Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Harry Potter und das Geheimnis seiner Ahnen - Der Tag danach

von Eosphoros

13. Der Tag danach


Als Harry erwachte, ahnte er nicht, was er in der Nacht durchgemacht hatte. Er wunderte sich nur, warum er in seiner Straßenkleidung auf seinem Bett lag und nur die Decke seinen Körper bedeckte, in die er vor einigen Tagen Hermine eingehüllt hatte. Er richtete sich auf und... merkwürdig, das Zimmer um ihn herum begann sich zu drehen. Ein brennendes Ziehen machte sich hinter seiner Stirn bemerkbar. Mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht tastete er nach seiner Narbe. Sie glühte unter seiner Hand, dann wurde ihm schwarz vor Augen. Harry fiel zurück in seine Kissen. Er wartete, bis der Schmerz und der Schwindel nachgelassen hatten, und sah sich dann in seinem Zimmer um.
Harry stutzte. Er hatte Remus gar nicht bemerkt. Dieser saß mit auf der Brust gesunkenem Kopf in einem Lehnsessel unmittelbar in der Nähe von Harrys Bett. Seine langen Beine lagen gekreuzt auf einem Hocker, sein rechter Arm baumelte über der Armlehne und sein linker ruhte locker auf seinem Bauch.

Harry wunderte sich, warum Remus die Nacht über hier in dieser unbequemen Position geschlafen hatte. Er versuchte sich erneut aufzurichten. Wenn er sich anstrengte, dann würde es sicher gehen, versuchte er sich Mut zu machen. Er schwang leise die Beine über die Bettkante und kam langsam mit dem Oberkörper nach. Na bitte, es ging doch. Schließlich berührten seine Füße den Boden und er saß. Ein Schwung nach vorn und Harry stand. Allerdings nicht lange, denn der Schwindel packte ihn und er sackte zusammen. Mit dumpfem Knall schlug sein Kopf auf dem Boden auf.

Remus schreckte aus dem Schlaf, sprang auf und starrte auf Harrys leeres Bett. Er hastete um die Schlafstatt herum und entdeckte ihn auf dem Boden liegend. Mit schockiert geweiteten Augen schaute Harry zu ihm empor und rief entsetzt: "Remus, was ist hier los, warum wird mir schwindlig!? Warum hast du hier geschlafen!? Was war in der vergangenen Nacht!?"

Remus schmunzelte: "Glaubst du nicht, dass es lächerlich wirkt, wenn du solche Fragen stellst, während du auf dem Fußboden liegst? Übrigens wünsche ich dir auch einen guten Morgen."

Er bückte sich und half Harry hoch. Schließlich lag der Junge wieder ordnungsgemäß in seinem Bett. Zornig über seine Schwäche, für die es in seinen Augen doch keinen Grund gab, drehte sich Harry zur Fensterseite, schob die Hände unter den Kopf und begann zu schmollen.

Remus lachte: "Schmoll du nur. Aufstehen darfst du trotzdem nicht. Tante Artemis würde mich erwürgen, ließe ich es zu. Ich werde ihr sagen, dass du wach bist, und noch genauso schwierig wie sonst. Sie kommt dann mit dem Frühstück. Wenn du etwas gegessen hast, dann wird es dir auch wieder besser gehen."

Remus verließ das Zimmer. Er konnte Harrys Wut gut verstehen. Harry war nie ein Schwächling gewesen, auch wenn viele vor allem sein Cousin und einige Slytherins für schwach hielten, war er immer stark und hart im Nehmen gewesen, keineswegs schwach. Wie auf Kommando hörte Remus, wie Harry eines der Kissen gegen die Tür warf. Er musste grinsen. Ein Gutes hatte seine monatliche Mutation in einen Werwolf, sein Gehör war ganz ausgezeichnet. Das Grinsen erstarb auf seinem Gesicht. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wie er Harry erklären sollte, was in der Nacht geschehen war. Wer hätte auch damit rechnen können, dass Harry sich nicht daran erinnern würde, was in der Nacht los war. Einfach nur zu sagen, Hey, Harry, du warst über Nacht mal kurz dein Vater und bist Voldemort begegnet, konnte Remus nicht. Also ging er zu Dumbledore und Artemis, die im Salon der Hausherrin saßen und dort seit Stunden redeten. Vielleicht wussten sie Rat.


"Artemis, wie oft soll ich noch wiederholen, dass ich keine Ahnung habe, was mit Harry geschehen ist. Ich kann es mir nicht erklären. Noch vor wenigen Wochen, haben mich Voldemorts Augen aus Harrys Gesicht angestarrt. Noch vor wenigen Wochen hat Voldemort versucht mich dazu zubringen, Harry zu töten. Und gestern Nacht träumt der Junge in Gestalt seines Vaters von der Vergangenheit! Wenn das wieder ein Trick von Tom Riddle ist, dann habe ich nicht die leiseste Vorstellung davon, was er damit bezweckt. Ich stehe vor einem Rätsel", rief Dumbledore leicht erregt aus.

Er war nicht zornig auf seine Gesprächspartnerin oder auf Harry, der wieder einmal für Unruhe sorgte, sondern auf seine eigene Unfähigkeit, die Dinge zu erklären, hinzukam, dass sich der Direktor von Hogwarts noch immer nicht verzeihen konnte, was er im vergangenen Schuljahr durch seine eigene Narrheit verschuldet hatte. Ein guter Mann war seinetwegen getötet worden. Er hatte das Vertrauen von Harry so gut wie verloren. Allmählich fragte er sich, ob seine Entscheidung, das Trio in den Orden aufzunehmen, nicht zu guter Letzt auch darauf basierte, einen Teil von Harrys Vertrauen wieder zu gewinnen. Schließlich waren die drei noch keine fertig ausgebildeten Zauberer und konnten noch nicht einmal apparieren.

