn gerichtet hatte und er getroffen rückwärts durch diesen Unheil verkündenden Vorhang gefallen war. Er hatte keine Ahnung, was für Auswirkungen dieser Fall auf ihn haben würde. Er konnte sich noch genau an Bellatrix' wahnsinniges Gesicht und Harrys schockiert aufgerissene Augen erinnern.

"Ah, wieder ein Neuer."

Sirius war hellwach. Die klare helle Stimme, die vor Begeisterung nahezu sang, kam von der rechten Seite. Er versuchte seinen Kopf zu drehen, doch es misslang.

"Wieso wieder ein Neuer? Der letzte Neue war doch gar nicht mehr so neu gewesen und dieser hier sieht auch schon eher etwas verbraucht aus."

Die zweite Stimme, weniger hell und klar als die erste, dennoch besaß sie den gleichen singenden Unterton, war zu seiner Linken.

"Was du wieder hast, natürlich sieht er verbraucht aus. Du sähest auch verbraucht aus, hätte man dir einen Stupor an den Hals gejagt und wärest rückwärts durch das Portal in dieses herrliche Ambiente geschleudert worden, ohne dass du das vorgehabt hättest", wies die erste Stimme den zweiten Sprecher zurecht. Sirius vermochte beide nicht zu erkennen. Aber die beiden Sprecher amüsierten ihn. Er wusste zwar nur, dass sie gut einen Meter über ihm schwebten und sich links und rechts von ihm befanden, doch stritten sie sich auf so köstliche Art und Weise, dass er sich gerade so ein Lachen verkneifen konnte. Sie hatten etwas von einem Portal gesagt. Wenn er sich weiterhin schlafend stellen würde, würde er vielleicht mehr erfahren.

"Herrliches Ambiente? Ich denke, Hades sollte seinen Innenausstatter wechseln. Du willst doch wohl dieses düstere nebulöse Etwas nicht herrlich nennen wollen."

Hades? Das war doch in der griechischen Mythologie der Herrscher der Unterwelt gewesen. Wo, zum Merlin, war er hingeraten? Seine Heiterkeit verschwand.

"Düster? Nebulös? Ich bitte dich, was ist herrlicher als ein geheimnisvolles Ambiente?"

"Geheimnisvoll? Also unter geheimnisvoll verstehe ich etwas anderes als Nebel. Ãœberhaupt machst du mich ganz wuschig. Geh Phisto und spiel mit Mepheles!"

Phisto? Mepheles? Sirius fühlte sich nun doch wieder einem Lachkrampf näher. Wo immer er auch hineingeraten war, es hätte ihn schlimmer treffen können. Offenbar war er durch ein Portal tatsächlich zu einem Pärchen Geister katapultiert worden, deren Namen ihm bekannt vorkamen. Mepheles und Phisto? Mephistopheles? Als er den Namen erkannt hatte, war ihm nicht mehr zum Lachen zumute. War er in der Hölle? Er war doch nicht Faust, dass Mephistopheles seinen Schabernack mit ihm trieb. Hades würde dazu passen.

Diese Stimmen amüsierten ihn nicht länger. Eben noch hatte er mit den anderen im Ministerium gekämpft, war gegen Bellatrix angetreten, war von einem Zauber getroffen worden und nun lauschte er schnatternden körperlosen Stimmen.

"Hallo", murmelte er und prompt kam die Antwort.

"Hallo? Ah, habt ihr endlich den Schritt von der Förmlichkeit weg getan?", fragte ihn die erste Stimme. "Der letzte Neue sagte noch 'Seid mir gegrüßt, ich werde Blablabla geheißen und komme von Sowieso, ich wünsche zu Demunddem gebracht zu werden, um Dasunddas zu erfahren.' Was willst du eigentlich hier? Der letzte Neue ist freiwillig gekommen und was ist mit dir? Du siehst eher aus, als gehörtest du zur unfreiwilligen vorzeitigen Fraktion."

Das musste das Wesen sein, welches diesen Phisto zurechtgewiesen hatte. Und wer war er?

"Du willst wissen, wer ich bin? Nun, ich bin Epho. Sicher willst du auch wissen, was ich bin. Ich bin ein Was-auch-immer."

"Was auch immer ein Was-auch-immer sein mag!", spöttelte Sirius, obwohl er nicht wusste, wie diese Wesen reagieren würden.

"Mach dir mal darüber keine Sorgen. Die Unterwelt, na ja eigentlich die Zwischenwelt, ist nicht so schlecht, wie du denkst. Den meisten, die freiwillig gekommen sind, hat es hier gefallen. Obwohl wir gehört haben, dass sie sich schwer wieder ins Leben in ihrer Welt eingefügt haben. Einige sind unangenehme Zeitgenossen geworden."

Sirius war verwirrt. Dieses Wesen, dieses Was-auch-immer plauderte mit ihm, als befänden sie sich auf einem Teekränzchen. Jetzt fehlten nur noch Kuchen und Tee und schon...

"... oh ja, Kuchen und Tee."

Und es konnte offenbar auch Gedanken lesen. Sirius versuchte, sich zusammenzureißen und an nichts zu denken.

"Das wäre was Feines. Kuchen und Tee! Herr Hades wird dich bestimmt gut bewirten, bevor du wieder gehst. Weißt du, er bekommt so selten Gäste von jenseits des Vorhangs, dabei mag er sie so gerne."

Sirius richtete sich auf. Endlich gehorchte sein Körper seinen Befehlen. Er befand sich in einem abgedunkelten Raum, bei dem es sich offensichtlich um ein Gästezimmer handelte. Es war trotz der Düsternis irgendwie luftig. Ein frischer Wind blies den tiefroten Vorhang ins Zimmer, sodass Sirius einen Blick auf einen langen mit Marmorplatten gefliesten Flur werfen konnte. Alles wirkte freundlich und einladend. Er schwang die Beine über die Bettkante und erhob sich schwankend. Ein schwirrendes quaffelgroßes Wölkchen huschte um ihn herum.

"Glaubst du, du bist schon so weit?" Die Stimme kam aus dem Wölkchen. Das war also ein Was-auch-immer: ein schwebendes, kicherndes wattiges Wolkengebilde.

"Ich denke schon, Epho. Ist Phisto auch noch da? Ich sehe ihn gar nicht."

Ein glockenhelles Lachen klang dicht an seinem Ohr.

"Er ist schon weg. Ich glaube, er ist die anderen beiden holen. Ich bring dich jetzt zu Hades. Wir sind nämlich vier, weißt du? Wir sind immer vier gewesen und werden immer vier sein."

Sirius war verwirrt. Aber er konnte nicht anders, als der hellen Stimme zu folgen, die unablässig plapperte und plapperte. Er erfuhr, dass er tatsächlich nicht der erste Besucher von Jenseits des Vorhangs war. Viele waren vor ihm gekommen. Einige waren wieder zurückgekehrt, aber andere waren geblieben. Er erfuhr, dass die Was-auch-immer genau das werden konnten, was immer man sich wünschte. Er brauchte nur an Harry denken und schon hätte er seinen - etwas blassen und leicht durchscheinenden - Patensohn vor sich, wie ihm Epho erklärte. Da er jedoch wusste, dass dieser dahinter steckte, machte er das Spiel einmal mit und unterhielt sich danach lieber mit der kleinen wattigen Wolke neben sich.

Epho verstand es, ihm die Zeit mit seinen Plaudereien zu verkürzen. Auf Hades warten, hieß lange warten. Sein Reich war sehr groß und er hatte viel zu tun. Am herzlichsten lachte Sirius über die Geschichte einer gewissen Pythia. Sie war ein Orakel und total auf Myrrhe fixiert.

"Weißt du, sie ist wirklich ein Orakel und alles, was sie in der Zukunft sieht, leitet sie an deine Welt weiter. Sie meint immer, dass sie das der Welt da draußen schuldig sei."

"Orakel? Pythia? Doch nicht die von Delphi?", fragte Sirius überrascht.

"Genau die, Sirius Black, du bist erstaunlich gut informiert für einen Menschen deines Jahrhunderts!"

Sirius erschrak und sah sich einem großen kräftigen Mann gegenüber. Er trug ein griechisches Gewand und kurze gelockte Haare, die von einem goldenen Stirnband aus der Stirn gehalten wurden.

"Ich bin Hades, der Verwalter der Zwischenwelt, wenn man so will."

Sirius konnte nicht fassen, was ihm passierte. Er stand einem leibhaftigen Gott gegenüber.