Albus Dumbledore war ratlos. Es kam nicht sehr oft vor, aber wenn, dann kannte seine Ratlosigkeit keine Grenzen. Er hatte sich unfähig gefühlt, als er Harry so außer sich gesehen hatte, wie er sich auf dem Bett umhergewälzt und in merkwürdig tonloser Stimme gesprochen hatte: "Ich? Mich Ihnen anschließen? Nein! Niemals! Ich vertraue meiner Frau, ich vertraue meinen Freunden."
Leicht hatte Dumbledore James' Tonfall erkannt und war überrascht gewesen, so überrascht, dass er nicht hatte handeln können. Remus hatte das einzig Vernünftige getan und Harry...
Dieser trat im gleichen Augenblick ein, nickte einen kurzen Gruß und begann: "Er ist putzmunter, solange er im Bett liegt. Und er weiß es nicht mehr."

Remus setzte sich in den nächstbesten Sessel, dicht am Feuer und starrte hinein. "Er kann sich nicht einmal mehr daran erinnern, dass wir uns am Abend noch unterhalten haben."
Artemis, ganz Gastgeberin der alten Schule, erhob sich und orderte für Harry erst einmal ein tüchtiges Frühstück.
"Die Erinnerung wird wiederkommen, wenn er ein wenig Abstand hat, das ist immer so. Wir sollten uns eher überlegen, ob wir die Initiation der Kinder nicht doch verschieben wollen", brachte sie sachlich hervor.
Remus starrte weiter ins Feuer und erwiderte: "Wenn du willst, dass sie dir ins Gesicht springen, dann ja. Aber du sagst es ihnen und warte bitte, bis ich mich in Sicherheit gebracht habe."
Artemis funkelte ihn an und meinte leicht pikiert: "Dein Sarkasmus ist vollkommen fehl am Platze, mein Junge. Es war nur ein Vorschlag. Albus?"
Dumbledore blickte sinnend aus dem Fenster, er hatte nicht zugehört. Er murmelte leise vor sich hin: "Harry muss allein einen Weg gefunden haben, Voldemort zu blockieren. Anders kann ich es mir nicht erklären. Es ist mir ein Rätsel, wie er das geschafft hat. Er hat..."
"Albus?", rief Artemis lauter.
Der Angesprochene drehte sich der Dame zu: "Was ist, meine Liebe?"
Artemis verdrehte die Augen und stöhnte: "Die Initiation der Kinder! Ich würde sie an deiner Stelle verschieben."
Albus schüttelte den Kopf. "Das kommt gar nicht in Frage. Harry wird heute Abend wieder der alte sein. Er ist zäh, das habe ich in den letzten Jahren gelernt. Außerdem können wir den Abend nicht verschieben. Alastor hat Verpflichtungen für den Orden, Tonks und Kingsley sind seit einigen Tagen wieder im Dauereinsatz fürs Ministerium. Severus muss den Unterricht vorbereiten. Minerva hat wichtige familiäre Pflichten zu erfüllen, immerhin wird ihre Enkelin dieses Jahr nach Hogwarts kommen. Der Abend findet wie geplant statt, es ist der einzige, an dem alle hier sein werden. Harry hat noch gut zwölf Stunden. Das wird ihm reichen, sich zu erholen."

Artemis fügte sich und verschwand mit einem gemurmelten: "Entschuldigt mich, ich habe noch einiges vorzubereiten. Außerdem sollte ich mal nach dem Jungen sehen. Damit er wirklich fit ist für den Abend." Krachend flog hinter ihr die Tür ins Schloss.
Dumbledore und Lupin zuckten zusammen. Remus grinste schief. Schweigend verbrachten sie die nächste halbe Stunde miteinander. Sie sahen sich weder an, noch schien einer des anderen Gegenwart zu registrieren.
Schließlich räusperte sich Remus: "Wir müssen sie noch vorbereiten."
Dumbledore nickte, was Remus nicht sehen konnte.
"Ihr Wissen um den Orden ist gering", fuhr Remus fort.
Wieder nickte Dumbledore.
"Ich werde gehen und ihnen einiges erklären", entschied Remus kurzerhand, stand auf und war schon fast bis zur Tür gelangt, als Dumbledore sich umdrehte und laut fragte: "Hast du Harry gegenüber erwähnt, dass du mit Lily bei Norna warst?"

Remus blieb stehen. Er hatte die Tür vor der Nase und schluckte. Leugnen half nichts. "Ja, das habe ich. Harry hat ein Recht darauf, zu erfahren, was seine Eltern taten und wer sie waren. Vor allem jetzt, nachdem der beste Freund seines Vaters ihn nicht mehr aufklären kann, hat er ein Recht darauf, dass wenigstens ich ehrlich zu ihm bin."

Remus wartete eine Reaktion des Direktors nicht ab, sondern verließ fluchtartig den Salon.
Dumbledore schüttelte den Kopf, die Spitze hatte getroffen. Er war leicht schockiert, aber auch froh, dass Remus ehrlich war. Ein leichtes Lächeln erschien auf dem Gesicht des alten Zauberers, sollte das alles gewesen sein? Sollte Harrys einziger Schutz vor einem Übergriff Voldemorts in seine Gedankenwelt das Wissen um seine Eltern sein? Dumbledore bemerkte zu seinem Entsetzen, dass er mehr als einen Fehler gemacht hatte. Er hatte Harry zu sehr schützen wollen und hatte dadurch ihn und auch sich in Gefahr gebracht. Dumbledores Finger krallten sich in das Fensterbrett. Er erblickte sein schwaches Spiegelbild im Glas und seufzte ihm zu: "Du alter Narr. Du hättest ihm Vieles ersparen können."