"Bitte, wiederhole nicht, nicht einmal in Gedanken, was sich in den Köpfen von euch Menschen über Jahrtausende festgesetzt hat. Das sind wilde Geschichten. Ich habe keine Geschwister, Zeus ist Erfindung und Poseidon ebenso. Nur ich bin wahrhaftig hier und ich bin wirklich kein Gott."

Hades setzte sich und bot Sirius Kuchen und Tee an. Er selbst aß nichts. Als Sirius die Speisen argwöhnisch musterte, lachte Hades und der wattige Epho gluckste.

"Sogar diese Geschichte ist erfunden. Du darfst hier ruhig etwas essen, ohne befürchten zu müssen, nicht mehr zurückkehren zu dürfen."

"Ich darf wieder in meine Welt?"

"Natürlich", erwiderte Hades und klang recht amüsiert. "Du musst sogar zurück in deine Welt. Schließlich bist du nicht wirklich gestorben, nur... unglücklich gefallen. Sicher, wärest du nicht gefallen, wärest du jetzt womöglich wirklich tot. Aber so... Alles ist möglich. Ephos und Oros werden dich zum Vorhang geleiten. Sie haben dich ja auch gefunden und hergebracht."

Wer war nun wieder Oros.

"Mein Zwilling!", kam es piepsend von der kleinen Wolke neben ihm.

Sirius verbrachte einige Stunden in angenehmer Gesellschaft. Hades war ein hervorragender Gastgeber und erklärte ihm sogar, dass es mehrere Vorhänge wie diesen gab. Der, durch den er gefallen war, hatte sich früher im Ätna befunden. In einer kleinen Höhle, unterhalb des Kraters. Ganz ungefährlich, aber gut versteckt. Zauberer hatten ihn dann nach London gebracht und in die Mystery-Abteilung gesteckt. Bis Sirius schließlich durchgefallen war, war Hades der Ansicht gewesen, vor unpassenden Besuchern verschont zu bleiben. Nicht dass er Besuch nicht liebte, wie er versicherte, doch es wäre so schwierig, sich wieder von diesen Besuchern zu trennen. Hades liebte das Neue und konnte von Geschichten aus der Welt Jenseits des Vorhangs nicht genug bekommen. Doch war er ein so moralisches Wesen, dass er es verstand, seine eigenen Bedürfnisse hinter denen der Allgemeinheit zurücktreten zu lassen.

Als Oros endlich kam, verschwanden Kuchen und Tee und Sirius wusste, dass es Zeit war, zu gehen.

"Achte auf dich!", rief ihm sein Gastgeber noch hinterher, bevor die beiden Was-auch-immer ihn in ein Zimmer brachten, das vollkommen ohne Möbel war. In einer Wand waberte ein schwarzer Nebel, der die Konsistenz heißen Pechs hatte, jedoch Kühle ausstrahlte.

"Da musst du durchgehen und du solltest auf Hades hören. Achte auf dich!"

Dann schubsten ihn die beiden schwebenden Wölkchen durch den zähen Nebel und Sirius stolperte in die Mystery-Abteilung. Er warf dem Vorhang einen irritierten Blick zu und bevor er reagierten konnte, traf ihn ein harter Gegenstand auf den Kopf.


Hogwarts, Gegenwart

Harry war überrascht, als sein Pate den Druck seiner Hand erwiderte.

"Sirius?", fragte er und beobachtete das Gesicht des Mannes genau. Gab es ein Anzeichen, dass er tatsächlich erwacht war oder war es Einbildungskraft? Sirius' Lider flackerten, schließlich hoben sie sich und Harry konnte in müde hellgraue Augen schauen.

"Du bist wach!", stellte er unnötigerweise fest.

"Beinahe", flüsterte Sirius und lächelte. Sein Lächeln hatte etwas sonderbar Befreiendes. Harry spürte, dass etwas während der Ohnmacht in Sirius geschehen war. "Haben sie ihn..." Sirius sprach leise und stellte die Frage nicht zu Ende. Aber Harry wusste wen und was er meinte.

"Nein! Er ist auf der Flucht. Hermine ist bis auf ein paar Rippenbrüchen nichts geschehen."

Sirius nickte und schloss die Augen.

"Das war keine Ãœberraschung", murmelte er. Harry verstand nicht, allerdings kam er auch nicht dazu zu fragen, da Madam Pomfrey hereingetrippelt kam.

"Habe ich da etwa Stimmen gehört?", fragte sie und zwinkerte Harry zu. Harry verdrehte die Augen. Krankenschwestern glichen einander wie ein Ei dem anderen. Äußerlich sicher nicht, doch in ihrem Verhalten traf diese Beobachtung allemal zu. Sie hatten alle diesen großmütterlichen Ton an sich, der vor Geduld und sanfter Zurechtweisung nur so troff. Sie sprachen gerne in der Mehrzahl von den Patienten, auch wenn sie nur einen vor sich hatten, was von jedem, aber ausnahmslos jedem als nervtötend empfunden wurde.

"Sind wir endlich zu uns gekommen? Das ist aber schön. Nun werden wir sicher so richtigen Hunger haben!"

Mit wedelnden Händen verscheuchte Madam Pomfrey Harry von Sirius' Bett und dirigierte ihn zu Ginny und Hermine. Ron stand bereits an der Tür und gähnte ausgiebig.

"Auch für Sie wird es Zeit, Mr Potter und Mr Weasley etwas zu essen. Die beiden jungen Damen sind hier in guten Händen. Nun aber ab mit Ihnen, das Frühstück wartet!"

Den beiden Jungen blieb nichts anderes übrig, als den Anweisungen Madam Pomfreys zu folgen. Harry blieb unschlüssig an der Tür stehen und musterte die beiden Mädchen. Ginny sah noch immer unnatürlich blass aus und rührte sich kaum im Schlaf, während Hermine den Kopf von Zeit zu Zeit heftig zur Seite warf und die Finger ins Bettdeck krallte. Er wollte weder seinen Paten, noch zwei der wichtigsten Personen in seinem Leben alleine lassen. Doch sein Magen verlangte sein Recht und das mit Nachdruck.

° ° ° ° ° ° °

"Du siehst besser aus, als ich es erwartet habe, Sirius", begann Madam Pomfrey, nachdem die beiden Jungen den Raum verlassen hatten.

"Der Schleier hat sich zum Teil gelüftet!", antwortete Sirius kryptisch. Doch Poppy verstand ihn und lächelte erleichtert. Sie reichte ihm einen Teller Suppe und er begann ohne rechten Appetit zu essen. Er deutete mit dem Stielende des Löffels auf Hermine und Ginny und fragte: "Die Beiden werden doch wieder in Ordnung kommen?"

Poppy, die an seinem Bett gesessen hatte, erhob sich und sah nach Hermine. Sie ergriff ihre Hand und fühlte ihr den Puls.

"Bei Miss Granger habe ich keine Befürchtungen. Sie hat zwar große Schmerzen durch diese Bestie erlitten, aber Miss Weasley... Ich musste ihr ein sehr starkes Beruhigungsmittel geben. Ich hoffe, dass Molly bald erscheinen wird. Doch hat es an vielen magischen Orten ähnliche Überfälle gegeben; ich befürchte, sie wird aufgehalten werden. Arthur ist im Ministerium. Die Nachrichten überschlagen sich. Die Auroren waren völlig überfordert und sind komplett überrumpelt worden."

Sirius knallte den Löffel in die Reste der Suppe. "Er ist keine Bestie!", zischte er. "Ich hätte es verhindern können!", gab er leise zu. Unbewusst zuckte er zusammen, doch der Schmerz, der vor kurzem einem solchen Ausspruch gefolgt wäre, blieb aus. Ungläubig tastete er nach seinem Gesicht, doch bis auf verschorfte Wunden und schmale Narben ertastete er nichts. Irritiert betrachtete er seine Fingerkuppen. Es klebte kein Blut an ihnen. War er die Anxifrumbrae los? Und wie hatte er das geschafft?

"Sirius! Rede nicht solchen Unsinn. Niemand hätte dir geglaubt und mal ehrlich: Ich kann mir das Verhalten der Werwölfe nicht erklären. Wir stehen von einem Rätsel und es ist weder deine noch meine Aufgabe, dieses zu lösen. Nun iss deine Suppe auf! Und dann wird geschlafen!", orderte Poppy an. Sie strich glättend über Hermines Decke und legte ihre Hand sanft auf die Stirn des Mädchens. Sie streichelte Ginny einmal kurz über die Wange und Sirius erkannte den leicht besorgten Ausdruck in Poppys Gesicht.