Hermine wartete, bis Remus Harrys Zimmer verlassen hatte. Dann schlich sie auf Zehenspitzen hinüber und schlüpfte in den Raum. Leise schloss sie die Tür hinter sich und blickte sich um. Es sah aus, wie auf einem Schlachtfeld. Die Federn eines zerrissenen Kopfkissens lagen direkt vor der Tür. Seine Reste zogen eine Spur bis an Harrys Bett heran. Bücher, Schreibfedern und Pergamente lagen verstreut auf dem Boden. Hermine schaute entsetzt auf den Rücken Harrys. Er lag zusammengerollt auf dem Bett. Die Decke hatte er weit an das Fußende zurückgeschoben und zusammengeknautscht. Er hasste seine Schwäche, er verabscheute es hilflos sein. Was war nur geschehen, dass er nicht aufstehen konnte ohne zu Boden zu fallen. Es war nicht neu, dass seine Narbe schmerzte, aber etwas war anders.
"Harry?", flüsterte Hermine mit deutlichem Unverständnis in der Stimme.
"Was!?", fauchte Harry zurück, ohne sich umzudrehen. Das machte Hermine wütend. Sie stemmte die Hände in die Hüften und reagierte ärgerlich: "Du brauchst mich gar nicht so anzufauchen. Ich wollte nur fragen, wie es dir geht und ob du dich heute besser fühlst. Ich hatte ja keine Ahnung, dass Sie schlecht geschlafen haben, mein Herr. Bitte, wenn meine Anwesenheit unerwünscht ist, dann kann ich ja gehen."
Harry hörte, wie Hermine zur Tür eilte und den Knauf herunterdrückte. Er schnellte hoch in den Sitz, wandte sich ihr zu und rief entsetzt: "Nein, bitte bleib. Es tut mir Leid."
Er schwang seine Füße über die Bettkante und wollte zu ihr eilen. Aber da war er wieder, der Schwindel. Harry schwankte, fiel schmerzhaft auf seine Knie und fand sich in einer unmöglichen Position vor dem Bett wieder.