"Nichts übrig lassen, Sirius, die Hauselfen werden mir berichten, wie dein Teller zurückging!"

Sirius musste schmunzeln und aß brav die Suppe auf. Als Poppy den Raum verlassen hatte, krabbelte er mühsam aus dem Bett. Die Welt um ihn herum drehte sich und er bekämpfte den Wunsch, sich zu übergeben. Gehirnerschütterung!, dachte er ärgerlich. Er tastete sich langsam an seinem Bett weiter bis er den Gang vor sich hatte, der ihn von den beiden Betten der Mädchen trennte.

Wenn er einen Arm sehr lang machte, würde er den Knauf von Ginnys Bett erreichen. Sirius streckte sich und berührte ihn mit dem Mittelfinger. Er musste nur loslassen und einen raschen Schritt vorwärts machen und schon wäre er am Ziel. Sirius biss die Zähne zusammen und wartete einen Moment, bis die Welt sich weniger schnell drehte. Dann holte er Luft und machte den Schritt. Er klammerte sich ans Bett und tastete sich an ihm entlang, bis er direkt neben Ginnys Kopfkissen stand. Er strich ihr über die Stirn und die Wange.

"Es tut mir Leid, dass du von ihrem Tod so hast erfahren müssen. Sie hat mir erzählt, obwohl sie sehr wütend auf mich war, wie sehr du sie beeindruckt hast. Sie meinte, du hättest das Zeug zu einer Mitarbeiterin in der Mystery-Abteilung. Ach Ginny, ich wünschte, ich könnte..."

Er sackte in sich zusammen und landete auf dem Stuhl neben dem Bett. Seine Stirn landete auf der Matratze. Sirius gab sich alle Mühe ruhig zu atmen, den Schwindel in den Griff zu bekommen und die Übelkeit zurückzudrängen. Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf sein Innenleben. Er hatte über Hermine jenen Dunst gesehen, der Rea umgeben hatte. Hermine war noch nicht außer Gefahr. Es gab offenbar noch einen anderen Plan.

Von Sirius unbemerkt drückte sich nicht weit von ihm entfernt in einem kleinen Loch in der Wand eine Ratte herum. In deren Kopf sich finstere Pläne und grauenvolle Befehle abspielten.

Wenn er versagt und sie mich im Stich lässt, Wurmschwanz, dann musst du es tun und lass es so aussehen, als sei er es gewesen.



Zur gleichen Zeit in Stonehenge

"Versagt!", zischte Voldemort. "Dieses Medium war unfähig!", fauchte er. Er hinkte vor Bellatrix und Mister hin und her. Die Artefakte waren zerstört, das Buch Slytherins hatte sich geschlossen und ließ sich nicht mehr öffnen. Ein Häufchen Asche im Zentrum des Steinkreises war das einzige, was von Norna übrig geblieben war und von Narzissa war noch keine Nachricht eingetroffen. Er war denkbar schlechter Laune. Sogar Nagini hatte sich in einem Loch verkrochen und weigerte sich, wieder hervorzukommen.

"Die Alte Schwarzseherin war nicht mächtig genug!", seufzte er. Er warf der zerkratzten Bellatrix einen Blick zu, der ihr alle Schuld zuwies. "Du hast mich doch erst auf die Idee gebracht, die Alte zu nehmen? Hast du mit deiner Schwester gemeinsame Sache gemacht, um mir den Augenblick meines Triumphs zu zerstören?"

Er humpelte auf Bellatrix zu und packte sie an ihrem Schopf. Er zwang sie, ihn anzusehen und stieß zwischen den Zähnen hervor: "Was soll ich nun mit dir tun?" Er ließ sie los und Bellatrix fiel in ihre kniende Position zurück.

"Dann muss eben Wurmschwanz seinen Part zu meiner Zufriedenheit erledigen!"

"Wurmschwanz?", fragte Mister und Voldemort spürte, wie schwer es diesem fiel, es überhaupt zu wagen, ihn anzusprechen. "Noch wissen wir nicht, ob der Werwolf versagt hat, Mein Lord!"

"Das Mädchen lebt noch, sonst würde ich Potters Wut deutlicher wahrnehmen. Auch wenn seine Gedanken meinen neuerdings verborgen sind, sind es seine Gefühle noch nicht völlig", erklärte Voldemort und legte den Kopf schief. Er musterte das Buch Salazar Slytherins und wunderte sich, wieso es sich ihm, seinem einzigen lebenden Nachfahren, verweigerte. Bei seinen Recherchen hatte es sich ihm zwar offenbart, doch nun weigerte es sich. Der Dunkle Lord fluchte stumm und versuchte, sich auf Harry zu konzentrieren. Doch es misslang.

"Eigenartig, jemand muss den Jungen ausgezeichnet in Okklumentik unterwiesen haben. Selbst seine Emotionen sind nur Schatten in einem dunklen Raum für mich", murmelte er ohne auf die beiden hinter sich zu achten.

Hier ging etwas vor, dass sich seinem Verständnis entzog und er wurde das Gefühl nicht los, dass ihm seine Pläne aus den Händen glitten. Er hatte drei heiße Eisen im Feuer gehabt. Zwei davon waren Personen, die im dichten Umfeld Potters handelten. Er hatte Narzissas Pläne zu seinen gemacht, sie ausgefeilt und dafür gesorgt, dass sie mit seinen zusammenliefen, dadurch hatte er einen Fuß in der Tür zu Potters emotionalem Zustand gebracht. Remus Lupin zu manipulieren war wahrlich ein gelungener Schachzug. Mit Sirius hatte er einen weiteren Pluspunkt gehabt. Durch Mister war er ihm in die Hände gefallen. Es war so einfach gewesen, den desorientieren Sirius Black, als dieser wieder vor dem Vorhang aufgetaucht war, falsche Erinnerungen einzupflanzen.

Es waren Erinnerungen an Qualen gewesen und an einen Pakt, den es nicht gab, der ihn dennoch in den Wahnsinn treiben würde, wenn er ihn brach. Beinahe wäre es auch gelungen. Er hatte Black unterschätzt und hätte ihm nicht der Obhut Malfoys überlassen dürfen. Dann wäre das Experiment nicht daneben gegangen. Mit Black als eigentlichen Wandler zwischen den Welten, als jemanden, der durch seine Erlebnisse den sich nähernden Tod sehen konnte, der nicht verbergen konnte, wo er gewesen war; dieser Black wäre das geeignete Medium gewesen.

Das dritte heiße Eisen hatte sich kurioserweise selbst ins Spiel gebracht. Als Narzissa ihm erzählt hatte, dass sie über Artemis Lilienwood, die Nachfahrin des großen Meisters, der den größten Zauberer aller Zeiten ausgebildet hatte, an die notwendigen Zutaten gekommen war, um Lupin zu manipulieren, hatte er an ein wohlgesonnenes Schicksal geglaubt. Doch alles war schief gegangen.

Wütend fegte Voldemort mit seinem Arm die Bücher, Pergamente, Federn und Tintenfässer von seinem Arbeitstisch und brüllte seinen Zorn hinaus.

"Mein Lord, vergebt mir, aber ich weiß, warum Eure Pläne misslingen mussten!"

Voldemort wandte sich dem Sprecher zu und sein Gesicht wurde zu einer undurchdringlichen Maske. Im derangierten Vorzelt war Narzissa Malfoy in eine tiefe Reverenz versunken und hielt die behandschuhte Hand eines hageren Mannes, dessen Kopf gesenkt war, um ihn zu begrüßen.

"Lucius, willkommen in der Freiheit!", zischte Voldemort. Er hinkte auf das Paar zu und streckte dem ausgezehrten Mann seine Hand entgegen. "Pläne versteckt in Plänen. Deine Frau wäre bewundernswert, hätte sie sich nicht meinen Wünschen widersetzt."

Lucius lächelte und neigte den Kopf trotz seiner Hagerkeit mit gelassener Eleganz erneut.

"Meine Frau verdanke ich Euch, Mein Lord. Ihr braucht mich, Mein Lord, Ihr hättet mich schon früher gebraucht."



° tbc °


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Selbst Muggel wie wir sollten diesen freudigen, freudigen Tag feiern! Jenen nämlich, da sich der Londoner Verlag Bloomsbury entschloss, die Manuskripte der britischen Autorin Joanne K. Rowling zum Druck anzunehmen und sie der breiten, nichtmagischen Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Susanne Gaschke, Die Zeit