Hermine hörte den Aufprall, sah sich um und starrte ihn entsetzt an. So schnell es ihr möglich war, kauerte sie neben ihm, griff unter seine Arme und versuchte ihn hochzuziehen.
"Harry, was hast du?"
Aber Harry schüttelte nur den Kopf. Er versuchte tief und gleichmäßig durch die Nase zu atmen, kalter Schweiß trat auf seine Stirn, und Harry glaubte Sterne zu sehen. Schwer stützte er sich auf Hermine.
"Es ist nichts", murmelte er.
Imperius, hallte es in seinem Kopf. Harry schloss die Augen und zischte: "Niemals!"
Hermine zuckte zusammen. Sie ignorierte Harrys Zischen und versuchte ihn zurück aufs Bett zu hieven, aber es klappte nicht. Harry hatte etwas zugenommen und war größer geworden, sie hingegen war noch immer sehr zierlich.
"Ich schaff das nicht. Harry, du musst mithelfen. Du bist zu schwer."
Harry nickte benommen und suchte hinter seinem Rücken mit der Hand nach Halt, fand ihn und zog sich von Hermine gestützt hoch aufs Bett. Als er wieder lag, fühlte er wie der Schwindel nachließ und seine Gedanken klarer wurden.
Hermine zitterte vor Anstrengung. Sie machte sich, um es zu überspielen, ans Aufräumen und begann nervös zu plaudern.
"Ich... ich meine wir... dass heißt, Ron und ich, haben uns Sorgen um dich gemacht. Naja, du warst gestern Abend schnell im Bett und heute morgen nicht beim Frühstück. Ron hat gehört, dass wir heute Abend in den Orden aufgenommen werden."
Ein Stapel Bücher lag ordentlich auf dem Tisch.
"Heute?", fragte Harry verwundert. "Sicher wird es Professor Dumbledore freuen, wenn er es wieder verschieben kann, da es mir doch so schlecht geht", fügte Harry bissig an.
Mit einem lauten Platsch, klatschte Hermine die Pergamente neben die Bücher. "Glaubst du vielleicht, dass Professor Dumbledore nur darauf wartet, dass du wieder einmal auf der Krankenstation landest, nur um zu verhindern, dass wir uns am Kampf gegen Voldemort beteiligen? Glaubst du das? Er weiß, dass das nichts bringen wird. Haben wir uns jemals von irgendetwas oder irgendjemandem davon abhalten lassen, gegen diesen... diesen... diesen... Ach-Was-Weiß-Ich vorzugehen? Du hältst dich wohl für sehr wichtig."
Harry wurde rot. Er schämte sich. Natürlich hatte Hermine Recht, es drehte sich nicht alles um ihn, und tatsächlich ließen sie sich nichts vorschreiben, wenn es darum ging, gegen die schwarze Magie zu kämpfen.
Als Hermine sah, wie betreten Harry war, lächelte sie versöhnlich, legte den letzten Stapel Pergamente auf den Tisch und trat zu ihm ans Bett. Sie setzte sich zu ihm, nahm seine Hand und lächelte ihm offen ins Gesicht. "Harry, es tut mir Leid. Ich hätte nicht so harte Worte gebrauchen dürfen."
Harry grinste verlegen zurück. Sie sah einfach nur zauberhaft aus, wenn sie so lächelte, zuckte es durch seinen Kopf. Er mochte ihre weichen Züge und das Glitzern, das in ihren Augen lag, wenn sie mit unermüdlicher Begeisterung von Themen sprach, die niemanden außer sie interessierten. Er liebte ihre Miene, die sie machte, wenn sie im Unterricht eine Antwort wusste oder ihn und Ron belehrte. Harry wurde noch röter, er hatte noch nie solche Gedanken gehabt, wenn er Hermine ansah. Sie schien nicht zu bemerken, dass er sich unbehaglich fühlte. Sie legte eine Hand über seine, beugte sich vor und drückte ihm einen sanften Kuss auf die Wange.
"Es tut mir Leid. Ich muss los, Ron wird sich sonst wundern, wo ich so lange bleibe. Er wollte mit Ginny Sturzflüge üben für die neue Saison. Ich habe versprochen dabei zu sein."
Harry neigte sich zu Hermine und gab ihr einen leichten Kuss auf die Wange.
"Danke, dass du da warst. Grüße die anderen von mir."
Hermine nickte, stand auf und eilte zur Tür. Wenige Sekunden später war sie verschwunden, und Harry blieb sinnend zurück. Wann hatte er begonnen, in Hermine mehr zu sehen als einen Freund, wie Ron einer war. Harry wusste es nicht. Er wusste nur, dass es heimlich und verborgen passiert war, und dass er sich seltsam einsam fühlte, wenn sie nicht da war.
Tante Artemis fand Harry tief in Gedanken versunken vor. Sie hatte eine kleine Schar von Hauselfen bei sich, die schwer beladene Tabletts mit allerlei leckeren Sachen in Harrys Zimmer hineintrugen.
"Ich habe keinen Hunger", reagierte er, als ihm der Duft von Essen in die Nase stieg.
Artemis schmunzelte. Sie hatte gesehen, wie Hermine aus Harrys Raum geschlichen war und amüsierte sich köstlich über die beiden, wie man ihrer Miene entnehmen konnte. Sie gab den Elfen ein Zeichen, dass sie ihre Tabletts ruhig abstellen und gehen durften. Die Elfen verneigten sich, nachdem sie sich ihrer Last entledigt hatten, und verschwanden aus dem Raum. Harry hatte weder die Elfen noch seine Tante angesehen. Er starrte, soweit es von seinem Bett aus möglich war, aus dem Fenster in den Himmel. Dieser war grau wie an jedem der letzten Tage. Harry ahnte, dass etwas in der Luft lag. Allmählich kannte er die Indizien, das Pochen in seiner Narbe, das merkwürdige Gefühl beim Aufwachen...
Harry überlegte. Er fühlte sich merkwürdig, irgendwie ausgelaugt, als hätte er die ganze Nacht nicht geschlafen, sondern Quidditch gespielt. Er tastete nach seiner Narbe; sie schmerzte, sie schmerzte so ungeheuerlich, dass ihm sogar schwindlig geworden war, und er sich nicht hatte auf den Beinen halten können.
Er spürte die Anwesenheit seiner Tante und stellte sich vor, wie sie Löchern in seinen Hinterkopf starrte. Ruckartig richtete er seinen Blick auf sie und flüsterte kaum hörbar: "Ich habe in dieser Nacht geträumt. Nicht wahr?"
Artemis schaute kurz auf den Boden und ihm dann ins Gesicht. Sie kam auf sein Bett zu und setzte sich auf die Kante. Mit einer Ruhe, die Harry reizte, schlang sie ihre Hände ineinander und überlegte.
"Habe ich geträumt, Tante Artemis?!", fragte Harry leise aber ungeduldig. Hätte er lauter gesprochen, hätte sie die Unsicherheit in seiner Stimme hören können.
Die Tante senkte die Augen. Nach kurzem Überlegen nickte sie entschlossen, sah ihren Großneffen an und erwiderte: "Ja. Ja du hast geträumt..."
Harry wunderte sich, warum sie so lange gebraucht hatte, ihm zu antworten. Ja, er hatte geträumt, aber das tat er doch häufig, beinahe regelmäßig. Wieso... Harry grübelte. Dieser Traum musste gänzlich anders gewesen sein im Vergleich zu jenen, die er zuvor gehabt hatte. Warum konnte er sich nicht daran erinnern.
Imperius, Harry erschrak, als er diese Stimme nun schon zum zweiten Mal in seinem Kopf hörte. Sie kam ihm bekannt vor. Er wusste, dass er sie schon früher gehört hatte, nicht als Hermine ihn vom Boden aufgesammelt hatte, sondern noch früher. Imperius, Harry fühlte, wie er sich versteifte, wie jemand einen Fluch in seinen Gedanken aussprach. Nein! Niemals!, dachte Harry automatisch.
"...wenn man das, was du erlebt hast, als Traum bezeichnen will, dann hast du wohl geträumt. Genau genommen, war es wohl keiner, ich denke, und Nostradamus würde mir Recht geben, dass es so eine Art Echo der Vergangenheit war. Ja, ich denke, das beschreibt dein Erlebnis der letzten Nacht besser, als dieser abgedroschene Begriff Traum'. Vision'? Nein. Nein, das trifft es auch nicht, schließlich war es ja schon der in Vergangenheit geschehen, was du geträumt hast."
Artemis plauderte vor sich hin und philosophierte über Traum, Echo und Vision. Sie reichte Harry nach und nach sein Frühstück. Schweigend hörte er zu, griff mechanisch nach dem, was sie ihm gab, und aß. Artemis lächelte leicht, sie hatte, das was sie wollte erreicht. Harry aß, obwohl er doch angeblich keinen Hunger hatte.
Harry grübelte und hörte kaum auf Artemis Worte. Sie schienen ihn in eine Art meditatives Nachsinnen zu treiben. Er sollte von der Vergangenheit geträumt haben? Dabei konnte er sich gar nicht daran erinnern. Wieso sollte er von der... Wie ein Blitz durchzuckte ihn mit einem Mal die Erinnerung. "Vater!", flüsterte er zwischen zwei Bissen.
Artemis unterbrach ihren Redefluss. "Hast du was gesagt, mein Junge?"
Harry schüttelte den Kopf. Das konnte nicht sein; er konnte nicht in der Gestalt seines Vaters geträumt haben. Verwirrt blickte er Artemis an. Die Einzelheiten kamen wieder.
"Er... Ich... war... er. Ich sah ihn,... nein mich, mit seinem Gesicht... oder... nein, ich sah ihn im Schaufenster, durch seine Augen. Ich sah wie Remus und Mutter in die Knockturn Gasse gingen. Ich war... ich war mein Vater!", brachte Harry stockend hervor. Er ließ das Brot fallen, dass er in der Hand hielt. Er zog seine Knie an, stützte die Ellenbogen darauf und legte seine Stirn in seine Hände. Die Erinnerung war wieder da, auch der Schmerz. "Er...", flüsterte Harry heiser. Dann schrie er fast. "ER... war auch dort... ER hat mit mir geredet, ER wollte mich von ihr trennen und Zwietracht säen. Imperius hat ER vor mir gebrüllt, als ich mich weigerte mich ihm anzuschließen. ER sagte, sie würde mich betrügen. Das hat Pettigrew auch behauptet, aber..." Harry bemerkte nicht, dass er in der ersten Person sprach und nicht in der dritten. Er erzählte, als wäre es ihm und nicht seinem Vater passiert.
Endlich, nach einer Zeit des Schweigens blickte Harry mit geröteten Augen wieder hoch und meinte leise: "Voldemort hat versucht, meine Eltern auseinanderzubringen. Er war nie an meiner Mutter interessiert. Es ging ihm einzig und allein um meinen Dad." Missmutig streckte er sich in seinem Bett aus und starrte zur Decke. ... jenen geboren, die ihm dreimal die Stirn geboten haben... die Prophezeiung kam Harry in den Sinn.
Warum hat Voldemort mit soviel Eifer versucht meinen Vater auf seine Seite zu ziehen, auch mit List und Tücke, grübelte Harry, aber er kam zu keinem Ergebnis. Zu viele Dinge waren ihm unklar, zu Vieles verheimlichte man vor ihm. Sicher Remus hatte versucht einen Teil des Dunkels zu lichten, aber das warf nur noch mehr Fragen auf. Harry hatte in seinen Grübeleien vergessen, dass Tante Artemis noch bei ihm auf dem Bett saß. Sie wusste, wann sie überflüssig war und ließ ihn allein.


Hermine eilte, nachdem sie Harry verlassen hatte, die Treppen hinunter und ging nach draußen auf das Gutsgelände. Sie lief um das Haus herum und ärgerte sich leicht. Sie hatte Harry geküsst. Zwar nur auf die Wange, aber es war ein Kuss. Und er - was fiel ihm eigentlich ein - er hatte sie auch auf die Wange geküsst. Wie von selbst strichen ihre Finger über die Stelle, die Harrys Lippen berührt hatten. Zu dumm, wie konnte er ihr auch nur einen solchen Schrecken einjagen und vor dem Bett hinfallen. Sie war sauer. Was war nur geschehen, sonst hatte er Vertrauen zu ihr gehabt, aber nun hatte er nichts gesagt, was auch nur annähernd seinen Zustand erklären könnte.
Hermine verlangsamte ihren Schritt, wenn sie ehrlich war, hatte sie ihn auch nicht gefragt. Sie blieb gänzlich stehen und blickte zu Ron und Ginny. Beide flogen hoch über dem Boden und jagten mit einem Mal davon. Dann steuerten sie ihre Besen in einem Höhenflug weiter nach oben. Schließlich schwebten sie unbeweglich. Ganz leise hörte Hermine wie Ron Ginnys Namen rief und dann sah sie, wie er sich nach vorn lehnte, seinen Besenstiel fest umklammerte und genau auf den Boden zuhielt. Mit atemberaubender Geschwindigkeit raste er auf die Erde zu.
"Zieh ihn hoch du Idiot", murmelte Hermine. Ihr Herz machte einen Satz, als Ron endlich den Besen hochriss. Der Schweif seines Fluggerätes hinterließ eine tiefe Spur im Sand.
Hermine atmete geräuschvoll aus und lief zu den beiden hinüber. Ginny landete gerade neben ihrem Bruder und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.
"Hey, gut gemacht. Fast so gut wie Harry. Du bist noch nie so tief mit dem Besen runter gekommen. Wow. Nicht mehr lange und du wirst den Wronski-Bluff hinkriegen." Ginnys Gesicht strahlte vor Stolz. Und Ron bekam seine obligatorischen roten Ohren.
Hermine kam angeschossen und packte Ron am Kragen. "Ronald Weasley!", ahmte sie perfekt Rons Mutter nach. "Bist du verrückt geworden? Bist du von allen guten Geistern verlassen? Wie kannst du nur so etwas Gefährliches tun und das vor den Augen deiner Schwester. Du hättest dir das Genick brechen können oder sonst etwas. Reicht es dir nicht, dass du in deinen Spielen auf solche Manöver angewiesen bist? Musst du das auch noch in deiner Freizeit machen? Wie kannst du ..."
Ginny legte Hermine eine Hand auf die Schulter und stoppte ihre Schimpfkanonade: "Hermine, ihm ist nichts passiert. Du brauchst dir keine Sorgen machen. Du kannst dich beruhigen. Es geht ihm gut."
Hermine stutzte. Sie ließ Rons Kragen los und schaute ihn verwundert an. Ron schien etwas blass, aber sonst sah er gesund und munter aus. Hermine grinste betreten. "Entschuldige bitte. Ich weiß nicht, was in letzter Zeit mit mir los ist."
Ron zog ein Gesicht. "Ich weiß es. Du machst dir Sorgen um Harry wie jeder von uns. Wie immer", murmelte er so leise, dass Hermine ihn nicht hörte. "Komm Ginny wir müssen weiter machen. Keine Ahnung, wie die Quidditch-Saison in diesem Jahr laufen wird. Falls überhaupt eine laufen wird."
Ginny warf Hermine noch einen nachdenklichen Blick zu, dann bestieg sie ihren Besen und erhob sich in die Luft. Ron wartete bereits oben und rief Hermine zu, sie solle die kleine Schachtel öffnen. Hermine suchte sie und fand sie am Boden. Sie hob den Deckel und entdeckte einen kleinen weißen Ball, der Flügel hatte wie ein Schnatz. Sie nahm ihn aus seiner Schachtel, warf ihn in die Luft und wie sein goldener Bruder begann er zu flattern und schoß davon. Ginny und Ron flogen ihm hinterher. Zwischendurch konnte Hermine hören, wie Ron seiner Schwester Anweisungen zurief und Ginny sie befolgte. Die beiden trainierten wie ein perfektes Team. Sie waren aufeinander eingespielt und kannten die Schwächen und Stärken des anderen.
Hermine schaute den beiden zu, aber nach einer Weile sah sie sie nicht mehr wirklich. Sie starrte vor sich hin und grübelte. Der Orden und das, was Harry über Dumbledore gesagt hatte, ließen ihr keine Ruhe. Wahrscheinlich hatte er Recht, bisher hatte dieser sich geweigert unvollständig ausgebildete Zauberer in die Reihen des Ordens aufzunehmen. Es hatte sie gewundert, Fred und Georg als vollwertige Mitglieder zu sehen, obwohl sie ihre Ausbildung in Hogwarts nie beendet hatten. Aber dass sich der Direktor nun auch noch dazu entschlossen hatte, Zauberschüler der sechsten Klasse aufzunehmen, stimmte sie nachdenklich.
Wahrscheinlich würde er doch alles rückgängig machen, wenn es Harry nicht bald wieder besser ging. Sie machte sich ernstlich Sorgen um ihn. Er hatte blass und verzweifelt ausgesehen, als hätte er eine schlimme Nacht hinter sich. Ob das noch immer mit Sirius' Tod zu tun hatte? Wenn Hermine ehrlich war, konnte und wollte sie sich nicht eingestehen, dass Sirius tot war. Sie hatte ihn sehr gemocht. Seine charmante und leicht aufbrausende Art. Sie lächelte, wenn sie an das vergangene Jahr dachte und daran, wie eingesperrt und nutzlos er sich im eigenen Elternhaus gefühlt hatte. Hermine blinzelte. Sie konnte ihre Gedanken nicht ordnen. Immer wieder kehrten sie zu Harry zurück, ohne dass sie, die doch für alles eine vernünftige Erklärung hatte, auch nur einen sinnvollen Grund dafür fand.
"Hermine?" Hermine zuckte zusammen und schnellte hoch. Remus stand direkt vor ihr und grinste.
"Na du warst mit deinen Gedanken ja weit weg. Wo ist Ron?", fragte Remus und seine Augen suchten das umliegende Territorium ab. Schließlich richtete er seinen Blick in die Höhe und entdeckte ihn und Ginny nicht all zu weit entfernt auf den Besen.
"Ron ist gut geworden. Das wird eine klasse Saison für Gryffindor, wenn er sich mit diesen waghalsigen Manövern nicht selbst noch spielunfähig macht."
Remus hob seinen Zauberstab und schoß einen roten Funken in die Luft. Ron und Ginny reagierten prompt und kamen auf Remus zugeflogen, landeten und schauten ihn mit fragenden Gesichtern an.
"Ginny, es tut mir Leid", begann Remus, "aber du musst dich jetzt eine Weile selbst beschäftigen. Wir, dass heißt Hermine, Ron, Harry und ich müssen uns unterhalten. Sicher hat Tante Artemis nichts dagegen, dass du ihr Gesellschaft leistest. Außerdem gibt es sicher eine Menge zu tun, denn sie erwartet Gäste."
Ginnys Gesicht sprach Bände. Sie wollte nicht gehen, aber es schien, als hätte man ihr bereits gesagt, dass sie sich ohne Murren zu fügen hätte, dass sie auch bald, in einigen Jahren ein solches Gespräch mit einem der Erwachsenen führen würde. Also ging sie ohne Widerworte allein ins Haus zurück.
Remus wartete, bis er sicher sein konnte, dass Ginny nichts mehr von dem hörte, was er zu sagen hatte.
"Professor Dumbledore hat beschlossen, trotz Harrys nun sagen wir mal, angegriffenen Zustandes die Zeremonie durchzuführen. Ich werde euch vorbereiten. Ihr müsst noch ein paar Dinge über den Orden erfahren, um aufgenommen werden zu können."
Remus meinte, dass die kleine Bibliothek unter Artemis' Salon am besten dafür geeignet wäre und führte Ron und Hermine vor die Tür und bat sie zu warten, da er Harry noch holen wollte.


Harry war noch immer am Grübeln, als es klopfte. Konnte man in diesem Haus denn nicht einmal seine Ruhe haben?, wollte er schreien. Aber er schrie nicht, sondern rief gedehnt sein Herein.
Remus steckte den Kopf durch die Tür und fragte scheu: "Hast du noch weitere Kissen, die du werfen willst? Oder kann ich rein kommen, ohne unter Beschuss zu geraten?"
Harry konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und nickte.
Remus sprang mit einem tiefen Seufzen in den Raum und strahlte: "So, die Zeremonie findet heute Abend wie geplant statt. Jetzt nehme ich dich erst einmal mit. Schließlich kannst du nicht unvorbereitet zum Ordensmitglied werden. Also aufstehen, los."
Harrys Herz machte bei dieser Nachricht einen Sprung. Dumbledore würde Wort halten. Sie würden heute Abend zu Mitgliedern des Ordens werden. Er konnte es kaum fassen. Er richtete sich auf, schwang die Beine übers Bett und stand mit einem kräftigen Schwung auf seinen Füßen. Aber wie erwartet, setzte der Schwindel ein. Harry griff nach Remus' Arm und wäre gefallen, hätte er diesen nicht erwischt. Remus reagierte prompt und bugsierte Harry wieder zurück aufs Bett. Tief und schwer atmend starrte Harry ihn an.
Imperius, da war es wieder. Harry schüttelte den Kopf. Diese Stimme sollte aufhören. Er hielt sich die Ohren zu, aber es half nichts. Imperius, hallte es immer und immer wieder.
"Remus", keuchte Harry, "ich kann nicht. Voldemort ist in meinem Kopf. Ich höre ihn, wie er Imperius sagt. Er versucht mich zu kontrollieren", schrie Harry panisch.
Remus kniete vor ihm nieder und versuchte ihn zu beruhigen: "Harry, das ist nur eine Erinnerung an deinen Traum von heute Nacht. Voldemort ist nicht in deinem Kopf, glaub mir."

Harry schaute ihn aus großen Augen an und rief: "Was, wenn du dich irrst. Was, wenn er versucht mich unter seine Kontrolle zu bringen und mich zwingt, wenn ich im Orden bin, ihm die Geheimnisse des Ordens zu verraten?!"
Remus schüttelte den Kopf. Das war eines der Dinge, die Harry, Ron und Hermine heute erfahren sollten. Man verriet den Orden nicht. Man konnte es nicht.

"Harry, vertrau mir. Es ist nur eine Erinnerung." Und er lächelte ihm aufmunternd zu, wie ein Vater es getan hätte. Dann legte er ihm die Hände auf die Schultern, richtete ihn auf und stützte ihn so unauffällig, wie es ging. Die Stimme wurde leiser, aber Harrys Angst blieb. Was, wenn Voldemort doch versuchte, ihn unter seinen Einfluss zu bringen. Harry schwor sich, vorsichtig zu sein. Er wusste seit dem 4. Schuljahr in Hogwarts, dass er gegen Flüche kämpfen konnte, dass sie ihn nicht so leicht zu Boden zwangen. Aber konnte er sich sicher sein, dass es sich bei einem mentalen Befehl genauso verhielt?

Harry zweifelte. Unbemerkt hatte Remus ihn zu Ron und Hermine geführt, die vor einer verschlossenen Tür standen und sich nur böse anstarrten. Harry versuchte zu grinsen, als er Hermines Miene und Rons rollende Augen sah. Die beiden hatten sich mal wieder gestritten. Aber er blieb ernst und in sich gekehrt.

Remus unterdrückte geschickt seine Vergnügtheit. Es war offensichtlich, dass sich alle drei Anwärter in einer schwierigen Phase befanden. Er ließ Harry los, der sich mehr schlecht als recht auf den Beinen hielt und sofort die Wand als Stütze benutzte. Noch immer überkam ihn leichter Schwindel, aber wenigstens war die Stimme in seinem Kopf verstummt. Vielleicht war sie doch nur eine böse Erinnerung an einen bösen Traum gewesen. Harry hoffte, dass dem so war.

Remus öffnete die dicke Holztür, schob das Trio hindurch und schloss sie hinter sich. Harry ließ sich sofort, ohne den Raum eines Blickes zu würdigen in einem der unvermeidlichen roten Sessel nieder. Hermine hingegen war in der Nähe der Tür mit offenem Mund stehen geblieben und staunte. Harry, der ihre Faszination bemerkte, wandte seine Aufmerksamkeit nun doch der Räumlichkeit zu.

Er hatte geglaubt, dass sie mit den drei Bibliotheken, die ihnen schon am ersten Tag von Tante Artemis gezeigt worden waren, alles gesehen hatten, was es an Interessantem in Lilienwood Manor zu sehen gab. Aber da hatte er sich geirrt. Der Raum, in den Remus sie geführt hatte, war kaum halb so groß wie der kleine Salon der Tante und auch keineswegs so imposant in seiner Ausstattung. Dennoch war er einzigartig. An der Wand unter dem Fenster stand ein Schreibpult. Neben diesem gab es Reihen von Regalen, die lauter kleine Nischen hatten, in denen Pergamentrollen säuberlich nebeneinander lagen. Einige wenige Fächer waren leer. In anderen steckte nur eine Rolle, in den meisten jedoch lagen zwei, drei oder mehr Pergamente fein säuerlich nach Themen geordnet.

"Remus, wo sind wir?!", fragte Hermine verzückt. Sie stand vor den Regalen, hob die Hand, aber sie wagte es nicht, die Rollen zu berühren. Nur einen Zentimeter von ihnen entfernt, blieb ihre Hand in der Luft stehen.
Remus lächelte geheimnisvoll. Er nahm aus einer der obersten Regalnischen eine Rolle, reichte sie Hermine und erklärte: "Das sind alles Zauberpergamente. Der erste oder zweite, frag mich nicht, ich glaube es war der erste Lilienwood, hatte eine Schwäche für alte Pergamente, die Zaubersprüche und allerlei anderer magischer Geheimnisse enthielten. Die meisten dieser Pergamente sind nutzlos, die Sprüche, die auf ihnen stehen, stehen auch in euren Schulbüchern. Die Rolle, die Hermine nun in der Hand hält, ist eine andere. Öffne sie", bat er das Mädchen.

Ron stand an die Tür gelehnt und beäugte Remus und Hermine kritisch. Hermine löste das rote Band und entrollte das Pergament. Es war leer.
Verwirrt schaute sie zu Remus, der sie anlachte.
"Was hat das zu bedeuten?!", fragte sie irritiert.

Remus nahm ihr die Rolle ab, knotete das Band wieder zu und bedeutete Hermine und Ron sich zu setzen. Er lehnte sich mit ineinander geschlungenen Armen gegen das Pult und begann: "Diese Rolle werdet ihr am heutigen Abend noch einmal zusehen bekommen und sie dann unterzeichnen. In ihr stehen die Ziele und die Aufgaben des Ordens. Jedes Mitglied hat diese Rolle unterzeichnet, jedes. Hermine ein ähnlicher, wenn auch stärkerer Zauber, wie der, den du auf das Gründungspergament von Dumbledores Army angewandt hast, schützt den Orden vor Verrat und Intrige. Es gibt nur einen Unterschied zu deinem Spruch, die Strafe für Verrat ist härter, als ein einfaches Mal auf der Stirn, oder eine Notiz neben dem Namenszug auf dem Papier. Jeder unterschreibt mit seinem Blut."

Harrys Blick schoss auf seine Hand. Zuckte sie nicht? Traten die weißen feinen Narben nicht deutlicher hervor, als noch vor wenigen Augenblicken?
Remus fuhr fort: "Versucht jemand egal ob ernsthaft aus Überzeugung oder verhext den Orden zu verraten, wird er von Dämonen heimgesucht, die aus seinem eigenen Blut geschaffen wurden. Er vergisst, was war, und bedeutet nicht länger eine Gefahr für uns. Mit seinen Dämonen muss er leben", er machte eine Kunstpause und sprach in sachlichem Ton weiter. "Der Orden ist vor zweiundzwanzig Jahren gegründet worden, als Harrys Eltern, Sirius und ich noch auf Hogwarts waren. Voldemort hatte etwa drei Jahre zuvor begonnen, sich Anhänger zu suchen und wurde auch schnell fündig. Kein Wunder, im Ministerium lief damals so manches schief, viele Zauberer hatten Angst vor der Entdeckung ihrer Welt. Die Scharlatane in der Muggelwelt, die vorgaben, zaubern oder weissagen zu können, machten vielen Zauberern Angst. Auch wenn sie nicht alle Voldemort folgten, so waren die meisten doch mit seinen Zielen einverstanden, eine Säuberung der magischen Welt von Unreinen und scharfe Maßnahmen gegen falsche Magier in der Welt der Muggel.
Nur, Voldemort meinte eine komplette Unterwerfung der Muggelwelt unter die Zaubererwelt, das, was Grindelwald nicht geschafft hatte. Professor Dumbledore hatte damals schon die Idee einer Organisation gehabt, die die dunklen Magier unter Kontrolle behält, das hieß, sie beobachtet und Informationen zu ihren Plänen und Vorhaben sammelt. Bei Grindelwald fehlte ihm die Zeit, die Voldemort ihm gab. Grindelwald war nicht halb so gefährlich, wie der dunkle Lord. Als sich die Anzeichen verdichteten, dass Voldemort versuchen würde die Macht an sich zu reißen, begann Professor Dumbledore systematisch die Schritte seines einstigen Schülers nachzuvollziehen. Alastor Moody und Professor McGonagall halfen ihm dabei und eine kleine Zahl von Zauberern, die schon lange nicht mehr unter uns weilen. Zur ersten Riege gehörten auch deine Eltern, Ron. Der Orden sollte ursprünglich dazu dienen Informationen zu sammeln und dem Ministerium mitzuteilen, aber bald schon bemerkte Dumbledore, dass es sinnvoller war selbst einzugreifen. Durch Alastor Moody hatte er die Unterstützung der Aurorenabteilung, sie war für die Informationen und Dumbledores Eingreifen dankbar. Wir waren dort, wo die Todesser waren und versuchten so viele muggelbürtige Zauberer wie möglich zu retten. Wir verrieten die Treffpunkte der Todesser und versorgten sie teilweise mit falschen Informationen. Dennoch konnten wir viele unschuldige Muggel und Zauberer nicht retten. Viele Todesser entkamen oder redeten sich heraus, sie hätten unter dem Imperiusfluch gestanden."

Remus war während seiner Rede mit seinen Gedanken weit weg. Scheinbar unzusammenhängend kamen die Sätze. Harry spürte, wie viel Trauer in seinen Worten lag. Remus hatte viele Freunde verloren.
Das Trio schwieg. Was hätten sie auch sagen sollen, Remus stand tief in Gedanken versunken am Schreibpult und murmelte etwas vor sich hin. Das, was er gesagt hatte, hätten sie am liebsten schon vor einem Jahr erfahren.

"Remus, das hättet ihr uns doch auch vor einem Jahr sagen können", warf Hermine ruhig ein.
Remus blinzelte. Er hatte die Kinder um sich für einen Augenblick vergessen. Die Gesichter von James und Lily tauchten vor seinem geistigen Auge auf. Wie sie lachten und mit einander scherzten, wie sie immer ganz eng beieinander standen und es nicht duldeten, dass man sich zwischen sie drängte... Hermines Stimme drang an sein Ohr.

"Wie?", meinte er, "ach ja, natürlich, aber wir hielten es für sicherer, wenn ihr so wenig wie möglich über den Orden wusstet. Nun liegen die Dinge anders. Ihr sollt Mitglieder werden, nun müsst ihr so gut wie alles wissen. Warum es den Orden gibt, habe ich euch erklärt. Wie er vor Verrat gesichert ist, wisst ihr. Nun zu den Strukturen. Es gibt keine."

Harry, Hermine und Ron schauten sich verwundert an, keine Strukturen, schienen ihre Augen zu fragen. Remus lachte und war froh, von seinen trüben Gedanken loszukommen.
"Keine wirklichen Strukturen. Nur soviel. Dumbledore ist der Geheimnisbewahrer und das Oberhaupt des Ordens. Wir sind ihm unterstellt. Mad Eye ist für die Sicherheit verantwortlich und Molly für die seelische Betreuung und das körperliche Wohl. Nur noch soviel, Tante Artemis verwaltet das Archiv. Tja mehr gibt es nicht zu sagen. Also wir sind nicht halb so geheimnisvoll, wie ihr denkt."

Remus lachte leise, als er die enttäuschten Gesichter der drei sah.
Schließlich fasste sich Harry ein Herz und fragte: "Was ist mit Snape. Welche Aufgabe hat er?!"
"Das werdet ihr später erfahren. Aber nicht von mir und nicht jetzt. Das hat Zeit bis nach der Initiation."

Remus holte aus einer Schublade des Schreibpultes drei kleine Zettel hervor. Er gab den dreien jeweils einen und bat sie, den Spruch darauf auswendig zu lernen. Es würde ihr Eid sein, den sie auf den Orden zu schwören hatten.
Harry starrte auf den Zettel in seiner Hand und fragte sich, ob sein Vater den gleichen hatte schwören müssen.

~tbc~


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
DVD: Game of Thrones - 4. Staffel
[DVD] [Blu-ray]
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Die Halle der Prophezeiung ist das erste Set in einem „Harry Potter“-Film, das komplett im Computer generiert wurde.
Stuart Craig, Produktionsdesign